Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 17.11.2022, RV/6300018/2020

Schmuggel und Verschlussverletzung, Strafbeschwerde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/6300018/2020-RS1
Die auf die einzelnen Täter, Beteiligte oder Hehler zuzuteilenden Wertersatzanteile dürfen in Summe den gemeinen Wert der verfallsbedrohten Gegenstände nicht übersteigen (). Verhängt der Spruchsenat einen den gemeinen Wert in toto übersteigenden Wertersatz, so überschreitet es seine Strafbefugnis.
RV/6300018/2020-RS2
Wird das Finanzstrafverfahren wegen der Verletzung der Verschlusssicherheit nach § 48 Abs. 1 lit. a FinStrG als auch des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG geführt, berühren die jeweils vorgeworfenen Verfehlungen unterschiedliche Rechtsgüter, weshalb wegen beider Finanzvergehen jeweils Strafen verhängt werden dürfen, ohne dass es dadurch zu einer Doppelbestrafung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPMRK kommt.
Folgerechtssätze
RV/6300018/2020-RS3
wie RV/7300007/2018-RS1
Im Bereich des Finanzstrafrechtes ist eine Teilrechtskraft hinsichtlich einzelner Fakten des Ausspruches von Schuld einerseits und der Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ). Wird eine Beschwerde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht insoweit eingeschränkt, dass sie sich nur mehr ausschließlich gegen die Höhe der ausgesprochenen Strafen richtet, ist hinsichtlich der Frage des Vorliegens von Abgabenhinterziehungen laut angefochtenem Erkenntnis Teilrechtskraft eingetreten. Als Konsequenz daraus ist auch der Schuldspruch der Finanzstrafbehörde nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes; das Bundesfinanzgericht ist vielmehr an diesen Schuldspruch gebunden (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Salzburg 5 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, geboren 1976, Kraftfahrer, ***Bf1-Adr*** wegen der Finanzvergehen der Verletzung der Verschlusssicherheit gemäß § 48 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) in Tateinheit mit Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 lit. a iVm § 38 FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim damaligen Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: ***1***, Strafnummer ***2***, in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates im Ausspruch über die Strafen und Kosten wie folgt abgeändert:

Über Herrn ***Bf1*** wird gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 3.000,00 verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Tagen festgesetzt.

Gemäß § 19 Abs. 1, 4, 5 und 6 FinStrG wird für die geschmuggelten Waren statt auf Verfall auf anteilsmäßigen, anteiligen Wertersatz in der Höhe von € 10.000,00 erkannt.

Gemäß § 20 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe die an dessen Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit drei Tagen und zwölf Stunden festgesetzt.

Gemäß § 185 FinStrG sind die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 300,00 sowie die Kosten des allfälligen Strafvollzuges zu ersetzen.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ehemaligen Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: ***1***, Strafnummer ***2***, wurde Herr ***Bf1***, geboren 1976, Ungarn, ungarischer Staatsangehöriger, Kraftfahrer, wohnhaft in ***Bf1-Adr*** schuldig gesprochen, er habe im gemeinsamen Zusammenwirken mit seinem Bruder ***Bf2***

1. am vorsätzlich Verschlussmittel, die in einem Abgabenverfahren angelegt wurden, unwirksam gemacht und 240 Stück eingangsabgabepflichtige Elektronikwaren (3 *X* iPads, 40 *X* Air Pods, 197 Smartphones) mit einem Zollwert von EUR 77.439,66 und einer Einfuhrabgabenbelastung von EUR 15.571,26 vorsätzlich der zollamtlichen Überwachung entzogen

2. sowie im Zeitraum 24./ vorsätzlich Verschlussmittel, die in einem Abgabenverfahren angelegt wurden, unwirksam gemacht und 687 eingangsabgabepflichtige Waren mit einem Zollwert von EUR 12.931,04 einer Einfuhrabgabenbelastung von EUR 2.526,21 vorsätzlich der zollamtlichen Überwachung entzogen, sodann einen Teil der Waren nach der Tat in gewinnbringender Absicht an bis dato unbekannte Personen weiterverkauft.

***Bf1*** habe dadurch die Finanzvergehen der Verletzung der Verschlusssicherheit gemäß § 48 Abs. 1 lit. a FinStrG in Tateinheit mit den Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 lit. a iVm § 38 FinStrG begangen und werde hiefür zu einer Geldstrafe von EUR 5.000,00 im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Wochen und einer anteiligen Wertersatzstrafe von EUR 60.000,00 im Nichteinbringungsfall ebenso zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Wochen sowie zum Ersatz der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 500,00 schuldig erkannt.

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest: Der 1976 geborene Angeklagte ist ungarischer Staatsbürger, verheiratet und für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig. Als Busfahrer verdient er monatlich rund EUR 500,00. Er verfügt über kein Vermögen und ist von keinen Verbindlichkeiten belastet (Beschuldigtenvernehmung vom ). Der Beschuldigte ist finanzstrafrechtlich bislang unbescholten. Der Bruder des Beschuldigten, ***Bf2*** war im Jahr 2017 als Kraftfahrer bei der W-GmbH beschäftigt. Am transportierte ***Bf2*** für dieses Unternehmen als Frachtführer eine Zollgutsendung von Wien nach Salzburg, wobei die Warensendung insgesamt 1.473 Artikel umfasste. Diese Sendung wurde von der H-GmbH zu CRN 17 AT600200INU4GJY6 beim Zollamt Salzburg zur Verzollung mit Einfuhrabgaben in Höhe von EUR 43.527,24 angemeldet. Der Transport der Warensendung erfolgte im externen Versandverfahren mittels Versandschein T1 und unter Raumverschluss. Der Beschuldigte und sein Bruder verschafften sich durch Beschädigung der - in einem Abgabenverfahren angebrachten - Zollplomben, indem sie diese aufbrachen, Zugang zu einem Teil dieser Sendung, nämlich drei *X* Ipads 4G 32Gb, 40 Stück *X* Air Pods White und 197 Smartphones mit einem Detailverkaufspreis von insgesamt EUR 102.312,01 (Big 105a). Diese Waren hatten einen Zollwert von EUR 77.439,66 und unterlagen einer Einfuhrabgabenbelastung von EUR 15.571,26. Dadurch war die Verschlusssicherheit nicht mehr gegeben. Der Beschuldigte und sein Bruder nahmen den Berechtigten diese zuvor genannten Waren unter Bruch des Gewahrsams weg, eigneten sich diese Waren zu und verkauften diese Waren (zumindest teilweise), um sich dadurch zu bereichern an bislang unbekannte Dritte. Der Beschuldigte und sein Bruder entzogen auf diese Weise die weggenommenen Waren der zollrechtlichen Überwachung.

Die verbleibenden Waren wurden in weiterer Folge an den Bestimmungsort nach Finnland versendet. Erst dort wurde der Diebstahl bemerkt.

In der Nacht von 24. auf transportierte der Bruder des Beschuldigten als Frachtführer Zollgut vom Flughafen Salzburg über Linz nach Wien. Bei diesen Waren handelte es sich um eine unverzollte Zollgutsendung. Diese Waren sollten im externen Versandverfahren mittels Versandschein T1 unter Zollverschluss zum Flughafen Wien Schwechat transportiert werden. Der Beschuldigte und sein Bruder verschafften sich durch Beschädigung der in einem Abgabenverfahren angebrachten Zollplomben, indem sie diese aufbrachen, erneut Zugang zu einem Teil dieser Sendung, nämlich 30 Schachteln mit 687 Stück Fantasieschmuck mit einem Detailverkaufswert von EUR 16.524,74 (Big 229a), einem Zollwert von EUR 12.931,04 und einer Einfuhrabgabenbelastung von EUR 2.586,21. Dadurch war die Verschlusssicherheit nicht mehr gegeben. Der Beschuldigte und sein Bruder nahmen den Berechtigten diese zuvor genannten Waren unter Bruch des Gewahrsams weg und eigneten sich diese Waren zu, um diese Waren zu verkaufen. Der Beschuldigte und sein Bruder entzogen auf diese Weise die weggenommenen Waren der zollrechtlichen Überwachung.

Der Beschuldigte und sein Bruder begingen die zuvor beschriebenen Tathandlungen darum, um sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Handlungen einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen der bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich EUR 400,00 übersteigt. Es kam nur deshalb nicht zu einer dritten Tathandlung, da der Beschuldigte und sein Bruder in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang nach der zweiten Tathandlung festgenommen wurden.

Der Beschuldigte wusste, als er gemeinsam - und im bewussten und gewollten Zusammenwirken - mit seinem Bruder die Zollplomben aufbrach und sich Zugang zu den oben beschriebenen Waren verschaffte, dass sie dadurch unter Verletzung der Verschlusssicherheit Zollgut der zollamtlichen Überwachung zu entziehen. Mit diesem Wissen hielt er es zudem ernstlich für möglich und fand sich billigend damit ab, die gestohlenen Waren der zollamtlichen Überwachung zu entziehen und dabei Zollplomben aufzubrechen und dadurch die Verschlusssicherheit zu verletzen.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom wurde dem Beschuldigten die Zollschuld vorgeschrieben. Bislang entrichtete er diese vorgeschriebene Zollschuld nicht.

Beweiswürdigung:

Der Feststellungen stützen sich auf die in Klammern angeführten Beweismittel. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten gründen auf seine eigene Einlassung im Untersuchungsverfahren.

Der Umstand, dass der Beschuldigte auch bei der ersten Tatbegehung mitwirkte, lässt sich zwanglos aus dem Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos Schwechat ableiten, wonach der Beschuldigte, während sich der von seinem Bruder gelenkte Sattelzug bewegte, auf der Ladefläche mit seinem Mobiltelefon Fotos der Ladung anfertigte.

Betreffend des Vorfalls vom 24. auf ist die objektive Tatseite unstrittig. Der Beschuldigte rechtfertigte sich im Untersuchungsverfahren bei seiner Vernehmung durch Organe des Zollamtes Salzburg zusammengefasst damit, dass er um die Bedeutung von Zollgut wisse, er habe aber nicht gewusst, dass es sich bei den gestohlenen Gegenständen um Zollgut gehandelt habe. Die Idee bzw. die Kenntnisse von der Manipulation der Zollplomben sei von seinem Bruder gekommen. Es sei jedoch nicht die Zollplombe selbst, sondern nur der Gurt bzw. die Schnur manipuliert worden.

Diese Verantwortung ist schon in sich widersprüchlich und daher nicht glaubwürdig. Wenn es sich um kein Zollgut gehandelt hätte, welche Veranlassung hätte für seinen Bruder, den abgesondert verfolgten ***Bf2*** bestanden, den Gurt bzw. der Schnur der Zollplombe zu manipulieren? Diese vom Beschuldigten getätigte Aussage ist geradezu lebensfremd. Daher steht allein wegen der eigenen Disposition des Beschuldigten fest, dass der Beschuldigte sehr wohl wusste, dass es sich bei dem von ihm und seinem Bruder gestohlenen Gegenständen um Zollgut handelte.

Für den erkennenden Senat steht - in Übereinstimmung mit der Spruchsenatsvorlage vom - weiters fest, dass es dem Beschuldigten und seinem Bruder primär darauf ankam, dass sie sich die von ihnen transportierten Gegenstände (teilweise) zueignen, um sich durch die Veräußerungserlöse zu bereichern. Um dieses Ziel zu erreichen, war es aber gerade eine Notwendigkeit im Sinne einer conditio sine qua non, dass der Beschuldigte und sein Bruder die Zollplomben manipulieren. Sonst wäre es für sie nicht möglich gewesen, sich die Ware zuzueignen.

Zusätzlich zu obigen Ausführungen wird beweiswürdigend hinsichtlich der subjektiven Tatseite ausgeführt, dass mangels eines Geständnisses Konstatierungen zum inneren Vorhaben des Täters regelmäßig nur durch eine lebensnahe Beurteilung seines äußeren Verhaltens getroffen werden können (so auch zum gerichtlichen Strafverfahren 11 Os 20/02; Ratz, Rechtsmittel gegen Urteile, § 281 Rz 452). Das Verhalten des Beschuldigten lässt keinen anderen Schluss zu, als dass sein Verhalten von einem entsprechenden Vorsatz getragen war.

Weitere Beweismittel die geeignet gewesen wäre, die Beweiswürdigung zugunsten des Beschuldigten zu beeinflussen oder einen erheblichen Umstand unter Beweis zu stellen liegen nicht vor, weshalb der Schuldbeweis erbracht ist.

Rechtliche Beurteilung:

1. Der Beschuldigte kam der Vorladung zu einer gemäß § 125 FinStrG anberaumten mündlichen Verhandlungen des Spruchsenates nicht nach. Vor der Verhandlung gab der Beschuldigte nicht bekannt, durch ein begründetes Hindernis von der Teilnahme an der Verhandlung abgehalten worden zu sein.

Die mündliche Verhandlung konnte zufolge des Vorliegens der Voraussetzungen des § 126 FinStrG in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt und das Erkenntnis gefällt werden.

2. Gemäß § 35 Abs 1 lit a FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet oder aus einer Freizone oder einem Freilager in einen anderen Teil des Zollgebietes verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht.

Das Finanzvergehen des Schmuggels ist als Gefährdungsdelikt ausgelegt, sodass es auf eine Verkürzung nicht ankommt (Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg FinStrG § 35 Rzl6).

Unter zollamtlicher Überwachung versteht der UZK "allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden mit dem Ziel, die Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften und gegebenenfalls der sonstigen Vorschriften zu gewährleisten, die für Waren gelten, die solchen Maßnahmen unterliegen" (Art 5 Z 27 UZK). Eine Ware unterliegt ab dem Zeitpunkt ihres Eingangs in das Zollgebiet der Union der zollamtlichen Überwachung und kann solcherart Zollkontrollen unterzogen werden (Art 134 Abs 1 erster Satz UZK). Primäres Ziel ist die Ermittlung des zollrechtlichen Status (Art 134 Abs 1 zweiter Unterabsatz UZK). Führt dessen Feststellung zum Ergebnis des Vorliegens einer Nicht-Unionsware (Art 5 Z 24 UZK), unterliegt diese der Überwachung grundsätzlich so lange, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechselt, also (durch Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr gern Art 194 UZK) zur Unionsware (Art 5 Z 23 lit b UZK) wird, aus dem Zollgebiet der Union verbracht oder zerstört (Art 197 UZK) wird (Art 134 Abs 1 letzter Unterabsatz UZK). Eine Ausnahmeregelung für Waren mit besonderer Zweckbestimmung enthält Art 254 Abs 4 UZK. Während also der erste Fall des Abs 1 lit a dem Schutz der Rechtmäßigkeit des unmittelbaren Einfuhrvorgangs dient, zielt der dritte Fall des Abs 1 lit a auf Manipulationen, durch die zunächst korrekt eingeführte Waren der rechtsrichtigen Verzollung entzogen werden (Lässig in Höpfel/Ratz WK-StGB2, § 35 FinStrG Rz 8).

Diebstahl ist wie sonstiges körperliches Entfernen vom vorgeschriebenen Verwahrungs-, Veredelungs- oder Verwendungsort - etwa aus dem Versendungsverfahren - ein typisches Beispiel für das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung. Zumal diese Waren zum Zeitpunkt der Diebstähle noch nicht im Sinne der Art 194 ff UZK überlassen waren, entzogen der Beschuldigte und sein Bruder diese gestohlenen Gegenstände der zollamtlichen Überwachung und verwirklichten dadurch die Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs 1 lit a FinStrG.

3. Die Verletzung der Verschlusssicherheit ist als Gefährdungsdelikt konzipiert. Dabei ist für die Begehung dieses Finanzvergehens weder eine Verkürzung von Eingangsabgaben noch das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung Tatbestandselement und daher für die Strafverfolgung nicht erforderlich (Groschedl in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 48 Rz 6). Dabei schließt die Bestrafung wegen Verletzung der Verschlusssicherheit eine Bestrafung - wie hier - wegen Schmuggels nicht aus, da zwischen diesen Finanzvergehen echte Idealkonkurrenz besteht (Groschedl aaO Rz 5).

4. Fallkonkret beträgt der strafbestimmende Wertbetrag EUR 18.556,40. Der Strafrahmen ist das Dreifache dieses Wertes, also EUR 55.669,50. Die Verletzung der Verschlusssicherheit sieht einen festen Strafrahmen von bis zu EUR 20.000,00 vor. Ausgehend von der bisherigen Unbescholtenheit des Beschuldigten war eine Geldstrafe von EUR 5.000,00, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen zu verhängen.

5. Der gemeine Wert besteht bei eingeführten Waren nicht nur aus dem reinen Sachwert (Importpreis), sondern erhöht sich um die Eingangsabgaben, allfällige sonstige Abgaben, die Transportkosten und die Handelsspanne. Er entspricht somit im Wesentlichen dem inländischen Detailverkaufspreis (VwGH 97/16/0067; RIS-Justiz RS0086393 [T1]). Ausgehend davon war die anteilige Wertersatzstrafe mit EUR 60.000,00 - im Nichteinbringungsfall die Ersatzfreiheitsstrafe mit drei Wochen - festzusetzen.

6. Die Verfahrenskosten waren mit EUR 500,00 festzusetzen."

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde führt der Beschuldigte wie folgt aus:

"Ich bringe Beschwerde gegen die in der Verhandlung am gegen mich verhängte Geldstrafe mit folgender Begründung ein:

Gegen mich besteht in Österreich bis 2027 ein gültiges Aufenthaltsverbot. Ihre Information, wonach für mich nach Vorlage meiner Ladung die Österreichische Botschaft in Budapest eine Einreisegenehmigung ausstellt, ist nicht richtig. Ich war persönlich in der Botschaft, wo ich die Information erhielt, dass sie eine derartige Genehmigung seit 2 Jahren nicht mehr ausstellen dürfen. Nicht nur für mich nicht, sondern für niemanden.

Die Sachverhaltsdarstellung erkenne ich an. Auch beim Gericht in Korneuburg habe ich diese ebenso anerkannt und erhielt dafür eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Ich wurde vorzeitig, 2 Monate früher, aus der Haft entlassen, erhielt aber im Gegenzug eine Ausweisung aus Österreich für die Dauer von 9 Jahren. Dies bedeutet, dass ich im Falle einer Einreise ohne Genehmigung diese 2-monatige, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe umgehend verbüßen muss. Das möchte ich aber nicht, deshalb möchte ich bis 2027 nicht nach Österreich reisen.

Bis zu diesem Zeitpunkt betrug die gegen mich verhängte Geldstrafe 3.000 EUR. Diese Geldstrafe wurde nun auf 65.500 EUR erhöht. So viel Geld habe ich nicht, hatte ich nie und werde ich womöglich auch nie haben. Nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis war ich als Buschauffeur für eine Grundschule tätig. Mein Gehalt betrug 500 EUR/Monat. Wegen der Verbreitung des Coronavirus wurde die Schule geschlossen, meine Arbeit wurde nicht mehr benötigt, ich wurde nicht weiter beschäftigt. Viele Arbeitsplätze gingen verloren, ich konnte nur schwer Arbeit finden. Derzeit arbeite ich 3 Tage pro Woche beim örtlichen Bestattungsunternehmen. Ich transportiere die Verstorbenen aus der Pathologie des Krankenhauses ins Krematorium. Als ich die typischen Symptome des Virus an mir bemerkte, ging ich freiwillig 2 Wochen lang in Quarantäne. Meine Eltern traf ich seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr.

Ich stelle die Rechtmäßigkeit der Strafe nicht in Frage, deren Ausmaß aber schon. Dieses steht nicht in einem angemessenen Verhältnis zur begangenen Straftat. Vom Gericht in Korneuburg habe ich für die in der Sachverhaltsdarstellung beschriebene Tat bereits eine Strafe erhalten.

Ich möchte diese Angelegenheit so rasch wie möglich abschließen, ich verbüße gerade meine zur Bewährung ausgesetzte Strafe, ich möchte keine weitere Freiheitsstrafe.

Ich wende mich mit der Bitte an Sie, Herr Richter, dass Sie die Höhe der Strafe auf 1.000 EUR reduzieren und mir die Möglichkeit geben, diesen Betrag in Raten zu bezahlen. Unter Berücksichtigung meiner finanziellen Lage, des Aufenthaltsverbotes und der besonderen coronabedingten Situation."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 35 Abs. 1 FinStrG: Des Schmuggels macht sich schuldig, wer
a) eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht oder
b) ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig aus dem Zollgebiet der Union verbringt.

§ 48 Abs. 1 lit. a FinStrG: Der Verletzung der Verschlußsicherheit macht sich schuldig, wer vorsätzlich oder fahrlässig Verschlußmittel oder Nämlichkeitszeichen, die in einem Abgaben- oder Monopolverfahren oder in einem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren angelegt oder anerkannt wurden, beschädigt, ablöst oder unwirksam macht.

Teilrechtskraft:

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Bereich des Finanzstrafrechtes Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ).

Nachdem der Beschuldigte in seiner Beschwerde explizit ausgeführt hat, dass er "die Rechtmäßigkeit der Strafe nicht in Frage stellt, deren Ausmaß aber schon. Er ersuche, die Höhe der Strafe auf 1.000 EUR reduzieren und ihm die Möglichkeit zu geben, diesen Betrag in Raten zu bezahlen", ist die Beschwerde auf eine Strafbeschwerde für die vorgeworfenen Schmuggelhandlungen bzw. Verletzungen der Verschlusssicherheit eingeschränkt. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens und der Strafbarkeit der Finanzvergehen der Verletzung der Verschlusssicherheit gemäß § 48 Abs. 1 lit. a FinStrG in Tateinheit mit den Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG iVm § 38 FinStrG laut angefochtenem Erkenntnis ist damit Teilrechtskraft eingetreten. Erwächst nämlich der (Teil)-Schuldspruch der Finanzstrafbehörde mangels Bekämpfung in (Teil-)Rechtskraft, so ist er nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Als Konsequenz daraus ist auch der Schuldspruch der Finanzstrafbehörde nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes; das Bundesfinanzgericht ist vielmehr an diesen Schuldspruch gebunden (; ).

Eine weitere Prüfung des Vorliegens der objektiven und subjektiven Voraussetzungen der angeschuldeten Finanzvergehen war somit nicht mehr erforderlich. Es war daher nur mehr über das Strafmaß zu entscheiden.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ehemaligen Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: ***3***, Strafnummer ***4***, Herr ***Bf2***, der Bruder des Beschuldigten, wegen derselben Finanzvergehen ebenfalls zu einer Geldstrafe von EUR 5.000,00, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Wochen und einer anteiligen Wertersatzstrafe von EUR 60.000,00, im Nichteinbringungsfall ebenso zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Wochen sowie zum Ersatz der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 500,00 schuldig erkannt. Diese Entscheidung ist laut Akt rechtskräftig.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 21 Abs. 2, 1. und 2. Satz FinStrG: Die einheitliche Geld- oder Freiheitsstrafe ist jeweils nach der Strafdrohung zu bestimmen, welche die höchste Strafe androht. Es darf jedoch keine geringere Strafe als die höchste der in den zusammentreffenden Strafdrohungen vorgesehenen Mindeststrafen verhängt werden. Hängen die zusammentreffenden Strafdrohungen von Wertbeträgen ab, so ist für die einheitliche Geldstrafe die Summe dieser Strafdrohungen maßgebend.

§ 35 Abs. 4 FinStrG: Der Schmuggel wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des auf die Waren entfallenden Abgabenbetrages, die Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet. Der Geldstrafe ist an Stelle des Regelzollsatzes der Präferenzzollsatz zugrunde zu legen, wenn der Beschuldigte nachweist, daß die Voraussetzungen für dessen Inanspruchnahme gegeben waren. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, übersteigt der strafbestimmende Wertbetrag 100 000 Euro, auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen. Auf Verfall ist nach Maßgabe des § 17 zu erkennen.

§ 38 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. I Nr. 62/2019 (in Kraft bis ): Mit Geldstrafe bis zum Dreifachen des Betrages, nach dem sich sonst die Strafdrohung richtet, ist zu bestrafen, wer, ohne den Tatbestand des § 38a oder des § 39 zu erfüllen, die Abgabenhinterziehung, den Schmuggel, die Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben oder die Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 gewerbsmäßig begeht. […]

§ 48 Abs. 2 FinStrG: Die Tat wird mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß bei vorsätzlicher Begehung 20 000 Euro, bei fahrlässiger Begehung 5 000 Euro beträgt. Die Tat unterliegt nicht der gesonderten Verfolgung nach § 272 StGB.

Gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG richtet sich die Strafe sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung des Gerichtes erster Instanz oder der Finanzstrafbehörde geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

Hat ein Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.

Gemäß der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Bei der Strafbemessung wertete der Spruchsenat als mildernd die finanzstrafbehördliche Unbescholtenheit und die Sorgepflichten, als erschwerend: keinen Umstand.

Aus dem Akt oder vielmehr aus der Beschwerde ergeben sich als weitere Milderungsgründe die schwierige finanzielle Lage, das Aufenthaltsverbot und die (damalige) besondere coronabedingte Situation (auch auf dem Arbeitsmarkt).

Wie vom Spruchsenat schon richtig ausgeführt schließt die Bestrafung wegen Verletzung der Verschlusssicherheit eine Bestrafung - wie hier - wegen Schmuggels nicht aus, da zwischen diesen Finanzvergehen echte Idealkonkurrenz besteht (Groschedl in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 48 Rz 5). Wird das Finanzstrafverfahren wegen der Verletzung der Verschlusssicherheit nach § 48 Abs. 1 lit. a FinStrG als auch des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG geführt, berühren die jeweils vorgeworfenen Verfehlungen unterschiedliche Rechtsgüter, weshalb wegen beider Finanzvergehen jeweils Strafen verhängt werden dürfen, ohne dass es dadurch zu einer Doppelbestrafung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPMRK kommt.

Dasselbe gilt auch für die folgende Bestrafung, da der Beschuldigte wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahls des Schmuggelgutes mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom zu GZ 613 HV 6/2018y zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monate, 14 Monate Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt wurde.

Laut angefochtenem Erkenntnis beträgt der strafbestimmende Wertbetrag für die Schmuggeltaten gesamt € 18.556,40. Die Verletzung der Verschlusssicherheit sieht einen festen Strafrahmen von bis zu € 20.000,00 vor. Allerdings ist zum Strafrahmen, der laut Ausführungen des Spruchsenates das Dreifache dieses Wertes, also € 55.669,50 betragen sollte, darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung des § 38 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. I Nr. 62/2019 mit außer Kraft getreten ist. Eine Bestrafung für eine gewerbsmäßige Begehung im Sinne des § 38 FinStrG (bis zum Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages) war zum Zeitpunkt der Bestrafung durch den Spruchsenat gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG im Gesetz nicht mehr gedeckt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das für die Strafbemessung, dass sich die Geldstrafe bei ursprünglich vorgeworfener Gewerbsmäßigkeit nicht mehr - wie vom Spruchsenat ausgeführt - nach dem Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages, also € 55.669,50, bemisst, sondern sich der Strafrahmen durch die Aufhebung des § 38 FinStrG auf € 37.112,80 verringert.

Mangels explizit nachvollziehbarer Berechnung, welcher Teil der Geldstrafe auf die damals vorgeworfene Gewerbsmäßigkeit entfällt, die sich laut angefochtener Entscheidung noch am Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages orientierte, war die Geldstrafe daher allein aus diesem Grund um ca. ein Drittel (€ 1.666,67) zu reduzieren.

Unter Berücksichtigung der nunmehr festgestellten weiteren Strafzumessungsgründe war somit eine Geldstrafe von € 3.000,00 als angemessen festzusetzen, wobei die Unterschreitung der Mindestgeldstrafe von 10% (ca. € 3.700,00) gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG aufgrund des Verböserungsverbotes des § 161 Abs. 3 FinStrG allein schon durch die Reduzierung des Strafrahmens bedingt war.

Bei den gleichen Strafbemessungsgründen war die Ersatzfreiheitsstrafe des Beschuldigten mit zwölf Tagen neu zu bemessen. Dabei kommt den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe keine Bedeutung zu (vgl. ).

Wertersatz:

Gemäß § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG ist statt auf Verfall auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, dass der Verfall unvollziehbar wäre.

Gemäß § 19 Abs. 3 FinStrG entspricht die Höhe des Wertersatzes dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten.

§ 19 Abs. 4 FinStrG: Der Wertersatz ist allen Personen, die als Täter, andere an der Tat Beteiligte oder Hehler vorsätzlich Finanzvergehen hinsichtlich der dem Verfall unterliegenden Gegenstände begangen haben, anteilsmäßig aufzuerlegen.

§ 19 Abs. 5 FinStrG: Stünde der Wertersatz (Abs. 3) oder der Wertersatzanteil (Abs. 4) zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis, so ist von seiner Auferlegung ganz oder teilweise abzusehen.

§ 19 Abs. 6 FinStrG: Ist der Wertersatz aufzuteilen (Abs. 4) oder ist vom Wertersatz ganz oder teilweise abzusehen (Abs. 5), so sind hiefür die Grundsätze der Strafbemessung (§ 23) anzuwenden.

Da die vom Beschuldigten geschmuggelten Waren nicht mehr für verfallen erklärt werden kann, weil sie nicht mehr vorhanden sind, war für diese statt auf Verfall auf eine (gemäß § 19 Abs. 1, 4, 5 und Abs. 6 FinStrG) anteilsmäßige, anteilige Wertersatzstrafe zu erkennen. Anteilig deshalb, da hier auch der Bruder als Mittäter und die Käufer des geschmuggelten Diebesgutes bei der Aufteilung des Wertersatzes zu berücksichtigen sind.

Allerdings ist eine Durchführung und der Abschluss eines Strafverfahrens gegen die Käufer der Schmuggelware nicht zu erwarten und demnach auch kein Wertersatzanteil zu reservieren (vgl ; ; ; [R 19(4)/7] und [R 19(4)/3]; vgl. Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG, Band 1, 5. Aufl. (2018), § 19, I. Kommentar zu § 19 [Rz 39]).

Berechnung Wertersatz:

Faktum 1:

3 Stück *X* iPad (2017) 4G 32GB
40 Stück *X* Air Pods White
197 Stück Smartphones
Gemeiner Wert gemäß § 19 Abs 3 FinStrG: € 102.312,01 (vgl. Strafakt Band I, Bl. 105a)

Faktum 2:

687 Stück Fantasieschmuck
Gemeiner Wert gemäß § 19 Abs 3 FinStrG: € 16.524,74 (vgl. Strafakt Band I, Bl. 229a)

Summe gemeiner Wert: € 118.836,75

Unter dem gemeinen Wert im Sinne des § 19 Abs. 3 FinStrG zur Ermittlung einer Wertersatzes für verfallsbedrohte Gegenstände ist laut Judikatur des Bundesfinanzgerichtes der Preis zu verstehen, welchen die Finanzstrafbehörde (nunmehr das Zollamt Österreich) als neue Eigentümerin der Gegenstände bei einer Veräußerung für diese in den von ihr erreichbaren Marktbereichen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (eigene Versteigerung, Freihandverkauf, Verkauf an einen gewerblichen Händler, Veräußerung im Internet etc.) erzielen hätte können, wären die verfallsbedrohten Gegenstände unverzüglich nach der Tat beschlagnahmt und verwertet worden (vgl. ).

Festzuhalten ist, dass im Hinblick auf die Bedeutung der Tat oder auf dem den Täter treffenden Vorwurf die Wertersatzstrafe im Sinne des § 19 Abs. 5 FinStrG nicht unverhältnismäßig ist.

Nicht unbeachtet bleiben darf die Tatsache, dass auch der Bruder des Beschuldigten für dieselben Taten mit den identen Strafbeträgen, somit auch mit einem Wertersatzanteil von € 60.000,00 rechtskräftig bestraft wurde.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die auf die einzelnen Täter, Beteiligte oder Hehler zuzuteilenden Wertersatzanteile in Summe den gemeinen Wert der verfallsbedrohten Gegenstände nicht übersteigen dürfen (). Verhängt der Spruchsenat einen den gemeinen Wert in toto übersteigenden Wertersatz, so überschreitet es seine Strafbefugnis (vgl. § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO, vgl Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 § 20 FinStrG; Guzy in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG § 19, RZ 54).

Da somit die Verhängung einer Wertersatzstrafe von mehr als 100% des gemeinen Wertes nicht möglich ist, verbleibt als möglicher Wertersatz für den Beschuldigten nur mehr ein Betrag von höchstens € 58.836,75.

In Anlehnung an die Bemessung der Geldstrafe war gemäß § 19 Abs. 6 FinStrG auch die Wertersatzstrafe auf € 10.000,00 herabzusetzen.

§ 20 Abs. 1 FinStrG: Wird auf eine Geldstrafe oder auf Wertersatz erkannt, so ist zugleich die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe wird aufgrund des Verböserungsverbotes des § 161 Abs. 3 FinStrG mit drei Tagen und zwölf Stunden festgesetzt.

Darüber hinaus gab es keinen Spielraum für eine weitere Reduzierung auf die vom Beschuldigten gewünschte Strafhöhe, sodass die Beschwerde insoweit abzuweisen war.

Zu dem in der Beschwerde gestellten Ansuchen, dem Beschuldigten die Möglichkeit zu geben, die Strafen in Raten bezahlen zu können, wird der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass ein begründetes Ansuchen um allfällige Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) bei der Finanzstrafbehörde - Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde, Aigner Straße 10, 5026 Salzburg - einzubringen ist.

Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:

§ 160 Abs. 2 lit. b FinStrG: Das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn nur die Höhe der Strafe bekämpft wird und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Ein solcher Antrag kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Da im vorliegenden Fall von keiner Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, die Beschwerde sich nur gegen die Strafhöhe richtet, somit die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 lit. b FinStrG vorliegen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten von € 300,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6300018.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at