Haftung für Wiener Glücksspielautomatenabgabe und Säumniszuschläge, Fälligkeit nicht bescheidmäßig festgesetzter Abgaben, Gleichbehandlung
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/13/0013. Zurückweisung mit Beschluss vom .
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Rechtssätze | |
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RV/7400072/2022-RS1 | Sollte in Folge einer schuldhaften Pflichtverletzung hinsichtlich einer Bekanntgabe der Aufstellung von spielbereiten Spielautomaten eine Abgabenfestsetzung des Säumniszuschlages gegenüber der Primärschuldnerin nicht vorgenommen werden können und eine erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches erst im Haftungsverfahren erfolgen, ergibt sich hinsichtlich dieser Geltendmachung kein der Haftungsinanspruchnahme vorangehender Fälligkeitstag der Abgabenforderung. |
RV/7400072/2022-RS2 | Mangels Vorliegens einer Ausnahmeregelung, wonach von der Aufforderung der Behörde/des BFG als Tatsacheninstanz an den Haftenden zur Erstellung einer Gleichbehandlungsberechnung Abstand genommen werden könnte, sowie aufgrund der Rechtsprechung des VwGH zur Aufgliederung auf einzelne Abgabenschuldigkeiten und deren Fälligkeitstage, erfolgte ein Vorhalt fiktiv ermittelter Fälligkeitstage an den Beschwerdeführer. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Bf.), vertreten durch Dr. Günter Schmid, RA, Hafferlstr. 7, 2. OG, 4020 Linz über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistratsabteilung 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , MA 6/ARL-***10***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 BAO in Verbindung mit §§ 3 und 7 BAO und § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, in der jeweils gültigen Fassung, als Geschäftsführer der ***4*** für den entstandenen Rückstand an Glücksspielautomatenabgabe in der Höhe von € 11.424,00 zur Haftung herangezogen und gemäß § 224 BAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung des Haftungsbescheides zu entrichten.
Der Haftungsbetrag wurde wie folgt aufgegliedert:
Glücksspielautomatenabgabe für 4 Spielapparate für 5/2018 € 5.600,00
Glücksspielautomatenabgabe für 4 Spielapparate für 6/2018 € 5.600,00
Säumniszuschlag von 2 % 224,00
Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz haften die im § 80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Nach § 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerin bzw. Gesamtschuldner.
Wie die Aktenlage zeigt, wurde der Betrieb "***2***" in ***3***, bereits ab Februar 2015 an die ***4*** untervermietet.
Für das Halten der verfahrensgegenständlichen Apparate gilt daher die ***4*** für den nunmehrigen Abgabenzeitraum Mai 2018 und Juni 2018 als Lokalinhaberin und somit abgabenpflichtige Mitunternehmerin.
Laut einem Bericht der ***5*** vom wurden 4 Spielapparate spielbereit für Dritte gehalten vorgefunden (durchgeführtes Probespiel an einem der vier baugleichen Apparate "Mystery of Ra").
Aus einem weiteren Bericht der ***5*** vom geht hervor, dass abermals 4 Spielapparate spielbereit für Dritte gehalten wurden. Für diese vier Spielapparate wurde der ***4*** bereits eine Glücksspielautomatenabgabe für den Zeitraum Juli 2018 bis September 2018 mit Bescheid vom zur Zahl MA ***6*** vorgeschrieben.
Nachdem der Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin, der ***4***, nicht einbringlich gemacht werden kann (laut Bericht vom verfügt die Abgabenschuldnerin über keinerlei Vermögen) und Herr ***Bf1*** als Geschäftsführer verantwortlicher Vertreter ist, ist die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht gegeben.
Die schuldhafte Verletzung der ihm gemäß § 80 auferlegten Pflichten ist im gegenständlichen Fall dadurch gegeben, dass er es unterlassen hat, für die termingemäße Entrichtung der Steuern zu sorgen.
Die Abgabepflichtige schuldet den im Spruch zitierten Betrag. Der gegenständliche Abgabenanspruch resultiert aus dem Halten von vier Glücksspielapparaten am Standort in ***3***, im Zeitraum Mai 2018 und Juni 2018."
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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit den Anträgen, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid aufzuheben, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Einhebung der Abgaben auszusetzen.
Die Anträge wurden damit begründet, dass die ***4*** im Zeitraum Mai und Juni 2018 keine Glücksspielautomaten betrieben habe.
Sie sei nicht abgabepflichtig, weil sie keine Automaten betrieben habe. Das gegenständliche Lokal sei untervermietet worden. Der Beschwerdeführer beantrage zum Beweis dafür, dass das Lokal im gegenständlichen Zeitraum nicht von der ***4*** betrieben worden sei und dort auch keine abgabepflichtigen Spielapparate gehalten worden seien die Einvernahme des Kontrollorgans, welches die Berichte der ***7*** angefertigt habe sowie die Einvernahme des Beschwerdeführers.
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Mit Schreiben vom wurde dem Bf. eine Frist von 3 Wochen zur Vorlage eines Untermietvertrages eingeräumt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und die Abweisung damit begründet, dass der Aufforderung zur Vorlage von Beweisunterlagen nicht nachgekommen worden sei. Der Einwand sei demnach als Schutzbehauptung zu werten gewesen.
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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom ohne weiteres Vorbringen.
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Am wurde an den Bf. folgender Vorhalt erlassen:
"Die Abgabenansprüche hinsichtlich Glücksspielautomatenabgabe für Mai 2018 und Juni 2018 sowie die wegen deren Nichtentrichtung angefallenen Säumniszuschläge wurden nicht bescheidmäßig vorgeschrieben, da nach Meinung des Magistrates deren Einbringlichkeit bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Magistrates von der Entstehung der Abgabenansprüche nicht mehr gegeben war.
Die nicht in Österreich ansässige ***4*** verfügt laut CLO vom über keinerlei Vermögen.
Der Bf. fungiert als Geschäftsführer der ***4***, daher war er verpflichtet, deren abgabenrechtliche Agenden wahrzunehmen und die Abgabenschuldigkeiten zu entrichten.
Die Glücksspielabgabe für Mai 2018 wäre den gesetzlichen Vorgaben folgend am zu entrichten gewesen.
Die Glücksspielabgabe für Juni 2018 wäre den gesetzlichen Vorgaben folgend bis zu entrichten gewesen.
Allfälliger Nachweis einer Gleichbehandlung aller Gläubiger:
Diese Möglichkeit besteht nach der Judikatur auch für hinterzogene Abgaben.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 2 Abs. 2 Glücksspielautomatenabgabegesetz annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. ).
Der Vertreter haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. ).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung hat, so verletzt der Vertreter keine abgabenrechtliche Pflicht (vgl. Erkenntnis vom , 94/17/0420).
Sollte in Folge einer schuldhaften Pflichtverletzung hinsichtlich einer Erklärungsfrist eine Abgabenfestsetzung gegenüber der Primärschuldnerin nicht vorgenommen werden können und eine erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches erst im Haftungsverfahren erfolgen, ergibt sich hinsichtlich dieser Geltendmachung kein der Haftungsinanspruchnahme vorangehender Fälligkeitstag der Abgabenforderung.
Obwohl in einem solchen Fall die Abgabenforderung im Zeitraum der Vertretertätigkeit des Geschäftsführers nicht fällig geworden ist, muss die Haftung aber aufgrund des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung wegen Nichteinreichung einer Abgabenerklärung oder in diesem Fall wegen Zurverfügungstellung von Glücksspielautomaten, dennoch bestehen, da ansonsten ein pflichtbewusster Geschäftsführer schlechter gestellt wäre.
Die Behörde hatte vor Eintritt der Uneinbringlichkeit der Säumniszuschläge keine Kenntnis von der Entstehung der Abgabenansprüche hinsichtlich der Glücksspielautomatenabgabe, daher konnte auch keine bescheidmäßige Festsetzung der Säumniszuschläge gegenüber der Primärschuldnerin vorgenommen werden.
Es stellt sich somit die Frage, ob ein fiktiver Fälligkeitstag anzunehmen ist, dessen Annahme auf eine gesetzliche Entscheidungspflicht der Behörde bei gesetzeskonformem Vorgehen des Abgabepflichtigen abstellt und, ob dieser fiktive Zeitpunkt heranzuziehen ist, wenn die Abgabenschuld erst nach Unmöglichkeit einer Geltendmachung gegenüber der Primärschuldnerin bekannt wird, oder ob in einem solchen Fall für die Haftungsinanspruchnahme die schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters genügt und er mangels gesetzlicher Bestimmung zu einem Fälligkeitstag bei unterbliebener Festsetzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe der Möglichkeit des Nachweises einer Gleichbehandlung verlustig wird.
Es werden daher zur allfälligen Erstellung einer Gleichbehandlungsberechung fiktive Fälligkeitstage zu den Säumniszuschlägen ermittelt.
Annahme fiktiver Fälligkeitstage:
Hätte der Magistrat am Fälligkeitstag der Glücksspielabgabe für Mai 2018 Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er im Juni 2018 einen Säumniszuschlag festsetzen können.
Hätte der Magistrat bei Fälligkeit der Glücksspielabgabe für Juni 2018 mit Ablauf des Monats Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er im Juli 2018 einen Säumniszuschlag festsetzen können.
Es werden daher für eine allfällige Gleichbehandlungsberechnung dem Bf. für die Glücksspielabgabe Mai 2018 € 5.600,00, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit,
Glücksspielabgabe Juni 2018 € 5.600,00, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit,
Sz Mai 2018 € 112, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und
Sz Juni 2018 € 112, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit genannt.
Eine Liquiditätsaufstellung hat für den genannten Betrachtungszeitraum folgende Angaben zu enthalten:
1. Eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit
2. einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum und
3. einer Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (fiktiven Fälligkeitstag)
Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge hat nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (z.B. Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas, Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).
Weiters hat die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung muss für das BFG rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.
In diesem Zusammenhang werden Sie auch nochmals aufgefordert, einen laut Ihrem Beschwerdevorbringen bestehenden weiteren Untermietvertrag zum Lokal in ***30*** vorzulegen."
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Mit Mail vom hat die Kanzlei ***12***, die Beschwerde wie Vorlageantrag eingebracht hat, die Vollmacht zurückgelegt. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung sowie der Vorhalt wurden noch rechtswirksam an den nunmehr ehemaligen Vertreter zugestellt. Dem Bf. wurden die Ladung und der Vorhalt informativ nochmals zugestellt.
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Mit Mail vom gab der neue Vertreter, RA Dr. Günter Schmid, seine Vertretungsvollmacht bekannt und beantragte mit folgenden Ausführungen die Vertagung der mündlichen Verhandlung:
"Der einschreitende Vertreter wurde auf schriftlichem Wege kurzfristig diese Woche vom Beschwerdeführer in der gegenständlichen Angelegenheit beauftragt.
Der einschreitende Vertreter hätte versucht, kurzfristig abzuklären, ob sich der Untermietvertrag bei den zu GZ: RV/7300047/2020 beschlagnahmten Unterlagen befindet und deshalb bislang vom bisher einschreitenden Vertreter noch nicht vorgelegt wurde.
Der Beschwerdeführer konnte dem einschreitenden Vertreter bislang nur ein (ununterfertigtes) Mietanbot zwischen der ***4*** (als Untervermieterin) und der ***16*** (als Untermieterin) zur Verfügung stellen, welches hiermit in Vorlage gebracht wird. Alles andere sei beschlagnahmt worden, so der Beschwerdeführer.
Der einschreitende Vertreter wird sich jedenfalls bemühen, möglichst rasch abzuklären, ob der Beschwerdeführer allenfalls noch über ein digitales Exemplar oder eine Kopie des Untermietvertrags verfügt, welche/s vorgelegt werden könnte, oder ob - zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer bzw die ***4*** im inkriminierten Zeitraum keine Glücksspielapparate betrieben hat - die Beischaffung des Aktes GZ: RV/7300047/2020 beantragt werden muss.
Vor diesem Hintergrund wird höflich ersucht, die für den Dienstag, , anberaumte mündliche Verhandlung abzuberaumen und - vorsichtshalber - einen Verhandlungstermin im neuen Jahr anzuberaumen.
Womöglich kann aber vor diesem neuen Termin der Untermietvertrag dann bereits in Vorlagegebracht werden und die Verhandlung entfallen."
Dem Schreiben ist ein Mietanbot angefügt:
"Mietanbot zwischen ***4***, ***14***, HU ***15***, GF: ***Bf1*** nachfolgend "Anbotsteller" bzw kurz "AS" und ***16***, ***17***, ***18***, ***19***, FN: ***20***, GF: ***21*** nachfolgend "Anbotnehmer" bzw kurz "AN" wie folgt:
1 . Anbot
Der Anbotsteller stellt dem Anbotnehmer folgendes rechtsverbindliches Mietanbot, mit welchem der Anbotsteller unwiderruflich bis einschließlich im Wort bleibt. Das Mietanbot kann nur durch Zahlung der ersten Miete gem. Pkt 5. dieses Anbots bis auf das Konto der AS, IBAN: ***22*** (Barbezahlung auch möglich) angenommen werden und beginnt ab Zahlungseingang bzw. Übermittlung des Überweisungsbeleges das Mietverhältnis in diesem Monat. Eine Vergebührung des Mietanbotes entfällt sohin aufgrund mangelnder schriftlicher Annahme.
2. Objekt
2.1. Der AS ist Mieter des Objekts, ***13*** mit einer Nutzfläche von ca. 76 m 2, bestehend aus Gassenlokal mit Nebenräumen.
2.2. Der AN nimmt die Bestimmungen des Hauptmietvertrages zur Kenntnis und unterwirft sich bei Annahme dieses Anbots dahingehend, dass alle daraus den AS als Hauptmieter treffenden Pflichten vom AN vollinhaltlich erfüllt werden, soweit in diesem Vertrage nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
2.3. Der AN hat den Bestandgegenstand eingehend besichtigt. Der AN nimmt bei Annahme diese Anbots den Bestandgegenstand wie er liegt und steht.
Vertragsdauer/Nutzung
3.1. Das Mietanbot beginnt wie bereits unter Pkt. 1. dargelegt durch Zahlungseingang bzw. Übermittlung des Überweisungsbeleges der ersten Miete und ist unbefristet.
3.2. Das Objekt darf ausschließlich als Internetshop betrieben werden. Illegales Glücksspiel und illegale Wetten dürfen nicht angeboten werden.
4. Vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses
4.1. Dem AS kommt das Recht zur vorzeitigen Aufkündigung des Vertrages ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu, wenn der AN mit der Verwendung des Mietgegenstandes gegen die vertraglichen Bedingungen des Hauptmietvertrages verstößt. Die gesetzlichen Kündigungsgründe bleiben davon unberührt und in voller Geltung.
4.2. Zudem verpflichtet sich der AN im gegenständlichen Objekt keine illegalen Tätigkeiten durchzuführen. Aufgrund der Erfahrung der AS mit Vormietern stellt das Anbieten von illegalem Glücksspiel oder Wetten ebenso einen sofortigen Kündigungsgrund dar.
5. Untermietzins
5.1. Als Pauschalmietzins wird ein Betrag in Höhe von brutto EUR 1.916,18 (inkl. der gesetzlichen Umsatzsteuer) pro Monat vereinbart. In diesem Pauschalmietzins sind daher anteilig entsprechend dem Anteil der in Unterbestand genommenen Fläche enthalten:
-die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben sowie die Kosten für Heizungs-und Warmwasseranlage, und alle Beträge die von der Hausverwaltung dem AS für das Objekt in Rechnung gestellt werden;
-die Kosten für Strom, Internet.
Die tatsächliche Abrechnung der Betriebskosten und verbrauchsabhängigen Kosten erfolgt spätestens am 30.06. im darauffolgenden Kalenderjahr.
5.2. Der Pauschalmietzins ist im Voraus jeweils am 5. (fünften) eines Kalendermonats zur Zahlung an den AS fällig (einlangend).
6. Sonstige Bestimmungen
6.1 Der AN übernimmt das Objekt bei Annahme diese Anbots mit sämtlichen Gegenständen wie es liegt und steht.
6.2. Der AN bestätigt, in Kenntnis des Hauptmietvertrages und einer allfälligen Hausordnung zu sein und verpflichtet sich zu deren Einhaltung."
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Dem Vertreter wurde (nach einem Telefonat vom ) mit Mail vom bekannt gegeben, dass hiermit (nochmals) der Eingang der Unterlagen bestätigt werde. Das Vorbringen, es gäbe einen weiteren Untermietvertrag, gäbe es bereits seit März 2022. Der Untermietvertrag sei trotz Aufforderung des Magistrates und neuerlicher Aufforderung des BFG nicht vorgelegt worden. Die Kanzlei Hochstöger habe bereits mit Mail vom die Vollmachtszurücklegung bekannt gegeben und festgehalten, dass die Ladung zur Verhandlung vom an den Mandanten weitergeleitet worden sei. Dennoch seien Ladung und Vorhalt des BFG dem Mandanten nochmals informativ übermittelt worden. Es sei somit wiederum ein Monat verstrichen bis Dr. Schmid neu beauftragt worden sei. Es bestehe kein Vertreterzwang in diesem Haftungsverfahren, daher liege es im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers, dass er sich fristgerecht um eine allfällige neue Parteienvertretung annehme, so gewünscht. Dem neuen Hinweis auf das Verfahren RV/7300047/2020 sei bereits nachgegangen und über den zuständigen Richter die Ansprechperson ermittelt worden, die über die beschlagnahmten Unterlagen verfügen, bzw. ein Verzeichnis dazu haben sollte. Der Bearbeiter sei per Mail kontaktiert und auf den Umstand hingewiesen worden, dass für den eine Verhandlung angesetzt sei, die aus momentaner Sicht nicht abberaumt werde.
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Mit einer weiteren Mail vom selben Tag wurde ein weiteres Mietanbot an die ***16***, unterfertigt am vorgelegt und dazu ergänzend vorgebracht, dass die Miete bar bezahlt worden sei. Dieses Mietanbot enthält unter Vertragsdauer/Nutzung zu 3.2. den Passus, dass das Objekt ausschließlich als Internetshop betrieben werden darf. Illegales Glücksspiel und illegale Wetten dürfen nicht angeboten werden.
Es ist mit einem Stempel ***4*** versehen und trägt eine Unterschrift des Beschwerdeführers sowie eine zweite unleserliche Unterschrift mit dem Datumsvermerk .
Zudem wurde mit dieser Mail die Beiziehung eines Dolmetschers beantragt.
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Mit Mail vom wurde der Vertreter informiert, dass die Bundesabgabenordnung die Beiziehung eines Dolmetschers für Griechisch in einem Haftungsverfahren nicht vorsehe, es stehe dem Beschwerdeführer offen, für die Verhandlung einen Dolmetscher mitzunehmen.
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In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt festgestellt und erhoben:
"Zum Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschers wird auf § 313a BAO verwiesen und der Antrag als unbegründet abgewiesen.
§ 313a BAO: Ist eine Partei gehörlos oder hörbehindert, so ist erforderlichenfalls ein Dolmetscher beizustellen. § 181 gilt sinngemäß; die Gebühr für die Mühewaltung richtet sich nach § 54 Gebührenanspruchsgesetz 1975.
In einem Abgabenverfahren haben Parteien anders als in Strafverfahren keinen Anspruch auf Beiziehung eines Dolmetschers, wenn sie allenfalls der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind.
Die Richterin trägt die Sache vor und berichtet über den Vorhalt des BFG, die Vollmachtszurücklegung der Kanzlei Hochstöger sowie die mit Mail vom bekannt gegebene Bestellung eines neuen Vertreters und die Vorlage eines Mietanbotes zu einer weiteren Untervermietung an die ***16***.
Die Parteien verweisen auf die Schriftsätze im bisherigen Verfahren. Der Vertreter gibt bekannt, dass er mit seinem Mandanten englisch spricht.
Im Saal anwesend ist ***25***, Richter am BFG, der griechisch spricht. Er hat in der Folge bis zur Einvernahme des Zeugen einvernehmlich die Fragen der Vorsitzenden und die Antworten des Bf. übersetzt.
Den beiden Parteien des Verfahrens werden die Mietanbote sowie Unterschriftenproben von ***29*** ausgehändigt.
V.: Sie sind seit 2017 in Österreich gemeldet und wohnen in Linz, was machen Sie derzeit beruflich? Was haben Sie für eine Ausbildung?
Bf.: Seit 2017 bin ich in Wien. Ich habe im Immobilienhandel gearbeitet. Jetzt handle ich mit Pelzen und bin im Großhandel tätig.
V: Sie haben einen Mietvertrag an der Adresse ***3*** abgeschlossen. Ist das Ihre Unterschrift?
Bf.: Nein, ich hatte 2015 diese Firma nicht.
V: Wann haben Sie die ***4***. übernommen?
Bf.: 2018.
V: Ende der letzten Woche wurde zunächst ein nicht unterfertigtes Mietanbot an die ***16*** und auf die Mitteilung, dass die heutige Verhandlung nicht abgesetzt wird, am Freitag ein mit einer Unterschrift versehenes Mietanbot vorgelegt.
Ist das Ihre Unterschrift?
Bf.: Ja, das habe ich unterfertigt.
V: Wo wurde der Vertrag unterfertigt? An der Adresse ihrer Gesellschaft in Ungarn?
Bf.: Ich kann mich nicht daran erinnern.
V: Wessen Unterschrift ist die zweite Unterschrift, die mit dem Datum versehen ist?
Bf.: Das dürfte die Unterschrift des Gf. der ***16*** sein.
V: Wo haben Sie ihn kennengelernt?
Bf.: Über gemeinsame Bekannte in Griechenland, aber auch über Bekannte hier habe ich ihn kennengelernt.
V: Sie hatten bereits seit einen Mietvertrag und haben nur € 754,11 Miete zu zahlen gehabt und nunmehr verlangen Sie € 1.916,18. Was war als Einrichtung in dem Lokal? Haben Sie einen Beleg für die behauptete Bargeldzahlung, einen Eingang in einem Kassabuch der ***4***?
Bf.: Ich habe das Lokal angemietet und weitervermietet. Es wurde bar bezahlt, aber es sind auch andere Personen gekommen, die bezahlt haben.
Vertr.: Die Unterlagen sind beschlagnahmt. Ich habe einen Buchungsauszug vom , einen Kassabeleg und eine Entgeltvorschreibung vom .
Die Unterlagen werden der BV zur Einsicht vorgelegt und zum Akt genommen.
V: Vorgehalten werden die Unterlagen mit ganz anderen Unterschriften des wirklichen Geschäftsführers der ***16***?
Bf.: Ich habe nur mit dem Vertrag gearbeitet. Ich kann mich an den Vertragsabschluss nicht mehr erinnern und weiß nicht, wie die Unterschrift draufgekommen ist. ***24***, das ist meine Unterschrift.
V.: Die ***4*** ist vermögenslos?
Bf.: Ja, das ist richtig. Sie hat auch keine Geschäftstätigkeit. Seit ca. 2020, ab Jänner 2020 konnte ich auch keine Miete mehr zahlen. Ich habe die Mieten aus eigener Tasche bezahlt und dann die Verträge aufgelöst.
***27*** verlässt die Verhandlung.
Zeuge ***26*** gibt nach WE an: fremd
V: Vorhalt der Unterlagen zur Spielerinfo vom . Ich sehe Sie haben auch diese Unterlagen mit, ich habe sie für Sie kopiert.
Z: Ja ich habe diese Zusammenstellung gemacht.
V: Sie haben an diesem Tag 4 spielbereite Glücksspielautomaten an der Adresse ***30*** gesehen?
Z: Ja.
V: Sie wussten bei Ihrer Kontrolle nicht, wer der Aufsteller der Automaten ist?
Z: Ja, da gab es keinen Hinweis auf die Aufstellerfirma.
V: Der Antrag auf Einvernahme des Zeugen wurde von der Rechtsanwaltskanzlei gestellt, die die Beschwerde gemacht hat. Seit Donnerstag gibt es eine neue Vertretung.
Vertr: Ich habe keine Fragen an den Zeugen.
BV: Keine Fragen, es ist alles schriftlich dokumentiert.
V.: Zur Aufforderung zur Gleichbehandlungsberechnung geben Sie keine Stellungnahme ab, weil sie ja behaupten, dass die Automaten nicht von ihnen aufgestellt wurden.
Vertr.: Ja, das Lokal war untervermietet.
Der Mietvertrag ist so konzipiert, dass er durch Barzahlung angenommen werden kann. Eine firmenmäßige Zeichnung ist nicht erforderlich. Es lässt sich auch nicht feststellen, wer das Anbot tatsächlich unterfertigt hat. Es ist nicht auszuschließen, dass die Unterschrift von einem Bevollmächtigten stammt. Der Mietvertrag ist durch die fristgerechte Bezahlung der ersten Miete zustande gekommen. Dazu wird der Buchungsbeleg vom vorgelegt. Es ist auch ersichtlich, dass der gesamte Betrag von 1.830,90 von der ***16*** stammt.
Es wird der Antrag auf Beischaffung der beschlagnahmten Geschäftsbücher der ***4***. aus dem Akt RV/7300047/2020 gestellt. Aus diesen Unterlagen wird sich ergeben, dass die ***16*** seit März 2018 regelmäßig den Mietzins für das Lokal in ***30*** bezahlt hat.
V: Die ***16*** hatten ihren Firmensitz nicht an der Adresse ***30*** und es gibt keinen Hinweis auf ein Untermietverhältnis in ihren Grunddaten. Im Rechtsmittelakt RV/7300047/2020 erliegen keine beschlagnahmten Unterlagen oder Einzahlungsbelege, das hat mir der zuständige Richter ***28*** bestätigt.
Der Gf. ***29*** war nur zwischen bis in Ö gemeldet und ist unbekannten Aufenthaltes.
Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.
Der Antrag auf Beischaffung von Unterlagen aus dem Akt RV/7300047/2020 wird abgewiesen, weil es in diesem Rechtsmittelakt des BFG keine beschlagnahmten Unterlagen gibt."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz haften die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 7 Abs. 1 BAO werden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1) zu Gesamtschuldnern.
Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.
Gemäß § 313a BAO gilt: Ist eine Partei gehörlos oder hörbehindert, so ist erforderlichenfalls ein Dolmetscher beizustellen. § 181 gilt sinngemäß; die Gebühr für die Mühewaltung richtet sich nach § 54 Gebührenanspruchsgesetz 1975.
Anders als in strafrechtlichen Verfahrensbestimmungen normiert, sieht die Bundesabgabenordnung keine Bestellung eines Dolmetschers für einen nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtigen Beschwerdeführer vor.
Es kann auch ein nicht der deutschen Sprache mächtiger und rechtsunkundiger Geschäftsführer zur Haftung herangezogen werden (siehe ).
Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung sind:
1) Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft,
2.) eine erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderung bei der Glücksspielautomatenabgabe und beim Säumniszuschlag
3.) Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
4.) die abgabenrechtliche Pflichtverletzung und das Verschulden des Geschäftsführers an der Pflichtverletzung
5.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. , mwN; , 2009/16/0226, VwSlg 8541 F/2010). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).
Die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung setzt zwar das Bestehen eines Abgabenschuldverhältnisses, also das Bestehen einer Abgabenschuld (§ 4 BAO) voraus, nicht jedoch, dass diese Schuld dem Abgabenschuldner gegenüber auch bereits geltend gemacht wurde.
Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung.
Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es eine solche Bindung nicht. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage nach § 116 BAO im Haftungsverfahren von dem für die Erkenntniserlassung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden ().
Unstrittig ist, dass dem Haftungsbescheid keine rechtswirksame Abgabenfestsetzung der Glücksspielautomatenabgabe und des Säumniszuschlages (der Säumniszuschläge) voranging, daher ist im Haftungsbeschwerdeverfahren auch über die Entstehung der Abgabenansprüche zu entscheiden gewesen.
Gemäß § 4 Abs. 3 BAO bleiben in Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches unberührt, demnach ist die Entstehung des Abgabenanspruches für die Glücksspielautomatenabgabe aus § 3 Wiener Glücksspielautomatengesetz ersichtlich und hinsichtlich der Säumniszuschläge aus § 217 BAO.
Zum Abgabenanspruch:
Verwaltungsgeschehen:
Am wurde ***8*** als Hauptmieter des Lokales mitgeteilt, dass laut Erhebung (Spielerinfo) am 4 Glücksspielautomaten an der Adresse ***3*** gefunden worden seien, für die es keine Bewilligung gegeben habe und für die keine Glücksspielautomatenabgabe entrichtet worden sei.
Im vorgelegten Akt befindet sich eine Sachverhaltsdarstellung der ***7***, vertreten durch ***5*** vom betreffend das Halten von Spielapparaten an der Adresse ***3***.
Zum Sachverhalt wird in der Anzeige ausgeführt:
"Am wurde im Lokal (ohne Aufschrift), ***3***, um ca. 19:30 Uhr, das Veranstalten bzw. das Anbieten bzw. das Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 und 4 GSpG festgestellt.
Mit den im angeschlossenen Besuchsprotokoll näher beschriebenen elektronischen Geräten werden - vermutlich bereits seit zumindest - jedenfalls auch Glücksspiele in Form virtueller Walzenspiele fortgesetzt angeboten bzw. zugänglich gemacht.
Die Entscheidung über den Spielausgang der angebotenen Spiele ist stets ausschließlich (oder zumindest vorwiegend) vom Zufall abhängig, weil dem Spieler nach der Spielauslösung keinerlei wirksame Einflussmöglichkeit auf den Spielablauf bzw. das Spielergebnis (Entscheidung über Gewinn und Verlust) geboten wird.
Zudem sind die angeführten Glücksspiele bereits mehrfach auch vom VwGH als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz qualifiziert worden (z.B.: Walzenspiele , Hunderennen , elektronisches Glücksrad "Fun Wechseler" ).
Die angebotenen Spiele werden damit in Form von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz angeboten bzw. veranstaltet bzw. zugänglich macht.
Die Glücksspiele werden in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz angeboten, also für die Durchführung durch spielwillige Kunden bereitgehalten und sind im Sinne des Gesetzes "veranstaltet".
Der noch festzustellende Glücksspielveranstalter veranstaltet die angeführten Glücksspiele während des noch zu konkretisierenden Tatzeitraumes vermutlich auf seinen Namen und auf sein wirtschaftliches Risiko, übt also selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen aus.
Der Glücksspielveranstalter ist als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG zu qualifizieren. Für die Teilnahme an den Glücksspielen ist von den Spielern jeweils eine vermögenswerte Leistung zu erbringen, nämlich jedenfalls der geforderte Mindesteinsatz pro Spiel laut Erhebungen im angeschlossenen Besuchsprotokoll. Im Gegenzug für diese Einsatzleistung eines Spielers werden vom Glücksspielveranstalter als Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Aussicht gestellt, nämlich z.B. die in Gewinnplänen zu einzelnen Spielen angeführten Beträge (bzw. in Form von Quotenblättern bei angebotenen Wetten).
Die gegenständlichen Glückspiele werden also in Form von Ausspielungen im Sinne des GSpG veranstaltet.
Für die Veranstaltung von Ausspielungen im angeführten Standort ist keine Konzession nach dem GspG erteilt worden. Weder auf den Geräten noch im Lokal gab es einen sichtbaren Hinweis auf eine Bewilligung der Glücksspielgeräte. Die gegenständlichen Ausspielungen sind offenkundig auch nicht gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Nach Informationen der Einschreiterin besteht für den gegenständlichen Standort auch keine Bewilligung nach landesrechtlichen Bestimmungen (Landesausspielungen gemäß § 5 GSpG). Bei den gegenständlichen Glücksspielen handelt es sich somit um verbotene Ausspielungen, die im Sinne des § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz veranstaltet werden und an denen vom Inland aus teilgenommen werden kann.
Der Lokalinhaber duldet - nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den Branchengewohnheiten gegen Entgelt - die Veranstaltung verbotener Ausspielungen in seinem Lokal. Der Lokalinhaber macht somit verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich. Aus dem beiliegenden Grundbuchsauszug kann der Grundstückseigentümer der Liegenschaft mit der Grundstücksadresse ***30*** entnommen werden.
Beweis: Aus dem angeschlossenen Prüfprotokoll sind die verfahrens-und beurteilungsrelevanten Sachverhaltselemente zu entnehmen, die auch im Zuge durchgeführter Testspiele bzw. durch Fotoaufnahmen dokumentiert wurden. Die Daten des eingetragenen Grundstückseigentümers können dem beiliegenden Grundbuchsauszug entnommen werden und wird dessen Ladung und Vernehmung als Zeuge angeregt.
Der Sachverhaltsdarstellung sind Spieler- Infos zu den am um 19:30 Uhr an der verfahrensgegenständlichen Adresse vorgefundenen Glücksspielautomaten angeführt, wonach es in dem Lokal 4 Glücksspielautomaten mit virtuellen Walzenspielen gegeben habe. Als Testspiel sei Mystery of Ra durchgeführt worden. Der Mindesteinsatz habe 0,10 € betragen, der in Aussicht gestellte Gewinn € 50. Der mögliche Höchsteinsatz sei € 15 gewesen, der in Aussicht gestellte Höchstgewinn € 7.500. Das eingezahlte Spielgutgaben habe 30 € betragen, der beim Testspiel verwendete Einsatz 0,40 €. Das Spielguthaben sei auf einem Geldeingabeautomaten eingegeben worden, zur Ausfolgung habe es einen Geldausgabeautomaten gegeben. Es habe keine Hinweise auf den Glücksspielveranstalter, eine Bewilligung oder eine entrichtete Abgabe gegeben.
Am wurden für Mai, Juni, Juli, Aug. und Sept. 2018 die Glücksspielautomatenabgabe und ein Säumniszuschlag festgesetzt.
Dagegen gab es zu RV/7400076/2021 ein Beschwerdeverfahren in der Beschwerdesache ***11*** beim BFG, bei dem vorgebracht wurde, dass die Räumlichkeiten an die ***4***. untervermietet wurden, deren Geschäftsführer der Bf. ist. Der Schriftsatz mit der Vorlage des Mietvertrages der ***4*** mit dem Mietbeginn stammt ebenfalls von der nunmehr vertretenden Rechtsanwaltskanzlei. Zur Richtigkeit des Mietvertrages wurde die Einvernahme des Bf. als Gf. der ***4*** angeboten.
Der Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom stattgegeben.
Bereits am hat der Magistrat einen Festsetzungsbescheid an die ***4*** zur Glücksspielautomatenabgabe für 4 Glücksspielautomaten gehalten an der Adresse ***3*** in den Monaten Juli 2018 und September 2018 sowie für einen Säumniszuschlag erlassen.
Am brachte der Magistrat, Dezernat Rechnungs- und Abgabenwesen an das Dezernat Abgaben und Recht einen Antrag auf Ausstellung eines Haftungsbescheides zum Schuldner ***4*** ein, weil die kft. nicht in Österreich ansässig sei und die Schuldnerin laut CLO vom über keinerlei Vermögen verfüge.
Am erging ein Haftungsvorhalt an die ***4*** in Ungarn, der unbeantwortet blieb.
Am erging ein Haftungsvorhalt an den Bf., der ebenfalls unbeantwortet blieb.
Rechtsgrundlagen für die Entstehung des Abgabenanspruches zur Glücksspielautomatenabgabe:
Nach § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, erteilt wurde, eine Steuer zu entrichten. Die Steuer beträgt je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 €. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.
Nach § 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerin bzw. Gesamtschuldner.
Festgestellter Sachverhalt:
An der Adresse ***3*** wurden im Zeitraum Mai und Juni 2018 vier Glücksspielautomaten spielbereit gehalten. In diesen Zeiträumen hatte die von Bf. als Geschäftsführer geleitete ***4*** einen Untermietvertrag an dieser Adresse. Die Aufstellung der spielbereiten Glücksspielapparate wurde vor Fälligkeit der Glücksspielabgabe der Behörde nicht angezeigt und es wurden keine Glücksspielautomatenabgaben an das Land Wien entrichtet. Es lag keine Bewilligung oder Konzession vor.
Die Glücksspielautomaten wurden zumindest mit in Betrieb genommen und in den Monaten Mai und Juni 2018 spielbereit gehalten.
Im Zeitpunkt in dem die Behörde in Folge weiterführender Ermittlungen davon Kenntnis erlangt hat, dass diese Glücksspielautomaten durch die Primärschuldnerin, die ***4***, spielbereit gehalten wurden, war die Primärschuldnerin bereits vermögenslos.
Zum Einwand, dass zum Aufstellungsort der Glücksspielautomaten in ***3*** ein Untermietvertrag mit der ***16*** vorliegt und die ***4*** nicht Aufstellerin der Automaten gewesen sei:
Ein weiterer Untermietvertrag wurde zunächst trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorgelegt. Die ***16*** hat ihren Betriebssitz nicht an der Adresse ***3*** gehabt und es ergibt sich auch aus den zu dieser Firma erfassten Grunddaten kein Hinweis auf ein Untermietverhältnis an dieser Adresse. Der Geschäftsführer ***29*** war lediglich zwischen und in Österreich gemeldet. Nach vorliegenden Vergleichsunterschriften sowohl des Teams der Finanzstrafbehörde Österreich, das für Glücksspielangelegenheiten zuständig ist, als auch des Teams ***23*** (Stmk) sieht die Unterschrift auf dem nunmehr vorgelegten Mietanbot nicht so aus, wie die tatsächliche Unterschrift von ***29*** auf den dem BFG vorliegenden, dem Bf. auch in der Verhandlung vorgehaltenen, Urkunden. Zudem wurde die Behauptung aufgestellt, dass eine Barzahlung erfolgt sein soll, dies aber nicht durch Urkunden, wie z.B. einen Eingang in ein Kassabuch der Primärschuldnerin belegt.
Das - erst nachdem mitgeteilt wurde, dass die Verhandlung vor dem BFG nicht abgesetzt wird - vorgelegte Mietanbot mit einer nicht dem handelsrechtlichen Vertreter der ***16*** zuordenbaren Unterschrift wird daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht als Beweis einer (weiteren) Untervermietung des Lokales ***3*** anerkannt.
Es ist nicht feststellbar, von wem die Unterschrift auf dem Mietanbot geleistet wurde. Der Bf. hat in der mündlichen Verhandlung zunächst ausgesagt, dass er sich an die Begleitumstände zur Unterzeichnung nicht erinnern können, dann wurde auf Vorhalt, dass die Unterschrift nicht vom Geschäftsführer der ***16*** stamme, ergänzend ausgesagt, dass das vorgelegte Dokument auch per Mail gekommen sein könnte. Dass die Unterschrift von einem Prokuristen stammen könnte, ist ebenfalls reine Spekulation.
Der zu entrichtende Betrag laut Vertrag wäre € 1.916,18 gewesen. Nunmehr wurde ein Kassaeingangsbeleg von € 1.830,39 für den nicht mehr verfahrensrelevanten Zeitraum 8/2018 sowie eine Entgeltsvorschreibung ab an die ***16*** vorgelegt und behauptet, dass dieser Betrag die Miete darstellen soll, auch das ist nicht stimmig.
Es liegen somit lediglich widersprüchliche Angaben, jedoch kein schlüssiger Beweis für ein tatsächliches Untermietverhältnis vor. Der Geschäftsführer der ***16*** kann dazu mangels aufrechten Wohnsitzes in Österreich nicht befragt werden.
Zu RV/7500064/2020 hatte die erkennende Richterin ein Strafverfahren gegen den Bf. wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Glücksspielautomatengesetz mit dem Tatzeitraum Februar 2018, demnach hatte der Beschwerdeführer nachweislich im Februar 2018 an einer anderen Adresse Glücksspielautomaten aufgestellt und will nunmehr bei einer behaupteten Untervermietung illegales Glücksspiel dezidiert ausgeschlossen haben. Zudem wurde bei der erkennenden Richterin zu RV/7500408/2020 ein weiteres Verwaltungsstrafverfahren des Bf. mit Beschluss abgeschlossen und sind damit weitere 14 Schuldsprüche zu Verwaltungsübertretungen nach dem Wiener Glücksspielautomatengesetz in Rechtskraft erwachsen.
Der Bf. hat im Jahr 2018 nachweislich auch an anderen Orten illegale Glücksspielautomaten aufgestellt und betrieben, er hatte namens seiner ungarischen kft. das Lokal angemietet, in dem die verfahrensgegenständlichen Automaten aufgestellt waren und das nunmehr vorgelegte Mietanbot ist nicht glaubhaft, daher wird im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass die Abgabenansprüche - wie auch von der Behörde angenommen - bei der ***4*** entstanden sind.
Abgabenrechtliche Bewertung zu offenen Abgabenschuldigkeiten der ***4***:
Mit der Aufstellung spielbereiter Glücksspielautomaten für die keine Bewilligung oder Konzession erteilt wurde durch die ***4*** an der verfahrensgegenständlichen Adresse wurde die Steuerpflicht für folgende Abgaben bewirkt.
Der Abgabenanspruch für Mai 2018 macht für 4 Glücksspielautomaten € 5.600,00 (4x 1.400 €) aus.
Der Abgabenanspruch für Juni 2018 macht für 4 Glücksspielautomaten € 5.600,00 aus.
Mit Nichtentrichtung der Glücksspielautomatenabgaben bei deren Fälligkeit sind Säumniszuschläge angefallen.
Der Abgabenanspruch zum Säumniszuschlag für Mai 2018 beträgt € 112,00 (2 % des nicht entrichteten Abgabenbetrages).
Der Abgabenanspruch zum Säumniszuschlag für Juni 2018 beträgt ebenfalls € 112,00.
Erschwerte Einbringlichkeit:
Im Gegensatz zur Haftung nach § 9 BAO setzt § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz nicht die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten voraus, sondern nur, dass diese nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können.
Die Einbringlichkeit beim Abgabenschuldner muss lediglich mit Schwierigkeiten verbunden sein, die Einbringung beim Abgabenschuldner also im Vergleich zu einer durchschnittlichen Einbringung bloß erschwert sein.
Wie dem Schreiben vom (Seite 22 des Aktes) zu entnehmen ist, verfügte die nicht in Österreich ansässige Primärschuldnerin am über keinerlei Vermögen. Auf einen Vorhalt an ihre Sitzadresse in ***9*** wurde nicht reagiert, daher ist davon auszugehen, dass die Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich zu machen sind. Die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft wurde durch den Bf. in der Verhandlung am auch ausdrücklich zugestanden.
Schuldhafte Pflichtverletzung:
Gemäß § 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Steuer erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Steuerpflicht endet mit Ablauf des Kalendermonates, in dem der Apparat nicht mehr gehalten wird.
Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind, so eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217a BAO gilt für Landes- und Gemeindeabgaben Folgendes:
1.§ 217 Abs. 3 ist nicht anzuwenden,
2.Säumniszuschläge werden im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig,
3.abweichend von § 217 Abs. 10 erster Satz sind Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.
Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden (Ritz, BAO6, TZ 10).
Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin (z.B. Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt (vgl. ; , Zl. 95/16/0155).
Der Bf. fungierte in den entscheidungsrelevanten Zeiträumen als Geschäftsführer der ***4***, daher war er verpflichtet deren abgabenrechtliche Agenden wahrzunehmen, die Entstehung der Abgabenansprüche der Behörde bekannt zu geben und die Abgabenschuldigkeiten zu entrichten.
Die Glücksspielabgabe für Mai 2018 wäre den gesetzlichen Vorgaben folgend am zu entrichten gewesen.
Die Glücksspielabgabe für Juni 2018 wäre den gesetzlichen Vorgaben folgend bis zu entrichten gewesen.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstbemessung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (z.B. , ).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 2 Abs. 2 Glücksspielautomatenabgabegesetz annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. ).
Gleichbehandlung aller Gläubiger:
Stehen ausreichende Mittel zur Befriedigung aller Gläubiger nicht zur Verfügung, darf der Vertreter die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandeln und muss die Abgabenschulden diesem Verhältnis entsprechend zumindest anteilig erfüllen (Gleichbehandlungsgrundsatz).
Der Vertreter haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. ).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung hat, so verletzt der Vertreter keine abgabenrechtliche Pflicht (vgl. Erkenntnis vom , 94/17/0420).
Dass in den Zeitpunkten, in denen die Abgabenansprüche entstanden sind, keine Mittel zur Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gestanden seien, wurde durch den Bf. nicht behauptet.
Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlichen Zahlung. Wird der Nachweis nicht erbracht, haftet er für die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze ().
Fälligkeiten sind vorzuhalten (), das kann auch das BFG nachholen. Man kann auch nach § 269 Abs. 2 BAO Ermittlungsaufträge erteilen. Kann man nicht ermitteln, welcher Betrag auf welchen Zeitraum entfällt, darf eine Schätzung vorgehalten werden. (Bestimmte Abgabe, bestimmter Zeitraum).
Gemäß ist auch bei hinterzogenen Abgaben die Möglichkeit einzuräumen einen Gleichbehandlungsnachweis anzutreten.
: Für den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung kommt es nicht nur auf die liquiden Mittel zum Fälligkeitstag an, die den an diesem einen Tag jeweilig fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, weil eine derartige Betrachtung für nur einen einzigen Tag im Monat ohne Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel für die Zeiträume nach der Fälligkeit der Abgaben keinen Nachweis über eine Gläubigergleichbehandlung geben kann.
: Der im Hinblick auf die Gläubigergleichbehandlung zu beurteilende Zeitraum endet spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; er endet bereits früher mit der Beendigung der Vertreterstellung oder auch mit einer früheren allgemeinen Zahlungseinstellung.
Sollte in Folge einer schuldhaften Pflichtverletzung hinsichtlich einer Erklärungsfrist oder in diesem Fall der Bekanntgabe einer "Veranstaltung" durch Aufstellung spielbereiter Glücksspielautomaten eine Abgabenfestsetzung gegenüber der Primärschuldnerin nicht vorgenommen werden können und eine erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches erst im Haftungsverfahren erfolgen, ergibt sich hinsichtlich dieser Geltendmachung kein der Haftungsinanspruchnahme vorangehender Fälligkeitstag der Abgabenforderung.
Obwohl in einem solchen Fall die Abgabenforderung im Zeitraum der Vertretertätigkeit des Geschäftsführers nicht fällig geworden ist, muss die Haftung aber aufgrund des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung wegen Unterlassung der Bekanntgabe des Eintritts einer Steuerpflicht durch den Veranstalter und damit bewirkter verschuldeter Unkenntnis der Behörde von der Entstehung eines Abgabenanspruches dennoch bestehen, da ansonsten ein pflichtbewusster Geschäftsführer schlechter gestellt wäre.
Mangels Vorliegens entsprechender Judikatur des VwGH zu dieser Rechtsfrage ist daher zu klären, ob bei einer Haftungsinanspruchnahme für eine bescheidmäßig festzusetzende Abgabenschuldigkeit, die nicht festgesetzt wurde, weswegen kein Fälligkeitstag basierend auf einem Bescheid vorliegt, der Geschäftsführer einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen befugt ist oder er wegen verschuldeter Unkenntnis der Behörde von der Entstehung eines Abgabenanspruches zu einem Zeitpunkt wo dieser noch bei der Primärschuldnerin als Forderung einbringlich zu machen gewesen wäre, jedenfalls für den gesamten Abgabenbetrag haftet.
Die Behörde hatte vor Eintritt der Uneinbringlichkeit der Säumniszuschläge bei der Primärschuldnerin keine Kenntnis von der Entstehung der Abgabenansprüche.
Es stellt sich somit die Frage, ob ein fiktiver Fälligkeitstag anzunehmen ist, dessen Annahme auf eine gesetzliche Entscheidungspflicht der Behörde bei gesetzeskonformem Vorgehen des Abgabepflichtigen abstellt.
Ist dieser fiktive Zeitpunkt dann heranzuziehen, wenn die Abgabenschuld erst nach Unmöglichkeit einer Geltendmachung gegenüber der Primärschuldnerin bekannt wird, oder genügt in einem solchen Fall für die Haftungsinanspruchnahme die schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters und er wird mangels gesetzlicher Bestimmung zu einem Fälligkeitstag bei unterbliebener Festsetzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe der Möglichkeit des Nachweises einer Gleichbehandlung verlustig?
Da bisher keine Ausnahme bekannt ist, dass von der Aufforderung der Behörde/des BFG als Tatsacheninstanz, an den Haftenden eine Gleichbehandlungsberechnung erstellen zu können, Abstand genommen werden könnte und nach der Rechtsprechung des VwGH eine Aufgliederung auf einzelne Abgabenschuldigkeiten und deren Fälligkeitstage zu nennen ist, wurden fiktive Fälligkeitstage ermittelt und diese dem Bf. vorgehalten.
Annahme fiktiver Fälligkeitstage:
Hätte der Magistrat am Fälligkeitstag der Glücksspielabgabe für Mai 2018 Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er im Juni 2018 einen Säumniszuschlag festsetzen können.
Hätte der Magistrat bei Fälligkeit der Glücksspielabgabe für Juni 2018 mit Ablauf des Monats Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er im Juli 2018 einen Säumniszuschlag festsetzen können.
Es wurden daher für eine allfällige Gleichbehandlungsberechnung dem Bf. die Daten bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit angeboten.
Eine Gleichbehandlungsberechnung wurde nicht vorgelegt.
Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die erschwerte Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Ermessen
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die vom Bf. geleitete kft. verfügt über kein Vermögen, weswegen die Haftungsinanspruchnahme des Bf. die einzige Möglichkeit darstellt, einen Abgabenausfall hinterzogener Abgaben (tunlichst) hintanhalten zu können.
Seitens des Bf. wurden auch keine Einwendungen gegen die Ermessensentscheidung vorgetragen.
1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Erkenntnis des , ist bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung für deren Fälligkeit entscheidend.
Sollte in Folge einer schuldhaften Pflichtverletzung hinsichtlich einer Erklärungsfrist, in diesem Fall einer Bekanntgabe der Aufstellung von spielbereiten Spielautomaten eine Abgabenfestsetzung gegenüber der Primärschuldnerin jedoch nicht vorgenommen werden können und eine erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches erst im Haftungsverfahren erfolgen, ergibt sich hinsichtlich dieser Geltendmachung kein der Haftungsinanspruchnahme vorangehender Fälligkeitstag der Abgabenforderung an Säumniszuschlägen.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist im Haftungsverfahren einem Abgabepflichtigen jedoch die Möglichkeit einzuräumen, eine Gleichbehandlung aller Gläubiger zu einem (mehreren) Fälligkeitstag(en) vorzunehmen und gilt dies auch für hinterzogene Abgaben.
Wird die Behörde nicht von der Entstehung des Abgabenanspruches in Kenntnis gesetzt und gibt es keine Abgabenfestsetzung bei der Primärschuldnerin, liegt die schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters in der Unterlassung der Bekanntgabe der Aufstellung der Automaten.
Wird nunmehr die Abgabenschuld erst nach Unmöglichkeit einer Geltendmachung gegenüber der Primärschuldnerin bekannt, genügt für die Haftungsinanspruchnahme die schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters und er wird mangels gesetzlicher Bestimmung zu einem Fälligkeitstag bei unterbliebener Festsetzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe (Säumniszuschlag) der Möglichkeit des Nachweises einer Gleichbehandlung aller Gläubiger verlustig oder ist ein fiktiver Fälligkeitstag anzunehmen, dessen Annahme auf eine gesetzliche Entscheidungspflicht der Behörde bei gesetzeskonformer Bekanntgabe der Entstehung des Abgabenanspruches abstellt?
Zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt keine Judikatur des VwGH vor, daher wird eine ordentliche Revision zugelassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005 § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Zitiert/besprochen in | Schmutzer in BFGjournal 2023, 108 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400072.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at