Beginn des "Wunschstudiums" als "schädlicher Studienwechsel" ?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff Nr1, betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge
1. an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Oktober 2021 bis
Juni 2022 für den Sohn B
2. an Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2021 bis November 2021 für den Sohn C
3. an Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2021 bis Juni 2022 für den Sohn D
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Im Zuge der Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches der Frau ***Bf1*** (= Beschwerdeführerin, Bf) im Dezember 2021 ua. für den Sohn B, geb. 03/1999, wurden Studienbestätigungen der Universität Ort1 vorgelegt, wonach der Sohn B im Wintersemester (WS) 2021/2022 im Bachelorstudium Lehramt für Bewegung und Sport sowie Französisch (KZ UC 198 452 459; Aufnahme/Beginn 10/2019) und im Bachelorstudium Sportwissenschaft (Kz 033 628) zur Fortsetzung gemeldet war.
Laut Studienerfolgsbestätigungen hat er im Zeitraum 01/2020 bis 07/2021 (= WS 19/20 - Sommersemester/SS 2021) im Lehramtsstudium eine Vielzahl an Prüfungen im Ausmaß von gesamt 83,5 ECTS-Punkten abgelegt.
Weiters vorgelegt wurden Bestätigungen der XY-Fachhochschule Gesundheit, woraus hervorgeht, dass der Sohn B ab Semesterbeginn (1. Sem.) bzw. ab WS 2021/22 im Studium FH-Bachelor-Studiengang Physiotherapie (Kz 0501) zur Fortsetzung gemeldet ist und im WS 2021/22 Prüfungen im Umfang von gesamt 24,5 ECTS-Punkten absolviert hat.
2. Zufolge der vom Finanzamt abgefragten Studiendaten wurde das im WS 2019/20 (ab 10/2019) begonnene Lehramtsstudium, Kz UC 198 459 452, im August 2021, dh. nach vier Semestern, abgebrochen und wird ab 09/2021 das Hauptstudium Physiotherapie, Kz 0501, laufend betrieben.
3. Laut Internetabfrage des Finanzamtes zum XY-Studiengang Physiotherapie in Ort1 handelt es sich um ein Vollzeit-Studium, Dauer 6 Semester, wobei bei jährlichem Aufnahmerhythmus nach schriftlichem Online-Aufnahmetest 36 Studienplätze vergeben werden.
Österreichweit werden zum "FH-Studium Physiotherapie" in Summe 9 Studiengänge ausgewiesen.
4. Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , Ordnungsbegriff Nr1, von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) für den Sohn B für den Zeitraum Oktober 2021 bis inkl. Juni 2022 sowie an FB für die Söhne D und C für den Zeitraum Oktober 2021 bis Juni 2022 bzw. bis November 2021 in Höhe von insgesamt € 2.186,90 zurückgefordert.
Unter Verweis auf die bezughabenden Bestimmungen nach § 26 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) führt das Finanzamt in seiner Begründung aus:
Ab dem WS 2021/22 lägen im Lehramtsstudium keine ECTS-Punkte mehr vor; zugleich habe der Sohn B auf den FH-Bachelor-Studiengang Physiotherapie gewechselt. Es handle sich um einen schädlichen Studienwechsel mit einer Stehzeit von 4 Semestern bzw. aufgrund des Covid-Semesters im SS 2020 verringere sich diese auf 3 Semester. Die FB stehe erst wieder ab März 2023 zu. Hinsichtlich der Söhne D und C stehe die FB-Geschwisterstaffel nicht mehr zu.
5. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird die Bescheidaufhebung beantragt und im Wesentlichen vorgebracht:
Der Sohn B habe immer schon den Wunsch gehabt, Physiotherapie zu studieren, und sei im Frühling 2019 erstmals zur Aufnahmeprüfung angetreten. Da er nicht angenommen worden sei, habe er alternativ mit dem Lehramtsstudium Sport und Französisch begonnen. Er sei im Jahr 2020 zum zweiten Mal an der Aufnahmeprüfung für "Physiotherapie" gescheitert. Erst beim dritten Antreten 2021 sei er angenommen worden. Er habe somit im Herbst 2021 endlich mit dem Wunschstudium an der Fachhochschule beginnen können, aus welchem Grund er das Lehramtsstudium (mit erreichten 83,5 ECTS) beendet habe. Zusätzlich habe er das Bachelorstudium "Sportwissenschaften" inskribiert, worauf er sich die bisherigen ECTS aus dem Lehramtsstudium "Sport" habe anrechnen lassen. Beide Studien wolle er erfolgreich abschließen.
Zum Nachweis wurden zwei Bestätigungen der XY vorgelegt, woraus hervorkommt, dass der Sohn B in den Jahren 2019 (am ) und 2020 am Aufnahmeverfahren für den FH-Bachelor-Studiengang Physiotherapie teilgenommen hat, jedoch "aufgrund des Ergebnisses und der begrenzten Ausbildungsplätze" nicht für die Studienjahre 2019/20 und 2020/21 aufgenommen werden konnte.
6. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde nach Darlegung der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen wie folgt begründet:
"Ihr Sohn B studierte mangels Aufnahme für das Studium Physiotherapie von Oktober 2019 bis September 2021 das Bachelorstudium Lehramt Sport und Französisch.
Im Herbst 2021 wurde er für das Studium Physiotherapie aufgenommen und begann dieses Studium.
Auch wenn es sich bei diesem Studium um das Wunschstudium des Sohnes handelt, sind die vorher inskribierten Semester zu berücksichtigen. Das Covidsemester-Sommersemester 2020 wird bei den Vorstudienzeiten nicht gerechnet.
Somit liegt ein schädlicher Studienwechsel nach 3 Semestern vor …".
7. Im Vorlageantrag vom wird darauf repliziert, es handle sich nicht um einen "schädlichen Studienwechsel", sondern um den Wechsel zum Wunschstudium, dessen Möglichkeit zur Aufnahme der Sohn B immer jährlich wahrgenommen und schließlich nach dem dritten Anlauf mit dem Wunschstudium begonnen habe.
Beiliegend wurden nochmals ua. die XY-Bestätigungen über die jährliche Teilnahme des Sohnes an den Aufnahmetests vorgelegt.
8. Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht (BFG) wird vom Finanzamt zum Sachverhalt noch angeführt, dass der Sohn B vom bis den Zivildienst geleistet hat.
II. Sachverhalt:
Der im März 1999 geborene Sohn der Bf, B, hat im März 2017 die Volljährigkeit erreicht. Er hat, noch während der Ableistung des Zivildienstes von 08/2018 bis 04/2019 (lt. FA im Vorlagebericht), erstmals im Feber 2019 am jährlich stattfindenden Aufnahmetest für das Fachhochschul-Studium "Physiotherapie" teilgenommen, konnte allerdings zufolge des Ergebnisses und der begrenzten Teilnahmeplätze (max. 36) nicht aufgenommen werden (lt. XY-Teilnahmebestätigung).
Aus diesem Grund hat er ab dem WS 2019/20 das Lehramtsstudium Sport und Französisch begonnen, welches er zielstrebig betrieben hat (siehe abgefragte Studiendaten; Studienerfolgsbestätigung der Universität Ort1).
Der zweite XY-Aufnahmetest im Jahr 2020 ist ebenso fehlgeschlagen (lt. vorgel. XY-Bestätigung/Absage für 2020/21). Erst nach dem dritten Antreten 2021 konnte der Sohn an der XY aufgenommen werden und hat er den Bachelor-Studiengang Physiotherapie ab dem WS 2021/22 (ab Ende September 2021) an der Fachhochschule begonnen und hier im 1. Semester gesamt 24,5 ECTS-Punkte erreicht (siehe Studiendaten; Semesterbestätigung und Studienerfolgsbestätigung der XY).
Das bisherige Lehramtsstudium (mit bis inklusive SS 2021 erreichten 83,5 ECTS-Punkten) wurde zugleich, dh. nach 4 Semestern, beendet. Daneben hat der Sohn das Studium "Sportwissen-schaften" neu inskribiert und sich die aus dem Lehramt "Sport" erreichten ECTS anrechnen lassen (lt. eigenen Angaben und Studiendaten).
III. Beweiswürdigung:
Obiger Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den beigebrachten Unterlagen, den eigenen Angaben der Bf sowie den vom Finanzamt durchgeführten Erhebungen (ua. Internet-Abfrage zu den Aufnahmevoraussetzungen des XY-Studienganges), und ist insoweit völlig unbestritten.
Das Finanzamt hat ua. den Sachverhaltsangaben der Bf im Zuge des Verfahrens dahin, dass es sich beim Studiengang "Physiotherapie" um das von vorneherein beim Sohn bestehende Wunschstudium gehandelt habe, nicht widersprochen (siehe Begründung der BVE).
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts (BFG) ist es im Rahmen der freien Beweiswürdigung als glaubwürdig zu erachten, dass das FH-Studium der Physiotherapie von vorneherein das Wunschstudium des Sohnes war. Dieser Umstand wird auch durch die regelmäßige Teilnahme an den diesbezüglich erforderlichen Aufnahmetests zwecks Zulassung zu einem der begrenzt vorhandenen Studienplätze sowie durch den nächstmöglichen Studienbeginn nach dem dritten, positiv abgelegten Test ab WS 2021/22 bei gleichzeitiger Beendigung des bisherigen Lehramtsstudiums bestätigt. Wie aus den abgefragten XY - Zugangsvoraussetzungen hervorgeht, findet zum Studiengang Physiotherapie einmal jährlich ein erforderlicher Aufnahmetest statt und werden maximal 36 Studienteilnehmer pro Jahr aufgenommen.
IV. Rechtslage:
A) Gesetzliche Bestimmungen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 376/1967 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
….
lit b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit.
Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
….
lit d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; ….
lit e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § …. und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § … begonnen oder fortgesetzt wird, …
Gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt sich der Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die die FB gewährt wird, wobei die FB-Höhe nach dem Alter in Abs. 2 Z 3 und der zusätzliche Erhöhungsbetrag (= "Geschwisterstaffel") ua. bei drei Kindern in Abs. 3 Z 3 lit b dieser Bestimmung näher geregelt wird.
Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenaus-gleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
In § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG), BGBl 305/1992 idgF, wird zum "Studienwechsel" bestimmt:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.
(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
B) Rechtsprechung:
a) Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen:
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungs-pflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. ; ), also auf das Fehlen der Anspruchs-voraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ).
Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. ; ).
b) Studienwechsel:
Jeder der in § 17 Abs. 1 Z 1-3 StudFG genannten Tatbestände stellt je ein selbständiges Ausschlussmerkmal dar ().
Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender/eine Studierende das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor (vgl. ; ).
Ein Studienwechsel liegt auch vor, wenn der/die Studierende ein von ihm/ihr bisher betriebenes Studium nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betreibt, sondern neben diesem Studium oder im Anschluss an dieses Studium ein anderes Studium beginnt, das er/sie ernsthaft und zielstrebig betreibt (vgl. ).
c) Frühestmöglicher Beginn eines "Wunschstudiums" in Zhg. mit einem allfälligen Studienwechsel:
In seiner Rechtsprechung hat sich der VwGH wiederholt zur Frage des frühestmöglichen Zeitpunkts des Beginns eines Wunschstudiums nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit e FLAG 1967 und zum allfälligen Vorliegen eines Studienwechsels geäußert:
Dem Erkenntnis des 2012/16/0088, lag an Sachverhalt zugrunde, dass der Sohn des Bf nach Ende des Ausbildungsdienstes am in der letzten Augustwoche 2011 ein Medizinstudium begonnen und die Zeit bis dahin mit einem Sprachkurs, einem Praktikum und einem begonnenen Biologiestudium überbrückt hat.
Laut VwGH liege der Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Sohn des Bf hätte frühestmöglich im Herbstsemester 2010/2011 mit dem Medizinstudium beginnen können, die unrichtige Rechtsauffassung zu Grunde, dass es für die Zulassung zum Studium nicht des positiven Abschlusses des Auswahlverfahrens bedürfe. Zudem habe der Bf zutreffend eingeräumt, dass es nicht auf allfällige Möglichkeiten vor Beendigung des Ausbildungsdienstes, sondern auf die ab diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse ankommt. Stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf den Umstand, der Sohn des Bf habe tatsächlich das Biologiestudium begonnen, was er bereits ein Semester früher hätte tun können, stellt sie andererseits im Einklang mit dem Vorbringen des Bf fest, die gewünschte Ausbildung des Sohnes des Bf sei das Studium der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität gewesen. Hat der Sohn des Bf nach dem Ausbildungsdienst die ins Auge gefasste Ausbildung des Studiums der Humanmedizin dann auch tatsächlich zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, dann ist der (frühere) Beginn des Biologiestudiums nicht maßgeblich. Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführte Erkenntnis vom , 2011/16/0057, liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde, dort wurde nach einer Aufnahmephase - anders als im Beschwerdefall - das gewünschte Studium nicht begonnen. Für die Beantwortung der im Beschwerdefall wesentlichen Rechtsfrage finden sich im zitierten Erkenntnis keine Anhaltspunkte. Wäre der Beginn der vom Sohn des Bf auch tatsächlich begonnenen Berufsausbildung des Studiums der Humanmedizin nach der Beendigung des Ausbildungsdienstes am wegen der Zulassungsvoraussetzung eines Aufnahmeverfahrens erst im Sommer 2011 frühestens mit dem Wintersemester 2011/12 möglich gewesen, läge ein Fall des § 2 Abs. 1 lit e FLAG vor, weshalb für die Zeit zwischen der Beendigung des Ausbildungsdienstes und dem Beginn der Berufsausbildung, Familienbeihilfe zustünde.
Dem Erkenntnis Ro 2018/16/0048, liegt der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter S ein Harfestudium beginnen wollte. Tatsächlich sei nach Beendigung der Schulausbil-dung im Oktober 2014 mit dem Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaft" und anderen Studien begonnen worden, da zwar die jährlichen Zulassungsprüfungen zum Harfestudium an der MUK Privatuniversität Wien bestanden worden seien, es aber an Studienplätzen gemangelt habe. Tatsächlich wurde dann im Sommersemester 2016 an der Universität für Musik und darstellende Kunst mit dem Harfestudium begonnen. Der VwGH hat ua. ausgeführt:
29 Der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG ist grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.
30 So hat es der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, betreffend die insoweit vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als unmaßgeblich erachtet, dass der Sohn des damaligen Beschwerdeführers als Überbrückung vor der Aufnahme des gewünschten und tatsächlich begonnenen Studiums der Humanmedizin das Biologiestudium begonnen hat.
31 Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auslösende, Berufsausbildung dar.
32 Erfüllt ein zur Überbrückung der Wartezeit nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG aufgenommenes Studium aber nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, kann mit der Aufnahme des Wunschstudiums zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber auch kein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegen. Damit stellen sich aber Fragen zur Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln für den Anspruch auf Familienbeihilfe von vornherein nicht.
33 Dem Umstand, dass die frühestmögliche Aufnahme des von vornherein ins Auge gefassten Studiums mit der Aufgabe (Abbruch) des zur Überbrückung der Wartezeit begonnenen Studiums für die Frage der Familienbeihilfe keinen Studienwechsel darstellt, für die Frage der Studienbeihilfe jedoch nach den Bestimmungen des § 17 StudFG schon, stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Widerspruch dar, verfolgen das FLAG und das StudFG doch unterschiedliche Zielsetzungen. So handelt es sich bei der Familienbeihilfe um einen vom Einkommen des Anspruchsberechtigten grundsätzlich unabhängigen Beitrag zur Unterhaltslast, während die Studienbeihilfe einen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängigen Beitrag zu den Kosten des Studiums darstellt.
34 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die gewünschte Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde.
35 Wie sich aus dem (zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG ergangenen) Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, ableiten lässt, ist in einem solchen Fall für die Frage der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG maßgebend, ob die tatsächlich begonnene Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde. Nur in diesem Fall kommt ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und der tatsächlich aufgenommenen Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG in Betracht. Für die tatsächlich aufgenommene Berufsausbildung steht aber (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ein eigenständiger Familienbeihilfen-anspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu. Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.
36 Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu. …..
Zufolge Ra 2019/16/0131, komme es im Ergebnis darauf an, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird. Wird die gewünschte Berufsausbildung nicht aufgenommen, kommt ein Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d oder lit. e FLAG nur dann in Betracht, wenn mit der tatsächlich aufgenommenen Ausbildung zu dem für diese Ausbildung frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (mit Verweis auf ).
Dem Erkenntnis Ra 2020/16/0033, lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter J im Februar 2019 die Reifeprüfung abgelegt und das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate März und April 2019 zurückgefordert hat, weil sich die Tochter seit der Reifeprüfung nicht mehr in Berufsausbildung befinde. Das BFG vertrat die Ansicht, dass keine Rückforderung zu erfolgen habe, da die Tochter die nur einmal jährlich stattfindende Zulassungsprüfung im Mai 2019 für ein Kunststudium erfolgreich abgelegt und daraufhin zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Oktober 2019 zu studieren begonnen habe. Der VwGH hat in Abweisung der Amtsrevision unter anderem ausgeführt:
… 23 Nur ausnahmsweise ist eine ex post Betrachtung vorzunehmen, wenn etwa die Höhe eines beihilfenschädlichen Einkommens des Kindes zu prüfen ist (§ 5 Abs. 1 FLAG; vgl. ) oder wenn zur Anspruchsvoraussetzung zu prüfen ist, ob nach dem Anspruchszeitraum eine Berufsausbildung zum "frühestmöglichen" Zeitpunkt begonnen wird (§ 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG). Solche ex post Betrachtungen können dann ebenso zur Rückforderung nach § 26 Abs. 1 FLAG führen wie Rückforderungen, weil die Anspruchsvoraussetzungen von vorneherein nicht oder nicht mehr vorgelegen sind.
….
28 Die weitere Berufsausbildung wird nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung etwa wegen der durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu erst später erfolgt oder wenn ein zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Aufnahmetest oder eine Aufnahmeprüfung nicht bestanden wird. Damit ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht erfüllt (vgl. auch , VwSlg 8.643/F, und ).
29 Dem Risiko, solche Zulassungsvoraussetzungen nicht zu erfüllen, kann u.a. dadurch begegnet werden, dass vorerst eine Tätigkeit aufgenommen wird (zB ein anderes Studium begonnen wird), welche bei späterer tatsächlicher Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen für die (primär) angestrebte Berufsausbildung wieder aufgegeben wird und aus der Sicht der Familienbeihilfe bei Beginn der (primär) angestrebten Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt als Berufsausbildung außer Betracht zu bleiben hat (vgl. ) und im Falle eines Studiums nicht zu einem Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt (vgl. ).
….
31 Somit muss nach Abschluss der Schulausbildung nicht irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. auch ).
…..
36 Doch ist es für den Beginn der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung nicht erforderlich, sich bereits vor Abschluss der - für die weitere Berufsausbildung allenfalls gar nicht vorausgesetzten - Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen.
37 Im Revisionsfall durfte das Bundesfinanzgericht anhand der von ihm getroffenen Feststellungen davon ausgehen, dass J nach Abschluss der Schulausbildung am die von ihr angestrebte Berufsausbildung durch ein Diplomstudium der bildenden Kunst nach positiver Absolvierung des dafür vorgesehenen Aufnahmeverfahrens mit dem Wintersemester 2019/2020 zum frühest möglichen Zeitraum begonnen hat und dass die Mitbeteiligte die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Streitzeitraum März und April 2019 nicht zu Unrecht bezogen hat.
Für den Beginn der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung ist es nicht erforderlich, sich bereits vor Abschluss der Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen ( Ra 2019/16/0002, mit Verweis auf ).
(siehe zu vor auch in: , mit weiteren ausführlichen hg. Judikaturverweisen)
V. Erwägungen:
Im Gegenstandsfall gilt zu beurteilen, ob überhaupt ein Studienwechsel vorliegt, diesfalls § 17 StudFG anzuwenden ist. Ein solcher Studienwechsel nach dem - wie hier - dritten inskribierten Semester (§ 17 Abs. 1 Z 2 StudFG) stellt grundsätzlich einen - im Hinblick auf den FB-Anspruch - "schädlichen Studienwechsel" dar, der gemäß § 17 Abs. 4 StudFG erst dann nicht mehr zu beachten ist, wenn im neuen Studium so viele Semester wie im vorhergehenden Studium zurückgelegt wurden, wobei anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium diese Wartezeit verkürzen.
Sollte also ein Studienwechsel vorgelegen haben, wäre das Finanzamt im Recht, dass ab dem Beginn des FH-Studienganges Physiotherapie im WS 2021/22 bzw. ab Ende September 2021 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Sohn B mehr gegeben wäre, weil vom zuvor betriebenen Bachelor-Lehramtsstudium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wurde und die Wartezeit zu beachten ist.
Nach oben dargestelltem Sachverhalt steht fest, dass der Sohn zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Abschluss der Schulausbildung samt anschließend abgeleistetem Zivildienst (bis April 2019) und nach Zulassung bzw. Aufnahme zum XY-Studienlehrgang ab Ende September 2021 das Studium der Physiotherapie begonnen hat, für das er zum ehestmöglichen Zeitpunkt (bereits noch während Ablegung des Zivildienstes) erstmals im Feber 2019 sowie jährlich zwei weitere Male zum erforderlichen Auswahlverfahren angetreten ist. Das offenkundig nur zur Überbrückung zwischen dem WS 2019/2020 und SS 2021 betriebene Lehramtsstudium Sport und Französisch wurde mit Beginn des Wunschstudiums unmittelbar abgebrochen.
Laut oben ausführlich dargestellter VwGH-Rechtsprechung hat der VwGH bereits mehrfach dahingehend entschieden, dass der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 oder nach § 2 Abs. 1 lit e FLAG 1967 grundsätzlich unabhängig davon ist, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung bzw. der Beendigung ua. des Zivildienstes und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird. Diese Überbrückung kann auch mit einem weiteren Studium erfolgen. Wird die (primär) ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung/der Beendigung des Zivildienstes und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit d oder lit e FLAG 1967. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 auslösende Berufsausbildung dar (vgl. ; ). In diesem Fall stellt sich daher auch nicht die Frage eines Studienwechsels unter Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln (vgl. abermals ; ).
Als entscheidungswesentlich ist es sohin zu erachten, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" bzw. eben das "Wunschstudium" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (vgl. ; ). Der Sohn B der Bf ist - wie bereits angesprochen - nach Beendigung von Schulausbildung und Zivildienst ab dem Jahr 2019 zu jedem verfügbaren (einmal jährlich stattfindenden) Aufnahmetest an der Fachhochschule XY für das Physiotherapiestudium angetreten, insofern ihm keinerlei Verzögerung zur Last gelegt werden könnte (vgl. zB ). Allerdings hat er diesen Test erst im Jahr 2021 sozusagen positiv absolviert, ist von der XY als Studienteilnehmer aufgenommen worden und hat das Studium zum nächstmöglichen Termin ab Ende September 2021 begonnen. Wenn aber gegenständlich der betr. Studienbeginn wegen eines Auswahlverfahrens erst nach diesem Verfahren möglich ist, steht für die Zeit zwischen der Beendigung des Zivildienstes und dem Studienbeginn (des Wunschstudiums) die Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit e FLAG 1967 zu.
Das im WS 2021/22 begonnene FH-Studium der Physiotherapie wurde daher im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildienstes und positiver Absolvierung des erforderlichen Aufnahmeverfahrens begonnen.
Da das vorhergehende Lehramtsstudium in Anbetracht des primär angestrebten Wunschstudiums sohin nur ein "Überbrückungsstudium" war, hat dieses laut VwGH als Berufsausbildung außer Betracht zu bleiben (vgl. ) und führt nicht zu einem Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG unter Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln (vgl. ).
VI. Ergebnis:
Mangels Vorliegens eines Studienwechsels, geschweige denn eines "schädlichen" Studienwechsels iSd Bestimmung nach § 17 StudFG, erweist sich der angefochtene Rückforderungsbescheid hinsichtlich des Sohnes B sowie davon abgeleitet auch hinsichtlich der weiteren Söhne der Bf, D und C, betreffend die Rückforderung der sogen. "Geschwisterstaffel" als insgesamt rechtswidrig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der Frage, ob in Zusammenhalt mit dem angestrebten Wunschstudium allenfalls ein "schädlicher Studienwechsel" vorliegt, ergibt sich in Anwendung der bezughabenden, oben dargelegten VwGH-Judikatur. Insofern liegt keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" vor und ist eine Revision daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 Abs. 1 Z 1 bis 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100491.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at