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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.08.2022, RV/7102253/2022

Eine Zahlungsaufforderung ist kein rechtsmittelfähiger Bescheid.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Helmut Hummel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Elmar Kresbach, LL.M., Schottengasse 4/2/29, 1010 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen die Zahlungsaufforderung des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Zahlungsaufforderung vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, dass er offenbar übersehen habe, den auf seinem Abgabenkonto aushaftenden vollstreckbaren Rückstand im Gesamtbetrag von € 436.320,36 zu entrichten.

Er könne die Einleitung eines Einbringungsverfahrens (beispielsweise die Pfändung von Arbeitseinkommen, Geldforderungen etc.) und die dadurch anfallenden Kosten vermeiden, wenn er die Abgabenschuldigkeiten unverzüglich zu obiger Steuernummer entrichte.

*****

In der dagegen am eingebrachten Beschwerde führte der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. aus:

"Die bekämpfte Entscheidung wird in ihrem gesamten Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger sowie unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen infolge wesentlicher Verfahrensmängel sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung vollinhaltlich angefochten.

1. Der Zahlungsaufforderung sind weder in nachvollziehbarer Weise die fälligen Beträge beziehungsweise die rechtlichen Grundlagen von deren Festsetzung zu entnehmen; überdies liegt keine vollstreckbare Forderung vor. Die Behörde begründet die Zahlungsaufforderung mit der Tatsache, dass der Einschreiter faktisch als Geschäftsführer tätig war. Dem Einschreiter wurde jedoch bisher seitens des Finanzamtes nicht die Möglichkeit gewährt, sich zu dem laufenden Verfahren zu äußern, sondern erhielt lediglich die Zahlungsaufforderung.

2. Sollte sich eine etwaige Zahlungsaufforderung auf Abgabebeträge beziehen, welche im Zusammenhang mit dem Verfahren des Amtes der Betrugsbekämpfung/ Steuerfahndung zu GZ ***1*** polizeiliches Ermittlungsverfahren zu GZ ***2*** der Staatsanwaltschaft Wien beziehen, entbehrt deren Geltendmachung zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher sachlichen und rechtlichen Grundlage. Das Strafverfahren ist noch lange nicht abgeschlossen, es liegt nicht einmal eine Anklage vor. Sohin sind sämtliche abgabenrechtlichen (Haftungs-) Verfahren gegen den Einschreiter persönlich derzeit ohne sachliches sowie rechtliches Substrat und sind sohin diese Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Strafverfahrens auszusetzen. Eine von der Behörde angenommene persönliche Haftung des Einschreiters ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht feststellbar, sowie rechtlich nicht tragfähig.

Sohin sind auch sämtliche Einbringungsverfahren und die damit in Zusammenhang stehenden Bescheide, wie auch der angefochtene, auszusetzen und ist seitens der Behörde die abschließende rechtskräftige Erledigung des oben näher bezeichneten Strafverfahrens abzuwarten und sind rechtlich vertretbare Entscheidungen über eine persönliche Haftung des Einschreiters erst nach Beischaffung des finalisierten Strafaktes zu treffen.

3. Darüber hinaus wird der Vollständigkeit halber festgehalten, dass der Einschreiter zu keinem Zeitpunkt als faktischer Geschäftsführer eins Unternehmens tätig oder aber dessen wirtschaftlicher Eigentümer war. Basierend auf diesen Tatsachen, kann er es nicht unterlassen haben, Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Der Einschreiter war zudem nie in wirtschaftliche Belange eines Unternehmens außerhalb seiner Position als Angestellter involviert, weshalb ihm eine geschäftliche oder steuerliche Einflussnahme nicht möglich war. Es ist daher unverständlich, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt versucht wird, beim Einschreiter rechtlich in Wahrheit nicht feststellbare "Abgabenschuldigkeiten" einzutreiben.

4. Arbeitnehmer oder Kontaktpersonen von dem besagten Unternehmen kannte er nicht beziehungsweise pflegte er, wenn ein ausschließlich freundschaftliches, keinesfalls aber ein berufliches Verhältnis zu jenen Personen.

5. Weiters sind die geforderten Beträge noch nicht fällig.

6. Die bekämpfte Zahlungsaufforderung vom erweist sich daher als inhaltlich, sowie formell unrichtig und lässt erkennen, dass sich die belangte Behörde mit dem vom Einschreiter bisherigen Vorbringen und dem tatsächlichen Sachverhalt in keinster Weise auseinandergesetzt hat

Der Einschreiter stellt daher den

ANTRAG

- der Beschwerde Folge zu geben, die Zahlungsaufforderung des Finanzamtes ersatzlos aufzuheben und das Verfahren umgehend einzustellen;

in eventu

- der Beschwerde Folge zu geben, die bekämpfte Zahlungsaufforderung aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen;

in eventu

- der Beschwerde Folge zu geben, eine Verhandlung anzuberaumen, die beantragten Beweise aufzunehmen und in der Sache selbst zu entscheiden

in eventu

- das Einbringungsverfahren einzustellen, jedenfalls der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zu zuerkennen.

Gleichzeitig stellt der Einschreiter in eventu den

Antrag

auf Aussetzung der Einhebung der vorgeschriebenen Abgabenschuldigkeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des oben näher bezeichneten Strafverfahrens.

1. Das Finanzamt hat mit der Zahlungsaufforderung die Kapitalertragsteuer für das Jahr 2017 mit EUR 96.974,2, für das Jahr 2018 mit EUR 149.698,35 und für das Jahr 2019 mit EUR 189.647,73 festgesetzt. Die sofortige Einhebung dieser Abgabe würde für den Einschreiter einen unverhältnismäßig schweren Nachteil, insbesondere eine enorme finanzielle Belastung bedeuten, während die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Einhebung gering sind. Bereits die erforderliche Fremdfinanzierung zur Entrichtung der geforderten Abgabe und die allfällige Rückforderung bei erfolgreicher Beschwerde würden den Einschreiter unverhältnismäßig nachteilig belasten.

2. Der Einschreiter ersucht daher um Aussetzung der Einhebung der vorgeschriebenen Abgabenschuld bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegenständlichen Abgabenverfahrens.

*******

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurück und führte begründend aus, dass eine Beschwerde gegen ein Dokument, welches keinen Bescheid darstelle, unzulässig sei. Bei der Zahlungsaufforderung handle es sich nicht um einen Bescheid, daher sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Informativ werde bekannt gegeben, dass den Abgabenschulden die Bescheide über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer vom , versendet am - Zustellung in die Databox, zugrunde lägen.

*****

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. ohne weitere Begründung den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Laut Aktenlage bezieht sich die Beschwerde vom auf eine Zahlungsaufforderung des Finanzamtes vom über einen vollstreckbaren Rückstand in Höhe von € 436.320,36.

Grundsätzlich ist der Rechtsansicht des Finanzamtes zu folgen, dass einer Erledigung der Behörde, welche nicht als Bescheid bezeichnet ist, und die die Aufforderung zur Zahlung von Abgaben enthält, kein Bescheidcharakter zukommt, wenn auf Grund ihres Erscheinungsbildes nicht zu erkennen ist, dass es sich dabei um die förmliche Erledigung eines Abgabenfestsetzungsverfahrens handelt.

Die verfahrensgegenständliche Zahlungsaufforderung ist weder als Bescheid bezeichnet noch spricht sie rechtsverbindlich über den ihr zu Grunde liegenden Abgabenanspruch ab, sie verweist vielmehr auf einen bereits bestehenden Rückstand und stellt somit auch keinen rechtsmittelfähigen Bescheid dar.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Rechtsmittel gegen eine solche Zahlungsaufforderung als solches unzulässig ist, da eine Zahlungsaufforderung keinen Bescheid darstellt (; ; ).

Gegen Zahlungsaufforderungen, die der Einhebung des bereits festgesetzten Abgabenanspruches dienen (), eingebrachte Beschwerden sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mangels Bescheidcharakters dieser Erledigungen zurückzuweisen (vgl. ).

Das Finanzamt hat dem Bf. in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom mitgeteilt, dass der in der Zahlungsaufforderung angeführte Betrag in Höhe von € 436.320,36 aus den Bescheiden über die Festsetzung der Kapitalertragssteuer vom , versendet am - Zustellung in die Databox, resultiert. Die genaue Zusammensetzung ist dem Bf., wie sich aus dem gleichzeitig mit der Bescheidbeschwerde eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung ergibt, bekannt. Die Begründung zur Beschwerde ist daher nicht nachvollziehbar. Im Übrigen enthält die Zahlungsaufforderung entgegen der Behauptung des Bf. keinerlei Begründung im Zusammenhang mit einer faktischen Geschäftsführertätigkeit des Bf. Davon abgesehen ist die Richtigkeit der Kapitalertragsteuerbescheide 2017-2019 in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

Sollte der Bf. - entgegen den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, dass die Kapitalertragsteuerbescheide 2017-2019 vom in der Data-Box zugestellt wurden- die Ansicht vertreten, dass der Abgabenrückstand mangels Zustellung der Kapitalertragsteuerbescheide 2017-2019 nicht bestehe, wird darauf hingewiesen, dass die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären ist.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 96 Abs. 1 EStG die Kapitalertragsteuer binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) dem Betriebsfinanzamt abzuführen ist. Durch die bescheidmäßige Festsetzung wird keine abweichende Fälligkeit begründet.

Da die Zahlungsaufforderung keinen mit Beschwerde bekämpfbaren Bescheid darstellt und es dem Bundesfinanzgericht in diesem Fall verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen, ist die dagegen eingebrachte Beschwerde somit mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Beschluss weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der im oben angeführten Beschluss zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102253.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at