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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2022, RV/4100970/2015

Zuteilung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage bei strittiger Betriebsstätteneigenschaft iSd § 4 KommStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, die Richterin Mag. Melanie Maier sowie die fachkundigen Laienrichter HR MMag. Dr. Rudolf Dörflinger und Eva Maiwald-Wanderer in der Beschwerdesache ***bf. Gemeinde1***, vertreten durch CONFIDA St. Veit Wirtschaftstreuhand- gesellschaft m.b.H., Klagenfurter Straße 32a, 9300 St.Veit/Glan, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für das Jahr 2012 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Melanie Bleikolb zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer der ***GmbH*** (St.Nr. ***StNrGmbH***) wird gemäß § 10 Abs. 5 Kommunalsteuergesetz 1993 wie folgt zugeteilt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bemessungsgrundlage gesamt
***bf. Gemeinde1***
***Gemeinde2***
648.188,96 Euro
0,00 Euro
648.188,96 Euro

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zwischen den Verfahrensparteien ist strittig, ob im Beschwerdejahr eine Betriebsstätte der ***GmbH*** im Sinne des § 4 KommStG 1993 in der ***bf. Gemeinde1*** begründet wurde und gegebenenfalls wie die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer auf die ***Gemeinde2*** und die ***bf. Gemeinde1*** aufzuteilen ist.

In der Kommunalsteuererklärung für das Jahr 2012 vom hat die ***GmbH*** die ***bf. Gemeinde1*** und die ***Gemeinde2*** als Betriebsstättengemeinden angeführt und die Bemessungsgrundlage in Höhe von 638.982,84 Euro auf diese beiden Gemeinden aufgeteilt. Nach einer Kommunalsteuerprüfung wurden Hinzurechnungen vorgenommen und die Bemessungsgrundlage auf 648.188,96 Euro erhöht.

Mit Eingabe vom hat die ***Gemeinde2*** einen Antrag gemäß
§ 10 KommStG 1993 auf Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage gestellt. Es sei unerklärlich, wieso die Bemessungsgrundlage laut Prüfungsergebnis (Kommunalsteuer) von 626.512,53 Euro für das Jahr 2011 auf 58.332,80 Euro für das Jahr 2012 reduziert worden sei. Die Werkstätte und das Lager seien der ***bf. Gemeinde1*** zugeordnet worden. Für die antragstellende Marktgemeinde sei nicht nachvollziehbar, warum die Bemessungsgrundlage und damit die Kommunalsteuer von einem auf das andere Jahr nur mehr für die Mitarbeiter der Geschäftsleitung zugeordnet wurde und die jener Arbeitnehmer, die ihren Dienst auf Baustellen verrichten, der ***bf. Gemeinde1*** zugeordnet wurden. Nach Informationen der Antragstellerin sei in der ***bf. Gemeinde1*** lediglich ein Lagerraum angemietet worden, der gesamte Fuhrpark befinde sich aber wie in den Vorjahren bei der Betriebsstätte in ***1***. In dieser Betriebsstätte befänden sich auch die Lagerräume für Materialien sowie ein Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter. Aufgrund dieses Sachverhaltes habe die Zerlegung der Bemessungsgrundlage zum überwiegenden Teil auf die ***Gemeinde2*** zu erfolgen. Fraglich erscheine, ob überhaupt ein Teil der Bemessungsgrundlage auf die ***bf. Gemeinde1*** zerlegt werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Kommunalsteuerbemessungs-grundlage für das Jahr 2012 zerlegt. Der ***Gemeinde2*** wurde ein Anteil von 97,33% und der ***bf. Gemeinde1*** ein Anteil von 2,67% zugewiesen. Der Bescheid wurde an die beteiligten Gemeinden und die ***GmbH*** jeweils am zugestellt.

Die ***bf. Gemeinde1*** (in der Folge: Bf.) erhob fristgerecht Beschwerde und beantragte, die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage zu ihren Gunsten mit 100% festzustellen. Begründend ausgeführt wurde, dass sämtliche Arbeitnehmer der ***GmbH*** in der Betriebsstätte ***bf. Gemeinde1*** angemeldet gewesen seien und auch von dort aus der Betrieb der ***GmbH*** geführt werde. Sowohl die ***GmbH*** als auch die ***Gemeinde2*** haben ihren Beitritt zur Beschwerde erklärt.

Nach einem Vorhalteverfahren erging am die Beschwerdevorentscheidung, mit der der angefochtene Bescheid abgeändert wurde. Der ***Gemeinde2*** wurde ein Anteil von 97,34% und der ***bf. Gemeinde1*** ein Anteil von 2,66% zugewiesen. Als Zerlegungs-faktoren wurden die in den Gemeinden wohnhaften Dienstnehmer, Dienstnehmereinsatz, Betriebsflächen, Anlagewerte sowie Umwelt- und Verkehrsbelastung herangezogen.

Die Bf. beantragte fristgerecht die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und verwies auf ihr bisheriges Vorbringen.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung.

Aufgrund der Pensionierung des bisher zuständigen Richters wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses der Gerichtsabteilung 5014 am zur Erledigung zugeteilt.

Am fand ein Erörterungstermin in Anwesenheit der steuerlichen Vertreter der Bf., der Vertreter der ***Gemeinde2*** und der Amtsvertreterin statt. Da trotz ausgewiesener Zustellung der Ladung kein Vertreter der ***GmbH*** zum Erörterungstermin erschienen ist, wurde diese mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes aufgefordert, Fragen zum Sachverhalt zu beantworten. Dieser Aufforderung ist die ***GmbH*** mit Schreiben vom nachgekommen.

Die ***Gemeinde2*** hat dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom die an die ***GmbH*** ergangenen Kommunalsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2016 samt dagegen erhobenen Berufungen und Aussetzungsbescheiden übermittelt.

Die Bf. hat dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom den Zahlungsnachweis der Kommunalsteuer durch die ***GmbH*** an die Bf. für die Jahre 2012 bis 2016 übermittelt.

Am fand die mündliche Senatsverhandlung in Anwesenheit der steuerlichen Vertreter der Bf., der Vertreter der ***Gemeinde2***, des Geschäftsführers der ***GmbH*** und seines Vertreters sowie der Amtsvertreterin statt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen und des Vorbringens der Parteien in der mündlichen Verhandlung folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Firmengeschichte
Bei der ***GmbH*** handelt es sich um einen seit Jahrzehnten in der ***Gemeinde2*** situierten Malereibetrieb. ***GF*** hat den von seinen Eltern übernommenen Betrieb im Jahr 2000 in eine GmbH eingebracht und fungiert seitdem als alleiniger Geschäftsführer. Im Beschwerdejahr wurden 37 Dienstnehmer beschäftigt, in den Jahren davor waren es teilweise bis zu 100 Dienstnehmer. Das Unternehmen ist bundesweit auf gewerblichen, privaten und öffentlichen Baustellen tätig.

Kommunalsteuererklärungen
Die Kommunalsteuer wurde vor dem Beschwerdejahr zur Gänze an die ***Gemeinde2*** als einzige Betriebsstättengemeinde abgeführt. Im Jahr 2011 betrug die Bemessungsgrundlage 626.512,53 Euro.

In der Kommunalsteuererklärung für das Jahr 2012 wurde erstmals die Bf. aufgrund des dort angemieteten Lagerraums als weitere Betriebsstättengemeinde angeführt. Von der gesamten Bemessungsgrundlage in Höhe von 638.982,84 Euro wurden 581.298,04 (90,97%) der Bf. und 57.684,80 (9,03%) der ***Gemeinde2*** zugewiesen. Bei den der ***Gemeinde2*** zugeordneten Dienstnehmern handelt es sich um die Büromitarbeiter, Lehrlinge, zwei Maler (***M1+M2***) und den Geschäftsführer (Bezug für 1 Monat). Bei den der Bf. zugeordneten Dienstnehmern handelt es sich um die Maler sowie den Geschäftsführer (Bezug für 11 Monate).

In den Jahren 2013 bis 2016 wurde von der ***GmbH*** wiederum Aufteilungen analog zum Jahr 2012 vorgenommen und die Kommunalsteuer anteilig an beide Gemeinden abgeführt. Ab dem Jahr 2017 wurde die Kommunalsteuer wieder zur Gänze zugunsten der Gemeinde ***Gemeinde2*** erklärt.

Kommunalsteuerprüfung und angefochtener Bescheid
Im Rahmen der von der belangten Behörde durchgeführten Kommunalsteuerprüfung wurde die von der ***GmbH*** für den Prüfzeitraum 01/2012 - 12/2012 vorgenommene Aufteilung der Dienstnehmer nicht geändert. Es wurden Feststellungen getroffen, die eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage zur Folge hatten. Bei der Bf. erfolgten Hinzurechnungen in Höhe von 8.558,12 Euro und bei der ***Gemeinde2*** in Höhe von 648,00 Euro, sodass sich folgende Bemessungsgrundlage ergibt:

Bemessungsgrundlage lt. Prüfung 648.188,96 Euro
Anteil Bf. (91%) 589.856,16 Euro
Anteil ***Gemeinde2*** (9%) 58.332,80 Euro

Ob der Prüfer den im Gebiet der Bf. angemieteten Lagerraum vor Ort besichtigt hat, konnte vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden.

Im angefochten Bescheid hat die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage folgendermaßen aufgeteilt:

Anteil Bf. (2,67%) 17.306,65 Euro
Anteil ***Gemeinde2*** (97,33%) 630.882,31 Euro

In der Beschwerdevorentscheidung wurde das Aufteilungsverhältnis geringfügig abgeändert:

Anteil Bf. (2,66%) 17.241,83 Euro
Anteil ***Gemeinde2*** (97,34%) 630.947,13 Euro

Für die Aufteilung wurden als Zerlegungsfaktoren die in den Gemeinden wohnhaften Dienstnehmer, Dienstnehmereinsatz, Betriebsflächen, Anlagewerte sowie Umwelt- und Verkehrsbelastung herangezogen.

Die Bemessungsgrundlage von 648.188,96 Euro ist der Höhe nach unstrittig.

Vorschreibung der Kommunalsteuer durch die beteiligten Gemeinden
Abgeleitet vom beschwerdegegenständlichen Bescheid hat die ***Gemeinde2*** die Kommunalsteuer für den Zeitraum 01 - 12/2012 mit Bescheid vom in Höhe von 18.928,41 Euro festgesetzt. Dagegen wurde von der ***GmbH*** Berufung erhoben. Das Berufungsverfahren wurde vom Gemeindevorstand als Berufungsbehörde bis zur Erledigung des beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdeverfahren ausgesetzt. Für die Jahre 2013 bis 2016 wurde auch der Aufteilungsschlüssel von 97,34% herangezogen und die Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt. Die anhängigen Berufungsverfahren wurden vom Gemeindevorstand ausgesetzt.

Die Bf. hat keine Kommunalsteuerbescheide für das Beschwerdejahr und die Jahre 2013 bis 2016 erlassen, da die eingereichten Erklärungen keine großen Differenzen zu den monatlichen Vorauszahlungen aufwiesen.

Firmensitz in der ***Gemeinde2***
Der Firmensitz der ***GmbH*** befindet sich an der Adresse ***Adr-GmbH***. Das Betriebsgelände wird von der ***GmbH2***, deren Gesellschafter-Geschäftsführer auch ***GF*** ist, gemietet. Davon sind folgende Räumlichkeiten und Abstellflächen umfasst:

[...]

Das Mietverhältnis begann am und ist nach wie vor aufrecht. Es gab weder im Beschwerdejahr noch in den vorhergehenden oder nachfolgenden Jahren räumliche Veränderungen am Firmensitz.

Vom Firmensitz aus werden die Buchhaltung, Lohnverrechnung und gesamte Administration abgewickelt. Die dafür zuständigen Mitarbeiter und die Lehrlinge halten sich ständig am Firmensitz auf. Das Büro des Geschäftsführers befindet sich ebenfalls dort, er ist aber auch vor Ort auf den Baustellen.

Die Arbeiter (Maler) sind nur äußerst selten am Firmensitz anzutreffen. Da die ***GmbH*** österreichweit auf Baustellen tätig ist, war der Geschäftsführer bestrebt, dort Mitarbeiter anzustellen, wo die Baustellen waren. Einige Maler sind daher in Villach oder Wien wohnhaft. Die Aufträge an die Maler erteilt der Geschäftsführer vor Ort auf den Baustellen oder telefonisch. Die benötigten Materialien werden direkt an die Baustellen geliefert, sofern Material übrig bleibt, wird es zur nächsten Baustelle mitgenommen. Es erfolgt keine Lagerung von Material am Firmensitz.

Die bei den aktuellen Bauvorhaben nicht benötigten Maschinen/Werkzeuge wurden - mit Ausnahme der Jahre 2012 bis 2016 - am Firmensitz gelagert. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Spritzgeräte.

Die Firmenfahrzeuge befinden sich grundsätzlich auf den Baustellen oder bei den Arbeitern zuhause. Nur in der Urlaubszeit oder im Winter, wenn die Maler abgemeldet werden, parken die Fahrzeuge am Firmengelände.

Eine Werkstätte gibt es nicht, da diese für den Betrieb nicht erforderlich ist.

Pläne zur Verlegung des Firmensitzes
Der Geschäftsführer der ***GmbH*** zog aufgrund persönlicher Differenzen mit den Gemeindevertretern der ***Gemeinde2*** in Erwägung, die Betriebsstätte außerhalb der Gemeindegrenzen zu verlegen und führte diesbezüglich Gespräche mit mehreren Gemeinden. Schlussendlich wurde der Lagerraum in ***bf. Gemeinde1*** gemietet. Geplant war, das Betriebsgelände in ***Gemeinde2*** einer anderen Nutzung zuzuführen und den Sitz nach Anschaffung eines entsprechenden Grundstückes zur Gänze zu verlegen. Diese Pläne wurden nicht realisiert.

Lagerraum in der ***bf. Gemeinde1***
Der Lagerraum befindet sich an der Adresse ***bf. Gemeinde1*** und wurde von der Firma ***GmbH3*** gemietet:

[...]

Das Mietverhältnis begann am und endete am .

Bei dem angemieteten Raum handelt es sich um ein reines Lager, in dem während der Dauer des Mietverhältnisses hauptsächlich Spritzgeräte, die bei den aktuellen Bauvorhaben nicht benötigt wurden, gelagert wurden. Die Lagerfläche war kleiner als die Lagerfläche am Firmensitz. Von den Arbeitnehmern war niemand vor Ort tätig. Der Geschäftsführer hat das Lager hin und wieder aufgesucht, um nach dem Rechten zu sehen.

Eine Werkstätte gab es in ***bf. Gemeinde1*** nicht. Es wurden auch keine Parkplätze mitgemietet.

Der angemietete Lagerraum befindet sich am Firmensitz der Firma ***GmbH3*** in der ***bf. Gemeinde1***. Dieses Betriebsgelände umfasst ein großflächiges Areal mit mehreren Gebäuden und Abstellflächen. Die Entfernung zum Firmensitz der ***GmbH*** beträgt 4,4 km.

Beweiswürdigung

Zu dieser Sachverhaltsfeststellung gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Firmengeschichte
Die Feststellungen zur Firmengeschichte ergeben sich aus den Angaben des Geschäftsführers in der Stellungnahme vom und der mündlichen Verhandlung vom sowie einer Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in das offene Firmenbuch.

Kommunalsteuererklärungen
Dass die Kommunalsteuer bis zum Jahr 2011 zur Gänze an die ***Gemeinde2*** abgeführt wurde, geht aus dem Vorbringen der Parteien und der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in die eingereichte Kommunalsteuererklärung hervor.

Zur Aufteilung der Bemessungsgrundlage im Beschwerdejahr hat der Vertreter der ***GmbH*** in der Stellungnahme vom angegeben, dass die Büromitarbeiter und Lehrlinge in ***Gemeinde2*** angemeldet gewesen seien und dort auch ihre Tätigkeiten ausgeübt hätten. Für diese Mitarbeiter sei die Kommunalsteuer in ***Gemeinde2*** abgeführt worden. Die restlichen Mitarbeiter (somit die Arbeiter) seien in ***bf. Gemeinde1*** angemeldet gewesen und sei für diese dort die Kommunalsteuer abgeführt worden. Wie die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage tatsächlich aufgeteilt wurde, ergibt sich aus der im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Aufstellung.

Laut Angaben des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung sei die Zuordnung der beiden Maler zur ***Gemeinde2*** irrtümlich erfolgt. Ob ***M3*** im Beschwerdejahr noch Lehrling gewesen sei, könne er nicht mehr angeben. Die Zuordnung der Geschäftsführer-Bezüge hätte zur Gänze zu ***Gemeinde2*** erfolgen sollen, da er dort sein Büro gehabt habe.

Die Feststellungen zu den Folgejahren beruhen auf den eingereichten Kommunalsteuer-erklärungen.

Kommunalsteuerprüfung und angefochtener Bescheid
Wie die Bemessungsgrundlagen vom Kommunalsteuerprüfer ermittelt wurden, ergibt sich aus dem Prüfungsbericht vom .

Zur Frage, ob der Prüfer im Rahmen der Kommunalsteuerprüfung den in ***bf. Gemeinde1*** angemieteten Lagerraum vor Ort besichtigt hat, konnten weder die Amtsvertreterin noch der Geschäftsführer des geprüften Betriebes Angaben machen. Der Prüfer hat an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

Die von der belangten Behörde für die Aufteilung herangezogenen Zerlegungsfaktoren sind dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen.

Vorschreibung der Kommunalsteuer durch die beteiligten Gemeinden
Die Feststellung zur ***Gemeinde2*** beruht auf den am vorgelegten Kommunalsteuerbescheiden samt Berufungen und Aussetzungsbescheiden.

Die Feststellung zur Bf. beruht auf der am übermittelten Stellungnahme samt Nachweisen über die Zahlung der Kommunalsteuer durch die ***GmbH***.

Firmensitz in der ***Gemeinde2***
Welche Räumlichkeiten und Abstellflächen am Firmensitz bestehen, geht aus dem aktenkundigen Mietvertrag mit der ***GmbH2*** hervor. Dass das Mietverhältnis nach wie vor aufrecht ist und sich keine räumlichen Veränderungen ergeben haben, wurde vom Geschäftsführer in der schriftlichen Stellungnahme vom bestätigt.

Die Feststellungen zum Tätigkeitsbereich und Arbeitsort der Mitarbeiter und des Geschäftsführers, zur Lagerung von Material und Maschinen/Werkzeugen, zu den Firmenfahrzeugen und zur Werkstätte gründen sich auf die Angaben des Geschäftsführers in der schriftlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung.

Die zum Firmensitz getroffenen Feststellungen gelten sowohl für das Beschwerdejahr als auch die Jahre davor und danach. Ausgenommen davon ist die Lagerung der Spritzgeräte, die in den Jahren 2012 bis 2016 in ***bf. Gemeinde1*** erfolgte.

Pläne zur Verlegung des Firmensitzes
Die persönlichen Differenzen wurden vom Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung dargelegt. Sie bestanden darin, dass die ***GmbH*** bei Auftragsvergaben in der Gemeinde nie zum Zug gekommen sei, obwohl ein hoher Betrag an Kommunalsteuer abgeführt worden sei. Als Gesellschafter-Geschäftsführer der ***GmbH2*** und somit alleiniger Eigentümer des Betriebsgeländes in ***Gemeinde2***, hätte er über die Verwertung entscheiden können. Über die Abfuhr der Kommunalsteuer bei Vorliegen von zwei Betriebsstätten habe er sich im Vorfeld Gedanken gemacht und Rücksprache mit seiner steuerlichen Vertretung und seinem Bruder, der Rechtsanwalt war, geführt. Zu seinen damaligen rechtlichen Überlegungen hat der Geschäftsführer im Zuge der mündlichen Verhandlung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Gz. 89/14/0055 vorgelegt. Da kein passendes Grundstück erworben werden konnte, sei die Verlegung des Firmensitzes nicht realisiert worden.

Lagerraum in der ***bf. Gemeinde1***
Der Mietgegenstand geht aus dem aktenkundigen Mietvertrag hervor. Dass das Mietverhältnis mit endete, wurde vom Geschäftsführer in der schriftlichen Stellungnahme vom und der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Die Feststellungen zum Umfang und Zweck des Mietgegenstandes gründen sich auf die Angaben des Geschäftsführers in der schriftlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung. Ebenso geht daraus hervor, dass kein Mitarbeiter vor Ort war und auch der Geschäftsführer nur hin und wieder das Lager aufsuchte.

Dass es sich bei der Adresse ***AdrGmbH3*** um den Firmensitz der Firma ***GmbH3*** handelt, geht aus dem offenen Firmenbuch hervor. Die örtlichen Gegebenheiten sowie die Entfernung zur Adresse ***Adr-GmbH*** wurden vom Bundesfinanzgericht durch eine GoogleMaps-Abfrage ermittelt.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 7 Abs. 1 KommStG1993 unterliegt ein Unternehmen der Kommunalsteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird. Erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte), wird die Kommunalsteuer gemäß Abs. 2 leg. cit von jeder Gemeinde nach Maßgabe des § 10 erhoben.

Zu unterscheiden ist eine solche mehrgemeindliche Betriebsstätte von der Mehrheit einzelner für sich selbständiger Betriebsstätten im Sinne des § 4 KommStG 1993. Eine Zerlegung der Bemessungsgrundlage erweist sich in diesem Fall als nicht erforderlich, die Kommunalsteuer wird betriebsstättenbezogen von der jeweiligen Bemessungsgrundlage ermittelt (Taucher, Kommentar KommStG, § 10 Rz 6).

Wenn ein Unternehmer mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und hinsichtlich der Zuordnung einzelner Dienstnehmer Auffassungsunterschiede zwischen den Gemeinden bestehen, kommt es zu einem Zuteilungsverfahren gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993. Der einzelnen Betriebsstätte sind die Löhne jener Dienstnehmer zuzurechnen, die ihr organisatorisch angehören. Dazu ist es nicht erforderlich, dass die Dienstnehmer ständig räumlich in der Betriebsstätte tätig sind (Taucher, KommStG, § 10 Rz 28f.).

Gemäß § 4 Abs. 1 KommStG 1993 gilt als Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die mittelbar oder unmittelbar der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit dient.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Begriff der Betriebsstätte für den Bereich der Kommunalsteuer eigenständig definiert. Das Kommunal-steuergesetz 1993 erweitert in der Bestimmung seines § 4 den Betriebsstättenbegriff der §§ 29 und 30 BAO einerseits durch Erfassung aller unternehmerischen Tätigkeiten und andererseits auch dadurch, dass selbst ein bloß "mittelbares" Dienen der Anlagen oder Einrichtungen für die Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausreicht, um eine Betriebsstätte im Sinne des Kommunalsteuergesetzes 1993 herbeizuführen ( mwN).

Für das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinne des § 4 KommStG 1993 sind folgende drei Merkmale erforderlich (vgl. Taucher, KommStG, § 4 Rz 7):

  1. statisches Element (es muss eine unternehmerische Tätigkeit vorhanden sein, der Anlagen und Einrichtungen gewidmet sind, über die der Unternehmer Verfügungsmacht besitzt)

  2. funktionales Element (in dieser Organisationseinheit hat sich eine unternehmerische Tätigkeit abzuspielen)

  3. zeitliches Element (die Organisationeinheit darf auf nicht nur vorübergehende Dauer ausgerichtet sei).

Zusammengefasst wird für die Annahme der Verwirklichung des Betriebsstättenbegriffes verlangt

  1. das Vorhandensein eines wirkenden Unternehmens,

  2. das Vorhandensein ortsgebundener fester Vorkehrungen,

  3. über die (dauernd) verfügt werden kann und

  4. in denen unternehmerische Tätigkeiten ausgeübt werden.

Im vorliegenden Beschwerdefall besteht die Betriebsstätte der ***GmbH*** in der ***Gemeinde2*** unbestritten seit Jahrzehnten. Die Kommunalsteuer wurde bis zum Beschwerdejahr zur Gänze an diese Gemeinde abgeführt. Entscheidungswesentlich war die Beantwortung der Frage, ob der vom Unternehmen im Beschwerdejahr in der ***bf. Gemeinde1*** angemietete Lagerraum eine weitere Betriebsstätte darstellt und gegebenenfalls, wie die Bemessungsgrundlage den beiden Gemeinden zuzuteilen ist.

Die Hintergründe für die Anmietung des Lagerraumes wurden dem Bundesfinanzgericht vom Geschäftsführer der ***GmbH*** anschaulich erläutert. Ausschlaggebend für die angedachte Verlegung des Firmensitzes in eine andere Gemeinde waren persönliche Differenzen mit den Gemeindevertretern der ***Gemeinde2***, da sich der Geschäftsführer bei der Auftragsvergabe an sein Unternehmen durch die ***Gemeinde2*** benachteiligt sah. Die Verlegung des Firmensitzes wurde jedoch nicht realisiert, es wurde lediglich der beschwerdegegenständliche Lagerraum angemietet.

Das Bundesfinanzgericht hat in freier Beweiswürdigung festgestellt, dass es sich bei der in der ***bf. Gemeinde1*** angemieteten Räumlichkeit und ein reines Lager für nicht benötigte Spritzgeräte gehandelt hat. Das Mietobjekt befand sich wenige Kilometer vom Firmensitz in der ***Gemeinde2*** entfernt. Die Lagerung dieser Spritzgeräte erfolgte außerhalb der Dauer des Mietverhältnisses, das bedeutet vor dem Beschwerdejahr und ab dem Jahr 2017, am Firmensitz in der ***Gemeinde2***. Das dort vorhandene Lager war auch größer als das angemietete Objekt.

Es gab im Mietobjekt weder eine Werkstätte, noch waren die Arbeitnehmer jemals vor Ort. Auch der Geschäftsführer hat nur hin und wieder nach dem Rechten gesehen. Die Maler erhielten ihre Anweisungen vom Geschäftsführer telefonisch oder vor Ort auf den Baustellen. Das benötigte Arbeitsmaterial wurde direkt an die Baustellen geliefert. Die Geschäftsleitung der ***GmbH*** erfolgte wie in den Jahren davor vom Firmensitz in der ***Gemeinde2*** aus.

Da das abgeführte Beweisverfahren ergeben hat, dass der angemietete Lagerraum der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit der ***GmbH*** weder mittelbar noch unmittelbar gedient hat, liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte im Sinne des
§ 4 Abs. 1 KommStG 1993 nicht vor. Somit konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Die Bemessungsgrundlage in Höhe von 648.188,96 Euro ist zur Gänze der ***Gemeinde2*** zuzuteilen.

Käme man zu der rechtlichen Beurteilung, dass doch eine Betriebsstätte in der ***bf. Gemeinde1*** begründet wurde, wäre damit für die Bf. nichts gewonnen. Der Verwaltungs-gerichtshof hat zur Zuordnung der Dienstnehmer bei Vorliegen mehrerer Betriebsstätten bei einem Malereibetrieb festgestellt ():
Arbeitnehmer, die nach der Eigenart ihrer Tätigkeit zumindest überwiegend an verschiedenen Baustellen eingesetzt werden, denen Betriebsstätteneigenschaft gemäß § 29 Abs 2 lit c BAO nicht zukommt, sind bei jener von mehreren Betriebsstätten ihres Arbeitgebers (hier: Geschäftsleitung gemäß § 29 Abs 2 lit a BAO einerseits, Werkstätte und Lager als Betriebsstätte gemäß § 29 Abs 2 lit b BAO andererseits) als beschäftigt anzusehen, zu der ihre Tätigkeit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die überwiegende und stärkste Beziehung hat. Diese drückt sich durch den Anordnungszusammenhang im Weisungsverhältnis sowie in der Versorgung mit Arbeitsmaterial und Geräten aus. Erfolgen diese Anordnungen und die Versorgung von der Werkstätte und dem Lager und nicht vom Büro aus, so sind die Arbeitnehmer bei der erstgenannten Betriebsstätte beschäftigt.

Aus dem abgeführten Beweisverfahren hat sich ergeben, dass die Anordnungen und die Versorgung von der Geschäftsleitung am Firmensitz und nicht vom Lager aus erfolgten, sodass die Maler bei der Betriebsstätte in ***Gemeinde2*** als beschäftigt anzusehen sind. Die Bemessungsgrundlage in Höhe von 648.188,96 Euro wäre daher auch in diesem Fall zur Gänze der ***Gemeinde2*** zuzuteilen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend ist auf die Regelung des § 10 Abs. 6 KommStG 1993 hinzuweisen. Ist ein Kommunalsteuerbescheid von einem Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheides von Amts wegen von der Gemeinde durch einen neuern Kommunalsteuerbescheid zu ersetzen, oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Entscheidungswesentlich war die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100970.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at