Unzulässiger Besteuerungszeitraum bei Festsetzung der KfzSt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012 zu Recht:
I)
Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO Folge gegeben. Der Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Kufstein Schwaz legte die Berufung vom (ab 2014 als Beschwerde zu behandeln) am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 4012 zur Erledigung zugewiesen.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde sie mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung 6022 übertragen.
Verfahrensgang
Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Zollamtes Innsbruck hinsichtlich der widerrechtlichen Verwendung eines Nissan Navara D 40 mit dem deutschen Kennzeichen XY schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) ua mit Bescheid vom die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012 vor. Im gegenständlichen Fall sei eine widerrechtliche Verwendung des Fahrzeuges vom März 2011 bis laufend durch eine Person mit Hauptwohnsitz in Österreich erfolgt.
Mit Schreiben vom erhob der BF Beschwerde gegen den angeführten Bescheid. Das in Rede stehende Fahrzeug sei am erworben und auf die Fa. I mit Sitz in G zugelassen worden. Es werde als Firmenwagen im Anlagevermögen der I geführt und in Deutschland entsprechend versteuert und abgeschrieben. Im Rahmen der betrieblichen Aktivitäten verlasse das Fahrzeug wöchentlich mehrfach Österreich.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012 teilweise stattgegeben. Der Spruch des Bescheides wurde dahingehend geändert, dass er wie folgt lautet: "Die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 10-12/2011 und 01-09/2012 wird in Höhe von € 1.051,20 festgesetzt."
Der strittige PKW sei auf die Einzelfirma des BF in Deutschland zugelassen. Der BF habe unbestritten laut Zentralem Melderegister seinen Hauptwohnsitz in Österreich und werde das Fahrzeug von diesem im Inland verwendet. In einer Gesamtbetrachtung der ermittelten Umstände sei der Mittelpunkt der Lebensinteressen des BF und auch der dauernde Standort des Fahrzeuges ab Herbst 2011 zweifelsfrei in Österreich anzunehmen und die Kraftfahrzeugsteuer daher ab Oktober 2011 festzusetzen.
Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag beim Finanzamt ein. Er wiederholte sein Vorbringen, wonach das Fahrzeug kein Privatfahrzeug sei, sondern ein, zum Anlagevermögen seines deutschen Unternehmens gehöriger LKW, den er im Rahmen der 1 % Versteuerung auch privat nutze. Das Fahrzeug verlasse wöchentlich zur Erfüllung des Unternehmenszweckes und des Umganges mit seinem sozialen Umfeld mehrmals wöchentlich Österreich.
Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Der BF hatte im Beschwerdezeitraum 2011 und 2012 seinen Hauptwohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr***. Der BF hat den streitgegenständlichen Pkw Nissan Navara am erworben und am in Deutschland auf seine Einzelfirma I in Bf Adr D mit dem deutschen Kennzeichen XY zugelassen.
Das Finanzamt erließ am den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012.
Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und sind diese unstrittig.
Vor diesem Hintergrund können die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Kufstein Schwaz getreten ist.
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).
In formeller Hinsicht ist vorab auszuführen, dass der Vorlageantrag gem. § 264 Abs 1 zweiter Satz (idF BGBl I 2014/13) die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten hat. Fehlt eine solche Bezeichnung, so liegt ein inhaltlicher Mangel iSd § 85 Abs 2 vor; daher ist mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (zB Rauscher, SWK 2015, 357). Das Mängelbehebungsverfahren obliegt dem Verwaltungsgericht (zB Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 264 Rz 4). Daher ist das Gericht sowohl für die Erlassung des Mängelbehebungsauftrags als auch für die Zurücknahmeerklärung (durch Beschluss) zuständig (zB ErlRV 360 BlgNR 25. GP, 23; Rauscher, SWK 2015, 359; Langheinrich/Ryda, FJ 2019, 209).
Als Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt der Antragsbeschreibung hervorgeht, wogegen er sich richtet, und das Verwaltungsgericht aufgrund des Antragsvorbringens nicht zweifeln kann, welche Beschwerdevorentscheidung angefochten ist (Ritz/Koran, 7. Auflage 2021, § 264, Rz 4a mit Verweis auf Rauscher, ).
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass aus dem Inhalt des Vorlageantrages vom für das Bundesfinanzgericht zweifelsfrei hervorgeht, dass mit dem Einspruch die Beschwerdevorentscheidung betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012 angefochten wird.
Gem. § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).
Der mit "Anzeige-, Aufzeichnungs- und Erklärungspflicht, Entrichtung der Steuer" überschriebene § 6 des KfzStG 1992 in der für den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 105/2014 lautet auszugsweise:
"§ 6. (1) …
(2) …
(3) Der Steuerschuldner hat jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag.
(4) Der Steuerschuldner hat für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben.
(5) …"
§ 201 BAO lautet:
"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."
Im vorliegenden angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom wurde die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 03/2011 bis 09/2012 festgesetzt.
In § 6 Abs 3 KfzStG 1992 ist gesetzlich als Steuerberechnungs- und Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr festgelegt (vgl. auch Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 582 BlgNR XVIII. GP). Das KfzStG 1992 kennt dabei keine Regelung, die diesen Zeitraum für den Fall verkürzt, dass die Steuerpflicht nur in einem Teil des Vierteljahres gegeben ist.
Die Kraftfahrzeugsteuer ist somit eine Vierteljahresabgabe. Eine Vorschreibung von Monatsbeträgen ist - auch wenn sie in einer zusammengefassten Festsetzung erfolgt - rechtswidrig. Zusammengefasst könnten allenfalls Vierteljahres-Zeiträume werden.
Bei dem bekämpften Kraftfahrzeugsteuerbescheid handelt es sich um die in einem Bescheid zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben (vgl. § 201 Abs 4 BAO).
Das Finanzamt konkretisierte die Abgaben mit der Angabe von Monaten, die zum einen keine Zusammenfassung von Vierteljahres-Zeiträumen darstellt und zum anderen über das Kalenderjahr (03/2011 bis 09/2012) hinausgehen. Das ist aber unzulässig, weil die Kraftfahrzeugsteuer eine Vierteljahresabgabe ist und nach § 201 Abs 4 BAO nur die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres erfolgen darf.
Voraussetzung für eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 201 BAO ist weiters, dass der Abgabepflichtige gesetzlich verpflichtet ist, dem Finanzamt den selbstberechneten Betrag im Wege einer Steuererklärung bekannt zu geben. Aus § 6 Abs 4 KfzStG 1992 ergibt sich eine Erklärungspflicht, nach der bis zum 31. März des Folgejahres eine Jahreserklärung abzugeben ist. Eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer im Sinne des § 201 BAO kann somit nicht vor dem 1. April des Folgejahres erfolgen.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der angefochtene Bescheid für den darin enthaltenen Zeitraum Jänner bis September 2012 frühestens erlassen hätte werden dürfen, wenn bis zum keine Erklärung eingereicht worden wäre (sohin ab ). Da der besagte Bescheid bereits davor, nämlich am , ergangen ist, ist dieser auch aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben (vgl. , , und ).
Da das Finanzamt somit einerseits einen aus mehreren Gründen (siehe oben) unzulässigen Besteuerungszeitraum gewählt hat und andererseits der Bescheid für den Zeitraum Jänner bis September 2012 auch zu früh ergangen ist, ist der angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid aufzuheben (vgl. zB ; ).
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass seitens des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom die Kraftfahrzeugsteuer für die Kalendervierteljahre 10-12/2011 und 01-09/2012 festgesetzt wurde, da auch dieser Bescheid einen Zeitraum von mehr als einem Kalenderjahr umfasst hat.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass bei rechtzeitiger Einbringung eines Vorlageantrages die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt gilt (vgl. § 264 Abs 3 BAO). Somit ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens die im Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom für den angeführten Zeitraum 03/2011 bis 09/2012 festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den zitierten Bestimmungen des KfzStG, weshalb gem. § 25 a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 323b Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 6 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 201 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 4 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 264 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100880.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at