Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2022, RV/7100605/2022

Gemischt genutztes Gebäude - positive Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 infolge Ausdehnung der unternehmerischen Nutzung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0099. Mit Erkenntnis v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2019 machte der Beschwerdeführer (Bf) eine positive Vorsteuerberichtigung (Kennzahl 063) in Höhe von 3.644,73 Euro geltend.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2019 fest. Dabei wurde der vom Bf begehrten positiven Vorsteuerberichtigung die Anerkennung mit nachfolgender Begründung versagt:

"Die beantragte negative [Anmerkung des Bundesfinanzgerichtes: gemeint ist wohl "positive"] Vorsteuerberichtigung gem. KZ 063 konnte nicht berücksichtigt werden. Die Liegenschaft ***Adresse*** zählte bis zum Beginn der Vermietung im Jahr 2018 zum Privatvermögen. Eine Vorsteuerberichtigung ist vorzunehmen, wenn sich für bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen die Verhältnisse die für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren ändern. Voraussetzung ist stets, dass der betroffene Gegenstand (die sonstige Leistung) dem Unternehmen zugeordnet ist. Eine Vorsteuerberichtigung für Gegenstände, die aus dem Privatvermögen eingelegt werden, ist nicht zulässig."

Dem hielt der Bf in seiner Beschwerde vom entgegen, das Gebäude an der Adresse ***Adresse*** stehe seit ***tt.mm.2011*** in seinem Alleineigentum. In den Jahren 2011 und 2012 sei mit Hilfe öffentlicher Fördermittel das Dachgeschoß ausgebaut und eine thermische Sanierung vorgenommen worden. Er habe mit seiner Familie ab der Fertigstellung des Dachgeschoßausbaus (nach dem ) bis zum eine der beiden neu geschaffenen (nicht parifizierten) Wohneinheiten (Top 9) bewohnt. Dies habe gemäß § 12 Abs 3 Z 4 UStG 1994 zum Vorsteuerausschluss für diesen Teil des Gebäudes geführt. Seit werde die Wohneinheit Top 9 umsatzsteuerpflichtig fremdüblich an Dritte vermietet. Im Jahr 2019 sei daher eine positive Vorsteuerkorrektur gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 in Höhe von 2.531,20 Euro vorzunehmen. Im Zuge der für die Jahre 2011 bis 2015 durchgeführten Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom ) sei weder eine Entnahme noch ein Eigenverbrauch festgestellt worden. Insofern befinde sich das gesamte Gebäude einschließlich des Dachgeschoßausbaus umsatzsteuerlich im Unternehmen und gehöre zum Anlagevermögen. Die Wohneinheit Top 9 könne daher nicht zum Privatvermögen gehören und es liege im Jahr 2018 keine Einlage von Privatvermögen vor. Zudem mache die Wohneinheit Top 9 nur 18% der Gesamtfläche des ansonsten zur Gänze vermieteten Gebäudes - welches nicht parifiziert sei - aus. Somit werde das Gebäude gemäß § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 zu mindestens 10% unternehmerisch genutzt. Die vom Finanzamt anlässlich der im Jahr 2016 durchgeführten Betriebsprüfung zugelassene positive Vorsteuerkorrektur in Höhe von 1.113,53 Euro betreffend zwei Wohneinheiten, die der Bf seinem Vater zunächst unentgeltlich überlassen und ab 2012 fremdüblich vermietet habe, sei im angefochtenen Bescheid ebenfalls nicht gewährt worden. In einem der Beschwerde beigelegten, mit "Vorsteuerkorrektur 2019" titulierten Berechnungsblatt erläuterte der Bf unter Bezugnahme auf den die Jahre 2011 bis 2015 betreffenden Betriebsprüfungsbericht des Finanzamtes vom den Korrekturbetrag.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass eine positive Vorsteuerberichtigung in Höhe von 1.113,53 Euro gewährt wurde. Der vom Bf begehrten positiven Vorsteuerberichtigung betreffend die von ihm zunächst privat genutzte und ab November 2018 vermietete Wohnung Top 9 wurde weiterhin die Anerkennung versagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Betriebsprüfungsbericht vom betreffend die für die Jahre 2011 bis 2015 durchgeführte Betriebsprüfung sei zu entnehmen, dass im Jahr der Übergabe der Liegenschaft ***Adresse*** mit dem Dachgeschoßausbau begonnen worden sei. Nach der Fertigstellung im April 2012 sei die Wohnung Top 9 vom Bf samt Familie bewohnt worden. Der Vorsteuerabzug habe daher gemäß § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG 1994 nicht zugestanden. Die Wohnung Top 9 sei für private Wohnzwecke ausgebaut worden. Erst ab der erstmaligen Vermietung im Jahr 2018 sei sie der unternehmerischen Nutzung zugeführt worden. Es handle sich dabei um eine Einlage und nicht um eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs 10 UStG 1994. Für Einlagen aus der nichtunternehmerischen Sphäre stehe der Vorsteuerabzug nicht (nachträglich) zu. § 12 Abs 10 UStG 1994 beziehe sich nicht auf Fälle der Überführung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen in den unternehmerischen Bereich.

Im dagegen erhobenen Vorlageantrag vom führte der Bf in Ergänzung zu seinem bisherigen Vorbringen im Wesentlichen aus, es sei nach dem Erwerb des Gebäudes seine Absicht gewesen, das gesamte Gebäude unternehmerisch zu nutzen. Die private Nutzung einer Wohnung sei nicht beabsichtigt gewesen. Dies habe sich durch Umstände in der persönlichen Lebensführung ergeben. Er habe die Absicht gehabt, in einer Umlandgemeinde von Wien ein Haus zu kaufen und darin gemeinsam mit seiner Familie zu leben. Ein geeignetes Objekt habe jedoch nicht gefunden werden können. Daher habe er sich dazu veranlasst gesehen, in die freie Dachgeschoßwohnung zu ziehen. Die Suche nach einem Haus sei weiterverfolgt worden, im Jahr 2018 sei er schließlich umgezogen. Aus der bloßen Nutzung als Wohnung für ihn und seine Familie könne nicht im Vorhinein schon auf eine Zuordnung zum nichtunternehmerischen Bereich geschlossen werden. Die Wohnung Top 9 sei zwar zu Beginn nicht wirtschaftlich genutzt worden. Dies führe jedoch nicht dazu, dass sie als unternehmensfremd eingestuft werden könne.

Daraufhin legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom hielt es abermals fest, dass ein nachträglicher Vorsteuerabzug bei Einlagen aus der Privatsphäre nicht möglich sei.

Im Zuge des am vor dem Bundesfinanzgericht abgehaltenen Erörterungstermines brachte der Bf ua vor, er habe dem Finanzamt zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er nur den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes dem Unternehmen zugeordnet wissen wolle. Auf Nachfrage des Richters, weshalb der für das Streitjahr erklärte Vorsteuerkorrekturbetrag laut dem der Beschwerde beigelegten Berechnungsblatt auch nicht gewährte Vorsteuern aus dem Jahr 2015 betreffe, teilte der Bf mit, dabei handle es sich um eine von der Firma ***XX*** gelegte Schlussrechnung für den Innenausbau des Dachgeschoßes. Die diesbezüglichen Arbeiten seien zwar bereits im Jahr 2012 abgeschlossen gewesen, die betreffende Rechnung sei jedoch erst im Jahr 2015 gelegt worden. Hinsichtlich des Dachgeschoßausbaus hielt der Bf fest, das rund 120 Jahre alte Dachgeschoß des Gebäudes sei ein Rohdachboden gewesen, der im Zuge der thermischen Sanierung des Gebäudes zu Wohnraum in Form von zwei Wohnungen umgestaltet worden sei. Das Vorbringen der Finanzamtsvertreterin erschöpfte sich in einem Verweis auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung sowie auf die UStR 2000 Rz 2072 bis 2074.

Mit E-Mail vom teilte der steuerliche Vertreter des Bf dem Bundesfinanzgericht mit, dass nach nochmaliger Durchsicht des Berechnungsblattes zur positiven Vorsteuerkorrektur der dort ausgewiesene Betrag von 236,10 Euro, der allgemeine Kosten betreffe, nicht von der Berichtigung umfasst sein solle.

Dieses E-Mail brachte das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt mit Vorhaltsschreiben vom zur Kenntnis. In besagtem Vorhaltsschreiben führte das Bundesfinanzgericht aus, der Betrag von 236,10 Euro, der in dem der Beschwerde beigelegten Berechnungsblatt unter "allg. Kosten" ausgewiesen sei, solle nach den Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bf nicht von der positiven Vorsteuerkorrektur umfasst sein. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes gehe das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die auf die Wohnung Top 9 entfallenden - vom Finanzamt im Gefolge der im Jahr 2016 durchgeführten Betriebsprüfung nicht gewährten - Vorsteuern aus dem Dachgeschoßausbau und der thermischen Gebäudesanierung in Summe 50.387,77 Euro ausmachten. Dies ergebe sich aus dem der Beschwerde beigelegten Berechnungsblatt in Zusammenschau mit der zahlenmäßigen Darstellung des im Akt einliegenden Betriebsprüfungsberichtes vom und den Ausführungen des Bf im Zuge des am abgehaltenen Erörterungstermines.

Mit E-Mail vom ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht eine auf das Berechnungsblatt des Bf Bezug nehmende rechnerische Darstellung zukommen, in welcher zum einen die auf die Wohnung Top 9 entfallenden, vom Finanzamt im Gefolge der im Jahr 2016 durchgeführten Betriebsprüfung nicht gewährten Vorsteuern aus dem Dachgeschoßausbau und der thermischen Gebäudesanierung (50.387,77 Euro; dies entspricht den zahlenmäßigen Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes im Vorhaltsschreiben vom ), zum anderen der aus einer positiven Vorsteuerkorrektur resultierende Korrekturbetrag (1/20 von 50.387,77 Euro = 2.519,39 Euro) dargelegt werden.

Mit E-Mail vom teilte der steuerliche Vertreter des Bf dem Bundesfinanzgericht mit, dass er keine Zustellvollmacht habe und Schriftstücke daher direkt an den Bf zu übermitteln seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Auf der Grundlage des Übergabsvertrages vom ***tt.mm.2011*** übertrug Herr ***AB*** seinem Sohn, dem Bf, das aus mehreren Wohnungen bestehende, nicht parifizierte Gebäude an der Adresse ***Adresse*** in dessen Alleineigentum. In der Folge ließ der Bf das Gebäude thermisch sanieren. Gleichzeitig wurde der rund 120 Jahre alte Rohdachboden des Gebäudes dahingehend umgestaltet, dass zwei weitere Wohnungen geschaffen wurden. Die Arbeiten wurden noch im Jahr 2011 aufgenommen und im April 2012 abgeschlossen. Eine der beiden im Zuge des Dachgeschoßausbaus neu geschaffenen Wohnungen (Top 9) wurde in der Folge vom Bf und dessen Familie bewohnt. Auf diese Wohnung entfielen in flächenmäßiger Hinsicht rund 70% des Dachgeschoßausbaus bzw rund 18% des gesamten Gebäudes. Die andere im Zuge des Dachgeschoßausbaus neu geschaffene Wohnung wurde vom Bf zu Wohnzwecken vermietet. Die übrigen Wohnungen des Gebäudes wurden vom Bf allesamt spätestens ab Anfang 2012 zu Wohnzwecken vermietet. Der Bf machte den Vorsteuerabzug aus den gesamten im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung und dem Dachgeschoßausbau angefallenen Kosten geltend. Der geltend gemachte Vorsteuerabzug umfasste somit auch jenen Teil der Kosten, der auf die vom Bf und dessen Familie ab April 2012 privat genutzte Wohnung Top 9 entfiel. Im Jahr 2016 fand beim Bf eine den Zeitraum 2011 bis 2015 umfassende Betriebsprüfung statt, im Zuge derer jenen im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung und dem Dachgeschoßausbau stehenden Vorsteuern, die auf die vom Bf und dessen Familie ab April 2012 privat genutzte Wohnung Top 9 entfielen (70% der Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Dachgeschoßausbau, 18% der Vorsteuern im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung), die Anerkennung versagt wurde. Ab November 2018 vermietete der Bf die von ihm und seiner Familie bis dahin privat genutzte Wohnung Top 9 umsatzsteuerpflichtig an Dritte.

Die auf die Wohnung Top 9 entfallenden, vom Finanzamt im Gefolge der im Jahr 2016 durchgeführten Betriebsprüfung nicht gewährten Vorsteuern aus dem Dachgeschoßausbau und der thermischen Gebäudesanierung machten in Summe 50.387,77 Euro aus.

Der Bf teilte dem Finanzamt zu keinem Zeitpunkt eine von der Fiktion des § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 (100%-Zuordnung zum Unternehmen; dazu weiter unten) abweichende Zuordnung des in Rede stehenden Gebäudes (etwa dahingehend, dass nur der unternehmerisch genutzte [vermietete] Teil des Gebäudes seinem Unternehmen zugeordnet sein soll) mit.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen und ist unstrittig.

Dass der Bf dem Finanzamt zu keinem Zeitpunkt eine von der Fiktion des § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 (100%-Zuordnung zum Unternehmen; dazu weiter unten) abweichende Zuordnung des in Rede stehenden Gebäudes mitteilte (etwa dahingehend, dass nur der unternehmerisch genutzte [vermietete] Teil des Gebäudes seinem Unternehmen zugeordnet sein soll), ergibt sich aus den diesbezüglichen Ausführungen des Bf im Zuge des am abgehaltenen Erörterungstermines. Anderslautendes wurde vom Finanzamt im gesamten Verfahren nicht behauptet. Auch im Akt finden sich keine Hinweise auf eine derartige Mitteilung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung):

In rechtlicher Hinsicht ist strittig, ob im Hinblick auf die in Rede stehende Wohnung Top 9, die vom Bf zunächst privat genutzt und ab November 2018 umsatzsteuerpflichtig vermietet wurde, eine positive Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 zu erfolgen hat, oder ob es sich dabei um eine nicht zum nachträglichen Vorsteuerabzug berechtigende Einlage aus der Privatsphäre des Bf in dessen umsatzsteuerliches Unternehmen handelt.

Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen des Bf und Vorsteuerausschluss hinsichtlich des privat genutzten Gebäudeteiles:

Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 lit a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.

Gemäß § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen.

Gemäß § 12 Abs 2 Z 1 lit b UStG 1994 kann der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen sowie Einfuhren nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt behandeln, als sie tatsächlich unternehmerischen Zwecken dienen, sofern sie mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen. Diese Zuordnung hat der Unternehmer bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes dem Finanzamt schriftlich mitzuteilen.

Gemäß § 12 Abs 3 Z 4 UStG 1994 ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit Leistungen (Einfuhren) im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs 1a Z 1 UStG 1994 genannten Zwecke - dies betrifft Fälle unternehmensfremder (privater) Verwendung - steht.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kommt dem Unternehmer ein Wahlrecht dahingehend zu, ein Investitionsgut, das sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für private Zwecke verwendet wird, in vollem Umfang dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, oder es in vollem Umfang im Privatvermögen zu belassen, oder es auch nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in das Unternehmen einzubeziehen (vgl etwa E und Z, C-45/20 und C-46/20, Rn 38 mwN; siehe dazu auch ; ; ).

Die österreichische Rechtslage ist diesbezüglich so ausgestaltet, dass in § 12 Abs 2 Z 1 lit b UStG 1994 eine schriftliche Mitteilung des Unternehmers an das Finanzamt vorgesehen ist. Eine solche Mitteilung ist nach der zitierten Bestimmung allerdings nur in jenen Fällen erforderlich, in denen ein Unternehmer einen sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gegenstand (bei Erreichen der Geringfügigkeitsgrenze von 10%) nicht entsprechend der Fiktion des § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 zu 100% als Unternehmensvermögen behandelt wissen will, sondern stattdessen nur anteilig - entsprechend dem Ausmaß der unternehmerischen Nutzung - dem Unternehmen zuordnen möchte (vgl etwa Haunold/Stangl/Tumpel, SWI 2021, 603 mwN; Mayr, ; siehe auch - ausdrücklich auf Gebäude bezugnehmend - UStR 2000 Rz 1902; nach ist eine solche Mitteilung auch dann erforderlich, wenn die Zuordnung des Gegenstandes zum Privatbereich über den privat genutzten Teil hinausgehen soll; zum - hier nicht relevanten - Ausnahmefall der gesetzlich vorgezeichneten "Privatzuordnung" betreffend Pkw vgl ). Diese Zuordnungsentscheidung ist ein dem Finanzamt mitzuteilender Willensakt (vgl ). Hat demnach ein Unternehmer, der ein Gebäude zum Teil unternehmerisch und zum Teil privat nutzt, eine solche Mitteilung an das Finanzamt unterlassen, gilt das gesamte Gebäude - ex lege - als dem Unternehmen zugeordnet (vgl Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 137).

Gegenständlich ließ der Bf das Gebäude an der Adresse ***Adresse***, das ihm von seinem Vater auf der Grundlage des Übergabsvertrages vom ***tt.mm.2011*** in das alleinige Eigentum übertragen wurde, beginnend noch im Jahr 2011 thermisch sanieren. Gleichzeitig wurde der Rohdachboden zu Wohnraum umgestaltet, wobei eine der beiden neu geschaffenen Wohneinheiten (Top 9) vom Bf und dessen Familie nach der Fertigstellung der Arbeiten im April 2012 privat genutzt wurde. Die andere im Zuge des Dachgeschoßausbaus neu geschaffene Wohnung wurde vom Bf vermietet (umsatzsteuerpflichtige Vermietung zu Wohnzwecken). Die übrigen Wohnungen des in Rede stehenden Gebäudes wurden vom Bf allesamt spätestens ab Anfang 2012 vermietet (umsatzsteuerpflichtige Vermietung zu Wohnzwecken).

Der Bf teilte dem Finanzamt zu keinem Zeitpunkt eine von der Fiktion des § 12 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 (100%-Zuordnung zum Unternehmen) abweichende Zuordnung des in Rede stehenden Gebäudes (etwa dahingehend, dass nur der unternehmerisch genutzte [vermietete] Teil des Gebäudes seinem Unternehmen zugeordnet sein soll) mit. Mangels einer solchen Mitteilung im Sinne des § 12 Abs 2 Z 1 lit b UStG 1994 gilt das gesamte Gebäude (einschließlich der privat genutzten Wohneinheit) von Anfang an ex lege als seinem Unternehmen zugeordnet.

Trotz Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen stand dem Bf der Vorsteuerabzug hinsichtlich der thermischen Sanierung und des Dachgeschoßausbaus gemäß § 12 Abs 3 Z 4 UStG 1994 insoweit nicht zu, als die Vorsteuern mit der vom Bf und dessen Familie privat genutzten Wohnung Top 9 - und somit mit einem (nicht steuerbaren) Eigenverbrauch (§ 3a Abs 1a letzter Satz UStG 1994) - in Zusammenhang standen. Das Finanzamt versagte daher anlässlich der im Jahr 2016 für die Jahre 2011 bis 2015 durchgeführten Betriebsprüfung zu Recht den diesbezüglich vom Bf geltend gemachten Vorsteuerabzug.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die (mit BGBl I 27/2004 in das UStG 1994 eingefügte) Bestimmung des § 12 Abs 3 Z 4 UStG 1994 seit der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen unionsrechtlichen Bestimmung des Art 168a MwStSyst-RL entspricht (vgl etwa Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 133; Mayr/Ungericht, UStG4 § 12 Anm 46; siehe auch Mayr, ÖStZ 2014, 246), deren Abs 1 wie folgt lautet:

"Soweit ein dem Unternehmen zugeordnetes Grundstück vom Steuerpflichtigen sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, darf bei Ausgaben im Zusammenhang mit diesem Grundstück höchstens der Teil der Mehrwertsteuer nach den Grundsätzen der Artikel 167, 168, 169 und 173 abgezogen werden, der auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfällt.

Ändert sich der Verwendungsanteil eines Grundstücks nach Unterabsatz 1, so werden diese Änderungen abweichend von Artikel 26 nach den in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Vorschriften zur Anwendung der in den Artikeln 184 bis 192 festgelegten Grundsätze berücksichtigt."

Positive Vorsteuerberichtigung:

§ 12 Abs 10 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 117/2016 lautet:

"Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte."

§ 12 Abs 12 Satz 1 UStG 1994 lautet: "Die Bestimmungen der Abs. 10 und 11 gelten sinngemäß auch für Gegenstände, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören."

§ 28 Abs 38 Z 2 UStG 1994 lautet:

"§ 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, und der Entfall des § 12 Abs. 10a sind auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen anzuwenden, die Grundstücke (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) betreffen, die der Unternehmer nach dem erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen (wobei § 12 Abs. 12 zu beachten ist) verwendet oder nutzt und wenn bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke der Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüberlassung) nach dem erfolgt. § 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz und § 12 Abs. 10a, jeweils in der Fassung vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, sind auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen weiterhin anzuwenden, die Grundstücke (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) betreffen, die der Unternehmer vor dem erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen (wobei § 12 Abs. 12 zu beachten ist) verwendet oder nutzt, oder wenn bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke der Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüberlassung) vor dem erfolgt."

Die ab November 2018 erfolgte Ausdehnung der unternehmerischen Nutzung des dem Unternehmen des Bf zugeordneten Gebäudes in der Form, dass die bis dahin vom Bf und dessen Familie privat genutzte Wohnung Top 9 nunmehr an Dritte vermietet wurde (umsatzsteuerpflichtige Vermietung), stellt eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs 10 UStG 1994 dar, die eine positive Vorsteuerberichtigung nach sich zieht (zu einem ähnlich gelagerten Beispielsfall vgl Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 137 sowie Kanduth-Kristen/Payerer in Berger et al, UStG-ON3.02 § 12 Rz 454 [Stand rdb.at]; siehe weiters das Beispiel in UStR 2000 Rz 2073). Entgegen der vom Finanzamt vertretenen Rechtsansicht führte die ab November 2018 erfolgte Vermietung der zunächst vom Bf und dessen Familie privat genutzten Wohnung Top 9 zu keiner Einlage dieser Wohnung aus der Privatsphäre des Bf in dessen Unternehmensbereich, da - wie bereits oben dargelegt wurde - das gesamte Gebäude (einschließlich der Wohnung Top 9) von Anfang an - ex lege - dem Unternehmen des Bf zugeordnet war. Weder im angefochtenen Bescheid noch in der Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt dem Umstand, dass die vom Bf und dessen Familie zunächst privat genutzte Wohnung Top 9 lediglich ein (flächenmäßig untergeordneter) Teil des vom Bf ansonsten zur Gänze unternehmerisch genutzten (vermieteten) Gebäudes war, Beachtung geschenkt.

Bei den Aufwendungen für den Dachgeschoßausbau, im Zuge dessen (ua) die Wohnung Top 9 geschaffen wurde, handelt es sich um der Vorsteuerberichtigung zugängliche, nachträgliche Herstellungskosten im Sinne des § 12 Abs 10 UAbs 2 UStG 1994 (vgl etwa Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 316, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH). Auch die Aufwendungen für die thermische Gebäudesanierung sind der Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG 1994 zugänglich. Ob jener Teil der Aufwendungen für die thermische Gebäudesanierung, der den Dachgeschoßbereich betrifft, aufgrund seiner unmittelbaren Verbindung mit dem Dachgeschoßausbau den nachträglichen Herstellungskosten zuzurechnen ist oder aber unter den Begriff der Großreparatur (im Sinne eines nicht aktivierungspflichtigen Aufwands, der nicht regelmäßig erwächst und von dem sich sagen lässt, er falle "ins Gewicht"; vgl ) fällt, kann im gegebenen Kontext dahingestellt bleiben, zumal sowohl nachträgliche Herstellungskosten als auch Kosten von Großreparaturen der Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG 1994 zugänglich sind.

Die thermische Gebäudesanierung und der Dachgeschoßausbau wurden im April 2012 fertiggestellt, danach erfolgte die Innutzungnahme. Den oben zitierten Bestimmungen zufolge begann demnach der Berichtigungszeitraum von 19 Jahren mit Beginn des Jahres 2013 zu laufen, die Änderung der Verhältnisse trat im Hinblick auf die Wohnung Top 9, die vom Bf zunächst privat genutzt und ab November 2018 vermietet wurde, im Jahr 2018 ein. Die positive Vorsteuerberichtigung betreffend die Wohnung Top 9 beträgt daher im Streitjahr 2019, wie auch vom Finanzamt in der Vorhaltsbeantwortung vom rechnerisch dargelegt wurde, 2.519,39 Euro (1/20 von 50.387,77 Euro).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

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