Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung in einer Parkometerangelegenheit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , Zahl: MA67/216701276880/2021, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Vollstreckungsverfügung bestätigt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/216701276880/2021, wurde Herr ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem 14 Stunden festgesetzt. Auf Grund der Anrechnung des verspätet einbezahlten Organstrafverfügungsbetrages von € 36,00 betrug der zu zahlende Gesamtbetrag € 24,00.
Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung, Zahl: MA67/216701276880/2021, da die mit Strafverfügung vom , Zahl: MA67/216701276880/2021, verhängte rechtskräftige Strafe bis heute nicht bezahlt worden sei. Die offene Forderung inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr gemäß § 54b Abs. 1a VStG) betrage € 29,00. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages gemäß § 3 und § 10 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 - VVG die Zwangsvollstreckung verfügt.
In der Beschwerde vom (Datum des Poststempels) wurde ausgeführt:
"Zum wiederholten Male werde ich wegen einer Parkometerstrafe gemahnt. Sämtliche diesbezüglichen Klärungen wurden ignoriert. Es ist ärgerlich, der unnötige Aufwand ist völlig inakzeptabel, weshalb ich dieses Schreiben auch an die Volksanwaltschaft in cc weiterleite.
Die gegenständliche Parkometerstrafe vom Dezember 2021 wurde bereits fristgerecht bezahlt. Das Fahrzeug wurde von Frau ***1*** genutzt, falsch abgestellt und somit hat sie auch die daraus resultierende Strafe beglichen (Zahlungsanweisung anbei).
Der Vorgang wurde per E-Mail mitgeteilt (Nachricht anbei).
Ich ersuche Sie erneut, ihre Evidenz zu überprüfen."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 17 Zustellgesetz normiert:
"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).
§ 3 VVG normiert:
"(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist."
§ 35 EO normiert:
"(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, können im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Exekutionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte."
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist, dass ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. z.B. ). Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).
Unzulässig ist eine Vollstreckung daher nur dann, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, ein solcher der verpflichteten Partei gegenüber nicht wirksam geworden ist oder der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist bzw. bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.
Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 19) wurde die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/216701276880/2021, die der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt, bei der Post Geschäftsstelle 1230 hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten, nachdem am an der Abgabestelle des Beschwerdeführers ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden war.
Die Strafverfügung wurde am vom Empfänger übernommen.
Es wurde keine mangelhafte Zustellung geltend gemacht.
Zudem wurde von Frau ***1*** erhobene Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung mit - in Rechtskraft erwachsenem - Bescheid vom mangels Parteistellung zurückgewiesen.
Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass die Strafverfügung durch deren Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung am rechtmäßig zugestellt und dem Beschwerdeführer gegenüber wirksam wurde.
Dem Vorbringen in der Beschwerde, die Parkometerstrafe vom Dezember 2021 sei bereits fristgerecht bezahlt worden, ist Folgendes entgegenzuhalten:
An dem in Rede stehenden Kraftfahrzeug wurde im Zeitpunkt der Beanstandung am eine Organstrafverfügung mit einem Strafbetrag von € 36,00 angebracht. Laut dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Bankbeleg wurde die Überweisung des Strafbetrages am in Auftrag gegeben.
Gemäß § 50 Abs. 6 VStG ist, wenn der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages verweigert, die Organstrafverfügung gegenstandslos, wobei die Unterlassung der Einzahlung binnen einer Frist von zwei Wochen als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages gilt; der Lauf der Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Beleg am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten übergeben wurde. Im Fall der Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages ist die Anzeige an die Behörde zu erstatten.
Da der Strafbetrag von € 36,00 erst am und somit nicht innerhalb der mit Ablauf des begonnenen Zweiwochenfrist einbezahlt wurde, ist die Organstrafverfügung gegenstandslos geworden. Ist eine Organstrafverfügung aufgrund verspäteter Einzahlung gegenstandslos geworden, kommt dieser für das in der Folge eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren auch unter dem Gesichtspunkt der Höhe der sodann festgesetzten Geldstrafe keine rechtliche Bedeutung zu ().
Wird der Strafbetrag nach Ablauf der Zweiwochenfrist bezahlt und weist der Beschuldigte die Zahlung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach, so ist der Strafbetrag gemäß § 50 Abs. 7 VStG zurückzuzahlen oder anzurechnen. Eine solche Anrechnung ist, wie aus der aktenkundigen Strafverfügung vom hervorgeht, erfolgt.
Ebenfalls aktenkundig ist, dass die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung mit der Strafverfügung vom , Zahl: MA67/216701276880/2021, übereinstimmt und der in der Strafverfügung festgesetzte Gesamtbetrag in Höhe von € 24,00 (nach Anrechnung des verspätetet einbezahlten Organstrafverfügungsbetrages von € 36,00) im Zeitpunkt der Erlassung der Vollstreckungsverfügung noch nicht getilgt war.
Weil der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung eine rechtskräftige Strafverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt und die Frage der Rechtsmäßigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgeworfen werden darf, kann das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe das Fahrzeug nicht gelenkt, der Beschwerde nicht zum angestrebten Erfolg verhelfen.
Die vorliegende Beschwerde vermochte keine Rechtswidrigkeit der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung aufzuzeigen und war daher abzuweisen.
§ 44 VwGVG normiert:
"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."
Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (Rechtsfrage der Zulässigkeit einer inhaltlichen Einwendung im Vollstreckungsverfahren) behauptet wurde.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 35 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 § 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500398.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
RAAAC-31990