Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.09.2022, RV/2100613/2022

Ermittlung der Einkunftsgrenze des (Ehe)Partners iSd. § 33 Abs. 4 Z 1 EStG (für den AVAB)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2021 beantragte er die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages. Vor dem BFG ist nun strittig, ob ihm dieser zusteht oder nicht.

Im angefochtenen Bescheid erkannte das Finanzamt dem Bf. den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zu. Die dagegen erhobene Beschwerde wird wie folgt begründet:

"Ich (…) habe im Jahr 2021 vom bis zum in einer eheähnlichen Partnerschaft mit CN und unseren beiden gemeinsamen Kindern in B, B-Straße 23 gelebt. Die Trennung erfolgte am . Dieser Umstand, kann dem bereits übermittelten Gerichtsbeschluss über den Kindesunterhalt, entnommen werden. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft hat daher länger als 6 Monate gedauert und CN hat in diesem Zeitraum die Familienbeihilfe inklusive dem Kinderabsatzbetrag bezogen.

Als weiteren Beweis für die Dauer der Partnerschaft liegt der Antrag von CN beim BG bei. In diesem ist der Trennungstag angeführt."

Die Begründung der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes lautete wie folgt:

"(…) Die steuerpflichtigen Einkünfte und ein allfälliges Wochengeld Ihrer Partnerin bzw. Ihres Partners sind höher als € 6.000,-."

In der Folge brachte der Bf. rechtzeitig den Vorlageantrag ein, mit folgender Begründung:

"Beschwerde bezüglich der Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages (…)mit dem Ersuchen um Neuberechnung der Einkommensgrenze von CN.

Hierbei wäre die Freigrenze zu berücksichtigen. Weiters wäre anzuführen, dass es sich bei den angeführten Einkünften seitens der Stadtgemeinde B* um Sitzungsgeld als Gemeinderat handelt.

Weiters hat CN im Jahr 2021 kein Wochengeld bezogen.

Laut dem Berechnungsbeispiel auf www.bmf.gv.at wäre CN unter der Grenze von € 6.000,-."

In seinem Vorlagebericht an das BFG führt das Finanzamt ua. aus:

"(…) Die Einkünfte von CN betrugen im Kalenderjahr 2021 gem. ihres Einkommensteuerbescheids 2021 über € 6.000,00 und übersteigen somit den maßgeblichen Grenzbetrag iHv. € 6.000,00 (§33 Abs. 4 Z1 EStG 1988). Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingereicht und daher ist dieser rechtskräftig.

Infolgedessen hat das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2021 von CN zur Beurteilung herangezogen.

Aus Sicht des Finanzamts sind die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht erfüllt."

Mit Vorhalt vom ersuchte das BFG den Bf. um konkrete (ziffernmäßige) Darstellung, wie die Einkünfte seiner früheren Partnerin seiner Ansicht nach im Jahr 2021 der Höhe nach zu ermitteln seien. Zudem wies das BFG darauf hin, dass
- seine ehemalige Partnerin laut ihrem Einkommensteuerbescheid jedenfalls Einkünfte von mehr als € 6.000,- erzielt hat,
- die "Freigrenze" (betreffend sonstige Bezüge) bei dieser Ermittlung ohnehin berücksichtigt wurde,
- Sitzungsgelder als nichtselbständige Einkünfte zu erfassen seien und
- Wochengeld bei der Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt worden sei.

Der Vorhalt blieb seitens des Bf. unbeantwortet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Vor dem BFG steht in Streit, ob dem Bf. für das Jahr 2021 der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht oder nicht. Das Finanzamt verneinte dies mit dem Hinweis, dass die Einkünfte der vormaligen Lebenspartnerin des Bf. (Auflösung der Lebensgemeinschaft per ) den maßgeblichen Grenzbetrag von € 6.000,- übersteigen würden.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt.

Maßgebend für die Ermittlung des Grenzbetrags von € 6.000,- ist der Gesamtbetrag der Einkünfte iSd. § 2 Abs. 2 EStG zuzüglich bestimmter steuerfreier Einkünfte (zB Wochengeld) sowie sonderbesteuerter Einkünfte. Dabei ist in kalenderjahresbezogener Betrachtungsweise immer von Jahreseinkünften auszugehen. Bei unterjähriger Verehelichung, Scheidung, Begründung oder Auflösung einer Partnerschaft/Lebensgemeinschaft sind für die Ermittlung des Grenzbetrags folglich die (Jahres-)Gesamteinkünfte maßgeblich (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2021, § 33 Rz 57).

Bei der Ermittlung der Einkünfte ist nach jenen Bestimmungen des EStG vorzugehen, die die Frage der Einkommensermittlung (Gewinnermittlung bei den betrieblichen Einkunftsarten und Überschussermittlung bei den außerbetrieblichen Einkunftsarten) regeln (s. dazu ).

Nicht als steuerfreie Einkünfte gelten solche, die bloß aufgrund gesonderter Tarifvorschriften bei der Veranlagung nicht zu berücksichtigen sind. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind daher bei der Ermittlung des Grenzbetrags die gemäß § 67 EStG mit festen Steuersätzen zu versteuernden sonstigen Bezüge grundsätzlich einzubeziehen. Es bleiben jedoch sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 EStG bis zur Freigrenze von 2.100 € sowie steuerfreie Zuschläge gemäß § 68 EStG außer Ansatz (zB Jakom/Kanduth-Kristen, aaO).

Bereits ein geringfügiges Überschreiten des Grenzbetrages führt zum gänzlichen Wegfall des Alleinverdienerabsetzbetrages (zur Verfassungskonformität s. ).

Das Finanzamt stützt seinen Standpunkt im Wesentlichen auf den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid der früheren Lebenspartnerin des Bf. vom . Dieser entfaltet zwar keine Bindungswirkung im Veranlagungsverfahren des Bf. (s. nochmals zB Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2021, § 33 Rz 57, und die dort zitierten Nachweise). Dem Einkommensteuerbescheid der Partnerin kommt aber doch eine maßgebliche Indizwirkung zu. Insbesondere können im Regelfall die darin ausgewiesenen Einkünfte als Ausgangsgrundlage für die Berechnung der Einkunftsgrenze iSd. § 33 Abs. 4 Z 1 EStG herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall hat der Bf. trotz Ersuchen des BFG nicht konkret (ziffernmäßig) dargestellt, wie die maßgeblichen Einkünfte der Frau CN seiner Ansicht zufolge zu berechnen seien (bzw. welche konkreten Beträge von den Einkünften laut Bescheid in Abzug zu bringen wären).

Dem (allgemein gehaltenen) Vorbringen des Bf. in seinem Vorlageantrag ist im Einzelnen entgegen zu halten:

Ausgangspunkt der Berechnung der Einkunftsgrenze ist der Gesamtbetrag der zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte (iSd. § 2 Abs. 2 EStG) der ehemaligen Partnerin des Bf. Diese betrugen laut (rechtskräftigem) Bescheid vom insgesamt € 6.673,71.

Im Lohnzettel des Sozialhilfeverbandes BM sind zwar sonstige Bezüge iHv. € 500,- enthalten. Diese wurden aber bei Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte (bzw. der Einkunftsgrenze) ohnehin nicht (einkunftserhöhend) angesetzt (sie unterliegen auch nicht der Tarifsteuer und sind sohin nicht im oa. Betrag von € 6.673,- enthalten), da sie unter der vom Bf. ins Treffen geführten Freigrenze von € 2.100,- liegen.

Wenn daher der Bf. auf das (fiktive) Berechnungsbeispiel auf der Website des BMF verweist, in welchem "sonstige Bezüge innerhalb der Freigrenze" mit einem Betrag von € 1.200,- von den Einkünften abgezogen werden, so ist damit für seinen Fall nichts gewonnen, da in diesem Beispiel - anders als in seinem Fall - die sonstigen Bezüge in den als Ausgangsbasis herangezogenen Bruttobezügen (noch) enthalten waren.

Sitzungsgelder (als Gemeinderat) sind bei der Veranlagung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen (s. zB Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, 1988, § 25 Tz 26; ). Daher sind diese auch bei Ermittlung der Einkunftsgrenze des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG jedenfalls in Ansatz zu bringen.

Aus dem Einkommensteuerbescheid der Bf. vom (bzw. den bezüglichen Lohnzetteln) geht nicht hervor, dass bei Berechnung der Einkünfte ein (steuerfreies) Wochengeld angesetzt worden wäre. Der entsprechende Passus in der Begründung des Finanzamtes in seiner Beschwerdevorentscheidung ("… und ein allfälliges Wochengeld Ihrer Partnerin…") ist lediglich allgemeiner Natur: Sofern ein Wochengeld bezogen worden wäre ("allfällig"), wäre dieses bei Berechnung des Grenzbetrages einkunftserhöhend anzusetzen gewesen. Tatsächlich sind in den steuerpflichtigen Einkünften laut Bescheid vom jedoch ohnehin keine steuerfreien Einkünfte, und somit auch kein Wochengeld, ausgewiesen.

Aus dem Vorbringen des Bf. geht sohin nicht hervor, dass die Einkünfte seiner (ehemaligen) Lebensgefährtin im Jahr 2021 unter dem Grenzbetrag von € 6.000,- gelegen wären, weshalb das Finanzamt zutreffend den im Einkommensteuerbescheid der Frau CN ausgewiesenen Betrag der (steuerpflichtigen) Einkünfte zur Beurteilung herangezogen hat und der Beschwerde keine Folge gegeben werden konnte.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG konnte sich im vorliegenden Fall auf den klaren Gesetzeswortlaut bzw. die angeführten Judikaturnachweise stützen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag daher nicht vor und war die Revision nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Alleinverdienerabsetzbetrag
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100613.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at