Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2022, RV/5101421/2018

Fruchtgenussrecht - keine Übertragung einer Einkunftsquelle

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Trauner & Partner Steuerberatungs GmbH, Rathausstraße 5, 3300 Amstetten, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2016. Die Beschwerdeführerin erklärte erstmals neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in folgender Höhe:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen/Werbungskosten
KZ
Betrag
Einnahmen
9460
9.450,00 €
fiktive Anschaffungskosten
9412
121.000,00 €
Instandhaltungskosten/Instandsetzungskosten
9520
3.566,19 €
übrige Werbungskosten
9530
4.762,50 €

Im Zuge einer finanzamtlichen Überprüfung wurde der Vertrag über die Einräumung von Fruchtgenussrechten zur Liegenschaft EZ *** Grundbuch W (Dienstbarkeitsvertrag vom ) vorgelegt, in dem der Beschwerdeführerin die Erträge aus der Vermietung der Liegenschaft eingeräumt werden. Das Finanzamt rechnete jedoch mangels einer abgesicherten Rechtsposition die Erträge dem Ehemann als Eigentümer der Liegenschaft zu (Bescheid vom ). Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom durch ihre steuerliche Vertreterin wegen der Nichtanerkennung der Einkunftsquelle Beschwerde und beantragte, die Einkünfte aus V+V entsprechend der Steuererklärung zu veranlagen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Auf die separat zugegangene Begründung vom selben Tag wird verwiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragte durch ihre steuerliche Vertreterin mit Vorlageantrag vom , ihre Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen; auf die nähere Begründung wird verwiesen. Gleichzeitig übermittelte sie einen mit datierten Nachtrag zum Dienstbarkeitsvertrag vom .

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Ehemann der Beschwerdeführerin hatte 2010 die gegenständliche Liegenschaft EZ *** Grundbuch W von seinem Vater bekommen.

Laut Gutachten vom beträgt der Grundstückswert und der Gebäudezeitwert jeweils 121.000 €, sodass von einem Verkehrswert zum von 242.000 € auszugehen ist.

Mit Mietvertrag vom vermietete der Ehemann der Beschwerdeführerin ("Vermieter") die gegenständliche Liegenschaft für den Zeitraum bis zu einem monatlichen Mietzins von 1.250 € (Hauptmietzins 1.000 €, Betriebskosten 200 €, Garage 50 €) an Alexander L ("Mieter") (Pkt. 1 bis Pkt. 4). Auf die Ausgestaltung der einzelnen Vertragspunkte wird verwiesen.

Mit Notariatsakt vom räumte der Ehemann der Beschwerdeführerin (B) seiner Ehefrau (M) das Fruchtgenussrecht über obige Liegenschaft ein.

Dienstbarkeitsvertrag:

I.

Herr B, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, ist Eigentümer der Liegenschaft

lt. eingefügtem Grundbuchsauszug vom .

Ob dieser Liegenschaft ist ein Wohnhaus auf dem Grundstück ZZZ/ZZ mit der Adresse J-Weg 24 errichtet.

B, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, hat Frau M, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, an der ihm gehörenden Liegenschaft EZ **** KG W die Dienstbarkeit des unentgeltlichen, grundbücherlich sicherzustellenden Rechtes der Fruchtnießung gemäß den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches mit Beginn eingeräumt.

Ausdrücklich klargestellt beziehungsweise vereinbart wird, dass Frau M, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, nicht nur die gesamten Nutzungen des Vertragsvermögens zustehen, sondern dass Frau M auch alle mit der Liegenschaft verbundenen laufenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes allein zu bezahlen hat, auch wenn diese Kosten nicht aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen bestritten werden können.

Die Fruchtgenussberechtigte trägt alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand, insbesondere für alle erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen. Andererseits stehen ihr alle Erträgnisse zu, insbesondere als Nettoertrag (Einnahmen abzüglich Aufwendungen).

Ferner verbleibt das Recht zur Vornahme baulicher Veränderungen ausschließlich bei der Fruchtgenussberechtigten und der Eigentümer ist auch verpflichtet, nach Aufforderung der Fruchtgenussberechtigten auf die Dauer des Bestehens der Dienstbarkeit die unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht zur Ausübung des - dem Eigentümer auf Grund dieses Vertrages im Rahmen der Eigentümerschaft des vertragsgegenständlichen Hauses zustehenden - Eigentumsrechts insbesondere aber nicht ausschließlich das Stimmrecht auszuüben, zu erteilen.

Die Parteien vereinbaren, dass von der Fruchtgenussberechtigten während der Dauer der Ausübung des Fruchtgenussrechtes eine jährliche Substanzabgeltung (Ausgleichszahlung für die Abnützung des Vertragsgegenstandes) an den Eigentümer geleistet werden muss. Die Fruchtgenussberechtigte verpflichtet sich, an den Eigentümer als Substanzabgeltung einen jährlichen Betrag in Höhe der steuerrechtlich zu ermittelnden Abschreibung für Aufwendungen zu bezahlen.

II.

Gegenleistung für die Einräumung der Dienstbarkeit wird keine vereinbart. Die Rechtseinräumung erfolgt unentgeltlich mit .

Herr B ist berechtigt, die Einräumung des Fruchtgenussrechtes gegen ein dreimonatiges Kündigungsrecht zum 30.6. und 31.12. eines jeden Jahres durch Kündigung zu beenden.

III.

Herr B, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, erteilt seine ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Dienstbarkeit der Fruchtnießung gemäß Punkt "I." dieses Vertrages für M, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, ob der ihm gehörigen Liegenschaft EZ **** KG W.

Frau M, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, nimmt die Einräumung der vorstehenden Dienstbarkeit hiemit vertragsmäßig an.

IV.

Das Dienstbarkeitsverhältnis wurde mit Wirksamkeit zugewendet.

Auf den restlichen nicht zitierten Vertragspunkt V. wird verwiesen.

Mit einem am erstellten Nachtrag zum Dienstbarkeitsvertrag vom wurde Folgendes klargestellt:

I.

Mit Dienstbarkeitsvertrag vom hat Herr B, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, Frau M, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, ob der ihm allein gehörigen Liegenschaft Einlagezahl **** KG W ein Fruchtgenussrecht eingeräumt.

Im Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrages wurde ein dreimonatiges Kündigungsrecht zum 30.6. und 31.12. eines jeden Jahres für Herrn B vereinbart.

Herr B, geboren am ZZ.ZZ.ZZZZ, verzichtet nunmehr auf dieses Kündigungsrecht und erklärt, auf das Recht der Aufkündigung für den Zeitraum von 10 Jahren ab Unterfertigung dieses Nachtrages zum Dienstbarkeitsvertrag vom zu verzichten.

II.

Alle übrigen Bestimmungen des Dienstbarkeitsvertrages vom bleiben vollinhaltlich aufrecht.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

  1. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28) der Einkommensteuer.

  1. Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob die Einkünfte aus der Vermietung der gegenständlichen Liegenschaft der Beschwerdeführerin als Fruchtgenussberechtigter oder dem Ehemann der Beschwerdeführerin als Fruchtgenussbesteller zuzurechnen sind.

Fruchtgenuss ist das dingliche Recht auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz. Es handelt sich hiebei um eine Personaldienstbarkeit, welche in der Regel mit dem Tod des Fruchtgenussberechtigten erlischt. Der Fruchtgenussberechtigte kann die Sache in jeder Hinsicht nutzen (zB auch vermieten), ist verpflichtet, diese nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung gemäß § 513 ABGB zu erhalten und kann sich mit der Servitutsklage schützen. Nach § 511 ABGB steht ihm der volle Ertrag einschließlich Zubehör und Zuwachs zu. Die Auslagen hat er bis zur Höhe der Erträge zu übernehmen. Der Fruchtnießer bezieht originäre Einkünfte nach § 2 EStG, wenn die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung der Einkunftsquelle angesehen werden kann (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 43 ff).

Bei dem zu überprüfenden Vertrag über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen. Dieser Umstand ist nach der Judikatur grundsätzlich nicht ungewöhnlich (vgl. ; ). Da es aber bei nahen Angehörigen in der Regel an dem zwischen Fremden üblicherweise bestehenden Interessensgegensatz, der aus dem Bestreben von Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, fehlt, sind die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 157/1). Verträge zwischen nahen Angehörigen werden ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Im beschwerdegegenständlichen Fall erfolgte die Fruchtgenussvereinbarung durch Notariatsakt, sodass das Publizitätserfordernis jedenfalls erfüllt ist. Zudem ist ein klarer eindeutiger Inhalt gegeben. Hinsichtlich des Fremdvergleiches ist zu überprüfen, ob der Vereinbarung ein angemessener Leistungsaustausch vorliegt oder ob durch das Naheverhältnis die Ernsthaftigkeit des Vertrages zu bezweifeln ist (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 56).

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter- oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142).

Wird - wie im Beschwerdefall - der Fruchtgenuss ohne Übereignung einer Sache eingeräumt, bleibt also das zivilrechtliche Eigentum unverändert, handelt es sich um einen Zuwendungsfruchtgenuss. Hinsichtlich des Zuwendungsfruchtgenusses hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt judiziert, Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG sei die Übertragung der Einkunftsquelle (zB ). Unmaßgeblich dabei ist, ob die Einkunftsquelle in Erfüllung einer Unterhaltspflicht, freiwillig, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet in einem solchen Fall lediglich eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung (vgl. ; ).

Eine Einkunftsquelle gilt dann als dem Fruchtnießer überlassen, wenn dieser das Unternehmerwagnis (Verlustgefahr) trägt. Insbesondere muss der Fruchtnießer einen gestalterischen Einfluss auf die Einkünfteerzielung haben, also die Möglichkeit besitzen, die Marktchancen auszunützen und Leistungen zu erbringen oder zu verweigern, am Wirtschaftsleben teilzunehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen zu gestalten. Dazu gehört, dass der Fruchtnießer die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (in erster Linie den Erhaltungsaufwand) trägt (vgl. ). Auch muss der Fruchtnießer bei einer Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen, den Bestandnehmern gegenüber als Bestandgeber auftreten (bei Übernahme bestehender Verträge ist die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest anzuzeigen). Der Fruchtnießer muss (neue) Bestandzinsvereinbarungen mit den Bestandnehmern treffen, er muss Anpruchspartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis sein und die Mieten müssen auf sein Konto überwiesen werden.

Die bloß rechtliche Begründung der Fruchtnießung genügt in Anbetracht der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht. Vielmehr müssen auch die tatsächlichen entsprechend den rechtlichen Verhältnissen gestaltet werden (vgl. ). So muss der Fruchtgenussberechtigte nicht nur in der Lage sein, die Dispositionen zu Erzielung der Einkünfte selbst zu treffen, der Fruchtgenuss muss auch für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt werden (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142).

Es ist nunmehr zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann eine Einkunftsquelle übertragen worden ist oder ob in der gegenständlichen Konstruktion lediglich die Übertragung von Einkünften zu sehen ist.

Zusammenfassend kann von der Übertragung einer Einkunftsquelle dann ausgegangen werden, wenn der Fruchtnießer (1) über die Leistung disponieren kann, (2) die Aufwendungen trägt und (3) für eine gewisse Dauer abgesichert ist (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 45):

(1) Er muss am Wirtschaftsleben teilnehmen und die Nutzungsmöglichkeit nach eigenen Intentionen gestalten (); maßgeblich ist die tatsächlich, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge.

Die tatsächliche unternehmerische Initiative der Beschwerdeführerin während der Vermietung ist in Punkt I. geregelt: "Ferner verbleibt das Recht zur Vornahme baulicher Veränderungen ausschließlich bei der Fruchtgenussberechtigten und der Eigentümer ist auch verpflichtet, nach Aufforderung der Fruchtgenussberechtigten auf die Dauer des Bestehens der Dienstbarkeit - unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht zur Ausübung aller dem Eigentümer auf Grund dieses Vertrages im Rahmen der Eigentümerschaft des vertragsgegenständlichen Hauses zustehenden Eigentumsrechts und insbesondere aber nicht ausschließlich ihr Stimmrechts auszuüben, zu erteilen."

Es liegen keine Gründe vor, an der Dispositionsbefugnis der Beschwerdeführerin zu zweifeln.

(2) Der Fruchtnießer muss Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses tragen (zB Abgaben, Zinsen, Erhaltungsaufwendungen). Fruchtziehung und Verwaltungstätigkeit müssen zur Gänze in der Hand des Fruchtnießers liegen (dazu auch Moser taxlex 14, 408).

In Punkt I. ist geregelt, dass die Beschwerdeführerin alle mit der Liegenschaft verbundenen laufenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes allein zu bezahlen hat, auch wenn diese Kosten nicht aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen bestritten werden können. Weiters trägt sie alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand, insbesondere für alle erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen. Zusätzlich muss eine jährliche Substanzabgeltung (Ausgleichszahlung für die Abnützung des Vertragsgegenstandes) in Höhe der steuerrechtlich zu ermittelnden Abschreibung für Aufwendungen an den Eigentümer geleistet werden.

(3) Die Bestellung des Fruchtgenussrechtes sollte für eine gewisse Dauer erfolgen, nach EStR 116 für den Zuwendungsfruchtgenuss zehn Jahre (so auch ); lebenslänglicher Fruchtgenuss verschafft eine gesicherte Rechtsposition (). Wird die Nichtanerkennung der Fruchtgenussbestellung nur auf die fünfjährige Dauer der Rechtseinräumung gestützt, genügt dies nicht; zur bloßen Dauer müssen weitere Elemente hinzutreten, die Aufschluss über die Rechtsposition des Fruchtgenussberechtigten geben (, da auch eine kürzere Frist genügen kann. So auch Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 57: Die Gültigkeit der Übertragung von Einkunftsquellen im Rahmen von Fruchtgenussvereinbarungen ist insbesondere vom Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Position abhängig). Entscheidend ist im Ergebnis die Kombination aus längerer Dauer des Fruchtgenusses und weiterer Elemente (Kündigungsbeschränkungen, Sicherstellung usw.), sodass die Gesamtumstände die rechtlich abgesicherte Position ergeben müssen; eine Mindestdauer von 10 Jahren ist somit nicht erforderlich.

Zudem darf die Rechtsposition durch den Fruchtgenussbesteller nicht einseitig abänderbar sein (Ausnahme "echte" Scheidungsklausel, Verweis auf ; sh. Auch Leyrer/Prodinger SWK 18, 1362, Pkt. 1.2).

Durch die Bestimmung in Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrages ist durch die Einräumung eines dreimonatigen Kündigungsrechtes jeweils zum 30.6. und 31.12. dem Fruchtgenussgeber möglich, die Fruchtnießung einseitig zu beenden. Die Rechtsposition der Beschwerdeführerin ist dadurch nicht gesichtert, sodass Punkt (3), um von einer Übertragung einer Einkunftsquelle ausgehen zu können, nicht erfüllt ist.

Daran ändert auch nicht der erst am im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erfolgte Nachtrag zum Dienstbarkeitsvertrag. Im beschwerdegegenständlichen Jahr 2016 war jedenfalls keine ausreichend sichere Rechtsposition der Beschwerdeführerin gegeben. Eine Übertragung einer Einkunftsquelle ist daher nicht gegeben. Die Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist daher richtigerweise an den Ehemann der Beschwerdeführerin erfolgt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über ein Zuwendungsfruchtgenussrecht bzw. die Zurechnung von Einkünften (§ 2 EStG 1988) abgesprochen. Zu dieser Problematik liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung berührt. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101421.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at