Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2022, RV/3100361/2014

Keine widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges bei monatlichem Ausbringen (§ 82 Abs 8 KFG 1967), aber Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Erwerbes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, Adr Bf, Steuernummer: ***BF1StNr1***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Landeck Reutte (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung) für den PKW Ford Mondeo, Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 sowie Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2012 und 1-3/2013 zu Recht:

I)
Die Beschwerde betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung) für den PKW Ford Mondeo wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 sowie Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2012 und 1-3/2013 wird gem. § 279 BAO Folge gegeben. Die Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Landeck Reutte legte die Berufung vom (ab 2014 als Beschwerde zu behandeln) am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 4012 zur Erledigung zugewiesen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde sie mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung 6022 übertragen.

Verfahrensgang

Nach einem von der Finanzpolizei durchgeführten Ermittlungsverfahren wurden vom Finanzamt am die Bescheide betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung) für den PKW Ford Mondeo, Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 sowie Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2012 und 1-3/2013 erlassen. Als Begründung wurde angeführt, dass die Festsetzungen erforderlich waren, da die Selbstberechnungen der Abgaben nicht durchgeführt wurden.

Mit am beim Finanzamt abgegebenen Schreiben erhob der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) Beschwerde gegen die angeführten Bescheide. Das Fahrzeug sei ein Leasingauto, welches von der Bank S finanziert worden sei und in deren Besitz (Sicherungsübereignung) stehe. Das Auto sei auf seinen Wohnsitz in Deutschland in Adr D BF angemeldet. Er sei deutscher Staatsbürger, beziehe seine Rente aus Deutschland, sei dort krankenversichert und mache seine Arztbesuche ausschließlich in Deutschland. Das Fahrzeug werde in Österreich lediglich von der Landesgrenze bis nach T gefahren. Für die Fahrten innerhalb Österreich werde ein eigener PKW Nissan Navara mit dem Kennzeichen XY, welches auf seine Frau zugelassen sei, benützt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge 1/2012 (Fahrzeugeinzelbesteuerung), Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 sowie Kraftfahrzeugsteuer 1-3/2013 als unbegründet ab. Der Beschwerde gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2012 wurde teilweise stattgegeben. Die Festsetzung erfolgte nunmehr für den Zeitraum 2-12/2012. Als Begründung wurde angeführt, dass der einzige Wohnsitz des BF sich in Adr Ö BF in Österreich befinde. Er sei damit der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Das dem BF in Deutschland für Familienbesuche zur Verfügung gestellte Zimmer stelle keinen Wohnsitz dar. Der streitgegenständliche PKW Ford Mondeo sei daher in Österreich zum Verkehr zuzulassen, auch wenn es sich um ein Leasingfahrzeug einer deutschen Leasinggesellschaft handle.

Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag beim Finanzamt ein. Die Ausführungen betreffend den Standort des Fahrzeuges, dessen Nutzung und zum deutschen Wohnsitz würden nicht den Tatsachen entsprechen. Dem Vorlageantrag wurden drei Bestätigungen (1 Wohnungsbestätigung, 1 Bestätigung betreffend Miete PKW-Standplatz, 1 Meldebestätigung) angeschlossen.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde der BF aufgefordert, hinsichtlich der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages entsprechende Unterlagen und Beweise vorzulegen, die eine Standortvermutung (§ 82 Abs 8 KFG 1967) des Fahrzeuges in Österreich widerlegen könnten.

Mit Schreiben vom wurde vom BF eine ergänzende Stellungnahme samt Beilagen an das Finanzamt übermittelt. Er sei im aktuellen Jahr schon ca. 50 Tage in O gewesen. In Österreich wohne er bei seiner Frau in deren Wohnung. Die Frau sei auch Eigentümerin der Liegenschaft.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde der BF erneut aufgefordert, diverse Fragen zu beantworten und zur Widerlegung der Standortvermutung dienliche Unterlagen zu übermitteln.

Mit Schreiben vom wurde vom BF eine weitere ergänzende Stellungnahme samt Beilagen an das Finanzamt übermittelt.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der BF hatte von bis seinen Hauptwohnsitz an der Adresse Adr Ö BF in Österreich. Seit hat er seinen Hauptwohnsitz in Adr Bf in Österreich. Der BF lebte im Beschwerdezeitraum an der Adresse Adr Ö BF gemeinsam mit seiner Frau EB in deren Einfamilienhaus. Das gegenständliche Einfamilienhaus stand bis Ende 2014 im Eigentum von Frau EB.

In Deutschland verfügt der BF über einen Wohnsitz in Adr D BF.

Der BF war von 2007 bis Juli 2012 Geschäftsführer der R GmbH, welche ihren Sitz an der Adresse Adr Ö BF hatte und einen Campingplatz betrieb.

Der BF hat den PKW Ford Mondeo mit der Fahrgestellnummer W1 am beim Autohaus F in B mit einem Kilometerstand von 0 Km um einen Bruttokaufpreis (inklusive deutscher Umsatzsteuer von 19 %) in Höhe von € 37.000,00 erworben.

Der Ankauf des Fahrzeuges wurde in Form eines Kredites (Abschluss eines Kreditvertrages mit Sicherungsübereignung) finanziert.

Der BF hat das Kraftfahrzeug am auf die deutsche Adresse Adr D BF mit dem Kennzeichen K1 angemeldet und am gleichen Tag nach Österreich verbracht.

Auf die Gattin des BF, Frau EB, war von bis in Österreich ein Kraftfahrzeug Nissan Navara mit dem Kennzeichen XY angemeldet. Am wurde auf Frau EB ein Kraftfahrzeug VW Golf Plus mit dem gleichen Kennzeichen in Österreich angemeldet.

Der BF ist in den streitgegenständlichen Jahren 2012 und 2013 monatlich mindestens einmal mit dem Auto Ford Mondeo mit dem deutschen Kennzeichen K1 nach Deutschland gefahren.

Die engeren persönlichen Beziehungen hatte der BF im Beschwerdezeitraum zu Österreich.

Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vom Finanzamt und dem BF übermittelten Unterlagen bzw. aus den Angaben des BF in der Niederschrift vom sowie den eingebrachten Schriftsätzen.

Dass der BF in den maßgeblichen Jahren 2012 und 2013 seinen Hauptwohnsitz an der Adresse Adr Ö BF in Österreich hatte und er dort gemeinsam mit seiner Ehefrau EB in deren Haus gelebt hat, ergibt sich aus den vorgelegten Meldebestätigungen, den Angaben des BF in der Niederschrift vom und aus den vom Bundesfinanzgericht getätigten Abfragen in der Datenbank der belangten Behörde.

Dass der BF von 2007 bis Juli 2012 Geschäftsführer der R GmbH, welche ihren Sitz an der Adresse Adr Ö BF hatte und einen Campingplatz betrieb, war, wurde vom BF in der Niederschrift vom angegeben bzw. ergibt sich dies aus den vorgelegten Unterlagen.

Dass der BF das Fahrzeug Ford Mondeo mit der Fahrgestellnummer W1 am vom Autohaus F in B als Neufahrzeug mit einem Kilometerstand von 0 Km erworben, am gleichen Tag mit dem Kennzeichen K1 in Deutschland zugelassen und nach Österreich verbracht hat, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und den Angaben des BF in der Niederschrift vom .

Dass auf die Gattin des BF, Frau EB, von bis in Österreich ein Kraftfahrzeug Nissan Navara bzw. ab ein PKW VW Golf Plus mit dem Kennzeichen XY angemeldet war, wurde anhand der vorgelegten Unterlagen nachgewiesen.

Die Feststellung, dass der Ankauf des Fahrzeuges in Form eines Kredites (Abschluss eines Kreditvertrages mit Sicherungsübereignung) finanziert wurde, gründet sich auf die vom BF diesbezüglich vorgelegten Unterlagen. Entgegen des Vorbringens des BF, wonach es sich um ein Leasingfahrzeug handle, geht zweifelsfrei aus dem am mit der S abgeschlossenen Kreditvertrag hervor, dass dem BF ein Kredit zur Finanzierung des Ford Mondeo gewährt wurde, wobei zur Kreditbesicherung zwischen der finanzierenden Bank und dem BF eine Sicherungsübereignung vereinbart wurde.

Die Feststellung, dass das streitgegenständliche Fahrzeug vom BF im Beschwerdezeitraum 2012 und 2013 mindestens einmal monatlich nach Deutschland verbracht wurde, ergibt sich vor allem aus den glaubwürdigen Angaben des BF in der Niederschrift vom . Der BF hat in dieser Niederschrift angegeben, dass er sich ca. 10-mal im Jahr für drei bis vier Tage in Deutschland aufhalte, wo er Verwandtenbesuche, etc. tätige. Diese Angaben wurden offensichtlich auch von der belangten Behörde für glaubhaft erachtet, da in den vorgelegten Akten auch eine Kontrollmitteilung der Finanzpolizei enthalten ist, in welcher der Sachbearbeiter diese Angaben seinem festgestellten Sachverhalt zugrunde legt. Auch wurde diesen Aussagen des BF von der belangten Behörde weder im angefochtenen Bescheid noch in der Beschwerdevorentscheidung widersprochen.

Aufgrund der schlüssigen Angaben des BF und angesichts des Umstandes, dass der Wohnort des BF sich in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze befindet, sieht es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass der BF im Beschwerdezeitraum 2012 und 2013 mit dem PKW Ford Mondeo mit dem deutschen Kennzeichen K1 mindestens einmal monatlich nach Deutschland gefahren ist, sei es um Verwandtenbesuche, Werkstättenaufenthalte, Einkaufsfahrten oder sonstige Fahrten zu tätigen.

Dass der Mittelpunkt der persönlichen Interessen des BF im Beschwerdezeitraum 2012 und 2013 in Österreich gelegen war, ergibt sich für das Bundesfinanzgericht zweifelsfrei aus den vorgelegten Unterlagen bzw. den vom BF getätigten Angaben.

Der BF hat angegeben, dass er in Deutschland Verwandte und in Österreich ebenfalls Verwandte und Bekannte habe und er von ca. 2008 bis 2011 Obmann der Pensionisten vom Ta war. Sein zeitlich überwiegender Aufenthalt befinde sich in Österreich.

Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Interessen des BF lag im maßgeblichen Zeitraum in Österreich, da er bis Juli 2012 Geschäftsführer der R GmbH war.

Aufgrund der Tatsache, dass der BF im Beschwerdezeitraum gemeinsam mit seiner Ehefrau an der Adresse Adr Ö BF in deren Einfamilienhaus gewohnt und er dort auch den größten Teil der Zeit verbracht hat, kommt das Bundesfinanzgericht in einer Gesamtabwägung aller Umstände zum Schluss, dass die persönlichen Interessen zu Österreich überwiegen. Gerade die familiäre Bindung zu seiner Ehefrau ist nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes aber maßgeblich für die Beurteilung, dass der Mittelpunkt der persönlichen Interessen des BF in Österreich gelegen war.

Vor diesem Hintergrund können die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Landeck Reutte getreten ist.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).

Ad Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung):

Gem. Art. 1 Abs 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeuges durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs 2 Z 2 genannten Personen gehört, unter den Voraussetzungen des Abs 2 Z 1 ein innergemeinschaftlicher Erwerb.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens des BF, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Leasingauto sei und im Besitz (Sicherungsübereignung) der finanzierenden Bank stehe, ist auf die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu verweisen, wonach die Anschaffung des Fahrzeuges durch einen vom BF abgeschlossenen Kreditvertrag finanziert wurde. Auf die Frage der umsatzsteuerlichen Zurechnung eines Leasingobjektes an den Leasingnehmer oder Leasinggeber braucht somit nicht eingegangen zu werden.

Nach dem Erkenntnis des sind Übergabsarten, die zivilrechtlich zum Erwerb von Eigentum oder Besitz ausreichen, auch umsatzsteuerlich zur Verschaffung der Verfügungsmacht ausreichend. Die Sicherungsübereignung bewirkt - mangels Verschaffung der Verfügungsmacht - keine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer (). Der wirtschaftliche Gehalt der Sicherungsübereignung erschöpft sich in einer Kreditbesicherung.

Die Verfügungsmacht über das Fahrzeug Ford Mondeo ist somit mit Erwerb des Fahrzeuges am auf den BF übergegangen. Eine Übertragung der Verfügungsmacht an dem PKW auf die finanzierende Bank hat nicht stattgefunden.

Nach Art. 1 der BMR zum UStG 1994 unterliegt also der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeuges auch bei einem Nichtunternehmer der Erwerbsteuer. Grundsätzliche Voraussetzung eines innergemeinschaftlichen Erwerbes ist, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt.

Dazu hat der VwGH in seiner Entscheidung vom () ausgeführt, dass es der Steuertatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen ermöglichen soll, die Umsatzsteuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in welchem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (Rn 22 des Urteils C-84/09 X des EuGHs). Bei neuen Fahrzeugen will der Unionsgesetzgeber insbesondere im Hinblick auf deren leichte Transportierbarkeit (und auf deren Wert) auch den Erwerb durch Privatpersonen besteuert wissen (Rn 24). Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeugs (und damit der innergemeinschaftliche Erwerb) stattfindet, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven tatsächlichen Umstände zu beruhen. Zu diesen im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen gehören u.a. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten (Rn 44 f). Es ist anhand objektiver Umstände im Zeitpunkt der Lieferung festzustellen, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung eines Fahrzeugs stattfinden wird.

Zu diesen objektiven Umständen gehören im beschwerdegegenständlichen Fall insbesondere die Wohnsitze des BF im Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrzeugs und die (persönlichen) Verbindungen des Mitbeteiligten in den Mitgliedstaaten (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Die Beurteilung der Frage, in welchem Staat ein Steuerpflichtiger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat, ist im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu ermitteln (vgl. dazu etwa ; , Ra 2016/15/0057) und hängt damit entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab.

Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz hat. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. ; , Ra 2016/15/0057, mwN). Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (vgl. wiederum ; , Ra 2016/15/0057, mwN).

Aufgrund der unter Punkt 2 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen wurde festgestellt, dass der BF im Beschwerdezeitraum die engeren persönlichen Beziehungen zu Österreich hatte. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des BF lag im maßgeblichen Zeitraum somit in Österreich.

Entsprechend des in Österreich gelegenen Mittelpunktes der Lebensinteressen, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die endgültige und dauerhafte Verwendung des streitgegenständlichen PKW, also der Endverbrauch des Fahrzeuges in Österreich erfolgen sollte.

Ein Landfahrzeug ist gem. Art. 1 Abs 9 UStG 1994 neu, wenn es im Zeitpunkt des Erwerbes entweder weniger als 6.000 km zurückgelegt hat oder die erste Inbetriebnahme weniger als 6 Monate zurückliegt. Steuerschuldner ist der Erwerber des neuen Personenkraftwagens (Art. 19 Abs 1 Z 1 UStG 1994) und die Steuerschuld entsteht am Tag des Erwerbes (Art. 19 Abs 2 Z 2 UStG 1994). Gem. Art. 20 Abs 2 UStG 1994 ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge durch andere Erwerber als die in Art. 1 Abs 2 Z 2 genannten Personen die Steuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen (Fahrzeugeinzelbesteuerung). Gem. Art. 21 Abs 2 UStG 1994 hat in den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (Art. 20 Abs 2) der Erwerber spätestens bis zum Ablauf eines Monates, nach dem die Steuerschuld entstanden ist (Fälligkeitstag), eine Steuererklärung auf amtlichem Vordruck abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder erweist sich die Selbstberechnung als nicht richtig, so kann das Finanzamt die Steuer festsetzen. Die Steuer ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Bemessungsgrundlage des Umsatzes ist gem. Art. 4 Abs 1 UStG 1994 das Entgelt. Die ausländische Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.

Hinsichtlich der angeführten Voraussetzungen für das Vorliegen eines neuen Fahrzeuges (Art. 1 Abs 9 UStG 1994) bzw. der heranzuziehenden Bemessungsgrundlage wird auf die unter Punkt 2 diesbezüglich getroffenen Feststellungen verwiesen.

Es sind somit sämtliche Voraussetzungen für die Erwerbsbesteuerung erfüllt.

Ad Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 sowie Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2012 und 1-12/2013

Gem. § 1 Z 3 NoVAG 1991 unterliegt die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland der Normverbrauchsabgabe. Als erstmalige Zulassung gilt auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird der Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Gem. § 4 Z 3 NoVAG 1991 zufolge sind Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs 1 BAO).

Der Tatbestand in § 1 Z 3 NoVAG 1991 verweist auf kraftfahrrechtliche Bestimmungen, weshalb für die Frage, wann ein Fahrzeug zuzulassen ist, der Norminhalt des Kraftfahrgesetzes maßgeblich ist.

Nach § 36 KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen u.a. des § 82 leg. cit. über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) und wenn andere hier nicht interessierende Voraussetzungen gegeben sind.

Gem. § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, ist auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn näher genannte Vorschriften eingehalten werden.

§ 82 Abs 8 KFG 1967 in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 132/2002, lautet: "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. (….)."

Mit Erkenntnis vom () hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 82 Abs 8 KFG beim Beginn der Frist auf denselben Vorgang abstelle wie § 79 leg. cit., nämlich auf das Einbringen des Fahrzeuges, und lediglich eine andere Dauer der Frist normiere. Auch für die Frist in § 82 Abs 8 KFG gelte, dass beim Verbringen des betreffenden Fahrzeuges ins Ausland und bei neuerlicher Einbringung dieses Fahrzeuges, die Frist mit der neuerlichen Einbringung zu laufen beginne. Die Ansicht, dass ein vorübergehendes Verbringen des Fahrzeuges ins Ausland die Frist des § 82 Abs 8 KFG nicht unterbreche, das heißt bei neuerlicher Einbringung des Fahrzeuges die Frist nicht ab der (neuerlichen) Einbringung zu rechnen sei, finde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz keine Deckung.

Mit den zu den Geschäftszahlen 2015/16/0031 und 2016/16/0031 ergangenen Erkenntnissen vom und bestätigte der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsansicht.

In Reaktion auf das Erkenntnis vom änderte der Gesetzgeber den Norminhalt des § 82 Abs 8 KFG 1967 mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 insofern, als nunmehr für den Fristbeginn auf die "erstmalige Einbringung" in das Bundesgebiet abgestellt wurde. Zudem wurde ausdrücklich normiert, dass eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet diese Frist nicht unterbricht. In § 135 Abs 27 KFG 1967 wurde zudem bestimmt, dass die Gesetzesänderung mit - somit also rückwirkend - in Kraft tritt.

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom (G 72/2014) hinsichtlich der Rückwirkungsanordnung die Bestimmung des § 135 Abs 27 KFG 1967 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden sei.

Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs 8 KFG 1967 gemäß Art. 49 Abs 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung (mit Ablauf des ) in Kraft getreten.

Im Beschwerdefall ist daher § 82 Abs 8 KFG 1967 in der Fassung des BGBl. I Nr. 132/2002 - unter Beachtung der vorzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - weiterhin anzuwenden.

Die Normverbrauchsabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer sind Selbstberechnungsabgaben. Nach dem hiefür einschlägigen Norminhalt des § 201 BAO ist eine Festsetzung der (Selbstbemessungs-)Abgaben durch die Behörde nur zulässig, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet wäre, keine oder eine unrichtige Selbstberechnung vorlegt. Vice versa darf die Behörde keine Festsetzungen vornehmen, wenn keine Steuerpflicht besteht.

Voraussetzung für eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 201 BAO ist also ua, dass der Abgabepflichtige gesetzlich verpflichtet ist, dem Finanzamt den selbstberechneten Betrag im Wege einer Steuererklärung bekannt zu geben. Aus § 6 Abs 4 KfzStG 1992 ergibt sich eine Erklärungspflicht, nach der bis zum 31. März des Folgejahres eine Jahreserklärung abzugeben ist. Eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer im Sinne des § 201 BAO kann somit nicht vor dem 1. April des Folgejahres erfolgen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der angefochtene Bescheid für den Zeitraum 1-3/2013 frühestens erlassen hätte werden dürfen, wenn bis zum keine Erklärung eingereicht worden wäre (sohin ab ). Da der besagte Bescheid bereits davor, nämlich am , ergangen ist, ist dieser schon aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben (vgl. , , und ).

Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich weiters, dass die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeuges dann der Normverbrauchsabgabe bzw. der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) zum Verkehr zuzulassen wäre. Dies betrifft vor allem die Verwendung von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen, wenn auf Grund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen die Zulassung im Inland zu beantragen wäre, dies aber unterlassen wird. Liegen jedoch regelmäßige, zumindest monatliche Ausbringungen vor, kann bis zum Wirksamwerden der Gesetzesänderung durch das BGBl. I Nr. 26/2014 per unabhängig vom Standort des Fahrzeuges und von der Person des Verwenders keine widerrechtliche Verwendung vorliegen.

Wie sachverhaltsmäßig festgestellt, wurde das streitgegenständliche Fahrzeug regelmäßig, zumindest einmal im Monat in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht. Weil mit jeder Verbringung die Monatsfrist wieder neu zu laufen begonnen hat, entstand keine Zulassungsverpflichtung im Inland und die Verwendung des Fahrzeuges ohne inländische Zulassung war kraftfahrrechtlich zulässig. Damit wurden die in § 1 Z 3 NoVAG 1991 und § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG 1992 normierten Tatbestände nicht verwirklicht. Auf die Frage, ob dem BF der Gegenbeweis zur Standortvermutung nach § 82 Abs 8 KFG gelungen ist oder nicht, muss daher nicht mehr eingegangen werden.

Daraus folgt, dass der BF nicht zur Selbstberechnung der Abgaben nach § 201 BAO verpflichtet war und das Finanzamt über keine Berechtigung zur Festsetzung der Abgabe verfügte.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung ( betreffend Erwerbsteuer bzw. und betreffend Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer), weshalb gem. § 25a VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 36 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 6 Abs. 4 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 323b Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 135 Abs. 27 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 19 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 19 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 20 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 21 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 4 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100361.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at