Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2022, RV/1100015/2021

Nichtberücksichtigung von Darlehensrückzahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung als Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abgeändert.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2019 fest, wobei der Familienbonus Plus für zwei Kinder mit der Begründung, die Hälfte des Familienbonus Plus sei bereits vom Ehepartner beantragt worden, abweichend von der eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung nur zur Hälfte berücksichtigt wurde.

2. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung von Ausgaben (Darlehensrückzahlungen) zur Schaffung von Wohnraum als Sonderausgaben.

3. Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage entsprechender Unterlagen (Baubewilligung, Kaufvertrag, Endabrechnung, Zahlungsnachweise) im Zusammenhang mit den als Sonderausgaben geltend gemachten Ausgaben für Wohnraumschaffung sowie eines Ausdruckes aus dem Pendlerrechner bzw. des ausgefüllten Formulars L 33 zur Überprüfung des im angefochtenen Bescheid antragsgemäß berücksichtigten Pendlerpauschales.

4. Am übermittelte die Beschwerdeführerin zum Nachweis der geleisteten Darlehensrückzahlungen entsprechende Buchungsbelege von zwei Kreditinstituten.

5. Mit weiterem Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt, hinweisend darauf, dass die Vorlage von Buchungsbelegen nicht ausreichend sei, neuerlich um Vorlage der angeforderten Unterlagen im Zusammenhang mit den Ausgaben für Wohnraumschaffung und dem Pendlerpauschale.

6. Am übermittelte die Beschwerdeführerin zwei Seiten aus dem Vertrag über den Kauf einer Wohnung sowie eine Auftragsbestätigung betreffend die Überweisung des Kaufpreises.

7. Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin zwecks Berücksichtigung des Pendlerpauschales um Bekanntgabe der Wohnanschrift, der Anschrift der Arbeitsstätte, der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, der überwiegenden Arbeitszeiten (Dienstbeginn bzw. Dienstende) und der Anzahl der Fahrten pro Kalendermonat.

8. Nachdem der Vorhalt unbeantwortet blieb, änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid mit Beschwerdevorentscheidung vom insoweit zu Ungunsten der Beschwerdeführerin ab, als das Pendlerpauschale samt Pendlereuro keine Berücksichtigung mehr fand. Da die Beschwerdeführerin die angeforderten Unterlagen betreffend das Pendlerpauschale ungeachtet der Vorhalte des Finanzamtes und der sie treffenden Offenlegungspflicht nicht vorgelegt habe, könne es im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen angesehen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das im angefochtenen Bescheid berücksichtigte Pendlerpauschale nicht vorlägen.

Die Abzugsfähigkeit der Ausgaben für Wohnraumschaffung verneinte das Finanzamt mit der Begründung, dass zu den als Sonderausgaben abzugsfähigen Ausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 nur Beträge zählten, die zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt worden seien, von einer Errichtung aber nur ausgegangen werden könne, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude herstelle oder herstellen lasse. Darlehensrückzahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer bereits fertiggestellten (gebrauchten) Eigentumswohnung seien daher nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

9. Mit Vorlageantrag beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte um Berücksichtigung der Ausgaben für Wohnraumschaffung als Sonderausgaben. Ausgaben für Wohnraumschaffung beinhalteten naturgemäß auch die Anschaffung neuer Einrichtungsgegenstände. In Summe sei somit von einer Errichtung eines neuen Eigenheimes auf Basis einer bestehenden Wohnung auszugehen und lägen in diesem Sinne daher Sonderausgaben vor.

II. Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten xxx/xxxx und xx/xxxx Anteile an der Liegenschaft ***EZ***, mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung ***W*** und am Einstellplatz ***EP*** untrennbar verbunden ist, je zur Hälfte vom bisherigen Eigentümer, welcher die Liegenschaftsanteile seinerseits im Jahr 2012 gekauft hatte, erworben. Die mit dem Erwerb der Liegenschaftsanteile im Zusammenhang stehenden Darlehensrückzahlungen wurden als Sonderausgaben geltend gemacht.

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

§ 18 Abs. 1 EStG 1988 in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:


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"Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
[…]
3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d):
a)
Mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden. […]
b)
Beträge, die verausgabt werden zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, gelegen sind. […]
c)
Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar
-
Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
-
Herstellungsaufwendungen.
d)
Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis lit. c aufgenommen wurden, sowie Zinsen für derartige Darlehen. Diesen Darlehen sind Eigenmittel der in lit. a genannten Bauträger gleichzuhalten."

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, wurde die Abzugsmöglichkeit von Sonderausgaben eingeschränkt und ua. das Auslaufen der Sonderausgabenbegünstigung für Ausgaben zur Wohnraumschaffung und -sanierung normiert. Abzugsfähig sind solche Ausgaben demnach nur mehr dann, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d). Letztmalig können solche Sonderausgaben im Rahmen der Veranlagung 2020 bzw. für Lohnzahlungszeiträume, die vor dem enden, geltend gemacht werden. Wurde mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung nach dem begonnen oder der Vertrag nach diesem Stichtag abgeschlossen, sind die geleisteten Zahlungen nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

Im Beschwerdefall kommt eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Darlehensrückzahlungen im Zusammenhang mit der im November 2016 erworbenen Wohnung daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

Zudem ist, wie das Finanzamt zutreffend ausgeführt hat, nach dem Gesetzeswortlaut nur die Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen bzw. deren Sanierung begünstigt. Aufwendungen zur Errichtung von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen liegen nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude bzw. die Wohnung selbst herstellt bzw. herstellen lässt, also Bauherr ist (vgl. , mwN). Die Bauführungen müssen dabei der Schaffung von neuem, dh. bisher nicht vorhandenem Wohnraum dienen (vgl. , sowie Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a, § 18 Rz 151, und Zorn/Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, 65. Lfg., § 18 Rz 44, mwN).

Der Erwerb einer bereits fertiggestellten (bestehenden) Eigentumswohnung (eines Eigenheimes) stellt sohin keine Errichtung in diesem Sinne dar und ist somit nicht nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 begünstigt (vgl. , sowie Renner in Doralt/ Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a, § 18 Rz 151, und Zorn/Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, 65. Lfg., § 18 Rz 51, jeweils mwN). Auch Aufwendungen für den Erwerb von Einrichtungsgegenständen dienen nicht der Schaffung von neuem Wohnraum und sind daher nicht als Sonderausgaben absetzbar (vgl. Zorn/Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, 65. Lfg., § 18 Rz 49, mwN).

Der Beschwerde konnte diesbezüglich daher kein Erfolg beschieden sein.

Ergänzend wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass die - im Vorlageantrag auch nicht bekämpfte - Nichtberücksichtigung des Pendlerpauschales in der Beschwerdevorentscheidung im Hinblick auf die ungeachtet der mehrfachen Vorhalte des Finanzamtes nicht erfolgten Angaben der Beschwerdeführerin betreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und der dazu ergangenen Pendlerverordnung zu Recht erfolgt ist und der angefochtene Bescheid daher im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abzuändern und gesamthaft gesehen somit spruchgemäß zu entscheiden war.

IV. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage der Berücksichtigung von Darlehensrückzahlungen als Sonderausgaben wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100015.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at