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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.01.2023, RV/6100225/2021

Grunderwerbsteuer iZm dem Erlöschen des Baurechts - § 9 Abs. 1 BauRG

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/6100225/2021-RS1
wie RV/6100223/2021-RS1
Enthält der Baurechtsvertrag Regelungen betreffend das rechtliche Schicksal des vom Bauberechtigten auf Grund des Baurechts hergestellten Bauwerks im Falle des Erlöschens des Baurechts, ist im Wege der Vertragsauslegung zu klären, ob die Vertragsparteien damit zusätzlich einen unter § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 fallenden vertraglichen Titel für ein über den § 9 Abs 1 BauRG hinausgehendes Rechtsgeschäft schaffen wollten (vgl in diesem Zusammenhang [sinngemäß] das zum GebG 1957 ergangene Erkenntnis des ). Die bloße Wiedergabe der in § 9 Abs 1 Satz 1 BauRG für den Fall des Erlöschens des Baurechts angeordneten Rechtsfolge des ipso iure erfolgenden Eigentumserwerbs am Bauwerk durch den Grundeigentümer („Heimfall des Bauwerks“) im Baurechtsvertrag erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 grundsätzlich noch nicht.

Entscheidungstext

Im Namen der Republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. ***RA***, ***Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer für den Baurechtsvertrag vom ***TagMo*** 2016 mit der ***Bauber***, ErfNr ***123*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Für den von der beschwerdeführenden Partei als Baurechtsgeberin mit der ***Bauber*** als Bauberechtigte am ***TagMo*** 2016 abgeschlossenen Baurechtsvertrag wurde die Grunderwerbsteuer ausgehend von einem jährlichen Baurechtszins von € 1.400,00, kapitalisiert mit dem 18-fachen Jahreswert, somit ausgehend von einem Betrag von € 25.200,00 vom Vertragserrichter selbst berechnet.

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde für den vorgenannten Baurechtsvertrag gegenüber der beschwerdeführenden Partei darüber hinaus - unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von € 282.646,31 (Gebäudewert) - die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 1.902,93 fest. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, unter Punkt VII. des Vertrages sei vereinbart worden, dass das im Rahmen des Baurechtsvertrages errichtete Bauwerk bei Erlöschen des Baurechts, sei es vorzeitig oder nach Ablauf der Baurechtsdauer, in das Eigentum der Baurechtsgeberin als Grundstückseigentümerin zurückfällt. Wenn ein im Baurecht errichtetes Bauwerk nach Ablauf der Vertragsdauer dem Grundeigentümer kraft Vertrages und ohne weitere Erklärung zufällt, so werde ein gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerpflichtiger Tatbestand schon bei Abschluss des Baurechtsvertrages erfüllt.

Mit Schreiben vom wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid Beschwerde erhoben und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend wurde dazu zusammengefasst ausgeführt, dass beim Baurecht - anders als bei Superädifikaten - das auf der Liegenschaft errichtete Gebäude schon aufgrund des Gesetzes (§ 9 Abs. 1 BauRG) nach Ablauf der Baurechtsdauer in das Eigentum des Liegenschaftseigentümers übergehe. Eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung für den Eigentumsübergang am Gebäude sei beim Baurecht nicht erforderlich. Ein derartiger Vorgang sei nach Maßgabe der Rechtsprechung des BFH zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland als nicht steuerbar zu qualifizieren. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfülle nur - im Beschwerdefall nicht vorliegende - vorzeitige rechtsgeschäftliche Auflösung eines Baurechtsvertrages den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 2 Z 2 GrEStG. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass selbst wenn man davon ausginge, dass bei Beendigung des Baurechts durch Zeitablauf ein steuerbarer Vorgang vorliegen würde, die Steuerschuld erst im Zeitpunkt des Erlöschens des Baurechts entstünde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass es für die Beurteilung, ob eine Liegenschaftsübertragung der Grunderwerbsteuer unterliege, nicht von Bedeutung sei, ob es für die Übertragung des Eigentums einer gesonderten rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bedarf oder ob die Übertragung des Eigentums bereits rechtliche Grundlagen gegeben seien. Dem Einwand, dass eine Steuerschuld erst mit Ablauf des Baurechts eintrete, sei entgegenzuhalten, dass das GrEStG nicht (nur) die Erfüllung eines Rechtsgeschäftes, sondern bereits das Verpflichtungsgeschäft besteuere.

Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag gestellt und darin unter anderem ergänzend zum Beschwerdevorbringen ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes (Baurechtseinräumungsvertrag) weder Art und Ausmaß des auf der Baurechtsliegenschaft zu errichtenden Gebäudes noch dessen Zustand und Wert zum Zeitpunkt des Endes des Baurechts feststünden, sofern das Gebäude zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch existiere. Für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer auf Basis von Umständen, die erst nach Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes eintreten (wie die spätere Errichtung eines Gebäudes durch den Baurechtsnehmer), gebe es keine gesetzliche Grundlage.

Am wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt und wurde im Vorlagebericht - unter Verweis auf die bereits in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht - die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***Bf1*** ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***1*** in der Katastralgemeinde ***KG***, Bezirksgericht ***S***. Gemäß Vermessungsplan vom mit der GZ ***2***, Planverfasserin ***ABC***, Vermessung u Geoinformation, wurde das Grundstück ***4*** geteilt in das neue Grundstück ***4/1*** und in das neue Grundstück ***4/2***. Das neu gebildete Grundstück ***4/2*** im Ausmaß von 590m² bildete das Baurechtsgrundstück.

Mit Baurechtsvertrag vom ***TagMo*** 2016 abgeschlossen zwischen der beschwerdeführenden Partei als "Baurechtsgeberin" und der ***Bauber***, als "Baurechtsnehmerin" wurde der Baurechtsnehmerin von der beschwerdeführenden Partei ein Baurecht iSd BauRG an dem vorgenannten, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits bebauten Grundstück mit der Grundstücksnummer ***4/2*** gegen Bezahlung eines jährlichen Bauzinses iHv € 1.400,00 eingeräumt. Auf dem Baurechtsgrundstück befand sich das ehemalige ***M*** Gemeindeamt mit der Anschrift ***Adr123*.
Es wurde vereinbart, dass die Bauberechtigte das bestehende Objekt zum Zweck des Betriebes einer Kinder- und Jugendeinrichtung adaptieren werde.

Laut Punkt III des Baurechtsvertrages wurde das Baurecht auf die Dauer von 50 Jahren bestellt.

Punkt VII des Baurechtsvertrages ("Vertragsauflösung") lautet wie folgt:

"Wenn die Bauberechtigte mit der Zahlung des Bauzinses für zwei aufeinanderfolgende Jahre in Rückstand gerät, ist die Baurechtsgeberin berechtigt, gemäß § 4 Abs. 2 BauRG das Baurecht für erloschen zu erklären.

Bei Erlöschen des Baurechtes, sei es vorzeitig oder nach Ablauf der Baurechtsdauer, fällt das im Rahmen des Baurechtsvertrages errichtete Bauwerk unentgeltlich in das Eigentum der ***Bf1*** als Grundeigentümerin zurück.
Dabei sind die auf der Baurechtseinlage intabulierten, pfandrechtlich sichergestellten Darlehens- und Kreditforderungen, die zur Gesamtherstellung bzw. in weiterer Folge allenfalls auch zur notwendigen Instandsetzung und Erneuerung des Gebäudes von der Baurechtsnehmerin aufgenommen werden, von der
***Bf1*** gemäß § 1405 mit jenem Saldo zu übernehmen, der sich bei tilgungsplangemäßer Abstattung zum Zeitpunkt der Beendigung des Baurechtes ergibt, falls die ***Bf1*** der Einverleibung eines entsprechenden Pfandrechts schriftlich im Vorhinein ihre Zustimmung erteilt hat. Der in § 9 Baurechtsgesetz bestimmte Entschädigungsbetrag ist nicht zu leisten.

Die Bauberechtigte verpflichtet sich daher, die Baurechtseinlage nur bis zur Höhe der Gesamtherstellungskosten bzw. bis zur Höhe notwendiger Instandhaltungs- und Erneuerungskosten zu belehnen und für die tilgungsplanmäßige Rückzahlung der aufgenommenen Kredite und Darlehen zu sorgen. Sie räumt in diesem Zusammenhang der Baurechtsgeberin das Recht ein, in die diesbezüglichen Kreditverträge und Urkunden Einsicht zu nehmen.

Bei vorzeitiger Auflösung sind die auf der Baurechtseinlage intabulierten, pfandrechtlich sichergestellten Darlehens- und Kreditforderungen, die zur Gesamtherstellung bzw. in weiterer Folge allenfalls auch zur notwendigen Instandsetzung und Erneuerung des Gebäudes von der Baurechtsnehmerin aufgenommen werden, von der Baurechtsgeberin gemäß § 1405 ABGB mit jenem Saldo zu übernehmen, der sich bei tilgungsplangemäßer Abstattung zum Zeitpunkt der Beendigung des Baurechtes ergibt."

Das Baurecht wurde mit einer Laufzeit bis im Grundbuch eingetragen.

Eine vorzeitige Löschung des Baurechts ist bis dato nicht erfolgt.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf der vom erkennenden Gericht vorgenommenen Einsichtnahme in das Grundbuch sowie auf dem zitierten aktenkundigen Baurechtsvertrag.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet.

Nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG 1987 unterliegt der Grunderwerbsteuer der Erwerb des Eigentums an einem inländischen Grundstück, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.

Gemäß § 8 Abs 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Nach § 2 Abs 2 GrEStG 1987 stehen den Grundstücken gleich
1. Baurechte und
2. Gebäude auf fremdem Boden.

Das Baurecht ist das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Bodenfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 BauRG).

Gemäß § 6 Abs 1 BauRG gilt das Baurecht als unbewegliche Sache und das auf Grund des Baurechtes erworbene oder hergestellte Bauwerk als Zugehör des Baurechtes.

Gemäß § 6 Abs 2 BauRG stehen dem Bauberechtigten am Bauwerk die Rechte des Eigentümers und an dem Grundstück, soweit im Baurechtsvertrag nichts anderes bestimmt ist, die Rechte des Nutznießers zu.

Nach der Maßgabe des § 6 Abs 1 BauRG bildet das Baurechtsbauwerk einen unselbständigen Bestandteil des Baurechts und ist es als solches immer dem rechtlichen Schicksal des Baurechtes unterworfen; es ist sohin nicht gesondert veräußerbar, verpfändbar oder exekutierbar (vgl Rechberger in Kletečka/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund2 Rz 115; Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 6 BauRG [Stand ] Rz 1; Krist/Pinetz/Uitz in Pinetz et al [Hrsg], BauRG [2021] § 6 Rz 1 mwN).

Im Falle des Erlöschens des Baurechtes bliebe der Bauberechtigte nach den allgemeinen Bestimmungen des ABGB zwar Eigentümer des Bauwerkes, hätte jedoch nunmehr infolge Wegfalls des Baurechtes keine Legitimation mehr dafür, auf dem Grund eines anderen ein Bauwerk zu haben (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 1). Davon abweichend bestimmt § 9 Abs 1 Satz 1 BauRG, dass das Bauwerk bei Erlöschen des Baurechts an den Grundeigentümer fällt ("Heimfall des Bauwerks"); dies unabhängig davon, ob die Löschung nach Beendigung der vereinbarten Baurechtsdauer oder aber vorzeitig erfolgt (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 2; Krist/Pinetz in Pinetz et al [Hrsg], BauRG [2021] § 9 Rz 2 mwN).

§ 9 Abs 1 Satz 1 BauRG bewirkt einen Eigentumsübergang am Bauwerk kraft Gesetzes; eine Einigung über den Eigentumsübergang und die Übergabe des Bauwerkes ist somit nicht erforderlich (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 3).

Erlischt das Baurecht aufgrund eines unmittelbar wirkenden Endigungsgrundes ex lege (zB durch Zeitablauf), so kommt es im Zeitpunkt des Erlöschens des Baurechts gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 BauRG zu einem Eigentumsübergang am Bauwerk ipso iure; der grundbuchsrechtlichen Einverleibung der Löschung kommt diesfalls bloß deklarative Wirkung zu (vgl ; Krist/Pinetz in Pinetz et al [Hrsg], BauRG [2021] § 9 Rz 11 mwN).

Liegt nur ein Löschungstitel vor, muss der Löschungstitel tatsächlich geltend gemacht werden, um das Baurecht zu beenden (zB vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund). Daher kommt der grundbuchsrechtlichen Einverleibung der Löschung konstitutive Wirkung zu und geht in einem solchen Fall das Eigentum am Bauwerk gemäß § 9 Abs. 1 BauRG nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum erst in jenem Zeitpunkt auf den Liegenschaftseigentümer über, in dem der Löschung der Baurechtseinlage im Grundbuch absolute Wirkung zukommt (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 5; Krist/Pinetz in Pinetz et al [Hrsg], BauRG [2021] § 9 Rz 12 mwN).

Die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BauRG ist nach der hA allerdings nicht zwingendes Recht, sodass auch der Ausschluss des "Heimfalls des Bauwerkes" mit der Wirkung vereinbart werden kann, dass die allgemeinen Bestimmungen des ABGB Platz greifen und das Bauwerk bei Erlöschen des Bauwerkes zum Überbau wird. Der Grundeigentümer kann die Entfernung des Bauwerks verlangen kann. Somit ist auch die Vereinbarung einer Abbruchpflicht zu Lasten des Bauberechtigten zulässig (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 2 mwN).

Zur Entschädigung des Bauberechtigten bei Erlöschen des Baurechts bestimmt § 9 Abs. 2 BauRG, dass dem Bauberechtigten mangels anderer Vereinbarung eine Entschädigung in der Höhe eines Viertelteiles (25%) des vorhandenen Bauwertes zu leisten ist. Da die Regelung des § 9 Abs. 2 BauRG dispositiv ausgestaltet ist, kann grundsätzlich die Entschädigung beliebig vereinbart und somit die Entschädigung auch gänzlich ausgeschlossen werden. Eine Änderung der (gesetzlichen) Entschädigungspflicht wird in der Praxis oft auch nachträglich vereinbart und ist daher aus dem Baurechtsvertrag nicht ersichtlich (vgl Spruzina in Böhm et al [Hrsg], GeKo Wohnrecht II § 9 BauRG [Stand ] Rz 8 und Rz 15).

Im vorliegenden Beschwerdefall wurde im Baurechtsvertrag festgehalten, dass "[b]ei Erlöschen des Baurechtes, sei es vorzeitig oder nach Ablauf der Baurechtsdauer, [...] das im Rahmen des Baurechtsvertrages errichtete Bauwerk unentgeltlich in das Eigentum der Baurechtsgeberin als Grundeigentümerin zurück[fällt]."

Da im vorliegenden Beschwerdefall durch die Beschwerdeführerin ein Eigentumserwerb an dem von der Bauberechtigten errichteten Bauwerk (noch) nicht stattgefunden hat, ist für die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittige Frage, ob nur die Einräumung des Baurechtes, oder ob darüber hinaus auch der Heimfall des Bauwerks bei Erlöschen des Baurechts der Grunderwerbsteuer unterliegt, alleine maßgeblich, ob im vorliegenden Baurechtsvertrag ein unter § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG fallendes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung dieses Bauwerks begründet, zu erblicken ist.

Dies ist allerdings aus folgenden Gründen zu verneinen (vgl. dazu auch ):

Rechtsgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG sind nur dann steuerpflichtig, wenn sie den Anspruch auf Übereignung begründen (vgl. ). Der Tatbestand ist dann erfüllt, wenn der Erwerber seinen Anspruch auf Übereignung und damit auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung, letztendlich im Klageweg, also unmittelbar durchzusetzen vermag (vg.l z.B. , mwN).

Der oben wiedergegebenen Passus des Baurechtsvertrages erschöpft sich inhaltlich in einer sinngemäßen Wiedergabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 BauRG. Wenn darüber hinaus auch darauf hingewiesen wird, dass die beschriebene Rechtsfolge des Eigentumserwerbs durch die Beschwerdeführerin unabhängig davon eintritt, ob das Baurecht vorzeitig oder nach Ablauf der Baurechtsdauer erlischt, so wird auch insoweit nichts erklärt, was sich nicht ohnehin unmittelbar aus der genannten gesetzlichen Bestimmung ergibt.

Auch die gewählte Formulierung deutet nicht auf die Vereinbarung einer für ein vertragliches Schuldverhältnis charakteristischen Leistungspflicht einer der Vertragsparteien hin, da der betreffende Passus im Unterschied zu den sonst im Baurechtsvertrag getroffenen Vereinbarungen (vgl. beispielsweise die dem betreffenden Passus voranstehenden beiden Absätze, die jeweils mit der Wortfolge "Die Bauberechtigte verpflichtet sich ..." beginnen) bloß deskriptiver Natur ist.
Die Vertragsparteien wollten somit erkennbar lediglich klarstellen, dass bei Erlöschen des Baurechts die in § 9 Abs. 1 Satz 1 BauRG angeordnete Rechtsfolge des ipso iure stattfindenden Eigentumserwerbes durch die Beschwerdeführerin greift und - im Umkehrschluss - keine von dieser gesetzlichen Anordnung abweichende Vereinbarung (wie etwa eine Verpflichtung der Bauberechtigten zum Abbruch des Bauwerks) gewollt ist. Es wurde somit nicht etwa zusätzlich ein vertraglicher Titel für ein über den § 9 Abs. 1 BauRG hinausgehendes Rechtsgeschäft geschaffen.
Vielmehr bleibt Titel für einen (künftigen) Eigentumserwerb durch die beschwerdeführende Partei vor diesem Hintergrund die in § 9 Abs. 1 Satz 1 BauRG bestimmte gesetzliche Anordnung und wird dieser gesetzliche Titel nicht durch einen rechtsgeschäftlichen Titel verdrängt.

Darin im Ergebnis übereinstimmend hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen einer vorzeitigen rechtsgeschäftlichen Aufhebung des Baurechtes den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 - und nicht den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 - als erfüllt angesehen (vgl. ; , Ra 2018/16/0195).

Stellt somit aber der vorliegende Baurechtsvertrag kein den Anspruch auf Übereignung des Baurechtsbauwerks begründendes, unter § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 fallendes Rechtsgeschäft dar, kann mangels anderer Anknüpfungspunkte für eine das Baurechtsbauwerk betreffende Grunderwerbsteuerpflicht - insbesondere da ein Eigentumserwerb an dem von der Bauberechtigten errichteten Bauwerk durch die Beschwerdeführerin noch nicht erfolgt ist - im Beschwerdefall von vorneherein kein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang angenommen werden und ist somit nach der Maßgabe des § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 eine Steuerschuld jedenfalls (noch) nicht entstanden. Ist eine Steuerschuld noch nicht entstanden, so ist ein dennoch die Steuer festsetzender Bescheid (ersatzlos) aufzuheben (vgl. z.B. ).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zudem kommt einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalls allenfalls auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt folglich in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu (vgl ; , Ra 2018/16/0089; , Ra 2019/16/0179). Die im Beschwerdefall vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Auslegung des der grunderwerbsteuerlichen Beurteilung zugrundeliegenden Baurechtsvertrages wirft somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG auf, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Salzburg, am

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Steuer
betroffene Normen
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100225.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at