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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2022, RV/1100454/2020

Steuerpflicht von Trinkgeldern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Für die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom wurden die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit € 24.655,51 angesetzt.

In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 beantragte die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf.), die ausbezahlten Trinkgelder steuerfrei zu belassen.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom und mit Erinnerung vom ersuchte das Finanzamt die Bf. um Vorlage des Trinkgeldreglements, um eine detaillierte Stellenbeschreibung (siehe Pkt. 21 des Arbeitsvertrages), des Jahreslohnkontos sowie einer Bestätigung der liechtensteinischen Wirtschaftskammer hinsichtlich der Höhe ortsüblicher Trinkgelder.

Hierauf wurde mit Eingabe vom lediglich das Jahreslohnkonto 2019 von der Bf. an das Finanzamt zugesandt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Bescheid vom . Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden nunmehr - ausgehend von Bruttobezügen von CHF 31.633,00 laut Jahreslohnausweis der C A (FTL) AG - mit € 20.891,20 angesetzt. Zur Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit führte das Finanzamt aus, dass diese in dem Einkommensteuerbescheid 2019 vom nicht korrekt berechnet und aufgrund der vorliegenden Unterlagen neu ermittelt worden seien. Hinsichtlich des Antrages der Bf., die ausbezahlten Trinkgelder steuerfrei zu belassen führte das Finanzamt aus, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen (Arbeitsvertrag, Lohnausweis) ersichtlich sei, dass das in Rede stehende Trinkgeld als Lohnbestandteil garantiert und ausbezahlt worden sei. Da die Höhe des vereinbarten Gehaltes mit dem ausbezahlten Lohn übereinstimme, bestehe keinerlei Zweifel, dass die angeführten Trinkgelder fixer Lohnbestandteil und vom Arbeitgeber garantiert seien, zumal im Arbeitsvertrag der Höhe nach ein Bruttolohn inklusive Trinkgeldern vereinbart worden sei.

Mit Eingabe vom ersuchte die Bf. um Vorlage und Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2019.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die im Inland wohnhafte Bf. war von 1. Jänner bis - als Grenzgängerin - im C A (FTL) AG nichtselbständig tätig. Gemäß Punkt 1 des Arbeitsvertrages war sie als C Assistant beschäftigt. Welche Aufgaben diese Funktion im Detail beinhalten, konnte vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden, da dem Ersuchen um Ergänzung sowie dem Erinnerungsschreiben durch das Finanzamt nicht nachgekommen wurde.

Unter Punkt 9 - Gehalt - wurde im Arbeitsvertrag mit der C A (FTL) AG vom für die ersten 12 Monate ein Gehalt von jährlich brutto € 30.520 und danach von jährlich brutto € 33.880,00 vereinbart. Das 13. Und 14. Monatsgehalt wurde jeweils mit dem Juni bzw. November-Gehalt ausbezahlt.

In der am elektronisch abgegebenen Arbeitnehmerveranlagung des Jahres 2019 wurde von der Bf. vorerst lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von € 19.620,00 (ohne Ansatz des 13. und 14. Monatslohns, Bonus oder Trinkgelder) deklariert. Im Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in Liechtenstein wurden Trinkgelder in Höhe von € 7.285,00 ausgewiesen. Laut Lohnausweis der C A (FTL) AG betrug der Bruttolohn im Kalenderjahr 2019 € 30.412,00. Unter Punkt 21 des Arbeitsvertrages wurde das Trinkgeldreglement angeführt, welches einen Bestandteil dieses Vertrages bildet. Trotz Ersuchens um Ergänzung durch das Finanzamt wurde dieses jedoch von der Bf. nicht vorgelegt. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass das in Rede stehende Trinkgeld in Höhe von € 7.285,00 als fixer Lohnbestandteil garantiert und ausbezahlt wurde. Zumal auch die Höhe des vereinbarten Gehaltes mit dem ausbezahlten Lohn übereinstimmt.

2. Beweiswürdigung

Der vorstehend angeführte Sachverhalt wird vom Bundesfinanzgericht in freier Überzeugung als erwiesen angenommen. Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die im Finanzamtsakt befindlichen Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage

§ 3 Abs. 1 Z 16 lit. a EStG 1988 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) lautet:

"Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, sind von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."

Erwägungen

Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16 lit. a EStG 1988 erfasst Trinkgelder, die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung vom Kunden zugewendet werden. Charakteristika des Trinkgeldes sind somit die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, Rz 197 zu § 3, mit Hinweis auf , sowie ).

Wird das Trinkgeld durch den Arbeitgeber, insbesondere im Wege einer ausgestellten Rechnung oder durch Arbeitsvertrag, aber in einer nicht durch den Dritten (den Kunden) festgelegten Höhe bestimmt, so mangelt es an der notwendigen Freiwilligkeit. Eine Behandlung als steuerfrei kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.

Der angefochtene Bescheid war im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die oben dargestellten Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten sich im Beschwerdefall nicht.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100454.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at