Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.09.2022, RV/7102967/2020

Höhe der österreichischen Familienleistungen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102967/2020-RS1
Auch wenn unionsrechtlich der vorrangig zuständige Mitgliedsstaat zur Auszahlung von Familienleistungen verpflichtet ist, ist für den Fall, dass der nachrangige Mitgliedstaat auf Grund seines nationalen Rechts unabhängig von der unionsrechtlichen Zuständigkeit Familienleistungen erbringt, der vorrangig zuständige Mitgliedsstaat zur Kürzung seiner Leistungen um die vom nachrangig zuständigen Mitgliedsstaat erbrachten Leistungen berechtigt, da das Unionsrecht dem Empfänger, der Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten erhält, nur den Gesamtbetrag an Leistungen garantiert, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2*** ***3***, ***4***, ***5***, bzw. ***8*** ***9***, ***9*** ***10***, Polen vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im Juli 2018 geborenen ***6*** ***3*** ab Juli 2018 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer ***7***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag

Über FinanzOnline beantragte der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** ***3*** am Familienbeihilfe wie folgt:

Der Bf sei polnischer Staatsbürger, verheiratet, sei im April 2017 aus Polen nach Österreich eingereist und übe die Kindererziehung gemeinsam mit dem anderen Elternteil aus. Er sei derzeit arbeitssuchend und wohne in ***4***, ***5***, Österreich. Er verfüge über eine Anmeldebescheinigung vom . Der Bf sei verheiratet mit ***15*** ***3***, polnische Staatsbürgerin. Diese sei nicht erwerbstätig und wohne in ***4***, ***5***, Österreich.

Beantragt werde Familienbeihilfe ab Juli 2018 wegen "Neuantrag" für den im Juli 2018 geborenen Sohn ***6*** ***3***, polnischer Staatsbürger, Einreise , Anmeldebescheinigung . Das Kind wohne beim Antragsteller.

Ergänzungsersuchen vom

Mit am versendetem Schreiben ersuchte das Finanzamt den Bf (Screenshot, zur Bedeutung der einzelnen Codes bzw. Abkürzungen siehe : 23: Geburtsurkunde, 25: Heiratsurkunde, 89: Freitext, 48: Einkommensnachweis, 46: Bezugsbestätigung des AMS, 20 FB-Verzichtserklärung):

23 des Kindes

25

89 Anmeldebescheinigung für EU-Bürger der ganzen Familie

48 von Ihnen

46 von Ihnen

89 Bescheinigung wie lange der Anspruch auf polnische Familienleistungenbestand

20 seitens ihrer Gattin

Mutterschaftsbeihilfe

***15*** ***3*** wurde mit Bescheid des Präsidenten der landwirtschaftlichen Sozialversicherungskasse vom von ***13*** bis Mutterschaftsbeihilfe von monatlich PLN 1.000 gewährt, Gesamtbetrag PLN 11.967,90.

Abweisungsbescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im Juli 2018 geborenen ***6*** ***3*** ab Juli 2018 ab und führte dazu aus:

Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen (Geburtsurkunde Ihres Kindes, Heiratsurkunde, Familienbeihilfen-Verzichtserklärung Ihrer Gattin und Tätigkeitsnachweis von Ihnen) nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im obengenannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.

Beschwerde

Mit Formular Beih 100-PDF, unterfertigt am , erhob der Bf am ersichtlich Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom . Das Feld "Verzichtserklärung der in Punkt 2.1 angeführten Person zugunsten der antragstellenden Person" war nicht ausgefüllt. Das Kind wohne in ***4***, ***5***.

Der Beschwerde war beigefügt:

  1. Meldebestätigung betreffend den Bf vom , dass er seit in ***4***, ***5*** (Hauptwohnsitz) wohne.

  2. Meldebestätigung betreffend ***6*** ***1*** ***3*** vom , dass dieser seit in ***4***, ***5*** (Hauptwohnsitz) wohne.

  3. Meldebestätigung betreffend ***15*** ***12*** ***3*** vom , dass diese seit in ***4***, ***5*** (Hauptwohnsitz) wohne.

  4. Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innnen und für Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vom für ***6*** ***1*** ***3***

  5. Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innnen und für Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vom für ***1*** ***2*** ***3***

  6. Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innnen und für Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vom für ***15*** ***12*** ***3***

  7. Geburtsurkunde von ***6*** ***1*** ***3*** (samt beglaubigter Übersetzung)

  8. Heiratsurkunde (samt beglaubigter Übersetzung)

  9. Fotos der polnischen Personalausweise

Ergänzungsersuchen vom

Mit am versendetem Schreiben ersuchte das Finanzamt den Bf (Screenshot):

20 (inkl. Unterschrift) von Ihrer Gattin

50 seit Juli 2018 bis laufend aus Polen

45 bzw. Bestätigung betreffend einer Karenz seit Juli 2018 von Ihrer Gattin

89 aus Polen

Alle Unterlagen inkl. deutscher Übersetzung

Mit E-Mail vom an Post, FA12-AV04 post.fal2-av04@bmf.gv.at teilte der Bf mit, die Unterlagen zu seinem Fall zu übermitteln. Ein Anhang dazu ist nicht ersichtlich.

Mit E-Mail vom wurde folgende Entscheidung über polnische Familienleistungen übermittelt:

Polnische Familienleistungen

Der Marschall der Woiwodschaft Kleinpolen entschied am gegenüber ***1*** ***3***, ***8*** ***9***, ***9*** ***10***, Polen, "Die Erziehungsleistung, die Sie für Ihr Kind ***6*** ***3*** beantragt haben, in dem Zeitraum vom bis zum in der Höhe von 500,00 Zloty monatlich zu verweigern" und führte dazu aus (beglaubigte Übersetzung):

Am ist an den Marschall der Woiwodschaft Kleinpolen in Krakau der Antrag von Herrn ***1*** ***3*** auf Festsetzung des Rechtes auf die Erziehungsleistung für ihr Kind: ***6*** ***3*** auf den Leistungszeitraum 2018/2019 eingegangen. Mit der Entscheidung Nummer WP-XIV.***11***.2019 ist festgestellt worden, dass in der gegenständlichen Sache in dem betreffenden Zeitraum, anzuwendende Vorschriften über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gelten. Die polnische Gesetzgebung ist vorrangig anzuwenden, und das zuständige Organ zur Ausstellung der Entscheidung ist nämlich der Marschall der Woiwodschaft Kleinpolen. Darüber hinaus ist beim Verlauf der Überprüfung festgestellt worden, dass in der gegenständlichen Sache keine Voraussetzungen angesichts der Vorschiften des Gesetzes vom über die Beihilfe des Staates bei der Kindererziehung vorhanden sind, um die von Ihnen beantragte Erziehungsleistung zu erteilen. Gemäß Art. 4 und Art. 5 des Gesetzes über Beihilfe des Staates bei der Kindererziehung Erziehungsleistung für jedes Kind in der Familie außer des ersten Kindes im Sinne des Artikels 2 Pkt. 14 des angegebenen Gesetzes nicht abhängig vom Familieneinkommen. Weil der Antrag auf Festsetzung des Rechtes auf die Erziehungsleistung nur für das erste Kind im Sinne des Artikels 2 Punkt 14 des Gesetzes über die Beihilfe des Staates bei der Kindererziehung in der gegenständlichen Sache festgestellt wurde, dass das Familieneinkommen per Capita einen Einkunftsgrenzbetrag überschritten hat, der im Art. 5 Abs. 4- des Gesetzes vom über die Beihilfe des Staates bei der Kindererziehung bestimmt wurde. Im Zusammenhang damit wurde wie in der Sentenz entschieden.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom , eingebracht am , als unbegründet ab:

Sachverhalt:

Sie haben am einen Antrag auf Familienbeihilfe für das am ***13*** geborene Kind ***6*** gestellt.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurden Sie dazu aufgefordert Unterlagen nachzureichen. Auf dieses Ersuchen erfolgte keine Reaktion.

Ihr Antrag wurde in der Folge abgewiesen.

Am haben Sie eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid eingelegt.

Sie wurden nochmals mit Ergänzungsersuchen aufgefordert, eine Verzichtserklärung Ihrer Gattin, einen Nachweis betreffend Familienleistungen in Polen und eine Dienstgeberbestätigung bzw. Karenzbestätigung von Ihrer Gattin vorzulegen. Vorgelegt wurde lediglich ein Nachweis über den Bezug einer Mutterschaftsbeihilfe von Ihrer Gattin.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß §2a FLAG 1967 geht der Anspruch, für ein Kind, das zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört, des Elternteils, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch desanderen Elternteils vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, kann zugunsten des anderen Elternteils verzichten.

Gemäß § 115 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Laut § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Würdigung:

Es ist Sache des Beschwerdewerbers, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe nachzuweisen bzw. glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen.

Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann ( 94/15/0131, 94/15/0181). Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht auch dann in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag - wie es auf den vorliegenden Beschwerdefall zutrifft - tätig wird ( 89/13/0107).

Die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe trifft den Antragsteller ( RV/7106413/2016).

Auf Grund der Verletzung Ihrer Mitwirkungspflicht war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

F001

Am langte beim Bundeskanzleramt ein Formular F001 in polnischer Sprache (Komisja Administracyjna ds. Koordynacji Systemów Zabezpieczenia Spolecznego) vom ein, das am dem Finanzamt weitergeleitet wurde (Entscheidung über die Zuständigkeit). Laut F001 ist die Anschrift ***8*** ***9***, ***9*** ***10***, Polen weiter aufrecht. Dem Formular waren verschiedene Unterlagen in polnischer Sprache beigeschlossen. Übersetzungen sind nicht aktenkundig.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte der Bf Vorlageantrag:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde meine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe für ***6*** vom als unbegründet abgewiesen.

Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde 'zur Entscheidung demBundesfinanzgericht vorzulegen.

Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom bzw. möchte ich diese ergänzen wie folgt:

- Durch falsche Information am Telefon wurden Dokumente per Mail geschickt anstatt persönlich vorbeigebracht

- Mit mehreren Anrufen wurde gebeten-zu erläutern was eine Verzichtserklärung ist, diesem Wunsch würde nicht nachgegangen und somitdas falsche Dokument vorgelegt.

Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und/oder die Entscheidung durch den Senat.

Beigefügt war eine von ***15*** ***3*** unterschriebene Verzichtserklärung, wonach diese zugunsten von ***1*** ***3*** auf die ihr vorrangig zustehende Familienbeihilfe gemäß § 2a FLAG 1967 verzichte und den Anspruch ihrem Mann überlasse.

Auskunftsersuchen vom

Mit Datum richtete das Finanzamt folgendes Auskunftsersuchen gemäß § 143 BAO an den Bf:

Gemäß § 143 BAO ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen.

Sie werden aufgefordert, folgende Fragen bis zu beantworten:

Bezugnehmend auf Ihren Vorlageantrag vom beantworten Sie bitte die folgenden Fragen:

Von der zuständigen polnischen Behörde wird von einer Ansässigkeit Ihrer Gattin und Ihres Sohnes, ***6***, in Polen ausgegangen. Für diese Annahme würde auch der Umstand sprechen, dass Ihre Gattin, laut Schreiben der polnischen Behörde seit in Polen beschäftigt ist.

Zudem wird Ihnen seit in Polen Elterngeld in Höhe von 500 PLN gewährt. Die ho. geht nicht davon aus, dass diese polnische Familienleistung gewährt werden würde, wenn Ihre gesamte Familie tatsächlich in Österreich wohnhaft wäre.

Trotzdem haben Sie den Wohnsitz Ihres Sohnes, in Ihrer Beschwerde vom , als Österreich angegeben. Zudem sind Ihre Gattin und Ihr Sohn seit auch an einer österreichischen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Sie werden ersucht bekannt zu geben, wo Ihre Gattin und Ihr Sohn ab Juli 2018 wohnhaft waren bzw. sind.

Sollten Sie die vorherige Frage mit Österreich beantworten, sind entsprechende Nachweise über den dauerhaften Aufenthalt Ihrer Gattin und Ihres Sohnes in Österreich zu erbringen (z.B. Rechnungen über Arztbesuche Ihres Sohnes/Ihrer Gattin in Österreich, Mutter-Kind-Pass, Kontoauszüge die Abhebungen in Österreich belegen, Kindergartenbestätigung, schriftlich unterfertigte Aussagen Ihrer Nachbarn, etc.).

Ansonsten legen Sie bitte eine polnische Meldebestätigung vor.

Im Finanzamtsakt befindet sich folgender Screenshot:

[...]

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

Art. 11 der EU-Verordnung 883/2014

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Familienbeihilfe für das Kind ***3*** ***6*** ***1*** ab Juli 2018 abgewiesen. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob sich Kind und Ehegattin des Bf. in Polen oder in Österreich aufhalten.

Im Laufe des Verfahrens wurden der Antrag bzw. die Beschwerde des Bf. abgewiesen, da wiederholt nicht die verlangten Dokumente vorgelegt wurden.

Mit Vorlageantrag wurde nun zwar die verlangte Verzichtserklärung der Ehegattin vorgelegt, aufgrund der widersprüchlichen Feststellungen im von der polnischen Verwaltung übermittelten F001 vom und den Angaben im Antrag auf Familienbeihilfe bzw. in der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid, konnte nun weiterhin nicht festgestellt werden, ob der Bf. einen Anspruch auf Ausgleichszahlung oder Familienbeihilfe hat.

Um diese Frage klären zu können wurde am ein Vorhalt an den Bf. gerichtet. Die Frist zur Vorhaltsbeantwortung wurde mit festgelegt. Aufgrund der gegenwärtigen Coronakrise wartete die ho. Behörde aber bis zum heutigen Tage (=) mit der weiteren Bearbeitung des Falles.

Anhand der derzeit vorliegenden Dokumente kann Folgendes festgestellt werden:

Die Gattin des Bf. ist seit in Polen beschäftigt und stellte vorerst keinen Antrag auf polnische Familienleistungen.

Der Bf. beantragte in Polen zwar eine Familienleistung, dieser Antrag wurde aber am für den Zeitraum Dezember 2018 bis September 2019 abgewiesen, da es sich bei ***6*** um das erste Kind handelte und die Grenze des Familieneinkommens überschritten wurde. Die polnische Behörde stellte zudem fest, dass Polen primär für die Gewährung der Familienleistungen zuständig ist. Sie ging dabei offensichtlich von einem Familienwohnsitz der Familie in Polen aus.

Seit ist sowohl der Sohn des Bf. als auch seine Gattin in Österreich gemeldet. Zudem liegen Anmeldebescheinigungen für die gesamte Familie vor.

Ab Juli 2019 gewährt die polnische Behörde der Ehegattin des Bf. aufgrund ihrer Beschäftigung in Polen eine Familienleistung in Höhe von 500 PLN pro Monat.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die Familie des Bf. mit ihm in Österreich lebt oder an einem polnischen Familienwohnsitz verblieben ist.

Die Mitteilung der polnischen Behörde, vor allem die darin festgehaltene Erwerbstätigkeit der Ehegattin in Polen, sprechen für einen Aufenthalt des Kindes in Polen, die Meldungen und Anmeldebescheinigungen für einen Aufenthalt in Österreich.

Um die Frage des Aufenthaltes des Kindes zu klären, wurde am ein Vorhalt an den Bf. gerichtet.

Dieser wurde leider bis zum heutigen Tag nicht beantwortet.

Die ho. Behörde geht deshalb aufgrund der Mitteilung der polnischen Behörde davon aus, dass das Kind und die Ehegattin des Bf. in Polen verblieben sind.

Dem Bf. ist dementsprechend eine Ausgleichszahlung ab 07/18 zu gewähren. Diese unterliegt ab 2019 der Indexierung und ist ab Juli 2019 (= Gewährung der polnischen Familienhilfe) mit € 0 festzusetzen, da ab diesem Zeitpunkt die Polnische Familienleistung höher ist, als die Österreichische.

Es wird beantragt der Beschwerde teilweise stattzugeben.

Abgabeninformationssystem

Aus dem Abgabeninformationssystem der Bundesfinanzverwaltung geht hervor, dass der Bf zur Steuernummer ***14*** zwischen 2017 und 2019 nichtselbständige Einkünfte und betriebliche Einkünfte in Österreich erzielt hat, es wurden auch Leistungen vom Arbeitsmarktservice bezogen. Im Jahr 2019 wurden AMS-Leistungen bis einschließlich bezogen:

Seit Oktober 2019 sind keine Steuerdaten einschließlich Bezügen durch das Arbeitsmarktservice ersichtlich.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der im Juli 2018 geborene ***6*** ***1*** ***3*** ist der Sohn von ***1*** ***2*** ***3*** und ***15*** ***12*** ***3***. Eltern und Kind sind polnische Staatsbürger. Der Vater ***1*** ***2*** ***3*** war in den Jahren 2017, 2018 und 2019 in Österreich erwerbstätig bzw. in einer vergleichbaren Situation. Der Vater ***1*** ***2*** ***3*** hat eine Wohnung in Österreich, in der auch die Mutter ***15*** ***12*** ***3*** und der Sohn ***6*** ***1*** ***3*** hauptgemeldet sind. Die Familienmitglieder verfügen auch über eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innnen und für Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Die Mutter ***15*** ***12*** ***3*** hat zugunsten des Vaters ***1*** ***2*** ***3*** auf ihr zustehende österreichische Familienleistungen verzichtet. Die Mutter ***15*** ***12*** ***3*** ist seit April 2018 in Polen beschäftigt. Seit Juli 2019 erhält die Mutter ***15*** ***12*** ***3*** in Polen Familienleistungen von PLN 500 je Monat. Darüber hinaus haben weder Vater noch Mutter polnische Familienleistungen erhalten, da die diesbezügliche Einkommensgrenze nach polnischem Recht überschritten wurde. Nach Ansicht des polnischen Trägers ist Polen primär für die Gewährung von Familienleistungen zuständig.

Der Bf hat zwischen 2017 und 2019 nichtselbständige Einkünfte und betriebliche Einkünfte in Österreich erzielt, es wurden auch Leistungen vom Arbeitsmarktservice bezogen. Im Jahr 2019 wurden AMS-Leistungen bis einschließlich bezogen. Seit 2020 sind keine Steuerdaten einschließlich Bezügen durch das Arbeitsmarktservice ersichtlich.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und dem Vorlagebericht des Finanzamts und sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen

Unionsrecht

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.

Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.

Nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in dem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 1 VO 883/2004 (Unterbuchstabe i) "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. i Z 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.

"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).

"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).

Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.

Art. 11 VO 883/2004 lautet:

Artikel 11

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.

Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO 883/2004 unterliegt daher eine Person, die (nur) in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Artikel 13 VO 883/2004 lautet:

Artikel 13

Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

Nach Art. 67 VO 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Art. 68 VO 883/2004 lautet:

Artikel 68

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Die Verordnung enthält Durchführungsbestimmungen zur VO 883/2004.

Art. 59 VO 987/2009 lautet:

Artikel 59

Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern

(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.

(2) Er unterrichtet den Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt, zu dem er die Zahlung dieser Familienleistungen einstellt. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen der andere betroffene Mitgliedstaat oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Zahlung der Leistungen.

Art. 60 VO 987/2009 lautet:

Artikel 60

Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen , der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

(2) Der nach Absatz 1 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen.

Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften.

Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Artikel 68 Absatz 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden.

(3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.

Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.

(4) Sind sich die betreffenden Träger nicht einig, welche Rechtsvorschriften prioritär anwendbar sind, so gilt Artikel 6 Absätze 2 bis 5 der Durchführungsverordnung. Zu diesem Zweck ist der in Artikel 6 Absatz 2 der Durchführungsverordnung genannte Träger des Wohnorts der Träger des Wohnorts des Kindes oder der Kinder.

(5) Der Träger, der eine vorläufige Leistungszahlung vorgenommen hat, die höher ist als der letztlich zu seinen Lasten gehende Betrag, kann den zu viel gezahlten Betrag nach dem Verfahren des Artikels 73 der Durchführungsverordnung vom vorrangig zuständigen Träger zurückfordern.

Nationales österreichisches Recht

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186 a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 2a FLAG 1967 lautet:

§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

§ 3 FLAG 1967 lautet:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

§ 4 FLAG 1967 lautet:

§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.

(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.

(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht unter anderem kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

§§ 10, 11, 12, 13 FLAG 1967 lauten:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 25 FLAG 1967 lautet:

§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamt zu erfolgen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 53 FLAG 1967 lautet:

§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.

(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Nationales polnisches Recht

Die maßgebenden Bestimmungen des polnischen Rechts (Gesetz über Familienleistungen (Ustawa o swiadczeniach rodzinnych) vom , Gesetz über die staatliche Unterstützung für die Kindererziehung (Ustawa o pomocy panstwa w wychowywaniu dzieci) vom , Gesetz zur Unterstützung von schwangeren Frauen und ihrer Familien "Für das Leben" (Ustawa o wsparciu kobiet w ciazy i rodzin "Za zyciem") vom und Gesetz über Ergänzendes Elterngeld (Ustawa o rodzicielskim swiadczeniu uzupelniajacym) vom sehen zu Familienleistungen unter anderem vor (vgl. https://www.missoc.org/missoc-information/missoc-vergleichende-tabellen-datenbank/missoc-vergleichstabellen-datenbank-ergebnisse-anzeigen/?lang=de):

Kindergeld (Zasilek rodzinny):

Die monatlichen Beträge pro Kind hängen vom Alter ab:

• unter 5 Jahren: PLN 95 (€21)

• 5 -18 Jahre: PLN 124 (€28)

• 18 -24 Jahre: PLN 135 (€30)

Das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Familie darf PLN 674 (€151) pro Monat (PLN 764 (€171) im Falle von Familien mit einem behinderten Kind) nicht übersteigen.

Ab dem kommt ein neuer Mechanismus mit dem Namen "Zloty für Zloty" zur Anwendung. Dieser Mechanismus gibt Familien mit einem Einkommen knapp über dem oben angegebenen Grenzwert die Möglichkeit, zusätzliche Gelder zu erhalten. Insbesondere wird der Leistungsbetrag um den Betrag gesenkt, um den das Familieneinkommen die Einkommensgrenze übersteigt. Wenn das Einkommen zum Beispiel den Grenzwert um PLN 100 (€22) übersteigt, wird dieser von dem Geldbetrag abgezogen, der sonst zahlbar wäre. Die Anpassung der Leistung ist zahlbar, wenn dieser Betrag genauso hoch oder höher als PLN 20 (€4,48) ist.

Leistungen zur Kindererziehung (Swiadczenie wychowawcze, 500 Plus):

Eine Familie mit Kindern kann Leistungen für jedes Kind unabhängig vom Einkommen erhalten. Der Monatsbetrag pro Kind liegt bei PLN 500 (€112) und ist nicht vom Alter des Kindes abhängig. Der Leistungsbetrag verändert sich nicht mit dem Familieneinkommen.

Zuständigkeit für Familienleistungen

Nach der Aktenlage waren im Zeitraum Juli 2018 bis September 2019 Österreich und Polen gemäß Art. 11 VO 883/2004 Beschäftigungs- bzw. Erwerbstätigkeitsstaat. Die Mutter hat jedenfalls bis Juli 2019 einer Beschäftigung gleichgesetzte Leistungen im Sinne des Beschlusses Nr. F1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen bezogen.

Laut Mitteilung des polnischen Trägers war Polen auch Wohnstaat des Kindes. Der Bf hat trotz mehrfacher Aufforderung durch das Finanzamt keinerlei Nachweise dafür vorgelegt, dass Mutter und Kind im Zeitraum Juli 2018 bis September 2019 tatsächlich in Österreich gewohnt haben. Polen war daher gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b VO 883/2004 vorrangig zur Erbringung von Familienleistungen zuständig. Österreich hat gemäß Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 als nachrangig zuständiger Staat den Unterschiedsbetrag zwischen den polnischen und den österreichischen Familienleistungen zu leisten.

Höhe der österreichischen Familienleistungen

Wenn Unionsbürger und ihnen diesbezüglich gleichgestellte Personen ihr nach der VO (EG) 883/2004 zustehendes Recht auf österreichische Familienleistungen geltend machen, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie diese Familienleistungen im höchstmöglichen Umfang erhalten wollen, ob in Form von ungekürzter Familienbeihilfe und ungekürztem Kinderabsetzbetrag, ob in Form einer Ausgleichszahlung bei vorrangiger österreichischer Zuständigkeit oder in Form einer Differenzzahlung bei nachrangiger österreichischer Zuständigkeiten. Dabei ist es grundsätzlich ohne Belang, ob der diesbezügliche Antrag mit dem Formular Beih 1 (Beih 100) oder dem Formular Beih 38 gestellt wird und ob auf dem Formular Beih 38 "Ausgleichszahlung", "Differenzzahlung" oder keiner dieser Punkte angekreuzt wurde. Auch bei einer Antragstellung mittels Formulars Beih 38 ist gegebenenfalls Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ungekürzt auszuzahlen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Umgekehrt ist bei einer Antragstellung mit dem Formular Beih 100 nicht mit gänzlicher Antragsabweisung vorzugehen, wenn eine Ausgleichs- oder Differenzzahlung zusteht, sondern der Unterschiedsbetrag zur ausländischen Beihilfe gemäß § 11 Abs. 1 FLAG 1967 (monatlich) auszuzahlen und hinsichtlich des Betrags in Höhe der ausländischen Beihilfe ein Abweisungsbescheid gemäß § 13 FLAG 1967 auszufertigen (vgl. ).

Juli 2018 bis Juni 2019

Da nach der Aktenlage bis Juni 2019 für den Sohn des Bf keine polnischen Familienleistungen gewährt wurden, macht es keinen Unterschied, ob Österreich vorrangig oder nachrangig zur Erbringung von Familienleistungen zuständig ist. Dem Bf steht im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 österreichische Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag in voller Höhe zu, da kein Anspruch auf andere Familienleistungen bestanden hat. Ob sich der Sohn in Österreich oder in Polen aufgehalten hat, ist nach Art. 67 VO 883/2004 nicht von Bedeutung. Zu den Ausführungen im Vorlagebericht ist zu bemerken, dass nach der geltenden Rechtslage eine Indexierung von österreichischen Familienleistungen nach der Kaufkraft in Polen nicht vorzunehmen ist (weitgehend rückwirkende Aufhebung von § 8a FLAG 1967 durch die Novelle BGBl. I Nr. 135/2022, zu Details siehe § 55 Abs. 56 FLAG 1967).

Juli 2019 bis September 2019

Ab Juli 2019 sind die polnischen Familienleistungen mit den österreichischen Familienleistungen unabhängig davon gegen zu verrechnen, ob Österreich vorrangig oder nachrangig zuständig ist. Im ersten Fall ergibt sich die Kürzung aus § 4 FLAG 1967 (der diesbezüglich unionsrechtskonform auszulegen ist, somit monatliche und nicht jährliche Auszahlung, siehe Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 3 Rz 182l), im zweiten Fall aus Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004. Auch wenn unionsrechtlich der vorrangig zuständige Mitgliedsstaat zur Auszahlung von Familienleistungen verpflichtet ist, ist für den Fall, dass der nachrangige Mitgliedstaat auf Grund seines nationalen Rechts unabhängig von der unionsrechtlichen Zuständigkeit Familienleistungen erbringt, der vorrangig zuständige Mitgliedsstaat zur Kürzung seiner Leistungen um die vom nachrangig zuständigen Mitgliedsstaat erbrachten Leistungen berechtigt, da das Unionsrecht dem Empfänger, der Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten erhält, nur den Gesamtbetrag an Leistungen garantiert, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht (vgl. unter Hinweis auf , Romano; , Wagener; , Moser).

Ab Oktober 2019

Ab Oktober 2019 ist vorerst eine österreichische Zuständigkeit zur Erbringung von Familienleistungen mangels Beschäftigung oder einer vergleichbaren Situation in Österreich nicht ersichtlich.

Verfahrensrecht

Mit der Formulierung "Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und/oder die Entscheidung durch den Senat." wird weder eine mündliche Verhandlung (§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO) noch eine Senatsentscheidung (§ 272 Abs. 2 Z 1 BAO) wirksam beantragt. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht von Amts wegen erforderlich, zumal dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird. Darüber hinaus ist es fraglich, ob sich der Bf noch in Österreich aufhält.

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid, der österreichische Familienleistungen zur Gänze verweigert, ist rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG). Er ist daher gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Zustellung

Da nach der Aktenlage seit dem September 2019 keine Steuerdaten und Bezügen durch das Arbeitsmarktservice in Österreich mehr ersichtlich sind, ist davon auszugehen, dass sich der Bf seit September 2019 ständig in Polen aufhält. Die Zustellung dieses Erkenntnisses erfolgt daher sowohl an die bekannt gegebene österreichische Anschrift als auch an die aktenkundige polnische Anschrift des Bf.

Revisionsnichtzulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 55 Abs. 56 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102967.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at