Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2022, RV/2200014/2018

Verfüllung einer Geländeunebenheit mit Bodenaushubmaterial unter Verletzung einer Bescheidauflage

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PEISSL & PARTNER Rechtsanwälte OEG, Judenburgerstraße 1, 8580 Köflach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/05317/4/2017, betreffend Altlastenbeitrag zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/05317/4/2017, wurde für die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 201 Abs.1, Abs.2 Z.3 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.a und § 7 Abs.1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) ein Altlastenbeitrag für das erste bis dritte Quartal 2017 für das Ablagern von 3.142 Tonnen Aushubmaterial in Höhe von € 28.906,40 sowie gemäß §§ 217 ff. ein Säumniszuschlag in der Höhe von € 558,07 und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in Höhe von € 558,07 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine wasserrechtlich bewilligte Geländeveränderung in Form einer Aufschüttung des Talbodens entgegen den erteilten Projektauflagen und erst nach Rechtskraft der erteilten Rodungsbewilligung vorgenommen worden sei.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf. mit Eingabe vom binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einholung der Rodungsbewilligung nur irrtümlich unterblieben sei, da das Forstreferat der steiermärkischen Landesregierung bereits beim wasserrechtlichen Verfahren mitgewirkt habe. Zudem sei die subjektive Abfalleigenschaft nicht erfüllt, da der Liegenschaftseigentümer, der als Baggerfahrer der Bf. tätig war, bei einer Baustelle erkannt habe, dass das Bodenaushubmaterial bei der von ihm beabsichtigten Geländeveränderung Verwendung finden könne. Das Bodenaushubmaterial sei daher einer zulässigen Verwertung gemäß § 15 Abs.4a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG) zugeführt, vorerst aber nur zwischengelagert worden. Die Bf. habe in der Folge das Ziviltechnikerbüro ***1*** mit der Umsetzung des Vorhabens beauftragt, mit den Bauarbeiten sei erst im Jahre 2018 begonnen worden. Im Übrigen sei die Ermessensentscheidung rechtlich verfehlt.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/02440/2018, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Bodenaushubmaterial um Abfall handelt, da beim Vorbesitzer (Bauvorhaben ***2***) eine Entledigungsabsicht bestanden habe und eine mögliche Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs.3 Z.2 und 3 AWG nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem liege keine Zwischenlagerung vor, das Material sei von der Bf. entgegen der Bewilligungsauflage 1 des Bescheides GZ. ***3***, zur dauernden Ablagerung, nämlich zum Zwecke einer Geländeverfüllung, eingebracht worden. Aufgrund des Verstoßes gegen die Bescheidauflagen sei das Material nicht zulässigerweise im Sinne des § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG verwendet worden, die entstandene Beitragsschuld könne auch nicht rückgängig gemacht werden. Möglicherweise liege aber bei Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO vor. Bezüglich der Ermessensentscheidung wurde darauf verwiesen, dass derjenige, der eine Ausnahme von der Beitragspflicht in Anspruch nimmt, nachzuweisen habe, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Eingabe vom , zuletzt geändert am , haben Frau ***4*** und Herr ***5*** um die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Durchführung von Geländeveränderungen (Aufschüttung) sowie von Schutz- und Regulierungsmaßnahmen am ***Bach*** im Bereich der Grundstücke Nr. ***6***, alle KG ***7***, sowie auf dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***9***, angesucht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , GZ. ***3***, wurde im Spruchteil I gemäß den §§ 38, 98 Abs.1, 107 und 111 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) die wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung von Geländeveränderungen (Aufschüttung) sowie von Schutz- und Regulierungsmaßnahmen am ***Bach*** im Bereich der Grundstücke Nr. ***6***, alle KG ***7***, sowie auf dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***9***, in Übereinstimmung mit dem Befund in der Begründung und den genehmigten Planunterlagen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden und bei Erfüllung nachstehender Auflagen erteilt: 1. Die Anlage ist bescheidmäßig unter fachkundiger Aufsicht und Leitung zu errichten. Die bescheidmäßige Ausführung unter Einhaltung des Standes der Technik ist durch die fachkundige Aufsicht zu bestätigen. … 8. Die Ausführung der Arbeiten ist durch genaue Aufzeichnung der Ausführungsschritte zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist nach Abschluss der Arbeiten der Behörde vorzulegen. 9. Als Schüttmaterial darf nur unbedenkliches Material, welches keine bodenfremden Stoffe beinhaltet, verwendet werden. Das Material muss leicht verdichtbar sein und lagenweise eingebaut werden. … Für die Bauvollendung wurde eine Frist bis eingeräumt. Gemäß den Projektunterlagen der ***1*** ergibt sich, dass eine Böschungsneigung von max. 25° einzuhalten ist. Schütthöhe und Anzahl der Arbeitsgänge beim Verdichten sind nach Art und Größe der Verdichtungsgeräte und der Bodenart festzulegen. Die Schichtfolgen sind dünner als 50 cm unter Berücksichtigung der Materialeigenschaften auszuführen, das Schüttgut ist lagenweise möglichst durchgehend über die gesamte Schütthöhe einzubauen und gleichmäßig zu verdichten.

Mit Spruchteil II. des genannten Bescheides wurde die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Durchführung von Geländeveränderungen (Aufschüttung) sowie von Schutz- und Regulierungsmaßnahmen am ***Bach*** im Bereich der Grundstücke Nr. ***6***, alle KG ***7***, sowie auf dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***9***, nach Maßgabe der vorgelegten und vidierten Planunterlagen bei Erfüllung nachstehender Auflagen erteilt: 1. Aus den vorhandenen bereits abgelagerten Materialen sind alle Materialien zu entfernen, die Baurestmassen oder Müll darstellen. Diese sind gesetzeskonform zu entsorgen, Entsorgungsnachweise sind der Behörde binnen 8 Wochen nach Erhalt dieser Nachweise im Original vorzulegen. 2. Es ist eine ökologische Bauaufsicht zu bestellen. Der ökologischen Bauaufsicht obliegt es, die Einreichunterlagen, das Gutachten des limnologischen Amtssachverständigen sowie die Auflagen des gegenständlichen Bescheides in ihrer Ausführung und Einhaltung zu überwachen. Mit der ökologischen Bauaufsicht ist ein kompetentes Technisches Büro für Biologie zu beauftragen. Spätestens 4 Wochen vor Beginn der Baumaßnahmen ist die Naturschutzbehörde nachweislich davon in Kenntnis zu setzen, welches Technische Büro für Biologie mit der Bauaufsicht betraut wurde. …

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , GZ. ***10***, wurden Frau ***4*** und Herrn ***5*** die Bewilligung erteilt, Waldboden auf den Grundstücken Nr. ***6***, alle KG ***7***, sowie auf dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***9***, im Flächenausmaß von insgesamt ca. 5.021 m² (davon ca. 1.368 m² befristet) entsprechend den mit einem Sichtvermerk versehenen Lageplan sowie dem Befund in der Begründung dieses Bescheides zum Zweck der Durchführung von Geländeveränderungen (Aufschüttung) sowie von Schutz und Regulierungsmaßnahmen am ***Bach*** zu roden. Der Bescheid ist am in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , GZ. ***11***, wurde die im Bescheid vom gesetzte Frist für die Bauvollendung bis zum erstreckt.

Der Bf. wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom , GZ. ***12***, die Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Bodenaushub gemäß § 24a AWG erteilt.

Beim Bauvorhaben ***2*** war die Bf. als Erdbewegungsunternehmen, Herr ***5*** als Baggerfahrer tätig. ***5*** erkannte, dass das dort bei den Bauarbeiten der Bf. angefallene Bodenaushubmaterial zur Verwirklichung der von ihm beabsichtigten Geländeveränderung Verwendung finden könnte und befasste die Bf. mit der Umsetzung der Geländeanpassung. Die Bf. verfüllte zwischen und insgesamt 3.142 Tonnen von ihr zu entsorgendes Bodenaushubmaterial (1. Quartal: 430 Tonnen, 2. Quartal 2.603 Tonnen, 3. Quartal 109 Tonnen) auf dem Grundstück Nr. ***8***, KG ***9***.

Am fand über Ersuchen des Zollamtes Graz eine Erhebung der Bezirkshauptmannschaft ***14*** (Niederschrift vom , GZ. ***13***) vor Ort statt. Vom anwesenden Amtssachverständigen wurde auf die Einhaltung der Bedingungen und Auflagen des wasser- und naturschutzrechtlichen Bescheides verwiesen. Die Bf. beauftragte in der Folge am das Zivilingenieurbüro ***1*** mit den Leistungen der örtlichen Bauaufsicht.

Im Rahmen einer Begehung vom konnte festgestellt werden, dass der forstliche Bewuchs größtenteils entfernt und Schütt- und Erdmaterial über den Schüttbereich hinausführend angehäuft wurden. Die bautechnische Standsicherheit und Stabilität der Schüttung können nicht als fach- und sachgerechter Einbau nachvollzogen werden, da die Schüttung lagenmäßig nicht richtig hergestellt wurde und ohne Verdichtung in Lagen, lediglich durch Kippung über die Schulter, erfolgte. Die vorliegenden Erdbaumaßnahmen wurden somit nicht fach- und sachgerecht verdichtet ausgeführt. Die erkennbare Verdichtung erfolgte lediglich durch die Anlieferung und die Befahrung des Schüttkegels. Die Materialmassen sind daher bis an die Sohle abzuheben, umzulagern und entsprechend den geforderten und projektierten Arbeitsabläufen einzubringen (Technische Stellungnahme der Zivilingenieurbüro ***1*** vom ).

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und sind insbesondere hinsichtlich der Menge des Materials, des Zeitpunktes der Verbringung des Materials und des Veranlassers der beitragspflichtigen Tätigkeit unbestritten.

Strittig ist hingegen, ob es sich bei der Tätigkeit der Bf. um eine Verfüllung oder eine Zwischenlagerung gehandelt hat. Dem Begriff des "Lagerns" ist immanent, dass die Abfälle projektgemäß wieder vom Ort der "Lagerung" entfernt werden (ua ). Ein Vorgang, der als "Lagern" anzusehen ist, kann daher nicht gleichzeitig dem Tatbestand des "Ablagerns" zugeordnet werden.

Die Bf. hat das Bodenaushubmaterial aber gerade nicht zum Zwecke der Geländeverfüllung bereitgehalten, sondern die Geländeverfüllung bereits an dem dafür vorgesehenen Ort vorgenommen und erst nach der Erhebung der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , in welcher der Amtssachverständige auf die Einhaltung der Bescheidauflagen verwies, die Zivilingenieurbüro ***1*** mit den Leistungen der örtlichen Bauaufsicht beauftragt. Erst die Zivilingenieurbüro ***1*** hat zur Erfüllung der Auflagen des Bewilligungsbescheides die gänzliche Abtragung des Materials bis zur Sohle als erforderlich erachtet. Trotzdem die Anschüttung von der Zivilingenieurbüro ***1*** daher "lediglich als Zwischenlagerung" bezeichnet wurde handelt es sich bei der Anschüttung des Bodenaushubmaterials um die Verfüllung von Geländeunebenheiten und nicht um eine "Lagerung" von Abfällen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 201 Abs.1 BAO kann nach Maßgabe des Absatz 2 und muss nach Maßgabe des Absatz 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs.2 Z.3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs.4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.

Gemäß § 3 Abs.1 ALSAG unterliegen dem Altlastenbeitrag

  1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

  2. das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

  3. das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung

  4. das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG ist Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs.1 Z.1 lit.c verwendet wird, von der Beitragspflicht ausgenommen (Rechtslage bis ).

Gemäß § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG sind Abfälle, sofern diese im Einklang mit den Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplans gemäß § 8 AWG 2002 für Aushubmaterialien, für eine Tätigkeit gemäß Abs.1 Z.1 lit.c verwendet werden, von der Beitragspflicht ausgenommen (Rechtslage ab ).

Gemäß § 2 Abs.4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs.1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG).

Gemäß § 2 Abs.1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen,

  1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

  2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa ; , 2008/07/0182; , Ra2016/05/0012) ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat. Das verfahrensgegenständliche Bodenaushubmaterial stammt von der Baustelle ***2***. Der dortige Bauherr oder Bauführer wollte sich bei der Realisierung des Bauvorhabens des angefallenen Bodenaushubs entledigen, um beim weiteren Bauvorhaben durch das Material nicht behindert zu werden (subjektiver Abfallbegriff).

Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall iSd § 2 Abs.1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist. Da im gegenständlichen Fall der subjektive Abfallbegriff zweifellos erfüllt ist, handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Materialien um Abfall iSd § 2 Abs.1 Z.1 AWG bzw. § 2 Abs.4 ALSAG.

Ein Abfallende (§ 5 Abs.1 AWG) setzt nicht nur die Qualifikation als Altstoff voraus, sondern auch eine zulässige Verwertung (vgl. § 15 Abs.4a AWG), d.h. dass das Material für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden kann und, dass die für diese Verwendung allenfalls erforderlichen Bewilligungen vorliegen.

Das verfahrensgegenständliche Material wurde zur Geländeverfüllung/-anpassung im Sinne des § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSAG verwendet und unterliegt daher grundsätzlich der Altlastenbeitragspflicht. Eine Ausnahme für Bodenaushubmaterial bestimmt § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG. Der Bestimmungen ist immanent, dass es sich um eine zulässige Verwendung handelt. Wer eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, hat nach § 3 Abs.1a letzter Satz ALSAG nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH liegt eine Altlastenbeitragspflicht vor, wenn in dem für die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen sind. Diese Grundsätze treffen auch auf jene Fälle zu, in denen zwar eine abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung (hier: wasserrechtliche und naturschutzrechtliche Bewilligung) erteilt wurde, vom Bewilligungsinhaber jedoch entsprechende Bescheidauflagen nicht eingehalten wurden. Für eine unterschiedliche Gewichtung eines Auflagenverstoßes und einer fehlenden Bewilligung besteht keine Grundlage ().

Die Bf. hat bei der Verfüllung der Geländeunebenheit (Aufschüttung) gegen die Projektunterlagen, die einen Bestandteil des Bescheides bilden, und gegen die Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , GZ. ***3***, verstoßen, da das Material nicht lagenweise und verdichtet eingebaut wurde. Dadurch ist weder ein Abfallende eingetreten, noch wurde das Bodenaushubmaterial zulässigerweise verwendet.

Gemäß § 7 Abs.1 ALSAG entsteht die Beitragsschuld mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde. Die Geländeverfüllung/Geländeanpassung erfolgte im ersten bis dritten Quartal 2017, die Beitragsschuld ist daher mit Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres entstanden.

Da im Zeitpunkt der jeweiligen Beitragsschuldentstehung die Baumaßnahme nicht den Anforderungen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft ***14*** vom , GZ. ***3***, entsprach und zum Zeitpunkt der Beitragsschuldentstehung für das 1. Quartal 2017 zudem noch keine Rodungsbewilligung, deren Erfordernis bereits im Punkt 7. des dem Bescheid vom zugrundeliegenden Projektes erwähnt wird, vorlag, war der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG nicht erfüllt und die Abgabenfestsetzung dem Grundtatbestand entsprechend vorzunehmen.

Eine im Zeitpunkt des § 7 Abs.,1 ALSAG entstandene Beitragsschuld kann durch die spätere Entfernung der Abfälle und ordnungsgemäße Bauausführung nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. ).

Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolgte in Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände. Unter dem Begriff Zweckmäßigkeit ist ua. das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu verstehen, unter Billigkeitsgründen die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei. Dem öffentlichen Interesse an der Erhebung des Altlastenbeitrages und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Abgabepflichtigen ist dabei der Vorzug vor allfälligen Interessen der Bf. einzuräumen. Soweit die Bf. eine spätere rechtskonforme Ausführung des Bauvorhabens in Aussicht stellt, ist sie auf die Möglichkeit eines Antrages nach § 295a BAO zu verweisen.

Zu den Nebenansprüchen ist zu bemerken:

Gemäß § 217 Abs.1 BAO sind, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß Abs.2 leg. cit. beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der von der belangten Behörde verhängte Säumniszuschlag in Höhe von 2 % entspricht somit den gesetzlichen Bestimmungen.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Die Vorschreibung liegt, sofern die Verspätung nicht entschuldbar ist, dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Dabei ist das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten, der Grad des Verschuldens und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die Vorschreibung des Verspätungszuschlages dem Grunde nach und in einer Höhe von 2 % angemessen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1a Z 4 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1 lit. c ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2200014.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at