Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2022, RV/2100780/2022

Zurückweisung eines "Befangenheitsantrages" - Zulässigkeit einer abgesonderten Beschwerdemöglichkeit

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2100780/2022-RS1
wie RV/7102848/2021-RS3
Da die Bundesabgabenordnung einzelne Ablehnungsrechte ausdrücklich regelt, besteht hinsichtlich der Ablehnung anderer Amtspersonen keine vom Gesetzgeber nicht gewollte Gesetzeslücke, die im Wege der Auslegung zu füllen wäre.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung einer Eingabe vom ("Antrag auf Befangenheit gegen Frau ***1***"), StNr. ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Rechtsanwältin, der mit rechtskräftigem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, zugestellt am , die Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer aberkannt worden war, wurde eine Außenprüfung bezüglich der Selbstberechnung von Abgaben für den Zeitraum 2013 bis 2018 durchgeführt (AB Nr. ***AB1***). Datum des Prüfungsauftrages war der , Beginn der Außenprüfung der . Die Schlussbesprechung entfiel nach § 149 Abs. 2 BAO, der Prüfungsbericht wurde am erstellt (OZ 15).

1.)

Als Ergebnis der Prüfung wurden am im Rahmen des § 201 BAO an 10 verschiedene Personen Abgabenbescheide mit Nachforderungen iZm der Grunderwerbsteuer erlassen. Alle Bescheide ergingen zu Handen der Bf. (OZ 16-27).

Mit Schreiben vom erhob die Bf. gegen alle Bescheide Beschwerde (OZ 28). Am wurde vom Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Darin wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide nicht an die Bf. als Bescheidadressatin ergangen seien und sie keine Legitimation hätte, die Beschwerde in ihrem eigenen Namen einzubringen (OZ 29).

Aufgrund eines Vorlageantrages vom (OZ 30) wurde das Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung in diesem Verfahren zuständig. Im Vorlageantrag bemängelte die Bf. ua auch, dass die Prüferin des Finanzamtes bei der Außenprüfung, beim Aussetzungsantrag, dem Zurückweisungsbescheid und bei der Beschwerdevorentscheidung tätig geworden sei und daher eine Voreingenommenheit vorliege.

Mit Beschlüssen des wurden die Beschwerden der Bf. gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO mangels Aktivlegitimation der Einschreiterin als nicht zulässig zurückgewiesen (siehe FINDOK: RV/2100106/2022).

2.)

Mit der Einbringung der Beschwerde gegen die Grunderwerbsteuerbescheide am stellte die Bf. auch den Antrag, den angefochtenen Bescheiden eine "aufschiebende Wirkung" zuzuerkennen (OZ 9 und OZ 28). Mit Bescheid vom (OZ 10) wertete das Finanzamt die Eingabe als Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO und wies das Begehren als unbegründet ab, da die dem Aussetzungsantrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits mit Beschwerdevorentscheidung erledigt worden sei.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom (OZ 11) monierte die Bf. ua auch, dass bei der Prüferin und Referentin des Finanzamtes eine Befangenheit vorliege. Nach einer abweislichen Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom (OZ 48) stellte die Bf. am den Vorlageantrag, der ebenfalls ua wieder den Vorwurf der Befangenheit enthielt (OZ 13/14). Mit Erkenntnis vom änderte das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid bzgl. der Aussetzung insofern ab, als der Antrag zurückgewiesen wurde. Die Bf. sei weder Abgabenschuldnerin, noch sei sie als Haftungspflichtige in Anspruch genommen worden, weshalb sie nicht antragsberechtigt gewesen sei (siehe FINDOK: RV/2100321/2022).

3.)

Vor diesen zwei Beschwerdeverfahren (bzgl. Grunderwerbsteuervorschreibungen und Aussetzungsantrag) erhob die Bf. am "eine Beschwerde gegen betreffend Bericht vom zu GZ AB-Nr ***AB1***" (OZ 35/OZ 36). Am erließ das Finanzamt eine als "Zurückweisungsbescheid" bezeichnete Erledigung und wies darin die Eingabe zurück, weil - kurz zusammengefasst - ein Prüfbericht kein Bescheid sei (OZ 37).

Dagegen brachte die Bf am eine als "Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid" bezeichnete Eingabe ein (OZ 38). Darin wurde ua der Prüferin des Finanzamtes wieder Befangenheit vorgeworfen. Das Finanzamt hob am aus formellen Gründen den angefochtenen Zurückweisungsbescheid nach § 299 BAO auf (OZ 39/OZ 41) und erließ am selben Tag eine Beschwerdevorentscheidung, wonach die Beschwerde zurückgewiesen werde (OZ 40).

Am stellte die Bf. einerseits einen Vorlageantrag gegen diese Beschwerdevorentscheidung (OZ 42/OZ 43) und bekämpfte andererseits auch die Aufhebung des ursprünglichen Zurückweisungsbescheides mit Beschwerde (OZ 50). Letzteres Anbringen enthielt ua auch wieder den Vorwurf der Befangenheit der Prüferin.

Die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid wurde vom Finanzamt mittels Beschwerdevorentscheidung vom abweislich entschieden (OZ 52). Die Erlassung des Zurückweisungsbescheides sei rechtswidrig gewesen, weil über eine Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden sei. Gegen diese Erledigung wurde am der Vorlageantrag gestellt (OZ 53/OZ 54).

Das Bundesfinanzgericht entschied am zu RV/2100322/2022 mit Erkenntnis, dass der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid Folge gegeben werde, weil - kurz zusammengefasst - eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO nicht für Fälle in Betracht käme, in welchen nur die Bescheidbezeichnung ausgetauscht bzw. korrigiert werden soll.

Das Bundesfinanzgericht sah die Eingabe vom als Beschwerde und die als "Zurückweisungsbescheid" bezeichnete Erledigung des Finanzamtes vom als Beschwerdevorentscheidung an, gegen den am ein Vorlageantrag, der mit "Beschwerde" tituliert war, eingebracht worden sei.

Am fasste das BFG in dieser Rechtssache zu RV/2100440/2022 den Beschluss, dass die Beschwerde als nicht zulässig zurückgewiesen werde. Begründet wurde dies - kurz zusammengefasst - damit, dass der Prüfungsbericht kein Bescheid sei und Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen seien.

4.)

Am stellte die Bf. einen "Antrag auf Befangenheit von Frau ***1***" (OZ 1/OZ 2). Bei Frau ***1*** handelt es sich um die Leiterin des Teams, bei dem die Prüferin zugeteilt war.

In ihrem Schreiben bezog sich die Bf. auf die AB Nr. ***AB1*** und führte aus: "In umseits bezeichneter Finanzrechtsangelegenheit wird gegen Frau ***1*** der Befangenheitsantrag gestellt, zumal selbige - man stellt immer auf das Verhalten derjenigen Behörde respektive der Person ab - nicht mehr die Objektivität und die Unparteilichkeit an den Tag legen kann, um hier objektiv und unparteilich ein Verfahren zu führen, vor allem, da sie in sämtlichen Instanzen immer selbst die Entscheidung trifft. Zu keinem Zeitpunkt wird hier eine dritte Person beigezogen und ist hier von Vorneherein schon eine Parteilichkeit gegeben, dies vor allem aufgrund der Kenntnislage des Aktes. Die Entscheidung hintereinander in sämtlichen Aktenzeichen gegen die Antragstellerin ist nicht rechtskräftig, vor allem, da sie immer die gleichen Entscheidungen bei den Eingaben macht."

Mit Bescheid vom wurde die Eingabe vom Finanzamt Österreich zurückgewiesen (OZ 3). In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 76 Abs. 1 BAO im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bundesabgabenordnung - ausgenommen für Sachverständige in § 179 Abs. 2 und für Mitglieder des Berufungssenates in § 278 Abs. 1 - kein generelles (gesondert rechtsmittelfähiges) Recht der Partei vorsehe, ein Organ der Abgabenbehörde wegen Befangenheit abzulehnen. Somit bestehe kein subjektives Recht der Partei auf Ablehnung eines bestimmten Organwalters. Die Rechtsmittelbelehrung enthielt die standardisierte Angabe, dass gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden könne.

Am brachte die Bf. eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein (OZ 4/OZ 5) und beantragte die Aufhebung des Zurückweisungsbescheides und in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde. Sie führte begründend aus: "Entgegen den Bestimmungen BAO finden auch auf das Finanzamt Österreich die Bestimmungen statt der verfassungsgemäß gewährleisteten Grundrechte eines fair trials und das Recht auf den gesetzlichen Richter.

Fakt ist, dass in dieser Konstellation- und Personenverflechtung, die hier vorliegt, nämlich dass immer wieder die gleiche Person über die eigenen Entscheidungen entscheidet und zwar in der Instanz, hier sehr wohl eine Befangenheit vorliegt. Fakt ist, dass die Judikatur darauf abstellt, dass, wenn das Verhalten der Behörde respektive des Organes darauf schließen lässt, dass eine Objektivität und Unparteilichkeit nicht mehr gegeben ist, aufgrund des an den Tag gelegten Verhaltens, man davon ausgehen muss, dass hier eine Befangenheit vorliegt. Aufgrund des Faktums, dass Frau ***Bf*** hier die größte Korruption am Konkursgericht in ***X*** aufgedeckt hat, wobei hier vor allem auch involviert nicht nur das Konkursgericht mit Frau Dr. ***2*** und Mag. ***3*** sondern auch der Rechtsanwalt Dr. ***4*** mit der ganzen Rechtsanwaltskammer im Hintergrund vor allem durch Herrn Mag. ***5*** und den 'Compagnon' von Herrn Dr. ***4***, nämlich Herr Mag. ***6***, LL. M. sowie die im Zusammenhang mit dem Konkursgericht stehenden Ämtern und Behörden, die ***7***, das ***8***, die Kammer ***9***, der Verein ***10***, ***Bank1***, ***Bank2***, ***Verband*** usw. man hier davon auszugehen hat, dass auch hier wiederum im Hintergrund die Fäden gezogen worden sind, um Frau ***Bf*** hier mit einer Überhäufung von Vorwürfen zu konfrontieren, die vollkommen haltlos sind, die Behörde selbst verabsäumt hat hier ordnungsgemäß die Kontrollen vorzunehmen respektive die Unterlagen einzufordern und vor allem eines, die Behörde hier sich an den falschen Adressat wendet, da nämlich der Verpflichtete zur Abfuhr von etwaigen Gebühren immer die Käufer- respektive Schenkungsnehmerseite ist und zu keinem Zeitpunkt der Vertragserrichter.

Die seitens von Frau ***Bf*** angezeigten Gebühren wurden alle ordnungsgemäß abgeführt und kam es angeblich sogar zu einer Überzahlung, die jetzt auf einmal verschwunden ist.

Man sieht hier sehr wohl, dass die hier gehörige Behörde aufgrund der Überlänge des Verfahrens und des Faktums, dass man hier zu keinem Zeitpunkt eine Akteneinsichtnahme gewährt hat, hier sehr wohl eine Befangenheit gegeben ist und eine Objektivität nicht mehr gegeben ist. Entgegen dem Vorbringen der hier gehörigen Behörde muss hier sehr wohl davon ausgegangen werden, dass hier ein Netzwerk am laufen ist, dass dazu bestimmt ist die Rechtsanwältin zu Fall zu bringen, da sie sich nicht erlaubt im System der Korruption mitzuspielen und nie und nimmer gegen ihre Mandanten vorgehen würde, obwohl das Finanzamt für Gebühren nunmehr hergeht und bei sämtlichen Käufern und Schenkungsnehmern usw., die nunmehr bei der Finanz nachfragen warum sie jetzt eine Vorschreibung erhalten, den Ruf der Rechtsanwältin schädigen und Behauptungen aufstellten, die vollkommen an den Haaren herbeigezogen sind. Auch diesbezüglich behält sich die Rechtsanwältin noch Schritte vor, da ihr Gedächtnisprotokolle von sämtlichen Käufern und Schenkungsnehmern vorliegen, die das alles umfangreich dargelegt haben.

Die Befangenheit ist zusammenfassend ausdrücklich durch die Personalverflechtung und nicht ausreichende Erhebung und Würdigung der Beweise gegeben."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt gemäß § 260 BAO zurückgewiesen (OZ 6). In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid rechtlich als verfahrensleitende Verfügung angesehen werde, gegen die ein abgesondertes Rechtsmittel nach § 244 BAO nicht zulässig sei und vermöge nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch eine im angefochtenen Bescheid zu Unrecht enthaltene positive Rechtsmittelbelehrung keine (im Gesetz nicht vorgesehene) Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels begründen.

Gegen diese Erledigung wurde am der Vorlageantrag gestellt (OZ 7/OZ 8). Ausgeführt wurde darin: "Es wird in diesem Zusammenhang nochmals der Antrag auf Befangenheit gegen Frau ***1*** vom vollinhaltlich aufrecht gehalten wird und wird der Antrag gestellt, dass hier das Bundesfinanzgericht hier zu entscheiden hat, zumal es nicht sein kann, dass hier tatsächlich die Objektivität und Unparteilichkeit zu keinem Zeitpunkt seitens des Finanzamtes Österreich berücksichtigt wird und hier sehr wohl über die verfassungsgemäß gewährleisteten Grundrechte der Beschwerdeführerin sich hinweggesetzt wird.

Es wird daher Antrag auf Stattgebung der Beschwerde vom gestellt und Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung zu Steuernummer ***Bf-StNr*** und Auftragsbuch-Nr. ***AB1*** vom , wobei noch anzumerken ist, dass sogar das Datum mit der Hand hineingeschrieben wurde, was eigentlich rechtlich gar nicht geht."

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit dem Akt elektronisch übermittelt.

Zusammengefasst ergibt sich Folgendes:

Alle oben unter 1.) bis 4.) genannten Verfahren stehen im Zusammenhang mit der bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung. Alle Beschwerden der Bf. gegen die Bescheide des Finanzamtes bzgl. Grunderwerbsteuernachforderungen und Aussetzungsanträgen und auch die Beschwerden iZm dem Prüfungsbericht wurden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat durch zwei Einzelrichter letztlich in allen Fällen (Ausnahme: Beschwerde gegen Aufhebungsbescheid) die Zurückweisungen der Eingaben als gesetzesgemäß angesehen. Zu den Verfahren RV/2100106/2022 (bzgl. Grunderwerbsteuer), RV/2100321/2022 (bzgl. Aussetzungsanträgen) und RV/2100440/2022 (bzgl. Prüfungsbericht) wurden von der Bf. inzwischen VfGH-Beschwerden anhängig gemacht.

Am Tag, als die Bf. den hier gegenständlichen "Befangenheitsantrag" bzgl. der Teamleiterin beim Finanzamt gestellt hat, also am , wurden von der Bf. auch folgende Eingaben beim Finanzamt eingebracht, nämlich:

• der Vorlageantrag bzgl. der Anträge auf Aussetzung - OZ 13/OZ 14
(BFG RV/2100321/2022 - Eingang beim BFG am )

• der Vorlageantrag bzgl. der Beschwerde gegen den Prüfbericht - OZ 42/OZ 43
(BFG RV/2100440/2022 - Eingang beim BFG am )

• die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid - OZ 50/OZ 51
(BFG RV/2100322/2022 - Eingang beim BFG am ).

Bzgl. der Beschwerde gegen die Festsetzungen von Grunderwerbsteuer lag dem Finanzamt zu diesem Zeitpunkt der Vorlageantrag der Bf. vom bereits vor (RV/2100106/2022 - Eingang beim BFG am ).

Daraus ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Einbringung des "Befangenheitsantrages" die von der Bf. angestrengten Verfahren bei der Abgabenbehörde hinsichtlich der Grunderwerbsteuer, der Aussetzung und des Prüfungsberichtes bereits durch Bescheide bzw. Beschwerdevorentscheidungen beendet waren.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Finanzamtsakt, der auch Aktenteile aus den oben angeführten weiteren Beschwerdeverfahren enthält, und aus den in der FINDOK enthaltenen Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Rechtsanwältin, die einen Antrag stellen möchte, dies auch klar zum Ausdruck bringt. Allein aus dem Umstand, dass ein Schriftsatz auf der ersten Seite als "Antrag" bezeichnet ist, kann noch nicht auf seine Rechtsnatur geschlossen werden, weil allein die Bezeichnung eines Schriftsatzes an seinem wahren Inhalt nichts zu ändern vermöchte. Die Antragseigenschaft muss dem Parteiwillen entnommen werden (, ZfVB 1987/4/1603, 4/1755).

Für die Beurteilung von Anbringen (§ 85 Abs. 1 BAO) kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (zB ; , 2010/15/0195; , Ra 2020/13/0046; , Ra 2020/15/0047; , Ra 2020/13/0099).

Die Abgabenbehörde sah die gegenständliche Eingabe mit der Behauptung der Befangenheit der Teamleiterin iZm mehreren Verfahren, die sich aus der Außenprüfung ergaben, nicht als eine generelle Beanstandung ohne ein bestimmtes Begehren an, sondern erledigte sie durch Erlassung eines Bescheides, worin - bei Heranziehung der Begründung - zum Ausdruck gebracht wurde, dass eine Partei - außer in hier nicht gegenständlichen Fällen - kein subjektives Recht auf Ablehnung eines bestimmten Organwalters habe. Im Spruch wurde die Eingabe zurückgewiesen, in der Rechtsmittelbelehrung war die Möglichkeit der Einbringung einer Beschwerde angeführt. Eine solche hat die Bf. in Folge wahrgenommen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom bezeichnete das Finanzamt den strittigen Bescheid als verfahrensleitende Verfügung. Weil ein abgesondertes Rechtsmittel gegen einen solchen Bescheid nach § 244 BAO nicht zulässig sei, wurde die eingebrachte Beschwerde zurückgewiesen. Der Umstand, dass nach der Rechtsmittelbelehrung des Zurückweisungsbescheides die Einbringung einer Beschwerde als zulässig erklärt wurde, würde an dieser Beurteilung nichts ändern, weil ein Bescheid, der zu Unrecht eine positive Rechtsmittelbelehrung enthalte, keine (im Gesetz nicht vorgesehene) Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels zu begründen vermöge.

Die Bf. geht von einer Zulässigkeit der Beschwerde aus und beantragte eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes, weil "es nicht sein könne, dass hier tatsächlich die Objektivität und Unparteilichkeit zu keinem Zeitpunkt seitens des Finanzamtes Österreich berücksichtigt werde".

Da ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht wurde, gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

3.1.1
Es ist daher zunächst zu klären, ob im gegenständlichen Fall überhaupt ein (abgesondertes) Rechtsmittel gegen den angefochtenen Bescheid zulässig ist.

§ 94 BAO besagt: "Verfügungen, die nur das Verfahren betreffen, können schriftlich oder mündlich erlassen werden."

§ 243 BAO lautet: "Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist."

§ 244 BAO lautet: "Gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Diese können erst in der Bescheidbeschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden."

Ritz/Koran, BAO7, § 94 Rz 1 verweist auf die in Stoll, BAO, S. 982 ff enthaltene Übersicht von nach außen gerichteten individuellen Willensäußerungen von Verwaltungsorganen und gliedert sie wie folgt:

• Verfahrensanordnungen (kein Bescheidcharakter, § 94 anwendbar)

• verfahrensrechtliche Bescheide.

Nach außen in Erscheinung tretende Verwaltungsakte, die der Einleitung eines Verfahrens dienen sowie auf bindende prozessuale Gestaltung des Ablaufs und der Aufeinanderfolge der einzelnen Verfahrensschritte und Verfahrensabschnitte, schließlich (aus im Verfahrensrecht gelegenen Gründen) auf Beendigung des Verfahrens oder einzelner Verfahrensabschnitte gerichtet sind, also Verwaltungsakte, die der Festlegung verfahrensrechtlicher Verpflichtungen und Berechtigungen dienen, gelten mit der Wirkung, dass diese Verwaltungsakte verbindlich sind, dass also sowohl die Parteien wie auch die Behörde selbst daran gebunden sind, als verfahrensrechtliche Bescheide. Sie sind als Bescheide der Rechtskraft fähig und damit prinzipiell anfechtbar (siehe Stoll, BAO, S 982).

Je nach Art eines solchen verfahrensrechtlichen Bescheides kann eine Anfechtung unmittelbar in einem eigenen Beschwerdeverfahren erfolgen oder im anderen Fall erst in einer Beschwerde gegen den nachfolgenden, die "Hauptsache" erledigenden Bescheid geltend gemacht werden.

Es ist daher zu unterscheiden, ob

• verfahrensrechtliche Bescheide im engeren Sinn (Bescheide iSd § 244, § 94 anwendbar) oder

• Verfahrensbescheide (abgesondert anfechtbar, § 94 nicht anwendbar) vorliegen.

Ritz nennt als verfahrensrechtliche Bescheide im engeren Sinn die verfahrensleitenden Verfügungen (siehe Ritz/Koran, w.o., Rz 2). Unter verfahrensleitenden Verfügungen sind demnach Bescheide zu verstehen, "die der Einleitung und Abführung eines Verfahrens sowie der bindenden Gestaltung der einzelnen Verfahrensabschnitte, der Anordnung deren Reihenfolge und Beendigung in einer Art dienen, dass die Behörden und Parteien gebunden sind, denen aber noch eine abschließende (verfahrensbeendende oder über die Angelegenheit des Verfahrens in der Sache absprechende) bescheidmäßige Erledigung nachfolgt" (Ritz/Koran, w.o., Rz 3).

Gemäß § 244 BAO ist gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Solche Verfügungen können erst in der Bescheidbeschwerde (bzw. im Anwendungsbereich des § 288 in der Berufung) gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden (Ritz/Koran, w.o., Rz 7). Damit soll eine Verfahrenszersplitterung vermieden werden und eine Gesamtschau dieser miteinander sachlich in Verbindung stehenden Entscheidungen in dem "Hauptverfahren" möglich gemacht werden. Der Rechtsschutz ist damit auch in diesen Fällen gegeben.

Als Beispiel einer verfahrensleitenden Verfügung, bei der bereits die sie regelnde Norm ausdrücklich ein abgesondertes Rechtsmittel ausschließt, nennt Ritz/Koran in BAO7 unter § 94 Rz 4 ua einen Bescheid über die Ablehnung eines Sachverständigen (§ 179 Abs. 2 letzter Satz).

Im Gegensatz dazu wird die Verweigerung der Akteneinsicht (§ 90) wegen Nichtlegitimation des Antragstellers als Verfahrensbescheid bezeichnet, der eine unmittelbare Anfechtbarkeit ermöglicht, weil er eine Verwaltungsangelegenheit endgültig abschließt (Ritz/Koran, w.o., § 94 Rz 8).

Der Ausschluss einer gesonderten Anfechtung bei den verfahrensleitenden Verfügungen setzt voraus, dass ein die Angelegenheit abschließender Bescheid, der die gemeinsame Anfechtung iSd § 244 BAO zulässt, überhaupt noch zu erwarten ist (vgl. ; ). Dies ergibt sich aus dem 2. Satz des § 244 BAO.

Darunter ist ein den "Verfügungen" nachfolgender "Bescheid" zu verstehen. In der Beschwerde gegen diesen können auch die nur das Verfahren betreffenden Entscheidungen in dem ihm vorangegangenen Verfahren bekämpft werden. Ist ein solcher Bescheid nicht mehr zu erwarten, so bedeutet dies nicht die völlige Unanfechtbarkeit, sondern die abgesonderte Anfechtbarkeit der betreffenden Verfügungen.

Gegen verfahrensleitende Verfügungen gerichtete Bescheidbeschwerden sind im Regelfall gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen. Doch bestehen von diesem Grundsatz nach der Rechtsprechung des VwGH auch Ausnahmen (siehe Ritz, Rechtsschutz bei verfahrensleitenden Verfügungen in AFS 2019, 122). In bestimmten Fällen wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch die abgesonderte Anfechtbarkeit von verfahrensleitenden Bescheiden als zulässig angesehen (siehe Ritz, w.o., mit Anführung von zB ; ; ).

Der über das Anbringen der Bf. von der Abgabenbehörde erlassene Bescheid wird - entgegen der Meinung des Finanzamtes - jedenfalls als ein gesondert anfechtbarer verfahrensrechtlicher Bescheid angesehen. Zum Zeitpunkt seiner Erlassung bzw. rechtswirksamen Zustellung am waren bereits alle oben genannten Verfahren durch Bescheide bzw. Beschwerdevorentscheidungen bei der Abgabenbehörde - wenn auch nicht rechtskräftig -abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, welcher nachfolgende, die Angelegenheit abschließende Bescheid iSd § 244 BAO noch hätte ergehen können.

Der angefochtene Bescheid stellt also eine abschließende verfahrensrechtliche Erledigung der Abgabenbehörde dar, gegen die grundsätzlich eine abgesonderte Beschwerdemöglichkeit besteht. Eine Zurückweisung der Beschwerde nach § 260 Abs. 1 lit a BAO mittels Beschluss kommt nicht zum Tragen.

3.1.2

Sache des damit beim BFG durchzuführenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der als Antrag bezeichneten Eingabe (vgl. ).

Ablehnungsrechte einer Partei wegen Befangenheitsgründen sind in der BAO in § 179 (bzgl. eines Sachverständigen) und im § 268 BAO (bzgl. Richter des Verwaltungsgerichtes) geregelt.

Im Gegensatz zu den oben genannten Fällen steht der Partei oder Beteiligten ein Ablehnungsrecht von Verwaltungsorganen nicht zu (vgl. -F/13, bestätigt durch ; ; ; ; ; ).

Amtshandlungen befangener Organe sind nicht nichtig (vgl. ) und die Tätigkeit eines befangenen Organs führt nicht zur Unzuständigkeit der Behörde, sondern allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (vgl. ; ).

Eine Regelung bzgl. Befangenheit von Organen der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte findet sich im § 76 BAO. Nach dem Gesetzeswortlaut richtet sich diese Bestimmung allerdings lediglich an die amtshandelnden Organe. Ein befangenes Organ hat sich daher (außer bei Gefahr im Verzug) von sich aus seines Amtes zu enthalten.

Insofern wäre die Behauptung, an einer Entscheidung habe ein befangenes Organ mitgewirkt, nur geeignet, allenfalls das Vorliegen eines Verfahrensmangels aufzuzeigen (vgl. ), der in einer Beschwerde gegen den Bescheid geltend gemacht werden könnte.

Würden sich bei einer eventuellen Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzgericht sachliche Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid - der auch nur eine formale Entscheidung beinhalten kann - ergeben, wäre der angefochtene Bescheid aufgrund der dem Gericht eingeräumten Befugnis nach § 279 BAO nach jeder Richtung hin abänderbar. Eine Befangenheit von Organen der Abgabenbehörde wäre in dieser Hinsicht für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Beschwerde unbeachtlich (Ritz/Koran, w.o., § 76 Rz 16 mit angeführter VwGH-Judikatur).

Da die Bundesabgabenordnung einzelne Ablehnungsrechte ausdrücklich regelt, besteht hinsichtlich der Ablehnung anderer Amtspersonen keine vom Gesetzgeber nicht gewollte Gesetzeslücke, die im Wege der Auslegung zu füllen wäre ().

Aus diesen Gründen besteht auch für eine Erlassung eines Feststellungsbescheids über das Erkennen einer Befangenheit keinerlei Veranlassung. Da unzulässige Ansuchen und Anbringen ohne Begehr zurückzuweisen sind, war der Abspruch der Abgabenbehörde, die Eingabe zurückzuweisen, nicht rechtswidrig.

Hinsichtlich des Einwandes der Bf., dass der Bescheid nicht rechtsgemäß abgefertigt worden sei, weil das Datum des angefochtenen Bescheides handschriftlich vom auf ausgebessert wurde, ist noch Folgendes anzumerken:

Die im Datum zum Ausdruck kommende Zeitangabe ist für den Eintritt der Rechtswirkungen ohne Bedeutung (, ZfVB 1991/2/761). Für die Bescheidwirkungen ist nicht das angegebene Datum, sondern der Zeitpunkt der Bekanntgabe (Zustellung) des Bescheides maßgeblich. Das Datum ist kein wesentlicher (bei seinem Fehlen zum Verlust der Bescheidqualität führender) Bestandteil eines Bescheides (siehe auch Ritz/Koran, w.o., § 93 Rz 26 und § 96 Rz 3 unter Zitierung von VwGH-Judikatur).

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine ordentliche Revisionsmöglichkeit nicht zugelassen wurde.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 244 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 76 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100780.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at