Kein Vorsteuerabzug und keine Steuerfreiheit der igL bei Geschäften iZm "Karussell" (bei Nichteinhaltung der erhöhten Sorgfaltspflicht beim Handel mit Mobiltelefonen)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der Frau ***Bf1***, Adresse_Bf., vertreten durch Grazer Treuhand Steuerberatung GmbH & Partner KG, Petersgasse 128a, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 8/2014 und 9/2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Umsatzsteuer wird - wie in den Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes -
für den Zeitraum 8/2014 mit € 27.159,16 sowie
für den Zeitraum 9/2014 mit € 29.381,41
festgesetzt.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der festgesetzten Abgaben sind den Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
(1) Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) fand eine den Zeitraum 3/2014 bis 9/2014 umfassende abgabenbehördliche Prüfung (Umsatzsteuersonderprüfung) statt.
Im Prüfungsbericht bzw. in der Bezug habenden Niederschrift vom führte der Prüfer Folgendes aus:
"TZ 1) Kürzung der Vorsteuern
Frau [Bf.] ist seit März 2014 als Einzelunternehmerin tätig und handelt mit Mobiltelefonen. Zu Beginn dieser Tätigkeit beschränkte Frau [Bf.] ihre Tätigkeit auf die Vermittlung von Geschäften mit Mobiltelefonen, für die sie Provision erhalten hat.
Ab Juli 2014 begann Frau [Bf.] neben dem Provisionsgeschäft auch selbständig mit dem Handel von Mobiltelefonen. Im Juli betrug der Umsatz aus dem Handel schon € 111.450.
Für gewöhnlich kontaktieren die Kunden Frau [Bf.] und bestellen bei ihr die Ware. Frau [Bf.] wiederum bestellt bei anderen Großhändlern ihre Ware. Die Ware geht vom Großhändler nach Österreich in ein Speditionslager (K GmbH in W) von dort geht dann die Ware mittels UPS "Express Saver" Versand an ihre Kunden. Die gesamte Geschäftsabwicklung vom Kauf der Ware bis zum Verkauf findet oft nur innerhalb eines Tages statt.
Im Zeitraum vom bis zum belieferte Frau [Bf.] die Firma T-Societa' a responsabilita' limitata, UIDNr. (…).
Frau [Bf.] lieferte an diese Firma insgesamt nur viermal innerhalb von ca. zwei Wochen. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum Waren im Wert von € 156.290 von Frau [Bf.] an die Firma T-Srl geliefert.
Warenlieferung an Firma T Srl
Siehe dazu die folgenden Daten aus der Buchhaltung, welche die Lieferungen von Mobiltelefonen von Frau [Bf.] an die Firma T Srl und die dazugehörigen vorgelagerten Wareneinkäufe zeigen.
Wareneinkauf
(…) € 63.342,50 VSt € 12.668,50 A GmbH, DE Samsung
(…) € 19.000,00 VSt€ 3.800,00 B phone GmbH, DE RE70330
(…) € 35.280,00 VSt € 7.056,00 B phone GmbH, DE RE5202
(…) € 35.550,00 VSt € 7.110,00 B phone GmbH, DE RE70501
Einkauf gesamt € 153,172,50 Vorsteuer gesamt € 30.634,50
Warenverkauf an T
(…) € 64.570,00 (…)
(…) € 19.300,00 (…)
(…) € 36.240,00 (…)
(…) € 36.180,00
Gesamt€ 156.290,00
Des Weiteren wurden von Frau [Bf.] für diese Lieferungen ebenfalls die Versandkosten übernommen. (…)
Gewinn:
Verkaufserlös € 156290,-
Wareneinkauf€ 153.172,50
Versandkosten€ 435,45
€ 2.682,05
Daraus ergibt sich ein Aufschlag von nur 2%.
Abwicklung der Geschäfte mit der T SRL
- die Korrespondenz erfolgte über Skype, worüber es keine Aufzeichnungen gibt
- die Waren wurden oft am selben Tag angekauft und sofort weiterverkauft,
- Vorauskasse (100% der Kosten mussten vor der Lieferung vom Kunden bezahlt werden)
- der Aufschlag beträgt 2%
- Ware kommt aus dem Ausland direkt in Speditionslager (K GmbH in Werndorf) und geht von dort mittels UPS "Express Saver" Versand direkt an den Kunden
- Firma T Srl handelt laut Informationen nicht mit Mobiltelefonen
Firma T Srl
Die UID-Nummer der Firma T Srl war vom bis gültig.
Laut vorliegendem Kontrollmaterial handelt es sich bei dieser Firma um einen Missing Trader.
Von der Abgabenbehörde wurden über diese Firma weiter Informationen gesammelt. Die Firma T Srl tritt im Internet als eines der führenden Unternehmen in der Verpackungsindustrie (speziell Kunststoff) auf. (siehe dazu die firmeneigene Homepage "www.*t*.com").
Unter anderem werden von dieser Firma produziert: Kunststoffverpackungsmaterial wie z.B. Plastiktüten und Säcke, Kunststoffkörner (Rohstoff), Kunststofffolien, Latexhandschuhen, Verpackungen aus Papier und Pappe und Papier für Bürobedarf.
Auf der gesamten Homepage bekommt man jedoch keinen Hinweis, dass diese Firma mitMobiltelefonen handelt.
Sämtliche weiteren Recherchen, der Betriebsprüfung, im Internet (z.B. Linkedin,Italytradeholding, Camere di Commercio d'Italia) führten alle zum selben Ergebnis, dass die Firma T Srl ausschließlich in der Verpackungs- und Kunststoffindustrie tätig ist. EineVerbindung, dass die Firma T Srl im Handel mit Mobiletelefonen tätig ist, konnte von derBetriebsprüfung nicht gefunden werden.
Von Frau [Bf.] wurde ein Ausdruck der italienischen Industrie- und Handelskammervorgelegt. Dieser Ausdruck genügte ihr neben den laufenden UID-Abfragen der Firma T Srl als Unternehmensnachweis. In diesem Ausdruck wird als Haupttätigkeit der Großhandel mitPapier, Karton und Schreibwaren angeführt.
Sorgfaltspflichten
Frau [Bf.] unternahm keine weiteren Maßnahmen um die Firma T Srl zu überprüfen.Obwohl sie bereits aus ihrer vorherigen Tätigkeit wusste, dass beim Handel mitMobiltelefonen vom Händler eine größer Sensibilität bezüglich etwaiger Betrugsszenariengefordert wird. Es wäre ihr auf jeden Fall zumutbar gewesen, sich im Internet weitereInformation über diese Firma einzuholen.
Ein Unternehmer muss alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihm verlangtwerden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug (MwSt-Hinterziehung oder sonstiger Betrug) einbezogen sind. Dies trifft zu, wenn derSteuerpflichtige die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrnimmt.
Bei der Beurteilung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns sind nicht die persönlichenFähigkeiten, Gewohnheiten und Kenntnisse des Unternehmers maßgebend, sondern einobjektiver Maßstab, nämlich das Verhalten eines ordentlichen, gewissenhaften Kaufmannes,wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen differieren kann.
Ergänzung
Ergänzend wird noch beigefügt, dass Fr. [Bf.] bevor sie selbständig tätig wurde, bei einer Firma Geschäftsführerin war, die im Verdacht stand in einen Karussellbetrug involviert zu sein. Aus diesem Grund wurde bereits bei dieser Firma (zu Zeiten als Fr. [Bf.] dort als Geschäftsführerin tätig war) eine Betriebsprüfung durchgeführt. Aus einer Meldung, während der damaligen Prüfung geht hervor, dass auch jene Firmen, mit denen nun Fr. [Bf.] Handel treibt, damals von ausländischen Finanzverwaltungen folgendermaßen eingestuft wurden:
T - Missing Trader
B Phone GmbH- Broker
A GmbH - Broker
Des Weiteren wurde Frau [Bf.] im Zuge dieser Betriebsprüfung auch auf die Risiken und Betrugsanfälligkeit dieser Branche hingewiesen.
Bereits aus ihrer vorhergehenden Tätigkeit hätte aus Sicht des Finanzamtes Fr. [Bf.] zumindest erkennen müssen, dass hier der Verdacht einer Umsatzsteuerhinterziehung gegeben ist.
All diese Punkte lassen darauf schließen, dass auch hier eine Involvierung in einen Umsatzsteuerbetrug gegeben ist. Laut Ansicht des Finanzamtes hätte Frau [Bf.] zumindest erkennen müssen, dass durch Ihre Lieferung eine Umsatzsteuerhinterziehung oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen, begangen wurde.
Rechtliche Folgen:
Für sämtliche innergemeinschaftlich erworbenen Waren, die danach innergemeinschaftlich an die Firma T Srl geliefert wurden, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt wurde, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehung oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Bestimmte Branchen - dazu zählen der KFZ-Handel, der Handel mit Mobiltelefonen, der Schrotthandel und der Handel mit Computerteilen - sind äußerst anfällig für einen Mehrwertsteuerbetrug. Von Teilnehmern an diesen Märkten muss bezüglich des "Wissens" bzw. "Wissen-Müssens" eine ganz besondere Sensibilität erwartet werden.
Aus diesem Grund kommt es zu einer Kürzung der beantragen Vorsteuern in Höhe von € 30.634,50.
TZ2) Merkblatt
Es wurde ein Merkblatt ("Merkblatt zum Umsatzsteuerbetrug für Unternehmen in einer Lieferkette") ausgehändigt. Die in diesem Merkblatt angeführten Punkte sind von Frau [Bf.] bei der Anbahnung und Abwicklung von zukünftigen Geschäften zu berücksichtigen."
(2) Den Feststellungen des Prüfers folgend erließ das Finanzamt die nunmehr angefochtenen Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer, in welchen die geltend gemachten Vorsteuern um € 16.468,50 (8/2014) sowie um € 14.166,- (9/2014) gekürzt wurden. Die Umsatzsteuer wurde mit € 16.397,49 (8/2014) bzw. € 14.094,74 (9/2014) festgesetzt.
(3) Die dagegen erhobene Beschwerde wird wie folgt begründet:
Unsere o.a. Mandantin hat sich im Zuge der Insolvenz der Firma Z GmbH (in der sie als Geschäftsführerin tätig war) nach einem neuen Betätigungsfeld umsehen müssen und hat aus diesem Grund im Jahr 2014 ihre selbstständige Tätigkeit begonnen. In diesem Zuusammenhang hat sie teilweise auch neben ihrer Beratungstätigkeit im Juli 2014 mit dem Handel von Mobiltelefonen begonnen. Diesbezüglicher Ansprechpartner war die Firma T Srl in Italien, welche sie schon aufgrund ihrer Tätigkeit bei der Z kannte.
Es wurde von dieser italienischen Firma Kontakt mit [der Bf.] aufgenommen und wurde angefragt, ob Frau [Bf.] eine bestimmte Anzahl von Mobiltelefonen liefern könnte. Unsere Mandantin hat sich diesbezüglich die Geschäftsunterlagen des Unternehmens zukommen lassen, wobei wir die entsprechenden Unterlagen dieser Beschwerde beilegen. Es handelt sich um einzelne folgende Unterlagen:
• Auszug von der Handels- bzw. Wirtschaftskammer (Beilage A), in der sämtliche Daten wie Eigentümerin, Gewerbescheine, Gründungsdatum etc. ersichtlich sind. Angemerkt wird, dass dies jedoch nur in italienischer Sprache verfügbar ist.
• Ausweiskopie der Eigentümerin (Beilage B)
• Kontaktdaten (Beilage C)
• Bescheinigung der Firmenregistrierung (Beilage D)
• Mehrere Abfragen der Gültigkeit der UID-Nr. zum Zeitpunkt des Warenverkaufs (Beilage E)
In der Niederschrift zur Prüfung wird angeführt, dass es keinerlei Hinweise gäbe, dass die Firma mit Mobiltelefonen handelt. Gerade in den o.a. Dokumenten (Beilage A) ist angeführt, dass das Unternehmen auch mit elektronischen Geräten wie CD, DVD und ähnlichem handelt (Codice: 46.43.2 - Commercio all'ingrosso di supporti registrati, audio, video (Cd, Dvd e altri supporti) und man daraus sehr wohl darauf schließen kann, dass das Unternehmen auch andere Tätigkeiten als die auf der Homepage angeführten ausübt. Frau [Bf.] hat bei der Prüfung ständig darauf hingewiesen, es wurde jedoch dem keine Beachtung geschenkt.
Frau [Bf.] hat infolge ihrer Tätigkeit sehr wohl Sorgfalt walten lassen, dies zeigt sich insbesondere daran, dass stets die Gültigkeit der UID-Nr. bei Auslieferung der Bestellung überprüft wurde (Gültigkeitsstufe 2). Hier war die UID-Nr. stets gültig und hat sich auch aufgrund der vorhergehenden Zusammenarbeit bei der Firma Z mit der italienischen Firma niemals ein Grund zur Beanstandung ergeben.
Im Prüfbericht wird auch angemerkt, dass die UID-Nr. seit vielen Jahren gültig war und es dazwischen nie eine Änderung dieser Gültigkeit gegeben hat. Wenn das Unternehmen im Visier der italienischen Finanzverwaltung war, stellt sich die Frage, warum es dennoch jahrelang eine gültige italienische UID-Nr. gegeben hat? Eine UID-Nr. sagt eben aus, dass das betreffende Unternehmen im eigenen Land als Unternehmen geführt wird und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die Gültigkeit dieser UID-Nr. war zu jedem fraglichen Zeitpunkt jedenfalls gegeben.
Im Prüfbericht wird auch angeführt, dass die Firma T-Srl ein sogenannter "Missing Trader" sei und dies angeblich auch [der Bf.] mitgeteilt wurde.
Dieser Behauptung wird entschieden widersprochen und wird ausdrücklich angemerkt, dass Frau [Bf.] niemals - weder in Zeiten der Geschäftsführertätigkeit bei der Z, noch bei ihrer selbstständigen Tätigkeit - jemals mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Firma T-Srl um einen Missing Trader handle. Nach Überprüfung sämtlicher Unterlagen und mangels Information hat Frau [Bf.] zu Recht auf ein aktives Unternehmen vertraut und kann ihr diesbezüglich kein Vorwurf zur Last gelegt werden.
Insbesondere wurden folgende Punkte erfüllt:
• Der Abnehmer war kein neu gegründetes Unternehmen
• Der Abnehmer war in der Branche bekannt
• Es bestanden keine Zweifel an der umsatzsteuerlichen Registrierung des Abnehmers
• Es hat zu jeder Zeit gültige UlD-Bestätigungen (Gültigkeitsstufe 2) gegeben
• Die Geschäftsadresse des Abnehmers war nicht ungewöhnlich
• Der Abnehmer hat nicht bestimmt, dass die Waren in ein anderes Land geliefert werden, als das, in dem der Abnehmer sein Unternehmen betreibt oder steuerliche registriert ist
• Die schriftlichen Anfragen des Abnehmers haben nicht laienhaft gewirkt
• Der Abnehmer hatte einen Internetauftritt.
• Die E-Mail Adresse war in dem Staat vergeben, in dem der Abnehmer sein Unternehmen betreibt
• Der Abnehmer hat nicht auf ungewöhnliche Lieferbedingungen bestanden
• Der Abnehmer hat nicht auf Barzahlung bestanden
• Die Zahlung erfolgte durch den Abnehmer selbst
• Das Bankkonto war in jenem Land, in dem der Abnehmer steuerlich registriert ist
All die oben angeführten Punkte wurden von unserer Mandantin eingehalten und ist somit eindeutig geklärt, dass Frau [Bf.] keine Umstände bekannt waren, dass der Abnehmer in einen Steuerbetrug verwickelt sei. Aus diesem Grund ist der Vorsteuerabzug zur Gänze anzuerkennen.
An dieser Stelle wird angemerkt, dass am eine Einvernahme bei der Steuerfahndung in (…) Graz, stattgefunden hat und übermitteln wir beiliegend die entsprechende Niederschrift (Beilage F), worin sich die oben getätigten Aussagen wiederfinden.
Zusammenfassend darf daher angemerkt werden, dass unsere Mandantin alle Vorkehrungen getroffen hat, welche die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns betreffen und wird daher um Bescheidberichtigung dahingehend angesucht, dass der in den einzelnen Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemachte Vorsteuerabzug zur Gänze anerkannt wird. (…)"
(4) Mit Beschwerdevorentscheidungen vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für 8/2014 nunmehr mit € 27.159,16 bzw. die Umsatzsteuer für 9/2014 mit € 29.381,41 fest. In der gesonderten Bescheidbegründung vom wird dazu ausgeführt wie folgt:
"Im Zuge einer Umsatzsteuernachschau wurde die Vorsteuer aus getätigten Einkäufen bei der Fa. A GmbH sowie Fa. B-phone GmbH nicht anerkannt da den zu kürzenden Vorsteuerbeträgen Umsätze zugrunde liegen, die in einem Umsatzsteuerkarussellbetrug mit Mobiltelefonen eingebunden gewesen sind und [die Bf.] vom Charakter dieser Geschäfte gewusst [hat] bzw. zumindest wissen hätte müssen.
Diese Waren wurden im Zeitraum von 27.08. - im Gesamtbetrag von 156.290 € an die T Srl weitergeliefert. Eine weitere Lieferung erfolgte nicht mehr, da die UID-Nr der T Srl am von italienischer Seite begrenzt wurde.
Neben der Versagung der Vorsteuer für die getätigten Einkäufe sind auch die nachfolgenden Lieferungen an die T Srl nach Italien nachzuversteuern, da einerseits keine ordnungsgemäßen Beförderungsnachweise vorliegen und andererseits kein Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen gegeben ist.
Da aus Sicht des Finanzamtes die betreffenden Umsätze im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehung stehen - (dies gilt auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft) wurde a) die Vorsteuer iHv 30.634,50 € aberkannt (wie bereits in der Niederschrift und im Schlussbericht ausführlich durch das Finanzamt dargelegt) und sind b) folgende Lieferungen in Österreich nachzuversteuern:
(…) Aug. 2014: € 64.570,-
Nettobetrag€ 53.808,33
davon 20% USt€ 10.761,67
(…) Sep. 2014: € 91.720,-
Nettobetrag€ 76.433,33
davon 20% USt€ 15.286,67
Ad a)
Bei den nun gegenständlichen Umsätzen wurden Mobiltelefone von Firmen aus Deutschland erworben (B-phone GmbH sowie A GmbH) und sodann an eine italienische Firma, T Srl, verkauft. Sämtliche Geschäftsanbahnungen mit der Firma T Srl wurden über Skype abgewickelt, wobei es darüber lt. Fr. [Bf.] keinerlei schriftliche Aufzeichnungen gibt. (Dieses Kommunikationssystem war/ist ein für Umsatzsteuerbetrügereien regelmäßig verwendetes System, weil dieses lange Zeit nicht abgehört werden konnte.) Die T Srl ist Fr. [Bf.] aus ihrer Tätigkeit bei der Z GmbH bekannt und wurde Fr. [Bf.] von T Srl (Fr. BE) kontaktiert, ob sie denn eine bestimmte Ware anbieten könne.
Gemäß § 12 Abs.1 Z 1 UStG 1994 in der anzuwendenden Fassung kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Im vorliegenden Fall war schon von vorneherein aufgrund der Branche (Mobiltelefonhandel) in der sich die Steuerpflichtige bewegt, erhöhte Vorsicht bei der Auswahl der Lieferanten und Kunden geboten. Umso mehr, als die Steuerpflichtige bereits vor Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit in derselben Branche als GF eines Unternehmens tätig war, welches im Verdacht stand in einen Karussellbetrug verwickelt zu sein.
[Die Bf.] ist seit März 2014 als Einzelunternehmerin selbständig im Handel mit Unterhaltungselektronik und Telekommunikation tätig.
Zuvor war Sie von 10/2007 bis 2014 (Konkurs d. Firma) Geschäftsführerin der Fa. Z GmbH, welche ebenfalls im Handel mit Mobiltelefonen tätig war.
Während dieser Zeit war die Fa. Z GmbH immer wieder Gegenstand von Anfragen ausländischer Finanzverwaltungen wonach Abnehmer dieser Firma sich u.a. als sogenannte Missing Trader darstellten bzw. Zweifel an tatsächlichen Lieferungen und der Verdacht einer Teilnahme an einem Karussellbetrug bestand.
Bereits bei dieser Firma waren die T Srl, die B-phone GmbH sowie die A GmbH Geschäftspartner. Auch wurden bereits zum damaligen Zeitpunkt Rechnungen an die T Srl im Zuge einer Anfrage, abverlangt. Im Zeitraum von 2007 bis 2015 wurde die Firma Z GmbH vielfach (rund 50 mal) durch die Finanzverwaltung kontaktiert und aufgesucht - sei es in Form von Betriebsprüfungen oder zur Erhebung von Anfragen ausländischer Finanzverwaltungen bezüglich des Karussellbetrugsverdachts (dies allein hätte nach Ansicht des Finanzamtes bereits zu erhöhter Achtsamkeit führen müssen.)
Weiters gab Fr. [Bf.] selbst bei ihrer Vernehmung durch die Steuerfahndung am an, dass ihr der Begriff Karussellbetrug schon während ihrer Zeit bei der Z GmbH von Seiten der Betriebsprüfung erklärt worden war und sie auch "ständig vom Finanzamt belehrt worden" wäre. (siehe Vernehmungsprotokoll S. 3,4)
Im gegenständlichen Fall hätten die mehrfachen Hinweise der BP auf ständig auftretende Karusselle zu erhöhter Sorgfalt und Dokumentation sowie weiteren Nachforschungen führen müssen, weil solche Maßnahmen auch vernünftigerweise erwartet werden konnten für ein weiteres Tätigwerden in dieser Hochrisikobranche.
Ergänzend zu den Ausführungen der Betriebsprüfung bezüglich der Versagung des Vorsteuerabzuges im Schlussbericht, auf die hier ebenfalls verwiesen wird, wird noch ausgeführt:
- [Die Bf.] verfügt über keinerlei Korrespondenz/Mails mit der T Srl bzw. erfolgten auch keine persönlichen Treffen mit T Srl
- Es liegen jeweils nur Eingangs- und Ausgangsrechnungen vor
- Die Kontaktaufnahme erfolgte durch die T Srl, Fr. BE*
- Es gibt keinerlei Reklamationen zu den Warenlieferungen
- In allen Fällen ist Vorauskassa erfolgt
- Die Umsätze von Fr. [Bf.] sind sprunghaft angestiegen:
- 03/2014 - 06/2014 überhaupt keine Umsätze
- 07/2014 111.450,00
- 08/2014 64.570,00
- 09/2014 116.770
- 10/2014 62.820,00
- Diese Umsätze resultieren fast ausschließlich aus innergemeinschaftlichen Lieferungen
- Fr. [Bf.] hat hauptsächlich ausländische Lieferer und Abnehmer. Aus diesen Geschäftsbeziehungen resultieren die größten Umsätze - andere Umsätze sind im Vergleich dazu lediglich in minimalem Ausmaß vorhanden.
- Eine Kontrolle der Ware durch Fr. [Bf.] persönlich ist nie erfolgt. Die Ware wurde jeweils nur in ein Speditionslager geliefert und von dort weiterversendet.
Es sind lediglich Bestellungen von Fr. [Bf.] bei den deutschen Firmen vorhanden. Diese Bestellungen erfolgten jeweils zeitgleich mit der "proforma invoice", welche an die T Srl gestellt wurde. Die Bezahlung durch die T Srl hatte sodann vorab zu erfolgen und wurde erst nach Eingang der Zahlung bei [der Bf.] von dieser das Geld an ihren Lieferanten überwiesen. Die Lieferung der Ware aus Deutschland erfolgte an ein Speditionslager in W. Von dort wurde die Ware an UPS übergeben und ist nur teilweise über den Liefervorgang nach Italien ein sogenannter UPS-Frachtbrief bzw. ein Zustellnachweis vorhanden. Auffällig ist bereits hier, dass auf den Frachtpapieren sowie auf den Rechnungen an T Srl eine andere Adresse steht, als auf den Zustellnachweisen bzw. ist auf den Zustellnachweisen lediglich "Roma" zu lesen.
Zeitliche Abfolge anhand eines der gegenständlichen Umsätze:
- 90x Samsung S5 G 900F OEM, Rechnungsnr. 3728
- Bestellung Fr. [Bf.] bei B-phone GmbH -
- Pro-forma Re. B-phone GmbH an [Bf.]
- Rechnung B-phone GmbH an [Bf.]
- Überweisung des Rechnungsbetrages
- Frachtbrief nicht vorhanden
- Zustellnachweis
- ProformaRe Fr. [Bf.] an T Srl
- Überweisung T Srl an [Bf.]
- Lieferschein an T Srl
- Rechnung an T Srl
- Frachtbrief ohne Datum
- Ausdruck Zustellnachweis
(…)
Für den EuGH macht es daher keinen Unterschied, ob der Mehrwertsteuerbetrüger in der Lieferkette vor oder nach dem Unternehmer steht (der dem Umsatz, den der Steuerpflichtige getätigt hat, vorausgeht oder nachfolgt). Laut EuGH steht somit einem Steuerpflichtigen, der von einem von einem anderen an der Lieferkette Beteiligten verübten Mehrwertsteuerbetrug Kenntnis gehabt hat oder zumindest haben konnte, ein Vorsteuerabzug nicht zu.
Daher wurde die im konkreten Fall die Vorsteuer aus den innergemeinschaftlichen Erwerben versagt.
Ad b)
Gemäß Art. 7 UStG 1994 in der anzuwendenden Fassung sind innergemeinschaftliche Lieferungen dann steuerfrei, wenn Liefergeschäfte mit einem dort genannten Abnehmer durchgeführt und die Waren nachweislich von Österreich in einen anderen Mitgliedstaat, in dem der Erwerb steuerbar ist, verbracht wurden. Wie der Nachweis dieser Warenbewegung ins übrige Unionsgebiet zu führen ist, regelt die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 401/1996 idF BGBl. II Nr. 172/2010.
Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung lauten:
"Nachweis der Beförderung oder Versendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
§1. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7 UStG 1994) muss der Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.
§ 3. (1) In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferungin das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:
1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994) und
2. durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke.
Der Begriff des Frachtbriefes (die Beweisurkunde für den Abschluss und Inhalt eines Frachtvertrages) ist im UStG nicht definiert. Er richtet sich nach den handelsrechtlichen Vorschriften (zB § 426ff UGB).
Gem. § 426 UGB hat ein Frachtbrief zu enthalten:
Ort und Tag der Ausstellung; Name und Wohnort des Frachtführers;
Name des Empfängers;
Ort der Ablieferung;
Bezeichnung des Gutes nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen;
Bezeichnung der für eine zoll- oder steueramtliche Behandlung oder polizeiliche Prüfung nötigen Begleitpapiere;
Bestimmung über die Fracht und im Falle ihrer Vorausbezahlung einen Vermerk über die Vorausbezahlung;
besondere Vereinbarungen welche die Beteiligten über andere Punkte, namentlich über die Zeit, innerhalb welcher die Beförderung bewirkt werden soll, über die Entschädigung wegen verspäteter Ablieferung und über die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, getroffen haben;
Unterschrift des Absenders - eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift ist genügend.
Die von Fr. [Bf.] vorgelegten Frachtbriefe entsprechen nach Ansicht des Finanzamtes nicht den Vorschriften gem. § 7 (5) UStG 1994 für die Anerkennung eines Versendungsbeleges. Die vorgelegten Unterlagen sind weder datiert noch mit der Unterschrift des Frachtführers versehen.
Weiters sind die Angaben zur Ware - Anzahl, Zeichen und Nummern der Frachtstücke, Bezeichnung der Ware - unvollständig und daher nicht als Nachweis im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 idF BGBl. II Nr. 172/2010 für die Steuerfreiheit der von Fr. [Bf.] an T SRL getätigten Lieferungen anzuerkennen.
In concreto:
In der Rechnung vom werden als Liefergegenstände bezeichnet:
90 x Samsung G900F OEM
Der dazu vorgelegte Frachtbrief weist kein Datum, keine Unterschrift der Frachtführerin, keine Anzahl der Waren sowie keine genaue Bezeichnung der Ware. Es wurde lediglich "electronic components" darauf vermerkt.
Auch auf dem ebenfalls dazu vorgelegten Zustellnachweis gibt es Ungereimtheiten. Die auf dem Frachtbrief angeführte Adresse der Fa. T Srl (Via G 49/50, Rom) stimmt nicht mit jener überein, welche auf dem vorliegenden Zustellnachweis für diese Transaktion (15C Via C) angeführt ist. Diese Adresse wurde weder als abweichende Lieferadresse auf der Rechnung vermerkt, noch ist sie als weitere Betriebsstätte der Fa. T Srl irgendwo angeführt.
In der Rechnung vom werden als Liefergegenstände bezeichnet:
120 x Samsung S4 I9505 blk - mist OEM
Der dazu vorgelegte Frachtbrief weist wiederum kein Datum, keine Unterschrift der Frachtführerin, lediglich eine Anzahl der Packstücke, aber keine Anzahl der Waren sowie keine genaue Bezeichnung der Ware auf. Es wurde lediglich "electronic components" darauf vermerkt.
Auch in diesem Fall ist die Adresse auf dem dazu vorgelegten Zustellnachweis wiederum unterschiedlich zur Rechnungsadresse - siehe oben. Außerdem ist auffällig, dass der Zustellnachweis an die T Srl ein Gewicht von 47 kg ausweist, der Zustellnachweis für die Lieferung derselben Anzahl von bestellten Mobiltelefone von der A GmbH an die Steuerpflichtige aber ein Gewicht von 24 kg.
Für die Rechnung vom wurde gar kein Versendungsbeleg vorgelegt, lediglich ein Zustellnachweis ohne konkrete Adresse ("Roma").
Auch für die Rechnung vom liegt kein Versendungsbeleg vor. Auch hier lediglich ein Zustellnachweis, welcher als Ort "Roma" anführt.
Vorliegend sind noch zwei "Trackingpapiere" - beide mit demselben Datum - und demselben Gewicht, aber unterschiedlichen Tracking-Nummern.
Es scheint sich hier um 2 Pakete gehandelt zu haben, allerdings wurde der Betriebsprüfung lediglich ein Zustellnachweis dazu vorgelegt (siehe oben).
Auch ist auffällig, dass sich bei den zu dieser Rechnung vorgelegten "Einkäufen" diese im Speditionslager K als "für Z" angegeben werden.
Was die innergemeinschaftlichen Lieferungen [der Bf.] an die T Srl betrifft, die als Missing Trader zu bezeichnen ist, kann aus der Judikatur des EuGH (zB Kittel C-439/04) der allgemeine Grundsatz eines Missbrauchsverbotes abgeleitet werden. Danach reicht es für den Verlust eines Vorteils (Vorsteuerabzug oder USt-Befreiung) aus, wenn man von einem Betrug weiß oder mit der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können - auch wenn alle objektiven Voraussetzungen vorliegen. Das bloße Vorliegen formell korrekter Nachweise ist für den Vertrauensschutz nicht ausreichend, wenn die erforderlichen Nachforschungen nicht getätigt wurden (BFH , V R 28/11).
Es wurden von ihr ein italienischer Wirtschaftskammerauszug, Ausweiskopie der Eigentümerin, Kontaktdaten (Auszug aus der Homepage), Firmenregisterbescheinigung sowie mehrere Abfragen der Gültigkeit der UID-Nr. abverlangt.
Die von der Steuerpflichtigen vorgelegten Unterlagen (Wirtschaftskammerauszüge - Visura ordinaria societaa' di capitale sowie Visura di evasione), welche von ihr als Nachweis der Ordnungsmäßigkeit der T Srl angeführt werden, sind einerseits lediglich auf Italienisch vorliegend. (Bei Nachfrage durch die BP gab [die Bf.] an, dass sie kein Italienisch spricht.)
Andererseits ist bereits auf den ersten Blick auffällig, dass die Adresse zumindest bei einer der vorgelegten Unterlagen (Via TC 38, Rom) nicht jener entspricht, welche bei einer UID-Nr. Abfrage sowie den Rechnungsanschriften als Firmenadresse angegeben wird.
Lt. Beschwerde ließ sich Fr. [Bf.] die Kontaktdaten der T Srl vorlegen. Der Betriebsprüfung wurde dazu ein Ausdruck der Homepage der Firma vom vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt waren aber bereits sämtliche Lieferungen [der Bf.] an T Srl erfolgt (siehe oben)
Lt. Aussagen von Fr. [Bf.] im Vernehmungsprotokoll vom hat sie sich die Homepage selbst erst im Nachhinein angeschaut. Für die Steuerpflichtige wäre es aber ein leichtes gewesen, detailliertere Internetrecherchen zu ihrem Kunden anzustellen, umso mehr als sämtliche Geschäfte mit der T Srl ja über Computer (Skype) abgewickelt wurden.
Weiters ist lt. Homepage der Firma T Srl (http://www.*t*.com) diese "ein führendes Unternehmen in der Verpackungsindustrie" und gibt es auf der gesamten Homepage keinerlei Hinweis, dass auch ein Handel mit Mobiltelefonen betrieben wird. Dies hätte die Steuerpflichtige jedenfalls einfach kontrollieren können und hätte ihr das auffallen müssen.
Im Zuge der Vernehmung [der Bf.] durch die Steuerfahndung am wurde von ihr -bei konkreter Nachfrage, welche Maßnahmen sie zur Überprüfung der T Srl getroffen habe - zu Protokoll gegeben: "Dass vom Handel mit Mobiltelefonen auf der Homepage keine Rede war, habe ich zwar gemerkt, es war für mich allerdings - auch vor dem Hintergrund, dass ich die Firma bereits aus meiner Zeit bei der Z GmbH kannte und diese dort meiner Erinnerung nach nicht beanstandet wurde - kein Grund an der Firma zu zweifeln."
Die Steuerpflichtige hat sich also mit minimalen Informationen über den Lieferempfänger zufrieden gegeben und hat keine Nachforschungen im Tatsächlichen in Bezug auf die Überprüfung der Seriosität ihres Kunden vorgenommen, die von einem gewissenhaften Unternehmer vernünftigerweise verlangt werden können.
Gemäß C-273/11, "Mecsek-Gabona Kft" ist die Versagung der Steuerbefreiung einer ig. Lieferung möglich, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass der Verkäufer seinen Nachweispflichten nicht nachgekommen ist oder dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um seine eigene Beteiligung an dieser Steuerhinterziehung zu verhindern.
Insbesondere auch folgende Verdachtsmomente hätten einen besonderen Sorgfaltsmaßstab und weitere Maßnahmen der Recherche erforderlich gemacht:
Der Handel mit Computerteilen und anderen elektronischen Waren gehört bekanntermaßen zu den betrugsanfälligen Branchen.
Die als "Sorgfaltshandlung" genannten Vorabüberweisungen der Kunden sind ein Merkmal von Karussellbetrügereien, da mittels dieser Vorabüberweisungen der Zwischenhändler die an ihn getätigten Lieferungen risikolos finanziert.
Nicht zuletzt hätten spätestens die Verdächtigungen des Finanzamtes (siehe oben) hinsichtlich der Beteiligungen an Umsatzsteuerbetrügereien für die Steuerpflichtige Anlass sein müssen, über die Lieferempfänger Nachforschungen anzustellen.
Mit der gebotenen Sorgfalt hätte die Steuerpflichtige das betrügerische Handeln desinnergemeinschaftlichen Empfängers erkennen können, sodass aus Sicht des Finanzamtes die Vertrauensschutzregelung des Art. 7 Abs. 4 UStG 1994 nicht zur Anwendung gelangt und daher die Mehrwertsteuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen versagt wird.
Zum Einwand, dass die UID-Nr. durchgehend gültig war:
Das Bestätigungsverfahren nach Art. 28 UStG 1994 kann nur über die Gültigkeit und die persönliche Zuordnung der ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Auskunft geben. Das Bestätigungsverfahren gibt jedoch keine Gewissheit darüber, ob der Abnehmer den Erwerb tatsächlich für sein Unternehmen tätigt. Die Steuerfreiheit bleibt jedoch nur dann erhalten, wenn der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte (vgl. Ruppe, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2005, Art 7 BMR, Tz 27-29).
Die Steuerpflichtige stützt sich wiederholt auf den Umstand, dass die T Srl im Jahr 2014 noch immer eine aufrechte UID-Nummer vorweisen konnte. Grundsätzlich kann das liefernde Unternehmen bei Bekanntgabe einer UID-Nummer davon ausgehen, dass der Erwerber damit erklärt, im anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung zu unterliegen, sodass die Steuerfreiheit für die ig Lieferung grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen werden kann.
Der Lieferer muss daher im Regelfall nicht nachweisen, dass der Erwerber tatsächlich eine Erwerbsbesteuerung durchführt ( 2006/16/0108).
Allerdings muss ein Wirtschaftsteilnehmer nach der Rspr des EuGH alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt ( und 142/11). Diese Aussage betrifft auch die Vermeidung von Steuerhinterziehungen im Rahmen von (dem Umsatz des Steuerpflichtigen) nachfolgenden Umsätzen (EuGH C-80/11, Rn 47). Das Vorhandensein einer UID-Nummer und die Auffindbarkeit im Firmenbuch befreien den Unternehmer nicht von der übrigen Sorgfaltspflicht im Geschäftsverkehr ( RV/2014-W/04, RV/0110-G/07).
Im gegenständlichen Fall hätten bereits aus der Tätigkeit als GF der Z GmbH und die vielfachen Nachschauen der Finanzverwaltung auf ständig auftretende Karusselle zu weiteren Nachforschungen führen müssen, weil solche Maßnahmen auch vernünftigerweise erwartet werden konnten. Schon bei bloßer Internetrecherche hätte man entdeckt, dass die italienische Firma in der Verpackungsbranche tätig ist und auf deren Homepage kein einziger Hinweis auf einen Handel mit Mobiltelefonen zu finden ist. Die Steuerpflichtige hat diesbezüglich nicht nachgeforscht und hatte offensichtlich auch gar kein Interesse, das Umfeld des Abnehmers näher zu durchleuchten. Es erschien ihr ausreichend, dass sie diese Firma bereits aus ihrer Vortätigkeit kannte und diese Firma damals lt. ihrer Erinnerung "noch nicht von der Finanz beanstandet wurde".
[Die Bf.] war während der Prüfung immer involviert und wurde die Schlussbesprechung durch ihren steuerlichen Vertreter in dessen Kanzlei am persönlich wahrgenommen. Es wurde nach Abschluss der Besprechung die Niederschrift und der Bericht von der steuerlichen Vertretung unterfertigt und eine Zweitschrift am selben Tag der steuerlichen Vertretung übergeben."
(5) Im Vorlageantrag bringt die Bf. ergänzend vor:
"(…) In der Bescheidbegründung zur Beschwerdevorentscheidung wird darauf hingewiesen, dass unsere Mandantin vor ihrer selbständigen Tätigkeit als Geschäftsführerin in einem Unternehmen tätig war, welches im Verdacht stand, in einen Karussellbetrug verwickelt zu sein.
Hier ist endgültig klarzustellen, dass dies niemals beweisen werden konnte und ständig in allen Prüfungen, Niederschriften und jetzt sogar in der Bescheidbegründung zur Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen wird. Fakt ist, dass niemals etwas bewiesen werden konnte!
Weiters wird in der Bescheidbegründung angeführt, dass die Finanzverwaltung rund 50-mal Anfragen wegen Fragen eines Missing Traders bzw. des Vorliegens von Zweifeln an der tatsächlichen Lieferung hatte. Dem wird entschieden widersprochen, da der Großteil der Kontaktaufnahme mit der Finanzverwaltung im Zuge der Betriebsprüfungen vorgekommen ist und der gegenständliche Prüfer im Zuge seiner Prüfungstätigkeit außerordentlich viele Tage in der Firma verbracht hat. Nun wird aber in der Bescheidbegründung es so dargestellt, als hätte die ehemalige Z GmbH 50 Anfragen wegen Karussellbetrug gehabt. Auch so können Tatsachen verdreht werden.
Niemals wurde seitens der damaligen Betriebsprüfung erwähnt, dass es sich um einen Missing Trader gehandelt hat, dieser Vorwurf seitens des Finanzamtes ist unserer Mandantin komplett neu und wurde bislang in keinster Weise erwähnt. Wäre sich unsere Mandantin bewusst gewesen, dass es sich bei ihrem Kunden um einen Missing Trader handelt, hätte sie niemals wegen eines im Verhältnis geringfügigen Gewinnes aus dem Ankauf mit anschließender Weiterveräußerung das soeben neu gegründete Unternehmen gefährdet und somit ihre Zukunft ruiniert.
Ein weiteres Beispiel für eine Falschinterpretation der Finanzverwaltung liefert Seite 3 der Bescheidbegründung. Dort wird angeführt, dass [die Bf.] während ihrer Vernehmung durch die Steuerfahndung angegeben habe, dass ihr der Begriff Karussellbetrug schon während der Zeit bei der Z GmbH von Seiten der Betriebsprüfung erklärt worden war und sie auch ständig vom Finanzamt belehrt worden wäre.
Tatsächlich hat sie folgendes angegeben: "Ich musste mir den Begriff Karussellbetrug seinerzeit im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung von Mag. E (Prüfer der GBP) erklären lassen und habe es bis heute nicht ganz verstanden" (…)
Zum Vorwurf, dass die Kontaktaufnahme nur über Skype erfolgte, darf entgegnet werden, dass das Verwenden von Skype, Email bzw. Telefonaten in vielen länderübergreifenden Branchen durchaus üblich ist. Es ist in der heutigen Zeit die einfachste und kostengünstigste Form der Kommunikation, und ist unsere Mandantin weder die einzige Person, die diese Medien nutzt noch hat sie diese erfunden.
Auch der Verdacht, dass ausschließlich gegen Vorauskasse geliefert wird, kann leicht entkräftet werden: Die finanziellen Mittel unserer Mandantin sind beschränkt, daher kann sie nur in ihrem möglichen Rahmen einkaufen oder sie erhält dafür eine Vorauskasse. Generell ist es in ihrer Branche durchaus üblich, eine Vorauskasse zu verlangen. Große Unternehmen arbeiten mit einem Kreditversicherer (z.B. Coface), dies ist für unsere Mandantin aber zu kostspielig. Selbst große Firmen in Deutschland (wie z.B. Sony CE), werden immer eine Vorauskasse verlangen.
Weiters wird in der Bescheidbegründung angegeben, dass [die Bf.] niemals persönlich die Ware kontrolliert habe. Diesbezüglich wird jedoch angegeben, dass die Ware nach Einlangen in das Speditionslager ausgepackt, durchgezählt und hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und Qualität kontrolliert wurde, erst danach erfolgte eine neue Verpackung und ein Weiterversenden. [Die Bf.] war in diesen Prozess der Qualitätskontrolle stets eingebunden.
Hinsichtlich der Verböserung in der Beschwerdevorentscheidung (Nachversteuerung der Lieferungen in Österreich) an die T wird angemerkt, dass hier bei den einzelnen Ausfuhren angebliche Mängel (wie z.B. beim Frachtbrief, Gewichtsangabe, Lieferadresse, etc.) vorgelegen sind, wonach die Steuerfreiheit zu versagen wäre.
Für alle 4 Lieferungen hat unsere Mandantin eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und legen wir dieser dem Vorlageantrag bei:
Lieferung vom , 165 mal Samsung S4 und 40 mal Samsung Note 3: Beilage 1)
Lieferung vom , 50 mal Samsung Note 3: Beilage 2)
Lieferung vom , 120 mal Samsung S4: Beilage 3)
Lieferung vom , 90 mal Samsung G900: Beilage 4)
Hier werden sämtliche in der Bescheidbegründung angeführten Punkte entkräftet (vor allem was die angeblichen Ungereimtheiten bei der Gewichtsangabe betrifft) und legen wir diesem Schreiben auch das Ergebnis der Anfrage beim Spediteur bei. Daraus kann man sehen, dass die Bezeichnung "electronic components" deshalb gewählt wurde, um das Diebstahlrisiko zu minimieren (Beilage 5).
Weiters wurde in der Bescheidbegründung angegeben, dass es bereits auf den ersten Blick auffällig sei, dass die Adresse bei einer der angegebenen Unterlagen (Via TC 38, Rom) nicht jener entspricht, welche bei den UID-Abfragen sowie den Rechnungsanschriften als Firmenadresse angegeben wird.
Diesbezüglich wird angemerkt, dass es bei den vorgelegten Unterlagen (Beilage A) auf der Seite 8 um die ehemalige Adresse des Unternehmens gehandelt hat (Indirizzo precedente).
Dies hätte man ohne große Sprachkenntnisse durch ein Übersetzungsprogramm leicht herausfinden können. Somit gibt es auch in diesem Zusammenhang keine Ungereimtheiten.
Zum Vorwurf, dass bei der Rechnung vom lediglich ein Zustellnachweis vorliegt ohne konkrete Adresse ("Roma") wird angemerkt, dass unsere Mandantin keinen Einfluss dahingehend hat, was UPS in diese Papiere einträgt. (…)
(6) Am fand vor dem Bundesfinanzgericht die von der Bf. beantragte mündliche Verhandlung statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Der maßgebliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Die Bf. hat laut (vier) vorliegenden Rechnungen (s. oben) im Zeitraum bis rund 460 Mobiltelefone von zwei deutschen Lieferanten erworben (Einkaufspreis gesamt netto € 153.172,-). Im selben Zeitraum hat sie diese Mobiltelefone - ihren ausgestellten Rechnungen zufolge - an eine italienische Abnehmerin weiterveräußert (Gesamtverkaufspreis netto € 156.290,-).
Das italienische Unternehmen war nach einer Anfragebeantwortung der italienischen Steuerverwaltung vom sowohl als buffer als auch als missing trader in einen Umsatzsteuerbetrug involviert. Strittig ist nun, ob der Bf. der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen der deutschen Unternehmen zu gewähren ist sowie ob sie die anschließenden Weiterveräußerungen an die italienische Abnehmerin zu versteuern hat.
Konkret handelt es sich um folgende Liefervorgänge/Rechnungen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bestellung der Bf. in D | Zustellung der Waren an Bf. | Bestellung T bei Bf. | Zustellung an T | Rechnung der Bf. (Nr., Datum) | |
1 | (205 Stk.) | 3723/ | |||
2 | 28.8. (50 Stk.) | 29.8. | 28.8. | 2.9. | 3725/1.9. |
3 | 1.9. (120 Stk.) | 3.9. | 28.8. | 4.9. | 3726/3.9. |
4 | 9.9. (90 Stk.) | 10.9. | 9.9. | 11.9. | 3728/11.9. |
Die Bf. hat sich verschiedene Unterlagen des italienischen Unternehmens zukommen lassen und führt diese in der Beschwerde (S. 2) wie folgt an:
"Auszug von der Handels- bzw. Wirtschaftskammer (Beilage A), in der sämtliche Daten wie Eigentümerin, Gewerbescheine, Gründungsdatum etc. ersichtlich sind. Angemerkt wird, dass dies jedoch nur in italienischer Sprache verfügbar ist.
Ausweiskopie der Eigentümerin (Beilage B)
Kontaktdaten (Beilage C)
Bescheinigung der Firmenregistrierung (Beilage D)
Mehrere Abfragen der Gültigkeit der UID-Nr. zum Zeitpunkt des Warenverkaufs (Beilage E)"
Die Beilagen A und D sind jeweils - nahezu inhaltsgleiche - Bescheinigungen der italienischen Handels- bzw. Wirtschaftskammer; Erstere datiert vom , Letztere vom . Beide liegen jeweils nur in italienischer Sprache vor. Es handelt sich nicht - wie man auf Grund der oa. Auflistung in der Beschwerde annehmen würde - um zwei verschiedene Dokumente, sondern um ein und dieselbe Bescheinigung in zwei Ausfertigungen, die (lediglich) zu verschiedenen Stichtagen erstellt wurden.
Beilage C ist ein Auszug der Website des italienischen Unternehmens, auf welchem die Kontaktdaten (Adresse, Telefonnummer etc.) angeführt sind. Der Ausdruck stammt vom .
Aus keiner der Unterlagen geht hervor, dass die T mit Mobiltelefonen handeln würde. Aus den Beilagen A und D ist lediglich ersichtlich, dass das Unternehmen (auch) im Großhandel mit "beschriebenen Datenträgern" (CDs, DVDs) tätig ist (unter dem Punkt "Attivita, albi ruoli e licenze", Beilage A, S. 6 bzw. Beilage D, S. 7).
Laut ihrer Homepage ist die T ein führendes Unternehmen in der Verpackungsindustrie. Es gibt auf der gesamten Website dieser Firma keinen Hinweis, dass das Unternehmen (auch) mit Mobiltelefonen handeln würde.
Die Bf. hat sich die Homepage der T nicht bzw. erst im Nachhinein angesehen (s. zB ihre diesbezüglichen Angaben in der Niederschrift über die Vernehmung der Bf. vom , S. 3). Selbst als sie bemerkt hat, dass das Unternehmen laut Homepage in der Verpackungsbranche tätig ist, sind bei ihr keine Zweifel oder Bedenken aufgekommen (s. zB Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem BFG am , S. 3).
Rechtlich gilt Folgendes:
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Abnehmer wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Diese mit dem AbgSiG 2007 eingeführte Regelung hat nach den Materialien im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (lediglich) klarstellenden Charakter.
Nach "Kittel" steht kein Recht auf Vorsteuerabzug zu, wenn der Abnehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass der betreffende Umsatz oder ein anderer vor- oder nachgelagerter Umsatz in der Lieferkette mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet war (vgl. auch "Optigen Ltd.").
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt. Daher haben die nationalen Behörden und Gerichte den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird. Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Er ist dann als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt ().
Das nach objektiven Gegebenheiten entstandene Recht auf Vorsteuerabzug steht somit unionsrechtlich dem Wirtschaftsteilnehmer nur dann zu, wenn er alle Maßnahmen trifft, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Mehrwertsteuerbetrug einbezogen sind (Ruppe/Achatz, UStG-Kommentar 4. Auflage, § 12 Tz 92).
Die Regelung bewirkt, dass das Vorliegen von Mehrwertsteuerbetrug den Vorsteuerabzug ausschließt, selbst wenn objektiv betrachtet sämtliche Voraussetzungen für den Abzug erfüllt sind. Dies leitet der EuGH aus dem allgemeinen Verbot missbräuchlicher Praktiken und dem Ziel der RL ab, Steuermissbrauch zu bekämpfen ( "Halifax"). Im Falle eines Rechtsmissbrauchs in der Leistungskette steht daher der objektiv entstandene Anspruch nur dem gutgläubigen Abnehmer zu ().
Ob der Unternehmer vom Mehrwertsteuerbetrug wusste oder wissen musste, ist eine Tatfrage, die die Abgabenbehörde (oder das Verwaltungsgericht) in freier Beweiswürdigung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen hat (zB ).
Ein Unternehmer, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug (MWSt-Hinterziehung oder sonstiger Betrug) einbezogen sind, kann auf die Rechtmäßigkeit seiner Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, sein Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren (Vertrauensgrundsatz). Dies trifft zu, wenn der Steuerpflichtige die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrnimmt ( Netto Supermarkt GmbH & Co OHG).
Bei der Beurteilung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns sind nicht die persönlichen Fähigkeiten, Gewohnheiten und Kenntnisse des Unternehmers maßgebend, sondern ein objektiver Maßstab, das Verhalten eines ordentlichen, gewissenhaften Kaufmannes, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen differieren kann (vgl. Ruppe, UStG, Art. 7 Tz 25). Entscheidend sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Sorgfaltspflicht des Unternehmers ist umso größer, je ungewöhnlicher ein Sachverhalt im Vergleich zu den Usancen der betreffenden Branche gelagert ist. Schließt der Unternehmer bei Vorliegen untypischer Verhältnisse das Geschäft ohne weitere Nachforschungen ab, ist - im Falle des Vorliegens eines Steuerbetruges - ein Gutglaubensschutz regelmäßig ausgeschlossen (Ruppe/Achatz, aaO, § 12 Tz 95, mwN).
Bei bestimmten Branchen ("Verdachtsbranchen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial" wie zB dem Handel mit Mobiltelefonen) besteht bereits per se eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. die bei Laudacher, UFSjournal 2013, 200ff. angeführte Judikatur). Demnach verlangt die Betätigung in einer der so genannten "Gefährdungsbranchen" schon an sich eine über simple Vorsichtsmaßnahmen (Nachschau, Firmenbuch, UID-Abfrage) hinausgehende Prüfpflicht.
Der Verpflichtung zur Sorgfalt genügt es bei gegebener Verdachtslage sohin nicht, wenn bloß formale Nachweise ohne Überprüfungen im Bereich des Tatsächlichen gesammelt und vorgelegt werden (zB ).
Die Last für das Nichtwissenkönnen trägt der Abgabepflichtige, und zwar dann, wenn Tatsachen oder Umstände vorliegen, die dessen Gutgläubigkeit in Frage stellen. Davon ist bei ungewöhnlicher Abwicklung der Geschäfte auszugehen (zB Laudacher, aaO, 203, mwN).
Eine ungewöhnliche Geschäftsabwicklung ist beispielsweise gegeben, wenn
- der Geschäftspartner nicht über die entsprechende (für den Geschäftsfall erforderliche) Gewerbeberechtigung verfügt;
- die Frachtbriefe ungenau geprüft bzw. ausgestellt werden;
- trotz erheblichen Lieferumfangs keine Reklamationen anfallen;
- unterschiedliche Unterschriften oder Paraphen von (vermeintlich) ein und derselben Person aufscheinen;
- extrem geringe Margen von etwa 1,5% erzielt werden;
- Geschäftsabläufe mit einem engen "Zeitkorsett" vorliegen, aus dem sich eine im Vorhinein feststehende Lieferkette praktisch zwingend ergab (s. nochmals zB Laudacher, aaO, und die dort angeführten Nachweise).
In Anbetracht dieser Rechtsausführungen konnte das Finanzamt im Beschwerdefall zu Recht davon ausgehen, dass die Bf. wusste oder wissen hätte müssen, dass die Umsätze mit der Fa. T Srl. im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen stehen. Das Finanzamt hat auch (vor allem in seiner Beschwerdevorentscheidung) zutreffend und ausführlich jene Umstände dargelegt, auf Grund derer es zu Recht vom "Wissen bzw. Wissen-müssen" ausgehen konnte. Die Ausführungen in der gesonderten Begründung (der Beschwerdevorentscheidungen) vom (s. oben unter (4)) werden vom BFG explizit auch zur (erweiterten) Begründung der vorliegenden Entscheidung erhoben, wobei insbesondere - teil ergänzend, teils wiederholend - festzuhalten ist:
Die strittigen Umsätze bzw. Rechnungen betreffen den Handel mit Mobiltelefonen und sohin eine Branche, in welcher generell eine erhöhte Sorgfaltspflicht besteht.
Dazu kommt, dass die Bf. in ihrer früheren Tätigkeit als Geschäftsführerin der Z-GmbH mehrfach mit Anfragen seitens der Finanzverwaltung konfrontiert war, welchen zufolge bezüglich verschiedener Geschäftspartner der GmbH der Verdacht bestand, dass diese Teilnehmer an Umsatzsteuerhinterziehungen sein könnten. Der Bf. musste daher auch auf Grund der Erfahrungen aus ihrer früheren Tätigkeit jedenfalls bewusst sein, dass bezüglich der strittigen Geschäfte eine besondere Sensibilität an den Tag zu legen ist.
Die Betätigung in einer Gefährdungsbranche und die Erfahrungen der Bf. aus ihrer vormaligen Tätigkeit hätten jedenfalls eine über simple Vorsichtsmaßnahmen hinausgehende Prüfpflicht erfordert.
Die Bf. bringt vor, sie habe der italienischen Geschäftspartnerin verschiedene Geschäftsunterlagen abverlangt und damit ihrer Sorgfaltspflicht hinreichend entsprochen (s. Beschwerde S. 2 oben).
Tatsächlich hat sich die Bf. lediglich einen Auszug der italienischen Handels- bzw. Wirtschaftskammer (Beilagen A und D; s. oben) sowie eine Ausweiskopie der Gesellschafterin (Beilage B) zukommen lassen und einige UID-Abfragen der italienischen Firma getätigt.
Die Bf. hat es aber zB unterlassen, etwa eine schlichte Abfrage des Internetauftrittes der T zu tätigen. Dort präsentiert sich diese als "führendes Unternehmen in der Verpackungsindustrie" (s. dazu den Auszug der Homepage der T in deutscher Sprache unter dem Schlagwort "Unternehmen"). Es findet sich jedoch nicht der geringste Hinweis, dass die T mit Mobiltelefonen handeln würde.
Entgegen den Beschwerdeausführungen ist auch aus dem vorliegenden Handelskammerauszug nicht ersichtlich, dass die T mit Mobiltelefonen (oder "elektronischen Geräten") gehandelt hätte. Darin heißt es: "Commercio all´ ingrosso di supporti registrati, audio, video (CD, DVD e altri supporti)". Das bedeutet (übersetzt) jedoch nicht, dass das Unternehmen mit "elektronischen Geräten" gehandelt hätte, sondern vielmehr mit beschriebenen (bzw. "bespielten") Medien/Datenträgern wie zB CDs, DVDs uä. Ein Hinweis auf den Handel mit Mobiltelefonen (oder anderen elektronischen Geräten) ergibt sich aus dem Auszug nicht einmal ansatzweise.
Obwohl die Bf. ihren Angaben zufolge schon in ihrer früheren Tätigkeit als Geschäftsführerin der Z-GmbH mehrere Jahre lang in Kontakt mit der T stand, hat sie deren Homepage ihren Angaben zufolge erst im Nachhinein - also nach Abschluss der hier gegenständlichen Geschäfte - erstmals aufgerufen bzw. geprüft (s. Niederschrift über die Vernehmung der Bf. durch die Steuerfahndung am , S. 3 unten). Sie habe dann zwar bemerkt, dass vom Handel mit Mobiltelefonen auf der Homepage keine Rede war, dies sei für sie jedoch kein Grund gewesen, an der Firma zu zweifeln.
Trotz der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der T hat sich die Bf. über Jahre hinweg niemals mit dem Unternehmensgegenstand ihrer Geschäftspartnerin auseinandergesetzt bzw. sich nicht daran gestoßen, dass diese auf Grund der abverlangten und "geprüften" Unterlagen (Beschwerde-Beilagen A bis E) eigentlich gar nicht im Handel von Mobiltelefonen tätig ist.
Die Beilagen A und D liegen zudem lediglich in italienischer Sprache vor, obwohl die Bf. ihren Angaben zufolge die italienische Sprache nicht beherrscht.
Zudem handelt es sich bei diesen beiden Unterlagen - s. oben - um ein und dieselbe "Bescheinigung" ("visura", was übersetzt in etwa "Unternehmenszertifikat" bedeutet) derselben Kammer ("Camera di Commercio Roma"). Während Beilage D mit datiert ist, stammt Beilage A vom . Beide Unterlagen sind großteils wort- und inhaltsident; Beilage A enthält als aktuellere Ausgabe der Bescheinigung geringfügig mehr Informationen. Beide Dokumente enthalten auf Seite 1 dieselbe Registriernummer ("Numero REA: RM-811759"). Schrift- und Erscheinungsbild der Beilagen A und D sind jeweils ident. Es liegen also nicht zwei verschiedene Dokumente vor, sondern ein und dasselbe Zertifikat in einer jüngeren und einer früher erstellten Ausfertigung.
Was die Ausweiskopie der Gesellschafterin (Unternehmensinhaberin) BE* anlangt (Beilage B), so fällt auf, dass die Unterschrift im Ausweis ganz klar von den Unterschriften auf den (so genannten) "Proforma-Invoices", welche laut Bf. als Bestellbestätigungen gedient hätten und die von der Fa. T mit Firmenstempel und Unterschrift der BE* versehen worden sein sollen, abweicht. (Die jeweilige Proforma-Invoice entsprach im Wesentlichen der späteren Rechnung, wies allerdings anstelle der Rechnungsnummer eine "PI-Nummer" auf; die Proforma-Invoice wurde per Mail an die T versendet, von dieser mit Stempel und Unterschrift versehen und als Bestätigung der Bestellung der darauf angeführten Art und Anzahl der Waren per Mail an die Bf. retourniert). Während etwa in der Unterschrift auf den Proforma-Invoices die beiden "tt" des Vornamens *BE klar vor dem "a" erkenntlich sind, weist die Unterschrift im Ausweis diese beiden schmalen, hochgezogenen "Schlaufen" eindeutig nicht auf. Das abweichende Schriftbild hätte die Bf. jedenfalls näher hinterfragen müssen.
Bei der Beilage C handelt sich um einen Auszug der Homepage der T, welcher die "Kontaktdaten" des italienischen Unternehmens enthält. Dieser wurde jedoch erst am , also jenem Tag, an dem die letzte der hier gegenständlichen Rechnungen gelegt wurde - sohin nachträglich -, erstellt. Es fällt auf, dass die E-Mail-Adresse auf der Homepage (info.t1*.com) von jener im Unternehmenszertifikat (T2*.it; s. Beilagen A und D) abweicht. Jener Firmenstempel, der auf den "Bestellbestätigungen" (Proforma-Invoices) zu sehen ist, gibt die Mailadresse mit t3*.hotmail.com an.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Obwohl die Bf. in einer bekanntermaßen betrugsanfälligen Branche, dem Handel mit Mobiltelefonen, unternehmerisch tätig ist und sie überdies auf Grund ihrer früheren Geschäftsführertätigkeit in derselben Branche hinsichtlich der bestehenden besonderen Sorgfaltspflicht entsprechend sensibilisiert sein musste, hat sie bezüglich der italienischen Geschäftspartnerin lediglich UID-Abfragen getätigt und sich eine Bescheinigung der lokalen Wirtschaftskammer (in italienischer Sprache) sowie eine Ausweiskopie der Kontaktperson zukommen lassen. Inwieweit ihr die Kammerbescheinigung von Nutzen gewesen sein soll, bleibt im Dunkeln, da die Bf. selbst angibt, der italienischen Sprache nicht mächtig zu sein. Eine Übersetzung des "Unternehmenszertifikates" wurde offensichtlich nicht erstellt. Dass darin der Handel mit Mobiltelefonen - ebenso wenig wie in den übrigen abverlangten Unterlagen - überhaupt nicht als Unternehmensgegenstand vorkommt, hat sie nicht näher beachtet.
Aus keiner der von der Bf. in der Beschwerde angeführten Unterlagen geht hervor, dass die Fa. T in irgendeiner Weise im Bereich des Handels mit Mobiltelefonen tätig wäre. Laut Homepage ist das Unternehmen vielmehr (führend) in der Verpackungsindustrie tätig.
Die Homepage der T hat sich die Bf. erst im Nachhinein angesehen, Zweifel seien bei ihr dabei aber dennoch keine aufgekommen.
Dazu kommt, dass der Bf. zwar eine Ausweiskopie der Gesellschafter-Geschäftsführerin der T vorgelegen ist, sie aber die Unterschrift jedoch offenbar nicht mit jenen Unterschriften verglichen hat, die auf den jeweiligen "Bestellungen" (Proforma-Invoices) ersichtlich sind. Letztere weichen von der Unterschrift im Ausweis klar erkenntlich ab.
Die Bf. hat lediglich formale Prüfmaßnahmen getroffen und selbst diese nur sehr lückenhaft bzw. nicht mit der gebotenen Sorgfalt. Überprüfungen im Bereich des Tatsächlichen wurden nicht angestellt, wie zB ein Hinterfragen der voneinander abweichenden Unterschriften oder der verschiedenen (insgesamt zumindest drei) Mailadressen. Eine Abfrage der Homepage wurde (vor Abschluss der gegenständlichen Geschäfte) gänzlich unterlassen. Letzteres wiegt besonders schwer, da die Bf. angibt, bereits in ihrer früheren Tätigkeiten Geschäfte mit der T getätigt zu haben. Sie hatte also bereits über mehrere Jahre hindurch geschäftliche Kontakte zu diesem Unternehmen, hat sich jedoch zu keinem Zeitpunkt mit dessen Geschäftsgegenstand auseinandergesetzt. Es wäre allein durch Prüfung/"Besuch" der Website der T ein Leichtes gewesen festzustellen, dass diese nicht im Handel mit Mobiltelefonen tätig war.
Aber auch sämtliche weiteren Unterlagen, welche sich die Bf. zwecks Überprüfung ihrer Geschäftspartnerin (lt. Beschwerde S. 2, oben) zukommen hat lassen, enthalten keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass die T mit Mobiltelefonen handelt (bzw. gehandelt hat). Dieser Umstand hätte aber jedenfalls weitere Überprüfungsschritte der Bf. erfordert oder eben dazu führen müssen, von den bezüglichen Geschäften Abstand zu nehmen.
Damit hat die Bf. ohne jeden Zweifel die in diesem Fall gebotene erhöhte Wachsamkeit bzw. Sorgfaltspflicht in keiner Weise wahrgenommen; vielmehr hat sie sogar auffallend sorglos agiert. Allein aus diesem Grund konnte das Finanzamt bereits davon ausgehen, dass die Bf. wusste bzw. zumindest wissen musste, dass ein Zusammenhang mit die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen besteht.
Es kann bei dieser Sachlage letztlich auch dahin gestellt bleiben, ob von der Finanzverwaltung jemals bewiesen werden konnte, dass die GmbH, deren Geschäftsführerin die Bf. vormals war, in Umsatzsteuermalversationen verwickelt war, bzw. ob gegenüber der Bf. früher bereits einmal nachweislich dargetan worden wäre, dass es sich bei der T erwiesenermaßen um einen missing trader (oder buffer) handle (s. das entsprechende Vorbringen im Vorlageantrag, S. 3). Die Bf. hat über Jahre hinweg die Vornahme einfacher Prüfungsschritte unterlassen und auch die Tatsache, dass sich aus den ihr vorliegenden Unterlagen über die T kein Hinweis auf deren Betätigung im Handyhandel ergibt, offensichtlich ignoriert.
Zu dieser sorglosen Vorgehensweise der Bf. treten überdies einige ungewöhnliche bzw. (zumindest) auffällige Umstände bei der Abwicklung der betreffenden Geschäfte hinzu:
- die Kontaktaufnahme mit der T erfolgte via Skype, Aufzeichnungen über Chatverläufe, Korrespondenz, E-Mails sind nicht (mehr) vorhanden; dies obwohl die Bf. kein Italienisch spricht und die Geschäftspartnerin weder Deutsch noch Englisch beherrscht; trotz dieser Sprachbarriere gibt es keine Aufzeichnungen über die Geschäftsanbahnung, Bestellung etc.
- trotz eines geringen Gewinnaufschlages von (zunächst) ca. 2% übernahm die Bf. auch die Kosten für Transport/Versand, sodass ihr letztlich nur eine äußerst geringe Marge von 1,75% verblieben ist;
- die hier in Streit stehenden, insgesamt vier Umsätze mit einem Gesamtvolumen von rund € 156.000,- erfolgten innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes von nur 14 Tagen;
- die Abwicklung der einzelnen Geschäfte erfolgte jeweils in einem sehr engen zeitlichen "Korsett" (s. dazu näher die Darstellung der zeitlichen Abfolge im Prüfungsbericht unter Tz 1 sowie in der Beschwerdevorentscheidung auf S. 4). Insbesondere hat die italienische Kundin im Regelfall den Kaufpreis bereits überwiesen, bevor noch eine Zustellung der Lieferung an die Bf. selbst erfolgt ist; d.h. die Bezahlung an die Bf. erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bf. noch nicht einmal im Besitz der Mobiltelefone war und diese daher noch nicht auf deren Vollzähligkeit und allfällige Schäden kontrolliert worden sein konnten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Geschäft/Anzahl Mobiltelefone | Bestellung T | Überweisung T | Zustellung der Handys an die Bf. |
1/ 205 Stück | |||
2/ 50 Stück | 28.8. | 29.8. | 29.8. |
3/ 120 Stück | 28.8. | 29.8. | 3.9. |
4/ 90 Stück | 9.9. | 9.9. | 10.9. |
- die Frachtbriefe - sofern - vorhanden - wurden nicht ordnungsgemäß ausgefüllt (s. dazu schon ausführlich das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom ):
Es fehlen jeweils Datum und Unterschrift; die Ware wird lediglich mit "electronic components" angegeben.
Die Argumentation der Bf., man habe sich auf diese Bezeichnung geeinigt, um das Diebstahlrisiko zu minimieren, überzeugt nicht. Die Bezeichnung als "elektronische Komponenten" ist nicht nur allgemein gehalten, sondern im vorliegenden Fall überdies falsch. Bei einer "Komponente" handelt es sich um ein Bau- oder einen Bestandteil; ein Mobiltelefon ist aber ein (vollständiges, funktionsfähiges) elektronisches Gerät, und definitiv kein "Bestandteil" (keine Komponente).
Es entspricht nicht dem Gesetz (§ 426 UGB) die beförderten Waren mit beliebigen, tatsachenwidrigen Bezeichnungen zu versehen, damit würden Sinn und Zweck der Ausstellung von Frachtbriefen ad Absurdum geführt. Insbesondere ist dadurch deren Beweiskraft nicht mehr gegeben, da nicht nachvollziehbar ist, welche Waren befördert wurden. Im Übrigen bestehen gegen Diebstähle im Regelfall entsprechende Versicherungen, welche allenfalls daraus resultierende Schäden abdecken.
Bezüglich der ersten beiden Lieferungen (von 205 bzw. 50 Stück Mobiltelefonen) wurden sogar überhaupt keine Frachtbriefe vorgelegt. Dazu gibt es lediglich Versandaufkleber. Auch auf diesen wird die beförderte Ware lediglich als "electronic components" angegeben.
- Zur Rechnung der Bf. vom : Der Zustellnachweis der Lieferung von der A GmbH an die Bf. weist ein Gewicht von 24kg auf, der Zustellnachweis sowie der Frachtbrief für die Weiterlieferung derselben Mobiltelefone von der Bf. an die T ein solches von 47kg. Die Bf. erklärt dies (in ihren Ausführungen auf Beilage 3 zum Vorlageantrag) damit, dass es sich bei der Lieferung von der A GmbH um "2 Pakete pro 24kg" gehandelt habe. Weder auf der bezüglichen Rechnung der A vom ("Item: 1") noch auf dem vorliegenden Zustellnachweis (an die Bf.) vom ist ersichtlich, dass es sich um 2 Pakete gehandelt haben soll.
- Die Zustellung jener Lieferungen, welche den Rechnungen vom (120 Mobiltelefone) bzw. vom zuzuordnen sind, erfolgte laut Zustellnachweisen vom 5.9. bzw. jeweils an der Adresse "15C Via C, 00179 Roma". Diese weicht von der Unternehmensadresse laut Rechnungen bzw. laut Handelskammerauszug ("Via G 49/50, 00133 Roma") ab. Die übrigen zwei Zustellnachweise lauten lediglich auf "Roma". Selbst wenn die Bf. ihren Angaben zufolge keinen Einfluss auf die Eintragungen im Zustellnachweis haben sollte, wäre es spätestens nach Übermittlung des Zustellnachweises vom geboten gewesen, hinsichtlich der Adressabweichung nähere Erkundigungen einzuholen.
Aus den dargestellten Gründen konnte das Finanzamt zu Recht davon ausgehen, dass die Bf. von den Umsatzsteuerhinterziehungen wusste bzw. zumindest wissen hätte müssen. Die Bf. hat bei Abschluss der hier in Frage stehenden Geschäfte (Bestellung von Mobiltelefonen bei Firmen in Deutschland, Weiterlieferung derselben Telefone an die Fa. T in Italien) nicht die gebotene Sorgfaltspflicht wahrgenommen, vor allem da ihr trotz einfacher Überprüfungsmöglichkeit nicht aufgefallen ist (bzw. sie es nicht gestört hat), dass die T in Italien nicht in der betreffenden Branche (Handel mit Mobiltelefone) tätig (gewesen) ist, und sie lediglich oberflächliche, rein formale Prüfungsschritte gesetzt hat. Außerdem treten in der Geschäftsabwicklung mit der T einige weitere ungewöhnliche Begleitumstände hinzu (s. oben).
Es war daher der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A GmbH sowie der B Phone GmbH zu Recht zu versagen und die (Weiter-)Lieferung der Mobiltelefone an die T Srl in Italien als im Inland steuerpflichtig (und nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung) zu behandeln (vgl. dazu zB ).
Dass die Bf. ihre Lieferungen in den Rechnungen irrigerweise als "Reverse Charge gemäß § 19 Abs. 1e UStG 1994" und nicht als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern.
Wie das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung völlig richtig dargelegt hat, war den Lieferungen an die Fa. T in Italien die Steuerfreiheit aber noch aus folgenden weiteren Gründen zu versagen:
Die zu Art. 7 der Binnenmarktregelung ergangene Verordnung BGBl. 1996/401 idF. BGBl. II 2010/172 fordert für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung den eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweis, dass der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.
Im Falle der Versendung ist der Nachweis (ua.) durch einen Versendungsbeleg iSd. § 7 Abs. 5 UStG, insbesondere durch Frachtbriefe, zu führen.
Im Beschwerdefall liegen zu den vier fraglichen Lieferungen nur zwei Frachtbriefe vor. Diese leiden an einigen oben näher dargestellten Mängeln. Besonders schwer wiegt der Umstand, dass die beförderten Waren stets mit "electronic components" angegeben wurden. Die Waren werden nicht - wie von § 426 UGB gefordert - nach Beschaffenheit und Menge bezeichnet. Diese nicht hinreichend konkrete Bezeichnung ist zudem auch nicht zutreffend, da es sich bei den Waren laut Rechnung jeweils um Mobiltelefone - und nicht um "Komponenten" - gehandelt hat.
Die Frachtbriefe sind daher definitiv nicht geeignet, die Versendung der Mobiltelefone ins Gemeinschaftsgebiet (eindeutig und leicht nachprüfbar) nachzuweisen. Für zwei Lieferungen liegen überhaupt keine Frachtbriefe vor. Für die zwei weiteren Lieferungen wurden zwar Frachtbriefe erstellt, aber auf Grund der Bezeichnung der Waren als "electronic components" ist nicht erwiesen, welche Waren tatsächlich versendet wurden.
Zudem beinhalten die (ursprünglich vorgelegten) Frachtbriefe - entgegen den gesetzlichen Vorgaben - weder Datum noch Unterschrift (des Versenders). Lediglich zur Rechnung vom hat die Bf. mit dem Vorlageantrag die Kopie eines Frachtbriefes nachgereicht, auf welchem nunmehr ein Versanddatum sowie eine Unterschrift jener Person, welche die Waren für den Frächter (UPS) in Empfang genommen hat, aufscheinen.
Aus den dargestellten Gründen, insbesondere der unrichtigen Bezeichnung der beförderten Waren, erübrigt es sich auch, auf jene (teils stichwortartig verfassten) Stellungnahmen der Bf. einzugehen, welche in den Beilagen 1 bis 4 zum Vorlageantrag erstattet wurden. Allein die auf den Frachtbriefen gewählte (Falsch-)Bezeichnung der Waren macht es unmöglich, diese als Nachweis der Versendung der in Rechnung gestellten Telefone anzusehen.
Aus den oa. Gründen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei nochmals ergänzend auch auf die umfassende (gesonderte) Begründung des Finanzamtes der Beschwerdevorentscheidungen vom verwiesen wird.
Die Berechnung der maßgeblichen Bemessungsgrundlagen sowie der Umsatzsteuerfestsetzungen ist in den Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom ersichtlich.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das BFG konnte sich in der vorliegenden Entscheidung auf die zitierte Judikatur von EuGH und VwGH stützen und in freier Beweiswürdigung der ausführlich dargestellten Umstände/Indizien davon ausgehen, dass die Bf. vom vor- und/oder nachgelagerten Umsatzsteuerbetrug wusste bzw. hätte wissen müssen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag daher nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 7 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 7 Abs. 5 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3 Nachweis der Beförderung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996 Art. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | erhöhte Sorgfaltspflicht |
Verweise | -G/07 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100739.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at