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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.08.2022, RV/3100019/2022

Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung, Umfang einer allgemeinen Vollmacht hinsichtlich Zustellvollmacht

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom , eingebracht am , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 gemäß § 5 WiEReG in Verbindung mit § 111 BAO zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

1. Das Finanzamt Österreich setzte mit Bescheid vom gegenüber der Bf. zu Handen des ***1***, ***Adr***, eine Zwangsstrafe gemäß § 5 WiEReG in Verbindung mit § 111 BAO fest. Der genannte Verband war in der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung seit dem als Vertreter der Bf. eingetragen. Der Bescheid vom wurde durch Hinterlegung zugestellt und am Freitag, den von einem Arbeitnehmer des genannten Verbandes übernommen (Beurkundung der Zustellung gem. § 22 Abs. 1 ZustellG durch einen Zusteller mit angegebener Personalnummer laut Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments der Post). Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides lautete auszugsweise: "Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei demoben angeführten Amt das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden."

2. Die Bf. brachte gegen diesen Bescheid mit Eingabe vom durch ihren Vorstand (Obmann und Obmann-Stellvertreter; nicht durch ihre steuerliche Vertretung und ohne Hinweis auf eine solche) eine Beschwerde ein. Diese wurde laut Eingangsstempel der belangten Behörde und laut dem Vermerk der Post am Kuvert am (eingeschrieben) bei der Post aufgegeben. Zur Rechtzeitigkeit wird in der Beschwerde ausgeführt:

"Die Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO beträgt einen Monat. Der angefochtene Bescheid des Finanzamtes Österreich wurde dem ***1*** als gesetzlichen Revisionsverband der Beschwerdeführerin am zugestellt. Der Beschwerdeführerin selbst wurde der Bescheid sohin bis dato überhaupt nicht zugestellt, daher ist die die Beschwerde jedenfalls rechtzeitig."

3. Mit am in die FinanzOnline-Databox der Bf. zugestellter Beschwerdevorentscheidungvom wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 260 BAO mit folgender Begründung zurück:

"Die Zustellung des Bescheides erfolgte am in die Databox der ***Bf1***. Der ***1*** ist als steuerlicher Vertreter und auch als Zustellungsbevollmächtigter eingetragen, der Bescheid wurde daher korrekt am zugestellt. Da die Beschwerde erst am eingelangt ist, ist die Beschwerdefrist von einem Monat überschritten."

4. Die Bf. beantragte mit Vorlageantrag vom , welcher am zur Post gegeben wurde, die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte dazu vor:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde die Beschwerde der ***Bf1*** gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom als verspätet zurückgewiesen.

Die Zurückweisung wird in der Beschwerdevorentscheidung damit begründet, dass die Zustellung des Bescheides am. ; in der Databox der ***Bf1*** erfolgte, und der ***1*** als steuerlicher Vertreter und auch als Zustellbevollmächtigter eingetragen und der Bescheid daher korrekt am zugestellt worden sei. Da die Beschwerde erst am eingelangt ist, sei die Beschwerdefrist von einem Monat überschritten.

Dem ist zu entgegnen, dass der Bescheid nicht in der Databox der ***Bf1*** zugestellt wurde, sondern postalisch an den ***1***, ***Adr***, übermittelt wurde. Die Beschwerdevorentscheidung ist insofern in diesem Punkt unrichtig, es erfolgte keine elektronische Zustellung.

Korrekt ist, dass der ***1*** steuerlicher Vertreter der ***Bf1*** ist. Die von der ***Bf1*** als Vollmachtgeber und dem ***1*** als Vollmachtnehmer unterfertigte schriftliche Vollmacht vom lautet:

"Hiermit bevollmächtigen wir ***1*** uns in allen steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten und für uns Eingaben, Steuererklärungen etc. zu unterfertigen, Akteneinsicht zu nehmen sowie alles ihm in unserem Interesse zweckdienlich Erscheinende zu verfügen.

Gemäß Finanzstrafgesetz gilt diese Vollmacht auch für das Verfahren in Steuerstrafsachen als Verteidiger.

Ebenso gilt die Vollmacht auch für alle Kassenangelegenheiten, die mit der Finanzbehördeabzuwickeln sind, wie Umbuchungs- und Rückzahlungsanträge, Übernahme von Geld undGeldeswert in unserem Namen.

Ferner umfasst diese Vollmacht auch das Recht zur Bestellung von Unterbevollmächtigten."

Diese Vollmacht wurde beim Finanzamt eingereicht. Das Finanzamt hat für die ***Bf1*** sodann eine Steuernummer vergeben und das dem Finanzamt angezeigteVollmachtsverhältnis, umfassend die Akteneinsicht gemäß § 90a BAO, die steuerliche Vertretung,Geldvollmacht sowie die Einreichung der Steuererklärung ab 2016 ("Quote") hinterlegt.

Eine Zustellvollmacht zugunsten des ***1*** ist von dieser Vollmacht jedochnicht umfasst und liegt auch keine weitere Vollmacht, die dem ***1*** eineZustellbevollmächtigung einräumen würde, vor.

Unterbleibt die Vorlage einer Zustellvollmacht, so ist dem folglich der Erklärungswert beizumessen,dass eine Zustellvollmacht ausgeschlossen sein soll. Das Finanzamt hatte somit davonauszugehen, dass eine solche nicht gewünscht ist und ist die Hinterlegung, trotz Nichtvorliegeneiner Vollmacht, somit unrichtig.

Die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, dass der ***1*** Zustellungsbevollmächtigter sei, und der Bescheid daher korrekt am zugestellt wordensei, sind daher nicht korrekt.

Der angefochtene Bescheid ist an den ***1*** übermittelt worden, obwohl keineZustellbevollmächtigung vorliegt. Die Zustellung an eine Person, die zu Unrecht alsZustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entfaltet keine Rechtswirkungengegenüber dieser Partei. Es tritt auch keine Heilung des Zustellmangels gemäß § 7 ZustellG ein.

Der angefochtene Bescheid wurde der ***Bf1*** somit nicht zugestellt.

Sollte die Rechtsmittelbehörde - entgegen der von der ***Bf1*** vertretenenAnsicht - dennoch zu dem Ergebnis kommen, dass eine Heilung des Zustellmangels möglich ist,dann gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfängertatsächlich zugekommen ist, somit frühestens am Montag den zu Beginn derBürozeiten des ***1***.

Die Beschwerde - beim Finanzamt am eingelangt - war somit jedenfalls rechtzeitzeitigund ist die Beschwerdevorentscheidung in diesem Punkt unrichtig und daher insofern abzuändern,als die Beschwerde jedenfalls nicht zurückzuweisen ist.

Weiters wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und wird beantragt diese demBundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen."

5. Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und nahm wie folgt Stellung:

Sachverhalt:

Zustellung: Der Bescheid über die Zwangsstrafe vom wurde an den Zustellungsbevollmächtigten ***1***, ***Adr*** nachweislich mittels RSb am zugestellt. Laut Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments der Post wurde die Übernahme dieses Dokuments mit bestätigt. Übernahmebestätigung: zugestellt, Übernahmeverhältnis: Arbeitnehmer - Persönlich bekannt - Unterschrift: ein Handzeichen

Dieses Formular der Post scheint in der Grunddatenverwaltung unter Vermerke mit dem Datum als "WiEReG: Zustellung Rückmeldung" auf. Die Beschwerde ist datiert mit und wurde laut Poststempel am eingebracht.

Zustellvollmacht: Mit dem Antrag auf Zuteilung einer Steuernummer vom wurde eine allgemeine, vollumfassende Vollmacht betreffend den ***1*** übermittelt. Auch ein FinanzOnline-Zugang für den ***1*** wurde beantragt.

Laut FinanzOnline ist der ***1*** seit als Zustellungsbevollmächtigter der ***Bf1*** eingetragen, sämtliche Bescheide seit 2016 ergingen an den Zustellungsbevollmächtigten ***1***.

Beweismittel: Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments der Post, Vollmacht, FinanzOnline Zustellung, Grunddaten betreffend Zustellung

Stellungnahme: Der Bescheid über die Zwangsstrafe wurde ordnungsgemäß am zugestellt, die Beschwerde wurde am eingebracht und war daher als verspätet eingelangt abzuweisen. Die ordnungsgemäße Zustellung gründet auf der allgemeinen Vollmacht, die die ***Bf1*** dem ***1*** ausgestellt hat. Eine allgemeine Vollmacht umfasst auch die Zustellungsbevollmächtigung (; ). Dies wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass seit Zuteilung der Steuernummer im Jahr 2016 sämtliche an die ***Bf1*** ergangene Bescheide dem ***1*** zugestellt wurden. Es wird ersucht, die Beschwerde vollinhaltlich abzuweisen."

Die belangte Behörde legte dazu folgende Dokumente vor:

  1. Kopie der Vollmachtsurkunde vom (mit darauf aufscheinender "Annahme" der Vollmacht durch den ***1*** als Bevollmächtigten)

  2. Ausgefüllten und unterfertigten Fragenbogen vom betreffend steuerliche Erfassung von nach inländischem Recht gegründeten Körperschaften ("Verf 15") inklusive Beilagen, auch unterfertigt vom ***1*** als Bevollmächtigten

  3. Antrag vom auf Zuteilung einer Steuernummer für die Bf., gestellt durch den ***1*** mit dem Ersuchen, die Genossenschaft auf dessen Quotenliste zu setzen und mit dem Ersuchen um Freischaltung in Finanz-Online

  4. Daten über die elektronische Zustellung laut FinanzOnline (undatiert), wonach die elektronische Zustellung aktiviert sei, jedoch eine E-Mail-Verständigung bei behördlichen Zustellungen nicht aktiviert sei

  5. Vermerke mit Datumsangaben bzgl. WiEReG in der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung (§ 90a-Mitteilung, Androhung einer Zwangsstrafe, Zustellung der Androhung, …)

  6. Eintrag einer steuerlichen Vertretung samt Zustellvollmacht des ***1*** im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung ("DB2") betreffend die Bf.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Rechtssache der ***GA_1*** aufgrund einer Verhinderung gem. § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der ***GA_2*** mit Wirksamkeit zum neu zugeteilt.

Sachverhalt

1. Das Finanzamt Österreich setzte mit Bescheid vom gegenüber der Bf. zu Handen des ***1***, ***Adr***, eine Zwangsstrafe gemäß § 5 WiEReG in Verbindung mit § 111 BAO fest. Der genannte Verband war aufgrund einer entsprechenden umfassenden Vollmacht vom in der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung seit dem als steuerlicher Vertreter und Zustellbevollmächtigter der Bf. eingetragen. Eine Einschränkung, wonach keine Zustellvollmacht erteilt werde, enthält diese Vollmacht nicht. Der Bescheid vom wurde durch Hinterlegung zugestellt und am Freitag, den von einem Arbeitnehmer des genannten Verbandes übernommen (Beurkundung der Zustellung gem. § 22 Abs. 1 ZustellG durch einen Zusteller mit angegebener Personalnummer laut Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments der Post). Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides lautete auszugsweise: "Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem oben angeführten Amt das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden."

2. Die Bf. brachte gegen diesen Bescheid mit Eingabe vom eine Beschwerde ein, die laut Eingangsstempel der belangten Behörde und laut dem Vermerk der Post am Kuvert am (eingeschrieben) bei der Post aufgegeben wurde.

3. Mit am in die FinanzOnline-Databox der Bf. zugestellter Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 260 BAO wegen verspäteter Einbringung zurück.

4. Die Bf. beantragte mit Vorlageantrag vom , welcher am zur Post gegeben wurde, die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

5. Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant und soweit im Folgenden nicht eigens darauf eingegangen wird - unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen.

Angesichts der Stellungnahme im Vorlagebericht der belangten Behörde ist nunmehr unstrittig, dass der angefochtene Bescheid nicht - wie in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung offenbar irrtümlich erwähnt - per FinanzOnline, sondern postalisch durch Hinterlegung an den ***1*** zugestellt wurde.

Die Bf. gibt in der Beschwerde an, dass der angefochtene Bescheid des Finanzamtes Österreich am dem ***1*** (als gesetzlichen Revisionsverband der Beschwerdeführerin) zugestellt worden sei. Dies ist aktenwidrig und unrichtig, da laut dem vorgelegten Dokument der Post der Bescheid bereits am von einem Arbeitnehmer des genannten Verbandes übernommen worden war.

Die Bf. führt in der Beschwerde weiters an, dass der Bescheid ihr selbst bis dato überhaupt nicht zugestellt worden sei, weshalb die Beschwerde jedenfalls rechtzeitig eingebracht worden sei. Strittig war somit, ob seitens der Bf. (auch) eine Zustellvollmacht an den ***1*** erteilt worden war. Die belangte Behörde geht davon aus, die Bf. bestreitet dies in ihrem Vorbringen. Auf Sachverhaltsebene im Rahmen einer Beweiswürdigung war daher zu prüfen, ob diese Vollmacht auch eine Zustellvollmacht enthielt bzw. ob eine solche ausgeschlossen war. Der Umfang der Vollmacht ergibt sich aus der vorgelegten Vollmachtsurkunde. Die zugrundeliegende Vollmacht umfasst unter anderem die Vertretung in "allen steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen" sowie "Eingaben, Steuererklärungen etc. zu unterfertigen, Akteneinsicht zu nehmen sowie alles ihm in unserem Interesse zweckdienlich Erscheinende zu verfügen". Es handelt sich demgemäß um eine allgemeine Vertretungsvollmacht vor Steuerbehörden, ohne auch nur einen ansatzweisen oder gar ausdrücklichen Ausschluss einer Zustellvollmacht.

Recherchen des Bundesfinanzgerichts in der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung ergaben, dass bereits seit dem , 14:54, also offenbar im Zuge der Bearbeitung des Ansuchens des ***1*** vom als Vertreter um die Vergabe einer Steuernummer für die Bf. unter Vorlage der genannten Vollmacht nicht nur die Eigenschaft des Verbandes als steuerliche Vertretung samt weiterer Eigenschaften wie Geldvollmacht etc., sondern auch bereits eine Zustellvollmacht zu Gunsten des Verbandes vermerkt wurde. Dieser Eintrag einer Zustellvollmacht ist, wie sich ebenfalls aus den (historischen) Grunddaten ersehen lässt, nach wie vor bis dato unverändert aufrecht. Dieser Umstand bestätigt auch das Vorbringen der belangten Behörde, wonach seitdem bereits sämtliche Bescheide dem Verband als Zustellbevollmächtigten der Bf. - offenbar ohne Probleme - zugestellt worden seien. Auch in der Folge sind bis dato keine inhaltlichen Änderungen betreffend die Zustellbevollmächtigung des Verbandes in der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung ersichtlich. Wären jahrelang derartige Zustellungen ohne Zustimmung oder gegen den Willen der Bf. an den Verband erfolgt, wäre es zudem lebensfremd, anzunehmen, dass Derartiges nicht in angemessener Zeit beanstandet und wohl auch korrigiert worden wäre.

Lediglich die Beschwerde wurde nicht durch die steuerliche Vertretung, sondern durch die zuständigen Organe der Bf. eingebracht. Es gibt daher keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich ein Ausschluss einer Zustellvollmacht durch die Bf. im relevanten Zeitpunkt (Zustellung des angefochtenen Bescheides) vorliegt. Es lag daher eine Zustellvollmacht der Bf. zu Gunsten des ***1*** im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides vor.

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 83 Abs. 2 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.

§ 9 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustellG) idF BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:

"Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht)."

§ 9 Abs. 3 Zustellgesetz idF BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:

"Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

§ 17 Zustellgesetz idF BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO erster Satz einen Monat.

Maßgeblich für den Beginn des Fristenlaufes für Bescheidbeschwerden ist gem. § 97 Abs. 1 BAO der Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides an denjenigen, für den er seinem Inhalt nach bestimmt ist. Diese Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a dieser Bestimmung bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (nach dem Zustellgesetz).

Nach § 93 Abs. 4 BAO wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, wenn der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist enthält oder zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 278 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Erwägungen

Streitpunkt war angesichts der zurückweisenden Beschwerdevorentscheidung zunächst, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, ist der Bescheid der Bf. durch Zustellung an deren Vertretung am zugekommen.

Eine allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung beinhaltet nach ständiger Rechtsprechuung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 ZustG (; , 94/15/0110; , 2003/17/0021; , 2010/17/0215; , 2012/13/0102; , Ra 2019/02/0137; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7 (2021), ZustG, § 9 Rz 20).

Da eine allgemeine Bevollmächtigung auch eine Zustellbevollmächtigung umfasst, lag auch im konkreten Fall eine wirksame Zustellbevollmächtigung des ***1*** vor. Eine solche wurde auch seitens der Finanzverwaltung im Jahr 2016 im Zuge der Vergabe der Steuernummer der Bf. korrekterweise vermerkt und führte fortan zur (offenbar unbeanstandeten) Zustellung von behördlichen Dokumenten an die genannte Vertretung.

Da der Bescheid durch den ***1***, welcher (auch) über eine aufrechte Zustellvollmacht verfügte, übernommen wurde, wurde der Bescheid an spätestens (vgl. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz, das auf den ersten Tag der Hinterlegung abstellt) diesem Tag () gegenüber der Bf. auch wirksam.

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages wurde der Bf. in der Rechtsbelehrung des angefochtenen Bescheides korrekt gemäß § 245 Abs. 1 BAO mit 1 Monat zur Kenntnis gebracht. Eine Anwendung des § 93 Abs. 4 BAO scheidet daher aus.

Der angefochtene Bescheid wurde somit jedenfalls spätestens mit der Übernahme des hinterlegten Dokumentes am Freitag, den zugestellt und damit gegenüber der Bf. wirksam. Da die Beschwerdefrist 1 Monat betrug, endete sie mit Ablauf des Montags, den . Dieser Tag ist als letzter Tag der gegenständlichen Frist anzusehen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass ein Grund vorläge, der den Lauf der Beschwerdefrist nicht in Gang gesetzt hätte oder deren Lauf gehemmt hätte. Auch brachte die Bf., die diesen Beweis führen müsste, dazu bislang nichts vor, zumal bereits die Beschwerdevorentscheidung offenkundig von einer Verspätung der Beschwerde ausging und dies auch deutlich ausdrückte. Ein Fall des § 103 Abs. 2 BAO liegt angesichts der allgemein gehaltenen Vollmacht zudem nicht vor.

Die Beschwerde ist mit dem datiert. Sie wurde am nachweislich und unstrittig zur Post gegeben und somit erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht. Die diesen Umstand bereits aufgreifende, zurückweisende Beschwerdevorentscheidung wurde rechtzeitig mit Vorlageantrag bekämpft und führte in der Folge zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Die Bescheidbeschwerde erweist sich als verspätet und war daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 278 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts zurückzuweisen. Aus diesem Grund hatte in der Folge ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte zu unterbleiben.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine vor der Abgabenbehörde ausgewiesene Vollmacht nicht gegenüber dem Verwaltungsgericht gilt (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 83 BAO Rz 8 (Stand , rdb.at)), da von einer Einheit hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht insoweit keine Rede sein kann (vgl. ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde ergibt sich bereits eindeutig aus dem Gesetz. Die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich. Da hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfragen bereits die zitierte ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, von der nicht abgewichen wurde, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100019.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at