Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2022, RV/3100465/2012

Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei einem Unternehmenskauf

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100465/2012-RS1
Bei standardisierten vertraglichen Regelungen geht bei einem Unternehmenskauf das wirtschaftliche Eigentum erst mit dem Verfügungsgeschäft (Closing) und nicht schon mit dem Verpflichtungsgeschäft (Signing) über.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***SenV***, den Richter***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LRi1*** und ***LRi2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Theiss Puchinger Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Brucknerstraße 8 Tür 9, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (jetzt Finanzamt für Großbetriebe) vom betreffend Körperschaftsteuer 2007 sowie Feststellung Gruppenträger 2008 und 2009, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer 2007 und die festgesetzte Abgabe betragen:
Einkommen 2007: ***1*** €; Körperschaftsteuer: ***2*** €;
Einkommen Gruppenträger 2008: ***3*** €;
Einkommen Gruppenträger 2009: ***4*** €.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin ist eine am (als ***A*** GmbH) gegründete Gesellschaft m.b.H., die noch am selben Tag von der zum ***D***-Konzern gehörigen ***B*** GmbH erworben wurde. Am , um 13.17 Uhr, hat die Beschwerdeführerin ihrerseits drei österreichische Gesellschaften von der ***C*** GmbH um einen Kaufpreis von ***5*** Euro gekauft.

2. Im Zuge einer Außenprüfung betreffend die Jahre 2007 bis 2009 durch die Großbetriebsprüfung wurde von der Prüferin festgestellt, dass der Erwerb der drei österreichischen Gesellschaften nicht von einem fremden Dritten erfolgt sei, weil die Käuferin des Gesamtkonzerns aufgrund der Vereinbarung vom eine derart starke rechtliche und wirtschaftliche Position gehabt hätte, dass ihr das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen bereits mit diesem Datum und nicht erst mit der tatsächlichen Übertragung der Anteile am , um 13.20 Uhr, zuzurechnen sei.

Daraus ergebe sich, dass die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 nicht zulässig sei.

Zudem seien nach der Rechtsprechung (, und ) Kapitalgesellschaften mit jenem Eigenkapital auszustatten, das sie für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigten. Es sei zum Zeitpunkt des Kaufes der Gesellschaften die Eigenkapitalquote (0,03 %) der Beschwerdeführerin so gering gewesen, dass weder eine Finanzierung über einen fremden Dritten noch eine Haftungsübernahme durch einen fremden Dritten möglich gewesen wäre. Der einzig verwertbare Vermögenswert, die angeschafften Gesellschaftsanteile, hätten der darlehensgebenden Bank bereits als Sicherheit gedient und der Haftende hätte im Fall der Inanspruchnahme mangels verwertbaren Vermögens des Primärschuldners keine Rückgriffsmöglichkeit gehabt. Eine übliche Eigenkapitalausstattung werde mit 30 % geschätzt, der Zinsaufwand nur zu 70 % anerkannt.

Zuletzt stelle das der Abgabepflichtigen im Dezember 2007 verrechnete Disagio in Höhe von ca. ***6*** Euro keinen abzugsfähigen Zinsaufwand dar, weil das rechtliche Schicksal des Disagios sich bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens von jenem der Zinszahlungen unterscheide (keine Rückzahlbarkeit des Disagios).

3. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren am neue Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2007 sowie Feststellung Gruppenträger 2008 und 2009.

4. Dagegen richteten sich die nach Fristverlängerungen am eingebrachte Beschwerden (damals Berufungen).

Betreffend die (geringe) Eigenkapitalquote wurde ausgeführt, dass eine Umqualifizierung von Fremdkapital in verdecktes Eigenkapital nach den höchstgerichtlichen Entscheidungen und den Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 709) nur unter besonderen Umständen zulässig sei. Die Zuführung von Eigenkapital sei nicht erforderlich gewesen, da aufgrund des Businessplans absehbar gewesen sei, dass der aufgenommene Kredit bedient werden könne. Zudem bestehe das Kreditverhältnis zu einem fremden Dritten. Die gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Eigenkapitalquote (gemäß URG und EKEG) seien stets erfüllt worden, die Beschwerdeführerin sei immer liquide gewesen und habe sämtlichen Zahlungen nachkommen können.

Das Disagio stelle einen abzugsfähigen Zinsaufwand gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 dar, was die UFS-Entscheidung vom , RV/1351-L/10, bestätige.

Die Beschwerden (damals Berufungen) gegen die Feststellungbescheide Gruppenträger 2008 und 2009 richteten sich zudem gegen die Versagung der Firmenwertabschreibung. Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, dass alle Voraussetzungen für eine Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 erfüllt seien. Für die Beurteilung, ob die Beteiligungen von einem konzernzugehörigen Unternehmen erworben worden seien, sei auf den Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen. Dieser sei von der Möglichkeit, wie ein Eigentümer über die Beteiligungen zu verfügen und auch die Verkäuferin davon auszuschließen, abhängig. Bei Beteiligungen sei in der Regel entscheidend, wem der Dividendenbezug zustehe.

Im konkreten Fall seien die Dividendenausschüttungen bis zum Closing der Verkäuferin zugestanden, die relevante Geschäftsführung in Bezug auf das tägliche Management ebenso. Beschränkungen hätten sich aus der Sorgfaltspflicht im Verhältnis zum Vertragspartner ergeben. Ein Gestaltungsrecht bzw. eine Gestaltungsmöglichkeit hätte die Erwerberin vor dem Closing nicht gehabt. Das wirtschaftliche Eigentum sei erst mit dem zivilrechtlichen übergegangen, weshalb ein Erwerb von einem unverbundenen Unternehmen vorliege und die Firmenwertabschreibung zustehe.

5. Von der Großbetriebsprüfung wurde zum Beschwerdevorbringen mit Schreiben vom Stellung genommen. Betreffend die zu geringe Eigenkapitalquote wurde (noch einmal) darauf verwiesen, dass kein fremder Dritter die Haftung übernommen hätte, sodass die kreditgebende Bank mangels Sicherheiten den Kredit verwehrt hätte. Das Disagio sei nach den KStR nicht unter den Begriff Zinsen zu subsumieren, die zitierte UFS-Entscheidung werde mit Amtsbeschwerde bekämpft.

In Hinblick auf die Firmenwertabschreibung wurde die schon im Betriebsprüfungsbericht vertretene Ansicht, dass der Vertrag vom die Gestaltungsrechte der Verkäuferin einschränke und die Käuferin die Geschäftsführung ab diesem Zeitpunkt maßgeblich bestimme sowie die Verfügungsgewalt über die Anteile erworben habe, wiederholt. Punkt 1.3 ("Dividend Rights") bestimme, dass die wirtschaftlichen Wirkungen des Anteilsverkaufs mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich des Rechtes, den Gewinn aus dem laufenden Finanzjahr zu erhalten, bereits mit eintrete. Durch die Verfügungsbeschränkungen sei der Verkäuferin auch die Ausübung der Stimmrechte nicht mehr möglich gewesen. Demgegenüber habe die Käuferin bereits vor dem Closing durch schriftliches Ersuchen den Verkauf von Gesellschaftsanteilen anordnen können. Dies habe sich beim Verkauf der Anteile an den österreichischen Gesellschaften, der ausschließlich im Interesse und auf Anordnung der Käuferin des ***D***-Konzerns zustande gekommen sei, gezeigt.

6. Die Beschwerden (damals Berufungen) wurden dem Bundesfinanzgericht (damals Unabhängiger Finanzsenat) ohne Erlassen von Beschwerdevorentscheidungen am vorgelegt.

7. Von der Beschwerdeführerin (damals Berufungswerberin) wurde dem Bundesfinanzgericht (damals Unabhängiger Finanzsenat) am - als Replik auf die Großbetriebsprüfung - eine umfangreiche Stellungnahme übermittelt, in der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde:

Zur geringen Eigenkapitalausstattung und zum Einwand der Großbetriebsprüfung, dass es sich beim Fremdkapital um verdecktes Eigenkapital handle, wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass der Kreditgeber eine unverbundene Bank sei, weshalb die Judikatur des VwGH zu Gesellschafterdarlehen nicht anwendbar sei. Dass der Kredit von der Bank auf Anweisung der Muttergesellschaft gewährt worden sei (was ausgeschlossen werden könne und bei einem unverbundenen Dritten denkunmöglich sei), müsse die Behörde nachweisen.

Außerdem ziehe der VwGH (u.a. ; ) für die Nichtanerkennung von Gesellschafter-Fremdkapital drei Kriterien ("keine wirtschaftlich angemessene Eigenkapitalausstattung"; fehlende Klarheit, Publizität und Transparenz der Darlehensvereinbarung; keine Marktkonformität der getroffenen Vereinbarung) heran. Keines dieser Kriterien sei im vorliegenden Fall erfüllt, weshalb die Zinsen zur Gänze abzugsfähig seien.

Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf die Käuferin sei nicht vor dem Closing erfolgt. Die Käuferin habe mit dem Signing einen aufschiebend bedingten Anspruch auf die Übertragung der Anteile erworben, nicht aber die Anteile selbst. Die Käuferin habe das Wirtschaftsgut Beteiligung weder gebrauchen noch verändern, belasten oder veräußern können, auch nicht die Verkäuferin von der Verfügungsgewalt über die Anteile ausschließen.

Vertragliche Einschränkungen der Rechte der Verkäuferin hätten dazu gedient, das Kaufobjekt zu definieren bzw. zentrale Änderungen durch die Verkäuferin auszuschließen.

Bei Beteiligungen wäre ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ausnahmsweise möglich, wenn der zivilrechtliche Eigentümer von der Möglichkeit der Stimmrechtsausübung und dem Zufluss von Dividendenausschüttungen ausgeschlossen wäre.

Von der Großbetriebsprüfung werde in der Stellungnahme auf Punkt 1.3 des Vertrages hingewiesen und - aufgrund der Textierung - diese Klausel sehr weit interpretiert. Jedoch zeige schon die Überschrift ("Dividend Rights"), dass es in diesem Punkt nur um die Auszahlung der Dividenden (und nicht um Übergang aller Rechte und Pflichten) gehe. Hätten weitere Rechte auf die Käuferin übertragen werden sollen, wären diese zumindest exemplarisch angeführt worden. Dies werde auch dadurch gestützt, dass das vereinbarte Datum () nur in Zusammenhang mit dem Bezug von Dividenden Sinn mache, weil andere Gesellschafterrechte - nachdem der Vertrag erst am unterzeichnet wurde - nicht mehr rückwirkend ausgeübt werden könnten.

Der habe als Datum zur Abgrenzung gedient, um aufgelaufene Gewinne im Unternehmen zu belassen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass es tatsächlich zum Closing und zum Eigentumsübergang kommen würde. Hätten die Kartellbehörden der Übernahme nicht zugestimmt oder Verkäufer bzw. Käufer vom Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, hätten die bisherigen Gesellschafter die Gewinne an sich selbst ausschütten können.

Auch Punkt 1.2 des Agreements ("Transfer of the Sold Share") regle, dass die Anteile erst mit dem Datum des Closings übertragen werden. Dividendenbezugsrecht und sonstige Rechte könnten also erst mit dem Closing zum Tragen kommen.

Ein Übergang des Stimmrechts der Verkäuferin auf die Käuferin werde im Vertrag nicht geregelt, eine Einschränkung des Stimmrechts der Verkäuferin enthalte der Vertrag nicht.

Zusammengefasst sei weder Dividendenbezugsrecht noch Stimmrechtsausübung durch das Sale and Purchase Agreement vor dem Closing auf die Käuferin übergegangen. Bis zum Closing sei die Verkäuferin sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer gewesen.

Nachdem die drei österreichischen Gesellschaften vor dem Closing betreffend den Kauf der Top-Holding erworben worden seien, sei der Erwerb von einem fremden Dritten erfolgt, weshalb die Firmenwertabschreibung zustehe.

8. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd. Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht

9. Die Stellungnahme vom wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom aufgrund in der Zwischenzeit ergangener Judikatur ergänzt.

Betreffend das Disagio wurde auf die Entscheidung des , hingewiesen, mit der ausgesprochen wurde, dass der Begriff "Zinsen" jegliches Entgelt für die Überlassung von Kapital erfasst.

Zum Streitpunkt der Firmenwertabschreibung wurde das (damals) neue Erkenntnis des , zitiert, nach dem "hinsichtlich der Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum insbesondere von Bedeutung ist, wer die Chancen von Wertsteigerungen oder das Risiko von Wertminderungen trägt". Dies sei im gegenständlichen Fall vor dem Closing nicht gegeben gewesen.

Die Möglichkeit der Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 sei geschaffen worden, um Asset-Deal und Share-Deal steuerlich anzunähern, Gruppenbildungen zu fördern und aufgrund standortpolitsicher Überlegungen. Der Ausschluss von Firmenwertabschreibungen, sofern die Beteiligung mittelbar oder unmittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen erworben wird, habe die künstliche Schaffung von steuerlich absetzbaren Firmenwerten durch Beteiligungsverschiebungen im Konzern verhindern sollen. In der Literatur werde es als überschießend angesehen, wenn Firmenwertabschreibungen auch ausgeschlossen werden, wenn eine Beteiligung nach einem Fremderwerb innerhalb der Unternehmensgruppe weiter veräußert werde.

In der Rz 1127 der KStR werde seit 2013 die Meinung vertreten, dass ein Erwerb von einer konzernzugehörigen Körperschaft auch dann vorliege, wenn der einheitliche wirtschaftliche Vorgang des Erwerbs eines Konzerns rechtlich derart "aufgespalten" werde, dass zunächst die inländischen Beteiligungen und erst danach die restlichen Konzerngesellschaften erworben werden. Dies sei weder im Wortlaut der Bestimmung gedeckt, noch entspreche dies der Intention des Gesetzgebers (Hinweis auf Puchner/Tüchler, KStR 2013: wesentliche Änderungen bei der Gruppenbesteuerung, ).

Für den fraktionierten Erwerb von Konzernfremden könnten auch außersteuerliche Gründe maßgeblich sein, insbesondere, wenn operative österreichische Gesellschaften über eine inländische oder ausländische Holdinggesellschaft gehalten werden und durch die Eliminierung der zwischengeschalteten Holdinggesellschaft unter anderem Strukturkosten eingespart werden könnten. Diese wirtschaftlichen Gründe seien auch im Fall der Beschwerdeführerin maßgeblich gewesen.

Die Strukturierung bei einem Erwerb eines Fremdkonzerns zur wirtschaftlich sinnvollen Eingliederung der Target-Gesellschaften in den Konzern des Erwerbers sei nicht der Auslöser der Einschränkung des § 9 Abs. 7 KStG 1988 gewesen.

10. Von der Großbetriebsprüfung wurde mit Schreiben vom noch einmal Stellung genommen. Bezüglich des Disagio werde aufgrund der VwGH-Judikatur dieses als Zinsaufwand insoweit anerkannt, als der Zinsaufwand nicht mangels Fremdüblichkeit zu kürzen sei.

Die Finanzierung des Anteilskaufes sei zwar von einem fremden Dritten (***E***) erfolgt, dieser habe die Fremdmittel jedoch nur deshalb zur Verfügung gestellt, weil die Beschwerdeführerin dem "Senior Facilities Agreement" als zusätzliche Schuldnerin beigetreten sei. Unter fremden Dritten wäre ein solcher Schuldbeitritt, bei dem andere Konzernfirmen für die nicht besicherten Verbindlichkeiten der Kreditnehmerin haften, nicht möglich gewesen, sodass es diesem Vorgang an der für die Anerkennung von Verträgen zwischen verbundenen Unternehmen geforderten Fremdüblichkeit fehle.

Hinsichtlich des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums widerspreche die Darstellung der Beschwerdeführerin, die Verkäuferin hätte die Tagesgeschäfte eigenständig führen können, den vertraglichen Vereinbarungen, wonach die Geschäfte in der bisherigen Form weiterzuführen und die bisherige Finanzierung sowie Verträge mit den Mitarbeitern beizubehalten sind.

Durch die vertragliche Bedingung, keine Gesellschaftsanteile mit einem Wert von mehr als 200.000,- Euro zu verkaufen, es sei denn, dass die Erwerberin die Verkäuferin ersuche, derartige Geschäfte vorzunehmen, werde der Käuferin auch das vertragliche Recht eingeräumt, Wertsteigerungen aus derartigen Verkäufen zu realisieren.

Die Stimmrechte hätten aufgrund der vereinbarten Beschränkungen nicht mehr ungebunden ausgeübt werden können, Punkt 1.3 des Vertrages beziehe sich nicht nur auf das Dividendenrecht.

Der Umstand, dass bei Nichteinhaltung der auferlegten Bedingungen es zu einem Scheitern des Kaufvorganges gekommen wäre, bedeute nicht, dass diese Beschränkungen der Verfügungsfreiheit zugunsten der Käuferin nicht bestanden hätten, sondern dass die Erfüllung dieser wirtschaftlichen Beschränkungen Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrages gewesen sei.

Dass die Käuferin bereits ab dem Signing die Chancen auf Wertsteigerungen und Risiken von Wertminderungen gehabt habe, zeige sich besonders deutlich daran, dass von der Käuferin der Verkauf der Österreich-Gesellschaften kurz vor dem Closing angeordnet worden sei.

11. In der mündlichen Verhandlung am wurde im Wesentlichen das bereits bisher Vorgebrachte noch einmal dargelegt.

Vom Finanzamt wurde bezüglich der in den letzten Jahren ergangenen Judikatur des VwGH () zum fraktionierten Konzernerwerb eingeräumt, dass diese die im Beschwerdeverfahren vertretene Rechtsansicht nicht stützt, allerdings habe der VwGH in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass ein beherrschender Einfluss des Käufers schädlich ist. Dass ein beherrschender Einfluss vorgelegen sei, werde weiterhin vertreten.

Ergänzend werde die Höhe des Kaufpreises der österreichischen Gesellschaften in Frage gestellt, da die herangezogene Methode (ausgehend vom EBITDA) eine sehr vereinfachte sei. Bei Anwendung der für Verrechnungspreise für Vertriebsgesellschaften maßgeblichen Nettomargenmethode ergebe sich ein Gewinn von 2 bis 5 %, wohingegen die Beschwerdeführerin einen Gewinn von gut 20 % ermittelt habe.

Ein Verständigungsverfahren zwischen Österreich und Deutschland betreffend die Jahre 2011 bis 2014 habe zu einer Gewinnkorrektur bei den österreichischen Gesellschaften geführt. Dabei sei man von einem Gewinn von 4,2 % ausgegangen, was innerhalb der angeführten Bandbreite liege und dementsprechend die Ansicht bestätige, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Berechnung einen zu hohen Gewinn ausweise.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Chronologie der (Konzern-)Bildung im Jahr 2007 stellt sich, insoweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz, wie folgt dar:

1. Am wurde von der ***F*** S.a.r.l. mittels "Sale and Purchase Agreement" die ***D*** Holding GmbH an die ***G*** GmbH verkauft. Zu der ***D*** Holding GmbH gehörten die Tochtergesellschaft ***C*** GmbH und die (österreichischen) Enkelgesellschaften ***H*** GmbH, ***I*** GmbH und ***J*** GmbH.

Der Kauf stand unter den aufschiebenden Bedingungen, dass sämtliche wettbewerbsrechtliche und sonstige Genehmigungen erteilt werden.

Das Agreement enthält eine Vielzahl an Bedingungen (Covenants), die dazu dienen, dass die Verkäuferin zwischen Vertragsunterzeichnung (Signing) und Vertragsdurchführung (Closing) den Kaufgegenstand, also die angeführten Gesellschaften, nicht verändert.

Diese Covenants entsprechen den bei Unternehmenskäufen standardisiert verwendeten. Dem "Sale and Purchase Agreement" sind keine Bedingungen zu entnehmen, die der Käuferin besondere Rechte eingeräumt hätte, mit denen eine eigentümerähnliche Position verbunden gewesen wäre.

Die in Punkt 1.3 ("Dividend Rights") angeführte Regelung bezieht sich nicht auf den Übergang aller Rechte und Pflichten, sondern - entsprechend der Überschrift - auf Gewinnausschüttungen, wobei dieses Recht erst mit dem Closing tatsächlich auf die Käuferin übergegangen ist.

2. Am wurde die Grundstruktur des ***D***-Konzerns gebildet, mit der ***K*** Holding GmbH als Konzernmutter, der ***K*** GmbH (Deutschland) als Tochter und der ***B*** GmbH als Enkelgesellschaft.

3. Am hat die ***B*** GmbH sämtliche Anteile an der Beschwerdeführerin, der ***K*** GmbH (Österreich), erworben, wodurch die Beschwerdeführerin Teil des ***D***-Konzerns wurde.

4. Am , um 13.15 Uhr, wurde das "Sale and Purchase Agreement" vom abgeändert, sodass die ***B*** GmbH als Zessionar an Stelle der ***G*** GmbH in den Vertrag auf Käuferseite eintrat.

5. Am , um 13.17 Uhr, erwarb die ***K*** GmbH (Österreich) um ***5*** Euro die Gesellschaften ***H*** GmbH, ***I*** GmbH und ***J*** GmbH.

Die Finanzierung dieses Kaufes erfolgte durch Beitritt der ***K*** GmbH (Österreich) zum "Senior Facilities Agreement" als weiterer Kreditnehmer am (Arbeitsbogen der Großbetriebsprüfung S 364 - 368). Das "Senior Facilities Agreement" war am (u.a.) zwischen der ***K*** GmbH (D) und der ***E*** zur Finanzierung des Erwerbs von Gesellschaften in Höhe von ***7***,- Euro abgeschlossen worden.

Darlehensgeber für den Darlehensanteil in Höhe von ***5*** Euro war die ***E***, Darlehensnehmerin für diesen Anteil die Beschwerdeführerin. Die Zinszahlungen und die Zahlung des Disagios erfolgten dementsprechend an die ***E***.

6. Am , um 13.20 Uhr, erfolgte das Closing des Verkaufs der ***D*** Holding GmbH an die ***B*** GmbH.

7. Die Bildung der österreichischen Gruppe erfolgte nach Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom . Seit dem Jahr 2008 bestand eine Unternehmensgruppe mit der Beschwerdeführerin als Gruppenträger und den österreichischen Gesellschaften als Gruppenmitglieder im Sinne des § 9 KStG 1988.

2. Beweiswürdigung

1. Vom Finanzamt wurde im Beschwerdefall die Ansicht vertreten, dass das wirtschaftliche Eigentum aufgrund der durch das "Sale and Purchase Agreement" vom eingeräumten Einflussmöglichkeiten bereits zu diesem Zeitpunkt auf die Käuferin übergegangen sei.

Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Die in diesem Fall maßgeblichen vertraglichen Regelungen, die in Section 7 geregelten Convenants, enthalten einen Katalog an Einschränkungen, die die Verkäuferin daran hindern sollten, den Kaufgegenstand zwischen Signing und Closing (zu Lasten der Käuferin) zu verändern. Der Käuferin eingeräumte (aktive) Rechte sind diesen Regelungen nicht zu entnehmen, auch wenn dies in der Stellungnahme des Finanzamts vom - offenbar in Hinblick auf den Absatz: "The foregoing prohibitions shall not be applicable if the Purchaser requests in writing that the Selller takes any such action." - behauptet wird.

Es handelt sich bei den im Sale and Purchase Agreement vom angeführten Convenants um standardisierte Regelungen, die reine Kontrollmöglichkeiten des Käufers beinhalten, um einen Wertverlust des erworbenen Unternehmens zwischen Signing und Closing zu verhindern. Dies erscheint auch deshalb naheliegend, weil zu weitgehende Einflussmöglichkeiten kartellrechtlichen Vorgaben (vgl. Röper, Convenants und das kartellrechtliche Durchführungsverbot, RdW 2009, 831 (Heft 12b)) zuwiderlaufen würden.

Der in Punkt 1.3 ("Dividend Rights") geregelte Vertragsinhalt ist - entgegen der Ansicht des Finanzamtes - nicht rein nach dem Wortlaut zu interpretieren, sondern muss die Überschrift des Absatzes mitberücksichtigt werden. Diese systematische Interpretation lässt keinen Zweifel, dass Punkt 1.3 sich ausschließlich auf Gewinnausschüttungen beziehen kann und andere sich aus dem Vertrag ergebende Rechte und Pflichten nicht in diesem Punkt vereinbart werden sollten.

2. Der - in der mündlichen Verhandlung erstmals - erhobene Einwand des Finanzamts, dass der Kaufpreis der drei Gesellschaften zu hoch gewesen sei, konnte den Senat nicht überzeugen. Dies liegt zum einen daran, dass der vom Finanzamt nach der Nettomargenmethode und anhand von Datenbanken ermittelte Wert aufgrund der Nichtüberprüfbarkeit der herangezogenen Parameter nicht verifizierbar ist. Der Vergleich mit den Gewinnen, auf die sich die österreichische Finanzverwaltung in einem Verständigungsverfahren mit der deutschen Finanzverwaltung für die Jahre 2011 bis 2014 geeinigt hat, ist schon deshalb untauglich, weil nicht einmal gesichert ist, was Grundlage für dieses Verständigungsverfahren war.

Zudem wurde der Kaufpreis bereits im Jahr 2006 bzw. 2007 zwischen unverbundenen Unternehmen festgelegt. Diese Tatsache macht deutlich, dass die Verrechnungspreisrichtlinien nicht anzuwenden sind, da es sich um einen Erwerb zwischen Fremden handelt. Außerdem ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Kaufpreis überhöht gewesen sein sollte.

Nicht zuletzt darf auch darauf hingewiesen werden, dass die Höhe des Kaufpreises - entgegen der Darstellung in der mündlichen Verhandlung - über Monate Thema im Rahmen der Betriebsprüfung gewesen ist. Davon zeugt der Schriftverkehr (z.B. E-Mail vom , Arbeitsbogen S 155; E-Mail vom , Arbeitsbogen S 191 f; E-Mail vom , Arbeitsbogen S 230; Stellungnahme vom , Arbeitsbogen S 226 f) zwischen der Großbetriebsprüfung und der Beschwerdeführerin bzw. dem steuerlichen Vertreter. Wie sich der Gesamtkaufpreis in Höhe von ***8*** Euro auf die einzelnen Länder (Deutschland - ***9***, Österreich - ***5***, Niederlande - ***10***, Schweiz - ***11***, Belgien - ***12*** sowie ***13*** auf den Kauf weiterer Gesellschaften in anderen europäischen Ländern) verteilt hat, ist einer vom Vertreter des Finanzamtes im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten (und von der Beschwerdeführerin erstellten) Aufstellung zu entnehmen. Von Seiten der Großbetriebsprüfung bestanden zum Prüfungsabschluss offensichtlich keine Zweifel an der angemessenen Höhe des Kaufpreises.

Zusammenfassend erscheint die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegte Berechnung zur Höhe des Kaufpreises dem Senat nachvollziehbar. Dies umso mehr, als Verkäuferin und Käuferin - wie schon oben erwähnt - unverbundenen Unternehmen waren. Dafür, dass -wie vom Finanzanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten - eine nicht fremdübliche Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Länder erfolgt wäre, ergaben sich keine Hinweise.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

1. § 9 Abs. 7 und § 11 Abs. 1 KStG 1988 in der für den Beschwerdefall anzuwendenden lauten folgendermaßen:

§ 9 Abs. 7 KStG 1988:

Bei der Gewinnermittlung sind Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Z 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern nicht abzugsfähig. Im Falle der Anschaffung einer Beteiligung (Abs. 4) durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger oder eine für eine Gruppenbildung geeignete Körperschaft an einer betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft (Abs. 2), ausgenommen unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter, ist ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung in folgender Weise vorzunehmen:

-Als Firmenwert gilt der dem Beteiligungsausmaß entsprechende Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlichen Eigenkapital der Beteiligungskörperschaft zuzüglich stiller Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen und den steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten, höchstens aber 50% dieser Anschaffungskosten. Der abzugsfähige Firmenwert ist gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt abzusetzen.

-Insoweit von den Anschaffungskosten einer Beteiligung steuerwirksame Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Z 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) vorgenommen worden sind, ist der Firmenwert im ersten Jahr der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe um den vollen Betrag der Teilwertabschreibung, saldiert mit erfolgten Zuschreibungen, zu kürzen. Offene Teilbeträge der Teilwertabschreibung sind unabhängig davon gem. § 12 Abs. 3 Z 2 weiter zu berücksichtigen.

-Findet die Gruppenbildung erst nach dem Anschaffungsjahr statt, können jene Fünfzehntel abgesetzt werden, die ab dem Jahr des Wirksamwerdens der Unternehmensgruppe offen sind. Die Firmenwertabschreibung ist auf die Dauer der Zugehörigkeit der beteiligten Körperschaft und der Zugehörigkeit des Betriebes oder der Teilbetriebe der Beteiligungskörperschaft zur Unternehmensgruppe beschränkt.

-Ergibt sich auf Grund der Anschaffung der Beteiligung ein negativer Firmenwert, ist dieser im Sinne der vorstehenden Sätze gewinnerhöhend anzusetzen.

-Die steuerlich berücksichtigten Fünfzehntelbeträge vermindern oder erhöhen den steuerlich maßgeblichen Buchwert.

§ 11 Abs. 1 KStG 1988:

Bei der Gewinnermittlung gelten auch folgende Aufwendungen als Betriebsausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988:

1.Bei unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen die von ihnen zu tragenden Aufwendungen, soweit sie mit Einlagen und Beiträgen (§ 8 Abs. 1) in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

2.Bei Kreditinstituten die Zuführung zur Haftrücklage nach § 14.

3.Bei Versicherungsunternehmen die Zuführungen zu versicherungstechnischen Rückstellungen und Rücklagen sowie die Gewährung von Prämienrückerstattungen (Gewinnbeteiligungen) nach den §§ 15 bis 17.

4.Die Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen im Sinne des § 10, soweit sie zum Betriebsvermögen zählen.

2. Die Firmenwertabschreibung im Sinne des § 9 Abs. 7 KStG 1988 sowie der Fremdkapitalzinsenabzug bei Beteiligungserwerben gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 wurden mit dem Steuerreformgesetz 2005 eingeführt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu attraktivieren. § 9 Abs. 7 KStG 1988 enthielt von Anfang an eine "Konzernschranke", um Gestaltungen im Konzern oder innerhalb der Unternehmensgruppe hintanzuhalten. So steht eine Firmenwertabschreibung nicht zu, wenn die Beteiligung von einem konzernzugehörigen Unternehmen oder einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben wird ().

Der Ausschluss der Firmenwertabschreibung im Falle eines so genannten Konzernerwerbes soll sicherstellen, dass nicht durch Beteiligungsverschiebungen im Konzern künstlich Firmenwerte generiert werden (vgl. RV 451 BlgNR 22. GP 26) ().

Ein "schädlicher" Konzernerwerb im Sinne des § 9 Abs. 7 KStG 1988 liegt nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der inländischen Zielgesellschaft bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden (vgl. ).

Für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs. 7 KStG 1988 ist auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG beziehungsweise § 115 GmbHG abzustellen ().

Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 115 Abs. 1 GmbHG beziehungsweise (gleichlautend) § 15 Abs. 1 AktG einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen (§ 115 Abs. 2 GmbHG, § 15 Abs. 2 AktG).

3. Der Begriff der "Anschaffung" ist nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu verstehen; es kommt daher auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an ().

Wirtschaftliches Eigentum an einer Sache setzt gemäß § 24 Abs. 1 lit d BAO voraus, dass der wirtschaftliche Eigentümer die Herrschaft über die Sache gleich einem Eigentümer ausübt. Er muss auf Grund eines Rechtsanspruches auf den Besitz der Sache in der Lage sein, mit dieser Sache wie ein Eigentümer zu schalten und zu walten ().

Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann ( mwN).

Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen jedoch auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen ().

Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere auch von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (; ).

4. Wie unter 2.1. bereits ausgeführt, ergeben sich für den Senat aus dem "Sale and Purchase Agreement" keine ausreichenden Hinweise, dass die Käuferin bereits mit Vertragsabschluss am eine eigentümerähnliche Stellung erlangt hat. Dies wäre allerdings notwendig, da ein Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und zivilrechtlichem Eigentum nach der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann.

Auch von Seiten des Finanzministeriums wurde in Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen (immer) die Ansicht vertreten, dass das Closing maßgeblich ist.

"Bei Erwerb einer Beteiligung ist für den Anschaffungszeitpunkt nicht das Signing (Verpflichtungsgeschäft), sondern das Closing (Verfügungsgeschäft) maßgeblich, weil erst zu diesem Zeitpunkt der Erwerber auch die faktische Verfügungsmöglichkeit über die Beteiligung erlangt" (Lachmayer, AbgÄG 2014: Firmenwertabschreibung bei Gruppenbesteuerung abgeschafft, RdW 2014, 230 (Heft 4), unter Hinweis auf Kammerlander in Polster-Grüll/Zöchling/Kranebitter (Hrsg), Handbuch Mergers & Acquisitions (2007) 840).

Dass die Bildung des Konzerns, insbesondere die enge zeitliche Abfolge am , ein Akt der Steuergestaltung war, steht für das Bundesfinanzgericht außer Zweifel. Allerdings war im Beschwerdeverfahren (lediglich) zu beurteilen, ob die damals geltenden (steuer-)rechtlichen Regeln eingehalten wurden.

In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf den, sich aus den Erläuternden Bemerkungen ergebenden, Willen des Gesetzgebers zu verweisen, der die Generierung von Firmenwerten innerhalb des Konzerns verhindern wollte, nicht aber die Firmenwertabschreibung an sich.

In der bereits o.a. Entscheidung vom , Ro 2019/13/0018, hat der VwGH ausgesprochen, dass der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb der Zielgesellschaft und dem restlichen Konzern auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zu einem Erwerb von einem aus der Sicht der Erwerberin konzernzugehörigen Unternehmen führt.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Finanzamt dazu ausgeführt, dass nach der Entscheidung ein beherrschender Einfluss des Käufers (weiterhin) schädlich sei. Dieser "beherrschende Einfluss" wird vom VwGH allerdings nur dann angenommen, wenn Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden, also im Sinne einer Beteiligung. Dies liegt im Beschwerdefall allerdings nicht vor.

Zusammengefasst ist der Senat der Ansicht, dass die Firmenwertabschreibung der Beschwerdeführerin zusteht.

5. Dass die Geldbeschaffungskosten (Disagio) unter den (damals) weiten Zinsenbegriff des § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 zu subsumieren sind, wurde von der Rechtsprechung (vgl. ) im Jahr 2014 bestätigt. Dies wurde vom Finanzamt in der Stellungnahme vom außer Streit gestellt.

6. Die (vollständige) Abzugsfähigkeit der von der Beschwerdeführerin geleisteten Darlehenszinsen steht für den Senat außer Zweifel. Das Darlehen wurde von einer fremden Bank zu fremdüblichen Konditionen gewährt. Dass dabei für die Beschwerdeführerin von Vorteil war, dass sich im Haftungspool mehrere Konzernunternehmen befunden haben, ist nachvollziehbar. Dies führt aber nicht dazu, dass der Zinsaufwand deshalb zu kürzen bzw. gänzlich zu versagen war. Wie von der Beschwerdeführerin bereits dargelegt, ist die Judikatur des VwGH in Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen auf den Beschwerdefall nicht anwendbar.

Die zwischen Finanzamt und Beschwerdeführerin strittige Fragestellung, zu welchem Zeitpunkt die Höhe des Eigenkapitals zu beurteilen ist und welcher Anteil an Eigenkapital in der Branche üblich ist bzw. ob es diesbezüglich rechtliche Vorgaben gibt, war dementsprechend vom Bundesfinanzgericht nicht zu lösen.

7. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die Körperschaftsteuer 2007 und das Einkommen Gruppenträger der Jahre 2008 und 2009 bleiben gegenüber den jeweiligen Erstbescheiden unverändert.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dem Beschwerdefall lagen Sachverhaltsfragen zugrunde, die in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung stehen. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise












Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100465.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at