Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2022, RV/4300001/2019

Grob fahrlässige Abgabenverkürzung gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, geboren am ***1***, Str. 17, ***2*** Ort, Warenhandel, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Klagenfurt als Finanzstrafbehörde vom , nach in Abwesenheit der Beschuldigten und in Abwesenheit der Amtsbeauftragten Mag.a M am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beschwerde der Beschuldigten wird teilweise Folge gegeben und das im Übrigen unverändert bleibende Erkenntnis der Finanzstrafbehörde im Ausspruch über die Strafe und die Kosten dahingehend geändert, dass es zu lauten hat:

Über ***Bf1*** wird gemäß § 34 Abs. 3 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 550,00 verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden in Höhe von € 55,00 festgesetzt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Finanzamtes Klagenfurt als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer ***3***, wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) schuldig erkannt, im Amtsbereich des Finanzamtes unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, Umsätze nicht vollständig erklärt und dadurch Umsatzsteuern des Jahres 2012 iHv Euro 1.714,00, des Jahres 2013 iHv Euro 5.599,00, des Jahres 2014 iHv Euro 3.606,80 und des Jahres 2015 iHv Euro 290,80, sohin insgesamt Abgabenverkürzungen iHv Euro 11.210,60, bewirkt und hiedurch die Finanzvergehen der grob fahrlässigen Abgabenverkürzungen gemäß § 34 (1) Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen zu haben.

Über die Beschuldigte wurde eine Geldstrafe iHv Euro 2.700,00 verhängt. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe wurde mit 13 Tagen ausgemessen. Die Kosten des Verfahrens wurden iHv Euro 270,00 festgesetzt.

Das Erkenntnis wurde damit begründet, dass die Bf. Rechnungen mit Umsatzsteuer und UID Nummer ausgestellt habe, ohne diese gegenüber dem Finanzamt offenzulegen. Sie habe für ihren Bruder (Zustelldienstleister) als "offizielle" Rechnungsausstellerin fungiert.

Dabei wäre sie verpflichtet gewesen, sich zu vergewissern, dass die Rechnungen auch ordnungsgemäß der Umsatzsteuer unterworfen werden. Dadurch, dass sie dies unterlassen hat, habe die Bf. grob fahrlässig gehandelt.

Abgabenverfahren:

Das Finanzamt führte im Unternehmen der Bf. für den Zeitraum 2012-2015 eine Außenprüfung gemäß §§ 147 ff. Bundesabgabenordnung (BAO) und für das Jahr 2016 eine Nachschau gemäß § 144 BAO durch (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.02.***7***, ABNr.:Nummer, Nachschaubericht):

Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung im Einzelunternehmen der Bf. (Warenhandel, Pension/Asylunterkünfte, Holzhandel) stellte der Prüfer fest, dass im Prüfungszeitraum im Unternehmen Rechnungen mit UID Ausweis an die Firma ***4*** Handelsges.m.b.H über erbrachte Zustelldienstleistungen (Zeitungen, Arzneimittel, etc.) ausgestellt wurden, welche nicht zur Umsatzsteuer erfasst und erklärt worden sind. Die Beschuldigte hat es demnach unterlassen diese mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellten Ausgangsrechnungen an die GmbH der Umsatzsteuer zu unterziehen.

Festgestellt wurde, dass die Ausgangsrechnungen für Zustelldienstleistungen erstellt worden sind, welche durch den Bruder der Beschuldigten als Einzelunternehmer erbracht und geleistet worden sind. Ein Leistungsaustausch zwischen der Bf. und der Rechnungsempfängerin (GmbH) fand nicht statt. Vielmehr betrafen diese Rechnungen (Transportrechnungen) Transport- bzw. Zustelldienstleistungen, die durch den Bruder der Bf. an die GmbH erbracht wurden (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung v. , ABNr. Nummer). Die Rechnungen wiesen die UID Nummer der Bf. aus. Diese Vorgangsweise wurde gewählt, weil der Bruder über keine Gewerbeberechtigung und UID Nummer verfügt hat.

In Tz. 1 "USt Schuld lt. Rechnungen" des Prüfberichtes brachte der Prüfer die erstellten Ausgangsrechnungen, welche bisher nicht der Umsatzsteuer unterzogen wurden in den Jahren 2012 bis 2016, wie folgt zum Ansatz:

2012 2013 2014 2015 2016

Umsatzerlöse
netto 20% 8.570,00 27.995,00 18.034,00 1.454,00 22.900,00

Die Umsätze (20%) wurden um die Umsatzerlöse laut Ausgangsrechnungen an die GmbH erhöht und die Umsatzsteuer mitsamt den Umsatzsteuernachforderungen festgesetzt.

Das Finanzamt nahm die Verfahren mit Bescheid vom wieder auf und setzte die Umsatzsteuern 2012, 2013, 2014, 2015 mit Umsatzsteuerbescheiden vom fest.

Umsatzsteuer 2012:

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer (USt) 2012 gegen die Beschwerdeführerin (Bf) festgesetzt. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 666 festgesetzt. Das Verfahren betreffend USt 2012 wurde mit Bescheid vom wiederaufgenommen. Zeitgleich erging ein neuer USt-Bescheid 2012. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 5.107 festgesetzt. Der Umsatz 20% wurde in Höhe von Euro 20.514,40, der Umsatz 10% wurde in Höhe von Euro 37.999,90 festgesetzt. Die Umsatzsteuer 20% wurde in Höhe von Euro 4.202,88, die Umsatzsteuer 10% in Höhe von Euro 3.799,99 festgesetzt. Die Vorsteuer wurde in Höhe von Euro 2.795,87 festgesetzt. Dieser Bescheid vom erwuchs in Rechtskraft.

Die Bf. brachte einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein, welcher durch das Finanzamt abgewiesen wurde. In der Beschwerde gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages u.a. betreffend USt 2012 vom brachte die Bf vor:

Auf Grund der Insolvenz der GmbH im September 2012 seien die Entgelte aus mehreren Ausgangsrechnungen des Jahres 2012 nie vereinnahmt worden. Dies betreffe Beträge in Höhe von Euro 1.770 , 1.734, 1.980, 1332, 1.896, 1.650, 1.416, 864 und 840 (Ausgangsrechnungen Nr. 108-116 /2012 vom Feber-September 2012).

Umsatzsteuer 2013:

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer (USt) 2013 gegen die Beschwerdeführerin (Bf) festgesetzt. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 241,27 festgesetzt.

Das Verfahren betreffend USt 2013 wurde mit Bescheid vom wiederaufgenommen. Zeitgleich erging ein neuer USt-Bescheid 2013. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 8.282,27 festgesetzt. Der Umsatz 20% wurde in Höhe von Euro 37.628, der Umsatz 10% wurde in Höhe von Euro 42.710,98 festgesetzt. Die Umsatzsteuer 20% wurde in Höhe von Euro 7.525,60, die Umsatzsteuer 10% in Höhe von Euro 4.271,10 festgesetzt. Die Vorsteuer wurde in Höhe von Euro - 3.514,43 festgesetzt. Der Bescheide vom erwuchs in Rechtskraft.

Mit ihrer Eingabe vom samt der Beilage vom beantragte die Bf die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend u.a. USt 2013.

Die Bf brachte vor, die tatsächlichen Einnahmen des Jahres 2013 hätten Euro 69.986,98 betragen, und nicht Euro 80.338,98. Zudem seien Vorsteuern im Zusammenhang mit Subunternehmern nicht berücksichtigt worden.

Das Finanzamt (FA) wies den Wiederaufnahmeantrag ab (Bescheid vom ).

In ihrer Beschwerde vom gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages u.a. betreffend USt 2013 brachte die Bf vor, das FA habe zu Unrecht die Vorsteuern im Zusammenhang mit Rechnungen der Subunternehmer 2013 und 2014 nicht berücksichtigt.

Das FA wies die Beschwerde ab [Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ]. Die Bf brachte einen Vorlageantrag (Eingabe vom ) ein.

Umsatzsteuer 2014:

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer (USt) 2014 gegen die Beschwerdeführerin (Bf) festgesetzt. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 526,41 festgesetzt.

Das Verfahren betreffend USt 2014 wurde mit Bescheid vom wiederaufgenommen. Zeitgleich erging ein neuer USt-Bescheid 2014. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 7.291,21 festgesetzt. Der Umsatz 20% wurde in Höhe von Euro 30.064,29, der Umsatz 10% wurde in Höhe von Euro 53.890 festgesetzt. Die Umsatzsteuer 20% wurde in Höhe von Euro 6.012,86, die Umsatzsteuer 10% in Höhe von Euro 5.389 festgesetzt. Die Vorsteuer wurde in Höhe von Euro -4.110,65 festgesetzt. Dieser Bescheid vom erwuchs in Rechtskraft.

Mit ihrer Eingabe vom samt der Beilage vom beantragte die Bf. die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend u.a. USt 2014.

Die Bf brachte vor, die tatsächlichen Einnahmen / Entgelte des Jahres 2014 hätten Euro 80.557,96 betragen, und nicht Euro 83.954,29. Zudem seien Kosten/Vorsteuern im Zusammenhang mit Subunternehmern nicht berücksichtigt worden.

Das Finanzamt (FA) wies den Wiederaufnahmeantrag ab (Bescheid vom ).

In ihrer Beschwerde vom gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages u.a. betreffend USt 2014 brachte die Bf vor, das FA habe zu Unrecht die Kosten/Vorsteuern im Zusammenhang mit Rechnungen der Subunternehmer 2014 nicht berücksichtigt.

Das FA wies die Beschwerde ab [Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ]. Die Bf brachte einen Vorlageantrag (Eingabe vom ) ein.

Umsatzsteuer 2015:

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer (USt) 2015 gegen die Beschwerdeführerin (Bf) festgesetzt. Die Zahllast wurde in Höhe von Euro 5.604,15 festgesetzt.

Der Umsatz 20% wurde in Höhe von Euro 22.013,47, der Umsatz 10% wurde in Höhe von Euro 60.685,55 festgesetzt. Die Umsatzsteuer 20% wurde in Höhe von Euro 4.402,69, die Umsatzsteuer 10% in Höhe von Euro 6.068,56 festgesetzt. Die Vorsteuer wurde in Höhe von Euro -4.867,10 festgesetzt. Dieser Bescheid vom erwuchs in Rechtskraft.

Mit ihrer Eingabe vom samt der Beilage vom beantragte die Bf die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend u.a. USt 2015.

Die Bf brachte vor, die tatsächlichen Einnahmen / Entgelte des Jahres 2015 hätten Euro 80.395,59 betragen, und nicht Euro 82.699,02.

Das Finanzamt (FA) wies den Wiederaufnahmeantrag ab (Bescheid vom ).

In ihrer Beschwerde vom gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages u.a. betreffend USt 2015 brachte die Bf vor: Das FA weigere sich, die tatsächlichen Werte anzusetzen.

Das FA wies die Beschwerde ab [Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ]. Die Bf brachte einen Vorlageantrag (Eingabe vom ) ein.

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis vom , GZ. ***5***, die Beschwerde gegen die Abweisung der Wiederaufnahmeanträge betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2015 abgewiesen.

Im Abgabenverfahren trat der Bruder der Bf. als deren bevollmächtigter Vertreter auf.

Die in den Rechnungen ausgewiesenen Erlöse wurden vom Bruder vereinnahmt bzw. sind diesem zugeflossen, sodass diese Erlöse ihm zuzurechnen gewesen sind, weil er als Zustelldienstleister (Einzelunternehmer) und Auftragnehmer unternehmerisch tätig geworden ist.

Im Prüfungsverfahren gab die Bf., vertreten durch ihren Bruder, zu den getroffenen Feststellungen in der ebenfalls mit datierten Niederschrift die "….Erklärung von Rechtsmittelverzichten gem. § 255 Abs. 2 BAO anlässlich der Außenprüfung gem. § 147 BAO" wie folgt ab:

"Im Anschluss an die Schlussbesprechung über die Außenprüfung gemäß § 147 BAO erklärt der/die Abgabepflichtige bzw. der/die Vertreter/in:

Ich verzichte auf das Rechtsmittel der Berufung gegen folgende Bescheide sowie die aufgrund nachstehender Übersicht der Bemessungsgrundlagen, Abgabenhöhen und Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen zu erteilenden Bescheiden.

Umsatzsteuer für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015
Einkommensteuer für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015
"

Unmittelbar vor der Unterschriftszeile, auf der die Unterschriftsleistung vom Abgabepflichtigen vorgesehen ist, befindet sich der Absatz:

"Über die Wirkung des Rechtsmittelverzichtes bin ich belehrt worden. Ein Exemplar dieser Niederschrift wurde mir ausgefolgt."

Strafverfahren:

Das Finanzamt leitete am das Finanzstrafverfahren ein, weil gegen die Bf. der Verdacht bestand, dass sie unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, Umsätze nicht vollständig erklärt und dadurch Umsatzsteuern des Jahres 2012 iHv Euro 1.714,00, des Jahres 2013 iHv Euro 5.599,00; des Jahres 2014 iHv Euro 3.606,80 und des Jahres 2015 iHv Euro 290,80 bewirkt und hiedurch Abgabenverkürzungen iHv insgesamt Euro 11.210,60 begangen habe.
Begründend wurde ausgeführt, dass durch die Prüfungsfeststellungen im Prüfbericht vom , Tz. 1, die Abgabenverkürzungen in der angeführten Höhe objektiv erwiesen sind. Subjektiv werde der Bf. angelastet, dass sie als Unternehmerin gleich jedem anderen Unternehmer darüber Bescheid weiß, dass Betriebseinnahmen und Umsatzerlöse vollständig zu erklären sind.

Rechtfertigung vom :

Mit Schriftsatz vom rechtfertigten sich die Bf. gemeinsam mit ihren Bruder dahingehend, dass sie die Finanzvergehen weder vorsätzlich noch bedingt vorsätzlich begangen haben. Beide haben mit der Abgabenbehörde eine Ratenzahlung vereinbart. Wörtlich wurde ausgeführt:

"Wir werden dieser Ratenzahlung ab pünktlich und ordentlich nachkommen.

Zu unserer Rechtfertigung geben wir an, dass wir weder vorsätzlich noch bedingt vorsätzlich gehandelt haben.

Die Mehrzahl der Abgabenverpflichtungen, die mich und meine Schwester betroffen haben, hat zu dieser Irritation der Abgabenerklärungen- schlussendlich auch durch die Finanzprüfung geführt. Wir ersuchen dies in diesem Verfahren für unsere Interessen mildernd zu berücksichtigen und keine Finanzstrafen zu verhängen, da wie Sie wissen, wir uns in angespannter Finanzlage befinden.

Wir werden künftig ordnungsgemäß die geforderten Erklärungen abgeben und pünktlich den Zahlungen nachkommen."

Die Rechtfertigung wurde vom Bruder und der Schwester unterschrieben.

In der mündlichen Verhandlung vom bei der Finanzstrafbehörde stellte der Prüfer als Zeuge befragt fest, dass die Vorschreibung der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuern aufgrund deren Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 erfolgte.

Als Begründung für die Prüfung gab der Prüfer an, dass man eine Kontrollmitteilung erhalten habe, wonach die GmbH im Prüfungszeitraum Zahlungen an die Bf. geleistet habe. Im Zuge des Prüfungsverfahrens wurde dem Prüfer folgende Erklärung vom (Strafakt, Bl. 39) vorgelegt:

"Als familiäre Unterstützung lass ich ab 2012 die Rechnungsbeträge für meine Leistungen bei der Firma ***4*** Handelsges.m.b.auf das Konto ***9*** bis auf Widerruf überweisen.

Die Rückzahlung dieser Darlehensbeträge erfolgt nach Absprache und familiären Möglichkeit."

Mit Strafverfügung vom wurde die Bf. schuldig erkannt im Amtsbereich des Finanzamtes unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, Umsätze nicht vollständig erklärt und dadurch Umsatzsteuern des Jahres 2012 iHv Euro 1.714,00, des Jahres 2013 iHv Euro 5.599,00, des Jahres 2014 iHv Euro 3.606,80 und des Jahres 2015 iHv Euro 290,80 bewirkt und hiedurch die Finanzvergehen der grob fahrlässigen Abgabenverkürzungen gemäß § 34 (1) FinStrG begangen zu haben.

Über die Bf. wurde eine Geldstrafe iHv Euro 1.400,00 verhängt und die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 7 Tagen festgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund der rechtskräftigen Abgabenbescheide die strafbaren Tatbestände in objektiver und subjektiver Hinsicht erwiesen sind. Nach Würdigung der Rechtfertigung sei davon auszugehen, dass die Beschuldigte durch die nicht vollständige Erklärung der Umsätze eine grob fahrlässige Abgabenverkürzung bewirkt hat. Als mildernd wurden die bisherige Unbescholtenheit und die finanziellen Probleme; als erschwerend wurde der lange Deliktszeitraum festgestellt.

Im Einspruch vom wendete die Bf. ein, dass der Prüfer zum Nachteil der Bf. bewusst Aufwendungen nicht anerkannt habe.

Beschwerde:

In der fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Beschuldigten vom wird wie folgt ausgeführt:

"Gegen das Erkenntnis vom 11. Oktober erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und begründe wie folgt:

Zunächst beziehe ich mich auf meinen Einspruch abgegeben vom zu diesem Verfahren und halte mein dortiges Vorbringen vollinhaltlich aufrecht und führe weiters aus:
In meinem Einspruch geht es um denselben Sachverhalt nämlich die mir zur Last gelegten Verkürzung der Umsatzsteuer, welche tatsächlich nicht stattgefunden hat und die sie mir grobfahrlässig unterstellen.

Hätte man meinen Einspruch vom näher behandelt und meine dargelegten Gründe verifiziert hätte Herr ***6*** A. nicht nachträglich gefordert diverse Unterlagen von den Subunternehmern beizubringen so wären die im Erkenntnis zur Last gelegten bescheidmässigen Abgabenverkürzungen hinfälligdies deshalb weil sich der zugrundeliegende Sachverhalt anders als mir zur Last gelegt erwiesen hätte."

Es liege kein grob fahrlässiges Handeln vor.

Verfahren beim BFG:

Die mündliche Verhandlung am fand in Abwesenheit der Beschuldigten, jedoch in Anwesenheit des Bruders der Beschuldigten statt. Vorgelegt wurden ein ärztlicher Befund eines Facharztes für Neurochirurgie vom , aus welchem sich ergibt, dass die Bf. an einer schweren Erkrankung leidet, welche sich laut durchgeführten Kontroll - MRT Untersuchungen in den Jahren 2019, 2020 und 2021, ständig verschlechtert hat. Die Krankheit führt im Alltag der Bf. zu schweren Seh-, Schlafstörungen und Schwindel.

Der Bruder gab zum Sachverhalt befragt an, dass er als Zustelldienstleister die Rechnungen im Namen der Beschuldigten mit deren UID Nummer ausgestellt hat und die Schwester davon nichts gewusst habe. Er habe für seine Schwester die Bilanz erstellt und in deren Bilanz die Umsätze unter der Rubrik Holzhandel mit aufgenommen. Die in den Kontrollmitteilungen aufscheinenden Zahlungen an die Schwester seien auf sein Bankkonto gegangen. Er habe seine Kontonummer gegenüber der GmbH bekanntgegeben. Seine Schwester habe "so gesehen" mit der Sache nichts zu tun gehabt.

Wörtlich gab er an:

"Unter Hinweis auf das gegen mich geführte Strafverfahren, ***8***, führe ich zu den Vorsteuern aus, dass Zahlungen an die Subunternehmer mit Umsatzsteuer erfolgt sind. Deren Vorsteuern im Strafverfahren nicht berücksichtigt worden sind. Diese Vorsteuern wären im Strafverfahren zu berücksichtigen. Das Finanzamt hätte die Umsatzsteuer mir vorschreiben müssen, weil es sich ausschließlich um meine Umsätze gehandelt hat. Meine Schwester hat mit den Umsätzen überhaupt nichts zu tun gehabt."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Dem Strafverfahren wurden die folgenden Unterlagen zugrunde gelegt:

Der Strafakt des Amtes für Betrugsbekämpfung Straflistennr.: ***7***, die Verfügung über die Einleitung des Strafverfahrens vom , die Rechtfertigung der Beschuldigten und ihres Bruders vom , die Strafverfügung vom mitsamt dem Einspruch, das Erkenntnis des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde vom , der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO, die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , ABNr. Nummer, und die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, ***5***, betreffend Umsatzsteuer.

Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bruder der Bf. erbrachte im Prüfungszeitraum Zustelldienstleistungen für die Firma ***4*** Handelsges.m.b.H. Er verfügte über keine Gewerbeberechtigung und UID Nummer. Daher wurden im Namen der Bf. Rechnungen mit UID Ausweis über die erbrachten Zustelldienstleistungen ausgestellt. Die den Rechnungen zugrundeliegenden Umsatzerlöse wurden nicht erfasst und erklärt. Die Beschuldigte hat es demnach unterlassen diese mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellten Ausgangsrechnungen an die GmbH der Umsatzsteuer zu unterziehen.
Festgestellt wurde, dass die Ausgangsrechnungen für Zustelldienstleistungen erstellt worden sind, welche durch den Bruder der Beschuldigten als Einzelunternehmer erbracht und geleistet worden sind. Ein Leistungsaustausch zwischen der Bf. und der Rechnungsempfängerin (GmbH) fand nicht statt (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung v. , ABNr. Nummer). Die Rechnungen wiesen die UID Nummer der Bf. aus.

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG macht sich der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht. § 33 Abs. 3 gilt entsprechend.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Gemäß § 119 Abs.1 BAO haben Abgabepflichtige die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dieser Offenlegung dienen gemäß Abs.2 leg.cit. insbesondere beispielsweise richtige Abgabenerklärungen.

Gemäß § 33 Abs.1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, beispielsweise in dem er in Steuererklärungen entsprechende Erlöse entgegen der Bestimmung des § 119 Bundesabgabenordnung verheimlicht, eine Abgabenverkürzung, nämlich eine zu niedrige Festsetzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben wie Umsatz- und Einkommensteuer, bewirkt.

Lediglich eine fahrlässige Abgabenverkürzung gemäß § 34 Abs.1 FinStrG hat jedoch derjenige zu verantworten, der die in § 33 Abs.1 leg.cit. bezeichnete Tat fahrlässig begeht.

Fahrlässig handelt gemäß § 8 Abs.2 FinStrG derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt aber auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Grob fahrlässig handelt gemäß § 8 Abs. 3FinStrG derjenige, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt., sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Bedingt vorsätzlich handelt bereits nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, wobei es genügt, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, bei dem das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Eine Tat ist gemäß § 13 Abs. 2 FinStrG versucht, sobald der Täter seinen Entschluss, sie auszuführen durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

§ 11 Abs. 14 UStG 1994 lautet:
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag.

Beweiswürdigung:

Im vorliegendem Sachverhalt besteht für den erkennenden Richter kein Zweifel, dass im Unternehmen der Bf. über mehrere Jahre Rechnungen mit Ausweis der UID Nummer der Bf. an die GmbH ausgestellt wurden, obwohl die verrechneten Zustelldienstleistungen nicht von der Bf., sondern von ihrem Bruder erbracht worden sind.

Im Verfahren beim BFG wurde offenbar, dass der Bruder die Rechnungen mit UID Ausweis ausgestellt hat. Vorgebracht wurde, dass die Beschuldigte hievon keine Kenntnis gehabt hat. Der Bruder hat für die Bf. die Bilanz erstellt, sodass davon auszugegangen wird, dass sich die Bf. dabei auf ihren Bruder verlassen hat.

Das Vorbringen, die Bf. habe im gesamten Zeitraum von der dargestellten Vorgangsweise keine Kenntnis gehabt, deckt sich nicht mit der Aktenlage, wenn die Bf. bereits am zugestimmt hat, dass die Zahlungen der GmbH auf das Bankkonto des Bruders geleistet werden sollen (Erklärung der Bf. v. ). Die Zahlungen der GmbH gingen entsprechend der Erklärung vom auf ein Bankkonto des Bruders.

Daraus leitet der erkennende Richter denklogisch ab, dass die Bf. durchaus Kenntnis darüber gehabt hat, dass die Rechnungen in ihrem Namen und mit der UID Nummer ihres Unternehmens ausgestellt worden sind. Das Vorbringen im Strafverfahren, die Bf. habe "so gesehen" mit der Sache nichts zu tun gehabt, geht ins Leere, zumal diese Vorgehensweise ohne ihr Dulden bzw. Mitwirken, gar nicht möglich gewesen wäre.

Das Finanzamt hat daher zu Recht die Umsatzsteuer für die solcherart verrechneten Umsätze und ausgestellten Rechnungen gemäß § 11 Abs. 14 USTG 1994 festgesetzt und vorgeschrieben. Die Umsatzsteuerbescheide 2012 bis 2015 erwuchsen in Rechtskraft.

Das Vorbringen im Strafverfahren, diese in Rechnung gestellten Umsätze wären ohnehin unter der Rubrik "Holzhandel" erfasst und erklärt worden steht im völligem Widerspruch zum Ergebnis des Abgabenverfahren, aus welchem sich ergibt, dass diese Umsätze eben nicht erklärt worden sind. Dieses Vorbringen ist auch deshalb nicht glaubwürdig, weil es sich bei den Umsatzerlösen, um solche des Bruders gehandelt hat.

Daraus ergibt sich, dass diese Umsätze bislang nicht erfasst worden sind, sodass sie durch den Prüfer beim Finanzamt im Zuge der abgabebehördlichen Prüfung nachträglich erfasst worden sind. Dieses Vorbringen erweist sich somit als bloße Schutzbehauptung. Die Bf. und ihr Bruder haben in ihrer Rechtfertigung 2017 zeitnah die Abgabenverkürzungen eingestanden.

Der Bruder brachte im Verfahren vor, dass für die Betrauung von Subunternehmern der Vorsteuerabzug zu gewähren sei. Dazu hält der erkennende Richter fest, dass die Beauftragung der Subunternehmer durch den Bruder als Einzelunternehmer erfolgt ist, sodass ein möglicher Vorsteuerabzug bei ihm als Einzelunternehmer zu berücksichtigen gewesen wäre.

Die Vorsteuern wären bei einer allfälligen Veranlagung des Bruders zur Umsatzsteuer zu berücksichtigen, der die Subunternehmer beauftragt und bezahlt hat (vgl. Erkenntnis des BFG, GZ. ***8***). Schließlich hat der Bruder der Bf. die Zustelldienstleistungen gegenüber der GmbH erbracht und durch Nichterklären der Umsatzerlöse gegenüber dem Fiskus, sich eine laufende Einnahmequelle verschafft.

Die beantragten Vorsteuern können daher nicht zu Gunsten der Bf. im Strafverfahren berücksichtigt werden, zumal die Aufwendungen für die genannten Subunternehmer durch den Bruder getätigt worden sind. Diese Aufwendungen wurden im Strafverfahren zu Gunsten des Bruders berücksichtigt.

Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG ist für die Annahme eines grob fahrlässigen Handelns der Nachweis einer ungewöhnlichen, auffallenden Sorglosigkeit erforderlich, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalt als geradezu wahrscheinlich hervorsehbar war. Die mit schwerem Verschulden gleichzusetzende grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Schweres Verschulden liegt demnach nicht vor, wenn bloß das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit überschritten wird. Das Verhalten des Täters muss vielmehr eine das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit beträchtlich übersteigende Sorglosigkeit erkennen lassen (vgl. zB zur Bestimmung des § 34 Abs. 3 FinStrG vor Inkrafttretens des Steuerreformgesetzes 2015/2016).

Vorgebracht wurde, dass der Bruder für die Bilanzerstellung zuständig gewesen sei. Bedient sich ein Steuerpflichtige(r) zur Besorgung ihrer/seiner steuerlichen Angelegenheiten dritter Personen, ist sie/er gehalten, bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen. Das Ausmaß der notwendigen Überwachung wird durch den Grad der Zuverlässigkeit und die Fachkunde des Erfüllungsgehilfen bestimmt. Weiters trifft den Abgabepflichtigen - ungeachtet einer beruflichen Beanspruchung - die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information der mit den abgabenrechtlichen Agenden betrauten Person (). Die im Falle der Übertragung von Obliegenheiten bestehende Verpflichtung des Vollmachtgebers zur inhaltlichen Kontrolle zur Durchführung des ihm erteilten Auftrages findet im Regelfall dort ihre Grenzen, wo sich der Normadressat eines berufsmäßigen Parteienvertreters bedient und diesen mit der Durchführung der vom Gesetz gebotenen Rechtshandlungen beauftragt.

Auf Basis dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte die Bf. von Beginn an die gewählte, missbräuchliche Vorgangsweise umgehend abstellen und darauf achten müssen, dass die in Rechnung gestellten Umsätze erfasst und gegenüber dem Finanzamt tatsächlich erklärt werden.

Demgegenüber hat die Bf. durch ihr Verhalten an den Malversationen mitgewirkt und diese erst ermöglicht. Dies umso mehr, als die Bf. sie verrechneten Zustelldienstleistungen nicht erbracht hat.

Dadurch, dass sie diesem normgerechten Verhalten nicht entsprochen hat und bei der Ausstellung dieser Rechnungen über Jahre mitgewirkt hat, ist ihr zumindest ein grob fahrlässiges Verhalten anzulasten. Die Bf. hat die ihr mögliche und zumutbares Sorgfalt grob verletzt.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 34 Abs. 3 FinStrG: Die grob fahrlässige Abgabenverkürzung wird mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. § 33 Abs. 5 zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG idF BGBl. I Nr. 103/2005 ist mit Geldstrafe bis zum Dreifachen des Betrages, nach dem sich sonst die Strafdrohung richtet, zu bestrafen, wer einen Schmuggel, eine Abgabenhinterziehung oder eine Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben oder eine Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 begeht, wobei es ihm darauf ankommt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßige Begehung). Daneben ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als 500 000 Euro auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als drei Millionen Euro auf Freiheitsstrafe bis zu sieben Jahren zu erkennen. Außerdem sind die Bestimmungen der §§ 33, 35 und 37 über den Verfall anzuwenden; der Verfall umfasst auch die Beförderungsmittel im Sinne des § 17 Abs. 2 lit. c Z 3.

Die Bf. hat Schulden in Höhe von etwa Euro 270.000,00 (Angaben in mündl. Verhandlung beim Finanzamt). Die Bf. befindet sich aufgrund ihrer schweren gesundheitlichen Probleme (vorerst befristet) in Pension und erhält monatlich eine Pension iHv ca. Euro 730,00.

Der vom Gesetzgeber im gegenständlichen Fall angedrohte Strafrahmen beträgt bis zu € 11.210,60.

Läge ein durchschnittliches Verschulden vor, hielten sich die mildernden und erschwerenden Umstände die Waage und lägen bei der Täterin durchschnittliche persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse vor, ergäbe sich ein Ausgangswert von € 5.000,00.

Dem Erschwerungsgrund einer Vielzahl deliktischer Angriffe über mehrere Jahre hinweg stehen als mildernd die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit und die finanzielle Notlage entgegen, weshalb in gesamthafter Abwägung ausnahmsweise der Ausgangswert auf € 2.500,00 abgemildert werden kann.

Die ungünstige Einkommens- und Vermögenlage der Beschuldigten, ihre sehr schwere Erkrankung ermöglichen eine weitere Abmilderung, sodass über sie unter Anwendung der außerordentlichen Strafminderung im Sinne des § 23 Abs. 4 FinStrG lediglich eine Geldstrafe in Höhe von € 550,00, das sind ca. 5% des Strafrahmens zu verhängen ist.

Angesichts der nicht geplanten Lebenssituation und der Tatsache, dass diese Handlungsweise vor allem dem Bruder zum Vorteil gereichte, ist das Verschulden der Beschuldigten als geringer zu beurteilen, als jenes des Bruders.

Einer weiteren Abmilderung der Strafe steht entgegen, dass bei Bekanntwerden der Entscheidung nicht der fälschliche Eindruck entstehen darf, ein derartiges missbräuchliches Handeln und die missbräuchliche Verwendung einer UID Nummer im Rahmen der unternehmerischen Betätigung des Bruders (Einzelunternehmer) bliebe ohne entsprechende finanzstrafrechtliche Sanktionen.

Gleiche Überlegungen gelten auch für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe, bei welcher aber der Umstand der schlechten wirtschaftlichen Situation der Täterin außer Ansatz zu lassen ist.

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach ein pauschaler Kostenersatz im Ausmaß von 10 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Straf-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde (Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen) einzubringen.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 34 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 98 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 161 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise
-L/11
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4300001.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at