Hinzuschätzung bei Löhnen, Haftung für Lohnsteuer, Neuberechnung DB und DZ, Säumniszuschlag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RSS Rechtsanwälte OG, Brunnenplatz 5b, 7210 Mattersburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung für Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2012, Säumniszuschläge für die Jahre 2009, 2011 und 2012, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2008 bis 2012, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I.Den Beschwerdenbetreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2008 bis 2012 und Säumniszuschlag für das Jahr 2012 wird teilweise Folge gegeben.Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
II. Den Beschwerden betreffend Säumniszuschlag für die Jahre 2009 und 2011 wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind denam Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Strittig ist im vorliegenden Fall die Höhe der nachverrechneten Lohnabgaben wie Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
Diesen Fragen ging folgendes Verwaltungsgeschehen voran:
Nachdem mehrere Dienstnehmer der Bf ihre Lohnzettel beim Finanzamt beanstandeten und angaben, nicht die ausgewiesenen Bezüge erhalten zu haben, wurde dieser Fall der GPLA zur Prüfung gemeldet ().
In der Folge fand eine Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch die Burgenländische Gebietskrankenkasse (BKK) statt.
Der Prüfer stellte dabei fest, dass keine Arbeitsaufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden der einzelnen Dienstnehmer vorgelegt werden konnten. Nach Aussage eines Dienstnehmers hätten die Mitarbeiter, die Taxifahrer, 33 Prozent der Jahreserlöse als Entlohnung ausbezahlt bekommen. Dies wurde in der Folge in der Niederschrift zur Schlussbesprechung auch von Herrn ***GF*** bestätigt. Es gab keine Nachweise darüber, wie hoch der Anteil des Geschäftsführers an den erzielten Erlösen war.
Mangels konkreter Aufzeichnungen schätze die BKK die ausbezahlten Löhne mit 33 Prozent der Erlöse und setzte auch für den Geschäftsführer, Herrn ***GF***, eine geschätzte Eigenleistung von 36.000 Euro pro Jahr an. Dies entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung und sei vom GF nicht bestritten worden. Die geschätzten Löhne wurden abzüglich der Eigenleistung des GF den aus der Anmeldung ersichtlichen Entgelten gegenübergestellt und die Lohndifferenz als Bruttobetrag entsprechend den gemeldeten Zeiträumen und den Beitragsgrundlagen der einzelnen zur Sozialversicherung gemeldeten Dienstnehmer prozentuell zur Nachverrechnung gebracht. Der verbleibende Umsatz wurde vom Prüfer auf alle in Frage kommenden Taxifahrer aufgeteilt und der Beitragspflicht unterworfen. Mangels entsprechender Grundaufzeichnungen über die Einsatzzeiten der Taxifahrer sei eine exakte Zuordnung des Umsatzes nicht möglich gewesen.
In der Folge übernahm das Finanzamt die von der BKK ermittelten Bemessungsgrundlagen und berechnete anhand dieser Bemessungsgrundlagen die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag neu. Es wurden Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2012 und Abgabenbescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2008 bis 2012 erlassen sowie Säumniszuschläge für die Jahre 2009, 2011 und 2012 festgesetzt.
Gegen diese Bescheide wurde Beschwerde erhoben. Die Bf brachte darin vor:
Im Zuge der Prüfung der lohnabhängigen Abgaben wurden 33 Prozent der Leistungserlöse pauschal auf die Dienstnehmer als Entgelte aufgeteilt. Diese pauschale Aufteilung widerspreche jedoch den Grundregeln eines ordnungsgemäßen Verfahrens. Weder seien die einzelnen Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Einsatzzeiten einvernommen worden noch sei der Komplementär der Bf befragt worden. Hätte die Behörde diesbezügliche Erkundigungen eingeholt, so wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die Dienstnehmer unterschiedliche Einsatzzeiten hatten und die pauschale Aufteilung nicht den Tatsachen entspreche. Hätte die Behörde die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt, so hätte die Nachverrechnung einen niedrigeren Betrag ergeben. Dies aus dem Grund, da die Teilzeitmitarbeiter im Verhältnis zu den Vollzeitmitarbeitern mehr Einsatzzeiten hatten und so die Berechnungsgrundlage für die Abgabe eine andere wäre.
Auch sei die Begründung der angefochtenen Bescheide unzureichend. Zwar werde auf den Prüfbericht verwiesen, jedoch fänden sich dort weder ausreichende Feststellungen noch eine ordnungsgemäße Begründung für die Vorgehensweise. In der Begründung wäre richtigerweise das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, das heißt der als erwiesen angenommene maßgebliche Sachverhalt darzulegen. Weiter sei anzugeben, wie die Behörde zu ihrem angenommenen Sachverhalt gekommen sei, und die Gründe für die Beweiswürdigung anzugeben. Schließlich sei auch anzugeben, welche rechtlichen Erwägungen maßgeblich waren.
Es werde daher beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.
Das Finanzamt entschied über die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerden als unbegründet ab. Die Prüfungsermittlungen hätten ergeben, dass 33 Prozent der Leistungserlöse zur Auszahlung gelangt seien. Der aliquote Anteil der Leistungserlöse abzüglich eines geschätzten Geschäftsführeranteiles sei daher der Lohnsteuer unterzogen worden. Das Finanzamt habe die rückständige Lohnsteuer zu schätzen und den Arbeitgeber in der Höhe des geschätzten Rückstandes haftbar zu machen, wenn die fällige Abfuhr der Lohnsteuer unterblieben sei oder die geleistete Abfuhr auffallend gering erscheine.
Für jene Beträge, die nachträglich der Lohnsteuer unterzogen worden seien, sei auch Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben worden.
Die Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Die Behörde sei in der Beschwerdevorentscheidung auf die Beschwerdeinhalte, insbesondere die mangelnde Sachverhaltsermittlung, in keiner Weise eingegangen. Jedenfalls fehle in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung, ob und inwieweit die Sachverhaltsermittlung im Verhältnis zur Nachforderung ausreichend gewesen sei.
Die Begründung wiederhole bloß das Ergebnis der Prüfung.
Die Ergebnisse der Außenprüfung gründeten ausschließlich auf der Aussage eines ehemaligen Dienstnehmers der Bf. Einzig auf Grund dessen Angaben habe die Behörde ohne Befragung der einzelnen Dienstnehmer sowie des Komplementärs 33 Prozent der Leistungserlöse pauschal herangezogen und auf die einzelnen Dienstnehmer aufgeteilt. Es sei richtig, dass diesem Dienstnehmer tatsächlich lediglich rund 33 Prozent der Leistungserlöse unter Berücksichtigung der persönlichen Einsatzzeit ausbezahlt worden seien, worüber der Komplementär der Bf bereits Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt erstattet habe. Bei sämtlichen übrigen Dienstnehmern sei eine Auszahlung laut Kollektivvertrag erfolgt. Hätte die Behörde die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt und Sachverhaltsermittlungen angestellt, hätte sie dies auch feststellen müssen. Zum Beweis werde die Zeugeneinvernahme der namentlich angeführten Dienstnehmer angeführt.
Die Bf bekämpfte auch die Beitragsvorschreibungen der BKK. Über diese Beschwerde entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom . Der Beschwerde wurde teilweise Folge gegeben und die Beitragsforderung herabgesetzt. Es wurde eine Eigenleistung des Herrn ***GF*** von 53.000 Euro jährlich angenommen. Für die Schätzung der BKK wurden nachstehende Umsatzzahlen herangezogen:
2008: € 199.029,18
2009: € 234.170,34
2010: € 244.330,44
2011: € 264.043,14
2012: € 326.634,31.
Es wurde von einer Beteiligung am Umsatz von 33 Prozent ausgegangen. Es wurden auch die unterschiedlichen Einsatzzeiten berücksichtigt. Ein gefahrener Kilometer wurde durchschnittlich mit 0,75 € veranschlagt.
In der Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht aus:
Nach Aussage des Zeugen, Taxiunternehmen und Obmann der Sparte Verkehr der Wirtschaftskammer, entspreche es der Realität, dass bei Kleinbetrieben wie der Bf die Eigenleistung des Chefs ca 100.000 Kilometer im Jahr betrage und für einen geleisteten Kilometer im Durchschnitt 0,75 Euro zu veranschlagen seien. Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass die Aussagen des Zeugen einerseits unter dem Gesichtspunkt der Interessenvertretung zu sehen seien, und andererseits der Zeuge um Objektivität bemüht war. Das Bundesverwaltungsgericht schätzte daher als Eigenleistung einen Mittelwert zwischen den Angaben der Bf (75.000 Euro jährlich) und der Schätzung der BKK (36.000 Euro jährlich) in der Höhe von 53.000 Euro jährlich, welcher dem Gericht als gerechtfertigt und plausibel erschien. Nach den übereinstimmenden Aussagen seien die Fahrer nicht nach Kollektivvertrag, sondern nach den Umsätzen entlohnt worden, wobei 33 Prozent der Erlöse aus Taxifahrten an die Mitarbeiter bar ausbezahlt wurden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht geht von nachstehendem Sachverhalt aus:
Die Bf betreibt ein Taxiunternehmen. Komplementär und Geschäftsführer ist Herr ***GF***.
Im Streitzeitraum von 2008 bis 2012 waren drei Personen vollzeitbeschäftigt, und zwar Herr ***1***, Herr ***2*** und Herr ***3***. Zwischen 9 bis 17 Personen waren geringfügig beschäftigt.
Die Entlohnung der Fahrer erfolgte über Beteiligung am Umsatz, wobei 33 Prozent der Leistungserlöse aus Taxifahrten als Entlohnung bar ausbezahlt wurden. Die Bf hatte hingegen die kollektivvertraglichen Löhne der Berechnung der Lohn- und Sozialabgaben zugrunde gelegt.
Es wurden keine Fahrtaufzeichnungen oder Zeitaufzeichnungen über die Einsatzzeiten der Fahrer vorgelegt. Die genaue Ermittlung der ausbezahlten Entlohnungen für jeden Mitarbeiter war daher nicht möglich.
Die Bf erzielte in den Streitjahren nachstehende Umsätze:
2008: € 199.029,18
2009: € 234.170,34
2010: € 244.330,44
2011: € 264.043,14
2012: € 326.634,31
Davon erwirtschaftete der Geschäftsführer und Komplementär, Herr ***GF***, einen Eigenumsatz von 53.000 Euro jährlich.
Die Entlohnung der Mitarbeiter wird daher in der Höhe von 33 Prozent der Umsätze abzüglich der Eigenleistung des Komplementärs geschätzt und auf die Mitarbeiter anteilig aufgeteilt.
Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur GZ W178 2126031-1/17E und der darin ergangenen Entscheidung betreffend die Beitragsvorschreibung der BKK vom . Die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes ist schlüssig und nachvollziehbar. Das Bundesfinanzgericht hegt daher keine Bedenken, den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen und in gleicher Weise festzustellen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Die neuen Bemessungsgrundlagen der BKK werden daher der Berechnung der Lohnabgaben zugrunde gelegt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Haftung für Lohnsteuer:
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
Gemäß § 86 Abs 2 EStG 1988 kann die Nachforderung der Lohnsteuer in einem Pauschbetrag erfolgen, wenn sich bei einer Außenprüfung ergibt, dass die genaue Ermittlung der auf den einzelnen Arbeitnehmer infolge einer Nachforderung entfallende Lohnsteuer mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist.
Auch im Falle einer pauschalen Nachforderung muss grundsätzlich ermittelbar sein, was auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen wird aber dann vorliegen, wenn zwar feststeht, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmern geldwerte Vorteile gewährte, der Arbeitgeber aber selbst der Abgabenbehörde die Möglichkeit nimmt, die betreffenden Arbeitnehmer festzustellen (vgl. ).
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und der Tatsache, dass die Bf die Entlohnung in Abhängigkeit von den Umsätzen in Abrede stellte, die umsatzabhängigen Entlohnungen bar ausbezahlte und keine Aufzeichnungen über die Einsatzzeiten und die durchgeführten Fahrten vorlegte, war es der Behörde nicht möglich, eine genaue Ermittlung der auf diese Arbeitnehmer entfallenden Lohnsteuer vorzunehmen. Aus diesem Grund wurde auf die pauschale und anteilige Ermittlung zurückgegriffen.
Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag:
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs 1 BAO nach Maßgabe des § 201 Abs 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß § 201 Abs 2 BAO Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
§ 303 BAO nennt als Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, dass
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs 3 FLAG 1967 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen.
Gemäß § 41 Abs 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 41 Abs 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG.
Gemäß § 41 Abs 5 FLAG 1967 beträgt der Beitrag 4,5 v.H. der Beitragsgrundlage.
Die Regelungen des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ), welcher von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, finden sich in § 122 Abs 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Bezogen auf den "Neuerungstatbestand" ist somit erforderlich, dass für die Abgabenbehörde im Verfahren nicht geltend gemachte Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Voraussetzung für die Festsetzung ist daher, dass entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages noch nicht bekannt waren und dass diese Umstände nachträglich neu hervorkommen (etwa im Zuge einer Außenprüfung).
Im gegenständlichen Fall kam erst im Rahmen der Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch die BKK (GPLA-Prüfung) hervor, dass die Bf nicht den gesamten Betrag, der als Entlohnung ausbezahlt worden war, der Besteuerung unterworfen und in die Bemessungsgrundlagen für DB und DZ einbezogen hatte.
Auf § 201 Abs 2 Z 3 BAO gestützte Festsetzungen liegen stets im Ermessen, dies unabhängig davon, ob sie auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen können (vgl. Ritz, BAO6, § 201 Tz 38).
Da sich die Selbstberechnung von DB und DZ als unrichtig erwies, kann eine Festsetzung von DB und DZ für die genannten Jahre erfolgen. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung.
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung. In der Regel sind sie lediglich erschließbar aus dem Zweck der Norm (vgl Ritz, aaO, § 20 , Tz 5).
Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Daher ist bei einer Festsetzung nach § 201 BAO, die sich nach den Kriterien der Wiederaufnahmen der Verfahren (§ 303 BAO) richtet, insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten (vgl Ritz, aaO, § 20 , Tz 8 und die dort wiedergegebene Judikatur und Literatur).
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl Ritz, aaO, § 20 , Tz 7).
Da nicht erkennbar ist, welche berechtigten Interessen der Bf der korrekten Festsetzung der genannten Abgaben entgegenstehen könnten, andererseits ein Interesse der Allgemeinheit an der gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen besteht, erscheint die Festsetzung nicht unbillig. Im Hinblick darauf, dass die Festsetzung zu einer nicht unerheblichen Nachforderung an DB und DZ führt, stehen ihr auch nicht das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entgegen.
Unter Berücksichtigung der von der BKK im Rahmen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes geschätzt ermittelten Bemessungsgrundlagen für die Beitragsgrundlagen und Lohnabgaben errechnen sich die in den Berechnungsblättern errechneten und angeführten Abgaben- und Haftungsbeträge.
Säumniszuschlag
§ 217 Abs 1 BAO bestimmt:
"Wird eine Abgabe ... nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
....
(5) Die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß Abs 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten .... zeitgerecht entrichtet hat.
....
(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
……
(10) Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Dies gilt für Abgaben, deren Selbstberechnung nach Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist."
Wie dem eindeutigen Wortsinn der zitierten Gesetzesbestimmung zu entnehmen ist, sind Säumniszuschläge bei verspäteter Entrichtung der Abgabenschuld zwingend festzusetzen. Der Behörde ist in diesem Fall kein Ermessen eingeräumt.
Die Bf hätte die Lohnsteuer während der laufenden Lohnzahlung bereits entrichten müssen. Wie den bekämpften Bescheiden entnommen werden kann, ist bis zur Erlassung des Bescheides keine Entrichtung der Steuer erfolgt. Die Säumnis betrug damit mehr als fünf Tage. Der Tatbestand des § 217 Abs 1 und 2 BAO wurde damit verwirklicht und die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Säumnis, bei der keine Verpflichtung zur Verhängung eines Säumniszuschlages entstanden wäre, waren nicht erfüllt. Ein Säumniszuschlag war somit zu verhängen.
Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.
Bei der Vorgehensweise der Bf, nicht die tatsächlich ausbezahlten Entgelte zu melden und der Besteuerung zu unterwerfen, handelt es sich nicht um ein vertretbares steuerliches Verhalten. Damit trifft die Bf an der Säumnis ein grobes Verschulden. Ein Säumniszuschlag war daher für das Jahr 2012 festzusetzen.
Für die Jahre 2009 und 2011 übersteigt der an die neue Nachforderung im Sinne der Entscheidung über die Beschwerde angepasste Säumniszuschlag die Bagatellgrenze von 50 Euro nicht. Für diese Jahre unterbleibt daher eine Festsetzung.
Beilagen: 6 Berechnungstabellen L, DB, DZ 2008-2012
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall war in erster Linie der Sachverhalt festzustellen. Die Beantwortung der Rechtsfragen ergab sich unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag damit nicht vor.
Aus diesem Grunde wurde die Revision für unzulässig erklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 86 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 4 Abs. 4 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 41 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100749.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at