Wert des Grundstückes gemäß § 6 idF BGBl. I Nr. 142/2000
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***RA***, ***RA-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer, Erfassungsnummer 10-2013, Steuernummer ***Bf-StNr***, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am und zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) ist im Lebensmitteleinzelhandel tätig und betreibt Verkaufsmärkte an verschiedenen Standorten im Inland.
Grundstücksmietvertrag
Die A-GmbH (in der Folge kurz: Verkäuferin) war Mieterin eines Grundstücks in der KG XY im Ausmaß von 2.103 m².
Die Vermietung des Mietgegenstandes erfolgte zum Zweck, durch die Mieterin ein Superädifikat samt Parkplätzen auf ihre Kosten errichten zu lassen (siehe VP. VII. des Mietvertrages).
Das Mietverhältnis begann am und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Beide Vertragspartner konnten das Mietverhältnis zum Monatsletzten unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen. Die Vermieterin verzichtete jedoch unwiderruflich auf ihr Kündigungsrecht auf die Dauer von 30 Jahren (siehe VP. XI.).
Die Vermieterin räumte der Mieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses das Vormiet- und Vorkaufsrecht an der mietgegenständlichen Liegenschaft ein (siehe VP. XII.).
Immobilienleasing
Auf dieser Liegenschaft hat die Verkäuferin einen Lebensmittelmarkt errichtet (Superädifikat).
Die Baulichkeit wurde an die Bf im Rahmen des Immobilienleasing-Mietvertrages vom August 1993 vermietet. Die Bf verzichtete auf die Dauer von 20 Jahren auf die Ausübung des Kündigungsrechtes (Grundvertragsdauer; siehe VP. II. 3. des Immobilienleasing-Mietvertrages).
Einheitswert
Für das Superädifikat (Geschäftsgrundstück) war seit der letzten Feststellung zum ein (erhöhter) Einheitswert in Höhe von € 64.024,77 festgestellt (siehe EW-AZ).
Kaufvertrag
Mit "KAUFVERTRAG ÜBER EIN SUPERÄDIFIKAT" vom 24.09./ veräußerte die Verkäuferin den Verkaufsmarkt an die Bf um einen Kaufpreis in Höhe von € 104.895,97.
Vom Kaufpreis erfolgte die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durch den Vertragserrichter in Höhe von € 3.671,36.
Die Bf ist in das Mietverhältnis mit der Grundstückseigentümerin eingetreten.
Außenprüfung
Das Finanzamt nahm eine Überprüfung der Selbstberechnung durch den Vertragserrichter vor.
Von den Prüfern wurden mehrere Kaufverträge der Bf, die Verkaufsmärkte zum Gegenstand hatten, sei es als Superädifikat oder bebautes Grundstück, beanstandet. Im Prüfbericht vom trafen die Prüfer ua. folgende Feststellungen:
" TZ 6.1.3
Art der Berechnung gemäß § 4 Abs. 1 bzw Abs. 2 Z 1 GrEStG iVm § 6 1 b GrEStG:
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gemäß § 4 Abs.2 Z 1 GrEStG ist die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstücks.
Das bedeutet, dass in den Fällen, wo die vereinbarte Gegenleistung den verdreifachten Einheitswert nicht erreicht, der 3-fache Einheitswert die Bemessungsgrundlage darstellt.
Als Wert des Grundstückes ist gemäß § 6 (1) b GrEStG das 3-fache des Einheitswertes, anzusetzen.
Sollte der nachgewiesene gemeine Wert geringer als der 3-fachen Einheitswert sein, dann stellt die Höhe des nachgewiesenen gemeinen Wertes die Bemessungsgrundlage dar.
Hinweis:
Die Überprüfung der durchgeführten Selbstberechnungen erfolgte dergestalt, als Herrn Dr. F dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel einen Datenträger zur Verfügung gestellt hat.
Nach den Angaben von Herrn Dr. F sollten auf diesem Datenträger alle notwendigen Unterlagen gespeichert sein, welche für die ordnungsgemäße Selbstberechnung notwendig gewesen sind (siehe dazu auch die Ausführungen in der Einleitung).
Tatsache ist, dass auf diesem Datenträger keine Nachweise über den gemeinen Wert von Liegenschaften abgespeichert waren. In einer Besprechung vom hat Herr Dr. F zu diesem Thema ua. angegeben, dass Schätzungsgutachten sich heute nicht in seinen Akten befinden und er zum Zeitpunkt der Selbstberechnung davon ausgegangen ist, dass der vereinbarte Kaufpreis zumindest dem gemeinen Wert entspricht und er sich damals auf die Auskünfte der Vertragsparteien verlassen habe, wonach der Wert (gemeint gemeiner Wert) dem vereinbarten Kaufpreis entspricht. Weiter hat Herr Dr. F angegeben, dass er zu allen betroffenen Selbstberechnungen die entsprechenden Nachweise vorlegen wird.
Mit Mail vom teilt Herr Dr. F dem Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel mit, dass sich die entsprechenden Berechnungsgrundlagen (gemeint Nachweise über die gemeinen Werte) bei der Firma K (die Bf) befinden. Sobald ihm diese vorliegen, wird er diese Unterlagen unverzüglich an das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel weiterleiten.
Infolge sind von Herrn Dr. F Unterlagen - im Begleitschreiben als Gutachten bezeichnet sowie Mietverträge - per Mail vorgelegt worden.
Festzuhalten ist, dass es sich bei den vorgelegten Nachweisen jedenfalls um keine Gutachten handelt. Vorgelegt wurden Wertermittlungen des DI J M, die, wie dieser selbst angibt, keine Gutachten ersetzen, sondern nur den für ihn realistischen Wert der Gebäude spiegeln.
Festzuhalten ist weiter, dass nicht zu allen betroffenen Erfassungsnummern Unterlagen vorgelegt wurden.
Nachfolgend eine Darstellung zu welchen Erfassungsnummer Wertermittlungen und Mietverträge vorgelegt worden sind bzw. bei welchen Erfassungsnummern keinerlei Unterlagen vorgelegt worden sind:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erfassungsnummer | vorgelegte Unterlagen |
EN 92-…………../2009 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 10-………./2009 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 10-………./2009 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 55-………../2010 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 55-………../2010 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 55-………./2010 | keine |
EN 10-…………./2011 | keine |
EN 10-……………/2011 | keine |
EN 10-………………/2011 | keine |
EN 10-…………./2011 | keine |
EN 10-…………/2011 | keine |
EN 10-………../2012 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 10-…………./2013 | keine |
EN 10-………./2012 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
EN 10-2013 | Mietvertrag, Schreiben vom DI M |
Nachfolgend nunmehr die Stellungnahme des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel zu diesem Thema.
Punkt a):
Hingewiesen wird auf die Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen zum Thema Selbstberechnung, dort heißt es wörtlich:
Die für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage außerhalb des elektronischen Selbstberechnungsverfahrens erstellten Berechnungsblätter und/oder Ausdrucke von automatischen Berechnungshilfen sind dem Selbstberechnungsakt beizuschließen und gemeinsam mit der über den Rechtsvorgang ausgefertigten Schrift sieben Jahre aufzubewahren.
Offensichtlich ist, dass Wertermittlungen zwar zum Zeitpunkt der Selbstberechnungen vorgelegen sind, aber entgegen der in Erlassform ergangenen Vorschriften, nicht dem Selbstberechnungsakt zwecks Aufbewahrung beigeschlossen wurden.
Punkt b):
Diese vorgelegten Schriftstücke stellen keine geeigneten Nachweise über den gemeinen Wert der betroffenen Liegenschaft dar.
Nachfolgend auszugsweise der Wortlaut des § 6 1 b GrEStG:
" Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend"
Gemäß dieser Gesetzesstelle ist somit ein Nachweis erforderlich - eine bloße Glaubhaftmachung ist demnach nicht ausreichend.
Nach herrschender Literaturmeinung (zB Kommentar Dr. Karl-Werner Fellner zur Grunderwerbsteuer) könnte ein gemeiner Wert eines Gebäudes in der Regel von einem Bausachverständigen im Wege der Schätzung erfolgen.
Auch im Kommentar "Arnold" zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 heißt es:
...."Der Gesetzgeber bürdet dem Steuerschuldner also die Beweislast dafür auf, dass der gemeine Wert niedriger als der dreifache EW ist.".... und weiter ...."Ein derartiger Nachweis wird wohl typischerweise nur durch Beibringung eines Sachverständigengutachtens geführt werden können "
Nach Auffassung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erfüllen die vorgelegten Unterlagen nicht die Erfordernisse eines Nachweises im Sinne des § 6 1 b GrEStG.
Bei den vorgelegten Unterlagen handelt es sich einerseits um Mietverträge und andererseits um Schreiben des Herrn DI J M. Im angeführten Postskriptum dieser Schreiben hat Herr DI M folgendes angeführt:
PS. Diese Wertermittlung ersetzt kein Gutachten und spiegelt nur den für mich realistischen Wert des Gebäudes wieder.
Inhaltlich werden in diesen Schreiben Kaufpreisempfehlungen abgegeben. Für das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ist nicht nachvollziehbar, anhand welchen Zahlenmaterials diese Kaufpreisempfehlungen errechnet wurden. Berechnungen oder genaue Details sind diesen Schreiben nicht zu entnehmen. Auffällig ist allerdings, dass die Höhe der Kaufpreisempfehlungen immer runde Zahlen darstellen zB betreffend EN 92-………/2009 liegt die Kaufpreisempfehlung zwischen € 90.000,00 und € 120.000,00. Der Kaufpreis laut Kaufvertrag beläuft sich dann auf € 92.483,45. Wie sich die Summe von € 92.483,45 genau errechnet ist weder im Kaufvertrag noch im Schreiben des DI J M ersichtlich.
TZ 6.1.3. 1
Wert des Grundstückes im Sinne des § 6 GrEStG
Gemäß § 4 Abs.2 Z 1 GrEStG ist die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstücks.
Als Wert des Grundstückes ist gemäß § 6 (1) b GrEStG das 3-fache des zuletzt festgestellten Einheitswertes anzusetzen.
Haben sich allerdings die Verhältnisse zwischen dem zuletzt festgestellten Einheitswert und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder Artfortschreibung oder spätestens durch den Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert zu ermitteln. Wird ein besonderer Einheitswert ermittelt, ist das Dreifache des besonderen Einheitswertes anzusetzen.
…………………….."
Bescheid
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht der Prüfer an und setzte für den gegenständlichen Kaufvertrag gemäß § 201 BAO die Grunderwerbsteuer vom dreifachen Einheitswert in Höhe von € 192.074,31 - unter Berücksichtigung des selbstberechneten Betrages - entsprechend fest.
Beschwerde
Innerhalb offener Frist wurde von der Bf Beschwerde erhoben und im Wesentlichen unter Hinweis auf § 6 GrEStG - vor Inkrafttreten der Novelle - vorgebracht, dass mit der Schätzung des Architekten Dipl. Ing. J M vom für das Kaufgrundstück ein gemeiner Wert von € 110.000,00 nachgewiesen worden sei. Eine Nachberechnung von Grunderwerbsteuer sei daher rechtswidrig.
Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
Beschwerdevorentscheidung
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:
"Mit Kaufvertrag vom erwirbt die Beschwerdeführerin von der Fa. A-GmbH ein Superädifikat um den Kaufpreis von € 104.895,97.Die Grunderwerbsteuer wurde vom Vertragserrichter ***RA*** vom ausgewiesenen Kaufpreis selbstberechnet.
Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gem. § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.
Gem. § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG ist als Wert des Grundstückes das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert (§ 10 Abs. 2 BewG) maßgebend.
Anlässlich der Überprüfung der Selbstberechnung beim einschreitenden Vertreter der Beschwerdeführerin ***RA*** wurde festgestellt, dass der vereinbarte Kaufpreis für das erworbene Superädifikat geringer ist als der 3-fache Einheitswert von € 192.074,31.
Über Aufforderung der Abgabenbehörde wurde vom Parteienvertreter am ein Schreiben des Architekten DI J M an die Beschwerdeführerin mit dem Titel "Kaufpreis XY" vorgelegt.
Darin wird ein Kaufpreis von € 110.000,- und max. € 130.000,- empfohlen.
In der Begründung ist angeführt, dass davon auszugehen ist, dass das Mietverhältnis über das Grundstück auf welchem das Superädifikat errichtet ist, mit gekündigt wird. Danach fällt das Gebäude dem Grundstücksbesitzer zu. Weiters ist in den kommenden Jahren viel zu investieren. Äußerlich muss die komplette Fassade neu überarbeitet werden und Innen die komplette Technik. Grob gesagt muss in den kommenden Jahren mit hohen Investitionen gerechnet werden. Der Markt liegt sehr beengt in der Mitte des Ortes ohne Erweiterungsmöglichkeit. Die Parkplätze sind stark beschränkt, was eine Wertminderung für den Gebrauch des Gebäudes darstellt.
Im P.S. ist angemerkt, dass diese Wertermittlung kein Gutachten ersetzt und nur den für DI M realistischen Wert des Gebäudes wiederspiegelt.
Vorgelegt wurde auch der Mietvertrag über das Grundstück vom .
Daraus geht hervor, dass das Mietverhältnis grundsätzlich auf unbestimmte Dauer abgeschlossen ist und der Vermieter bis zum auf sein Kündigungsrecht verzichtet hat. Der Vermieter hat der Mieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Vormiet- und Vorkaufsrecht an der mietgegenständlichen Liegenschaft eingeräumt.
Die Beschwerdeführerin ist mit Unterfertigung des Kaufvertrages in dieses Bestandverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eingetreten.
Der Nachweis, dass der gemeine Wert niedriger ist als der dreifache Einheitswert ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes vom Abgabepflichtigen zu erbringen und nicht von der Abgabenbehörde zu ermitteln.
Die Abgabenbehörde erblickt in den vorgelegten Unterlagen keinen tauglichen Nachweis des gemeinen Wertes. Die als Schätzung bezeichnete Kaufpreisempfehlung enthält keine nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben über die wesentlichen preisbestimmenden Merkmale des Bauwerkes. Die konkrete Beschaffenheit des Gebäudes ist nicht beschrieben. Es ist auch nicht ersichtlich aus welchem Zahlenmaterial Herr DI M zu der Kaufpreisempfehlung gelangt ist. Dass nur noch von einer Nutzung max. 10 Jahren ausgegangen wird, ist nicht nachvollziehbar, da mit lediglich der einseitige Kündigungsverzicht der Vermieterin wegfällt. Das Mietverhältnis endet nicht automatisch mit diesem Zeitpunkt -nur wenn der Vermieter tatsächlich von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Außerdem ist der Fortbestand der Nutzung durch das Vormiet- und Vorkaufsrecht gesichert.
Da also der gemeine Wert des Kaufgegenstandes nicht nachgewiesen ist, ergibt sich zwingend die Rechtsfolge, dass zur Bemessung der Grunderwerbsteuer das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen ist."
Vorlageantrag, Gutachten1
Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, über die Beschwerde das Bundesfinanzgericht entscheiden zu lassen.
Mit dem Vorlageantrag wurde ein Gutachten des "allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen" C U vorgelegt, wonach der Verkehrswert der Liegenschaft zum Bewertungsstichtag , als Tag der Befundaufnahme, € 182.000,00 betragen würde (in der Folge kurz: Gutachten1).
Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt laut Aktenverzeichnis an das Bundesfinanzgericht vor (Bericht vom ).
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des wurde der Beschwerdefall der Gerichtsabteilung 7006 zugeteilt.
Erörterung
Am fand eine Erörterung der Sach- und Rechtslage gemäß § 269 Abs. 3 BAO statt.
Da die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gutachten auf den Tag der jeweiligen Befundaufnahme berechnet wurden, wurde der maßgebliche Bewertungsstichtag erörtert.
Weiters die Frage, warum die Kaufpreise so erheblich vom jeweiligen 3-fachen Einheitswert oder vom bisher vorliegenden SV-Gutachten abweichen. Die Ursache dürfte in den Leasingverträgen liegen, die es der Bf ermöglichten, das Leasinggut nach Ablauf der Grundvertragsdauer käuflich zu erwerben.
Im Ergebnis wurden die Liegenschaften oder die Superädifikate nach ca. 20 Jahren aus dem Leasingvertrag 'herausgekauft'. Die Kaufpreisermittlung erfolgte daher nach den Bestimmungen des Leasingvertrages.
Vom Vertreter der Bf wurde zugesagt, ein neues Gutachten auf den Stichtag des Abschlusses des Kaufvertrages erstellen zu lassen.
Vorhalteverfahren
Vom Vertreter wurden div. Leasingverträge übermittelt (Mail vom ).
Mit Mail vom wurde den Vertretern der Verfahrensparteien ein Überblick über die anhängigen Verfahren und die Streitpunkte mitgeteilt.
Dazu wurde von der belangten Behörde die Stellungnahme vom erstattet.
Vom Vertreter der Bf wurde für die Vorlage der bereits angekündigten Gutachten durch den Sachverständigen eine Fristerstreckung beantragt (Schreiben vom ).
Urkundenvorlage, Gutachten2
Mit Schriftsatz vom legte der Vertreter der Bf ein korrigiertes Gutachten des Sachverständigen C U ("Evaluierung und Korrektur des 2015 erstellten Gutachtens und rückgerechnete Wertermittlung für das Jahr 2013"; in der Folge kurz: Gutachten2) vor.
In diesem Gutachten wurde für das kaufgegenständliche Grundstück (Superädifikat) in XY ein rückgerechneter Verkehrswert 2013 von € 70.000,00 ermittelt.
Vorhalteverfahren
In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurde um Stellungnahme zu den Bewirtschaftungskosten sowie Räumungs- und Schließungskosten ersucht (Mail vom ).
Mit Mail vom wurde eine Stellungnahme des Sachverständigen übermittelt.
Darin wurde zu den Bewirtschaftungskosten ausgeführt, dass es um die Abbildung der relevanten Kosten, wie auch von Kranewitter definiert, gegangen sei. Die Betriebskosten selbst werden, außer bei Leerstand, meistens vom Mieter übernommen. Er habe den Ansatz allerdings - nicht ganz nachvollziehbar - sehr unscharf im Gutachten gewählt. Die Bewirtschaftungskosten würden sich zumeist bei dieser Art von gewerblichen Immobilien bei zumindest ca. 20% bewegen, wobei aus seiner Sicht besonders das einzupreisende Leerstandsrisiko und die Instandhaltungskosten relevant seien. Diese seien bei älteren Gebäudeklassen mit zumindest 1% der Herstellungskosten abzubilden. Er habe, wie absolut richtigerweise beanstandet, diese Kosten sehr grob geschätzt und nicht im Detail erklärt. Es sei noch festzuhalten, dass er teilweise bei den Superädifikaten gar keine Grundstücksmietkosten angesetzt habe, da er sonst fremdüblich gar nicht auf einen positiven Verkehrswert gekommen wäre. Marktüblich hätten diese Superädifikate real eigentlich so gut wie gar keinen Wert.
Mündliche Verhandlung
Im Zuge der mündlichen Verhandlung am wurde vom Sachverständigen U ua. ausgeführt:
Er sei seit 23 Jahren für die Fa. K und als Gutachter hauptsächlich im gewerblichen Bereich tätig.
Die Räumungs- und Schließungskosten würden sich aus Erfahrungswerten der Bf ergeben. Die Beträge wären mit € 40.000 bis € 60.000 anzunehmen und variieren, da die Objekte - was Ausstattung und bauliche Qualität betrifft - unterschiedlich sind. Die Preissteigerungen in den Jahren 2009 bis 2013 seien in den Gutachten berücksichtigt. Die angenommenen Kosten seien ein pauschaler Ansatz, eine Prognose der zu erwartenden Kosten.
Für die Instandhaltungskosten habe er einen Ansatz von 10 - 15% des Jahresrohertrages gewählt. Kranewitter rechnet bei einem Ansatz von max. 2% von den Herstellungskosten. Die Verwaltungskosten wurden mit 3 - 5% angenommen.
Für das Mietausfallswagnis (MAW) sei seiner Ansicht nach ein Abschlag von 10 - 15% vorzunehmen.
Über Vorhalt, dass bei der Nutzungsdauer ohnehin nur die Dauer des Kündigungsverzichtes herangezogen wird:
Es gebe auch Märkte die trotz bestehender Verträge den Betrieb einstellen. Man könne aber über einen gesonderten Abschlag für das Leerstandsrisiko diskutieren.
Die Roherträge seien entsprechend der Lage, der Situierung und der Mitbewerber bewertet worden.
Zur Restnutzungsdauer bei den Superädifikaten wurde als wirtschaftliche Restnutzungsdauer die Zeit des Kündigungsverzichtes angenommen. Überschreitet dieser Wert die steuerliche Nutzungsdauer lt. EStG (33 Jahre) wurde im 2. Gutachten der steuerliche Wert angenommen (entsprechend dem AfA-Satz 33 Jahre).
Mit den Vertretern der Verfahrensparteien wurde vereinbart, vom SV U noch einmal eine Neuberechnung mit einem einheitlichen Rohertrag pro m² für alle anhängigen Liegenschaften von € 5,00 und ohne Leerstandsrisiko errechnen zu lassen.
Die belangte Behörde würde sich nach Rücksprache mit ihrem Sachverständigen sodann zu diesen Neuberechnungen äußern.
Neuberechnung
Der Vertreter der Bf übermittelte mit Schriftsatz vom die in der Verhandlung zugesagte Neuberechnung. Für das vertragsgegenständliche Grundstück in XY wurde ein Verkehrswert von € 146.600,00 errechnet.
Einwendungen des Finanzamtes
Das Finanzamt hat zur Neuberechnung Einwendungen erhoben.
Der Rohertrag pro m² sei, wie im Gutachten2, mit € 5,50 anzusetzen.
Der Verkehrswert sei ohne Abzug eines gesonderten 10%igen Lehrstandsrisikos zu berechnen.
Mündliche Verhandlung
Vom Vertreter der Bf wurde anlässlich der mündlichen Verhandlung am festgehalten, dass nicht die vergleichsweise Neuberechnung, sondern das Gutachten2 als Gegenstand und Nachweis des Beschwerdevorbringens anzusehen ist.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1 Mit Kaufvertrag vom 24.09./ erwarb die Bf die vertragsgegenständliche Liegenschaft (Superädifikat) um einen Kaufpreis in Höhe von € 104.895,97.
2 Der Kaufpreis lag unter dem 3-fachen Einheitswert der Liegenschaft in Höhe von € 192.074,31, weshalb vom Finanzamt die Grunderwerbsteuer vom höheren Wert des Grundstückes festgesetzt wurde.
3 Dagegen wurde Beschwerde erhoben und mit Urkundenvorlage vom das Gutachten2 mit einem rückgerechnetem Verkehrswert 2013 von € 70.000,00 als Nachweis vorgelegt.
4 Die Wertansätze im Gutachten2 sind - mit Ausnahme des Jahresrohertrages und des gesondert ausgewiesenen Abschlages für Leerstandsrisiko (siehe Beweiswürdigung) - schlüssig und werden der Entscheidung zugrunde gelegt.
Der gemeine Wert errechnet sich daher wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gutachten1 | Gutachten2 | Erkenntnis | |
Bewertungsstichtag | 2013 | 2013 | |
Zustand des Objektes | solide Bauweise | solide Bauweise | solide Bauweise |
Rechtliche ND | 29 | 29 | 29 |
RND (Jahre) | 8 | 10 | 10 |
Rohertrag pro m² (fiktiv) (€) | 5,50 | 5,50 | 5,50 |
Jahresrohertrag (€) | 44.550,00 X) | 44.550,00 X) | 58.212,00 |
Bewirtschaftungskosten | 15 % | 20 % | |
Leerstandsrisiko | 10 % | ||
Gesamtabschlag für Bewirtschaftungskosten | 20 % | ||
Grundstücksmiete per anno (€) | X | 15.146,40 | 15.146,40 |
Summe Abschlag (€) | 6.682,50 | 28.511,40 | 26.788,80 |
Jahresreinertrag (€) | 37.867,50 | 16.038,60 | 31.423,20 |
Vervielfältiger | 5,85730 | 6,86408 | 6,86408 |
Zwischensumme (€) | 221.801,31 | 110.090,23 | 215.691,36 |
Räumungs- und Schließungskosten (€) | 40.000,00 | 40.000,00 | 40.000,00 |
Ertragswert (€) | 181.801,31 | 70.090,23 | 175.691,36 |
Gemeiner Wert (€) | 182.000,00 | 70.000,00 | 175.700,00 |
x) Rechenfehler
5 Zusammenfassend ist festzuhalten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis laut Vertrag (Gegenleistung) | € 104.895,97 |
3-facher Einheitswert | € 192.074,31 |
Verkehrswert laut Gutachten2 | € 70.000,00 |
Gemeiner Wert laut Erkenntnis | € 175.700,00 |
6 Im Rahmen der freien Beweiswürdigung wird daher als erwiesen angenommen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld € 175.700,00 betragen hat.
2. Beweiswürdigung
Mit dem Ertragswertverfahren werden bspw. Mehrwohnungshäuser, Büro- und Geschäftsgebäude sowie Gewerbe- und Industrieobjekte bewertet (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7, Seite 89).
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Gemäß § 269 Abs. 1 1. Satz BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.
Wie bisher nach § 280 besteht auch nach § 270 (idF FVwGG 2012) im Rechtsmittelverfahren kein Neuerungsverbot.
Auf neue Tatsachen, Beweise oder Anträge ist bei den Entscheidungen im Beschwerdeverfahren Bedacht zu nehmen, wenn sie vor Wirksamkeit der Entscheidung (Zustellung bzw. Verkündung) vorgebracht werden (zB ; , 97/13/0187; , 99/13/0111; vgl. Ritz, BAO7, § 270 Tz 2).
Der Nachweis des geringeren gemeinen Wertes (vgl. § 10 Abs. 2 und 3 BewG) unterliegt grundsätzlich der freien Beweiswürdigung.
Sachverständigengutachten unterliegen ebenfalls der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2; vgl. zB ; , 2001/13/0162; , Ra 2017/15/0015). Die Behörde hat anhand des Befundes die Schlüssigkeit des Gutachtens zu überprüfen (, 0108; vgl. Ritz, BAO7, § 177 Tz 3).
In Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, ist in Rz 24 zu § 4 GrEStG 1987 ausgeführt:
"Für den Nachweis des geringeren gemeinen Wertes kann jedes taugliche Mittel herangezogen werden, auch ein Gutachten, das nicht von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde.
Erfolgt der Nachweis des gemeinen Wertes durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, hat der von diesem festgestellte Wert die (widerlegbare) Vermutung der Richtigkeit für sich. Für ein solches Gutachten gilt also die Beweislastumkehr. Das Finanzamt muss bei Vorlage eines solchen Gutachtens gegebenenfalls nachweisen, dass es falsch ist.
Die erhöhte Beweiskraft eines Gutachtens eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Immobiliensachverständigen beruht darauf, dass mit dem Wesen der Zertifizierung auch eine strenge Bindung der zertifizierten Personen an den von ihnen abgelegten Sachverständigeneid verbunden ist. Dieser Eid verpflichtet dazu, die Gegenstände eines Augenscheins sorgfältig zu untersuchen, die gemachten Wahrnehmungen treu und vollständig anzugeben und Befund und Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln der Wissenschaft(der Kunst, des Gewerbes) anzugeben.
Ein Gutachten, das diesen Anforderungen entspricht, liegt dann vor, wenn bei der Beurteilung des gemeinen Wertes eines Grundstückes die Voraussetzungen der §§ 9 und 10 Liegenschaftsbewertungsgesetz beachtet wurden.
Ein "Kurzgutachten" (mit unvollständiger Befundaufnahme oder reduzierter Gutachtensmethodik und -begründung) erfüllt diesen Standard nicht, kann daher auch nicht zur Beweislastumkehr führen, sondern unterliegt ebenso wie ein Gutachten, das von einer anderen Person als einem Immobiliensachverständigen erstellt wird, der freien Beweiswürdigung ( 010206/0058-VI/5/2016).
Ein Gutachten, aus dem weder die zugrunde gelegten Tatsachen noch wie sie beschafft wurden, erkennbar sind, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar ()."
Die 'Kaufpreisempfehlung' von DI M erfüllt nicht die oben dargestellten Anforderungen an ein Gutachten.
Zum Jahresrohertrag:
Im Gutachten2 wird der Jahresrohertrag - wie im Gutachten1 - mit € 44.550,00 angegeben.
Hier dürfte ein im Gutachten1 unterlaufener Rechenfehler irrtümlicherweise in das Folge-Gutachten2 übernommen worden sein: Die Geschäftsfläche von 882,00 m² a monatlich € 5,50 x 12 Monate ergibt einen Jahresrohertrag von € 58.212,00.
Zum Leerstandsrisiko:
Im Gutachten1 wurde neben Bewirtschaftungskosten von 15% kein gesondertes Leerstandsrisiko angesetzt. Im Gutachten2 wurden die Bewirtschaftungskosten auf 20% erhöht und zusätzlich ein Leerstandsrisiko von 10% berücksichtigt (Summe 30%).
Laut Kranewitter7, Liegenschaftsbewertung, sind vom Jahresreinertrag die Bewirtschaftungskosten abzuziehen.
Zu den Bewirtschaftungskosten zählen (siehe aaO, Seite 91ff) Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis.
Die Verwaltungskosten betragen durchschnittlich 3 bis 8 % des Jahresrohertrages, bei nur einem oder wenigen gewerblichen Großmietern kann dieser Satz auf 1 bis 2 % des Rohrertrages sinken. Als Bewirtschaftungskosten sind nur jene Verwaltungskosten zu berücksichtigten, die nicht an den Mieter oder Pächter weiterverrechnet werden (siehe aaO, Seite 92).
Die Betriebskosten werden idR vom Mieter oder Pächter getragen und sind daher nicht abzuziehen (siehe aaO, Seite 92).
Die Instandhaltungskosten wären laut Kranewitter in % der Herstellungskosten zu berechnen. Für gewerbliche und industrielle Objekte sei ein Instandhaltungssatz von 0,5-2,00% anzunehmen (siehe aaO, Seite 93). Laut dem Sachverständigen wäre ein Wert von 1% vorstellbar.
Das Mietausfallwagnis (kurz: MAW) oder Leerstandsrisiko sei mit einem Wagnissatz von bis zu 10% des Jahresrohertrags zu berechnen (siehe aaO, Seite 94).
Der Sachverständige hat die Bewirtschaftungskosten, wie er selbst einräumt, grob geschätzt und allesamt vom Rohertrag berechnet.
Laut Kranewitter ist das MAW ein Teil der Bewirtschaftungskosten. Warum im konkreten Fall noch zusätzlich ein Wagnis im Ausmaß des höchsten Prozentsatzes berücksichtigt werden soll, ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar.
Mag sein, dass die vom Gutachter der Bf gewählte Berechnungsmethode - auch die Instandhaltungskosten pauschal vom Rohertrag zu ermitteln - zu einer Unschärfe führt, dem wird mit dem Ansatz eines 20%igen Pauschalbetrages für die Bewirtschaftungskosten Rechnung getragen.
Ein gesonderter zusätzlicher Abschlag zu den Bewirtschaftungskosten für das Leerstandsrisiko 'im Höchstausmaß' erscheint überschießend, zumal für die wirtschaftliche Restnutzungsdauer ohnehin nur die Dauer des Kündigungsverzichtes der Vermieterin des Grund und Bodens herangezogen wurde. Für diesen Zeitraum ist das Wagnis des Leerstandes mit 0% anzunehmen.
Insgesamt waren daher Bewirtschaftungskosten im Gesamtausmaß von 20% vom Jahresrohertrag als Abschlag bei der Ermittlung des Jahresreinertrages zu berücksichtigen. Daraus ergeben sich die oben dargestellten Änderungen der Berechnung des gemeinen Wertes.
Die übrigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den vom Verwaltungsgericht durchgeführten Verfahrensschritten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.
Mit Erkenntnis des , kundgemacht unter BGBl. I Nr. 116/2012, wurde § 6 GrEStG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des in Kraft.
Der gegenständliche Erwerbsvorgang wurde 2013 verwirklicht, weshalb die Rechtslage bis anzuwenden ist.
§ 4 GrEStG 1987, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009, lautete in der bis anzuwendenden Fassung auszugsweise wie folgt:
"§ 4 Art der Berechnung
(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,
1. soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist, oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes,
……………."
§ 6 "Wert des Grundstücks" hatte in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1) Als Wert des Grundstückes ist
a) …………….
b) das Dreifache des Einheitswertes (lit a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.
(2) ………….."
Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass die Steuer grundsätzlich von der Gegenleistung (zB Kaufpreis) zu berechnen ist.
Ist die Gegenleistung geringer als der Wert des Grundstückes, so ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen.
Als Wert des Grundstücks kommt das Dreifache des Einheitswertes oder der nachgewiesene niedrigere gemeine Wert in Frage.
Der Nachweis des gemeinen Wertes kann bis zur Beendigung des Festsetzungs- und Beschwerdeverfahrens erbracht werden.
Die Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks beträgt € 104.895,97.
Im angefochtenen Bescheid wurde als Wert des Grundstücks das Dreifache des Einheitswertes in Höhe von € 192.074,31 angenommen.
Aufgrund der obigen Feststellungen, die im Wesentlichen dem von der Bf vorgelegten Gutachten2 folgen, ergibt sich ein gemeiner Wert von € 175.700,00.
Der Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes als das Dreifache des Einheitswertes liegt daher vor.
§ 201 Abs. 1 BAO lautet:
"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."
§ 201 regelt die erstmalige Festsetzung solcher Abgaben (Selbstberechnungsabgaben) mit Abgabenbescheid (vgl. Ritz, BAO7, § 201 Tz 6).
Die Gegenleistung war im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer als der gemeine Wert des Grundstückes.
Die Steuer ist daher gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG vom (gemeinen) Wert des Grundstücks zu berechnen.
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.
Steuerberechnung
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 GrEStG 3,5% vom Wert des Grundstücks in Höhe von € 175.700,00 ergibt eine Grunderwerbsteuer von € 6.149,50.
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Die Grunderwerbsteuer wird gemäß § 201 BAO festgesetzt mit | € 6.149,50 |
Selbstberechneter Betrag | € 3.671,36 |
Nachforderung laut Erkenntnis | € 2.478,14 |
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene (Ermittlung des gemeinen Wertes zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges), die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. etwa , unter Hinweis auf den Beschluss vom , Ra 2016/16/0006, mwN).
Im Übrigen konnte sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zudem die Auffassung, dass keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. Beschluss vom , Ro 2016/17/0014, unter Hinweis zB auf den Beschluss vom , Ro 2016/01/0007).
Eine ordentliche Revision ist daher gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100179.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at