Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.10.2022, RV/6100254/2022

Nachträgliche Änderung eines unentgeltlichen zum entgeltlichen Fruchtgenuss zwischen Ehegatten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr1***, ***Vertr1-Adr***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt St.Johann Tamsweg Zell am See) vom betreffend Einkommensteuer 2018 und Einkommensteuer 2019 vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die BF erklärte in den Jahren 2018 und 2019 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer Wohnung in ***X***. Diese Wohnung steht im Eigentum ihres Ehegatten. Dieser räumte der BF mit Vertrag vom den Fruchtgenuss an der Wohnung ein.

In den Jahren 2018 und 2019 erklärte die BF als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Zahlungen für die Abgeltung der AfA i.H.v. 3.150,00 €.

Mit Bescheid vom setzte das FA die Einkommensteuer der BF für das Jahr 2018 fest und anerkannte dabei die Zahlung der BF für den Ersatz der AfA nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Schriftsatz vom erhob die BF gegen diesen Bescheid Beschwerde.

Mit Bescheid vom veranlagte das FA die BF zur Einkommensteuer für 2019 und versagte der Zahlung der BF für den Ersatz der AfA wie im Vorjahr die Anerkennung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Schriftsatz vom erhob die BF gegen diesen Bescheid Beschwerde. Zur Begründung führte die BF im Wesentlichen an, dass die Zahlungen tatsächlich erfolgt seien und auch der von der BF angeführte erste Nachtrag zum Fruchtgenussvertrag vom jederzeit vorgelegt werden könne. Die Zahlungen dienten der Sicherung bzw. der Erhaltung der Einnahmen; sie seien damit jedenfalls als Werbungskosten anzusehen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das FA die Beschwerden gegen die Einkommensteuer 2018 und 2019 als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass bei einem Fruchtgenuss, der ohne Übereignung der Sache eingeräumt werde (Zuwendungsfruchtgenuss) die Einkünfte dem Fruchtgenussberechtigten dann zuzurechnen seien, wenn dieser unternehmerisch tätig werde, auf die Einnahmenerzielung Einfluss nehme und die Aufwendungen trage. Die Aufwendungen auf die mit dem Fruchtgenuss belastete Sache (z.B. AfA) könne in der Regel nur der Fruchtgenussbesteller als wirtschaftlicher Eigentümer geltend machen. Der Fruchtgenussberechtigte könne die Abschreibung nur dann geltend machen, wenn ihm die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zukomme. Zur Beurteilung der Frage, wer wirtschaftlich Eigentümer sei, komme es darauf an, wer die Chance auf die Wertsteigerung habe bzw. wer das Risiko der Wertminderung trage. Derartige Umstände, die für das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums der BF sprechen würden, seien nicht genannt worden.

Mit Schriftsatz vom beantragte die BF die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und legte dabei die Überweisungsbelege über die Zahlung der Substanzabgeltung (AfA) in den jeweiligen Jahren vor.

Mit Schriftsatz vom brachte die BF eine Vorlageerinnerung hinsichtlich der beiden offenen Vorlageanträge ein.

In weiterer Folge legte das FA die Beschwerden dem BFG vor.

Mit Vorhalt vom ersuchte das BFG die BF Unterlagen zu der infrage stehenden Wohnung, der Gestaltung der Einnahmen- und Ausgabenseite bei der Vermietung sowie zur Vorlage der ersten Ergänzung des Fruchtgenussvertrages vom , aus dem Jahr 2015 vorzulegen und darzulegen, was der Grund für die Änderung der Fruchtgenuss Vereinbarung vom gewesen sei.

In fristgerechter Beantwortung dieses Vorhalts führte die BF zu den einzelnen Punkten aus, wann der Kaufvertrag abgeschlossen worden war, dass es sich um eine Neubauwohnung gehandelt habe, dass keine Fremdfinanzierung erfolgt sei, dass alle Mietverträge von der BF abgeschlossen worden seien und Vertragsgebühren- soferne bei Mietverträgen derartige Gebühren angefallen seien - von den Mietern bezahlt worden seien. Grund für die Ergänzung der Fruchtgenussvereinbarung sei die Vereinbarung einer Substanzabgeltung durch die Fruchtgenussberechtigte gewesen. Dies unterlegte die BF mit allen bis dato abgeschlossenen Mietverträgen sowie dem Nachtrag zum Fruchtgenussvertrag vom .

Dazu nahm das FA mit Schriftsatz vom Stellung und führte darin im Wesentlichen aus, dass für die Geltendmachung der AfA nach höchstrichterlicher Judikatur grundsätzlich nur der wirtschaftliche Eigentümer berechtigt sei. Ein Fruchtnießer könne nur dann die Afa geltend machen, wenn er als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen sei (vgl. ). Es dürfe nochmals ausgeführt werden, dass im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführerin (Bf.) keinesfalls als wirtschaftliche Eigentümerin anzusehen sei, zumal die BF Wertveränderungen am Grundstück nicht mittrage, sondern laut der vorliegenden Fruchtgenussvereinbarung Punkt IX sogar von einem allfälligen Kaufpreisanspruch bei Verwertung ausgeschlossen werde. Die gängige Verwaltungspraxis - nämlich die Beschränkung einer Zahlung für Substanzabgeltung ("Afa-Miete") auf den Vorbehaltsfruchtgenuss - sei bis dato vom Höchstgericht nicht bemängelt worden. Der UFS habe die Einschränkung einer Substanzabgeltung auf den Vorbehaltsfruchtgenuss damit begründet, dass der ehemalige Eigentümer als jetziger Fruchtgenussberechtigter auch die damaligen Anschaffungs- und Herstellungskosten getragen habe (vgl. ; siehe auch BFH , X R 140/87 BStBl 1990 II 369; , GrS 4/92 BStBl 1995 II 281). Auch das BFG habe die steuerliche Anerkennung einer Substanzabgeltung beim Zuwendungsfruchtgenussrecht bereits mehrfach versagt, da es sich hierbei um AfA-Surrogate und nicht um (fremdübliche) Mietentgelte handle (vgl. ; ). 3) Zudem dürfe darauf hingewiesen werden, dass nach dem Wissensstand der Abgabenbehörde die Zahlungen iHv. jährlich Euro 3.150,00 bis zum heutigen Tag belegmäßig nicht nachgewiesen worden seien. Die erfolgte Zahlung sei weitere unabdingbare Voraussetzung für eine steuerliche Anerkennung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Das BFG legt seiner Entscheidung den im Folgenden dargestellten Sachverhalt zugrunde, der sich aus den dem BFG vorgelegten Verwaltungsakten, den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, sowie den von ihr vorgelegten Unterlagen, dem Grundbuch zu KG ***1***, Ez. ***2*** und dem Vorbringen der belangten Behörde ergibt. Dieser Sachverhalt ist von den Parteien des Verfahrens unbestritten.

Der Ehegatte der BF erwarb die infrage stehende, zum damaligen Zeitpunkt noch zu errichtende Wohnung mit Kaufvertrag vom . Kosten für eine Fremdfinanzierung fielen nicht an. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen im Verwaltungsverfahren.

Mit Vereinbarung vom räumte der Ehegatte der BF unentgeltlich und auf unbestimmte Dauer das Fruchtgenussrecht an dieser Wohnung ein. Festgehalten wurde, dass zwischen den Vertragsparteien darüber Einvernehmen bestehe, dass mit einem allfälligen Verkauf der Liegenschaft das Fruchtgenussrecht jedenfalls ende und die Fruchtgenussberechtigte an einem daraus erzielten Kaufpreis keinen Anspruch mehr habe.

Dieser Vertrag wurde nicht verbüchert. Ein Fruchtgenussrecht oder eine sonstige Dienstbarkeit der BF ist auf dem Wohnungsanteil, der dem Ehegatten der BF gehört, nicht vermerkt. Dies ergibt sich aus dem Grundbuch zur KG ***1***, Ez. ***2***.

Den ersten Mietvertrag schloss die BF mit ab. Dieser Mietvertrag enthielt wie auch die weiteren vorliegenden Mietverträge den Hinweis darauf, dass die BF Fruchtgenussberechtigte der infrage stehenden Wohnung sei. Dies ergibt sich aus den von der BF vorgelegten Mietverträgen.

Dazu ist festzuhalten, dass sich durch die nicht erfolgte Verbücherung der Dienstbarkeit und den daraus resultierenden "obligatorischen Fruchtgenuss" (OGH, 7Ob283/99i) für die BF eine eingeschränkte Publizität und damit eingeschränkte Rechte gegenüber Dritten ergeben. Eine Durchsetzbarkeit des Fruchtgenussrechtes gegenüber Dritten ist nicht gegeben. Die abgeschlossenen Mietverhältnisse sind Untermietverhältnisse (4Ob2069/96k). So hat es die BF bei dieser Konstellation nicht in der Hand, z.B. eine von ihrem Ehegatten gegen ihren Willen ausgesprochene Räumung der Wohnung zu verhindern. Der Mieter müsste einem solchen vom Eigentümer ausgesprochenen Begehren Folge leisten. Daraus resultierende Nachteile für die BF könnte diese lediglich im Wege von Schadensersatzansprüchen gegen ihren Ehegatten geltend machen.

Die BF hat durch den Hinweis im Mietvertrag, dass sie Fruchtgenussberechtigte an dieser Wohnung sei, nach außen hin (gegenüber ihren jeweiligen Mietern) bekannt.

Mit Nachtrag zum Fruchtgenussvertrag vom vereinbarten die Parteien des Fruchtgenussvertrages, dass die BF als Fruchtgenussberechtigte ihrem Ehegatten als Eigentümer der Wohnung auch Kosten für die Substanzabgeltung zu leisten habe. Auch dieser Vertrag wurde nicht verbüchert. Dies ergibt sich aus dem Grundbuch zur KG ***1***, Ez. ***2***.

Die Höhe der Substanzabgeltung betrug im Jahr 2015 3.600,00 €, in den Jahren 2016-2019 jeweils 3.150,00 €. Die entsprechenden Zahlungen wurden nachgewiesen. Dies ergibt sich aus den Beilagen zum Vorlageantrag der BF.

Grund für diese Bezahlung der Substanzabgeltung war die Vereinbarung vom . Dies ergibt sich aus der Vorhaltsbeantwortung der BF. Weitere Gründe für die Bezahlung der Substanzabgeltung führte die BF nicht an. Sie ergeben sich auch nicht aus dem Nachtrag zur Fruchtgenussvereinbarung. Dort wird lediglich in Punkt I. die Höhe der Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA bemessen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 4 EstG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen, nicht abgezogen werden.

Im Falle der Einräumung eines Fruchtgenusses ist zunächst zu klären, ob die aus einer Einkunftsquelle erzielten Einkünfte dem Fruchtgenussbesteller oder dem Fruchtnießer zuzurechnen sind.

Die Einkünfte sind dem Fruchtnießer dann zuzurechnen, wenn die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung einer Einkunftsquelle angesehen werden kann und der Fruchtnießer am Wirtschaftsleben teilnimmt und hinsichtlich der Erbringung der Leistung eigenständig disponieren kann. (, , 92/15/0024); maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Der Fruchtnießer muss Aufwendungen iZm dem Gegenstand des Fruchtgenusses tragen (zB Abgaben, Zinsen, Erhaltungsaufwendungen; ).

Fruchtziehung und Verwaltungstätigkeit müssen zur Gänze in der Hand des Fruchtnießers liegen (dazu auch Moser taxlex 14, 408).

Die Bestellung des Fruchtgenusses sollte für eine gewisse Dauer erfolgen, nach EStR 116 für den Zuwendungsfruchtgenuss zehn Jahre (so auch ), lebenslänglicher Fruchtgenuss verschafft eine gesicherte Rechtsposition ().

Nach der Verwaltungspraxis EStR (Rz 116) ist die Verbücherung keine Voraussetzung für eine rechtlich abgesicherte Position. Ein Vertrag mit Publizitätswirksamkeit (zB Notariatsakt) reicht aus. Zudem darf die Rechtsposition durch den Fruchtgenussbesteller nicht einseitig abänderbar sein (Ausnahme "echte" Scheidungsklausel, Verweis auf ; s auch Leyrer/Prodinger , Pkt 1.2.) (Jakom/Laudacher, EStG 2022, § 7 Rz.46)

Nach den vorgelegten Unterlagen sind diese Voraussetzungen im gegenständlichen Fall weitestgehend gegeben, es fehlt der oben angesprochene Notariatsakt und die Verbücherung der Vereinbarung.

Wirtschaftlicher Eigentümer der Wohnung als solcher bleibt aber aufgrund der gewählten Gestaltung (keine Teilnahme an den Wertsteigerungen im Falle des Verkaufes, keine grundbücherliche Absicherung der BF) der Ehegatte der BF, der auch zivilrechtlicher Eigentümer der Wohnung ist. (Siehe auch Jakom/Laudacher, EStG 2022, § 7 Rz.44 mwN)

Im gegenständlichen Fall ist aus Sicht des BFG vorrangig zu berücksichtigen, dass die Fruchtgenussbestellung zwischen nahen Angehörigen erfolgt ist und somit sowohl die Fruchtgenussbestellung als solche als auch die nachträgliche Vereinbarung einer Substanzabgeltung einer Überprüfung unter dem Aspekt der Fremdüblichkeit zu unterziehen ist.

Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen sind im besonderen Maße auf die Frage hin zu prüfen, ob die Leistungen betrieblich veranlasst sind oder sie sich nur dem Grunde und der Höhe nach aus dem Naheverhältnis ergeben und daher als freiwillige Zuwendung zu qualifizieren sind. ( Zl. 91/13/0196)

Dabei sind die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Kriterien nicht als Tatbestandsvoraussetzungen bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzusehen. Vielmehr handelt es sich um Kriterien, die im Zuge der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 16 , § 2 Tz 158/2)

Die Feststellung der Fremdunüblichkeit alleine berechtigt nicht dazu, die Vereinbarung zur Gänze zu negieren. Vielmehr ist im Wege der Beweiswürdigung festzustellen, was die Vertragsparteien mit dieser Vereinbarung erreichen wollten.

Als Kriterien sind dabei zu berücksichtigen, dass diese Vereinbarungen nach außen hin ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Bereits die ursprüngliche Fruchtgenussvereinbarung vom ist nach den oben genannten Kriterien unvollständig. In einer Gesamtbetrachtung hat das BFG trotz des Fehlens eines Notariatsaktes und der nicht erfolgten Verbücherung keine Bedenken diese Vereinbarung als Ganzes als fremdüblich anzusehen. Aus Sicht des BFG verbleibt lediglich der fehlende Notariatsakt. Ein obligatorischer Fruchtgenuss ist zivilrechtlich möglich, die nicht erfolgte Verbücherung aus Sicht des BFG damit unschädlich.

Für das BFG besteht trotz des fehlenden Notariatsaktes kein Zweifel, dass die BF und ihr Ehegatte mit der ursprünglichen Vereinbarung die unentgeltliche Überlassung einer Einkunftsquelle im Wege eines Zuwendungsfruchtgenusses erreichen wollten. Im Ergebnis ist daher diese unentgeltliche Übertragung der Einkünfte zwischen nahen Angehörigen in der gegenständlichen Form anzuerkennen. Die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung sind somit der BF zuzurechnen.

Betrachtet man die nachträgliche Vereinbarung eines AfA Ersatzes für diese Wohnung, so weist dieser Nachtrag aus Sicht des BFG ebenfalls Mängel im Bezug auf die Fremdüblichkeit auf.

Die gegenständliche Vereinbarung kann zunächst nicht in eine entgeltliche Überlassung der Eigentumswohnung durch den Eigentümer umgedeutet werden. Eine solche AfA-Miete wäre bei der gegenständlichen Ausgangslage nicht fremdüblich.

Diese Vereinbarung wurde ebenso nicht als Notariatsakt abgeschlossen. Wesentlicher erscheint zunächst, dass diese Vereinbarung nachträglich abgeschlossen wurde. Eine Publizität dieser zweiten Vereinbarung bestand bis zum gegenständlichen Verfahren nicht.

Von weit größerer Bedeutung ist aus Sicht des BFG, dass durch diese Vereinbarung ein ursprünglich unentgeltlich vereinbarter Fruchtgenuss zu einem entgeltlich vereinbarten Fruchtgenuss wurde. Eine solche Verschlechterung der Rechtsposition hätte ein "fremder" Fruchtnießer niemals in Kauf genommen ohne zumindest seine Rechtsposition gegenüber dem Besteller zu stärken.

Gründe für diese Änderung finden sich weder im Nachtrag zum Fruchtgenussvertrag, noch wurden sie in der Vorhaltsbeantwortung bekannt gegeben.

Eine derartige Vorgehensweise bedeutet eine massive Minderung der der BF überlassenen Einkünfte in einem auf unbestimmte Zeit vereinbarten Vertrag. Diese Vereinbarung widerspricht somit den Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens, da damit ein ursprünglich unbelasteter Fruchtnießer nachträglich einer erheblichen Zahlungsverpflichtung zustimmen würde, ohne dass dafür Gründe oder Vorteile vorliegen würden.

Die Frage, ob eine nachträgliche Abgeltung zwischen Fremden in gleicher Weise vereinbart worden wäre, ist aus Sicht des BFG im Einklang mit der diesbezüglichen Judikatur des BFG (RV/7103050/2021) eindeutig zu verneinen, eine solche Vereinbarung hat Ihren Ursprung lediglich in der Nahebeziehung zwischen den beiden Ehegatten.

Das BFG sieht bei diesem Nachtrag zur Fruchtgenussvereinbarung in einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse den Gedanken des Ehegatten der BF im Vordergrund, seiner Gattin Geld für Unterhaltszwecke zuzuwenden und gleichzeitig Einkünfte nachträglich progressionswirksam "optimal" zu splitten, da der Ersatz der AfA zu keinen positiven Einkünften bei ihm führen würde.

Eine solche Vereinbarung hat Ihren Ursprung lediglich in der Nahebeziehung zwischen den beiden Ehegatten.

Damit sind die Zahlungen für die Substanzabgeltung nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Sie stellen vielmehr eine freiwillige Zuwendung der BF an ihren Gatten die gemäß § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988.

Es darf aber darauf hingewiesen werden, dass die Substanzabgeltung beim Zuwendungsfruchtgenuss nach den vertraglichen Bestimmungen auch ohne eine fremdunübliche Vorgangsweise nicht zum Werbungskostenabzug berechtigen würde.

Aufwendungen auf die mit dem Fruchtgenuss belastete Sache (zB AfA) kann idR nur der Fruchtgenussbesteller als (wirtschaftlicher) Eigentümer geltend machen (so ) wenn dessen Bestellung mit Einkünften verbunden ist. Die Geltendmachung der AfA setzt somit eine Einkunftsquelle voraus. Der Fruchtnießer kann eine Abschreibung nur dann geltend machen, wenn er durch vertragliche Abmachung die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers erlangt, zB durch zusätzliche Vorkaufsrechte oder Belastungs- und Veräußerungsverbote (s Stingl immolex 03, 127).

Die Betreuung von Mietern und die Durchführung von Reparaturen allein führen noch nicht zum wirtschaftlichen Eigentum, wenn das Veräußerungs- und Belastungsverbot nur vereinbart, aber nicht verbüchert ist und erst nachträglich ein Eigentumsverzicht angefertigt wurde ().

Die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots zugunsten eines Fruchtnießers vermag für sich alleine kein wirtschaftliches Eigentum an Liegenschaften zu begründen. Maßgebend ist, wer die Chance auf Wertsteigerungen hat und das Risiko von Wertminderungen trägt (). Nach Leyrer taxlex 17, 108 müssen sechs Voraussetzungen vorliegen, um wirtschaftliches Eigentum zu begründen: Unentgeltliche Nutzungsüberlassung, Notariatsakt, Nettofruchtgenussvereinbarung, Belastungs- und Veräußerungsverbot, Chance auf Wertsteigerung/Risiko der Wertminderung und Rechtseinräumung auf die Dauer der möglichen Nutzung der Fruchtgenusssache. (Jakom/Laudacher, EStG 2022, § 7 Rz.47)

Es fehlt im gegenständlichen Fall aber bereits am Notariatsakt und an der Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes. Die Chance auf Wertsteigerung/das Risiko der Wertminderung wurde dezitiert in Punkt IX der Fruchtgenussvereinbarung ausgeschlossen. Eine Rechtseinräumung auf die Dauer der möglichen Nutzung der Wohnung wird durch den Rechtsverlust bei Veräußerung der Wohnung durch den Eigentümer eingeschränkt.

Somit besteht mit den Ausführungen der belangten Behörde aus Sicht des BFG auch aus diesen Gründen unabhängig von der erfolgten Zahlung keine Berechtigung der BF die geltend gemachten Kosten für Substanzabgeltung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob die nachträgliche Änderung eines Fruchtgenussvertrages ohne Einhaltung der Publizitätsvorschriften in der Form anzuerkennen ist, dass eine ursprünglich unentgeltlich vereinbarte Fruchtgenussbestellung zu einer steuerlich anzuerkennenden entgeltlich vereinbarten Fruchtgenussbestellung verändert wird, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100254.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at