Parkometerabgabe: Veränderung eines Schreibens der MA 65 und Verwendung als Parkscheinersatz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. MA67/Zahl/2022, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VStG wird die Beschwerde als unbegründetabgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 28,00 € zu entrichten.
Die Geldstrafe (140,00 €) ist gemeinsam mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens (28,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (14,00 €), abzüglich des gemäß § 50 Abs 7 VStG angerechneten Betrags von 36,00 € (Organstrafverfügung), das ergibt 146,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Eine Revision durch den Beschwerdeführer wegen Verletzung in seinen Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine ordentliche Revision durch den Magistrat der Stadt Wien nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung KO der Landespolizeidirektion am Wien am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Am Hof 3, beanstandet, da es zur Beanstandungszeit 19:54 Uhr ohne gültigen Parknachweis abgestellt war.
Im Fahrzeug war zur Beanstandungszeit das untenstehende Schreiben hinterlegt:
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"Stadt Wien Rechtliche Verkehrsangelegenheiten | Parkraumbewirtschaftung Ungergasse 33 (Eingang Sechskrügelgasse 11) A-1030 Wien … |
***Bf1 *** Gasse ***Ort*** | Wien, April 2022 |
MA 65 - 000/2021
Parkraumbewirtschaftung
…Sie haben einen Antrag für einen Parkchip für Ihr Fahrzeug mit dem Kennzeichen Vienna gestellt. Dieser ist derzeit in der Magistratsabteilung 65 - Rechtliche Verkehrsangelegenheiten in Bearbeitung.
Bis Ende Mai 2022 können Sie dieses Schreiben für die Parkraumüberwachungsorgane gut sichtbar und nicht gefalten hinter die Windschutzscheibe legen, sofern Sie Ihren Bescheid noch nicht erhalten haben.
Wenn Sie Anträge für mehrere Kennzeichen gestellt haben, achten Sie bitte darauf, dass das Kennzeichen mit diesem Schreiben übereinstimmt. Aus diesem Schreiben kann kein Recht auf eine Erteilung des beantragten Parkchips abgeleitet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Die Abteilungsleiterin
Mag. (Anm.: Name nicht lesbar)"
Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgende Notiz:
"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach haben Sie die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Abfrage-Ergebnis: 2022-05-09 19-54-15: 32 - Kein Parkschein/KZ: Anmerkung: schreiben MA65 - hinterlegen sie bis Ende März? Antrag von April? VÖSENDORF?..."
Die mit Organstrafverfügung verhängte Geldstrafe von 36,00 € wurde binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet und gemäß § 50 Abs 6 VStG gegenstandslos.
Eine Anonymverfügung wurde seitens der Behörde nicht erlassen.
Mit Strafverfügung vom wurde dem Beschwerdeführer (Bf) vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Meldungslegers angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am am bereits angeführten Ort zur bereits angeführten Zeit ohne gültigen Parkschein abgestellt, da sich im Fahrzeug lediglich ein Schreiben der MA 65 für den Antrag auf Ausnahmebewilligung (RFID-Chip), in welchem widerrechtliche Änderungen vorgenommen worden seien, befand. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf eine Geldstrafe von 140,00 € verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden festgesetzt.
Der Bf erhob gegen diese Strafverfügung und gegen weitere Strafverfügungen vom , GZlen. MA67/Zahl2/2022 und MA67/Zahl3/2022 mit Schreiben vom 2. [sic] Juni 2022 (Postaufgabe am ) Einspruch und brachte vor, dass sich im Fahrzeug kein Schreiben der MA 65 für den Antrag auf Ausnahmebewilligung (RFID-Chip) befunden habe, in welchem, wie auch immer geartete, widerrechtliche Änderungen vorgenommen worden seien. Das Fahrzeug sei zu den genannten Zeitpunkten mit einem von Seiten der MA 65 erhaltenen Schreiben in der Windschutzscheibe in Wien 1. abgestellt gewesen. Es bleibe unbestritten, dass zu den gegenständlichen Zeitpunkten 9. sowie 12. Mai kein darüber hinaus gehendes Parkentgelt in Form eines Parkscheines entrichtet als auch in gegenständlicher "AnwohnerInnen"-Zone geparkt worden sei. Aufgrund des erhaltenen Schreibens (einmal vom Februar und einmal vom April 2022) sei es jedoch nicht geboten erschienen, einen Parkschein kaufen zu müssen oder aufgrund Beantragung des Parkchips für den 1. Bezirk nicht in der AnwohnerInnen-Zone - einer solchen, welche sich vor dem Hotel H., Am Hof 3, 1010 Wien, sowie der örtlichen Feuerwehr befinde (wohl selten Anwohner parken) und sohin ohnedies gänzlich sinnbefreit und als neues Instrumentarium und Revier der legalen, öffentlich-rechtlichen Wegelagerei der MA 67 angesehen werden könne - parken zu dürfen.
Wieso hier jedoch eine widerrechtliche Änderung am Schreiben der MA 65 in den Raum gestellt werde, könne nicht nachvollzogen werden, zumal der Antrag auf Erteilung eines Parkchips zu GZ. 123-2022 auch seit nunmehr Monaten nicht weiterbearbeitet werde.
Es werde zugestanden, dass die erhaltenen Organstrafmandate aufgrund eines Einstellungsfehlers im Online-Banking erst mit und somit zwei Wochen zu spät, überwiesen worden seien, da fälschlicherweise von einer Zahlungsfrist von vier anstelle von zwei Wochen ausgegangen worden sei.
Die MA 67 hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, gegenständliche drei Verfahren in Form einer Anonymverfügung fortzuführen sowie die Strafbeträge in einem normalen Maße nach oben zu setzen.
Die Verhängung von 140,00 € an Strafe für jeden der drei Verstöße erscheine nicht nur für ein simples Parkvergehen völlig überhöht, sondern sei darüber hinaus besonders in Hinblick auf das bereits abgeschlossene Verfahren zu GZ. MA67/***Zahl4***/2022 besonders interessant, als hier (aus unerklärlichen Gründen) von vornherein kein Organstrafmandat, sondern sofort eine Anonymverfügung ausgestellt worden sei, bei welcher jedoch für das exakt gleiche Delikt wie zu GZ. MA67/Zahl/2022 mit 48,00 € das Auslangen gefunden worden sei. Dass auch zum Zeitpunkt der Ausstellung der Anonymverfügung gegenständliches Schreiben der MA 65 hinter der Windschutzscheibe des Fahrzeuges hinterlegt gewesen sei, lasse sich aufgrund der Strafverfügung zu MA67/Zahl3/2022, welche zum gleichen Zeitpunkt wie jene zu MA 67/***Zahl4***/2022 beanstandet worden sei, zweifellos nachweisen. Schlicht aufgrund des "Glücks" der Zahlungsfrist von 4 Wochen bei der Anonymverfügung sei ihm wohl eine solche Erhöhung auf ebenso 140,00 € erspart geblieben.
Die Höhe der Strafbemessung sei darüber hinaus hinsichtlich aller drei bekämpften Strafverfügungen rechtswidrig.
Zum einen stelle das
Abstellen ohne Parkschein (MA67/***Zahl4***/2022 (bereits erledigt) sowie MA67/Zahl/2022)
Parken in der AnrainerInnenzone (MA67/Zahl2/2022 sowie MA67/Zahl3/2022) owie auch die
Hinterlegung eines (behauptet) widerrechtlich veränderten Schreibens der MA 65
in allen Fällen tatbestandliche Handlungseinheiten iSd § 22 VStG dar.
Ein sogenanntes fortgesetztes Delikt liege dann vor, wenn eine Reihe von Einzelhandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss umfasst gewesen seien und wegen der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges zu einer Einheit zusammengetreten seien. Auch ein Fahrlässigkeitsdelikt könne bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestandes im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges als tatbestandliche Einheit beurteilt werden. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit habe zur Folge, dass die Täterin oder der Täter nur eine Tat verwirklicht habe und für diese auch nur einmal zu bestrafen sei (Verweis auf bis 0108).
Primär habe die MA 67 sohin sowohl für das Abstellen ohne Parkschein als auch für das Parken in der AnrainerInnenzone jeweils maximal eine Verwaltungsstrafe zu verhängen und sämtliche darüber hinausgehende einzustellen, da sämtliche Verwaltungsübertretungen aufgrund einheitlichen Glaubens an den Inhalt des von der MA 65 erhaltenen Schreibens geschuldet gewesen seien. Hinsichtlich des fehlenden Parkscheins wäre aufgrund erfolgter Zahlung zu MA67/***Zahl 4***/2022 das Verfahren zu MA67/Zahl/2022 einzustellen gewesen. Hinsichtlich des Parkens in der AnrainerInnenzone wäre wahlweise MA67/Zahl2/2022 oder MA67/Zahl3/2022 einzustellen gewesen.
Darüber hinaus habe die MA 67 die behauptete Hinterlegung eines widerrechtlich veränderten Schreibens der MA 65 nur einmalig im Sinne der Strafbemessung als erschwertend zu werten gehabt, die Strafhöhe der Strafen jedoch entsprechend herabzusetzen, widrigenfalls nicht zuletzt ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorläge, da gegenständliches (behauptetes) Unrechtssubrat mehr als einmal erschwerend in Betracht gezogen werden würde.
Schließlich erscheine eine willkürliche Erhöhung der Strafe eines Parkverstoßes aufgrund Hinterlegung eines Schriftstückes in der Windschutzscheibe, welches angeblich widerrechtlich abgeändert worden sein solle, auf das gut 4-fache des normalen Strafbetrages unbillig und unzulässig, zumal die Orientierung innerhalb des entsprechenden Strafrahmens des § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 respektive § 99 Abs 3 lit a StVO auf die Schwere des eigentlichen Verstoßes - sohin, wie und in welcher Art ein Fahrzeug abgestellt worden sei, ob es umliegende Verkehrsteilnehmer gefährdet habe oder in welchem Ausmaß Parkgebühren nicht entrichtet worden seien etc. abzustellen habe.
Er stelle daher die Anträge gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen und das Verfahren einzustellen, das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG letzter Satz unter Erteilung einer Ermahnung einzustellen, die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß festzusetzen, jedoch infolge der obig genannten Ausführungen auf jeweils maximal 48,00 € herabzusetzen, wovon die bereits bezahlten 36,00 € je Verstoß in Abzug zu bringen sein würden.
Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, befand den Bf mit Straferkenntnis vom wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig und verhängte wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv 140,00 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden. Zudem wurde dem Bf gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ein Betrag von 14,00 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Der verspätet bezahlte Betrag von 36,00 € (Organstrafbetrag) wurde auf die verhängte Geldstrafe angerechnet.
Begründend führte die Behörde aus:
"Das Fahrzeug wurde beanstandet, weil es ohne gültigen Parkschein abgestellt war.
Anlässlich Ihres Einspruches wendeten Sie im Wesentlichen ein, dass kein widerrechtlich verändertes Schreiben der Magistratsabteilung 65 in Ihrem Fahrzeug hinterlegt gewesen wäre.
Sie hätten lediglich die Organmandate verspätet einbezahlt. Weiters gaben Sie an, dass Ihnen der Betrag von EUR 140,00 völlig überhöht erscheine, rechtswidrig sei und verwiesen auf andere Verfahren, bei denen Sie nur den Anonymverfügungsbetrag zahlen mussten. Überdies führten Sie aus, dass bei den Übertretungen eine tatbestandliche Einheit bestünde und daher ein Verfahren einzustellen sei, auch sei die Strafhöhe unzulässig. Sie stellten die Anträge auf Einstellung, Ermahnung oder Herabsetzung.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das Organmandat, welches von einem Organ der Landespolizeidirektion Wien aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung gelegt wurde.
Im gegenständlichen Fall wurde vom Meldungsleger ein offenkundig gefälschtes Schreiben der Magistratsabteilung 65 hinter der Windschutzscheibe hinterlegt erkannt.
Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und es träfen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht dienstrechtliche Sanktionen. Es besteht kein Anlass, an seinen Angaben zu zweifeln, zumal diese klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind Es besteht für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen, zumal einem zur Parkraumüberwachung bestellten und hierfür besonders geschulten Organ die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte, insbesondere bezüglich eines im ruhenden Verkehr befindlichen Kraftfahrzeuges, wohl zugemutet werden kann. Auch besteht kein Grund, an der Objektivität des meldungslegenden Organs zu zweifeln.
Taugliche Beweismittel, die den Tatvorwurf zu widerlegen im Stande gewesen wären, wurden nicht vorgelegt.
Angesichts des Umstandes, dass auch die Organstrafverfügung als taugliches Beweismittel anzusehen ist und Sie sich während des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens auf das bloße Bestreiten der Ihnen angelasteten Übertretung beschränkt haben, ohne eine schlüssige Gegendarstellung zu geben bzw. der Behörde entlastende Beweismittel vorzulegen, kann als erwiesen angenommen werden, dass Sie die angeführte Übertretung begangen haben.
Zu Ihrem weiteren Vorbringen wird bemerkt, dass innerhalb von Kurzparkzonen auch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote erlassen werden können, ohne dass die Kurzparkzone deshalb unterbrochen wird. Die durch die Straßenverkehrsordnung und die Parkometerabgabeverordnung geschützten Rechtsgüter sind nicht ident.
Gemäß § 22 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) sind, falls jemand mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat (Deliktkonkurrenz), die für diese Delikte vorgesehenen Strafen nebeneinander zu verhängen. Dieses Kumulationsprinzip gilt sowohl dann, wenn jemand durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat (Realkonkurrenz) als auch in dem Fall, dass eine begangene Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafandrohungen fällt (Idealkonkurrenz).
Durch die Abstellung des Fahrzeuges an der Tatörtlichkeit wurden somit zwei Übertretungen, nämlich sowohl nach der Straßenverkehrsordnung als auch nach der Parkometerabgabeverordnung begangen, welche beide separat zu ahnden waren.
Es sind somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen konnten.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall daher nicht vor.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).
Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs.1 Parkometerabgabeverordnung) Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.
Die Verschuldensfrage war zu bejahen.
Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient, weshalb eine Herabsetzung des Strafbetrages nicht in Betracht kam.
Dem Einzelnen steht - mangels rechtlicher Möglichkeit der Erzwingung - kein durchsetzbarer Anspruch auf Erlassung bzw. Erhalt einer Anonymverfügung zu.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."
Der Bf erhob gegen das Straferkenntnis, welches am übernommen wurde, mit Schreiben, datiert mit [sic] (richtig wohl: 2022), Postaufgabe am , betreffend die GZlen.
MA67/Zahl2/2022
MA67/Zahl3/2022
MA67/Zahl/2022 (hier anhängig)
folgende Beschwerde:
"1. Anfechtungsgegenstand:
1.1. Die Straferkenntnisse der Magistratsabteilung 67 vom , Zahl MA67/Zahl2/2022, MA67/Zahl3/2022, MA67/Zahl/2022, zugestellt am , werde dem gesamten Umfang und Inhalt sowie der Strafhöhe nach angefochten.
2. Sachverhalt:
2.1. Das Fahrzeug mit behördlichem Kennzeichen Vienna wurde zu den genannten Zeitpunkten mit einem von Seiten der MA 65 erhaltenen Schreiben in der Windschutzscheibe in Wien 1. abgestellt. Es bleibt unbestritten, dass zu den gegenständlichen Zeitpunkten 09.05. sowie 12.05. kein darüberhinausgehendes Parkentgelt in Form eines Parkscheins entrichtet wurde als auch in gegenständlicher "Anwohnerlnnen"-Zone geparkt wurde.
2.2. Aufgrund des erhaltenen Schreibens (einmal vom Februar und einmal vom April 2022) erschien es dem Beschwerdeführer nicht geboten, einen Parkschein kaufen zu müssen oder aufgrund Beantragung des Parkchips für den 1. Bezirk nicht in der Anwohnerlnnen-Zone - einer solchen, welche sich vor dem Hotel H., Am Hof 3, 1010 Wien sowie der örtlichen Feuerwehr befindet (wo wohl selten Anwohner parken) und sohin ohnedies gänzlich sinnbefreit und als neues Instrumentarium und Revier der legalen, öffentlich-rechtlichen Wegelagerei der MA 67 angesehen werden kann - parken zu dürfen.
2.3. Der Beschwerdeführer erhielt in der Folge für die Vergehen 3 Organmandate sowie eine Anonymverfügung (zu GZ: MA67/***Zahl4***/2022) (Konvolut-Beilage./I). Die erhaltenen Organstrafmandate überwies der Beschwerdeführer aufgrund eines Einstellungsfehlers im Online-Banking erst mit und somit 2 Wochen zu spät, da fälschlicherweise von einer Zahlungsfrist von 4 anstelle von 2 Wochen ausgegangen wurde. Hinsichtlich der Anonymverfügung zu GZ: MA67/***Zahl4***/2022 erfolgte die Bezahlung aufgrund der 4-wöchigen Frist fristgerecht und rechtzeitig.
2.4. In der Folge verhängte die Behörde über den Beschwerdeführer aufgrund verspäteter Zahlungen entsprechende, zu gleichen GZ: MA67/Zahl2/2022, MA67/Zahl3/2022 sowie MA67/Zahl/2022 lautenden Strafverfügungen in der Höhe von jeweils € 140,00, von welchen die mittels Bezahlung vom 01.06. angewiesenen € 36,00 in Abzug gebracht wurden (Konvolut-Beilage./2).
2.5. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch (Beilage./3) und führte zusammengefasst an, dass kein verändertes Dokument im Fahrzeug hinterlegt wurde, dass die Verhängung von € 140,00 an Strafe für jeden der 3 Verstöße für ein simples Parkvergehen völlig überhöht erscheint, tatbestandliche Handlungseinheit vorläge sowie ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot in Zusammenhang mit der Strafbemessung vorliegt, da gegenständliches (behauptetes) Unrechtssubstrat mehr als einmal erschwerend in Betracht gezogen werden wurde und beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.
2.6. In Folge erging an den Beschwerdeführer mit zu gleichlautenden GZ die mit dieser Beschwerde bekämpften Straferkenntnisse aufgrund Verletzung §§ 24 Abs 1 lit. a StVO, § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005 sowie § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, allesamt in der geltenden Fassung, in welcher die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer genannten Tatsachen lapidar überging in dem diese angab, dass aufgrund Wahrnehmung des ML der LPD Wien in jedem Falle ein "gefälschtes Schreiben der MA65 hinterher Windschutzscheibe hinterlegt wurde".
3. Zulässigkeit der Beschwerde:
3.1. Gemäß Art. 131 B-VG ist die Erhebung der Beschwerde gegen die Straferkenntnisse des Straferkenntnis der Magistratsabteilung 67 vom , Zahl MA67/Zahl2/2022, MA67/Zahl3/2022, MA67/Zahl/2022, zugestellt am , zulässig.
3.2. Durch das angefochtene Straferkenntnis ist der Beschwerdeführer in seinem Recht aufein fehlerfreies Verfahren verletzt.
3.3. Das angerufene Verwaltungsgericht ist zuständig, weil das bekämpfte Straferkenntnis in mittelbarer Bundesverwaltung erlassen wurde.
4. Beschwerdegründe:
4. 1. Das angefochtene Straferkenntnis beruht auf der Rechtsgrundlage der §§ 24 Abs 1 lit. a StVO, § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005 sowie § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, allesamt in der geltenden Fassung.
4.2. Als Beschwerdegründe werden die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, tatbestandliche Handlungseinheit, ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot in Zusammenhang mit der Strafbemessung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
4.3. Rechtswidrigkeit des Inhaltes, tatbestandliche Handlungseinheit, ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot in Zusammenhang mit der Strafbemessung aller Straferkenntnisse:
4.3.1. Vornehmlich hat sich im Fahrzeug kein Schreiben der Magistratsabteilung 65 für den Antrag auf Ausnahmebewilligung (RFID-Chip) befunden, in welchem wie auch immer geartete, widerrechtliche Änderungen vorgenommen wurden.
4.3.2. Das Fahrzeug wurde zu den genannten Zeitpunkten mit einem von Seiten der MA 65 erhaltenen Schreiben in der Windschutzscheibe in Wien 1. abgestellt.
4.3.3. Es wird zugestanden, dass zu den gegenständlichen Zeitpunkten 09.05. sowie 12.05. kein darüberhinausgehendes Parkentgelt in Form eines Parkscheins entrichtet wurde als auch in gegenständlicher "Anwohnerlnnen"-Zone geparkt wurde. Aufgrund des erhaltenen Schreibens (einmal vom Februar und einmal vom April 2022) erschien es jedoch nicht geboten, einen Parkschein kaufen zu müssen oder aufgrund Beantragung des Parkchips für den 1. Bezirk nicht in der Anwohnerlnnen-Zone - einer solchen, welche sich vor dem Hotel H., Am Hof 3, 1010 Wien sowie der örtlichen Feuerwehr befindet (wo wohl selten Anwohner parken) und sohin ohnedies gänzlich sinnbefreit und als neues Instrumentarium und Revier der legalen, öffentlich-rechtlichen Wegelagerei der MA67 angesehen werden kann - parken zu dürfen.
4.3.4. Wieso hier jedoch eine widerrechtliche Änderung an Schreiben der MA 65 in den Raum gestellt wird, kann nicht nachvollzogen werden, zumal der Antrag auf Erteilung eines Parkchips zu GZ: 123-2022 mittlerweile darüber hinaus abgewiesen wurde. Die bloße Behauptung eines solchen Umstandes ist nicht für den Nachweis der objektiven Tatbestandsmäßigkeit ausreichend.
4.3. 4.1. Gemäß der auch im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 24 VStG geltenden Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG) und der Amtswegigkeit (§ 39 Abs 2 AVG) die Behörde dem Täter grundsätzlich den objektiven Tatbestand von sich aus nachzuweisen. Bestreitet der Beschuldigte, den objektiven Tatbestand eines Deliktes gesetzt zu haben, so trifft die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde (vgl ).
4.3.5. Die MA 67 hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, gegenständliche, drei Verfahren in Form einer Anonymverfügung fortzuführen sowie die Strafbeträge in einem normalen Maße nach oben zu setzen.
4.3.5. Die Verhängung von € 140,00 an Strafe für jeden der 3 Verstöße erscheint nicht nur für ein simples Parkvergehen völlig überhöht, sondern ist darüber hinaus besonders in Hinblick auf das bereits abgeschlossene Verfahren zu GZ MA67/***Zahl4***/2022 besonders interessant, als hier (aus unerklärlichen Gründen) von vornherein kein Organstrafmandat, sondern sofort eine Anonymverfügung ausgestellt wurde, bei welcher jedoch für das exakt gleiche Delikt wie zu GZ MA67/Zahl/2022 mit € 48,00 - von vornherein - das Auslangen gefunden wurde. Dies ignorierte die belangte Behörde in Ihren Ausführungen, wonach "dem Einzelnen- mangels rechtlicher Möglichkeit der Erzwingung - kein durchsetzbarer Anspruch auf Erlassung bzw. Erhalt einer Anonymverfügung zustünde".
4.3.5.
1. Dass auch zum Zeitpunkt der Ausstellung der Anonymverfügung gegenständliches Schreiben der MA 65 hinter der Windschutzscheibe des Fahrzeuges hinterlegt war, lässt sich aufgrund der Strafverfügung zu MA67/Zahl3/2022, welche zum gleichen Zeitpunkt wie jene zu MA67/***Zahl4***/2022 beanstandet wurde, zweifellos nachweisen. Sohin handelt die belangte Behörde darüber hinaus auch verfassungs- und somit gleichheitswidrig, da Sie gleiche Sachverhalte unterschiedlich behandelt respektive bestraft.
4.3.6. Die Höhe der Strafbemessung ist darüber hinaus hinsichtlich aller 3 bekämpften Strafverfügungen rechtswidrig. Zum einen stellt das • Abstellen ohne Parkschein (MA67/***Zahl4***/2022 (bereits erledigt) sowie MA67/Zahl/2022) als auch das
• Parken in der Anrainerinnenzone (MA67/Zahl2/2022 sowie MA67/Zahl3/2022) sowie auch die
• Hinterlegung eines (behauptet) widerrechtlich veränderten Schreibens der MA65 in allen Fällen tatbestandliche Handlungseinheiten iSd § 22 VStG dar.
4.3.6.
1. Ein sogenanntes fortgesetztes Delikt liegt dann vor, wenn eine Reihe von Einzelhandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss umfasst war und wegen der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges zu einer Einheit zusammentraten. Auch ein Fahrlässigkeitsdelikt kann bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestandes im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges als tatbestandliche Einheit beurteilt werden. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass die Täterin oder der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist.
4. 3.6.2. Primär hat die MA67 sohin sowohl für das Abstellen ohne Parkschein als auch für das Parken in der Anrainerinnenzone jeweils maximal eine Verwaltungsstrafe zu verhängen und sämtliche darüberhinausgehende einzustellen, da sämtliche Verwaltungsübertretungen aufgrund einheitlichen Glaubens an den Inhalt des von der MA 65 erhaltenen Schreibens geschuldet waren. Hinsichtlich des fehlenden Parkscheins wäre aufgrund erfolgter Zahlung zu MA67/***Zahl4***/2022 das Verfahren zu MA67/Zahl/2022 einzustellen. Hinsichtlich des Parkens in der Anrainerinnenzone wäre wahlweise MA67/Zahl2/2022 oder MA67/Zahl3/2022 einzustellen.
4. 3. 6.3. Darüber hinaus hat die MA67 bei Hinterlegung eines widerrechtlich veränderten Schreibens der MA65 - was weiterhin bestritten bleibt - nur einmalig im Sinne der Strafbemessung als erschwerend zu werten, die Strafhöhe der anderen Strafen jedoch entsprechend herabzusetzen, widrigenfalls nicht zuletzt ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorläge, da gegenständliches (behauptetes) Unrechtssubstrat mehr als einmal erschwerend in Betracht gezogen werden würde.
4.3.7. Schließlich erscheint eine willkürliche Erhöhung der Strafe eines Parkverstoßes aufgrund Hinterlegung eines Schriftstückes in der Windschutzscheibe, welches angeblich widerrechtlich abgeändert worden sein soll, auf das gut 4-fache des normalen Strafbetrages unbillig und unzulässig, zumal die Orientierung innerhalb des entsprechenden Strafrahmens des § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 respektive § 99 Abs. 3 lit. a StVO auf die Schwere des eigentlichen Verstoßes - sohin, wie und in welcher Art ein Fahrzeug abgestellt wurde, ob es umliegende Verkehrsteilnehmer gefährdet, oder in welchem Ausmaße Parkgebühren nicht entrichtet wurden etc. abzustellen hat.
Zum Beweis: PV des Beschwerdeführers.
4.4. Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften:
4.4.1. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anders lautenden - für den Beschwerdeführer jedenfalls günstigeres - Straferkenntnis hätte kommen können bzw. wäre ein solches erst gar nicht erlassen worden.
4.5 Ergänzungsbedürftiger Sachverhalt:
4.5.1. Die belangte Behörde hat es überdies unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und im Straferkenntnis festzustellen.
4.5.2. Die belangte Behörde hätte die Verpflichtung gehabt, auch alles darzulegen, was der Entlastung der Beschwerdeführerin dient und den objektiven Tatbestand zu ermitteln (vgl /143). Da im Straferkenntnis keine Feststellungen dazu getroffen wurden, weshalb der ML von einem in der Windschutzscheibe hinterlegten Dokument mit widerrechtlich vorgenommenen Änderungen ausgegangen ist, liegt ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor.
4.6.3. Bei vollständiger Ermittlung der entscheidungswesentlichen Tatsachen hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass es sich um kein widerrechtlich verändertes Dokument gehandelt hat, weshalb bereits der objektive Tatbestand der drei Strafverfügungen nicht erfüllt ist, weshalb sich auch eine allfällige Verschuldensfrage erübrigt.
Zum Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers;
weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.
4.6.4. Auch hätte die belangte Behörde weiters gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm 67 AVG eine vollständige Begründung im Straferkenntnis darlegen müssen, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammengefasst sind. Demnach müsste auch in der Begründung in einer der nachträglichen Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt vorliegt (Beweisfehler) und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtet (Subsumtionsfehler (vgl ; ).
4.6.5. All diese Verfahrensmängel sind daher geeignet, ein anderes Ergebnis herbeizuführen. Hätte die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers berücksichtigt und sich damit auseinandergesetzt, eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung vorgenommen, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht einmal der Tatbestand der ihr zu Last gelegten Taten erfüllt gewesen sind, in eventu die Verfahren MA67/Zahl/2022 sowie MA67/Zahl2/2022 oder MA67/Zahl3/2022 aufgrund tatbestandlicher Handlungseinheit einzustellen gewesen wäre in eventu die Strafe auf ein entsprechendes, für ein simples Parkvergehen angemessenes Maß - orientiert an der Strafe zu MA67/Zahl/2022 - anzusetzen.
Die belangte Behörde hat daher das angefochtene Straferkenntnis auch mit wesentlichen Verfahrensfehlern belastet, welche zu einer Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses führen.
Zum Beweis: Durchführung eines Ortsaugenscheins;
Einvernahme des Beschwerdeführers;
weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.
4.7. Willkürliches Verhalten der Behörde:
4.7.1. Indem die Behörde den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt hat, in diesem Zusammenhang ihren eingeräumten Ermessenspeilraum jedenfalls überschritten hat als auch die eingebrachte Rechtfertigung vom unter der lapidaren Angabe, es läge keine Vollmacht vor, obwohl diese zweimalig übermittelt wurde, ignorierte, liegt unzweifelhaft ein willkürliches Verhalten seitens der Behörde vor.
4.7.2. "Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSIg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).''
5. Anträge
5.1. Aufgrund der obigen Ausführungen stellt der Beschwerdeführer daher durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter an das Verwaltungsgericht höflich nachstehende
ANTRÄGE:
Das Verwaltungsgericht möge
a) gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und den Beschwerdeführer zu dieser zu laden,
b.) den vormaligen Meldungsleger der LPD als Zeugen zur Verhandlung laden,
c.) einen informierten Vertreter der belangten Behörde als Zeugen zur Verhandlung laden,
b) das angefochtenene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG einstellen, in eventu
c) das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 letzter Satz VStG unter Erteilung einer Ermahnung einstellen; in eventu
d) die Strafhöhe auf ein gesetzmäßiges sowie tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen."
Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Das BFG ersuchte die MA 65 mit Schreiben vom um Auskunft, ob der Bf von der MA 65 das im Fahrzeug zur Beanstandungszeit hinterlegte Schreiben erhalten hat.
Die MA 65 teilte darauf Folgendes mit:
"Der Beschwerdeführer hat vonseiten der MA 65 kein solches Schreiben für Mai 2022 erhalten! Diese Schreiben wurden ausschließlich im Februar für März 2022 verschickt. Er hat somit, wie die MA 67 bereits angegeben hat, das Schreiben widerrechtlich selbstständig verändert und hatte zur Beanstandungszeit auch keine Ausnahmebewilligung gem. § 45 Abs. 2 StVO unsererseits!"
Das BFG übermittelte dem Bf mit E-Mail vom den E-Mail-Verkehr mit der MA 65 (siehe unten) und ersuchte ihn um Stellungnahme.
"…
Wurde ein Antrag auf Parkchip für Beschäftigte und Betriebe gem § 45 Abs StVO 1960 unter dieser GZ von ihnen geführt?
Ja, unter der GZ 123/2022 wurde ein Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der maximalen Abstelldauer in flächendeckend kundgemachten Kurzparkzonen geführt.
Wer war der Antragsteller des Parkchips?
Am hat Herr ***Bf1*** einen Antrag als Beschäftigter bei der MA 65 gestellt.
3. Wann und mit welcher zeitlicher Gültigkeit ist ein Schreiben an den Antragsteller mit dem Inhalt ergangen, dass dieses Schreiben (faktisch als Parkscheinersatz) gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe gelegt werden kann.
Herr Mag. ***Bf1 Nachname*** war im Verteiler für den angefügten Serienbrief. Dieses Schreiben wurde Ende Februar per Post an Antragsteller*innen, deren Verfahren noch in Bearbeitung waren, versandt. Ausgeschlossen werden kann, dass ein weiteres Schreiben mit einem nach Ende März befristeten Datum ergangen ist.
Mit dem Schreiben des BFG wurde der Bf ua. ersucht, dass von ihm gegenständlichen Tatzeitpunkt in der Windschutzscheibe hinterlegte und bereits zitierte Schreiben der MA 65 als Beweismittel zu übermitteln.
Der Bf nahm mit E-Mail vom auszugsweise wie folgt Stellung:
" […]
• Zum Schreiben der MA65 ist schlicht auf die normative Kraft des Faktischen zu verweisen - wie Sie aus der Email ersehen können, wurde gegenständlicher Parkchip von mir zu entsprechender GZ beantragt. Mir wurden jedoch nicht ein sondern 2 "Parkscheinersatz" Schreiben (einmal Februar und einmal vom April 2022) als normaler Brief (nicht eingeschrieben) übermittelt - dieses sehen Sie auf den Fotos der Parküberwachungsorgane abgebildet.
• Wie aus dem Email der MA 65 ebenso hervorgeht, handelte es sich hierbei um einen Serienbrief. Sohin wird angeschlossenes Word-Dokumente der MA 65 aus einer Excel Datenbank befüllt. Wenn in dieser ein Fehler bei der Eintragung passiert, überträgt sich dieser in das Schreiben. Ich glaube kaum, dass hier jedes Schreiben händisch kontrolliert wurde. Meine Meinung und auch (juristischen) Erfahrungen vor allem von/mit Wiener Behörden halte ich jetzt einmal hinten an - jedoch nur soviel - die Bearbeitungszeiten sind zumeist eine absolute Katastrophe und von (juristischer) Sorgfalt kann zumeist keine Rede sein. Ich hatte nach Erhalt der Strafen aufgrund des 2. "Parkscheinersatz"-Schreibens mit der MA67 als auch der MA 65 telefoniert. Diese teilten mir damals ebenso mit, dass es das Schreiben nicht geben dürfte und ich dieses nicht weiter verwenden soll. Sohin habe ich dieses zum damaligen Zeitpunkt selbstredend (nicht zuletzt stinksauer aufgrund abermaliger, absoluter Unfähigkeit einer Behörde) schlicht entsorgt. Eine Übermittlung als Beweismittel ist sohin zu meinem Bedauern nicht möglich - ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass ich mich mit derart übertrieben hohen Strafforderungen konfrontiert sehen werde. Wie ich ein solches jedoch ohne den entsprechenden Serienbrief selbst hätte erstellen sollen - was mir die MA67 ja vorwirft - ist mir bis dato ein Rätsel. Für derartige Späße fehlt mir (leider oder gottseidank - das kann man sehen, wie man möchte) die Zeit.
• Der Antrag auf Ortsaugenschein ist selbstverständlich hinfällig und würde hier keinen Sinn machen. Dieser hätte noch aus der Beschwerde gelöscht werden sollen.
• Der vormalige Meldungsleger der LPD sowie ein informierten Vertreter der belangten Behörde wurden als Zeugen beantragt, um vor allem das Thema der unterschiedlichen Strafbemessung (3 Organmandate sowie eine Anonymverfügung zu MA67/***Zahl4***/2022) zu beleuchten. Es ist mir bis dato primär nicht nachvollziehbar, wieso für das gleiche Vergehen (fehlender Parkschein und Hinterlegung des 2. "Parkscheinersatzschreibens") einmal ein Organmandat (MA67/Zahl/2022) und einmal eine Anonymverfügung (MA67/***Zahl4***/2022) verhängt wurde. Aufgrund der unterschiedlichen Fristen kam es auch überhaupt erst zu den verspäteten Zahlungen. Und in der Folge, wieso die nunmehr verhängte Anonymverfügung zu MA67/Zahl/2022 nunmehr mit € 140,00 (!!) zu Buche schlagen soll, wenn zu MA67/***Zahl4***/2022 mit € 48,00 für gleiches Delikt das Auslangen gefunden werden konnte.
Abschließend verzichte ich jedoch in dieser Angelegenheit gerne auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem und ziehe den entsprechenden Antrag hierauf zurück. Weder habe ich die Zeit, hier für diese eine Strafe auch noch eine entsprechende Verhandlung zu bestreiten und mich hierauf entsprechend vorzubereiten, noch möchte ich Ihre Zeit für derartigen "Kleinkram" übermäßig in Anspruch nehmen - haben doch auch Sie sicherlich wichtigere Verfahren zu führen, welche tatsächlich einer mündlichen Verhandlung bedürfen. Der Antrag erschien mir nur in Abhandlung aller 3 Verfahren auf einmal sinnvoll - sohin wäre auch eine langwierige Vernehmung von Zeugen hinfällig.
Worum es mir hier geht ist:
Ich sehe nicht ein, dass ich für ein simples Parkvergehen € 140,00 an Strafe bezahlen soll - und das auch noch 3x! (über die Lächerlichkeit einer Anrainerzone vor einem Wiener Luxushotel sowie der Berufsfeuerwehr äußere ich mich hiermit ebenso nicht - denn hierum geht es in diesem Verfahren nicht - dies ist jedoch einzig und alleine moderne Wegelagerei und stößt mir gerade als Jurist mehr als nur Sauer auf).
Es ist richtig, dass von mir die € 36,00 zu GZ MA67/Zahl/2022 zu spät entrichtet wurden - das war mein Fehler - man hätte die Strafe jedoch - analog zu MA67/***Zahl4***/2022 seitens der MA67 schlicht auf € 48,00 erhöhen können. Ich wäre - trotz Erhalt des 2. Schreibens durch die MA65 - bereit gewesen, die Differenz zu bezahlen - Fehler sind bekanntlich menschlich - auf beiden Seiten - dass ich hierfür nunmehr jedoch Länge mal Breite bezahlen soll sehe ich nicht ein.
Ebenso ist mAn ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung zu ersehen, da gegenständliches (behauptetes) Unrechtssubstrat (das Verwenden des angeblich gefälschten Schreibens der MA65) seitens der belangten Behörde mehr als einmal erschwerend in Betracht gezogen werden wurde - nämlich 4x - in gegenständlich 3 bekämpften Straferkenntnissen sowie in der Anonymverfügung zu MA67/Zahl/2022.
Ich gehe jedoch davon aus, dass Sie sich der Sache als Richter auch angemessen ohne eine entsprechende, mündliche Verhandlung widmen werden.
Sofern Sie meinem in eventu Antrag, die Strafhöhe zumindest auf ein gesetzmäßiges sowie tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen, stattgeben und die Strafe auf € 48,00 herabsetzen würden, würde ich mich bereits sehr freuen. Die Bestrafung von 3x € 140,00 ist schlichtweg maßlosest überhöht."
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat nur über Beschwerden betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Wiener Parkometergesetz 2006 zu entscheiden.
Feststellungen
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Bf am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Am Hof 3, abgestellt.
Zum Beanstandungszeitpunkt durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung (19:54 Uhr) lag weder ein gültiger Parkschein noch eine gültige Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs 2 StVO 1960 von der Parkzeitbeschränkung (Ausnahmebewilligung für Beschäftigte) für den 1. Bezirk vor.
Der Bf hat am einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs 2 StVO 1960 bei der Magistratsabteilung 65 (MA 65) der Stadt Wien gestellt. Das Verfahren wurde unter der Geschäftszahl 123/2022 geführt und war zum Zeitpunkt der Beanstandung noch nicht abgeschlossen.
Im Februar 2022 wurde ein Schreiben der MA 65 an den Bf versandt, mit welchem diesem gegenüber bestätigt wurde, dass ein Antrag gestellt wurde und dieser in Bearbeitung ist. Dieses Schreiben konnte bis zum Erhalt eines Bescheids, spätestens bis Ende März 2022, für die Parkraumüberwachungsorgane gut sichtbar und nicht gefalten hinter die Windschutzscheibe gelegt werden. Das Schreiben führte wie auch jene an alle weiteren Antragsteller die Geschäftszahl 000/2021 an. Unter dieser internen Geschäftszahl wurde von der MA 65 das Projekt zur Umsetzung der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung geführt.
Dieses Schreiben wurde seinem Inhalt nach ohne Einverständnis der belangten Behörde derart verändert, dass es als Ausstellungsmonat April 2022 und eine Gültigkeit bis Ende Mai 2022 aufwies. Im Beanstandungszeitpunkt hatte der Bf dieses veränderte Schreiben im Fahrzeug hinter der Windschutzscheibe hinterlegt.
Die Veränderung und Hinterlegung im Fahrzeug erfolgte mit der Absicht des Bf, die Parkometerabgabe zu verkürzen. Wie und von wem das Schreiben verändert worden ist, kann nicht festgestellt werden.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien, einer Überprüfung m-parking (Aktivierung von elektronischen Parkscheinen), den zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos sowie der Auskunft der MA 65 vom 16. September und .
Aufgrund des Akteninhalts und der daraus resultierenden Zweifel am Vorbringen des Bf wurde die MA 65 vom BFG mit Schreiben vom um Auskunft ersucht, ob von dieser das in Rede stehende, im Kraftfahrzeug hinterlegte Schreiben an den Bf versendet wurde.
Laut Auskunft der MA 65 vom 16. September und war der Bf im Verteiler für den angefügten Serienbrief. Dieses Schreiben wurde Ende Februar per Post an Antragstellende, deren Verfahren noch in Bearbeitung waren, versandt. Es könne ausgeschlossen werden, dass ein weiteres Schreiben mit einem nach Ende März befristeten Datum ergangen ist.
Das im Fahrzeug zur Beanstandungszeit , 19:54 Uhr, hinter der Windschutzscheibe hinterlegte Schreiben wurde nach Ansicht der MA 65 selbstständig verändert.
Der Bf bestreitet in seiner Stellungnahme (E-Mail vom ), dass er das Schreiben der MA 65 verändert hat. Er habe zwei "Parkscheinersatz"-Schreiben (einmal Februar und einmal vom April 2022) als normalen Brief erhalten, wobei jenes aus April 2022 auf den Fotos der Parküberwachungsorgane abgebildet sei.
Der Bf unternimmt weiters in seiner Stellungnahme den Versuch, die Antwort der MA 65, wonach seitens der Behörde an Antragstellende, deren Verfahren noch in Bearbeitung waren, nur ein Schreiben, und zwar Ende Februar 2022, per Post versendet wurde, als Falschauskunft hinzustellen. Weiters versucht der Bf die Korrektheit der Aussagen der Behördenvertreter in Frage zu stellen, indem er vorbringt, dass bei Serienbriefen ein Fehler bei der Eintragung passieren könne und er nicht glaube, dass hier jedes Schreiben händisch kontrolliert werde.
Aus der E-Mail der MA 65 gehe hervor, dass es sich um einen Serienbrief gehandelt hat. Sohin werde das von der Behörde übermittelte Word-Dokument aus einer Excel Datenbank befüllt. Ein Fehler bei der Eintragung würde sich in das Schreiben übertragen. Er glaube kaum, dass hier jedes Schreiben händisch kontrolliert worden sei. Er habe nach Erhalt der Strafen aufgrund des zweiten "Parkscheinersatz"-Schreibens mit der MA 67 als auch der MA 65 telefoniert und diese hätten ihm mitgeteilt, dass es das Schreiben nicht geben dürfte und er dieses nicht weiterverwenden solle. Sohin habe er dieses zum damaligen Zeitpunkt "selbstredend […] schlicht entsorgt". Eine Übermittlung als Beweismittel sei sohin zu seinem Bedauern nicht möglich. Wie er ein solches jedoch ohne den entsprechenden Serienbrief selbst hätte erstellen sollen, was ihm von der MA 67 vorgeworfen werde, sei ihm bis dato ein Rätsel und es "fehle ihm für derartige Späße die Zeit".
Tatsache ist, dass der Bf das gegenständliche zweite Schreiben nicht vorgelegt hat.
Der Magistrat verweist darauf, dass ein Serienbrief mit Gültigkeit bis Ende März 2022 (dieser wurde als Muster elektronisch dem BFG zur Verfügung gestellt) im Februar 2022 an alle im Verteiler angeführten Personen versendet wurde. Die Großaufgabe beim Postamt 1006 Wien von 1 510 bzw. 1 525 Briefen am konnte die Behörde belegmäßig nachweisen. Diese Briefe seien ausgedruckt und händisch kuvertiert worden. Der Verteiler führt den Bf als Empfänger an. Im Übrigen bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Versendung und des Erhalts dieses Schreibens, da selbst der Bf den Erhalt eines solchen Schreibens bestätigt hat.
Hinsichtlich des Vorliegens eines Schreibens der MA 65 mit Ausstellungsmonat April 2022 und Gültigkeit bis Ende Mai 2022 widersprechen sich die Erklärungen der Parteien in der Art, dass denklogisch nur eine richtig sein kann.
Dass ein zweites Schreiben nur an den Bf ausgestellt und diesem übermittelt worden sei, geht über eine Behauptung nicht hinaus. Weitere Beweismittel brachte der Bf nicht vor. Das bei der Beanstandung hinterlegte Schreiben als wesentliches Beweismittel wurde nach Angaben des Bf von ihm entsorgt. Zugegebenermaßen hat das Parküberwachungsorgan ein solches Schreiben fotografisch festgehalten, was jedoch nicht die Echtheit dieses Schreibens beweist, nämlich, dass das Schreiben tatsächlich von der MA 65 stammt. Dass es zahlreiche - technische - Möglichkeiten gibt, Text in schriftlichen Dokumenten elektronisch zu verarbeiten und zu verändern, ist allgemein bekannt.
Der Bf verweist darauf, dass bei der Erstellung von Serienbriefen aufgrund fehlender händischer Kontrollen Fehler passieren können. Das ist unschlüssig, da es keine Hinweise darauf gibt, dass es eine zweite Massensendung von "Parkscheinersätzen" mit Gültigkeit bis Ende Mai gegeben hat. Das vom Bf behauptete zweite Schreiben hätte somit als Einzelbrief versandt werden müssen, was zur Folge hat, dass ein typischer Fehler im Zusammenhang mit einer Massensendung nicht passieren hätte können. Es widerspricht zudem der Mitteilung mehrerer MitarbeiterInnen des Magistrats (siehe E-Mails vom 16. September und ) und ist ein solches zweite Schreiben laut Auskunft dieser Personen im Akt der MA 65 nicht ersichtlich. Es erscheint darüber hinaus äußerst lebensfremd, dass gegenüber nur einer Person eine Verlängerung der Gültigkeit des ausnahmsweisen gebührenfreien Parkens zugestanden wird und eine solche Aussendung im Akt nicht protokolliert wurde bzw. der zuständige Sachbearbeiter und andere MitarbeiterInnen der MA 65 davon keine Kenntnis hatten.
Es gibt zudem keine Veranlassung, den Angaben behördlicher Organe nicht zu folgen, zumal einerseits kein Grund ersichtlich ist, weshalb diese wahrheitswidrige Angaben machen hätten sollen und andererseits sich aus dem Akt kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass sie den Bf durch ihre Angaben wahrheitswidrig belasten hätte wollen (vgl ). Behördliche Organe unterliegen auf Grund des von ihnen abgelegten Diensteides der Wahrheitspflicht, sodass sie im Fall der Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen treffen würden (vgl ).
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist die Echtheit des zweiten Schreibens mit Gültigkeit bis Ende Mai 2022 im Hinblick darauf, dass es von der MA 65 stammen soll, nicht erwiesen.
Wie und von wem das vom Parküberwachungsorgan bildlich festgehaltene Schreiben hergestellt worden ist, kann dahingestellt bleiben.
Das BFG kommt aus diesen Gründen in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung, dass der Bf nur ein Schreiben der MA 65, und zwar im Februar 2022 mit Gültigkeit bis Ende März, erhalten hat und dass das von ihm bei der Beanstandung verwendete Schreiben nicht von der MA 65 stammt.
Aus den Tatumständen kann weiters nur geschlossen werden, dass das gegenständliche Schreiben mit Wissen und Wollen des Bf hergestellt und verwendet worden ist, um damit die Parkometerabgabe zu verkürzen.
Rechtsgrundlagen
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Gemäß § 5 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungs-gemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerab-gabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
§ 45 Abs 2 StVO 1960 normiert:
In anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie zB auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung) lauten:
§ 4. (1) Wird die Abgabe in pauschaler Form (§ 2 und § 3 Abs. 1) entrichtet, hat dies durch Ein-zahlung des Abgabenbetrages in bar oder nach Maßgabe der der Abgabenbehörde zur Ver-fügung stehenden technischen Mittel im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu erfolgen.
(2) Der Parkkleber und die Einlegetafel gemäß § 5 Abs. 1 dürfen von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Der Datenträger gemäß § 5 Abs.6 kann bereits vor erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Die Freischaltung des Daten-trägers darf von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung vorgenommen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Bf hat den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die im Sachverhaltsteil angeführten Beweisanträge mit E-Mail vom zurückgezogen.
Aufgrund des endgültigen Entzugs des wesentlichen Beweismittels (des vom Bf verwendeten Schreibens), der bisherigen Ermittlungsergebnisse, die keine neuen Erkenntnisse durch eine mündliche Erörterung erwarten lassen, der Geringfügigkeit der verhängten Strafe (vgl § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG) und dem gewährten Parteiengehör, welches auf schriftlichem Weg wahrgenommen wurde, war aus Gründen der Verwaltungsökonomie von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen.
Beschwerdeeinwendungen
Fortgesetztes Delikt
Der Bf vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Verwaltungsübertretung um ein fortgesetztes Delikt handelt. Auch ein Fahrlässigkeitsdelikt könne bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestandes im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges als tatbestandliche Einheit beurteilt werden. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit habe zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht habe und für diese auch nur einmal zu bestrafen sei (Verweis auf bis 0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom , 95/17/0159, auszugsweise aus:
"Im übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof zur Frage des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung ausgeführt, für die Annahme eines fortgesetzten Delikts sei ein einheitlicher Vorsatz sowie ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang erforderlich. Dies sei dann nicht gegeben, wenn einzelne zur Anzeige gebrachte Delikte an verschiedenen Tagen begangen würden und nicht von einem gemeinsamen Willensentschluß umfaßt seien. Für jede Inbetriebnahme eines nicht zugelassenen Kraftfahrzeuges bedürfe es wohl eines eigenen Willensentschlusses. Daher stellten sich die einzelnen Taten nicht als unselbständige Teile eines einzigen Deliktes dar, weshalb ein fortgesetztes Delikt nicht vorliege. Dies sei für den gegenständlichen Fall insofern relevant, als hier die Beanstandungen an verschiedenen Tagen erfolgt seien und das (neuerliche) Abstellen des Fahrzeuges jeweils auch die Inbetriebnahme voraussetze. Insofern werde selbst unter der Annahme, daß die vorsätzliche Begehung der Verwaltungsübertretungen vorliege, von einem einheitlichen Willensentschluß betreffend alle Übertretungen nicht gesprochen werden könne."
Im einem anderen vom VwGH zu beurteilenden Fall () hatte der Lenker eines Kraftfahrzeuges dieses ohne Entrichtung der Parkometerabgabe ununterbrochen an zwei Tagen abgestellt und wurde aufgrund der Tatbegehung an jedem Tag eine Strafe verhängt.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schließen es die dem Gesetz zu Grunde liegenden Überlegungen der Parkraumbewirtschaftung aus, selbst aufeinander folgende Abgabenzeiträume zu einer rechtlichen Einheit zusammen zu fassen, werden doch in jedem Zeitraum in der Regel verschiedene Parkraumwerber in ihren individuellen Interessen berührt:
"Die Bestimmungen des Parkometergesetzes dienen nicht primär der Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaft (vgl den Stenographischen Bericht über die 9. Sitzung des Wiener Landtages vom ), sondern der zweckmäßigen RATIONIERUNG der Möglichkeiten, Fahrzeuge abzustellen (vgl EB zum Parkometergesetz, Blg. Nr. 10/1974), also der besseren Aufteilung des zunehmend knapper werdenden Parkraumes auf eine größere Anzahl von Fahrzeugen während des Verbotszeitraumes. Diese Absicht des Gesetzgebers trifft nicht nur für die Abgabepflicht selbst, sondern auch für die verwaltungsstrafrechtliche Sanktion ihrer Verletzung durch § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes zu. Aus dem genannten Zweck der Vorschrift folgt, daß es zwischen ansonsten gleichartigen Übertretungen des Parkometergesetzes, die für verschiedene Abgabenzeiträume gesetzt werden, stets an dem zeitlichen Zusammenhang fehlt, der für fortgesetzte Delikte gefordert wird."
Der Bf beruft sich auf das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes aufgrund des Zusammenhangs zu einer ähnlichen Tatbegehung am . Aufeinander folgende Abgabenzeiträume liegen insoweit nicht vor.
Jedes Abstellen des Fahrzeuges unter Verwendung des gegenständlichen Schreibens bedarf eines eigenen Willensentschlusses (Fahrzeug wird neuerlich abgestellt bzw. bei Beginn eines neuen Abgabenzeitraumes nicht entfernt).
Aus dem Zweck der Parkometerabgabenbestimmungen lässt sich unter Berücksichtigung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein für die Qualifizierung als fortgesetztes Delikt notwendiger zeitlicher Zusammenhang nicht ableiten.
Von einem fortgesetzten Delikt kann deshalb nicht gesprochen werden.
Verhängung weitergehender Verkehrsbeschränkungen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone und Doppelbestrafung
Der Bf bringt vor, dass das
• Abstellen ohne Parkschein (MA67/***Zahl4***/2022 (bereits erledigt) sowie MA67/Zahl/2022),
• das Parken in der AnrainerInnenzone (MA67/Zahl2/2022 und MA67/Zahl3/2022) sowie auch die
• Hinterlegung eines (behauptet) widerrechtlich veränderten Schreibens der MA 65
in allen Fällen tatbestandliche Handlungseinheiten iSd § 22 VStG darstelle und somit keine Doppelbestrafung erfolgen hätte dürfen.
§ 22 VStG normiert:
(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.
§ 22 Abs 1 VStG normiert für das Verhältnis von Verwaltungsstrafrecht und Kriminalstrafrecht - in Abweichung von der bisherigen Rechtslage - eine grundsätzliche Subsidiarität des Verwaltungssrafrechts.
§ 22 Abs 2 VStG bezieht sich demgegenüber allein auf das Verwaltungsstrafrecht und legt in seinem 1. Satz fest, dass sowohl bei Verwirklichung mehrerer selbstständiger Taten (echte Realkonkurrenz) als auch bei gleichzeitiger Verwirklichung mehrerer Straftatbestände durch eine einzige Handlung (echte Idealkonkurrenz) mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen sind.
§ 22 Abs 2 Satz 2 VStG ordnet an, dass "dasselbe" - also die selbständige Verhängung separater Strafen - auch für das Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen "mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen" gilt (dazu N. Raschauer in Raschauer/Wessely, VStG2 § 22 Rz 40).
Es gilt für alle Fälle der echten Ideal- und Realkonkurrenz das Kumulationsprinzip (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 22 (Stand , rdb.at, vgl auch VfSlg 3915/1961; VwSlg 6932 A/1966; ).
Eine echte Idealkonkurrenz liegt vor, wenn der Täter durch eine Tat (gleichzeitig) mehrere Straftatbestände verwirklicht, also eine Tat begeht, die "unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt" (§ 22 Abs 2 HS 2, vgl ).
Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) dürfen innerhalb einer Kurzparkzone noch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- oder Parkverbote erlassen werden, ohne dass das Gebiet der Kurzparkzone dadurch unterbrochen wird (vgl , , , , ).
Es wurden vom Bf voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkgebührengesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe, im Falle der Straßenverkehrsordnung das nicht rechtswidrige Abstellen des Fahrzeuges) schützen, verletzt.
Bei einer Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und einer weiteren Bestrafung nach dem Parkgebührengesetz wegen der Nichtentrichtung von Parkgebühren handelt es sich um keine unzulässige Doppelbestrafung (vgl , vgl auch , , ).
Eine Verwaltungsübertretung nach der StVO und eine Verwaltungsübertretung nach dem Parkometergesetz kann daher sowohl eine Bestrafung nach den Bestimmungen der StVO als auch eine Bestrafung nach dem Parkometergesetz nach sich ziehen ().
Keine Erlassung einer Anonymverfügung
Zum Einwand des Bf, dass die Behörde im vorliegenden Fall keine Anonymverfügung erlassen hat, wird festgestellt:
Das abgekürzte Verwaltungsstrafverfahren ist im 4. Abschnitt der §§ 47 bis 50 VStG geregelt (§ 50 VStG: Organstrafverfügung [Organmandat] - § 49a VStG: Anonymverfügung - § 47 VStG: Strafverfügung) und ermöglicht den Behörden, bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen (zB nach dem Parkometergesetz und der Straßenverkehrsordnung) ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens eine im Vorhinein festgesetzte Geldstrafe vorzuschreiben.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht aber weder ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Organstrafmandates noch auf Erlassung einer Anonymverfügung (vgl , ; ; vgl auch Hauer, Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 1040).
Die Behörde ist auch in keiner Weise daran gebunden, im Verwaltungsstrafverfahren die gleiche oder ungefähr gleich hohe Strafe zu verhängen, wie sie für die Einhebung durch Organe der öffentlichen Aufsicht nach § 50 VStG im Vorhinein festgesetzt ist (vgl zB , , vgl auch die Entscheidungen , und ).
Im vorliegenden Fall hat der Bf die mit Organstrafverfügung vorgeschriebene Geldstrafe zu spät einbezahlt. Dadurch wurde die Organstrafverfügung gemäß § 50 Abs 6 VStG gegenstandslos.
Eine Anonymverfügung wurde seitens der belangten Behörde nicht erlassen.
Der verspätet einbezahlten Betrag wurde entsprechend der Bestimmungen des § 50 Abs 7 VStG auf die Geldstrafe von 140,00 € angerechnet.
Wenn die Behörde im vorliegenden Fall keine Anonymverfügung erlassen hat, so erweist sich diese Vorgangsweise nach der Judikatur des VwGH nicht als rechtswidrig.
Abstellen eines Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein und ohne gültige Ausnahmebewilligung
Ein Lenker eines Kraftfahrzeuges, der dieses in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, hat das Fahrzeug bei Beginn der Abstellung entweder mit einem gültigen Parkschein oder mit einer gültigen Ausnahmebewilligung (zB Ausnahmebewilligung von der Parkzeitbeschränkung, Ausweis gemäß §29b StVO, etc.) zu kennzeichnen oder einen elektronischen Parkschein zu aktivieren.
Geschieht dies nicht, liegt eine Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 vor.
Der Bf hat das in Rede stehende Kraftfahrzeug unstrittig ohne gültigen Parkschein und ohne eine gültige Ausnahmebewilligung in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Am Hof 3, abgestellt und somit die Parkometerabgabe verkürzt.
Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Schreiben wie jenes, das vom Bf hinter die Windschutzscheibe gelegt wurde, grundsätzlich rechtlich nicht vorgesehen ist und damit nicht als gültiger Parkschein bzw. als gültige Ausnahmebewilligung angesehen werden kann. Ein solches Schreiben könnte lediglich beim Ausmaß des Verschuldens und der Strafbemessung Berücksichtigung finden.
Die objektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit waren daher gegeben.
Verschulden und Strafbemessung
Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).
§ 5 StGB normiert:
"(1) Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
(2) Der Täter handelt absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.
(3) Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält."
Die Verwendung eines Schreibens der MA 65, welches verändert wurde, stellt nicht lediglich eine fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe dar. Es weist in der Regel schon allein aus der Tat an sich auf eine vorsätzliche Handlungsweise hin, da jedenfalls davon auszugehen ist, dass sich eine Person bei einer derartigen Vorgehensweise der Tragweite ihrer Handlungen wohl bewusst sein muss.
Im vorliegenden Fall hat der Bf die Parkometerabgabe vorsätzlich verkürzt, da er das in Rede stehende Kraftfahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Am Hof 3, ohne gültigen Parkschein abgestellt und ein Schreiben mit Wissen und Wollen des Bf hergestellt und im Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt hinterlegt war, obwohl es dem Inhalt nach nicht vom Willen der belangten Behörde gedeckt war, um damit die Parkometerabgabe zu verkürzen.
Somit lagen auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit vor.
Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 € zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl , , vgl auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 2000, S. 309f, vgl weiters Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 19 (Stand , rdb.at).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen Entrichtung der Parkometerabgabe besteht.
Der Bf hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parknachweis abgestellt und im Fahrzeug absichtlich ein Schreiben der MA 65 hinter der Windschutzscheibe hinterlegt hat, welches nicht von dieser ausgestellt worden ist.
Die Behörde hat diesen Umstand als fahrlässige Verkürzung gewertet und hat aufgrund der Tatumstände das Verschulden als nicht geringfügig angesehen.
Das Gericht beurteilt die vom Bf gesetzte Handlung als vorsätzlich, kann trotzdem keine unangemessene Strafbemessung erkennen, zumal die Umstände der Tatbegehung offensichtlich bei der Strafbemessung erschwerend berücksichtigt wurden. Insbesondere war die Unbescholtenheit des Bf strafmildernd. Unabhängig von den Eigenheiten des Einzelfalles war die bisherige Rechtsprechung des BFG (vgl zB ) in die Bemessung einzubeziehen.
Die Behörde hat die Strafbemessung gemäß den in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorgenommen und bei einem bis zu 365,00 € reichenden Strafrahmen die Geldstrafe mit 140,00 € festgesetzt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine 1 Tag und 9 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Sowohl die Geldstrafe als auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe sind schuld- und tatangemessen.
Eine Ermahnung kann nicht ausgesprochen werden, da die Verhängung einer Strafe geboten erscheint, um den Bf von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen. Sie wurden somit in Höhe von 14,00 € korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 € zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs 2 VwGVG weitere 28,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs 2 BFGG hat das BFG, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs 4 VwGVG ist, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750,00 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400,00 € verhängt wurde, eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig.
Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen lediglich mit Geldstrafen bis zu 365,00 € zu bestrafen.
Aufgrund der Strafandrohung und der tatsächlich verhängten Geldstrafe von 140,00 € ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten durch den Bf nicht zulässig.
Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe bedeutet für sich genommen nicht, dass die Revision infolge der in § 25a Abs 4 Z 1 VwGG getroffenen Regelung jedenfalls zulässig wäre (vgl /00146).
Im gegenständlichen Fall wurden im Wesentlichen Sachverhaltsfragen, insbesondere hinsichtlich der Frage der Echtheit des bei der Beanstandung verwendeten Schreibens zu klären, die in freier Beweiswürdigung beantwortet wurden.
Rechtsfragen, insbesondere jene hinsichtlich des Vorliegens eines fortgesetzten Delikts bzw. einer Doppelbestrafung, wurden entsprechend der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Punkt 4.) beantwortet.
Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs 1 VwGG für die belangte Behörde die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 22 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 50 Abs. 7 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 50 Abs. 6 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 45 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 22 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500376.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at