Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.07.2022, RV/6100258/2020

Entstehen der Grunderwerbsteuerschuld trotz fehlerhafter Unterschriftenbeglaubigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Johann Bründl, Gerlosstraße 8, 5730 Mittersill, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuerfestsetzung für Kaufvertrag vom mit ***Verkäuferin***, Erfassungsnummer ***ErfNr1***, zu Recht:

  1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird in Übereinstimmung mit der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom dahingehend abgeändert, dass die Grunderwerbsteuer mit € 31.376,01 festgesetzt wird.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich; im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") gegenüber der Beschwerdeführerin die Grunderwerbsteuer für den zwischen der Beschwerdeführerin und der ***Verkäuferin*** am abgeschlossenen Liegenschaftskaufvertrag mit 32.256,00 Euro fest, wobei die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung gem § 5 GrEStG berechnet wurde.

Mit Schreiben vom wurde seitens der Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid erhoben und die Neuberechnung der Grunderwerbsteuer beantragt. Dies mit der Begründung, dass die belangte Behörde unrichtigerweise außer Acht gelassen habe, dass gemäß Vertragspunkt IV. des Kaufvertrages im Gesamtkaufpreis ein Teilbetrag von netto € 26.243,00 auf das mitveräußerte Inventar entfalle und dieser nicht Teil der Bemessungsgrundlage sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung einer um 25.142,47 Euro reduzierten Bemessungsgrundlage im Betrag von 31.376,01 Euro neu festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass nach stRsp die gesamte Kücheneinrichtung inklusive Geräte zivilrechtlich als Zubehör der erworbenen Liegenschaft zu qualifizieren sei, da hierbei - unabhängig von einer allfälligen Entfernbarkeit - von einer Widmung zum fortdauernden Gebrauch der Wohnung an sich auszugehen sei. Die gesamte Kücheneinrichtung sei daher als Zubehör zum Grundstück iSd § 294 ABGB bzw § 2 Abs 1 GrEStG zu beurteilen, das dem rechtlichen Schicksal der Hauptsache folge und damit der Grunderwerbsteuer unterliege.

Mit Schreiben vom wurde seitens der Beschwerdeführerin ein Vorlageantrag eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend wurde dabei im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Auf Seite 14 der gegenständlichen Urkunde sei auf Seiten der Beschwerdeführerin durch Herrn ***Bf1-GF*** am eine Unterschrift geleistet worden. Die Österreichische Botschaft ***Ort2*** habe diese Unterschrift des Herrn ***Bf1-GF*** als persönliche Unterschrift, nicht jedoch als Firmenzeichnung der Beschwerdeführerin beglaubigt. Auf Seiten der Beschwerdeführerin sei sohin keine Unterzeichnung durch ein vertretungsbefugtes Organ der Beschwerdeführerin erfolgt und sei daher kein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlagebericht nahm die belangte Behörde zum Vorlageantrag im Wesentlichen wie folgt Stellung: Zum Vorbringen, wonach kein gültiges Rechtsgeschäft zustande gekommen sei, sei auszuführen, dass die Unterschrift auf Seite 14 des Kaufvertrages über dem Wortlaut "***Bf1***" gesetzt und handschriftlich der Name "***Bf1-GF***" ergänzt worden sei. Damit sei der Käuferwille eindeutig erkennbar und sei der Erwerbsvorgang iSd des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG verwirklicht. Die Beglaubigung der "persönlichen Unterschrift" und nicht der Unterschrift als "Firmenzeichnung" ändere nichts an der bereits im Jahre 2017 entstandenen Steuerpflicht, da unabhängig davon, ob eine Beglaubigung rechtmäßig erfolgt ist, spätestens mit Unterzeichnung der Urkunde durch den vertretungsbefugten Geschäftsführer der ***Bf1*** als Käuferin die Willenseinigung der Vertragsparteien über den Erwerbsvorgang dokumentiert sei. Der Vorlageantrag verfolge den offensichtlichen Zweck der Vermeidung von Säumnisfolgen, da aufgrund der über 2,5 Jahre verspäteten Anzeige ein Verspätungszuschlag festgesetzt worden sei. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass am eine neuerliche notarielle Beglaubigung der Unterschrift vom erfolgt sei, wobei "die Echtheit der Firmenzeichnung" des ***Bf1-GF*** beglaubigt worden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich laut der aktenkundigen beglaubigten Übersetzung des Auszugs aus dem Handelsregister, geführt durch das Stadtgericht in ***Ort2***, Aktenzeichen ***AZ1***, um eine nach dem Recht der Tschechischen Republik gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung ("společnost s ručením omezeným") und sind als satzungsmäßige Organe der Beschwerdeführerin folgende Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen: ***Bf1-GF2***, geboren am ***tt.mm.jjj*** (Tag des Amtsantrittes: ), und ***Bf1-GF***, geboren am ***tt.mm.jjj*** (Tag des Amtsantrittes: ). Betreffend die Vertretung der Beschwerdeführerin nach außen ist im Handelsregister folgende Vertretungsregelung eingetragen: "Jeder Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft nach außen in allen Angelegenheiten einzeln."

Im April 2017 schlossen die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn ***Bf1-GF***, geboren am ***tt.mm.jjj***, und die ***Verkäuferin*** einen Kaufvertrag betreffend ein im Vertrag näher bezeichnetes möbliertes Appartement und einen Tiefgaragenstellplatz bzw die für die gegenständlichen Kaufobjekte auf Grundlage eines noch zu errichtenden Nutzwertgutachtens ermittelten Mindestanteile an der Liegenschaft ***EZ1*** Katastralgemeinde ***KG1*** ***Ort1***, mit welchen Wohnungseigentum an dem Appartement und dem Tiefgaragenstellplatz nach den Bestimmungen des österreichischen Wohnungseigentumsgesetzes (WEG 2002) untrennbar zu verbinden ist.

Als "Erwerberseite" wurde im Vertrag die "Firma ,***Bf1***', eingetragen zu Identifikationsnummer ***1***, des Handelsregisterauszuges, geführt beim Stadtgericht in ***Ort2***, mit dem Sitz in ***Adresse1***, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn ***Bf1-GF***, geb. ***tt.mm.jjj***, wohnhaft in ***Adresse2***" bezeichnet.

Unter Punkt IV des Vertrages wurde betreffend Kaufpreis Folgendes vereinbart:

"Der Netto - Kaufpreis für den im Pkt. II. näher bezeichneten Kaufgegenstand beträgt für das Appartement/Suite und einen Tiefgaragenstellplatz (Grund- und Bauanteil) € 741.757,00
Inventar für das Appartement/Suite € 350,00/m2 Nutzfläche im Appartement,
somit
€ 26.243,00
Gesamtkaufpreis netto
€ 768.000,00
(Euro siebenhundertachtundsechzigtausend).
Zuzüglich zum vorgenannten Netto-Gesamtkaufpreis ist durch die Erwerberseite die gesetzliche Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
...
"

Der Vertrag wurde am von Herrn ***Bf1-GF*** unterzeichnet, wobei die (unleserliche) Unterschrift über dem abgedruckten Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin ("***Bf1***") geleistet wurde und darunter der Name von Herrn ***Bf1-GF*** unter Beifügung seines Geburtsdatums handschriftlich in Blockbuchstaben ergänzt wurde. Die Unterschrift des Herrn ***Bf1-GF*** wurde am selben Tag von der Österreichischen Botschaft in ***Ort2*** beglaubigt und diese Beglaubigung auf der Vertragsurkunde angemerkt.

Am wurde der Vertrag seitens der verkaufenden Partei ***Verkäuferin*** unterzeichnet.

Am bestätigte der vertragserrichtende Notar "(d)ie Echtheit der Firmazeichnung des Herrn ***Bf1-GF***, geboren am ***tt.mm.jjj*** (...), ***Adresse2***, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der ***Bf1***, mit dem Sitz in der politischen Gemeinde ***Ort2***".

Von der Beschwerdeführerin wurden gemeinsam mit den Liegenschaftsanteilen folgende (neuwertige) Gegenstände von der Verkäuferin miterworben, denen die im Folgenden angeführten Verkehrswerte (im Folgenden jeweils netto ohne gesetzliche Umsatzsteuer angeführt) beizumessen sind:

  1. 1 Designküche, Einbauküche It. Plan (inkl. 1 Backrohr, 1 Mikrowelle,
    1 Ceranfeld, 1 Mikrowelle, 1 Dunstabzugshaube, 1 Filter, 1 Kühlschrank
    mit Gefrierkombination, 1 Geschirrspüler) € 5.290,94

  2. 1 Esstisch 150/90 € 451,00

  3. 6 Stühle € 888,00

  4. 1 Sitzbank 150cm € 198,00

  5. 1 Tresor Schrankraum € 112,60

  6. 1 Verwandlungscouch (Doppelbett ausziehbar, inkl. seitl.
    Kleiderschränke, Matratzen, Lattenroste, seitl. Armlehnen etc.) € 5.518,80

  7. 2 Sofasessel € 1.771,09

  8. 1 TV Sideboard € 223,00

  9. 1 Schrankanlage (b=120cm; t=60cm; h=170cm) € 780,00

  10. 1 Kopfhaupt Doppelbett € 600,00

  11. 1 Doppelbett (Boxspringbett) € 466,03

  12. 2 Nachttische € 200,00

  13. 1 Schreibtisch € 242,00

  14. 1 Schrankanlage (b=120cm; t=60cm; h=170cm) € 780,00

  15. 1 Kopfhaupt Doppelbett € 600,00

  16. 1 Doppelbett (Boxspringbett) € 466,03

  17. 2 Nachttische € 200,00

  18. 1 Schreibtisch € 242,00

  19. 1 Garderobenanlage € 1.024,00

  20. Bezüge Kissen, Stühle, Auflagen etc € 2.098,80

  21. Vorhänge, Stores, Zierkissen € 2.605,71

  22. 1 Gartenmöbel Set, 2 Liegestühle € 750,00

  23. 3 LED TV € 350,00

  24. 1 Kaffeemaschine € 200,00

  25. 1 Staubsauger € 100,00

  26. 1 Wischmob € 20,00

  27. 1 Kübel € 10,00

  28. 3 Mülleimer (für Badezimmer u. WC) € 25,00

  29. 1 Schuhablage (Eingang) € 30,00

  30. Gesamtsumme netto € 26.243,00

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend die Natur und den Verkehrswert des von der Beschwerdeführerin miterworbenen Inventars beruhen auf der von der Beschwerdeführerin gemeinsam mit der Beschwerde übermittelten Inventarliste zum Kaufvertrag, die von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurde. Zudem bewegen sich die angegebenen Verkehrswerte im Rahmen dessen, was im wirtschaftlichen Verkehr für derartige Gegenstände nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblicherweise verlangt wird.

Im Übrigen beruhen die obigen Sachverhaltsfeststellungen auf den jeweils zitierten, in der Urkundensammlung des Grundbuches unter der Tagebuchzahl ***TZ2*** des Bezirksgerichts Nr ***2*** ***Ort3*** abrufbaren Unterlagen.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

3.1.1. Zeitpunkt der Verwirklichung eines Erwerbstatbestandes/Entstehen der Steuerschuld

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen - soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen - der Grunderwerbsteuer.

Gemäß § 8 Abs 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Nach der stRsp des VwGH wird der Erwerbsvorgang iSd § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 bereits durch das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst durch ein allenfalls nachfolgendes Erfüllungsgeschäft verwirklicht. Der Tatbestand ist dann erfüllt, wenn der Erwerber seinen Anspruch auf Übereignung und damit auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung, letztendlich im Klageweg, also unmittelbar durchzusetzen vermag (vgl zum Ganzen ).

Der Kaufvertrag ist ein an keine Formvorschriften gebundener Konsensualkontrakt, durch den eine bestimmte Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem anderen überlassen wird und der somit mit der - allenfalls auch bloß mündlichen (vgl ) - Einigung der Parteien über Kaufgegenstand und Kaufpreis zustande kommt (vgl ; , 1750/68). Für die Frage, ob ein Kaufvertrag iSd § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 vorliegt, kommt es somit darauf an, ob zwischen den Vertragsparteien Willensübereinstimmung über Kaufgegenstand und Kaufpreis besteht (vgl ).

Im vorliegenden Beschwerdefall ist durch die in der gegenständlichen Vertragsurkunde dokumentierte Willensübereinstimmung der Parteien über einen bestimmbaren Kaufgegenstand und den Kaufpreis mit der Unterzeichnung der Urkunde durch beide Vertragsparteien ein Kaufvertrag zustande gekommen. Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen besteht dabei kein Zweifel darüber, ob die von Herrn ***Bf1-GF*** im Namen der Beschwerdeführerin abgegebene Willenserklärung der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist; kann diese doch aus Sicht des Erklärungsempfängers bereits aufgrund der im Kaufvertrag erfolgten Definition der "Erwerberseite" sowie der Leistung der Unterschrift über dem Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin - somit aufgrund des ausdrücklichen Auftretens des Herrn ***Bf1-GF*** als Geschäftsführer in Vertretung der Beschwerdeführerin - zweifelsfrei der Beschwerdeführerin zugerechnet werden. Im Übrigen liegen unstrittig auch alle sonstigen Voraussetzungen wirksamer Stellvertretung vor (dh Vorliegen von Vertretungsmacht und Auftreten in vertretungsbefugter Zahl sowie Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers; vgl dazu Koziol - Welser/ Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 627 ff), sodass das Verpflichtungsgeschäft mit Unterzeichnung des Kaufvertrages durch die Verkäuferin am wirksam zustande gekommen ist.

Die für die Verbücherung notwendigen formellen Erfordernisse (Beglaubigung der Unterschriften, exakte Bezeichnung des Grundstückes und Aufsandungserklärung des Verkäufers) sind nur Voraussetzungen für die Eintragung des Eigentumsrechtes, nicht aber für die obligatorische Verpflichtung aus dem Kaufvertrag (). Das Nichtvorliegen dieser Erfordernisse hat daher keine Auswirkungen auf das Verpflichtungsgeschäft. Die von der Beschwerdeführerin behauptete mangelhafte Unterschriftsbeglaubigung wäre demnach allenfalls lediglich im Hinblick auf die in § 31 Abs 1 GBG 1955 getroffene Regelung, der zufolge das Vorliegen einer einverleibungsfähigen Urkunde eine gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften der Parteien voraussetzt, - somit für das Erfüllungsgeschäft - von Interesse.

Das Bestehen eines Übereignungsanspruches nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 setzt nach der stRsp des VwGH allerdings nicht das Vorliegen einer verbücherungsfähigen Vertragsurkunde voraus, da § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 allein auf den Abschluss eines Kaufvertrages abstellt (vgl zB ; , 567/74). Die vom Beschwerdeführer offenbar vertretene Ansicht, dass ein steuerpflichtiger Übereignungsanspruch erst entsteht, wenn ein verbücherungsfähiger Kaufvertrag errichtet worden ist, ist daher unrichtig (vgl ; , 749/71; vgl zum Ganzen auch Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern Band II: Grunderwerbsteuer § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG Rz 173; N. Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 [17. Lfg 2020] § 1 Rz 163 mwN).

Ob tatsächlich erst mit der neuerlichen Beglaubigung der am seitens der Beschwerdeführerin geleistreten Unterschrift im Februar 2020 eine einverleibungsfähige Urkunde vorlag, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben.

Der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 wurde nach der Maßgabe der oa Rsp des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdefall bereits mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (Kaufvertrages) am verwirklicht und entstand damit gem § 8 Abs 1 GrEStG 1987 die Steuerschuld.

3.1.2. Miterworbenes Inventar

Aufgrund des § 2 Abs 1 erster Satz GrEStG 1987 sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. Gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz GrEStG 1987 bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, was als Zugehör des Grundstückes zu gelten hat.

Gemäß § 294 ABGB versteht man unter Zugehör dasjenige, was mit einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt wird. Dahin gehören nicht nur der Zuwachs einer Sache, so lange er von derselben nicht abgesondert ist, sondern auch die Nebensachen, ohne welche die Hauptsache nicht gebraucht werden kann, oder die das Gesetz oder der Eigentümer zum fortdauernden Gebrauche der Hauptsache bestimmt hat.

Die §§ 295 bis 297 ABGB zählen kasuistisch Nebensachen von Liegenschaften auf, die unter den Zugehörbegriff fallen (vgl Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 294 Rz 2).

Unter den in § 294 ABGB verwendeten Begriff "Zugehör" fallen der hA zufolge der Zuwachs, die Bestandteile bei zusammengesetzten Sachen und als sog Zubehör (zT auch bezeichnet als "Zubehör im engeren Sinn"; vgl Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 294 Rz 2) die Nebensachen, die einer Hauptsache dienen ohne Teil der Hauptsache zu sein (vgl Koziol - Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 783; Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 294 Rz 5 ff).

Zubehör ("im engeren Sinn") ist eine Nebensache, die zwar nicht Bestandteil der Hauptsache, aber dieser zugeordnet ist und ihrem Gebrauch dient. Im Einzelnen sind für die Bejahung der Zubehöreigenschaft nach der hA folgende Voraussetzungen zu erfüllen (vgl Koziol - Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 789 ff; Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 294 Rz 30 ff):

  1. Der Eigentümer der Nebensache muss auch Eigentümer der Hauptsache sein (Eigentümeridentität);

  2. Es muss eine dauerhafte Widmung der Nebensache für Zwecke der Hauptsache vorliegen;

  3. Zwischen Haupt- und Nebensache muss ein räumliches Naheverhältnis bestehen, das den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen ist, wobei eine vorübergehende Entfernung die Zubehöreigenschaft nicht ausschließt.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der von der Beschwerdeführerin für die gemeinsam mit den Liegenschaftsanteilen von der Verkäuferin miterworbene Einbauküche geleistete Kaufpreis (bzw der darauf entfallende Teil des Gesamtkaufpreises) als Gegenleistung iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 der Grunderwerbsteuer unterlieget.

Nach § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen, mindestens vom Grundstückswert.

Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf die Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Wird für den Ankauf verschiedener Wirtschaftsgüter, insbesondere von unbeweglichen Sachen einerseits und von beweglichen Sachen andererseits, ein einheitlicher Gesamtkaufpreis vereinbart, so gehören jene Teile des Kaufpreises zu der der Steuer unterliegenden Gegenleistung, die für den Erwerb des Grundstückes und für das Zugehör zu demselben oder für die vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen bezahlt werden. Der für das Zugehör aufgewendete Teil des Kaufpreises gehört zur Gegenleistung, sofern die betreffenden Gegenstände Zugehör gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz GrEStG 1987 sind (vgl ).

Ob Möbel und Einrichtungsgegenstände als Zugehör der Liegenschaft anzusehen sind, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (). Werden Möbel auf die individuelle Beschaffenheit des jeweiligen Gebäudes - insbesondere auf die konkreten räumlichen Verhältnisse - abgestimmt und dementsprechend angefertigt und sind diese somit nicht ohne weiteres zur Nutzung eines anderen Gebäudes geeignet, ist davon auszugehen, dass der Eigentümer dieser Sachen beabsichtigt, diese im Falle der Veräußerung der Hauptsache mitzuübertragen (vgl dazu auch Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 294 Rz 32). Sie dienen somit im Allgemeinen dem fortdauernden Gebrauch der Hauptsache und nicht den persönlichen Bedürfnissen ihres Eigentümers (vgl Hofmann in Pinetz et al, GrEStG § 2 Rz 39). Badezimmer-, Toiletten- sowie Kücheneinrichtungen und dergleichen dienen der Rsp des OGH zufolge offensichtlich nicht nur individuellen Bedürfnissen ihres Inhabers, sondern der fortdauernden Benützung der Wohnung; es liegt eine objektivierte Zweckwidmung vor (; RIS-Justiz RS0009943).

Bei der von der Beschwerdeführerin gemeinsam mit den Liegenschaftsanteilen miterworbenen Einbauküche werden somit - da zudem Eigentümeridentität besteht und ein räumliches Naheverhältnis zum Grundstück vorliegt - sämtliche Voraussetzungen für eine Qualifikation als Zubehör zum erworbenen Grundstück erfüllt und gehört auch der auf die Einbauküche entfallende Kaufpreisanteil zur Gegenleistung iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987.

Betreffend das übrige Inventar ist jedoch eine dauerhafte Widmung für Zwecke der Hauptsache nicht erkennbar und ist somit - in Übereinstimmung mit der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom - spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100258.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at