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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.12.2022, RV/5100292/2022

Berechnung der GrESt bei einem Zusammentreffen von vertikalen und horizontalen Zusammenrechnungen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/16/0008.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer , Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt, Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Mit Übergabsvertrag vom haben die Ehega tten ***V*** (Vater) und ***M* ** (Mutter) an ihren Sohn ***BF*** Liegenschaftsanteile (land- und forstwirtschaftliche und weitere bebaute Grundstücke in der KG ***W***) übergeben. Diese Vorerwerbe hat das Finanzamt (FA) mit Bescheiden je vom zur Gänze mit einer Grunderwerbsteuer (GrESt) von 0,5 %, Steuerstufe 1, wie folgt versteuert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vater
Mutter
Gesamt
Grundstückswert
31.606,09 €
102.666,07 €
134.272,16 €
GrESt
158,03 €
513,33 €
671,36 €

Übergabsvertrag vom

Zwei Jahre später haben die Eltern mit einem weiteren, hier gegenständlichen Übergabsvertrag auch ihre Hälfteanteile an den beiden Liegenschaften EZ ***Zl1*** (***Straße1***), und EZ ***Zl2*** (***Straße2***), jeweils KG ***T***, an ihren Sohn übergeben.

In Punkt Siebtens, Erklärungen zur Gebühren- und Steuerbemessung, stellen die Vertragsparteien fest, dass
1. es sich - auf Grund ihres Verwandtschaftsverhältnisses zueinander (Eltern-Sohn) - bei diesem Rechtsgeschäft um einen begünstigten Erwerbsvorgang im Sinne des GrEStG 1987 handelt..
2. das Übergabeobjekt gemäß EW-AZ ***Nr1*** mit einem dreifachen Einheitswert von 69.329,88 € als gemischt genutztes Grundstück und gemäß EW-AZ ***Nr2*** mit einem dreifachen Einheitswert von 61.045,20 € als gemischt genutztes Grundstück bewertet wurde.
3. die Grundstückswerte gesondert berechnet werden und
4. Vorerwerbe (siehe oben) stattgefunden haben.

Unstrittig ist von folgenden Besteuerungsgrundlagen auszugehen:
Grundstückswert EZ ***Zl1***: 229.651,34 €, Grundstückswert EZ ***Zl2***: 132.494,50 €, ergibt in Summe 362.145,84 €.

GrESt-Bescheid vom

Das FA hat für diesen Erwerb des ***BF*** gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die GrESt vom Wert der Grundstücke in Höhe von 362.145,84 € unter Berücksichtigung der früheren Erwerbe in Höhe von 134.272,16 € wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stufe 1
250.000
- Vorerwerbe
- 134.272,16
115.727,84
0,5 %
578,64
Stufe 2
150.000
2 %
3.000,00
Stufe 3
96.418,00
3,5 %
3.374,63
362.145,84
GrESt
6.953,27

Beschwerde vom

Dagegen hat ***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., Beschwerde mit folgender Begründung erhoben:

Das FA habe eine der Höhe nach unrichtig bemessene GrESt vorgeschrieben, weil es die Umstände außer Acht gelassen habe, dass es sich bei den zwei Liegenschaften um zwei völlig unterschiedliche wirtschaftliche Einheiten handelt und die Vorerwerbe hinsichtlich Vater und Mutter zudem unterschiedlich hoch sind.
In der , BMF-010206/0058-VI/5/2016, seien Beispiele beschrieben, aus denen klar hervorgehe, dass
"… grundsätzlich von jedem Elternteil ein Grundstückswert von 250.000 € in der ersten Steuerstufe zu 0,5 % erworben werden kann. Wenn hingegen eine Zusammenrechnung aufgrund derselben wirtschaftlichen Einheit erfolgt, kann nur insgesamt ein Grundstückswert von 250.000 € in der ersten Steuerstufe zu 0,5 % erworben werden. Dabei bleibt aber die Möglichkeit offen, in einem weiteren Erwerbsvorgang, der eine andere wirtschaftliche Einheit betrifft, die erste Steuerstufe insoweit erneut auszunützen, als die erste Steuerstufe in Höhe von 250.000 € pro Elternteil noch nicht verbraucht worden ist."

Aufgrund dieser Rechtsansicht stellt der Bf. Berechnungen an, wobei er im Ergebnis die Steuerstufen vertikal und horizontal insgesamt 4 mal (1 x pro Elternteil und ½ x pro wirtschaftlicher Einheit) ausnützt.
Der Bf. begehrt daher, die GrESt mit 2.316,82 € festzusetzen.

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

Das FA hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"In der gegenständlichen Konstellation kommt es zu einem Zusammentreffen von "normaler" vertikaler (= zwischen denselben Personen) und horizontaler Zusammenrechnung (= bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit).
In der Info des BMF zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem GrEStG in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom (BMF-010206/0058-VI/5/2016) werden unter Punkt 6.4 verschiedene Beispiele/Sachverhalte beschrieben.
Der gegenständliche Fall ähnelt jenen in Beispiel 3 und Beispiel 4. In diesem Fall ist bei der Berechnung der GrESt der Erwerbsvorgang des Jahres 2019 zur Gänze als Vorerwerb zu berücksichtigen. Da die gesetzliche Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist sowohl hinsichtlich des Anteils vom Vater als auch von jenem der Mutter eine "normale" vertikale Zusammenrechnung vorzunehmen.
Der Gesetzgeber hat in den Regierungsmaterialien zur Zusammenrechnungsvorschrift des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 in Hinblick auf die vertikale Zusammenrechnung festgehalten, dass bei der Berechnung der GrESt anhand des Stufentarifs auf den jeweiligen Erwerbsvorgang abzustellen ist. Dies kann nur dadurch gewährleistet werden, indem die jeweiligen Steuerstufen anteilsmäßig bezogen auf den jeweiligen Erwerbsvorgang in Anspruch genommen werden können.
In der gegenständlichen Konstellation ist folglich betreffend Zusammenrechnung gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 als Vorerwerb des Sohnes sowohl ein Anteil vom Vater (wertmäßig in Summe 31.606,09) als auch ein Anteil von der Mutter (wertmäßig in Summe 102.666,07) zu berücksichtigen.
Für den Erwerb im Jahr 2019 ist die erste Stufe daher zum einen mit 31.606,09 (Anteil vom Vater), zum anderen mit 102.666,07 (Anteil von der Mutter) "verbraucht". Der anteilige Erwerb vom Vater im Jahr 2021 ist aliquot mit 0,5% des noch nicht "verbrauchten" Teils der ersten Steuerstufe in Höhe von 93.393,91 (=125.000,- minus 31.606,09), 2% von 5.000,- und 3,5% von 12.679,01 zu versteuern. Der anteilige Erwerb von der Mutter im Jahr 2021 ist aliquot mit 0,5% von 22.333,93 (=125.000,- minus 102.666,07), 2 % von 75.000,- und 3,5% von 83.738,99 zu versteuern.

Daraus ergibt sich insgesamt zusammenfassend folgende GrESt Berechnung:

von ***V***


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erwerb je 1/2
181.072,92
½ Stufe 1
125.000,00
abz. verbraucht durch VE
- 31.606,09
93.393,91
93.393,91
0,5 %
466,97
87.679,01
½ Stufe 2
75.000,00
2 %
1.500,00
Stufe 3
12.679,01
3,5 %
443,77
181.072,92
2.410,73

Von ***M***


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erwerb je 1/2
181.072,92
½ Stufe 1
125.000,00
abz. verbraucht durch VE
102.666,07
22.333,93
22.333,93
0,5 %
111,67
158.738,99
½ Stufe 2
75.000,00
2 %
1.500,00
Stufe 3
83.738,99
3,5 %
2.930,86
181.072,92
4.542,53

Summe GrESt daher 6.963,27 €"

Vorlageantrag vom

In seinem Vorlageantrag hält der Bf. dem entgegen, dass die Beispiele 2 und 3 der BMF Info gegen die Ansicht des FA sprechen würden, da demnach die erste Steuerstufe erneut ausgenützt werden könne, soweit sie bei der ersten wirtschaftlichen Einheit (aufgrund der horizontalen Zusammenrechnung) noch nicht ausgenutzt worden sei. Zum Beispiel 4 sei festzuhalten, dass dieses auf den gegenständlichen Fall nicht angewendet werden könne, da dem Beispiel 4 (anders als in den übrigen drei Beispielen) nicht zwei wirtschaftliche Einheiten, sondern bloß eine wirtschaftliche Einheit zugrunde liege.
Weiters werde in der BVE - ohne Angabe eines näheren Verweises - auf die Materialien Bezug genommen, wonach bei der Berechnung der GrESt anhand des Stufentarifs auf den jeweiligen Erwerbsvorgang abzustellen sei, dies könne nur dadurch gewährleistet werden, indem die jeweiligen Steuerstufen anteilsmäßig bezogen auf den jeweiligen Erwerbsvorgang in Anspruch genommen werden. Offen bleibe in der BVE aber, was denn nun mit "Erwerbsvorgang" gemeint sei. Entgegen der Info des BMF scheine das FA beide wirtschaftliche Einheiten nur deswegen als eine einzige wirtschaftliche Einheit zu betrachten, weil beide mit einem einzigen Übergabsvertrag übertragen wurden.

Am hat das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtsgrundlagen

Als Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 unterliegen der GrESt im wesentlichen Rechtsvorgänge, die den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründen.

Gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG 1987 sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG 1987 gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes angeführten Personenkreis als unentgeltlich.

Tarif

§ 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 in der anzuwendenden Fassung BGBl I 2015/163 lautet:

a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
- für die ersten 250.000 € 0,5 %
- für die nächsten 150.000 € 2 %
- darüber hinaus 3,5 %
des Grundstückswertes. …

Für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes sind von derselben Person an dieselbe Person anfallende Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre, soweit die Steuer nach dieser Litera berechnet wurde, zusammenzurechnen; … Eine Zusammenrechnung hat auch dann zu erfolgen, wenn - durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge - eine wirtschaftliche Einheit oder Teile einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb der Fünfjahresfrist an dieselbe Person anfällt.

Erläuterungen zum StRefG 2015/2016, ErlRV 684 XXV. GP, 38 (ErlRV)

Zur Abfederung der Umstellung der Bemessungsgrundlage sind vorgesehen: …
- Einführung eines Stufentarifs für unentgeltliche Erwerbsvorgänge (beginnend mit einem Steuersatz von 0,5 %) …

2. Stufentarif (§ 7 Abs 1 Z 2 lit. a)

Der Stufentarif kommt grundsätzlich bei unentgeltlichen Erwerben sowie für den unentgeltlichen Teil bei teilentgeltlichen Erwerben zum Ansatz. Wie bei der Abgrenzung zwischen entgeltlich und unentgeltlich wird auch für die Berechnung der GrESt anhand des Stufentarifs auf die einzelne wirtschaftliche Einheit bzw. auf den jeweiligen Erwerbsvorgang abgestellt.

Beispiel 3:
Eine Mutter schenkt ein Einfamilienhaus (GW 400.000) an ihre Tochter und deren Lebensgefährten.
Sowohl die Tochter als auch deren Lebensgefährte erwerben somit einen Anteil von 200.000. Die jeweilige GrESt beträgt 0,5 % von 200.000 = 1.000 Euro.

Beispiel 4:
Eine Tante schenkt ihren beiden Neffen zwei Grundstücke, die eine wirtschaftliche Einheit darstellen (Grundstück 1 - GW 400.000, Grundstück 2 - GW 250.000). Von den Neffen wird daher jeweils die Hälfte an der wirtschaftlichen Einheit mit einem gesamten GW von 650.000 erworben.
Die Grunderwerbsteuer berechnet sich wie folgt:
--- GrESt Neffe 1: 0,5 % von 250.000 = 1.250 + 2 % von 75.000 = 1.500, Summe = 2.750 Euro
--- GrESt Neffe 2: Wie Neffe 1

Zusammenrechnung (§ 7Abs. 1 Z 2 lit. a)

Für die Ermittlung der GrESt nach dem Stufentarif sollen alle unentgeltlichen Erwerbe bzw. unentgeltlichen Teile von teilentgeltlichen Erwerben berücksichtigt werden, die zwischen denselben Personen innerhalb von fünf Jahren stattgefunden haben. Eine Zusammenrechnung soll somit auch dann vorgenommen werden, wenn die Erwerbe gleichzeitig (z.B. mit einem Schenkungsvertrag) erfolgen.

Beispiel 5:
Fortsetzung von Beispiel 3: Die Mutter verstirbt drei Jahre nach der Schenkung des Einfamilienhauses und hinterlässt ihrer Tochter eine Eigentumswohnung (GW 300.000).
Die GrESt berechnet sich wie folgt, wobei von der ersten Stufe (0 bis 250.000) durch den Erwerb des Anteils am Einfamilienhaus bereits 200.000 "verbraucht" sind:
0,5 % von 50.000 = 250
+ 2 % von 150.000 = 3.000
+ 3,5 % von 150.000 = 5.250
Summe 8.500 Euro

Die Fristberechnung soll auf den jeweiligen Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld (§ 8 GrEStG 1987) abstellen. Eine Zusammenrechnung soll sowohl bei Erwerben durch und von natürlichen Personen als auch durch und von Personen- oder Kapitalgesellschaften erfolgen. Allerdings werden nur Erwerbe "in die gleiche Richtung" zusammengerechnet; wenn etwa A dem B ein Grundstück geschenkt hat und von B zu einem späteren Zeitpunkt ein Grundstück geschenkt bekommt, ist keine Zusammenrechnung vorzunehmen. Eine Zusammenrechnung innerhalb der Fünfjahresfrist soll auch dann erfolgen, wenn eine Person von zwei oder mehreren Personen zum selben Zeitpunkt oder sukzessive eine wirtschaftliche Einheit erwirbt.

Beispiel:
Vater und Mutter schenken das ihnen je zur Hälfte gehörende Einfamilienhaus an ihr Kind, Grundstückswert 300.000.
Die GrESt berechnet sich wie folgt:
Durch die in diesem Fall vorzunehmende Zusammenrechnung unterliegt der gesamte Betrag von 300.000 dem Stufentarif:

BMF Info vom , BMF-010206/0058-VI/5/2016 (BMF-Info)

6.4. Zusammentreffen von "horizontaler" und "vertikaler" Zusammenrechnung

Wie ist vorzugehen, wenn eine Zusammenrechnung auf horizontaler Ebene (= bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit) auf eine Zusammenrechnung auf vertikaler Ebene (= zwischen denselben Personen) und vice versa trifft?

Beispiel 1:
2016: Übergabe eines Grundstückes von Vater und Mutter je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen und die Steuer mit 0,5% von 250.000 € und mit 2% von 50.000 € zu berechnen.
2017: Vater übergibt dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Welcher Betrag ist aus der Übergabe 2016 für die Zusammenrechnung anzusetzen?

Lösung:
Für die GrESt-Berechnung 2017 ist der vom Vater im Jahr 2016 übergebene Anteil von 150.000 € zu berücksichtigen, und zwar "steuerstufenmäßig" in jenem Ausmaß, in dem er bei den einzelnen Stufen wirksam wurde. Anders gesagt: Der anteilige Erwerb des Vaters wurde im Jahr 2016 mit 0,5% von 125.000 € und 2% von 25.000 € besteuert.
Für den Erwerb im Jahr 2017 ergibt sich sohin, dass die erste Stufe mit 125.000 € "verbraucht" ist. Somit sind 125.000 € von 200.000 € mit 0,5% und die verbleibenden 75.000 € mit 2% zu versteuern.

Beispiel 2:
2016: Der Vater übergibt dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Die Besteuerung hat mit 0,5% von 200.000 € zu erfolgen.
2017: Übergabe eines Grundstückes von Vater und Mutter je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen, aber wie?

Lösung:
Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist hinsichtlich des Anteils vom Vater eine "normale" vertikale Zusammenrechnung vorzunehmen. Für den Erwerb im Jahr 2017 ist die erste Stufe daher mit 200.000 € "verbraucht". Somit sind 50.000 € von 150.000 € mit 0,5% und die verbleibenden 100.000 € mit 2% zu versteuern.
Der Anteil der Mutter ist wie im Fall einer "normalen" horizontalen Zusammenrechnung zu versteuern: Ihr Anteil von 150.000 € ist aliquot mit 0,5% von 125.000 € und 2% von 25.000 € zu versteuern.

Beispiel 3:
Mit einem einzigen Rechtsvorgang übergeben Vater und Mutter ein Grundstück je zur Hälfte dem Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €) und der Vater dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Wie ist die Grunderwerbsteuer zu berechnen?

Lösung:
Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist im Gleichzeitigkeitsfall wie in Beispiel 2 vorzugehen.

Beispiel 4:
2016: Vater und Mutter übergeben dem Sohn eine Liegenschaft (Grundstückswert 300.000 €, Anteil des Vaters ein Drittel, der Mutter zwei Drittel). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen und die Steuer mit 0,5% von 250.000 € und mit 2% von 50.000 € zu berechnen.
2017: Vater und Mutter übergeben ein Grundstück je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Es ist sowohl eine Zusammenrechnung zwischen denselben Personen als auch bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit durchzuführen. Wie ist dabei vorzugehen?

Lösung:
In diesem Fall ist beim Erwerbsvorgang eine Zusammenrechnung bezogen auf dieselbe wirtschaftliche Einheit vorzunehmen und bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer der Erwerbsvorgang des Jahres 2016 zur Gänze als Vorerwerb zu berücksichtigen. Somit sind 100.000 € von 300.000 € mit 2% und die verbleibenden 200.000 € mit 3,5% zu versteuern.

2. Rechtliche Beurteilung

Nicht bestritten wird einerseits, dass in Bezug auf die GrESt Bemessung ein unentgeltlicher Erwerb vorliegt und Vorerwerbe zu berücksichtigen sind. Weiters sind auch alle vom FA der Steuerberechnung zugrunde gelegten Werte unstrittig.

Fest steht außerdem, dass der Bf. mit dem hier zu versteuernden Übergabsvertrag vom durch zwei Erwerbsvorgänge (den Erwerb vom Vater und den Erwerb von der Mutter) den Anspruch auf Übereignung von zwei wirtschaftlichen Einheiten) erworben hat.

Bei dieser Ausgangslage ist einziger Streitpunkt im gegenständlichen Fall die Art der Berechnung der GrESt im Hinblick auf die gemäß § 7 GrEStG vorzunehmenden vertikalen und horizontalen Zusammenrechnungen. Während das FA den Stufentarif auf den Gesamterwerb, = einmal, anwendet, will der Bf. die Steuerstufen pro Erwerbsvorgang und pro wirtschaftlicher Einheit mehrfach ausnützen.

Beim unentgeltlichen Erwerb wird nach der GrESt Novelle 2015/2016 die Steuer nach einem Stufentarif, flankiert von Zusammenrechnungsregeln, berechnet.
Diesbezüglich sieht die Tarifbestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Absatz GrEStG vor, dass von derselben Person an dieselbe Person anfallende Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre zusammenzurechnen sind ("vertikale Zusammenrechnung"). Eine Zusammenrechnung hat weiters auch dann zu erfolgen, wenn - durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge - eine wirtschaftliche Einheit innerhalb der Fünfjahresfrist an dieselbe Person anfällt ("horizontale Zusammenrechnung").

Das FA hat die GrESt in seinem Bescheid vom in Anlehnung an das ähnliche Beispiel 4 in der BMF-Info, bei dem ebenfalls Vater und Mutter ein Grundstück je zur Hälfte übergeben und Vorerwerbe zu berücksichtigen waren, berechnet:

"2016: Vater und Mutter übergeben dem Sohn eine Liegenschaft (Grundstückswert 300.000 €, Anteil des Vaters ein Drittel, der Mutter zwei Drittel). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen und die Steuer mit 0,5% von 250.000 € [=1.250 €] und mit 2% von 50.000 € [=1.000 €] zu berechnen.2017: Vater und Mutter übergeben ein Grundstück je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Es ist sowohl eine Zusammenrechnung zwischen denselben Personen als auch bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit durchzuführen.Lösung:In diesem Fall ist beim Erwerbsvorgang eine Zusammenrechnung bezogen auf dieselbe wirtschaftliche Einheit vorzunehmen und bei der Berechnung der GrESt der Erwerbsvorgang des Jahres 2016 zur Gänze als Vorerwerb zu berücksichtigen. Somit sind 100.000 € von 300.000 € mit 2% [=2.000 €] und die verbleibenden 200.000 € mit 3,5% [=7.000 €] zu versteuern."

Im Ergebnis wird daher in diesem Beispiel 4 des BMF der Gesamterwerb der Jahre 2016 und 2017 so behandelt, als wären die gesamten 600.000 € auf einmal zu versteuern gewesen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
300.000
250.000
0,5 %
1.250
50.000
2 %
1.000
2.250
2017
300.000
100.000
2 %
2.000
200.000
3,5 %
7.000
9.000
11.250
Gesamt
600.000
1. und 2. Stufe
4.250
200.000
3,5 %
7.000
11.250

Umgelegt auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt hat das FA die GrESt in gleicher Weise wie folgt errechnet:
Die Vorerwerbe in Höhe von insgesamt 134.272,16 € wurden seinerzeit mit 0,5 % versteuert, in diesem Umfang ist daher die erste Steuerstufe verbraucht. Von dem hier zu versteuernden Gesamterwerb von 362.145,84 € fallen daher nur mehr 115.727,84 € in die erste Steuerstufe, die 2. Steuerstufe kann noch zur Gänze ausgeschöpft werden und der Restbetrag von 96.418 € unterliegt dem Steuersatz von 3,5 % (vgl. Bescheid vom ).
Im Ergebnis entspricht wie oben die Gesamtsteuerbelastung einer solchen, welche zustande käme, wenn dem Bf. sämtliche Grundstücke von nur einem Übergeber in einem Erwerbsvorgang angefallen wären.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorerwerbe
0,5 %
134.272,16
671,36
Übergabe 2021
lt. Bescheid
362.145,84
6.953,27
7.624,63
Gesamterwerb
496.417,00
Stufe 1
0,5 %
250.000,00
1.250,00
Stufe 2
2 %
150.000,00
3.000,00
Stufe 3
3,5 %
96.417,00
3.374,60
7.624,60

Dieses Ergebnis erscheint in Hinblick auf Zweck und System des mit der Steuerreform 2015/2016 eingeführten § 7 Abs. 1 Z 1 lit. a GrEStG schlüssig:

Betreffend die im Gegenstandsfall zentrale Streitfrage, wie nach dem Willen des Gesetzgebers mehrere Zusammenrechnungen im Kontext mit dem Stufentarif konkret vorzunehmen sind, gesteht das BMF selbst Unklarheiten zu (vgl. SWK 19/2016 849, Erste Stellungnahme des BMF zu verschiedenen GrESt relevanten Sachverhalten, Christa Lattner):

"Die Novelle hat aber auch eine Zusammenrechnung auf Ebene einer wirtschaftlichen Einheit - ein Erwerber erhält eine wirtschaftliche Einheit von mehreren Personen - gebracht ("horizontale Zusammenrechnung"). Auch wenn diese Zusammenrechnung aus Nutzungssicht erklärbar ist, stellt sie doch ein Novum im bisherigen erwerbsvorgangsbezogenen Grunderwerbsteuerdenken dar. Komplexe Fragen stellten sich, wenn auf eine horizontale eine vertikale Zusammenrechnung und vice versa folgt. Tatsächlich gibt es hier oft mehrere Lösungsvarianten, wobei die BMF-Info bemüht ist, die aus Sicht der Steuerpflichtigen jeweils günstigere Variante darzustellen."

Eine höchstgerichtliche Judikatur existiert zu dem Themenkreis noch nicht. Die Erläuterungen zum StRefG 2015/2016, mit dem der Stufentarif eingeführt worden ist, treffen erste Aussagen und die BMF-Info vom liefert weitere Erläuterungen samt Rechenbeispielen (siehe Rechtsgrundlagen oben). Wie sich nun in der Praxis jedoch herausstellt, sind darin nicht sämtliche Fallkonstellationen abschließend behandelt und bleibt insbesondere offen, wie die Steuerstufen bei einem Zusammentreffen von vertikaler und horizontaler Zusammenrechnung anzuwenden sind.

Zunächst ist daher die gesetzliche Regelung zu interpretieren.
Ziel jeder Auslegung ist es, den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen. Diesem Auslegungsziel dienen die grammatikalische, die systematische, die teleologische und die historische Auslegung (vgl. ).

"Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist, maßgebend (; , 95/15/0012)." Ritz/Koran, BAO7, § 21, I. Auslegung [Rz 1 - 5]

Nach dem bloßen Wortlaut der Bestimmung sind die Zusammenrechnungen "für die Ermittlung des [Einzahl!] anzuwendenden Steuersatzes" vorzunehmen. Auch ist der Stufentarif den Zusammenrechnungsvorschriften vorangestellt. Schon daraus ist ersichtlich, dass die Zusammenrechnungen den Stufentarif lediglich stützen, aber nicht dessen Wirkungsweise ausdehnen sollen.

Ebenso spricht der Zweck sowohl des Stufentarifs als auch der Zusammenrechnungsregeln massiv gegen eine mehrfache Anwendung der Stufen.

Die ErlRV stellen den Ausführungen betreffend den für unentgeltliche Erwerbe neu eingeführten Stufentarif voran, dass dieser zur Abfederung der Umstellung der Bemessungsgrundlage vorgesehen ist.
Bei der unentgeltlichen Übertragung von Grundstücken ist nämlich ab der Grundstückswert (=Verkehrswert) als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, nur mehr im Land- und Forstwirtschaftsbereich bleibt die Besteuerung vom Einheitswert erhalten, mit dem Hintergrund, dass im Jahr 2015 bereits neue Einheitswerte eingeführt wurden. Weil die neuen Grundstückswerte aber in der Regel ein Vielfaches des Einheitswertes ausmachen, würde es lt. Einschätzung des Gesetzgebers durch die Steuerreform zu einem Anstieg der Bemessungsgrundlagen und damit zwangsläufig zu einer Erhöhung der GrESt kommen. Diese durch die regelmäßig höheren Bemessungsgrundlagen erwarteten nachteiligen Effekte für die Steuerpflichtigen soll insbesondere der Stufentarif mildern (sodass zB die schenkungsweise Übertragung des Einfamilienhauses im Familienverband erleichtert wird).

Der Stufentarif sieht somit im Ergebnis eine Begünstigung für den unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken mit einem Grundstückswert von weniger als 400.000 € vor. Darüber hinaus kommt der allgemeine Steuersatz von 3,5 % zum Ansatz.

Ergänzend ordnet der Gesetzgeber Zusammenrechnungen an, welche vorrangig die Wahl von steuersparenden Modellen bzw. Gestaltungsmöglichkeiten zur Verringerung der Steuerlast verhindern sollen.
Die vertikale Zusammenrechnung soll nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift insbesondere verhindern, dass durch die Zerlegung einer Schenkung in mehrere aufeinanderfolgende Zuwendungen die Steuerlast verringert werden kann.
Die horizontale Zusammenrechnung wiederum dient nach ihrem Sinn und Zweck der Vermeidung einer nicht erwünschten Überbegünstigung bezogen auf den einzelnen Erwerber, dem eine wirtschaftliche Einheit in Teilen zufällt.

Vgl. SWK-Spezial, Steuerreform 2015/2016, Bodis/Fiala/Lattner, Seite 97, 3.1.7. Zusammenrechnung

"Wird die Steuer für einen Erwerbsvorgang (weil unentgeltlich oder hinsichtlich des unentgeltlichen Teiles bei teilentgeltlichen Erwerben) nach dem Stufentarif berechnet, sieht § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 zwei Arten von Zusammenrechnungen vor. Beide Zusammenrechnungstatbestände sollen dem Zweck dienen, die Minimierung der GrESt Belastung durch das Aufsplitten von Erwerben zu vermeiden."

Schon nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 wurden unentgeltliche Erwerbe mit einem Stufentarif besteuert und war auch die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe von derselben Person angeordnet. Nach Auffassung des VwGH sollte mit der Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe sichergestellt werden, dass sich der anzuwendende Steuersatz nach dem Gesamtbetrag der Erwerbe bestimme, sodass der Progressionseffekt des gestaffelten Tarifes durch Aufteilung einer Zuwendung in mehrere Zuwendungen nicht umgangen werden könne (vgl. ).

Die darüber hinaus neu eingeführte horizontale Zusammenrechnung hat ihren Grund offenkundig in der grundsätzlichen Neukonzeption der GrESt durch das StRefG 2015/2016. Nunmehr wird für die Besteuerung nämlich maßgeblich an die Art des Erwerbes (entgeltlich - unentgeltlich) angeknüpft. Die horizontale Zusammenrechnung soll sicherstellen, dass sich der anzuwendende Steuersatz, auch wenn Grundvermögen in Teilen anfällt, nach dem Gesamtbetrag des unentgeltlichen Erwerbes richtet, sodass durch eine Regelung der Eigentumsverhältnisse die Steuerlast für den Erwerber nicht herabgesetzt werden kann.

Aus der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG erschließt sich daher insgesamt der Wille des Gesetzgebers, dass die begünstigende Wirkung des Stufentarifs bei mehreren unentgeltlichen Erwerben zwischen denselben Personen sowie beim sukzessiven Erwerb einer wirtschaftlichen Einheit durch einen Erwerber innerhalb von fünf Jahren nur einmal zur Anwendung kommen soll, wodurch dem Aufsplitten von Erwerben mit dem Ziel der mehrmaligen Inanspruchnahme des Stufentarifes entgegengewirkt wird (vgl. JEV 2015, grunderwerbsteuerliche Konsequenzen unentgeltlicher Erwerbe vor und nach der Steuerreform 2015/2016, Seite 81, Dr. Eva Rohn).

Die Gesetzesvorschrift des § 7 ist daher grammatikalisch, systematisch u nd teleologisch so auszulegen, dass nach den Zusammenrechnungen beim Erwerber die einzelnen Steuerstufen i nsgesamt nur einmal zur Anwendung kommen, sodass der einzelne steuerpflichtige Erwerber letztlich nur hinsichtlich eines unentgeltlichen Erwerbes von Grundvermögen bis 400.000 € begünstigt wird (siehe oben).

Die vom FA in seinem Bescheid vom gewählte, einfache und nachvollziehbare Berechnungsmethode entspricht dieser Auffassung und garantiert überdies, dass die Steuerbelastung vom Erwerber aus gesehen immer gleich hoch ausfällt, egal ob die horizontale Zusammenrechnung auf Ebene des Vorerwerbes oder danach stattfindet und egal in wie vielen Schritten der Erwerb (innerhalb von 5 Jahren) stattfindet. Es ist daher der Ansicht des FA im Bescheid vom zu folgen, dass vertikal die Steuerstufen jeweils nur anteilsmäßig in Anspruch genommen werden können, auch wenn das Beispiel 2 der BMF-Info zugunsten der Steuerpflichtigen eine andere Rechenart vorschlägt.

Die entgegengesetzte Ansicht des Bf., wonach die Steuerstufen sich bei jedem Erwerbsvorgang bzw. bei jeder wirtschaftlichen Einheit, somit mehrfach auswirken, ist abzulehnen; die sich aus der Sichtweise des Bf. ergebenden Unterschiede in der Steuerlast je nach Anzahl der Zuwendenden und je nach Anzahl der zugewendeten Objekte sind objektiv nicht zu rechtfertigen. In letzter Konsequenz würden die vom Gesetzgeber zur Absicherung der GrESt zu Lasten des Pflichtigen angeordneten Zusammenrechnungen durch eine mehrfache Anwendung der Steuerstufen ad absurdum geführt.

Hingegen entspricht die Bemessung der GrESt vom gesamten unentgeltlichen Erwerb eines Steuerpflichtigen - von denselben Personen innerhalb von 5 Jahren und aller Teile einer wirtschaftlichen Einheit - nach dem bisher Gesagten dem Willen des Gesetzgebers und steht grundsätzlich im Einklang mit dem System eines Staffeltarifs. Die Auslegung, dass erst in einem letzten Schritt der Tarif auf einen zuvor unter Berücksichtigung der Zusammenrechnungen insgesamt ermittelten Wert angewendet wird, ist daher zulässig und systematisch schlüssig.

Auch die Anmerkung in den ErlRV, dass für die Berechnung der GrESt anhand des Stufentarifs auf die einzelne wirtschaftliche Einheit bzw. auf den jeweiligen Erwerbsvorgang abgestellt wird, steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Vielmehr kommt darin einerseits bloß eine Verstärkung der ohnehin gesetzlichen Anordnung "Erwerbe von derselben Person an dieselbe Person" zum Ausdruck; das Abstellen auf die einzelne wirtschaftliche Einheit wiederum hat Bedeutung zB in Zusammenhang mit der Freigrenze des § 3 Abs. 1 Z 1 GrStG.

Zusammenfassend kommt das Gericht daher zu der Überzeugung, dass aus der schlichten Formulierung der Bestimmung, welche zunächst "für die [Einzahl!] Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes" voranstellt, unter Bedachtnahme auf den gewollten Progressionseffekt des Stufentarifs, den damit in Verbindung stehenden Zweck der Zusammenrechnungsvorschriften und die neue Maßgeblichkeit der Art des Erwerbes die vom Bf. begehrte mehrfache Berücksichtigung der Steuerstufen nicht zuerkannt werden kann. Damit würde der Zweck der Regelung insgesamt zunichte gemacht. Vielmehr entspricht nach dem bisher Gesagten die Art der Berechnung des FA offenbar dem Willen des Gesetzgebers, die Schenkung von Grundstücken unter Vermeidung von Steuerumgehungsmöglichkeiten bis insgesamt 400.000 € Wert (insbesondere im Familienverband) zu erleichtern.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Weil zu der mit dem StRefG 2015/2016 neu eingeführten Tarifbestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG noch keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt, wurde die Revision zugelassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100292.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at