Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2022, RV/7103049/2022

Rückerstattete Sozialversicherungsbeiträge (Aufteilung auf inländisches und ausländisches Dienstverhältnis)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103049/2022-RS1
Der Ansässigkeitsstaat Österreich kann beim vorliegenden Sachverhalt, Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen bei zwei Dienstverhältnissen (inländisches und ausländisches), den rückerstatteten Betrag in inländische nichtselbständige Einkünfte und solche aus ausländischen Progressionseinkünften nach Maßgabe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge für das inländische bzw. das ausländische Dienstverhältnis aufteilen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Contenda Wirtschaftstreuhand- gesellschaft m.b.H., Stubenring 6 Tür 8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** DS ***1*** vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabengutschrift von € 2.070,00 ergeben sich aus der rechtswirksam zugestellten Beschwerdevorentscheidung v. .


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Berechnung 2020
Arbeitgeber 1 nsa Einkünfte
83.415,06
***5***-Rückerstatte SV-Beiträge
4.889,37
Pauschbetrag /Werbungskosten
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
88.172,45
Sonderausgaben/Pauschbetrag
-60,00
Sonderausgaben/Zuwendungen
-30,00
Durchschnittssteuersatz 41,24 % v. € 88.082,45 Einbeziehung von ausländischen Progressionseinkünften beim AG 2 in der Höhe von € 54.289,73(Formel-Steuerberechnung siehe EDV-Berechnungsprogramm)
36.325,20
-Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
35.925,20
Steuer für sonstige Bezüge
754,28
Einkommensteuer
36.679,48
-anrechenbare Lohnsteuer
- 29.904,16
  1. 0,32
Festgesetzte Einkommensteuer
6.775,00
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (ger.)
-8.845,00
Abgabengutschrift
2.070,00

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Im gegenständlichen Beschwerdefall waren rückerstattete Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung ertragsteuerlich zu beurteilen.

Ursächlich für die Rückerstattung von SV-Beiträgen im Jahre 2020 war die vom zuständigen Sozialversicherungsträger im Nachhinein geänderte Abrechnung wegen Überscheitens der Höchstbeitragsgrundlage gemäß ASVG im Jahre 2019 bei zwei Dienstverhältnissen (inländisches und ausländisches Dienstverhältnis in Deutschland).

Rechtsansicht des FAÖ DS ***1***:

Die Rückerstattung (unstrittig betraglich € 10.277,94) sei - wie die Einbehaltung der SV-beiträge - im selben Verhältnis (55,5 % inländischen nichtselbständige Einkünfte und 44,5 % ausländische Progressionseinkünfte) im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2020 aufzuteilen.

Rechtsansicht der steuerlichen Vertretung:

Die steuerliche Vertretung vertritt die Ansicht, dass eine Aliquotierung zu unterbleiben habe, und die rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträge zur Gänze als "ausschließliche Progressionseinkünfte" zu berücksichtigen seien. Inländische zu erfassende nichtselbständige Einkünfte könnten niemals vorliegen, weil Österreich nur den Progressionsvorbehalt auf die ausländischen Einkünfte habe.

Verfahrensgang

Im Zuge der Einkommensteuererklärung 2020 wurden vom Bf. ausländische Einkünfte als Progressionseinkünfte im Ausmaß von € 58.100,04 (deutsches Dienstverhältnis) erklärt.

Der ehemals zuständige SV-Träger (nunmehrige Österr. Gesundheitskasse/***5***) übermittelte einen Lohnzettel betreffend die Rückerstattung von über der Höchstbeitragsgrundlage nach ASVG liegenden entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen im Ausmaß von € brutto 10.277,94.

Im Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurden die von der ***5*** zuvor laut Lohnzettel übermittelten steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit zur Gänze als inländische Einkünfte bei der Einkommensteuerberechnung berücksichtigt.

Dagegen brachte der Bf., vertreten durch seine Steuerberatung, fristgerecht Beschwerde ein und beantragte, die Meldung der österreichischen Gesundheitskasse für 2020 im Ausmaß von € 8.809,66 "inaktiv" zu stellen. Auf die Anlage 1 wurde dabei hingewiesen.

Anlage 1: Sehr geehrte Damen und Herren! Bezugnehmend auf die Einreichung der Steuererklärungen 2020 für unseren oben angeführten Mandanten möchten wir folgenden Sachverhalt darstellen: Der Bf. ist seit in Deutschland als Geschäftsführer bei der ***4*** GmbH als Dienstnehmer tätig. Für diese Einkünfte ist It. DBA Österreich -Deutschland Art 16 (2) in Österreich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt anzuwenden. In 2019 wurden im Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis Sozialversicherungsbeiträge an die Österreichische Gesundheitskasse entrichtet. Da unser Mandant die Höchstbemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge jedoch mit seinem österreichischen Dienstverhältnis bei der ***6*** GmbH überschritten hat, wurden diese Beiträge in 2020 im Ausmaß von € 8.809,66 rückerstattet. Laut FinanzOnline erfolgte eine L5 Meldung von Seiten der Österreichischen Gesundheitskasse. Laut telefonischer Auskunft der Österreichischen Gesundheitskasse gibt es für die Österreichische Gesundheitskasse keine andere Möglichkeit als diese Beiträge als sonstige Bezüge mittels L5 zu melden, jedoch für unseren Mandanten stellen diese refundierten Österreichischen Gesundheitskasse Beiträge in Österreich keine steuerpflichtigen Einkünfte dar. Wir ersuchen daher, bei der Bescheiderlassung diesen Sachverhalt zu berücksichtigen und mit 0 anzusetzen. Da in 2019 diese SV Beiträge bei den ausländischen Einkünften für den Progressionsvorbehalt nicht abgezogen wurden, sind diese daher in 2020 nicht zu erhöhen.

In seiner Eingabe v. brachte der Bf. ergänzend vor:

"Nach der Rechtsprechung des VwGH v., Ra 2020/15/0077, sind geleistete österreichische Pflichtbeiträge für ausländische Einkünfte in Österreich abzugsfähig. Wir ersuchen daher, bei Nichtstattgabe der Beschwerde vom (d.h. Meldung der Österreichischen Gesundheitskassa für 2020 im Ausmaß von € 8.809,66 kann nicht inaktiv gestellt werden) die in 2020 bezahlten Beiträge an die Österreichische Gesundheitskasse (siehe Beilage 1) im Ausmaß von € 10.277,99 als Werbungskosten anzusetzen."

Beschwerdevorentscheidung v.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung v. wurde Folgendes ausgeführt:

"Rückbezahlte Werbungskosten sind immer jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind (VwGH 22. 09 .2021, Ra 2020/13/0111-7). Da die Sozialversicherungsbeiträge laut Aufschlüsselung der ***5*** (Österreichische Gesundheitskasse) monatlich anteilig für die inländischen Einkünfte und die ausländischen Progressionseinkünfte geleistet wurden, ist die Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls im selben Verhältnis aufzuteilen. Laut Übermittlung der ***5*** (L 5 Meldung) wurden € 10.277,94 an rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen festgestellt. Für das ausländische Dienstverhältnis wurden 44,5 % und für das inländische Dienstverhältnis 55,5 % bezahlt (Anmerkung des BFG: ausgehend von der Summe der einbehaltenen Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung lt. ASVG). Die Rückerstattung (unstrittig € 10.277,94) sei daher im selben Verhältnis (55,5 % inländischen nsa Einkünften und 44,5 % ausländische Progressionseinkünfte) aufzuteilen:

Aufteilung in inländische Einkünfte:


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LZ 5 ***5***
KZ 210
5.704,26
KZ 220
814,89
KZ 245
4.889,37

Aufteilung in ausländische Progressionseinkünfte :

Die auf die deutschen Einkünfte entfallenden SV-Beiträge seien bei den Progressionseinkünften zu berücksichtigen (€ 4.573,68).

Weiters wurden die im Kalenderjahr 2020 bezahlten SV-Beiträge in Höhe von € 10 .283,95 (lt.***5***) als Werbungskosten bei den Progressionseinkünften abgezogen.

Vorlageantrag

Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag vom brachte der Bf. im Wesentlichen Folgendes vor:

"Im Auftrag unseres Mandanten stellen wir den oben angeführten Antrag im Zusammenhang mit dem Einkommensteuerbescheid2020 (Beschwerdevorentscheidung gern. §262BAO) vom mit folgender Begründung: Der Bf. bezog im Kalenderjahr 2020 einerseits Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der ***6*** GmbH (österreichisches Dienstverhältnis) und andererseits aus Deutschland als Geschäftsführerbei der ***4*** GmbH (Sitz in Deutschland Einkünfte aus einem weiteren Dienstverhältnis. Für diese "deutschen" Einkünfte ist laut DBA - Österreich Deutschland Artikel 16 (2) in Österreich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt anzuwenden. Es wurden in diesem Zusammenhang Sozialversicherungsbeiträge durch den deutschen Dienstgeber an die Österreichische Gesundheitskasse überwiesen. Da unser Mandant jedoch mit dem österreichischen Dienstverhältnis bereits die Höchstbemessungsgrundlage überschritten hat, wurden Beiträge im Zusammenhang mit dem deutschen Dienstverhältnis in 2020 (für die in 2019 entrichteten Beträge im Ausmaß von € 10.277,94) (L5 Meldung der Gesundheitskasse in 2020) rückerstattet. Wir ersuchen diese refundierten SV-Beiträge steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind (in diesem Fall dem deutschen Dienstverhältnis). Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus dem deutschen Dienstverhältnis hat gem. Art. 16(2) DBA Ö/D Deutschland. Es sind diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt von der österreichischen Besteuerung befreit. Gemäß dem Erkenntnis des VwGH Ra 2020/13/0111, vom gilt, dass bei der Rückzahlung von Pflichtbeiträgen der Veranlassungszusammenhangmit einer bestimmten Einkunftsquelle (einer bestimmten Art von Einkünften) zu beachten ist. "...sind die rückgezahlten Pflichtbeiträge unabhängig von ihrer Einstufung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass Pflichtbeiträge im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einkünften bei Rückzahlung ebenso als steuerfrei zu behandeln sind. Die Sozialversicherungsbeiträge in Zusammenhangmit dem deutschen Dienstverhältnisse sind daher diesem zuzuordnen. Aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich somit, dass die Rückzahlung dieser Pflichtbeiträge als steuerfrei (mit Progressionsvorbehalt) zu behandeln sind -siehe insbesondere auch BFG GZ.RV/7101949/2021 vom ). Der Progressionsvorbehalt sei folgendermaßen anzusetzen:


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Geschäftsführerbezüge Deutschland (nsa Bezug) € 5.000 x 12 (12 x , weil keine Sonderzahlungen anfielen)
60.000
Sozialversicherungsbeiträge 2020 (unstrittig) siehe ergänzende Eingabe v. (lt.VwGH Ra 2020/15/0077)
-10.283,95
Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge aus 2019 im Jahre 2020 ("100 % ohne Splitting" als ausschließliche Progressionseinkünfte)
+10.277,94
Summe (PGV BMG neu lt. Bf.)
59.993,99

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schafft die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 nur eine Fiktion in Bezug auf die Zuordnung rückgezahlter Pflichtbeiträge zu den nichtselbständigen Einkünften auf der Einnahmenseite. Diese Fiktion vermag allerdings den Veranlassungszusammenhangmit einer bestimmten Einkunftsquelle (einer bestimmten Art von Einkünften) nicht zu durchtrennen. Daher bewirkt - auf der Ausgabenseite- die Rückzahlung der Pflichtbeiträge keine nachträgliche Umqualifizierung ihrer ursprünglichen Einstufung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben im Zeitpunkt der Bezahlung (vgl. , VwSlg. 8844/F). Umgekehrt - auf der Einnahmenseite - sind die rückgezahlten Pflichtbeiträge, unabhängig von ihrer Einstufung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass Pflichtbeiträge im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einkünften bei Rückzahlung ebenso als steuerfrei zu behandeln sind (vgl. , VwSlg. 8766/F, zu rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen im Zusammenhang mit gern. § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 steuerfreien Auslandseinkünften). Es waren im vorliegenden Fall die Sozialversicherungsbeiträge im Jahr ihrer Einbehaltung durch die ausländischen Einkünfte des Steuerpflichtigen veranlasst. Da für diese Einkünfte der Republik Österreich aufgrund des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens kein Besteuerungsrecht zustand, sollten sie lediglich bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen des Steuerpflichtigen(Progressionsvorbehält) herangezogen werden. Die L5 Meldung der Gesundheitskasse ist zur Gänze nicht in die österreichische Steuerbemessungsgrundlage aufzunehmen, sondern lediglich im Zusammenhang mit dem Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen (). Mit der Bitte um Stattgabe unseres Antrages verbleiben wir mit freundlichen Grüßen.

Das ***FA*** führt in seiner Stellungnahme vom Folgendes aus:

"Es liege ein Widerspruch im Vorbringen des Bfs. vor, wenn er ausführe, dass die Höchstbeitragsgrundlage bereits mit den Beiträgen für das österreichische Dienstverhältnis überschritten worden sei und er andererseits eine ausschließliche Veranlassung der Rückzahlung bei den ausländischen Einkünften begründet sehe. Insbesondere, wenn die Jahres Höchstbeitragsgrundlage 73.080 bereits mit den Beiträgen des inländischen Dienstverhältnisses überschritten wurde, könnten die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge keinesfalls ausschließlich im Zusammenhang mit den Beiträgen für das ausländische Dienstverhältnis angefallen seien.Nach dem Schreiben der ***5*** vom seien bei der Berechnung der Beitragsrückerstattung die Bewertungsgrundlagen für das inländische und das ausländische Dienstverhältnis addiert worden.Von der Gesamtsumme der Beitragsgrundlagen wurden anschließend die Höchstbeitragsgrundlage abgezogen, wodurch sich die Bemessungsgrundlage für die rück gezahlten Sozialversicherungsbeiträge ergeben habe. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Rückerstattung der Beiträge sowohl durch die inländischen als auch durch die ausländischen Einkünfte im Verhältnis der übrigen Beitragszahlung veranlasst gewesen sei. Laut dem Erkenntnis des Ra 2020/13/0111 seien die rückgezahlten Pflichtbeiträge steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen seien. Die in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommenen Zuordnung der rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge im Verhältnis der im Jahre 2019 für das inländische sowie das ausländische Dienstverhältnis entrichteten Beiträge (55,5 %/Inland bzw. 44,5 % /Deutschland) entspreche der zitierten Rechtsprechung. Die im Jahre 2020 gezahlten Sozialversicherungsbeiträge für das ausländische Dienstverhältnis in Höhe von € 10.283,95 (laut Bestätigung der ***5*** von ) seien stattgebend als Werbungskosten bei den Progressionseinkünften in Abzug zu bringen. Das ***FA*** beantragt daher eine Entscheidung im Sinne der der Beschwerdevorentscheidung."

Am wurde der Beschwerdefall dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit E-Mail des FAÖ DS ***1*** v. wurde nochmals auf die Berechnung in der Beschwerdevorentscheidung v. hingewiesen.

Mit E-Mail v. legte die stl. Vertretung eine - ihrer Ansicht nach - richtige Neuberechnung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. wohnt in Österreich in ***Bf1-Adr***. Der Bf. bezog im Beschwerdezeitraum jeweils nichtselbständige Einkünfte (Aktivbezüge) und zwar

- als Angestellter seines Arbeitgebers 1, der ***2*** GmbH mit Sitz in ***3***,

bzw.

auch als Geschäftsführer (Dienstverhältnis lt. Anstellungsvertrag) bei seinem Arbeitgeber 2, der ***4*** GmbH mit Sitz in Deutschland. Das Besteuerungsrecht für die deutschen nichtselbständigen Einkünfte hat unstrittig gem. Art 16 Abs. 2 DBA BGBL III 182/2022 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung Deutschland.

Der Bf. ist mit seinen beiden Dienstverhältnissen in Österreich sozialversicherungspflichtig.

Der zuständige SV-Träger hat im Jahre 2019 sowohl die auf das österr. Dienstverhältnis als auch auf das ausländische Dienstverhältnis entfallenden Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgerechnet. Diese Zahlungen betrafen beide Dienstverhältnisse (inländisches und ausländisches Dienstverhältnis /lt. Im Vorhalteverfahren vorgelegter Abrechnung mit der ***5*** v. ).

Infolge Überschreitens der Höchstbeitragsgrundlage nach ASVG schon durch das inländische Dienstverhältnis und das deutsche Dienstverhältnis für das Jahr 2019 kam es schließlich nach der Aktenlage (Auskunftsverfahren der belangten Behörde mit der ***5***) zu einer Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Jahre 2020. Diese Rückzahlung betrug unstrittig der Höhe nach € 10.277,94 (und zwar Pensionsversicherungsbeiträge € 6.155,98, Krankenversicherungsbeiträge € 2.321,96 u. Arbeitslosenversicherungsbeiträge im Ausmaß v. € 1.800,00). Die rückgezahlten SV-Beiträge hatten ihre Wurzel im Jahre 2019 (Einbehaltung durch den zuständigen SV-Träger in Österreich für beide Dienstverhältnisse). Wie dieser Betrag zu versteuern ist, bildete im Wesentlichen den Beschwerdegegenstand.

Die im Jahre 2020 gezahlten Sozialversicherungsbeiträge für das ausländische Dienstverhältnis in Höhe von € 10.283,95 (laut Bestätigung der ***5*** von -siehe Eingabe der stl. Vertretung v. ) sind unstrittig als Werbungskosten bei den ausländischen Progressionseinkünften in Abzug zu bringen(unstrittig).

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt [(Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen bei zwei Dienstverhältnissen (davon 1 ausländisches Dienstverhältnis in Deutschland)] ist unstrittig.

Der Sachverhalt ergab sich aus der elektronischen Aktenvorlage der belangten Behörde (insbesondere dem umfangreichen Auskunftsverfahren der belangten Behörde mit der ***5*** insbesondere v. sowie v. bzw. v. ) sowie der Lohnzetteldatenbank und dem Vorbringen beider Parteien.

Die Berechnungsansätze der Parteien unterscheiden sich (siehe E-Mail des FAÖ DS ***1*** v. (Hinweis auf die Berechnung lt. BVE v.) bzw. Neuberechnung der stl. Vertretung v. im E-Mail v. ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Unionsrecht:

Art. 13 der VO (EG) Nr. 883/2004 lautet:

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und

eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

Österreichischer Wohnsitz (und damit Ansässigkeit iSd des Art 4 DBA Ö/D BGBl III 2002/182 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung):

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Der Bf. ist unbeschränkt steuerpflichtig. Ansässigkeitsstaat ist Österreich im Sinne des Art 4 des DBA mit Deutschland BGBl III 182/2002.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland

Für die deutschen Einkünfte (ausländisches Dienstverhältnis) ist das DBA mit Deutschland BGBl III 182/2002 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung anzuwenden:

Artikel 15

Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich - Deutschland, BGBl. III Nr. 182/2002, ordnet dem Ansässigkeitsstaat grundsätzlich das ausschließliche Besteuerungsrecht für Vergütungen für unselbständige Arbeit zu. Diese Zuordnung des Besteuerungsrechts wird dann durchbrochen, wenn die unselbständige Tätigkeit im anderen Staat "ausgeübt" wird (wobei Art. 15 Abs. 2 DBA für diese Durchbrechung gegenständlich nicht interessierende Ausnahmen enthält). Entscheidend für ein Besteuerungsrecht des Quellenstaates ist somit, dass die Arbeit dort ausgeübt wird. Im Erkenntnis von , 2012/15/0128, hat der Verwaltungsgerichtshof zum insoweit gleich lautend formulierten Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz ausgesprochen, dass die Zuordnung des Besteuerungsrechts hinsichtlich einzelner konkreter Zahlungen dabei nach kausalen Gesichtspunkten (arg: "dafür bezogene Vergütungen" in Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz) erfolgt. Die Zahlungen müssen ihren Grund in der im Quellenstaat ausgeübten Tätigkeit haben (vgl. Prokisch in Vogel/Lehner, DBA6, Art. 15 Rz. 16). Es ist jedoch nicht maßgebend, zu welchem Zeitpunkt oder in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung einzelne Zahlungen für eine im Quellenstaat ausgeübte Tätigkeit erfolgen (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz. 77).

Rückfallsklausel?

Zu Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich - Deutschland, BGBl. III Nr. 182/2002, besteht zwischen den Vertragsstaaten Einverständnis darüber, dass sich der Begriff "Vergütungen, wenn sie im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind" auf jegliche Arbeit bezieht, die im anderen Vertragsstaat steuerlich erfasst worden ist. Durch die Bestimmung werden die Besteuerungsrechte des Tätigkeitsstaates nicht eingeschränkt. Erfolgt eine Besteuerung im Tätigkeitsstaat erst im Nachhinein, wird ein hierdurch ausgelöster Besteuerungskonflikt auf der Grundlage von Art. 25 behandelt (vgl. Protokollvereinbarung anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen den beiden Staaten am ). Wie Schilcher/Stefaner, Die Bedeutung des Tätigkeitsstaatsprinzips in Art. 15 DBA-Deutschland, in SWI 2005, 9 f, ausführen, besteht kein klar umrissener aus dem OECD-Musterabkommen ableitbarer Anwendungsbereich der von der bilateralen Vertragspraxis sehr unterschiedlich formulierten Subject-to-tax-Klauseln. Zur streitgegenständlichen Subject-to-tax-Klausel unterstreiche das Protokoll zu Art. 15 Abs. 4 DBA, dass die Besteuerungsrechte des Tätigkeitsstaates dadurch nicht eingeschränkt werden sollten. Auch eine "Nullbesteuerung" im Tätigkeitsstaat sei nicht schädlich, sofern sichergestellt sei, dass der Tätigkeitsstaat Kenntnis von seiner Steuerbefugnis erlangt habe. Dies könne letztlich nur bedeuten, dass weder persönliche noch sachliche Steuerbefreiungen im Tätigkeitsstaat zu einem Eingreifen der Subject-to-tax-Klausel führen. Nach einer Auslegung kann die Rückfallklausel nach Art. 15 Abs. 4 DBA nur dann greifen, wenn im Tätigkeitsstaat gesetzwidriger Weise keine Steuer entrichtet wurde. Nach den deutschen Gesetzesmaterialien (Deutscher Bundestag 14/7913) dient die "Rückfallklausel" für Arbeitnehmer der Vermeidung so genannter weißer Einkünfte (siehe dazu auch RV/3100253/2013 beim Sachverhalt von Bonuszahlungen).

Ob der Bf. den betreffenden "Vermögenszugang (hier die deutschen Einkünfte) " in Deutschland deklariert hat oder ein Lohnsteuerabzug durch seinen AG 2 erfolgte, war hier nicht zu prüfen, weil es eben nur um die rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträge in Österreich ging.

Artikel 16

Aufsichtsrats- und Geschäftsführervergütungen

(1) Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats einer Gesellschaft bezieht, die im anderen Vertragsstaat ansässig ist, dürfen im anderen Staat besteuertwerden.

(2) Ungeachtet der Artikel 14 und 15 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer oder als Vorstandsmitglied einer Gesellschaft bezieht, die in dem anderen Vertragsstaat ansässig ist, im anderen Staat besteuert werden.

Für die in Deutschland erzielten Einkünfte hat daher nach Art 16 Abs. 2 DBA Deutschland das Besteuerungsrecht.

Allgemeines: Übt der ausländische Staat zunächst sein Besteuerungsrecht aus und wird später auf Grund eines Rechtsmittelverfahrens entschieden, dass das Besteuerungsrecht zu Unrecht ausgeübt wurde, kommt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO nicht in Betracht. Bei einer nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens erfolgenden Beseitigung der Besteuerung im Ausland handelt es sich um neu entstandene, nicht aber um neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO, weshalb der Neuerungstatbestand in einem solchen Fall nicht zur Durchbrechung der Rechtskraft des inländischen Einkommensteuerbescheides herangezogen werden kann. Der nachträgliche Wegfall der Besteuerung in Deutschland stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO und keinen geeigneten Wiederaufnahmegrund dar (vgl. Schilcher, Die tatsächliche Besteuerung als maßgebendes Kriterium für die Festlegung des Quellenstaates nach den Doppelbesteuerungsabkommen, in Gassner/Lang/Schuch/Staringer, Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 400 ff; ebenso Ritz, Abänderung nach § 295a BAO, SWK 2003, S 880).

Die Parteien gehen übereinstimmend beim gegebenen Sachverhalt von der Anwendung dieses Art 16 Abs. 2 DBA Ö/D aus.

Artikel 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

(1) Bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt: ………(hier nicht der Fall)

(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.

b) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 10, 11, 13 Absatz 2 und 17 Absatz 1 Satz 2 und 3 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen, so rechnet die Republik Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Bundesrepublik Deutschland gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Bundesrepublik Deutschland bezogenen Einkünfte entfällt.

c) …..

d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

Daraus folgt, dass Österreich das Recht (Argument : "dürfen") hat, die ausländischen Einkünfte unter Progressionsvorbehalt in das österreichische Einkommen einzubeziehen (siehe auch VwGH Ro 2014/15/0050 v.).

Unabhängig davon sind "reine innerstaatliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" (zumindest anteilig wie hier für die rückerstatteten SV-beiträge nach Maßgabe der einbehaltenen Beiträge) in Österreich zu erfassen (so die Auffassung der belangten Behörde und des Richters -siehe Berechnungsmethode in der Beschwerdevorentscheidung v. ).

Innerstaatliche Rechtslage

Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften

§ 41 EStG 1988

(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1…..

2……

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind.

Lohnsteuerabzug in besonderen Fällen

§ 69 Abs. 5 EStG 1988 normiert:

Bei Auszahlung von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d hat die auszahlende Stelle bis 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel sind ein Siebentel der ausgezahlten Bezüge als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen. Ein vorläufiger Lohnsteuerabzug hat zu unterbleiben.

Hinweis: Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2020, BGBl I Nr.91/2019, wurde eine Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug für ausländische Arbeitgeber ohne Betriebsstätte in Österreich ab dem Kalenderjahr 2020 eingeführt. Mit dem Covid-19-Steuermaßnahmengesetz wurde diese Verpflichtung wieder beseitigt. Für jene Fälle, in denen der ausländische AG in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige AN beschäftigt, die tatsächlich überwiegend in Österreich tätig sind (wie hier -siehe Homeoffice Kosten lt Einkommensteuererklärung 2020) und für die kein freiwilliger Lohnsteuerabzug vorgenommen wurde, wurde eine Verpflichtung zur Übermittlung der Daten im Sine einer Lohnbescheinigung gesetzlich verankert. Diese muss Namen, Wohnsitz, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnr. und Bruttobezüge ausweisen (siehe Punkt 1 der Wartungsinfo zur Anwendung u. Auslegung von DBA in Zusammenhang mit der Covid-Pandemie 19 v. , 2022-0.433.029).

Vorliegen von nichtselbständigen Einkünften (2 Dienstverhältnisse, davon 1 ausländisches Dienstverhältnis)

Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit d EStG 1988 (eingeführt durch Abgabenänderungsgesetz 1998 , Art I Z 5, BGBl.Nr. I 28/1999 ab dem Jahre 1999) normiert Folgendes:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind:

"Rückzahlung von Pflichtbeiträgen, soferne diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne der Z 1 einbehalten wurden"

Z 1: Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis ...

UFS-Judikatur zur Einnahmenseite (Rückerstattete Pflichtbeiträge im Falle eines nur innerstaatlichen Sachverhaltes):

Der Richter des Bundesfinanzgerichtes beschäftigte sich schon zu Zeiten des UFS in seinen Entscheidungen zu RV/1799-L/02 Text + Stammrechtssatz v. sowie v. , RV/0872-L/04 mit ähnlichen- nur innerstaatlichen - Beschwerdefällen. In diesen Falkonstellationen entstand die Rückzahlung, weil die gesamten erwerbswirtschaftliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Land-und Fortswirtschaft die Höchstbemessungsgrundlage der Sozialversicherung überstiegen. Die auf solche Art und Weise zu viel bezahlten Pflichtbeiträge wurden der Bfin. rückerstattet.

In den rechtlichen Ausführungen findet sich Folgendes:

"Unstrittig (auch der Höhe nach) ist , dass im Jahre … Sozialversicherungsbeiträge rückgezahlt wurden. Rückgezahlte Pflichtbeiträge (jedweder Art) sind nach dieser Gesetzesbestimmung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wenn Pflichtbeiträge auch aufgrund von nichtselbständigen Einkünften einbehalten wurden. Der Gesetzgeber wollte offensichtlich in solchen Fällen der Rückzahlung die bestehenden steuermindernden Werbungskosten (Sozialversicherungsbeiträge aus dem Bereich eines Dienstverhältnisses) ausgleichen. Die Bfin. betrieb im Jahre ..eine Land-und Forstwirtschaft und stand unbestritten in einem Versicherungsverhältnis als Versicherungsangestellte. Diese Gegebenheiten führen (in Verbindung mit der angeführten Gesetzesnorm) dazu, dass die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge als Einnahmen aus der Einkunftsart nichtselbständige Arbeit einzustufen sind (Abweisung des Beschwerdebegehrens)."

Im konkreten Beschwerdefall liegt aber ein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. Die Ausblendung der DBA-Bestimmungen wäre nach der Auffassung des Richters beim gegebenen unstrittigen Sachverhalt nicht zulässig.

Rückerstattete SV-Beiträge in der Pensionsversicherung

§ 70 ASVG in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung

(1) Überschreitet in einem Kalenderjahr

1.bei einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigung oder

2.bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigungen

die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung - einschließlich der Sonderzahlungen - die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit, wobei sich deckende Beitragsmonate nur ein Mal zu zählen sind, so hat die versicherte Person Anspruch auf Beitragserstattung nach Abs. 2. Gleiches gilt für die Erstattung von Beiträgen bei gleichzeitigem Vorliegen einer oder mehrerer Pflichtversicherungen nach dem GSVG oder BSVG, wenn ausschließlich Beiträge nach dem ASVG entrichtet wurden. Monatliche Höchstbeitragsgrundlage ist der 35fache Betrag der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 1.

(2) Der versicherten Person sind 45% der auf den Überschreitungsbetrag entfallenden aufgewerteten Beiträge zu erstatten, und zwar bis zum 30. Juni des Kalenderjahres, das dem Jahr der gänzlichen Entrichtung dieser Beiträge für ein Kalenderjahr folgt, erstmals bis zum für die im Jahr 2019 gänzlich für ein Kalenderjahr entrichteten Beiträge; die Aufwertung der Beiträge erfolgt mit dem ihrer zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktor (§ 108 Abs. 4). Ist jedoch das APG anzuwenden, so ist in gleicher Weise nur der Überschreitungsbetrag nach § 12 Abs. 1 zweiter Satz APG zu erstatten, wenn die Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit das gesamte Kalenderjahr hindurch bestanden hat; ist dies nicht der Fall, so ist die für die Erstattung maßgebliche Jahreshöchstbeitragsgrundlage - auf Antrag der versicherten Person - abweichend von § 12 Abs. 1 zweiter Satz APG aus der Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen zu bilden.(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 1 Z 55, BGBl. I Nr. 100/2018)…

Erstattung von Beiträgen in der Krankenversicherung

§ 70a ASVG in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung

(1) Überschreitet bei in der Krankenversicherung Pflichtversicherten nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz in einem Kalenderjahr die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung und der beitragspflichtigen Pensionen einschließlich der Sonderzahlungen die Summe der Beträge des 35fachen der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs. 1 für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung (Abs. 2), wobei sich deckende Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nur einmal zu zählen sind, so hat der leistungszuständige Versicherungsträger nach Abs. 3 der versicherten Person die auf den Überschreitungsbetrag entfallenden Beiträge zur Krankenversicherung in jener Höhe zu erstatten, in der diese Beiträge von der versicherten Person zu tragen sind.

(2) Als Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß Abs. 1 sind alle Kalendermonate zu zählen, in denen der (die) Versicherte zumindest für einen Tag in der Krankenversicherung pflichtversichert war.

(3) Der durch die Richtlinien nach § 30a Abs. 1 Z 33 festzulegende leistungszuständige Versicherungsträger hat die Beitragserstattung bis zum 30. Juni des Kalenderjahres, das dem Jahr der gänzlichen Entrichtung der Beiträge zur Krankenversicherung für ein Kalenderjahr folgt, durchzuführen, erstmals bis zum für die im Jahr 2019 gänzlich für ein Kalenderjahr entrichteten Beiträge.

Auf die Bestimmung des § 45 Arbeitslosenversicherungsgesetzes wird zur Höhe der Rückerstattung verwiesen.

VwGH -Rechtsprechung

Jüngst hatte sich der VwGH in seinem Erkenntnis v. Ra 2020/15/0077 mit der Frage von ausländischen Pflichtbeiträgen als Betriebsausgaben in Österreich (Art 18 DBA Deutschland 2002 (zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/3100513/2019, Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit) beschäftigt (Sachverhalt: Geschäftsführer einer in Österreich ansässigen Gesellschaft, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer Vermietungstätigkeit betreffend ein österreichisches Vermietungsobjekt sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer eines in Deutschland, wo der Revisionswerber beschränkt steuerpflichtig ist, ansässigen Unternehmens und Sozialversicherungspflicht in Österreich).

Der VwGH stellte folgende Rechtssätze zu dieser Frage fest:

-Ist eine Person innerhalb der Europäischen Union in zwei oder mehr Mitgliedstaaten tätig, ist sie nach den Regelungen der Verordnung (EG) zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit Nr. 883/2004 dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats zu unterwerfen, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen zu vermeiden.

-Die Frage, ob eine abgabepflichtige Person pflichtversichert war und die von ihr geforderten und bezahlten Beiträge daher Pflichtversicherungsbeiträge waren, ist nach der Rechtsprechung des VwGH ausschließlich nach Sozialversicherungsrecht zu beurteilen ( 90/14/0265). Ausschlaggebend ist dabei, ob die Beitragsleistung die abgabepflichtige Person auf Grund einer zwingenden Vorschrift trifft, der sie sich nicht entziehen kann.

-Es würde dem Sachlichkeitsgebot widerstreiten, Beiträge, die zu Einkünften in Form von Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 führen, im Ergebnis vom Abzug auszuschließen (vgl. 2004/15/0038, mit Hinweis auf G 101/84). Pflichtbeiträge zur Pensionsversicherung zählen gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 zu den Betriebsausgaben und werden dadurch einkommensmindernd berücksichtigt. Wenn aber das Betriebsergebnis, dem die Pflichtbeiträge zuzuordnen sind, im Einzelfall im Einkommen nicht erfasst werden kann (etwa, weil das DBA eine Steuerbefreiung anordnet) und im Quellenstaat keine steuerliche Berücksichtigung erfolgt, muss dennoch die einkommensmindernde Berücksichtigung der Pensionsbeiträge über eine entsprechende Zuordnung zu den inländischen Einkünften gewährleistet sein. In einer Konstellation, wo also im Quellenstaat keine steuerliche Berücksichtigung von Pensionsbeiträgen erfolgt, muss daher die einkommensmindernde Berücksichtigung der Pensionsbeiträge auch schon auf der Grundlage des originär innerstaatlichen Rechts in Österreich gewährleistet werden, weshalb den gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 zu den Betriebsausgaben zählenden Pflichtbeiträgen zur Pensionsversicherung ihre steuerliche Wirksamkeit durch Anwendung der DBA-Freistellungsmethode nicht genommen werden darf.

-Zwar hat der Gesetzgeber des EStG 1972 und nachfolgend des EStG 1988 die Pflichtversicherungsbeiträge zur Sozialversicherung - in Abkehr von deren vorheriger Einstufung als Sonderausgaben - in § 4 und § 16 zu Aufwendungen gemacht, die bereits bei der Ermittlung derjenigen Einkünfte in Abzug zu bringen sind, mit denen sie im Zusammenhang stehen (vgl. dazu näher 90/14/0265). Diese regelungstechnische Zuordnung zum Bereich der Einkünfteermittlung ist aber - wie bereits die Rechtslage vor dem EStG 1972 zeigt - nicht zwingend, wenn der Gesetzgeber sich für eine einkommensteuerliche Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen entscheidet. Die kausale Verknüpfung bei Pflichtversicherungsbeiträgen besteht in erster Linie zwischen den Beitragsleistungen einerseits und dem Versicherungsschutz der versicherten Person andererseits. Pflichtversicherungsbeiträge werden bezahlt, um in den Versicherungsfällen von Unfällen, Krankheit, Invalidität oder Alterspension Versicherungsleistungen zu erhalten. Sie dienen der persönlichen Absicherung der Steuerpflichtigen. Der Bezug zum Betrieb besteht demgegenüber nur darin, dass die betriebliche Tätigkeit Anknüpfungspunkt einer Versicherungspflicht im Rahmen des GSVG 1978 ist und die erzielten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage für die Beitragsleistungen eingehen. Nach dem Gesagten dient die steuerliche Berücksichtigung von sozialversicherungsrechtlichen Pflichtbeiträgen - jedenfalls im Hinblick auf Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung - der steuerlichen Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse der Abgabepflichtigen. Die einkommensteuerliche Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse von in der EU grenzüberschreitend tätigen Personen obliegt im Zweifel dem Ansässigkeitsstaat (vgl. dazu C-234/01, Gerritse, Rz 48; , C-80/94, Wielockx).

-Wenn das nationale Einkommensteuerrecht eines Mitgliedstaates in Bezug auf die im Mitgliedstaat ansässigen Personen die steuermindernde Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse vorsieht, so darf der Mitgliedstaat, soweit eine Deckung in dem ihm zukommenden Steueranspruch besteht ,diese Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse unionsrechtlich nicht einseitig zurücknehmen, weil die Person ihre wirtschaftliche Betätigung auch in einem anderen Mitgliedstaat ausübt oder ausgeübt hat ( Ro 2015/15/0010, unter Hinweis auf C-385/00, F W L de Groot, Rz 98 ff, EuZW 2003, 114 ff mit ausführlicher Urteilsanmerkung). Es besteht unionsrechtlich die primäre Verpflichtung des Ansässigkeitsstaates, die persönlichen Verhältnisse der grenzüberschreitend Tätigen in gleicher Weise zu berücksichtigen wie jene der ausschließlich im Mitgliedstaat Tätigen. Dieser Verpflichtung kann sich der Mitgliedstaat nicht dadurch entledigen, dass er Aufwendungen, die den persönlichen Bereich der Steuerpflichtigen betreffen, zwar als einkommensmindernd anerkennt, sie aber durch eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung dem Bereich der Gewinnermittlung (als Betriebsausgabe) zuordnet. Die Niederlassungsfreiheit gebietet es daher, grundsätzlich auch jenen Teil der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung des Revisionswerbers, welcher der gewerblichen Tätigkeit im Rahmen des in Deutschland gelegenen Gewerbebetriebes (Einzelunternehmen) zugeordnet werden kann und dort keine steuerliche Berücksichtigung gefunden hat, von dem in Österreich zu besteuernden Einkommen in Abzug zu bringen. Als Folge dessen können aber diese Sozialversicherungsbeiträge bei der für Zwecke des Progressionsvorbehalts erforderlichen - nach österreichischem Recht vorzunehmenden - Ermittlung des Gewinnes des in Deutschland gelegenen Gewerbebetriebes nicht (zusätzlich) in Abzug gebracht werden."

Als Resümee stellt der VwGH in Rz 32 fest:

"In einer Konstellation wie dem Revisionsfall, wo also - nach den Feststellungen des BFG - im Quellenstaat keine steuerliche Berücksichtigung von Pensionsbeiträgen erfolgt, muss daher die einkommensmindernde Berücksichtigung der Pensionsbeiträge auch schon auf der Grundlage des originär innerstaatlichen Rechts in Österreich gewährleistet werden, weshalb den gemäß § 4 Abs. 4 lit. a EStG 1988 zu den Betriebsausgaben zählenden Pflichtbeiträgen zur Pensionsversicherung ihre steuerliche Wirksamkeit durch Anwendung der DBA-Freistellungsmethode nicht genommen werden darf. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."

Eine umfassende Analyse dieses VwGH-Erkenntnisses im Falle von Sozialversicherungsbeiträgen und deren Einstufung als Betriebsausgaben in Österreich war die Folge:

Literaturliste

ARD 6785/15/2022: Ra 2020/15/0077 Pflichtversicherungsbeiträge als Betriebsausgaben -

Jus-Extra VwGH-F 2022/3610: Ra 2020/15/0077 Steuerliche Berücksichtigung der auf ausländische Betriebsstätteneinkünfte entfallenden Pflichtversicherungsbeiträge -

ÖStZB 2022/8: Ra 2020/15/0077 SV-Beiträge für ausländische Einkünfte - Betriebsausgaben -

PV-Info 6/2022, 15: VwGH zur Abzugsfähigkeit von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung (Alexandra Platzer) -

RdW 2022/110: VwGH zum Abzug inländischer Sozialversicherung auf Auslandseinkünfte (Nikolaus Zorn) -

SWI 2022, 380: VwGH zur steuerlichen Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen für ausländische Einkünfte (Theres Neumüller) -

SWK 2022, 366: Österreichische Pflichtversicherungsbeiträge für ausländische Einkünfte sind in Österreich abzugsfähig (Reinhold Beiser) -

SWK 2022, 389: Auf ausländische Einkünfte entfallende Pensionsbeiträge als Betriebsausgaben -

StExp 2020/231: BFG zur Abzugsfähigkeit österreichischer SV-Beiträge bei Auslandseinkünften - Entscheidung -

StExp 2022/89: BFG zur Abzugsfähigkeit von auf ausländische Einkünfte entfallenden SV-Beiträgen - Entscheidung -

Kofler in TPI 2017, 70, Die "Sperrwirkung" des Art 9 OECD-MA,

Zeitschriften

AnwBl 2022/276: Ra 2020/15/0077 Sozialversicherungsbeiträge für deutsche Betriebsstätteneinkünfte subsidiär in Österreich absetzbar; (Franz Philipp Sutter) -

ASoK 2022, 268: Steuerliche Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen für ausländische Einkünfte im Inland möglich (Alfred Shubshizky) -

taxlex-SRa 2022/47: Österreichische SV-Beiträge für deutsche Betriebsstätte (Christian Huber / Peter Pichler)

-SWI 2022, S.463 -Pacher - Pensionsanwartschaftsabfindung und Pensionszusagen im DBA Großbritanien-Sichtweisen aus innerstaatlichem Recht sowie DBA-Recht

Lang in SWI 2022,S. 453 -Anrechnungsmethode auf Einkünfte aus öff. Kassen nach dem DBA Schweiz

-BFG Journal 2022,49

BFG -Judikatur (Rückerstattete Pflichtbeiträge)

  1. RV/7101949/2021 (Geschäftsführer in der Slowakei,Art 15 Abs. 1 DBA CSSRS,ähnlicher Beschwerdefall, aber ohne inländischem anteiligem Besteuerungsanspruch -Besteuerungsrecht nur im Rahmen des PGV)

Ertragsteuerliche Behandlung erstatteter, - im Zusammenhang mit nicht der inländischen Besteuerung unterliegender Einkünfte - stehender Sozialversicherungsbeiträge:

Rechtssatz: "Bei rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen (Dienstnehmeranteilen) ist eine Prüfung des Veranlassungszusammenhanges mit den erzielten Einkünften unabdingbar, mit dem Ergebnis, dass exklusiv in Zusammenhang mit ausländischen, sprich ex DBA nicht der inländischen Besteuerung unterliegenden Einkünften stehende Beiträge nur bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen des Bf. (Progressionsvorbehalt) heranzuziehen sind ( Ra 2020/13/0111" -siehe BFG Journal 2022,49).

-Fortgesetzes Verfahren zu RV/3100013/2022 mit Stattgabe (nach RV/3100513/2019)

Zusammenfassung

Des Bundesfinanzgericht vertritt in Anwendung der Bestimmungen des § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, § 69 Abs. 5 EStG 1988, § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. d EStG 1988 (eingeführt durch Abgabenänderungsgesetz 1998, Art I Z 5, BGBl.Nr. I 28/1999 ab dem Jahre 1999) sowie § 70 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, § 70a ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, der Bestimmung des § 45 Arbeitslosenversicherungsgesetzes und den Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland zu Art 16 Abs. 2 DBA BGBl III 2002/182 idF BGBl III 2012/32 und Art 23 Abs. 2 lit d DBA Ö/D,) sowie Art. 13 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 folgende Auffassung:

Erzielt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger neben seinen nichtselbständigen Einkünften in Österreich beim Arbeitgeber 1 zusätzlich deutsche Einkünfte aus einem weiteren Dienstverhältnis beim AG 2 und ist - wie im vorliegenden Fall - unstrittig eine Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage gegeben -folgert daraus - weil Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet wurden - die Möglichkeit einer Aliquotierung des Rückerstattungsbetrages im Zuflussjahr (hier 2020) nach dem Verhältnis der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen beim AG 1 sowie beim AG 2 ("Kausalitätsjahr"2019 für beide Dienstverhältnisse).

Im gegenständlichen Fall ermittelte die belangte Behörde dieses Aufteilungsverhältnis mit einem Prozentsatz von 55,5 % (inländisches Dienstverhältnis) und von 44,5 % (ausländisches Dienstverhältnis).

Dadurch ergaben sich die im Spruch dieser Entscheidung ausgewiesenen inländischen Einkünfte gem. § 25 Abs. 1 Z 3 lit d EStG 1988 bzw. ausländische Progressionseinkünfte (Art 16 Abs. 2 lit d DBA D/Ö in Verbindung mit Art 23 Abs. 2 lit d DBA D /Ö und der Durchschnittssteuersatz v. 41,24 %.

Der österreichische Gesetzgeber stuft in § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. d EStG 1988 rückerstattete Pflichtbeiträge gleichsam "wie einen Lohn/Gehaltsbezug" ein und geht bei rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen von nichtselbständigen Einkünften aus (Fiktion).

Im gegenständlichen Fall ist die von der belangten Behörde gewählte Aufteilung nach der Summe der einbehaltenen Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung als rechtlich vertretbarer Lösungsansatz zu sehen:

Man muss beim gegebenen Sachverhalt (Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen Überscheitens der Höchstbeitragsgrundlage nach ASVG) zwischen den innerstaatlichen nichtselbständigen Einkünften (§ 25 Abs. 1 Z 3 lit d EStG 1988) und den ausländischen Progressionseinkünften (für Zwecke des PGV) trennen. Überdies wird in Art 23 Abs. 2 lit d DBA Ö/D geregelt, dass im Zusammenhang mit dem Progressionsvorbehalt nach dem DBA mit Deutschland von einem Recht des Ansässigkeitsstaates die Rede ist (Begriff "dürfen").

Das Bundesfinanzgericht folgt daher der Berechnungsweise, wie sie in der Beschwerdevorentscheidung vom vorgenommen wurde (inländische Einkünfte AG 1 von € 83.415,08 sowie ***5*** /Rückerstattete Pflichtbeiträge € 4.889,37 sowie ausländische Progressionseinkünfte AG 2 in der Höhe von € 54.289,73,Durchschnittssteuersatz 41,24 %). Diese Beschwerdevorentscheidung wurde rechtswirksam zugestellt.

Die Aufteilungsmethodik ist daher nach Ansicht des Richters zulässig (siehe dazu auch die Ausführungen zur ordentlichen Revisionszulassung). Die gewählte Berechnungsmethodik (nach Maßgabe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen) entspricht auch einer einfachen Administration.

Bei gegenteiliger Ansicht würde - im Verhältnis zu rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen ausschließlich auf der Basis von inländischen Dienstverhältnissen (im Falle des Überschreitens von Höchstbeitragsgrundlagen) -nach der Auslegung des Richters - ein Ungleichgewicht entstehen. Diese Sichtweise entspricht nach der Auffassung des Richters sowohl dem Sachlichkeitsgebot als auch dem Unionsrecht.

Der Berechnungsansatz der stl. Vertretung im Vorlageantrag v. (ausländische Progressionseinkünfte idH v. € 59.123,54, ***5*** € 0,00 sowie Durchschnittssteuersatz v.41,29 % (siehe E-Mail der stl. Vertretung v. ) wird vom Gericht abgelehnt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der jüngsten Zeit wurde vom VwGH v. Ra 2020/15/0077 festgestellt, dass geleistete österreichische Pflichtbeiträge für ausländische Einkünfte in Österreich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dies wurde nunmehr vom VwGH klargestellt.

Auch zur Frage des Progressionsvorbehaltes gibt es unzählige Judikate. Zuletzt hatte sich der VwGH auch mit einem in Österreich ansässigen und im Dienste der Schweizer Justiz tätigen Richter beschäftigt (Art 19 Abs. 1 DBA Schweiz - -lex specialis - öffentliche Kassen- Aufteilung von Besteuerungsrechten -Ort der Ausübung (Schweiz oder Österreich) -Schrankenwirkung- Homeoffice-Tage (unabhängig von der physischen Präsenz) -Anrechnungsmethode oder doch Befreiungsmethode mit PGV- Antragsveranlagung-kein Verzicht auf Abzugsteuer?-Verpflichtung zur Ausnutzung von Steuervorteilen? ).

Zur konkreten Frage, inwieweit bei einem Erwerbstätigen (Aktivbezüge) rückerstattete Pflichtbeiträge (Sozialversicherungsbeiträge) bei Vorliegen von zwei oder auch mehreren Dienstverhältnissen (Inland und Ausland) aufzuteilen sind und welcher Maßstab dabei zur Anwendung kommen soll (Berechnungsbasis), existiert keine Rechtsprechung des VwGH.

Nach Ansicht des Richters ist es dem Ansässigkeitsstaat nicht verwehrt, die rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträge, für die in Österreich teilweise Steuerpflicht besteht (§ 25 Abs 1 Z 3 lit d EStG 1988) , nach Maßgabe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge für das inländische und für das ausländische Dienstverhältnis aufzuteilen (Veranlassungsprinzip). Dadurch kommt es zu gekürzten Progressionseinkünften (einnahmenseitig) und zum Ansatz von teilweisen inländischen nichtselbständigen Einkünften im Zuflussjahr 2020.

Überdies wird bei zwei oder auch mehreren Dienstverhältnissen (im In -und EU-Ausland) in der Praxis vermutlich öfters eine Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlagen nach ASVG vorkommen, weswegen vom Gericht für die Klärung dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die ordentliche Revision zugelassen wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 16 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 ÜR, Einkommensteuergesetz 1988 ÜR (Artikel I Steuerreformgesetz 1993), BGBl. Nr. 818/1993
Schlagworte
Aufteilung des Rückerstattungsbetrages nach Maßgabe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge
PGV
Aliquotierung
Grenzüberschreitender Sachverhalt
DBA Deutschland Art.16 und Art 23
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103049.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at