Geschäftsführerhaftung, Gleichbehandlungsquote bereits im Haftungsbescheid berücksichtigt, Beschwerdevorbringen nur hinsichtlich geltend gemachter Ermessenskriterien
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Pannonische Wirtschaftstreuhand GmbH, Hauptstraße 26, 7201 Neudörfl, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, nach der am in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner steuerlichen Vertreter P-1 und P-2 sowie der Schriftführerin P-3, jedoch in Abwesenheit der Amtsbeauftragten P-4 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Haftungsprüfungsvorhalt vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer (Bf.) mit, dass auf dem Abgabenkonto der G-1, deren damaliger Geschäftsführer er gewesen sei, Abgaben in Höhe von € 436.058,30 unberichtigt aushafteten.
Zur Einschränkung auf seine tatsächliche schuldhafte Pflichtverletzung werde ihm Gelegenheit geboten, einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen.
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In Beantwortung des Vorhaltes führte der Bf. mit Schreiben vom aus:
1. Quotenberechnung bei anteilsmäßiger Befriedigung
Gemäß Schreiben vom betrage nach Ansicht des Finanzamtes der haftungsgegenständliche Betrag € 436.058,30. Darin enthalten seien jedoch Beträge, die seiner Ansicht nach nicht haftungsrelevant seien:
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Körperschaftsteuer 2014 | 4.476,00 |
Körperschaftsteuer 2015 | 78.961,00 |
Aus dem Körperschaftsteuerbescheid 2015 sei klar ersichtlich, dass dieser ein Erstbescheid und die Fälligkeit der sei, somit sei die Fälligkeit eindeutig nach der Insolvenzeröffnung am D-1 eingetreten. Dies entspreche auch der im Haftungserlass des BMF-010103/0050-VI/2006, angeführten Rechtsmeinung (siehe dazu Pkt. 2.5.3). Bei Abgaben, bei denen sich die Fälligkeit aus § 210 Abs. 1 BAO ergebe, wie z. B. bei der Veranlagung der Körperschaftsteuer, sei grundsätzlich der Zeitpunkt der sich aus dem erstmaligen Abgabenbescheid ergebenden Fälligkeit maßgebend (siehe Anlage 1).
Bezüglich Körperschaftsteuerbescheid 2014 bestehe noch eine offene Beschwerde, die bis dato noch nicht behandelt worden sei (dies gelte natürlich auch für den Körperschaftsteuerbescheid 2015).
Somit könne die Körperschaftsteuer 2015 insgesamt noch nicht als fällig bzw. als uneinbringlich gesehen werden, da der Abschluss des Rechtsmittelverfahrens abgewartet werden müsse. Somit reduziere sich seiner Ansicht nach der Haftungsbetrag auf € 352.621,30.
In weiterer Folge sei nunmehr eine Aufteilung dieser Abgaben vorzunehmen, die in den Gleichbehandlungsgrundsatz einzubeziehen seien (Umsatzsteuer, Dienstgeberbeitrag, Dienstgeberbeitragszuschlag) und Abgaben, die nicht unter diesen Gleichbehandlungsgrundsatz fielen (Lohnsteuer).
Aus der beiliegenden Aufgliederung (Anlage 2) sei ersichtlich, dass dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgende Abgaben unterlägen:
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Umsatzsteuer | 120.430,58 |
Dienstgeberbeitrag | 61.855,62 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 6.314,70 |
Summe | 188.600,90 |
Nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegende Abgaben:
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Lohnsteuer | 164.020,40 |
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Summe | 352.621,30 |
Somit seien Abgaben in Höhe von € 188.600,90 in die Gleichbehandlung einzubeziehen.
Wie im Schreiben vom angeführt, sei die Gleichbehandlung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen, somit regelmäßig am 15. des jeweiligen Monats, stichtagsbezogen durchzuführen. Diese Gleichbehandlungsbezogenheit auf einen Tag führe jedoch konkret aufgrund des umfangreichen Datenmaterials einerseits zu Schwierigkeiten in der Ermittlung, außerdem führe sie zu kompletten Verzerrungen (etwa bei Zahlungsverzug), da bei einer solchen isolierten Betrachtung der Zahlung nur an einem bestimmten Tag eines Monats eine massive Bevorzugung anderer Gläubiger im Zeitraum vor oder nach diesem Stichtag außer Betracht bleibe, sodass die nunmehr seiner Ansicht nach durchgeführte Zeitraumbetrachtung (Zeitraum von einem Monat, in dem die betreffende Fälligkeit eintrete) zu sachgerechteren Ergebnissen führe (siehe dazu auch Ritz, BAO6, § 9 Rz 27). In diesem Kommentar werde auch auf zahlreiche UFS Entscheidungen verwiesen, die diese Rechnung weitaus praktikabel und sachgerechter ersahen.
Zur Berechnung nunmehr im Detail:
1. Schritt
In der Anlage 2 seien nunmehr die Abgaben den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten zugeordnet worden, die Gesamtfälligkeiten in diesem Monat ermittelt und auf die Lohnsteuer und andere dem Gleichheitsgrundsatz unterliegende Abgaben aufgeteilt. In dieser sei auch jeweils der Rückstand beim Finanzamt unter Berücksichtigung dieser Fälligkeiten dargestellt worden, da ein Vorgehen nach dem Stand des Finanzamtskontos nicht möglich gewesen sei, da fällige Abgaben teilweise deutlich später gebucht worden seien. Somit sei der jeweilige fällige Rückstand im betreffenden Monat korrekt, unbeeinflusst von der Buchung, ermittelt worden.
2. Schritt
Gemäß Anlage 3 sei der jeweilige Rückstand pro Monat mit den Zahlungen aufaddiert worden, die in dem betreffenden Monat geleistet worden seien und somit jener fällige Rückstand vor Zahlung im betreffenden Monat ermittelt worden sei. Dieser fällige Rückstand vor Zahlung sei dann ins Verhältnis zur Zahlung gesetzt und somit die Höhe der Quote auf diese fälligen Abgaben berechnet worden (Prozentquote Finanzamt).
3. Schritt
In diesem Schritt sei die oben genannte Vorgehensweise nun bei allen anderen Verbindlichkeiten angewandt worden (Anlage 4). Gemäß dieser Anlage seien zunächst die fälligen Verbindlichkeiten zu Beginn des Monats ermittelt worden (z.B. am fällige Verbindlichkeiten in Höhe von € 367.635,00). Zu diesen fälligen Verbindlichkeiten seien jene Verbindlichkeiten hinzugerechnet worden, die in dem betreffenden Monat neu entstünden. Dabei seien jene neu entstehenden Verbindlichkeiten außer Acht gelassen worden, die das Finanzamt beträfen (Position abzüglich Lohnabgaben). Da die dargestellten Zahlen auf Nettobeträgen ohne Umsatzsteuer beruhten, brauche es keine Korrektur der Umsatzsteuer. So ergäben sich beispielsweise im Jänner 2015 neue Verbindlichkeiten in Höhe von € 156.004,72.
Da in weiterer Folge die Gesamtverbindlichkeiten ermittelt werden müssten, seien natürlich die fälligen Rückstände Finanzamt bei Ermittlung der Gesamtverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Rechne man nunmehr die fälligen Verbindlichkeiten zu Beginn des Monats, die entstehenden Verbindlichkeiten im Monat und die Rückstände beim Finanzamt zusammen, ergäben sich die gesamten fälligen Verbindlichkeiten mit Ende des Monats (beispielsweise im Jänner 2015 € 556.005,73).
Dann sei die Summe der Zahlungen ermittelt worden, sowohl Zahlungen über Bankkonto, Kasse bzw. auch Zahlungen an verbundene Unternehmen. Es ergäben sich dann beispielsweise für den Monat Jänner Zahlungen in Höhe von € 282.409,17. Auch unbare Entrichtungen (wie z.B. Aufrechnungen von Forderungen und Verbindlichkeiten) seien bei diesen Zahlungsströmen entsprechend berücksichtigt worden. Aus dem Verhältnis zwischen den gesamten fälligen Verbindlichkeiten (vor Zahlung) und den Zahlungen ergebe sich dann die Quote, die bei gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger entstehe (z.B. Jänner 2015 50,61 %) Dies werde dann für die einzelnen Monate, in denen fällige Abgaben haftungsrelevant seien, ermittelt.
4. Schritt
In einem nächsten Schritt werde dann gemäß Anlage 5 die Quote der Gläubiger mit der Quote des Finanzamtes verglichen und eine Quotendifferenz ermittelt. Diese Quotendifferenz werde dann auf die im betreffenden Monat fälligen haftungsrelevanten Abgaben gemäß Aufstellung (Anlage 2) angewandt. Dies werde dann wiederum für jeden Monat durchgeführt. Beispielsweise ergebe sich für Jänner 2015 aufgrund einer Quotendifferenz von 49,21% bei fälligen Abgaben von € 4.211,89 eine Haftung von € 2.072,43. Summiere man nunmehr diese Haftungen über die einzelnen Monate auf, ergebe sich bei gleichmäßiger Behandlung eine entgangene Quote für das Finanzamt von € 34.153,30.
5. Schritt
Die Berechnung des Haftungsbetrages ergebe daher Folgendes:
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Haftung Lohnsteuer | 164.020,40 |
aliquote Haftung aufgrund Gleichbehandlung anderer Abgaben | 34.153,30 |
ergebe eine Summe von | 198.173,70 |
abzüglich Insolvenzquote von 4,38315% von | - 8.686.26 |
ergebe sich ein Haftungsbetrag von | 189.487,44 |
2. Ermessensausübung
Gemäß den gesetzlichen Grundlagen und aufgrund des oben bereits angeführten Haftungserlasses des BMF sei die Geltendmachung der Haftung eine Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde.
Bei dieser Ermessensausübung seien insbesondere zu berücksichtigen:
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen
die Höhe seines Einkommens
der Grad des Verschuldens des Vertreters
das Verschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld
Unbilligkeit aufgrund lange verstrichener Zeit
Bezugnehmend auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf. würden die entsprechenden angeforderten Erklärungen übermittelt (Anlage 7):
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Vermögensverzeichnis
Aus diesem Vermögensverzeichnis sei klar ersichtlich, dass der Bf. über hohe Verbindlichkeiten verfüge (rund € 2,3 Mio.) und er selbst nur ein geringes monatliches Einkommen habe aufgrund bestehender Rückzahlungsverpflichtungen (siehe dazu auch Anlage 6 - Berechnung pfändbarer Gehaltsanteile). Der errechnete Haftungsbetrag von rund € 189.000,00 stehe daher in keinem Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Auch sei angeführt, dass der Grad des Verschuldens an der Nichtentrichtung bei ihm ebenfalls nur sehr minder ausgeprägt sei, da er im Wesentlichen (bis auf die Prüfung der Lohnabgaben vor Insolvenzeröffnung) selbsttätig die haftungsrelevanten Abgaben gemeldet habe, wodurch diese dem Finanzamt bekannt geworden seien. Es seien auch stets nach Möglichkeit entsprechende Zahlungen geleistet worden.
Es sei anzuführen, dass auch Überweisungen, insbesondere jene vom
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26.253,00 | |
23.259,00 | |
29.054,08 | |
10.528,07 | |
1.901,49 |
unter anderem auf Lohnabgaben, entrichtet worden seien, die haftungsgegenständlich seien. Somit seien seiner Ansicht nach Verrechnungsanweisungen erteilt worden, die zu einer entsprechenden Tilgung der Abgaben (der nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegenden Lohnsteuer) geführt hätten und somit die Höhe der haftungsrelevanten Lohnsteuer zu hoch ausgewiesen werde. Hier ersuche der Bf. um Kontrolle der genannten Zahlen, ob diese nicht auch die Tilgung von Lohnsteuer beträfen und unrichtig am Finanzamtskonto gebucht worden seien.
Außerdem sei anzuführen, dass gerade die letzte Prüfung der Lohnabgaben vor Insolvenzeröffnung zu einer Nachforderung von rund € 123.945,33 geführt hätten und auf die Abgabe aufgrund Nachfälligkeit vom gar keine Zahlung mehr habe geleistet werden können, da zu diesem Zeitpunkt bereits das Insolvenzverfahren eröffnet gewesen sei.
Bezüglich dieser Prüfung der Lohnabgaben sei noch ausgeführt, dass gerade knapp vor Insolvenzeröffnung natürlich die Motivation des Bf., dagegen Rechtsmittel einzulegen, naturgemäß sehr schwach ausgeprägt gewesen sei, da insbesondere auch aufgrund kostenmäßiger Überlegungen eine solche Rechtsverfolgung aufgrund der damaligen Liquiditätssituation gar nicht möglich gewesen sei.
Sollte nunmehr ein solcher Haftungsbescheid über den vollen Abgabenbetrag aus dieser Prüfung ausgesprochen werden, würde der Bf. gemäß § 248 BAO gezwungen sein, nunmehr Beschwerde gegen diese Bescheide aus der Lohnabgabenprüfung zu erheben.
Aus diesem Grund sei auch nunmehr eine Vergleichsrechnung in der Form angestellt worden, dass auch die Lohnsteuer in die Gleichbehandlung miteingezogen werde, sodass auf dieser Basis ein neuer haftungsrelevanter Betrag errechnet worden sei.
Wie der Anlage 5 entnommen werden könne, ergebe sich daraus
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eine potenzielle Haftungsinanspruchnahme von | 64.733,09 |
abzüglich Insolvenzquote | - 2.837,35 |
somit von | 61.895,74 |
Dieser Betrag sei für den Bf. langfristig finanzierbar und wäre seiner Ansicht nach Basis für die Ermessensübung unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
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Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 173.283,75 zur Haftung herangezogen:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag | Fälligkeit |
Lohnsteuer | 2014 | 19.892,65 | |
Dienstgeberbeitrag | 2014 | 1.804,57 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2014 | 176,45 | |
Umsatzsteuer | 06/2015 | 312,09 | |
Umsatzsteuer | 09/2015 | 1.150,28 | |
Dienstgeberbeitrag | 10/2015 | 174,41 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 10/2015 | 40,07 | |
Lohnsteuer | 11/2015 | 8.596,11 | |
Lohnsteuer | 12/2015 | 6.502,39 | |
Lohnsteuer | 2015 | 34.211,06 | |
Lohnsteuer | 01-12/2015 | 815,00 | |
Lohnsteuer | 07/2016 | 5.626,32 | |
Dienstgeberbeitrag | 07/2016 | 392,80 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 07/2016 | 38,41 | |
Lohnsteuer | 08/2016 | 5.184,64 | |
Lohnsteuer | 09/2016 | 4.916,93 | |
Lohnsteuer | 10/2016 | 4.692,39 | |
Dienstgeberbeitrag | 10/2016 | 712,60 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 10/2016 | 69,68 | |
Umsatzsteuer | 10/2016 | 919,77 | |
Lohnsteuer | 11/2016 | 6.876,21 | |
Dienstgeberbeitrag | 11/2016 | 786,29 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 11/2016 | 76,88 | |
Umsatzsteuer | 11/2016 | 1.640,47 | |
Lohnsteuer | 12/2016 | 4.427,13 | |
Dienstgeberbeitrag | 12/2016 | 498,79 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 12/2016 | 48,77 | |
Lohnsteuer | 2016 | 44.860,96 | |
Dienstgeberbeitrag | 2016 | 1.395,28 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2016 | 136,43 | |
Lohnsteuer | 01-12/2016 | 200,51 | |
Dienstgeberbeitrag | 01-12/2016 | 237,14 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01-12/2016 | 23,19 | |
Umsatzsteuer | 2016 | 736,54 | |
Lohnsteuer | 01/2017 | 3.873,09 | |
Dienstgeberbeitrag | 01/2017 | 373,11 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01/2017 | 40,04 | |
Umsatzsteuer | 01/2017 | 1.832,92 | |
Lohnsteuer | 02/2017 | 899,80 | |
Dienstgeberbeitrag | 02/2017 | 559,52 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 02/2017 | 60,05 | |
Lohnsteuer | 03/2017 | 5.255,94 | |
Dienstgeberbeitrag | 03/2017 | 466,43 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2017 | 50,06 | |
Umsatzsteuer | 03/2017 | 535,56 | |
Umsatzsteuer | 04/2017 | 477,59 |
Zu den im Rückstand enthaltenen bescheidmäßig vorgeschriebenen Abgaben würden dem Bf. die an die Gesellschaft ergangenen Bescheide übermittelt.
Bei den übrigen Abgaben handle es sich um gemeldete Selbstbemessungsabgaben. Durch die Selbstbemessung sei die Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung geschaffen worden (; ).
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigten nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgt sei. Eine bestimmte Schuldform sei hierfür nicht erforderlich (z.B. ; ; ). Daher reiche leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.
Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gelte jede Form des Verschuldens. Der Grad des Verschuldens sei irrelevant (leichteste Fahrlässigkeit genüge). Nach der Rechtsprechung sei im Falle, dass eine Pflicht nicht erfüllt worden sei, die Verschuldensvermutung gegeben.
Die genannten Beträge sind bei der Gesellschaft als uneinbringlich anzusehen. Dies ergebe sich zweifelsfrei daraus, da beim Landesgericht Eisenstadt am D-1 ein Konkursverfahren eröffnet worden sei.
Persönliche Umstände des Haftenden seien im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich ().
Der Vertreter habe für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (z.B. ). Ihm obliege kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegengestanden seien (). Auf dem Vertreter laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().
Der Geschäftsführer hafte für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten. Unterbleibe der Nachweis, könnten ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden ().
Seien unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen worden, könne von einer die Haftung auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden. Die Haftung erfahre dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringe, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen Nachweis hafte er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gelte auch für Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich gewesen seien (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug-um-Zug-Geschäfte).
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, bestimme sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. ; ; ).
Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz bestehe für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier der Lohnsteuer. Der Geschäftsführer hafte für die nichtentrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen gewesen sei. Reichten die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so habe er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs. 3 EStG). In solchen Fällen dürften Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und seien (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer sei zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. ).
Die Voraussetzungen der Haftung seien im Abgabenverfahren eigenständig (auch hinsichtlich des Verschuldens) zu beurteilen. Bei der Verwirklichung des Haftungstatbestandes gemäß §§ 9, 80 BAO komme es darauf an, dass während der Funktion als Geschäftsführer eine Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben vorgelegen und nicht eingehalten worden sei.
Im Haftungsprüfungsverfahren werde eine detaillierte und präzise Berechnung (rechnerische Darlegung) zur Gleichbehandlung aller Gläubiger abverlangt, aus der die Entrichtung zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen ersichtlich sei und somit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte.
Mit Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhalts habe ein teilweiser Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht werden können. Wo dieser nicht erbracht worden sei, sei hingegen aufgezeigt worden, welche Quote auf den Benachteiligungsbetrag bei den betreffenden Abgaben entfallen würden, wenn jeder Gläubiger gleichbehandelt worden wäre. Nach der Berechnung des Finanzamtes (nach der Zeitraumbetrachtung im jeweiligen Monat der Fälligkeit) entspreche demnach die Haftungssumme € 181.227,21 abzüglich der Verteilungsquote aus dem Insolvenzverfahren. Daraus resultiere, dass die Haftungssumme von € 436.058,30 auf € 173.283,75 reduziert werde.
Bezugnehmend auf den angeführten Punkt, dass bestimmte Zahlungen getätigt worden seien, die mit Verrechnungsweisungen auf haftungsrelevante Lohnsteuerbeträge hätten verrechnet werden sollen, werde mitgeteilt, dass auf den Belegen vom , und keine Verrechnungsweisungen angeführt gewesen und diese Zahlungen mit den ältesten Abgabeschulden gemäß § 214 Bundesabgabenordnung verrechnet worden seien. Die Belege vom und hätten Verrechnungsweisungen enthalten und seien dementsprechend verbucht worden.
Auch wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zurzeit nicht im Verhältnis zum Haftungsbetrag stehe, so könnte sich dennoch künftig neu hervorkommendes Vermögen oder Einkünfte ergeben, die zur Einbringlichkeit führen könnten ().
Die Lohnsteuer sei nicht in die Gleichbehandlung einbezogen worden, da für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gälten (; ).
Auch wenn die Nachforderungen der Lohnabgaben in Höhe von € 123.945,33 eine Zahlungsfrist bis erst nach Insolvenzeröffnung hätten (Fälligkeitstag bleibe unverändert), so entstünden trotzdem die Verbindlichkeiten an Lohnsteuer nicht erst im Zeitpunkt der Nachforderung, sondern bereits im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte ().
Aufgrund der maßgeblichen Vorbringen und Nachweise, die angeführt bzw. vorgelegt worden seien, sei nach der Aktenlage und im Rahmen des Ermessens der Abgabenbehörde zu entscheiden gewesen.
Es sei bei Abwägung der Ermessenskriterien der Zweckmäßigkeit, d.h. dem öffentlichen Anliegen an der Einbringung der Abgaben der Vorzug gegeben worden, zumal eine Haftungsinanspruchnahme im gegenständlichen Fall eine gesetzlich vorgesehene und geeignete Möglichkeit darstelle.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein:
Die Beschwerde richte sich nunmehr nicht gegen die Berechnung, da das Finanzamt im Wesentlichen seiner Berechnung gefolgt sei, sondern gegen die seiner Ansicht nach rechtsunrichtige Ermessensausübung.
Der Kommentar Ritz, BAO6, führe in § 7 BAO insbesondere folgende Kriterien für die Ermessensausübung an:
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabenhaftungspflichtigen
der Grundsatz von Treu- und Glauben
ein behördliches Verschulden an der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung beim Hauptschuldner
die Geringfügigkeit des haftungsgegenständlichen Betrages
die Uneinbringlichkeit beim Haftungspflichtigen selbst
die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit
das vertragliche Innenverhältnis zwischen dem Hauptschuldner und dem Haftenden
das Vertrauen des Abfuhrpflichtigen auf eine erlassmäßige Regelung
das öffentliche Interesse an einem gesicherten und zeitnahen Abgabenaufkommen
Diese Liste ließe sich noch beliebig verlängern, insbesondere durch folgende Punkte:
Grad des Verschuldens des Haftenden (Kopetzky, die Haftung nach österreichischem Steuerrecht 1971)
der Verkürzungserfolg (Stoll, BAO, 283 bzw. Tanzer/Unger, BAO 2016/2017, 29)
Die Bescheidbegründung gehe auf die Ausübung des Ermessens lediglich mit zwei Sätzen ein:
1. Satz
"Auch wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zurzeit nicht im Verhältnis zum Haftungsbetrag steht, so könnte sich dennoch künftig neu hervorkommendes Vermögen oder Einkünfte ergeben, die zur Einbringlichkeit führen könnten ()."
2. Satz
"Es wurde bei Abwägung der Ermessenskriterien der Zweckmäßigkeit, d.h. dem öffentlichen Anliegen an der Einbringung der Abgaben der Vorrang gegeben, zumal eine Haftungsinanspruchnahme im gegenständlichen Fall eine gesetzlich vorgesehene und geeignete Möglichkeit darstellt."
Somit führe die Bescheidbegründung sehr wohl aus, dass der maximal errechnete Haftungsbetrag in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungspflicht des Haftenden stehe. Dies führe jedoch nicht dazu, dass auch auf dieses Kriterium im Rahmen der Ermessensausübungen Bedacht genommen werde, sondern es werde nur einseitig auf das öffentliche Interesse der Abgabeneinhebung Bedacht genommen und weitere (für den Haftenden) sprechende Kriterien (wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Grad des Verschuldens, Verkürzungserfolg, regelmäßige Meldungen) außer Acht gelassen.
Dies widerspreche § 20 BAO, dass bei Ausübung des Ermessens auf die Billigkeit und Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen sei. Es werde nur auf das Kriterium der Zweckmäßigkeit des öffentlichen Interesses, jedoch nicht auf die Billigkeit, somit auf die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen des Haftenden Bedacht genommen. Gerade die Billigkeit biete auch im Sinne einer richtigen Ermessensausübung die Berücksichtigung des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei.
Wenn die Bescheidbegründung sehr wohl ausführe, dass die Höhe der Haftungsinanspruchnahme in keinem Verhältnis zu der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehe, so könne dann nicht einseitig lediglich zweckmäßig, d.h. im öffentlichen Interesse (Einbringung von Abgaben) entschieden werden, sondern müssten zwingend auch die Interessen der Billigkeit (der Verhältnismäßigkeit) einfließen.
Wenn das Finanzamt vermeine, dass sich künftig die Einkünfte positiv verändern könnten bzw. neu hervorkommendes Vermögen entstehen könnte, hätte man die nunmehrige nicht vorhandene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sehr wohl auch dahingehend berücksichtigen können, insbesondere im Sinne einer auch positiven Ermessensentscheidung für den Bf., den Haftungsbefrag entsprechend zu reduzieren (zur Anpassung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit), dies aber unter dem Vorbehalt dieser eingeräumten Begünstigung. Ein solcher determinierte Widerrufsvorbehalt wäre zulässig unter den im § 294 Abs. 1 lit. a oder lit. b BAO normierten Tatbestandsvoraussetzungen. Dies wäre seiner Ansicht nach die geeignete Vorgehensweise im konkreten Fall gewesen (siehe dazu auch Ritz, BAO6, § 20 Rz 14).
Der jetzige Haftungsbescheid verschlimmere die wirtschaftliche Situation des Bf. noch mehr und bereite Sorge in Bezug auf seine künftige Zahlungsfähigkeit, wie auch aus den übermittelten wirtschaftlichen Unterlagen ersichtlich sei. Eine solche Vorgehensweise sehe er auch nicht zweckmäßig in Bezug auf das öffentliche Interesse der Einhebung von Abgaben, da gerade eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation auch dazu führen könne, dass durch eine potentielle Zahlungsunfähigkeit und der damit verbundenen insolvenzrechtlichen Folgen eine deutlich geringere "Quote" für das Finanzamt zu erzielen wäre als bei der dargestellten Vorgehensweise im Sinne eines begünstigten Bescheides mit dem Vorbehalt des Widerrufes bei Verbesserung der wirtschaftlichen Situation.
Der Bf. ersuche daher im Sinne einer ausgewogenen Ermessensausübung auch die für ihn sprechenden Gründe der Billigkeit zu berücksichtigen und um entsprechende Ermäßigung des Haftungsbetrages im Sinne des Schreibens vom , wenn auch möglicherweise unter Vorbehalt.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur lediglich bekämpften Ermessensausübung (die schuldhafte Pflichtverletzung wurde nicht bestritten) ausgeführt:
Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen des § 20 BAO zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit sei dabei berechtigtes Interesse der Partei, dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten beizumessen.
Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei ().
Die Geltendmachung der Haftung stelle die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Dass die Haftungsschuld bei der Partei zur Gänze und auf Dauer uneinbringlich wäre, sei nicht aktenkundig und auch nicht behauptet worden. Auch der von der Abgabenbehörde festzusetzende Haftungsbetrag gehe aus der Beschwerde nicht hervor. Der berechnete Haftungsbetrag sei im Schreiben vom mit einer Höhe von € 189.487,44 beziffert gewesen.
Die Abgabenbehörde gehe von einer Einbringlichkeit des Haftungsbetrages aus, auch wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zurzeit nicht im Verhältnis zum Haftungsbetrag stehe, da sich künftig noch Vermögen oder Einkommen ergeben könnten. Hieraus leite die Partei einen Anspruch auf Festsetzung eines geringeren Haftungsbetrages im Rahmen der Ermessensübung ab. Es könne aber seitens der Abgabenbehörde entgegnet werden, dass die festgesetzte Haftungssumme im Verhältnis der laut Stellungnahme vom dargestellten Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von € 1.747.453,00 lediglich einen Anteil von 9,02% betrage und somit bereits einer Billigkeitsüberlegung Rechnung getragen worden sei.
Die Geltendmachung der Haftung sei geeignet, zumindest einen Teil der bei der Gesellschaft uneinbringlichen Abgaben im Haftungsweg doch noch einzubringen. Das Ermessen der Abgabenbehörde umfasse auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens (; ; ; ). Die Haftungssumme sei von € 436.058,30 auf € 173.283,75 reduziert worden, dies obwohl die Partei die Anerkennung einer Haftungssumme in Höhe von € 189.487,44 angeführt habe.
Abgesehen davon seien gemäß § 20 BAO Ermessensentscheidungen nicht nur nach Zweckmäßigkeit, sondern auch nach Billigkeit zu treffen. Im Rahmen der Billigkeit sei auch auf das steuerliche Verhalten der Partei bzw. ihres gesetzlichen Vertreters Bedacht zu nehmen (vgl. Ritz, BAO5, § 20 Tz 7).
Aufgrund von Ungereimtheiten bei den Meldungen von Umsatzsteuern ab dem Jahr 2014 sei es nach einer Umsatzsteuersonderprüfung zu erheblichen Nachforderungen gekommen. Diese hätten in weiterer Folge im Juli 2016 zu einer Betriebsprüfung geführt. Auch seien ab April 2015 die Lohnabgaben zwar gemeldet, jedoch nicht entrichtet worden, weshalb der Rückstand angestiegen und es auch aufgrund einer Prüfung zu erheblichen Nachforderungen an Lohnabgaben gekommen sei. Diese Prüfungen und Nachforderungen hätten dann zur Insolvenzeröffnung geführt.
Das steuerliche Verhalten der Partei könne somit nicht als reibungslos bezeichnet werden.
Die Partei wende ein, dass der Haftungsumfang laut Haftungsbescheid die wirtschaftliche Situation der Partei verschlimmere und dies im Falle insolvenzrechtlicher Folgen eine deutlich geringere Quote für das Finanzamt bedeuten würde. Hierzu vertrete die Abgabenbehörde die Rechtsmeinung, dass ein geringerer Haftungsbetrag einen Verzicht der Abgabenbehörde zu Gunsten anderer Gläubiger bedeuten würde und es dem Zweckmäßigkeitsgebot entgegenstehe, wenn durch den vorzeitigen Verzicht des Abgabengläubigers andere Gläubiger eine höhere Quote im Insolvenzverfahren erhielten.
Berücksichtige man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Beschwerdewerber einbringlich gemacht werden könnten, so sei im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) in der vorgegebenen Höhe der Vorzug zu geben gegenüber dem Interesse des Bf., in geringerer Höhe zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung).
Auch die Geltendmachung eines möglichen Widerrufsvorbehaltes gemäß § 294 Abs. 1 lit. a oder lit. b BAO widerspreche den Zweckmäßigkeitskriterien im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO, zumal § 294 BAO lediglich Begünstigungsbescheide umfasse.
Aus diesen Gründen habe die Behörde daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung als Ursache für die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben ausgehen und das Ermessen im gegebenen Ausmaß ausüben können.
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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass in der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid lediglich eine unrichtige Ermessensübung eingewendet worden sei, sodass an dieser Stelle auch nur jene behandelt werden solle.
Die Heranziehung zur Haftung sei eine Ermessensentscheidung, die im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sei. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Abgabepflichtigen beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststehe und deren Nichtentrichtung durch ihn verursacht worden sei. Unter dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" sei das "öffentliche Interesse an der Einhebung der Abgaben" zu verstehen (). Unter diesen Gesichtspunkten sei auch der Anlassfall zu beurteilen.
Die Behörde führe in der Beschwerdevorentscheidung aus, dass eine Haftungsinanspruchnahme dann berechtigt sei, wenn eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten schuldhaft erfolgt sei. Diesbezüglich habe jedoch im Laufe des Verfahrens die Abgabenbehörde selbst keine Feststellungen gemacht. Weil die Ausfallshaftung gemäß § 9 BAO bei jeglicher Form des Verschuldens eines Geschäftsführers schlagend werde, müsse umso mehr auf den Grad dieses Verschuldens auf der Stufe der Betätigung des diesbezüglichen Handlungsermessens Bedacht genommen werden. So werde eine bloß leichte Fahrlässigkeit des Geschäftsführers dessen Heranziehung zur Haftung nur dann rechtfertigen, wenn die Abgabenbehörden ihrerseits kein schwereres Verschulden an dem Steuerausfall träfen, indem die erforderlichen Sicherungs- und Einbringungsmaßnahmen beim Primärschuldner offensichtlich viel früher und sodann erfolgreich hätten gesetzt werden können und müssen (Tanzer/Unger in Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht3 (2018), Die behördliche Ermessensübung im Rahmen der Geschäftsführungshaftung, Seite 112).
Da die Abgabenbehörde aus Sicht des Bf. verabsäumt habe, erfolgreiche Sicherungs- und Einbringungsmaßnahmen (keine Exekution oder anderweitige Sicherungsmaßnahmen seitens der Abgabenbehörde) zu setzen, und gleichzeitig verabsäumt habe, den Verschuldensgrad zu erheben, geschweige denn bei der tatsächlichen Bemessung der Ausfallshaftung den besagten Verschuldensgrad zu beurteilen und dann in der Begründung Stellung zu nehmen, seien genau jene "konkreten Umstände" (§ 20 BAO) nicht erhoben worden und somit habe die Ermessensentscheidung nicht nach den geforderten Kriterien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit getroffen werden können.
Der VwGH stelle fest, dass es zwar Aufgabe des Vertreters sei, darzutun, weshalb der Abgabepflichtige den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, widrigenfalls von der Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Allerdings dürfe diese besondere Behauptungs- und Beweislast nicht so aufgefasst werden, dass die Behörde von jeglicher Pflicht, entsprechende Feststellungen zu treffen, entbunden wäre ().
Die Haftungsinanspruchnahme setze zudem eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus. Die Pflichtverletzung müsse zur Uneinbringlichkeit geführt haben. Wäre die Abgabe auch ohne schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters uneinbringlich geworden, so bestehe keine Haftung (vgl. Stoll, BAO-Kommentar 137; sowie , , und ; siehe auch: Unger in Althuber/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO Handbuch (2015) zu § 9 BAO, Seite 51).
Hier bleibe die Behörde auch schuldig, inwieweit sie ein pflichtwidriges Verhalten des Bf. vermute, welches für den uneinbringlichen Abgabenrückstand verantwortlich sei. Er möchte an dieser Stelle anmerken, dass bis auf jene Abgaben, welche im Rahmen der GPLA 2016 geprüft worden seien, alle Abgaben ordnungsgemäß gemeldet worden seien.
In weiterer Folge mache die Behörde Verweise auf das vermeintlich steuerunehrliche Verhalten des Bf. Diesbezüglich sei Folgendes gesagt: Ein Hinweis des potentiell Haftungspflichtigen auf sein bisheriges steuerehrliches Verhalten stehe der Geltendmachung einer Haftung regelmäßig nicht entgegen, da die Vertreterhaftungen nach den §§ 9 und 9a BAO - vergleichbar der deutschen Rechtslage - schadenersatzrechtlichen Grundsätzen entspreche und keine Strafsanktion darstelle, in deren Rahmen das bisherige steuerliche Wohlverhalten zu berücksichtigen wäre (). Insofern sei ein Hinweis der Abgabenbehörde hinsichtlich seines vermeintlich steuerunehrlichen Verhaltens ein ungeeigneter Versuch darzulegen, dass die Behörde bereits ihren Ermessensspielraum vollständig ausgeschöpft habe.
Nach der ständigen österreichischen Rechtsprechung umfasse das Ermessen der Abgabenbehörden jedenfalls (auch) das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung (zB ; ; ). Diesbezüglich habe die Behörde aber in keinem Schritt des Verfahrensgangs irgendwelche Feststellungen getroffen. Lediglich werde (in der Beschwerdevorentscheidung!) behauptet, dass die Haftung im Ausmaß von rund 173 Tausend Euro nur 9,02% der Gesamtverbindlichkeiten betrage. Somit sei bereits nach Ansicht der Behörde einer Billigkeitsüberlegung Rechnung getragen worden. Dem sei entgegenzuhalten, dass eine solche Reduktion nicht Ausdruck einer Billigkeitsüberlegung sei, sondern vielmehr geboten aufgrund höchstgerichtlicher Judikatur, sowie mittlerweile gängige Verwaltungspraxis. Weise der nach § 9 Abs. 1 iVm § 80 BAO zur Haftung herangezogene Geschäftsführer einer GmbH nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung (VwGH 2005/13/0124). Da die Abgabenbehörde seiner Berechnung weitgehend gefolgt sei und auch keine Einwände vorgebracht habe, habe sie dies nicht aus Billigkeitsgründen getan, sondern schlichtweg, weil das verfahrensrechtlicher Standard sei.
Zudem stelle sich ihm die Frage, warum die Behörde die Haftungssumme in Relation zu den Gesamtverbindlichkeiten setze (9,02%). Tatsache sei doch, dass die Behörde aufgrund der Ausfallshaftung wesentlich besser als die übrigen Gläubiger gestellt werde und weit mehr als die Quote einfordere (€ 189.487,44 / € 436.058,30 = 43,45%). Warum dadurch Billigkeitsüberlegungen Rechnung getragen worden seien - wie von der Abgabenbehörde behauptet worden sei - sei dem Bf. nicht ersichtlich.
So entspreche es auch der ständigen österreichischen Rechtsprechung, dass (bereits) die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt sei und schon auf dieser Stufe des Handlungsermessens die Ermessensentscheidung iSd vom Gesetz (§ 20 BAO) gezogenen Grenzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffen sei (; vgl. weiters für viele , und .). Somit erscheine der Versuch, Billigkeitsüberlegungen "im Nachhinein" durch eine Reduktion auf das oben beschriebene verfahrensrechtlich gebotene Ausmaß zu beweisen, noch dazu als völlig untauglich, habe es doch die Abgabenbehörde im Haftungsvorhalt verabsäumt, die geforderte Zweckmäßigkeit und Billigkeit der Haftungsinanspruchnahme zu prüfen.
Der Behörde sei zuzustimmen, dass nach der ständigen Rechtsprechung auch eine Vermögenslosigkeit bzw. Arbeitslosigkeit des Haftenden nicht der Geltendmachung einer Haftung entgegenstehe, da die derzeitige Uneinbringlichkeit es nicht ausschließe, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten (zB ; ; ; ). Dem sei entgegenzuhalten, dass die Vermögens- und Ertragslage des Haftungspflichtigen für den Verwaltungsgerichtshof in der Ermessensübung durchaus eine Rolle spiele (zB ; ), etwa die Höhe seines Einkommens (; vgl. auch Unger in Althuber/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO Handbuch (2015) zu § 9 BAO, Seite 46). Auch hier gehe die Abgabenbehörde mit keinem Wort auf die finanzielle Situation des Bf. ein, wodurch auch nicht die in § 20 BAO geforderten "konkreten Umstände" zur Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit erhoben worden seien. So werde im folgenden , ausgeführt:
"Die belangte Behörde hat es im angefochtenen Bescheid unterlassen, sich - im Rahmen der Begründung ihrer Ermessensentscheidung - mit dem entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen darzulegen, welche konkreten Annahmen über die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers die Grundlage für die Inaussichtstellung der Einschränkung der Haftung bildete."
Das entsprechende Formular zur Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse (siehe Anhang) sei übermittelt worden. Die Behörde habe jedoch aus seiner Sicht verabsäumt, dies in ihre Entscheidung miteinzubeziehen. Schließlich gehe sie auch in keinem Schritt des Verfahrens auf die wirtschaftliche Situation des Bf. ein. Die Behörde habe bei entsprechenden Behauptungen und diesbezüglichem Beweisanbot des Geschäftsführers die zu seiner Entlastung angebotenen Beweise aufzunehmen und erforderlichenfalls Präzisierungen abzufordern, somit konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen abzufordern (; ; vgl. auch ).
Wäre die Abgabenbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu einem anderen Ergebnis gekommen, so habe sie Verfahrensvorschriften verletzt (: "Bei Zutreffen dieses Vorbringens des Beschwerdeführers wäre aber dieser Umstand jedenfalls bei der Ermessensübung zu berücksichtigen gewesen. Indem sie jede Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen unterlassen hat, hat die belangte Behörde - zusätzlich zu dem bereits erörterten Begründungsmangel - Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Unterlassung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.")
In der Beschwerdevorentscheidung sei auch angeführt worden, dass kein festzusetzender Haftungsbetrag genannt worden sei, der der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bf. entspreche. Dies sei insoweit unrichtig. Diesbezüglich sei in der Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhalts Folgendes angeführt worden:
"Aus diesem Grund wurde auch nunmehr eine Vergleichsrechnung in der Form angestellt, dass auch die Lohnsteuer in die Gleichbehandlung eingezogen wird, und es wurde auf dieser Basis ein neuer haftungsrelevanter Betrag errechnet.
Wie Sie der Anlage 5 entnehmen können, ergibt sich daraus
Tabelle in neuem Fenster öffnen
eine potenzielle Haftungsinanspruchnahme von | 64.733,09 |
abzüglich Insolvenzquote | - 2.837,35 |
somit von | 61.895,74 |
Dieser Betrag ist für unseren Mandanten langfristig finanzierbar und wäre nach unserer Ansicht Basis für die Ermessungsübung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Mandanten."
Auf diesen Punkt sei die Abgabenbehörde jedoch mit keinem Wort eingegangen. Auch aus Zweckmäßigkeitsgründen sei eine Reduktion der Haftungssumme sinnvoll: Der Bf. habe dargelegt, welcher Betrag für ihn langfristig finanzierbar sei. Sollte die volle Haftung ausgeschöpft werden, so wäre eine Privatinsolvenz eine sehr realistische Folge. In weiterer Konsequenz würde sich die Abgabenbehörde mit Sicherheit mit einer geringeren Quote zufriedengeben müssen als die von ihm vorgeschlagene 33%-ige Quote (€ 61.895,74 / € 173.283,75 = 33%).
Der Bf. ersuchte abschließend um eine ausgewogene Ermessensausübung, welche seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtige und seinen Verschuldensgrad bei der Nichtentrichtung berücksichtige, und beantragte eine mündliche Verhandlung.
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Mit Schreiben vom nahm das Finanzamt zum Vorlageantrag Stellung:
Ad Verschulden
Die Behörde habe es nicht verabsäumt, bei der Primärschuldnerin entsprechende Einbringungs- und Sicherungsmaßnahmen gegen einen Abgabenausfall zu treffen (siehe Stellungnahme vom ). Ein Verschulden der Abgabenbehörde hinsichtlich des Abgabenausfalls liege nicht vor und könne außerdem nicht den erforderlichen Grad des Verschuldens für eine Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 BAO (leichte Fahrlässigkeit) beeinflussen. Die Behörde habe ausdrücklich im Haftungsbescheid vom und in der Beschwerdevorentscheidung vom das Verschulden der leichten Fahrlässigkeit angeführt.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sei es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen habe, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche.
Somit habe die Behörde zu Recht die schuldhafte Pflichtverletzung und folglich Kausalität für den Abgabenausfall annehmen können.
Ad Ermessen
Sofern die Partei unter Hinweis auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und die dadurch vorliegende Uneinbringlichkeit der Haftungsschuld rüge, dass die Ermessenskriterien, die für eine Haftung notwendig seien, nicht eingehalten worden seien, sei zu bemerken, dass unbestritten sei, dass die Partei im Zeitpunkt der Fälligkeit der aushaftenden Abgabenschulden der einzige Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, somit der einzig in Betracht kommende Haftende im Sinn der § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff BAO, und dass diese Abgabenschulden bei der GmbH nicht mehr eingebracht werden könnten. Die belangte Behörde sei daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen (vgl. ). Daran vermöge der Hinweis auf die eingeschränkte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nichts zu ändern.
Eine Gläubigergleichbehandlung hinsichtlich aushaftender Lohnsteuer aus wirtschaftlichen Gründen sei nach herrschender Judikatur nicht vorgesehen und könne somit nicht in eine Ermessensübung einfließen.
Die Behörde habe bereits im Haftungsbescheid das geübte Ermessen mit dem vorrangigen öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben begründet.
Sie führe dies auch in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung an und lege die Ermessensüberlegungen, darunter die letzte Möglichkeit, die aushaftenden Abgaben einbringlich zu machen, keine behauptete und aktenkundige Uneinbringlichkeit, sowie das bisherige steuerliche Verhalten, dar. Der Betrag selbst wäre von der Partei in Höhe von € 189.487,44 beziffert worden. Es sei auf das Verhältnis zwischen Gesamtverbindlichkeit und Haftungsbetrag hingewiesen worden.
Eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen stünden der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. ; ). Es treffe nicht zu, dass etwa die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte und des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden dürfte, schließe doch eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht aus, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führten (vgl. ; ). Erst das Gesamtbild der Verhältnisse habe den Ausschlag für die behördliche Ermessensübung gegeben.
Es werde daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:
"P-1 (V-1): Es sind bei der Ermessensübung nicht nur die Billigkeitsgründe, insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit meines Mandanten zu berücksichtigen, sondern ist auch im Rahmen der Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen, dass eine derart hohe Haftungssumme nicht einbringlich gemacht werden könnte.
Beschwerdeführer (Bf.): Ich ersuche, im gegenständlichen Verfahren Milde walten zu lassen, da ansonsten meine Bemühungen in den letzten 16 Jahren, meine Verbindlichkeiten, größtenteils aus Haftungen resultierend, zu reduzieren, umsonst gewesen wären und ich letztendlich doch ein Schuldenregulierungsverfahren beantragen müsste. Mittlerweile sind "lediglich" die gegenständliche Haftung und ein Bankkredit in der Höhe von € 1,2 Mio. aushaftend.
V-1: Angesprochen auf die zitierten Ermessenskriterien stelle ich klar, dass diese nur eine demonstrative Aufzählung darstellen, die nicht alle auf einen Haftungstatbestand zutreffen. Wesentlich sind wie bereits ausgeführt die wirtschaftliche Situation meines Mandanten und die Frage der Zweckmäßigkeit der Einbringung eines derart hohen Haftungsbetrages.
Dem steuerlichen Vertreter wird die Auflistung der Einbringungsmaßnahmen des Finanzamtes vom übergeben. Er ersucht um Gewährung einer Frist von 2 Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme dazu.
V-1: Durch das kontinuierliche Anwachsen des Rückstandes über viele Jahre liegt meiner Ansicht nach ein Verschulden der Behörde vor. Außerdem wäre das Kriterium der lang verstrichenen Zeit zu berücksichtigen.
P-2 (V-2): Der Verwaltungsgerichtshof hat entgegen der Rechtsansicht des Finanzamtes judiziert, dass auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftungspflichtigen Bedacht zu nehmen ist. Hingegen hat sich das Finanzamt mit dem vorgelegten Vermögensverzeichnis überhaupt nicht auseinandergesetzt. Weiters hat der VwGH festgestellt, dass ein steuerunehrliches Verhalten eines Haftungspflichtigen im Rahmen der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen ist ()."
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In der am erhobenen Stellungnahme zur in der mündlichen Verhandlung übergebenen Auflistung der Einbringungsmaßnahmen brachte der steuerliche Vertreter des Bf. vor:
Er habe diese Aufstellung der Einbringungsmaßnahmen geprüft und soweit es Außenhandlungen des Finanzamtes betreffe, die für ihn erkennbar gewesen seien, stimme diese Aufstellung. Auch die angeführten Rückstände zu den jeweiligen Daten stimmten mit dem Abgabenkonto überein.
Allerdings sei Folgendes festzuhalten:
Laut Rückstandsausweis vom habe der Rückstand am Abgabenkonto der G-1 € 86.449,27 betragen, mit Insolvenzeröffnung am D-1 bereits € 375.339,36, somit sei der Saldo am Finanzamtskonto vom bis zur Insolvenzeröffnung um € 288.890,09 gestiegen.
Zu der Auflistung der Einbringungsmaßnahmen ab könne grundsätzlich ausgeführt werden, dass offensichtlich am eine Vereinbarung mit dem Schuldner getroffen worden und diese Vereinbarung für ihn dann offensichtlich die letzte Einbringungsmaßnahme des Finanzamtes gewesen sei, die im Außenverhältnis erkennbar gewesen sei. Ab diesem Zeitpunkt habe das Finanzamt proaktiv offensichtlich nur wenig unternommen, im Außenverhältnis erkennbar keine Handlungen mehr gesetzt, um die Einbringung der Abgaben zu gewährleisten.
Zwar seien innerhalb dieses Zeitraumes Zahlungserleichterungsansuchen vom Schuldner eingebracht worden, die teilweise nicht eingehalten (und dann wegen Terminverlust hinfällig) geworden oder von vornherein abgewiesen worden seien, da die Einbringlichkeit als gefährdet erschienen sei, selbst proaktiv habe das Finanzamt keine weiteren Sicherungsmaßnahmen ergriffen.
Auch die Ausstellung eines Rückstandsausweises am , der offenbar im Zusammenhang mit einer nicht erfüllten Zahlungserleichterungsvereinbarung verbunden gewesen sei, werde nach seiner Meinung nicht als solche Sicherungsmaßnahme bezeichnet werden können, sondern stelle lediglich eine Verständigung über die Fälligkeit von Abgaben dar. Auch die Terminverlustverständigung am sei keine solche Maßnahme.
Weiters seien keine solche Maßnahmen des proaktiven Einbringens des Abgabenrückstandes durch das Finanzamt folgende Punkte:
Konkursantrag Dritter vom , welcher am abgewiesen worden sei.
Auch die vom Finanzamt am veranlasste Liquiditätsprüfung, welche angeblich bis gedauert (dies sei bereits ein Zeitpunkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens), somit einen Zeitraum von fast acht Monaten umfasst habe, spreche nur dafür, dass keine ernsthaften Einbringungsmaßnahmen geführt worden seien, da diese nicht im Außenverhältnis zu Tage getreten seien.
Auch die Übermittlung von Unterlagen an die Betriebsveranlagung am sei eine interne Maßnahme gewesen, die jedoch im Außenverhältnis zu keinen Einbringungsmaßnahmen tatsächlich geführt habe (Forderungspfändungen seien ihm keine bekannt).
Die Schuldnerin der Abgaben selbst sei stets proaktiv vorgegangen. Sie habe dann am noch eine Vorsprache beim Finanzamt durchgeführt und dabei zugesichert, die Entrichtung der Abgaben in monatlichen Zahlungen zu gewährleisten. Aufgrund der Liquiditätsknappheit habe die Schuldnerin die Abgabenvereinbarung nicht halten können. Die neuerliche Nichteinhaltung habe jedoch selbst zu keinen Konsequenzen durch das Finanzamt geführt, auch zu keinen weiteren Einbringungsmaßnahmen, da schlussendlich die Insolvenzeröffnung wiederum durch einen Konkursantrag Dritter vom D-2 erfolgt sei.
Somit könne festgestellt werden, dass das Finanzamt insbesondere ab dem Zeitraum bis Insolvenzeröffnung wenig proaktiv zur Einbringung des Abgabenrückstandes geleistet habe. Insoweit trage das Finanzamt durchaus Mitschuld am Anwachsen des Abgabenbetrages vom bis zur Insolvenzeröffnung, weshalb er nunmehr im Rahmen des Ermessens unter dem Kriterium der Billigkeit ersuche, diese Mängel in den Einbringungsmaßnahmen in die Festsetzung der Höhe des Haftungsbetrages einfließen zu lassen, somit darauf aufbauend eine Reduktion der Haftungsinanspruchnahme auszusprechen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO, nämlich
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben (Kausalität),
waren im gegenständlichen Fall nicht zu prüfen, weil diese seitens des Bf. außer Streit gestellt wurden und er lediglich Einwendungen gegen die Ermessensausübung vorbrachte.
Ermessen
Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. ).
Der Bf. brachte folgende Ermessenskriterien vor, die zu berücksichtigen seien:
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabenhaftungspflichtigen
der Grundsatz von Treu- und Glauben
ein behördliches Verschulden an der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung beim Hauptschuldner
die Geringfügigkeit des haftungsgegenständlichen Betrages
die Uneinbringlichkeit beim Haftungspflichtigen selbst
die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit
das vertragliche Innenverhältnis zwischen dem Hauptschuldner und dem Haftenden
das Vertrauen des Abfuhrpflichtigen auf eine erlassmäßige Regelung
das öffentliche Interesse an einem gesicherten und zeitnahen Abgabenaufkommen
Grad des Verschuldens des Haftenden
der Verkürzungserfolg
Im Folgenden wird auf diejenigen Kriterien eingegangen, die bei einer Haftung zum Tragen kommen können, da sich einige Gründe auf andere Sachverhalte beziehen. Darüber hinaus erschöpft sich das Vorbringen des Bf. hinsichtlich einiger Ermessenskriterien im unreflektierten Zitieren von Kommentaren, ohne eine konkrete Verbindung zum gegenständlichen Fall herzustellen.
1. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Haftungspflichtigen
Uneinbringlichkeit beim Haftenden
Dazu gab der Bf. bekannt, ein Gehalt als Geschäftsführer und 99%iger Gesellschafter der G-2 von 12-mal € 6.000,00 brutto pro Jahr zu beziehen und über ein Bankguthaben von € 3.000,00 zu verfügen. Die Liegenschaftsanteile seien zum überwiegenden Teil mit Pfandrechten belastet (€ 170.000,00 und € 92.595,00). An aushaftenden Verbindlichkeiten führte er an:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bank | 1.287.025,00 |
Bank | 101.825,00 |
Lieferanten | 537.777,00 |
Finanzamt | 91.603,00 |
Finanzamt | 56.000,00 |
Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf | 19.000,00 |
Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt | 17.000,00 |
Haftung Österreichische Gesundheitskasse | 175.000,00 |
Angesichts der die Haftungsschuld betragsmäßig weit übersteigenden sonstigen Verbindlichkeiten lässt sich für den Bf. daraus nichts gewinnen, weil er im Beschwerdeverfahren auch nicht aufgezeigt hat, dass seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (gerade) durch die Geltendmachung der Haftung in besonderer Weise beeinträchtigt wäre ().
Darüber hinaus konnte sich die Abgabenbehörde zur Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld bei dem zur Haftung Herangezogenen zu Recht darauf stützen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen, zumal es eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit auch nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (; ).
Aus der eingewendeten Aufzählung der Ermessenskriterien in Ritz, BAO6, § 7, Rz 7, lässt sich für den Bf. nichts gewinnen, weil die oben genannten Erkenntnisse des VwGH im Gegensatz zu der bei Ritz angeführten älteren Judikatur die derzeit geltende Rechtsansicht des Höchstgerichtes widerspiegeln, zumal auch im zitierten BAO-Kommentar auf Erkenntnisse des VwGH aus 2009 hingewiesen wird, worin bereits im Sinne der jüngeren Rechtsprechung entschieden wurde.
Außerdem sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes persönliche Umstände beim Haftenden im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich (vgl. ).
Soweit der Bf. vorträgt, dass die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, da eine Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Situation zu einem Insolvenzverfahren führen könne, ist er darauf hinzuweisen, dass es gerade aus dem Umstand eines drohenden Schuldenregulierungsverfahrens zweckmäßig erscheint, an der Geltendmachung der Haftung festzuhalten. Dies dürfte die einzige Möglichkeit sein, die Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin einzubringen. Im Übrigen ist es nicht zweckmäßig, wenn durch den vorzeitigen Verzicht des Abgabengläubigers andere Gläubiger eine höhere Quote im Schuldenregulierungsverfahren erhalten. Da in einem Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Bf. ohnehin die als Billigkeitsgründe eingewendeten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihre Berücksichtigung zu finden hätten, liegt eine im Rahmen der Ermessensübung im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigende Billigkeit daher nicht vor ().
Dem Einwand des Bf., dass die Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage unter dem Vorbehalt des Widerrufes bei Verbesserung der wirtschaftlichen Situation erfolgen könne, ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 294 Abs. 1 BAO ein Widerrufsvorbehalt nur bei Bescheiden, die Begünstigungen, Berechtigungen oder Befreiungen von Pflichten enthalten, in Betracht kommt (vgl. ). Die verfahrensgegenständliche Haftungsinanspruchnahme stellt jedoch das genaue Gegenteil dar, da damit erst die Gesamtschuld des Bf. - und damit eine (Zahlungs-)Verpflichtung - begründet wurde.
Unbestritten ist, dass der Bf. im Zeitpunkt der Fälligkeit der aushaftenden Abgabenschulden einziger Geschäftsführer der GmbH war, somit der einzig in Betracht kommende Haftende im Sinn der § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff BAO gewesen ist, und dass diese Abgabenschulden bei der GmbH nicht mehr eingebracht werden können. Die belangte Behörde ist daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen. Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine schlechte wirtschaftliche Lage nichts zu ändern ().
2. Grad des Verschuldens des Vertreters
Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist zwar eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können. Dass dem Bf. aber ein besonders geringes Verschulden anzulasten sei, kam im Verfahren nicht hervor und wird auch in der Beschwerde nicht dargelegt.
Ein geringes Verschulden geht auch aus dem Lohnsteuerprüfungsbericht vom für die Lohnabgaben 2014-2016 nicht hervor, da pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, die Privatnutzung von arbeitgebereigenen KFZ, Punkteprämien, Sachbezugswerte für die unentgeltliche Nutzung von Wohnraum sowie Einmalzahlungen nicht versteuert wurden.
Darüber hinaus war festzustellen, dass der Bf. im haftungsgegenständlichen Zeitraum mehrere Zahlungserleichterungsansuchen einbrachte, die zunächst (am , , ) bewilligt, aber nicht eingehalten wurden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft den Geschäftsführer, der eine Gefährdung in Abrede gestellt hat, ein Verschulden am Abgabenausfall, wenn Abgaben unbezahlt bleiben, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte (), was auch im Rahmen des Ermessens nicht unberücksichtigt bleiben kann.
3. Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgaben
Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit
Wenn die Beschwerde ein Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld behauptet, so entspricht es aber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Inanspruchnahme der Haftung eines Geschäftsführers gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO die Frage, ob die Behörde allenfalls bei gehöriger Aufmerksamkeit die Folgen einer Pflichtverletzung eines Geschäftsführers verhindern hätte können, keine Rolle spielt ().
Es wurde bereits festgestellt, dass der Bf. im haftungsgegenständlichen Zeitraum mehrere Zahlungserleichterungsansuchen einbrachte, die zwar zunächst bewilligt, aber mangels Entrichtung der laufenden Abgaben nicht eingehalten wurden, woraus ein Mitverschulden des Finanzamtes nicht ersichtlich ist.
In weiterer Folge wurden Einbringungsmaßnahmen gesetzt (Liquiditätsprüfung der GmbH vom bis , Vorbereitung einer Forderungspfändung am , Vereinbarung mit dem Bf. aufgrund dessen Vorsprache und Zusicherung von Zahlungen am ). Schließlich wurde am D-1 das Insolvenzverfahren eröffnet und am D-3 beendet, woraufhin bereits am der Haftungsprüfungsvorhalt an den Bf. erging.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.
Allerdings lässt sich für den Bf. daraus nach dem bereits angeführten Verfahrensablauf hinsichtlich Zahlungserleichterungsansuchen, Einbringungsmaßnahmen und Dauer des Insolvenzverfahrens nichts gewinnen, weshalb im Rahmen des Ermessens auch unter diesem Gesichtspunkt eine Reduktion der Haftungsinanspruchnahme nicht erfolgen kann.
4. Geringfügigkeit des haftungsgegenständlichen Betrages
Abgesehen davon, dass der Bf. für haftungsgegenständliche Abgaben (aushaftend mit € 352.621,30) unter Berücksichtigung des Quotenschadens bei Gläubigergleichbehandlung in nicht geringfügiger Höhe von € 173.283,75 herangezogen wurde, stünde selbst eine Geringfügigkeit der Beträge der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. ).
5. Öffentliches Interesse an einem gesicherten und zeitnahen Abgabenaufkommen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom D-3 das über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Insolvenzverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben wurde.
Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
Ergebnis
Auf Grund der rechtskonformen Ermessensausübung erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der G-1 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103056.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at