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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2022, RV/2100707/2012

Verjährung, Verlängerungshandlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Deutschland, vertreten durch Stb., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** bzw. Finanzamt Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2006 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) gegenüber die Erstattung von Vorsteuern für den Zeitraum 1 - 10/2006 mit 31.659,97 festgesetzt.
In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller für die übergegangene Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 UStG 1994 hafte und eine Rückzahlung des Guthabens erst nach Abklärung der Vorsteuerabzugsberechtigung bzw. der Abfuhr der übergegangenen Steuerschuld erfolgen könne.

Mit weiterem Bescheid vom , nachdem das Verfahren mit Bescheid vom gem. § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen wurde, wurde die Umsatzsteuer mit - 15.995,02 € festgesetzt, was zu einer Nachforderung in Höhe von 15.664,95 € führte. Begründet wurde diese Nachforderung damit, dass durch die Rechnungslegung mit österreichischer Umsatzsteuer an die Firma AG für das Projekt am Event diese durch den Bf. auch geschuldet werde. Erst wenn eine korrigierte Rechnung an AG gelegt werde, könne der Bescheid geändert werden.

Im Rechtsmittel vom wurde durch die damalige steuerliche Vertretung dargelegt, dass der Bf. im Jahr 2006 keinen Umsatz in Österreich ausgeführt habe. Er habe auch keine österreichische Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, sondern lediglich die ihm entstandene österreichische Vorsteuer zur Hälfte weiterberechnet. Es wurde auch auf eine Verjährung hingewiesen.

In der abweisenden BVE vom , zugestellt am , wurde durch das Finanzamt ausgeführt, dass gem. § 207 Abs. 2 BAO die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage. Die Verjährungsfrist beginne mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei, für die Umsatzsteuer 2006 somit am . Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen gesetzt, so verlängere sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO). Für diesen Fall bedeute das, dass die Verjährung grundsätzlich am geendet hätte, wenn keine nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt worden wäre. Am sei jedoch ein Bescheid ergangen, der eine Amtshandlung darstelle. Auch sei vermerkt, dass am ein Vorhalt ergangen sei. Daher habe es innerhalb der ersten fünf Jahre eine nach außen erkennbare Amtshandlung gegeben, die Verjährungsfrist habe sich somit um ein Jahr bis verlängert.

Am langte ein Vorlageantrag vom von der nunmehrigen steuerlichen Vertretung ein ohne auf die Ausführungen des Finanzamtes einzugehen oder ein weiteres Vorbringen zu erstattet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang ist durch den Akteninhalt gedeckt, wird von den Verfahrensparteien nicht bestritten und wird daher zum festgestellten Sachverhalt erhoben.

Beweiswürdigung

Festgehalten wird, dass die Ausführungen der Abgabenbehörde in der BVE unwidersprochen geblieben sind und durch das Verwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dem Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Auf den Vorhaltscharakter einer BVE wird verwiesen (vgl. , ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist - von den hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - fünf Jahre, soweit eine Abgabe hinterzogen ist, zehn Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Die Verjährung beginnt nach § 208 BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Der Abgabenanspruch entsteht nach Abs. 2 leg. cit. bei der Umsatzsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich nach § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

Die Amtshandlung muss nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein (; ; ). Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (; ; ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 209 Tz. 2f). Verjährungsfristverlängernd wirkt die an den Abgabepflichtigen gerichtete Aufforderung, eine bestimmte Abgabenerklärung einzureichen (; ; ). Die Verjährungsfrist verlängern ua. an den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte (; ; ; ; ), Ergänzungsaufträge (; ), Anfragen (; , 0173; , 0128) oder Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen (; ).

Mit dem angeführten Vorbringen des Finanzamtes hinsichtlich einer Zustellung des Umsatzsteuerbescheides vom , gelingt es dem Finanzamt, den von der Rechtsprechung (siehe und sowie Ritz, BAO6, § 209 Tz 2 mwN) entwickelten Voraussetzungen einer Verlängerungshandlung iS des § 209 Abs. 1 BAO zu genügen. Denn diese Rechtsprechung verlangt, um von einer solchen Verlängerungshandlung ausgehen zu können, das Vorliegen eines einwandfreieren, strikten aktenmäßigen Nachweises dafür, dass die Amtshandlung (Verlängerungshandlung) aus dem Amtsbereich der Behörde herausgetreten und nach außen erkennbar geworden ist. Dass ein solcher Nachweis hinsichtlich der Zustellung des Bescheides vom betreffend die Umsatzsteuer 2006 vorliegt, konnte festgestellt werden. Auch die Rückzahlung des damals verbuchten Guthabens im Jahr 2008 ist aktenkundig.

Es ist somit der Ansicht des Finanzamtes zu folgen, dass die Umsatzsteuer 2006 noch nicht verjährt ist, daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln. Auch ist die Judikatur zur Frage der Verjährung und Verlängerungshandlung einheitlich. Dieses Erkenntnis weicht davon nicht ab, die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100707.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at