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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2022, RV/4100115/2022

Wohnungseigentumsgemeinschaft - Steuersatz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri***

In der Angelegenheit der Parteien Personenvereinigung ABC Straße1 11 (Beschwerdeführerin), vertreten durch Frau Gerlinde Andritsch, Steuerberaterin in 9500 Villach, und

Finanzamt Österreich als Gesamtrechtsnachfolgerin des Finanzamtes FA

über die Beschwerde vom

gegen die Bescheide des Finanzamtes FA vom betreffend Umsatzsteuer 2009-2011 und gegen den vorläufigen Bescheid desselben Finanzamtes vom betreffend Umsatzsteuer 2012

zu Recht erkannt:

1.)Umsatzsteuer 2009-2011:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Die bekämpften Bescheide werden abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzten Gutschriften betragen:

Umsatzsteuer 2009

151.511,79 € …steuerbarer Umsatz
66.886,81 €……Umsatz 20 %
84.624,98 €……Umsatz 10%
13.377,36 €……Umsatzsteuer 20%
8.462,50 €……..Umsatzsteuer 10%
21.839,86 €…..Umsatzsteuer gesamt
-26.825,48 €…..Vorsteuer
- 4.985,62 €…….Gutschrift

Umsatzsteuer 2010

84.981,42€ …….steuerbarer Umsatz
38.102,27 €…….Umsatz 20 %
46.879,15 €…….Umsatz 10%
7.620,45 €………Umsatzsteuer 20%
4.687,92 €………Umsatzsteuer 10%
12.308,37 €…….Umsatzsteuer gesamt
-19.021,52 €……Vorsteuer
-6.713,15 €……..Gutschrift

Umsatzsteuer 2011

30.196,23 € ……steuerbarer Umsatz
12.522,48 €…….Umsatz 20 %
17.673,75 €…….Umsatz 10%
2.504,5 €………..Umsatzsteuer 20%
1.767,38 €………Umsatzsteuer 10%
4.271,88 €………Umsatzsteuer gesamt
-5.493,52 €……..Vorsteuer
- 1.221,64 €……..Gutschrift

2.) Umsatzsteuer 2012

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der Bescheid wird abgeändert. Die vorläufige Abgabenfestsetzung wird durch eine endgültige Festsetzung ersetzt. Die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzte Zahllast betragen:

30.792,50 € …..steuerbarer Umsatz
13.545,6 €……..Umsatz 20 %
17.246,90 €……Umsatz 10%
2.709,12 €.......Umsatzsteuer 20%
1.724,69 €........Umsatzsteuer 10%
4.433,81 €.......Umsatzsteuer gesamt
-4.302,51 €…….Vorsteuer
131,3 €............Zahllast 2012

3.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig (§ 25 a Abs 1 VwGG).

Entscheidungsgründe

Ablauf des Verfahrens:

Die Wohnungseigentümergemeinschaft Apartmenthaus "Straße1" (sic!) 11 [Beschwerdeführerin (Bf)] erbringt Serviceleistungen (Erhaltung, Verwaltung und Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen der Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht) an ihre Wohnungseigentümer. Auf dieser Liegenschaft steht ein Gebäude mit 2 Geschäftseinheiten im Erdgeschoß dieses Hauses und 27 Wohnungen [Arbeitsbogen des Prüfers (AB) Straße1 11 (ABSO 11), S. 20, 125-132].

Ursache des gegenständlichen Verfahrens ist die nicht dauerhafte Nutzung eines Teils der Wohnungen (nicht der Geschäftslokale) des gegenständlichen Hauses, z.B. die Vermietung dieser Wohnungen (oder die entgeltliche Beherbergung in diesen Wohnungen) durch die Wohnungseigentümer oder durch den Hausverwalter im Namen und im Auftrag der Wohnungseigentümer zu Gunsten von Feriengästen (BP-Bericht, TZ 1). Auf Grund dieser nicht dauerhaften Nutzung eines Teils der einzelnen Wohneinheiten ist das umsatzsteuerliche Schicksal der durch die Bf erbrachten Serviceleistungen an die Wohnungseigentümer (Erhaltung, Verwaltung, Betrieb...) strittig.

Lt. Arbeitsbogen des Prüfers (AB) ist ersichtlich, dass die Bf, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, typische Betriebskosten, z.B. Heizkosten, Stromkosten, Müllbeseitigungskosten, Instandhaltungskosten und auch Reinigungskosten in Bezug auf die Eigentumswohnungen auf sich genommen hat [Buchhaltungskonten Vorsteuer 210, 220, auch Konto 250 für 2011 AB Straße1 11 (ABSO 11) 23 - 25;, S. 31, 33, 37-39).

Es ist auch im AB ersichtlich, dass die Bf diese Betriebskosten den Wohnungseigentümern weiterverrechnet hat (Konto 820, AB 14, diverse Debitorenkonten ABSO 11, 23-25, 31, 33, 37-39).

Es fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass die Bf selbst Vermietungs- oder Beherbergungserträge steuerlich erklärt haben könnte . Die Bf hat somit selbst keine Miet- oder Beherbergungsverträge abgeschlossen.

BP-Bericht ABC Haus 11 vom , TZ 1:

Das Haus Nr. 12 sei eine Apartmentanlage mit Ferienwohnungen.

Die Ferienwohnungen seien "über" die "Hausverwaltung HV" (zum weitaus überwiegenden Teil) und auch "über" die einzelnen Eigentümer selbst "touristisch genutzt" worden .

In Einzelfällen sei seitens der Eigentümer die eigene Nutzung zu kurzfristigen Wohnzwecken erfolgt.

Nach Ansicht der BP "diene die Verwendung der Liegenschaftsanteile" der Erzielung von Umsätzen aus der Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen. Es liege keine Gebrauchsüberlassung zu Wohnzwecken vor (§ 6 Abs 1 Z 17 UStG 1994).

Die touristisch als Ferienwohnungen genutzten Liegenschaftsanteile seien wegen einer Option zur Steuerpflicht (§ 6 Abs 2 UStG 1994) dem Normalsteuersatz von 20% zu unterwerfen.

Das Ausmaß der als Ferienwohnungen genutzten Einheiten sei infolge eingeschränkter Ermittlungsmöglichkeiten (Eigentümer im Ausland, keine oder nur beschränkte Kontaktaufnahme möglich) im Zuge einer Schätzung im Ausmaß von rund 75 % ermittelt worden.

Anmerkung des BFG: Damit ist gemeint: 75% jener Umsätze, die die Bf als dem begünstigten Steuersatz (10%) unterliegend ansetzt, werden vom Finanzamt jenen Wohnungen zugeordnet, die Beherbergungszwecken dienen und dem Normalsteuersatz unterworfen.

Die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung und zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht, und die nicht für Wohnzwecke verwendet werden, seien unecht steuerbefreit ( § 6 Abs 1 Z 17 UStG 1994).

Die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung und zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht, und die für Wohnzwecke verwendet werden, unterlägen dem begünstigten Steuersatz (§ 10 abs 2 Z 4 lit d UStG 1994).

Es liege jedoch keine Gebrauchsüberlassung zu Wohnzwecken vor.

Die ABC (Bf) habe gem. § 6 Abs 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht optiert. "Die touristisch als Ferienwohnungen genutzten Liegenschaftsteile" unterlägen dem Normalsteuersatz.

Anmerkung des BFG: Damit meint das Finanzamt, dass seiner Ansicht nach die Serviceleistungen der Bf an ihre Mitglieder, soweit sie jenen Wohnungen zugeordnet werden können, die als Ferienwohnung Zwecken der Beherbergung dienen, dem Normalsteuersatz zu unterwerfen seien.

Es erfolge eine Nettosteuersatzverschiebung von 10% auf 20%.

Anmerkung des BFG: Damit ist gemeint: 75% jener Umsätze, die die Bf als dem begünstigten Steuersatz (10%) unterliegend ansetzt, werden vom Finanzamt jenen Wohnungen zugeordnet, die Beherbergungszwecken dienen und dem Normalsteuersatz unterworfen.

Das Finanzamt zitiert (Vermietung einer Fremdenpension an ein Reisebüro, welches Feriengäste beherbergte) und -I/11.

Das Finanzamt hat in Bezug auf die Jahre des Streitzeitaums 75% des Umsatzes, den die Bf dem begünstigten Steuersatz von 10% zu unterwerfen begehrt, dem Normalsteuersatz unterworfen (BP-Bericht TZ 2).

Beschwerde vom :

Die Feststellung, dass infolge eingeschränkter Ermittlungsmöglichkeiten das Ausmaß der Vermietung mit 75% geschätzt werde, sei unzutreffend.

Anlässlich der Prüfung habe die Hausverwaltung eine Liste der Eigentümer mit Adressen und Telefonnummern vorgelegt.

Die Wohnungseigentümer hätten bei Bedarf dem Hausverwalter (VN HV) den Auftrag erteilt, gegen Bezahlung einer Vermittlungsprovision die Wohnungen zu vermieten. Die Vermietung erfolge im Namen des jeweiligen Wohnungseigentümers.

Auf die Umsätze sei der ermäßigte Steuersatz anzuwenden (Ruppe/Achatz, UStG 1994,4. Auflage, § 10 RZ 63, wonach es unerheblich sei, ob das Wohnbedürfnis nur vorübergehend , etwa im Zusammenhang mit Urlaub, befriedigt werde).

Soweit die Beschwerde der Bf.

Im Vorlagebericht vom verweist das Finanzamt auf den BP-Bericht (TZ 2), wonach das Ausmaß der als Ferienwohnungen genutzten Einheiten in Höhe von "75%" geschätzt worden sei.

Anmerkung des BFG: Damit ist gemeint: 75% jener Umsätze, die die Bf als dem begünstigten Steuersatz (10%) unterliegend ansetzt, werden vom Finanzamt jenen Wohnungen zugeordnet, die Beherbergungszwecken oder der Vermietung von Ferienwohnungen dienen, und dem Normalsteuersatz unterworfen.

Nach Einbringung der Beschwerde brachte die Bf ihre Steuererklärung 2012 am ein, die von den Ansätzen des Finanzamtes im bekämpften Bescheid vom beträchtlich abweicht.

Umsatzsteuer 2012 lt. Erklärung vom

Mit Erkenntnis des wurde die Beschwerde stattgebend erledigt. Wohnzwecken diene eine Wohnung in allen Fällen, in denen Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft in der Wohnung gewährt werde. Diese Voraussetzung sei auch bei einer wochenweisen oder auch nur tageweisen Beherbergung von Feriengästen erfüllt.

Mit Erkenntnis des wurde das Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Werde eine Wohnung bloß für wenige Wochen oder gar Tage überlassen, liege kein Aufenthalt auf Dauer vor. Wohnzweck sei etwas, das auf Dauer angelegt sei.

Erwägungen des BFG:

I.)Feststellungen

1.)Allgemeines

Die Beschwerdeführerin (Bf ) ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft (Personenvereinigung von Wohnungseigentümern) der Apartment-Anlage "Straße1 11", Stadt2.

Diese Appartementanlage umfasst 27 Wohnungen und zwei Geschäftslokale [ABSO 11, S.20,125-132]. Die Bf hat dem Prüfungsorgan die Namen und Adressen der Wohnungseigentümer auch des Hauses 11 bekanntgegeben (AB Straße1 11,21,22)

Die zwei Geschäftslokale dienen den Wohnungseigentümern (= Mitgliedern der Beschwerdeführerin) zu geschäftlichen und jedenfalls nicht zu Wohnzwecken. Die Art der Nutzung dieser Geschäftslokale ist nicht strittig.

Die Wohnungen wurden von den Wohnungseigentümern zum Teil selbst auf Dauer bewohnt, zum Teil selbst nur vorübergehend für Aufenthalte genutzt, zum Teil beherbergten die Wohnungseigentümer ohne die Hilfe des Hausverwalters in diesen Wohnungen Urlaubsgäste gegen Entgelt (TZ 2 BP-Bericht), oder die Wohnungseigentümer vermieteten diese Wohnungen an Urlaubsgäste . Zum Teil beauftragten die Wohnungseigentümer den Hausverwalter VN HV, in ihren Wohnungen gegen Entgelt in ihrem Namen Urlaubsgäste zu beherbergen oder, die Wohnungen an Urlaubsgäste zu vermieten. Der Hausverwalter beherbergte sodann die Urlaubsgäste oder vermietete an die Urlaubsgäste im Namen des jeweiligen Wohnungseigentümers , der ihn beauftragt hatte. Das erzielte Entgelt wurde dem Wohnungseigentümer weiter geleitet. Der jeweilige Wohnungseigentümer bezahlte dem Hausverwalter dafür eine Provision (unbestrittenes Berufungsvorbringen; TZ 2 BP-Bericht).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil der Wohnungseigentümer ihre Wohnung an Dauermieter vermietet hat.

Die Bf hat für die Wohnungseigentümer Serviceleistungen erbracht: Sie hat Heizkosten, Stromkosten, Müllbeseitigungskosten, Reinigungskosten und Instandhaltungskosten in Bezug auf die Eigentumswohnungen und die Geschäftslokale auf sich genommen und diese Kosten den Wohnungseigentümern weiter verrechnet [ABSO11, 23-25,31,33,37-39].

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Abgabepflicht der Bf selbst oder der Umfang der Abgabepflicht der Bf ungewiss ist.

Es ist strittig, welcher Teil der Wohnungen , denen die o.e. Serviceleistungen zuzuordnen sind, für dauerhafte Aufenthalte der Wohnungseigentümer oder ihrer Nutzungsberechtigten, und welcher Teil der Wohnungen für vorübergehende Aufenthalte der Wohnungseigentümer oder ihrer Nutzungsberechtigten genutzt wurde.

Die o.e. Serviceleistungen der Bf, die jenen Wohnungseigentümern zugute kommen, die die Wohnungen nicht selbst auf Dauer für Aufenthalte nutzen, oder die die Wohnungen nur vorübergehend entgeltlich überlassen (insbesondere an Urlaubsgäste), sind steuerfrei (§ 6 Abs 1 Z 17 USTG 1994; VwGH in derselben Angelegenheit vom , Ro 2019/15/0179). Die Nutzung einer Wohnung nur für wenige Wochen im Jahr ist kein Aufenthalt auf Dauer. Daher dient eine solche Wohnung nicht Wohnzwecken, weshalb die o.e. Serviceleistungen, die dieser Wohnung zuzuordnen sind, unter § 6 Abs 1 Z 17 USTG 1994 fallen. Da die Bf für diese Serviceleistungen freiwillig USt bezahlt hat, unterliegen diese Serviceleistungen dem Normalsteuersatz (§ 6 Abs 2 UStG 1994) .

2.)Aufbewahrungsfrist:

§ 18 Abs 10 UStG 1994 (Rechtslage 1.1.-, BGBl I 134/2003):Die Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 lit a betreffen, sind zwölf Jahre aufzubewahren.

§ 18 Abs 10 UStG 1994 (Rechtslage -, BGBl I 27/2004):Die Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 lit a betreffen, sind zwölf Jahre aufzubewahren. Die Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 lit a betreffen, und bei denen der Berichtigungszeitraum 19 Jahre beträgt (§ 12 Abs 10a) sind zweiundzwanzig Jahre aufzubewahren

§ 18 Abs 10 UStG 1994 (Rechtslage - lt. BGBl I Nr. 22/2012):Die Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 lit a betreffen, sind zweiundzwanzig Jahre aufzubewahren.

§ 28 Abs 38 Z 3 UStG 1994: § 18 Abs. 10 in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, ist auf Grundstücke im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a anzuwenden, die der Unternehmer nach dem erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen (wobei § 12 Abs. 12 zu beachten ist) verwendet oder nutzt, und wenn bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke der Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüberlassung) nach dem erfolgt.

§ 18 Abs 10 UStG 1994 (Rechtslage - heute , BGBl I Nr. 10/2022):Die Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 lit a betreffen, sind zweiundzwanzig Jahre aufzubewahren. Aufzeichnungen und Unterlagen, die nur Eigentumsübertragungen - ausgenommen von Geschäftsräumen - aufgrund eines Anspruches gem. § 15c WGG betreffen, sind hingegen zwölf Jahre aufzubewahren.

§ 28 Abs 57 UStG 1994 : § 12 Abs 10 und § 18 Abs 10, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 10/2022, treten mit in Kraft und sind bei nachträglichen Übertragungen in das Wohnungseigentum aufgrund eines Anspruches gemäß § 15 c WGG anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.

Die Bf hätte daher gem. § 18 Abs 10 UStG 1994 Aufzeichnungen und Unterlagen, die Grundstücke, dh die gegenständlichen Eigentumswohnungen betreffen, zumindest zwölf Jahre aufbewahren müssen. Die Aufzeichnungspflicht hätte es erfordert, dass die Entgelte so aufgezeichnet worden wären, dass anhand von Unterlagen und Aufzeichnungen betreffend die Nutzung der Eigentumswohnungen ersehen hätte werden können, wie sich die Entgelte der Bf auf steuerpflichtige Umsätze, getrennt nach Steuersätzen verteilten (§ 18 Abs 2 Z 1 und Abs 10 UStG 1994).

Ad 2009:

Die 12-jährige Aufbewahrungspflicht (§ 18 Abs 10 UStG 1994) endigte für Vorgänge des Jahres 2009 per .

Ein Steuerpflichtiger, der allerdings Belege im laufenden Verfahren vernichtet, obwohl er weiß, dass diese Belege noch benötigt werden könnten, kann sich nicht auf den Ablauf der Aufbewahrungsfrist berufen. Es wäre im Interesse der Bf gelegen, sämtliche Aufzeichnungen und Unterlagen bis zum Schluss des Abgabenverfahrens aufzubewahren ().

Am hat die Bf gewusst, dass die Aufzeichnungen und Unterlagen des Jahres 2009, die die Eigentumswohnungen der Wohnungseigentümer betreffen, noch benötigt werden könnten, um herauszufinden, welche Eigentumswohnungen nicht auf Dauer zum Aufenthalt und als Unterkunft genutzt wurden, da in dieser Angelegenheit damals ein noch schwebendes Verfahren vor dem VwGH abgewartet wurde. In diesem Verfahren (Ro 2019/15/0179) wurde die Frage geklärt, ob bei bloß kurzfristiger, dh wochenweiser oder tageweiser Nutzung der Eigentumswohnungen ein Aufenthalt auf Dauer vorliegen könnte.

Am war der Bf bekannt, dass für den Fall, dass der VwGH bei bloß kurzfristigem Aufenthalt in einer Eigentumswohnung , wie er bei entgeltlichen Überlassungen an Feriengäste typisch ist, nicht von einem Aufenthalt auf Dauer ausgehen würde, die Aufzeichnungen und Unterlagen des Jahres 2009 betreffend die Art der Verwendung der Eigentumswohnungen von Bedeutung sein würden, um herauszufnden, welche Eigentumswohnungen nicht auf Dauer zum Aufenthalt und als Unterkunft verwendet wurden, weil diese Eigentumswohnungen nicht Wohnzwecken dienen würden, sodass die o.e. Serviceleistungen der Bf , die diesen Eigentumswohnungen zuzuordnen sein würden, nicht dem begünstigten Steuersatz gem. § 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG 1994 unterliegen würden.

Da die Bf die Unterlagen und Aufzeichnungen ihrer Wohnungseigentümer , die die Art der Nutzung der Eigentumswohnungen im Jahr 2009 betrafen, nicht über das Jahr 2021 hinausgehend aufbewahrt hat, obwohl sie wusste, dass diese Unterlagen wegen des damals schwebenden VwGH-Verfahren Ro 2019/15/0179 noch benötigt werden hätten können, hat sie nicht das Recht, sich auf den Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu berufen ().

Ad 2010-2012

In Bezug auf die Unterlagen und Aufzeichnungen betreffend die Art der Nutzung der Eigentumswohnungen durch die Wohnungseigentümer in diesen Jahren ist die Aufbewahrungspflicht gem. § 18 Abs 10 UStG 1994 noch nicht abgelaufen.

Ad 2009-2012

Die Bf wäre daher verpflichtet gewesen, die vollständigen Unterlagen über die Art der Nutzung der Eigentumswohnungen durch die Wohnungseigentümer in den Jahren 2009-2012 zur Verfügung zu stellen, um dem BFG die Beurteilung zu ermöglichen, welche Eigentumswohnungen in diesen Jahren nicht zu Aufenthalten auf Dauer verwendet wurden, weil diese Eigentumswohnungen nicht Wohnzwecken gedient hätten (), sodass die Leistungen der Bf , die diesen Eigentumswohnungen zuzuordnen gewesen wären, nicht dem begünstigten Steuersatz gem. § 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG 1994 unterliegen hätten dürfen.

Durch die Überlassung der Telefonnummern und Adressen ihrer Wohnungseigentümer ist die Bf ihrer Verpflichtung gem. § 18 Abs 10 USTG 1994, Unterlagen und Aufzeichnungen , die die Nutzung der Eigentumswohnungen betrafen, aufzubewahren, nicht nachgekommen.

Das BFG ist daher berechtigt, die Abgabenansprüche zu schätzen (§ 184 BAO).

3.) Bf ABC Straße1 11 2009-2012:

In vier Monaten jedes Jahres (Jänner-März und Dezember lt. Telefonat mit der steuerlichen Vertreterin vom ) haben im Zeitraum 2015-2019 im Durchschnitt 34,27 % der Wohnungseigentümer Aufträge zur Vermietungen an Feriengäste an den Hausverwalter erteilt (Durchschnittswert aus 40,55% , 36,59%, 33,66% und 26,28% lt. Beilage zum E-Mail vom , 13:00 Uhr der steuerlichen Vertreterin). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Verhältnisse der Jahre 2009-2012 ähnlich gewesen sind (AV Telefonat mit der Steuerberaterin vom ; E-Mail des Richters vom an den Fachdienststellenleiter des FA ).

Da nicht jeder Auftrag zur Vermietung an Feriengäste tatsächlich zu einer Vermietung geführt haben wird (E-Mail der Steuerberaterin vom , 11:05 an den Richter), wird ein Sicherheitsabschlag von 20% gebildet:

34,27%
-6,85 %…Sicherheitsabschlag
27,42 % kurzfristige Vermietungen zu Urlaubszwecken in jeweils vier Monaten eines Jahres (Telefonat mit der Steuerberaterin vom ).

Da es nur für 34,27% der Wohnungseigentümer (Durchschnittswert aus vier Jahren 2015-2019, der als repräsentativ für den Streitzeitraum anzusehen ist) Zahlen über Vermietungen an Feriengäste gibt, und über die restlichen Wohnungseigentümer nicht bekannt ist, wie sie die Wohnungen genutzt haben (Vermietung an Feriengäste, Dauervermietung , Eigennutzung zu Urlaubszwecken oder dauerhafte eigene Wohnnutzung), erscheint ein Sicherheitszuschlag von 100% angebracht, um die Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu erfassen, die in den genannten 4 Monaten jedes Jahres die Wohnungen zur Gewährung einer nicht dauerhaften Unterkunft verwendet haben oder die Wohnungen nicht auf Dauer für den eigenen Aufenthalt verwendet haben.

27,42%.......... Gewährung von Unterkunft nicht auf Dauer in 4 Monaten eines jeden ……………………..Jahres
27,42%.............Sicherheitszuschlag 100%
54,84 %...........Teil der Wohnungseigentümer, die in den genannten 4 Monaten jedes Jahres ihre Wohnungen zur Gewährung einer nicht dauerhaften Unterkunft verwendet haben oder nicht auf Dauer für den eigenen Aufenthalt genutzt haben.

Mit einer Gewährung einer bestimmten Unterkunft an eine bestimmte Person auf Dauer ist jede Gewährung dieser Unterkunft an diese Person gemeint, die länger als 10 Wochen pro Jahr (vgl. BFH BStBl 1968 II 439; vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl, § 26 TZ 9) gedauert hat. Mit einem Aufenthalt auf Dauer in einer bestimmten Wohnung ist jeder Aufenthalt einer Person gemeint, der länger als 10 Wochen im Jahr gedauert hat. Dies ist daraus zu schließen, dass die Gewährung der Unterkunft und der Aufenthalt, um als dauerhaft angesehen werden zu können, jedenfalls länger als wenige Wochen pro Jahr währen müssen. 10 Wochen pro Jahr ist jedenfalls länger als nur wenige Wochen pro Jahr (vgl. ).

Über die Art der Nutzung der Wohnungen durch die Wohnungseigentümer in den restlichen 8 Monaten eines jeden Jahres fehlen Aufzeichnungen der Bf . Daher erscheint es entgegen der Ansicht der Bf nicht richtig, die Nutzung der Wohnungen während dieser 8 Monate zur Gänze als dauerhafte eigene Wohnnutzung oder dauerhafte entgeltliche Überlassung anzusehen.

Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass in der restlichen Zeit (8 Monate eines jeden Jahres) die Wohnungen zu Aufenthalten auf Dauer ( dauerhafte Aufenthalte ihrer Eigentümer oder Nutzung durch Dauermieter) gedient haben, gleich hoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass diese Wohnungen nicht dauerhaften Aufenthalten (nicht dauerhafte Aufenthalte ihrer Eigentümer oder nicht dauerhafte Aufenthalte ihrer zahlenden Urlaubsgäste) gedient haben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass 54,84% der Wohnungseigentümer die Wohnungen in den restlichen 8 Monaten eines jeden Jahres nicht dauerhaft zur Eigennutzung verwendet haben oder nicht dauerhaft entgeltlich überlassen haben, beträgt daher 50%. Dies erfordert einen Sicherheitsabschlag von 50%.

54,84%........Anteil der Wohnungseigentümer, die in vier Monaten des Jahres die ………………….Wohnungen nicht auf Dauer selbst verwendet oder nicht auf Dauer ………………….überlassen haben
-27,42 %......Sicherheitsabschlag 50%
27,42%........Anteil der Wohnungseigentümer, die die Wohnungen ganzjährig nicht auf ………………….Dauer zu eigenen Aufenthalten oder nicht auf Dauer zur Gewährung von …………………..Unterkunft verwendet haben.

27,42 % der durch die Bf dem begünstigten Steuersatz zugeordneten Umsätze sind daher dem Normalsteuersatz zuzuordnen, weil sie nicht einer Überlassung oder Nutzung für Wohnzwecke zugeordnet werden können.

II.) Rechtsfolgen:

In Bezug auf diese Serviceleistungen der Bf gegenüber den Wohnungseigentümern ist strittig, ob diese, soweit sie auf die einzelnen Wohnungen , nicht die Geschäftslokale, entfallen, mit 10% oder mit 20 % der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

Hiezu wird durch das BFG bemerkt:

Die Bf hat Serviceleistungen erbracht, die der Erhaltung, Verwaltung und dem Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht, dienten, und die sowohl für Wohnzwecke (dauerhafte Wohnnutzung), als auch nicht für Wohnzwecke (nicht dauerhafte Nutzung für Aufenthalte) verwendet wurden.

Soweit die Eigentumswohnungen von den Wohnungseigentümern für Wohnzwecke verwendet wurden, unterliegen die diesen Eigentumswohnungen zuzuordnenden Serviceleistungen dem begünstigten Steuersatz von 10% (§ 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG 1994 betreffend die Jahre 2009-2012). Das gilt nicht für die Lieferungen von Wärme. Damit sind Serviceleistungen gemeint, die Wohnungseigentümern zuzuordnen sind, deren Wohnungen dauerhaft zur eigenen Wohnnutzung oder zur Dauervermietung verwendet wurden.

Soweit einzelne Wohnungen von den Wohnungseigentümern nicht für Wohnzwecke, dh für nicht dauerhafte Aufenthalte verwendet wurden, wären die diesen Wohnungen zuzuordnenden Serviceleistungen steuerfrei (§ 6 Abs 1 Z 17 USTG 1994). Da die Bf zur Steuerpflicht optiert hat, unterliegen diese Serviceleistungen dem Normalsteuersatz (§ 6 Abs 2 UStG 1994). Damit sind Serviceleistungen gemeint, die Wohnungseigentümern zuzuordnen sind, deren Wohnungen für nicht dauerhafte Aufenthalte verwendet wurden () .

Damit sind nach den obigen Feststellungen 27,42% der durch die Bf dem begünstigten Steuersatz zugeordneten Umsätze gemeint.

III.)Bemessungsgrundlagen:

Umsatzsteuer 2009

151.511,79 € …steuerbarer Umsatz
66.886,81 €……Umsatz 20 % lt BFG
84.624,98 €……Umsatz 10% lt. BFG
13.377,36 €……Umsatzsteuer 20%
8.462,50 €……..Umsatzsteuer 10%
21.839,86 €…..Umsatzsteuer gesamt
-26.825,48 €…..Vorsteuer
- 4.985,62 €…….Gutschrift

116.595,46 €….Umsatz 10% lt Bf
-31.970,48 €…..lt. BFG abzüglich 27,42 % von 116.595,46 €
84.624,98 €……Umsatz 10% lt. BFG

34.916,33 €…….Umsatz 20% lt. Bf
+31.970,48 €…..zusätzlicher Umsatz 20% lt. BFG
66.886,81 €……..Umsatz 20 % lt BFG

Umsatzsteuer 2010

84.981,42€ …….steuerbarer Umsatz
38.102,27 €…….Umsatz 20 % lt BFG
46.879,15 €…….Umsatz 10% lt. BFG
7.620,45 €………Umsatzsteuer 20%
4.687,92 €………Umsatzsteuer 10%
12.308,37 €…….Umsatzsteuer gesamt
-19.021,52 €……Vorsteuer
-6.713,15 €……..Gutschrift

64.589,62 €…….Umsatz 10% lt Bf
-17.710,47 €…..lt. BFG abzüglich 27,42 % von 64.589,62 €
46.879,15 €…….Umsatz 10% lt. BFG

20.391,80 €…….Umsatz 20% lt. Bf
+17.710,47 €…..zusätzlicher Umsatz 20% lt. BFG
38.102,27 €……..Umsatz 20 % lt BFG

Umsatzsteuer 2011

30.196,23 € ……steuerbarer Umsatz
12.522,48 €…….Umsatz 20 % lt BFG
17.673,75 €…….Umsatz 10% lt. BFG
2.504,5 €………..Umsatzsteuer 20%
1.767,38 €………Umsatzsteuer 10%
4.271,88 €………Umsatzsteuer gesamt
-5.493,52 €……..Vorsteuer
- 1.221,64 €……..Gutschrift

24.350,72 € ……Umsatz 10% lt. Bf
- 6.676,97 €…….lt. BFG abzüglich 27,42 % von 24.350,72 €
17.673,75 €…….Umsatz 10% lt. BFG

5.845,51 €……….Umsatz 20% lt. Bf
+6.676,97 €……..zusätzlicher Umsatz 20% lt. BFG
12.522,48 €……..Umsatz 20 % lt BFG

2.) Umsatzsteuer 2012

30.792,50 € …..steuerbarer Umsatz
13.545,6 €……..Umsatz 20 % lt BFG
17.246,90 €……Umsatz 10% lt. BFG
2.709,12 €.......Umsatzsteuer 20%
1.724,69 €........Umsatzsteuer 10%
4.433,81 €.......Umsatzsteuer gesamt
-4.302,51 €…….Vorsteuer
131,3 €............Zahllast 2012

23.762,60 € …..Umsatz 10% lt. Bf
- 6.515,70 €……lt. BFG abzüglich 27,42 % von 23.762,60 €
17.246,90 €……Umsatz 10% lt. BFG

7.029,90 €………Umsatz 20% lt. Bf
+6.515,70 €…….zusätzlicher Umsatz 20% lt. BFG
13.545,6 €………Umsatz 20 % lt BFG

IV.) Begründung gemäߧ 25 a Abs 1 VwGG:

Durch dieses Erkenntnis werden keine Rechtsfragen iS von Art 133 Abs 4 B-VG berührt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt .

Die Bf, eine Personenvereinigung von Wohnungseigentümern, erbringt an ihre Wohnungseigentümer die typischen Serviceleistungen, die in § 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG (Streitzeitraum 2009-2012) erwähnt sind, wobei sich diese Serviceleistungen mittelbar auf die Wohnungen der Wohnungseigentümer beziehen (inbesondere Weiterverrechnung von Betriebs- und Instandhaltungskosten).

Die Wohnungseigentümer nutzen ihre Wohnungen zum Teil auch für Aufenthalte oder Nutzungsüberlassungen, die nicht von Dauer sind. Es ist nicht mehr zweifelhaft, dass diese Wohnungen nicht Wohnzwecken i.S. des § 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG 1994 dienen ().

Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (Art 133 Abs 4 B-VG). Daher ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100115.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at