Roamingleistungen von Mobilfunkgesellschaften aus dem Drittland an deren Kunden aus dem Drittland sind in Österreich steuerbar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung 01-12/2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
In ihren Beschwerden gegen die Sachbescheide bezog sich die Bf. auf die damals zu ihren Gunsten sprechende Judikatur des Bundesfinanzgerichts, die durch die neuere Judikatur des EuGH und VwGH obsolet geworden ist. Nach ihrer Rechtsansicht sei die Telekom-Verordnung zu weit gefasst und aus unionsrechtlicher Sicht auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar.
Ob die Umsätze im Drittland einer vergleichbaren Besteuerung unterliegen, könne aber für die Besteuerung im Inland bzw. im Gemeinschaftsgebiet nicht maßgeblich sein. Die Besteuerung im Gemeinschaftsgebiet bzw. in Österreich wäre danach von Kriterien abhängig, die außerhalb der Regelungshoheit der EU stehen. Warum das Vorliegen einer "vergleichbaren" Besteuerung im Drittland maßgeblich dafür sein soll, ob es zu einer Ortsverlagerung in das Gemeinschaftsgebiet kommt oder nicht, sei nicht nachvollziehbar und willkürlich. Im Beschwerdefall liege außerdem keine Nutzung oder Auswertung im Inland vor, da eine solche nur dann vorliege, wenn der Leistungsempfänger im Inland ansässig ist. Dass diese nicht im Inland und auch nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig seien, ist unbestritten. Daher sei davon auszugehen, dass keine Ortsverlagerung der erbrachten Telekommunikationsleistungen in das Inland auf Grund der Telekom-Verordnung stattgefunden haben und daher die Vorsteuererstattung zu gewähren sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurden die Beschwerden hinsichtlich aller Zeiträume als unbegründet abgewiesen. Im Einzelnen argumentiert die belangte Behörde wie folgt:
"Dazu wird nunmehr ergänzend ausgeführt, dass ausgehend von Telekommunikationsdienstleistungen, die in Österreich genutzt oder ausgewertet werden und Drittlandsunternehmer, die in Österreich keine Betriebsstätte haben, Folgendes gilt:
Ein Drittlandsunternehmer bekommt (bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen) die Vorsteuer aus der Rechnung des österreichischen Netzbetreibers nur dann im Erstattungsverfahren erstattet, wenn
• der österr. Netzbetreiber seine Telekommunikatonsdienstleistung zu Recht mit österr. USt in Rechnung stellt (d.h. sich nicht auf das günstigere EU-Recht beruft - die VO BGBl. II Nr. 383/2003 zur Anwendung kommt) und
• der ausländische Unternehmer selbst keine (Telekommunikatonsdienstleistungen in Österreich erbringt - dh die VO BGBl. II Nr. 383/2003 nicht zur Anwendung gelangt.
Bei jedem Sachverhalt sind daher zwei Leistungsbeziehungen zu unterscheiden:
1. Die Leistungsbeziehung zwischen dem österr. Netzbetreiber und dem Drittlandsunternehmer
2. Die Leistungsbeziehung zwischen dem Drittlandsunternehmer und ihren Kunden.
Ad 1. Zur Leistungsbeziehung zwischen dem österr. Netzbetreiber und dem Drittlandsunternehmer:
Hier ist zu untersuchen, ob der österreichische Netzbetreiber seine Rechnung zu Recht mit österr. Umsatzsteuer ausstellt. Die vom österr. Netzbetreiber an den Drittlandsunternehmer erbrachte Telekommunikationsdienstleistung ist grundsätzlich gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort im Drittland steuerbar. Wird jedoch diese Telekommunikationsdienstleistung in Österreich genutzt oder ausgewertet, so kommt es zu Verlagerung des Leistungsortes nach Österreich und der Netzbetreiber hat eine Rechnung mit österr. Umsatzsteuer auszustellen. Sofern der österr. Netzanbieter seine Leistung mit österr. Umsatzsteuer in Rechnung stellt und sich nicht auf das günstigere EU-Recht beruft oder nicht berufen kann, ist das rechtens und die Vorsteuer aus dieser Rechnung (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) abzugsfähig.
…
Ad 2. Zur Leistungsbeziehung zwischen Drittlandsunternehmer und ihren Kunden:
Hier ist zu untersuchen, ob der Drittlandsunternehmer die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren erfüllt, insbesondere, ob er selbst Umsätze in Österreich ausgeführt hat oder nicht. Es muss daher untersucht werden, wo die Telekommunikationsdienstleistung des Drittlandsunternehmers an seine Kunden steuerbar ist, zumal in Österreich steuerbare Umsätze das (vereinfachte) Vorsteuererstattungsverfahren grundsätzlich ausschließen.
Zur Feststellung des Leistungsortes wäre als erstes abzuklären, wer Leistungsempfänger (Unternehmer, Nichtunternehmer) des Drittlandsunternehmers ist und wo diese ihren Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Werden Telekommunikationsdienstleistung an Unternehmer erbracht, bestimmt sich der Leistungsort ab dem nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 (Empfängerort). Wird eine solche Leistung an einen Nichtunternehmer erbracht, bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 7 bzw. § 3a Abs. 13 UStG 1994.
Aber unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer ist, kommt es zu einer Verlagerung des Leistungsortes nach der VO BGBl II Nr. 383/2003, wenn der Leistungsort dieser Leistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes liegt, dort keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt und im Inland genutzt oder ausgewertet wird.
Sofern daher die vom Drittlands-Telekomunternehmer an seine Kunden erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen nach obigen Bestimmungen im Drittland steuerbar sind, ist in weiterer Folge zu untersuchen, ob die vom Drittlandsunternehmer erbrachte Leistung in Österreich genutzt oder ausgewertet wird. Eine Telekommunikationsdienstleistung wird zB dann in Österreich genutzt, wenn hier telefoniert oder das österr. Telefonnetz genützt wird.
In weiterer Folge ist zu untersuchen, ob diese Leistung des Drittlandsunternehmers im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt.
Eine Nichtbesteuerung iS der Judikatur des VwGH zu den Telekommunikationsdienstleistungen iS der VO BGBl II 383/2003 liegt dann vor, wenn die Telekommunikationsdienstleistung des im Drittland ansässigen Abnehmers dort keiner Steuer unterliegt, die den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne der Judikatur des EuGH bzw. der RL 2006/112/EG (bzw. 6. EG- RL) hat. Zur Vergleichbarkeit wird die Rechtsansicht vertreten, dass in Analogie zur VwGH-Judikatur ( und 2004/15/0010; und 2002/15/0100 und insbesondere /01044) davon ausgegangen wird, dass Vergleichbarkeit vorliegt, wenn die Umsatzbesteuerung mit der der RL 2006/112/EG vergleichbar ist. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der in dieser Richtlinie vorgeschriebene Mindeststeuersatz in Höhe von 15% heranzuziehen ist, da innerhalb der EU der Standardsteuersatz gern. Art. 97 RL 2006/112/EG nicht weniger als 15% betragen darf.
Den Nachweis, dass die Telekommunikationsdienstleistung im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt, hat der Unternehmer zu erbringen. Es gibt jedoch keine gesetzlichen Anforderungen, wie dieser Nachweis auszusehen hat. Für den oa. Nachweis können daher sämtliche Unterlagen/Beweismittel etc. herangezogen werden, durch die der Steuerpflichtige in die Lage versetzt wird, der österreichischen Finanzverwaltung glaubhaft darzulegen, dass die erbrachte Telekommunikationsdienstleistung im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt und dort auch tatsächlich versteuert wurde. Dies kann beispielsweise durch Beschreibung der gesetzlichen Bestimmungen im Drittland und Vorlage entsprechender Steuerbescheide erfolgen (vgl. UStR 2000 Rz 363).
Dh, der Nachweis der tatsächlichen Versteuerung ist durch Vorlage entsprechender Unterlagen seitens der zuständigen Finanzverwaltung aus dem Drittland bzw. durch Unterlagen iZm der zuständigen Finanzverwaltung möglich, z.B. Jahreserklärungen mit Unterlagen und Eingangsstempel der drittländischen Finanzverwaltung, Umsatzsteuerbescheide, Bestätigung der drittländischen Finanzverwaltung betreffend die Rechtslage in den streitgegenständlichen Jahren, Bestätigung der drittländischen Finanzverwaltung, dass die Telekommunikationsdienstleistungen der drittländischen Firma XY im Zeitraum von ... bis ... an ihre Kunden, auch wenn diese Kunden im Ausland (Österreich) telefoniert haben, im Drittland tatsächlich versteuert wurden 'beglaubigte Übersetzungen ausländischer Schriftstücke in die Amtssprache Deutsch, vgl. Art. 8(1) BVG.
Nicht ausreichend als Nachweis der tatsächlichen Versteuerung sind Bestätigungen, die nicht von Finanzbehörde stammen bzw. solche, die nicht dem Steuerpflichtigen oder dem streitgegenständlichen Jahr zuordenbar oder bloße Unternehmerbestätigungen sind.
Zusammenfassend zu Punkt I. wird ausgeführt:
Ist die VO BGBl II 383/2003 für die Leistungen eines Drittlandsunternehmers an seine Kunden nicht anwendbar (zB wenn die Leistung nicht in Österreich genutzt oder ausgewertet wird oder wenn sie im Drittland einer vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt), dann hat der Unternehmer keine Umsätze in Österreich und bekommt die Vorsteuer aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers im Erstattungsverfahren erstattet (sofern der Netzbetreiber diese zur Recht mit österr. USt ausgestellt hat - s.o.).
Ist aber davon auszugehen, dass die Telekommunikationsdienstleistung des Drittlandsunternehmers an Leistungsempfänger im Drittland oder an Nichtunternehmer im EU-Raum erbracht und in Österreich genutzt oder ausgewertet wird bzw. diese im Drittland keiner vergleichbaren Umsatzbesteuerung unterliegt, wird der Leistungsort durch die VO BGBl II 383/2003 nach Österreich verlagert. Der Drittlandsunternehmer hat in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen, die das Erstattungsverfahren ausschließen, dh die Umsätze im allgemeinen Umsatzsteuerveranlagungsverfahren zu erklären (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) und bekommt auch (nur) dort die Vorsteuern aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers.
Art. 59a lit. b der RL 2006/112/EG räumt eine Ermächtigung zur Ortsverlagerung für Telekommunikationsdienstleistungen, die ein drittländischer Steuerpflichtiger an drittländische Nichtsteuerpflichtige erbringt, ein. Art. 59a leg. cit. ist (neben Art. 59b leg. cit) die unionsrechtliche Grundlage für die Telekomverordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 und enthält keine Einschränkung auf Fälle, in denen die Leistungsempfängerin einem Mitgliedstaat ansässig ist (d.h. keine EU-Widrigkeit/keine Berechtigung, sich unmittelbar auf Unionsrecht zu berufen).
Die VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 (Telekomverordnung) gelangt sohin zur Anwendung (im ggstl. Fall: keine Nachweise/ keine vergleichbare Umsatzbesteuerung im Drittland). Daher sind die Umsätze der Bf. im Inland steuerbar und in weiterer Folge die Voraussetzung für die Erstattung der Vorsteuern nach der VO BGBl. Nr. 279/1995 (Vorsteuererstattungsverordnung) nicht gegeben. …"
In ihrem Vorlageantrag führte die Bf. u.a. Folgendes aus:
"…
In Zusammenhang mit der Erbringung von Telekommunikationsdiensten ist zu beachten, dass es gemäß Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen, BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221, grundsätzlich zu einer Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung ins Inland kommen kann. Dies dann, wenn bei Telekommunikationsdienstleistungen der Ort der Leistung gemäß § 3a UStG (in der bis zum geltenden Fassung) außerhalb des Gemeinschaftsgebietes liegt und die Leistung im Inland genutzt und ausgewertet wird. Nach Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2.06 § 3a Rz 231/2/4, ist, soweit die Verordnung BGBl II 2009/221 undifferenziert auch alle Fälle der Leistung an im Drittland ansässige Abnehmer erfasst, sie durch Art 59 a MwSt-SystRL nicht gedeckt. Die Möglichkeit der Verlagerung des Leistungsortes an den Nutzungs- bzw. Auswertungsort ist nach Ansicht des Rates notwendig, um die Auswirkungen der Steuerumgehung zu bekämpfen, da eine wachsende Anzahl Steuerpflichtiger und Nichtsteuerpflichtiger in der Gemeinschaft Telekommunikationsdienstleistungen von außerhalb der Gemeinschaft in Anspruch nehmen, um die Mehrwertsteuer zu umgehen. Ein Fall dieser angesprochenen Steuerumgehung kann aber nicht vorliegen, wenn Drittlandsunternehmer an im Drittland ansässige Abnehmer leisten. Insoweit findet daher die VO BGBl II 2009/221 keine gemeinschaftliche Stütze in Art 59 a MwSt-SystRL ().
Eine Verlagerung des Leistungsortes auf Basis der Verordnung BGBl II 2009/221 in das Inland kommt daher nur dann in Betracht, wenn der Leistungsempfänger Nichtunternehmer und in der EU ansässig ist und die Telekommunikationsdienstleistung im Inland genutzt oder ausgewertet wird. Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass es generell zu einer Verlagerung des Leistungsortes auf Basis der Verordnung BGBl II 2009/221 in das Inland kommt, wenn die Leistung im Drittland steuerbar wäre, aber im Inland genutzt oder ausgewertet wird, ist wohl nach oa VwGH-Judikatur nicht mehr aufrecht zu halten (vgl. Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2.06 § 3a Rz. 231/2/5). Auch eine Einschränkung auf jene Fälle, bei denen eine vergleichbare Steuerbelastung im Ausland fehlt, überzeugt nicht und scheint in der MwSt-SystRL keine Deckung zu finden. Nach Art 59b MwSt-SystRL sind die Mitgliedsstaaten nur angehalten, den Leistungsort vom Drittland an den Nutzungs- bzw. Auswertungsort zu verlagern, wenn Telekommunikationsdienstleistungen oder Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen durch einen Drittlandsunternehmer an einen Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet erbracht werden (vgl. Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/KanduthKristen/Wakounig, UStG-ON2.06 § 3a Rz 231/2/5).
…
Die Richtlinie 2006/112/EG führt demnach an, dass es sich bei der Verlagerung des Leistungsortes grundsätzlich um eine Kann-Vorschrift für die Mitgliedstaaten handelt, und eine Verlagerung nur dann erfolgen soll, wenn im Drittland ansässige Unternehmer Leistungen an im Gemeinschaftsgebiet ansässige Nichtunternehmer erbringen.
Da alle Kunden der Bf. in einem Drittland ansässig sind, kommt es auf Basis der Verordnung BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 zu keiner Verlagerung des Leistungsortes ins Inland, und zwar unabhängig davon, ob es sich um bei den Abnehmern um Private oder Unternehmer handelt.
Zum Argument der vergleichbaren Steuerbelastung ist auf das VwGH Erkenntnis vom , 2003/15/0059, hinzuweisen. Der VwGH hat darin festgestellt, dass Maßnahmen nach Absatz 3 Buchstabe b) des Artikels 9 der Richtlinie 77/388/EWG (Verlagerung des Leistungsortes vom Drittland in das Inland) auf den Zweck der Vermeidung von Nichtbesteuerungen gestützt sein können. Das hat aber zur Voraussetzung, dass die Dienstleistung im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt. Die Regelung der Verordnung BGBl. II 102/1997 stellt nach dem VwGH nicht auf die Frage der Steuerbelastung im Drittland ab und kann daher nicht als Maßnahme zur Vermeidung einer Nichtbesteuerung iSd Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG angesehen werden.
Da auch die Verordnung BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 nicht auf die Frage der Steuerbelastung im Drittland abstellt findet die Verordnung bei Leistungen von Drittlandsunternehmern an im Drittland ansässige Abnehmer keine gemeinschaftliche Stütze in Art 59 a MwSt-SystRL.
Damit ist im vorliegenden Fall die Vermeidung einer Nichtbesteuerung keine Begründung zur Anwendung der Verordnung BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221.
Darüber hinaus hat der VwGH dazu jedoch in seiner Erkenntnis vom , 2005/15/0104, angeführt, dass - soweit Maßnahmen nach Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG getroffen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden - eine Situation vorliegen muss, aufgrund welcher Wettbewerbsverzerrungen bestehen oder eintreten können. Für in der Ermöglichung des Telefonierens bestehende Leistungen an in Drittstaaten ansässige Abnehmer gilt nach der Rechtslage unter Ausblendung der nach Artikel 9 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG (also der Verordnung BGBl II 102/1997):
Wird die Leistung von einem österreichischen Unternehmer erbracht, liegt der Leistungsort im Drittland (§ 3a Abs. 9 UStG). Wird die Leistung von einem im Drittland ansässigen Unternehmer erbracht, liegt der Leistungsort im Drittland (§ 3a Abs. 9 UStG).
Wird die Leistung von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer erbracht, liegt der Leistungsort im Drittland (§ 3a Abs 9 UStG).
Weil sich der Leistungsort hinsichtlich aller Unternehmer, die in Bezug auf die in Rede stehenden Leistungen an im Drittland ansässige Personen zueinander im Wettbewerb stehen können, im Drittland befindet, darf die Regelung betreffend den Leistungsort nicht die Grundlage für die Wettbewerbsverzerrung darstellen. Den Ort für Leistungen an im Drittland ansässige Abnehmer in das Gemeinschaftsgebiet zu verlagern, dient daher nach Ansicht des VwGH nicht der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen.
…
Nach Art 59b der Richtlinie 2006/112/EG soll es, wie bereits oben angeführt zu einer Verlagerung des Leistungsortes nur dann kommen, wenn Telekommunikationsdienstleistungen von einem in einem Drittland ansässigen Steuerpflichtigen an in der Gemeinschaft ansässige Private erbracht werden, womit die vom VwGH zur Richtlinie 77/388/EWG angestellten Überlegungen auch für das Jahr 2014 gelten.
Es liegt daher im Falle der Bf. auch keine Wettbewerbsverzerrung vor, womit es auch aus diesem Grund zu keiner Verlagerung des Leistungsortes nach Österreich auf Grund der Verordnung BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 kommt.
…"
In der mündlichen Verhandlung ist die Bf. nicht erschienen. Die Vertreterin der belangten Behörde verwies auf ihre bisherigen Ausführungen und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem oa. Verfahrensgang. Auf Grund der Telekom-Verordnung des BMF und der entsprechenden Rz. der UStR (Verwaltungspraxis) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Ermöglichung des Telefonierens im Inland durch ein drittländisches Telekommunikationsunternehmen einen steuerbaren und steuerpflichtigen Inlandsumsatz darstellt. Diese Rechtsansicht wurde auch vom , geteilt.
Beweiswürdigung
Bereits aus den seinerzeit eingereichten Rechnungen kann unschwer auf einen inländischen Leistungsort und damit auf die Unzulässigkeit des Erstattungsverfahrens indiziell geschlossen werden. Daraus ist zu erkennen, dass die Kunden der Bf. im Inland telefoniert haben.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsquellen:
§ 3a UStG 1994 (bis BGBl. I 40/2014) lautet:
…
(13) Die im Abs. 14 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:
a) Ist der Empfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Drittlandsgebiet ausgeführt;
b) ist der Empfänger einer in Abs. 14 Z 14 bezeichneten sonstigen Leistung ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Leistung von einem Unternehmer ausgeführt wird, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte des Unternehmers ausgeführt wird.
(14) Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 13 sind:
1. Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben;
2. die Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen;
3. die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer;
4. die rechtliche, technische und wirtschaftliche Beratung;
5. die Datenverarbeitung;
6. die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
7. die sonstigen Leistungen der in § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a bis i und Z 9 lit. c bezeichneten Art;
8. die Gestellung von Personal;
9. der Verzicht, ein in diesem Absatz bezeichnetes Recht wahrzunehmen;
10. der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
11. die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
12. die Telekommunikationsdienste;
13. die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
14. die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen;
15. die Gewährung des Zugangs zu einem Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder zu einem an ein solches Netz angeschlossenes Netz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen sowie die Fernleitung, Übertragung oder Verteilung über diese Netze und die Erbringung anderer unmittelbar damit verbundener Dienstleistungen.
(15) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt,
1. die Vermietung von Beförderungsmitteln oder
2. eine sonstige Leistung, die im Abs. 14 Z 1 bis 13 und 15 bezeichnet ist, an eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, mit Sitz im Inland, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte ausgeführt wird.
(16) Der Bundesminister für Finanzen kann, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich nach Abs. 6, 7, 12 oder 13 lit. a bestimmt, der Ort der sonstigen Leistung danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach
1. statt im Inland als im Drittlandsgebiet gelegen und
2. statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen
behandelt werden. Das gilt nicht für Leistungen im Sinne des Abs. 14 Z 14, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, der keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.
Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuer abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln. Auf Grund des § 21 Abs. 9 UStG 1994 erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", wenn der Unternehmer (von gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) keine Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausgeführt hat.
Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221:
Auf Grund des § 3a Abs. 10 Z 13 und 14 sowie Abs. 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wird verordnet:
§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.
§ 2. Als Telekommunikationsdienste gelten solche Dienstleistungen, mit denen Übertragung, Ausstrahlung oder Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien gewährleistet werden; dazu gehören auch die Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang.
§ 3. (1) Die Verordnung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(2) Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten, BGBl. II Nr. 102/1997, ist nicht mehr auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(3) § 1 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 221/2009 ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.
Umsatzsteuerrichtlinien (UStR)
Rz 643:
Liegt der Ort der Telekommunikationsdienstleistung, Rundfunk- oder Fernsehdienstleistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes und unterliegt die Leistung dort keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung, so wird sie nach der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung an einen Unternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 oder an einen Nichtunternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 erbracht wird.
Die österreichischen Netzanbieter haben die Möglichkeit, sich hinsichtlich der von ihnen erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen an Drittlandsunternehmer auf das für sie günstigere EU-Recht zu berufen. Eine Berufung ist jedoch nur in solchen Fällen möglich, in denen Telekommunikationsdienstleistungen an Empfänger im Drittland erbracht werden und diese Leistungen im Drittland einer der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegen. Letztere Voraussetzung ist vom österreichischen Netzanbieter nachzuweisen, wobei dies beispielsweise durch Beschreibung der gesetzlichen Bestimmungen im Drittland und Vorlage entsprechender Steuerbescheide erfolgen kann.
Beispiel:
Ein österreichischer Mobilfunkbetreiber schließt mit einem Mobilfunkbetreiber mit Sitz im Drittland einen Vertrag ab, wonach die beiden Vertragsparteien den jeweils berechtigten Kunden der anderen Vertragspartei die Möglichkeit geben, Telekommunikationsleistungen auf dem von ihnen betriebenen Netz zu erhalten (Roaming-Vertrag). Der Kunde des Drittlandsunternehmers telefoniert in Österreich. Die Telekommunikationsdienstleistung unterliegt im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung.
Der Ort der Leistung des österreichischen Unternehmers beurteilt sich zunächst nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 und liegt nach dieser Bestimmung im Drittland, da die Leistung einem Unternehmer gegenüber erbracht wird. Da diese Leistung jedoch in Österreich genutzt wird, verlagert sich der Ort der Leistung auf Grund der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003 nach Österreich.
…
Wird die Leistung einem Unternehmer im Drittland oder einem Nichtunternehmer im Drittland gegenüber erbracht, liegt der Ort der Leistung gemäß § 3a Abs. 6 oder Abs. 13 UStG 1994 idF ab (bis : § 3a Abs. 13 lit. a oder Abs. 7 UStG 1994) jeweils im Drittland. Da diese Leistung jedoch in Österreich genutzt wird, verlagert sich der Ort der Leistung auf Grund der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003 nach Österreich."
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Der VwGH hat im Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0035, zu einem vergleichbaren Sachverhalt und Fall, in welchem das BFG im angefochtenen Erkenntnis von der Unionsrechtswidrigkeit der Telekom-VO ausgegangen war, diese Rechtsansicht verworfen und ausgeführt:
"13 Das Bundesfinanzgericht ist davon ausgegangen, dass die mitbeteiligte Partei im Erstattungszeitraum keine in Österreich steuerpflichtigen Umsätze erzielt hat. Dass die mitbeteiligte Partei ihren in einem Drittland ansässigen Kunden das Telefonieren in Österreich unter Benützung des österreichischen Mobilfunknetzes ermöglicht habe, stelle keine im Inland steuerpflichtige Leistung dar, weil der Leistungsort im Drittland liege. Die mitbeteiligte Partei könne daher die ihr vom österreichischen Provider in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge unter Anwendung des besonderen Erstattungsverfahrens geltend machen. Demgegenüber vertritt das revisionswerbende Finanzamt die Ansicht, dass die in Rede stehenden Leistungen der mitbeteiligten Partei nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 in Österreich erbracht würden, sodass die mitbeteiligte Partei die ihr in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge nur im Veranlagungsverfahren unter Erklärung der Umsätze geltend machen könne.
14 Nach § 3a Abs. 13 lit. a iVm. Abs. 14 Z 12 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 52/2009 werden Telekommunikationsdienste im Drittland ausgeführt, wenn der Empfänger ein Nichtunternehmer ist und er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.
15 Nach § 3a Abs. 16 UStG 1994 in der angeführten Fassung kann der Bundesminister für Finanzen, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich u.a. nach Abs. 13 lit. a UStG 1994 bestimmt, der Ort der sonstigen Leistungen danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden.
16 § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, bestimmt:
'Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.'
17 Das Bundesfinanzgericht hat die für den vorliegenden Fall innerstaatlich angeordnete Verlagerung des Leistungsortes ins Inland als unionsrechtswidrig beurteilt und ausgesprochen, dass die mitbeteiligte Partei berechtigt sei, sich auf die unmittelbare Anwendung der MwStSystRL 2006/112/EG idF. der RL 2008/8/EG zu berufen. Nach Art. 59 der genannten RL gelte als Ort bestimmter Dienstleistungen (u.a. nach lit. i der Telekommunikationsdienstleistungen) an Nichtsteuerpflichtige außerhalb der Gemeinschaft der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig sei oder seinen gewöhnlichen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort habe (Empfängerortprinzip). Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung gewähre Art. 59a lit. b insoweit die Möglichkeit einer Ausnahme von der Empfängerortbesteuerung, als die Auswertung und tatsächliche Nutzung im Inland liege. Für Telekommunikationsdienstleistungen werde aber in Art. 59b MwStSystRL den Mitgliedstaaten eine besondere Anwendung des Art. 59a lit. b MwStSystRL vorgegeben. Die Mitgliedstaaten wendeten diese Regel auf Dienstleistungen an, die von einem drittländischen Steuerpflichtigen an Nichtsteuerpflichtige der Gemeinschaft erbracht werden. Von einer Anwendung der durch die MwStSystRL gegebenen Ermächtigung des Art. 59a lit. b auf Dienstleistungen von drittländischen Steuerpflichtigen auf drittländische Nichtsteuerpflichtige könne jedoch keine Rede sein.
18 Dieser Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts kann nicht gefolgt werden.
19 Nach Art. 59 MwStSystRL 2006/112/EG idF. Art. 2 der RL 2008/8/EG gilt als Ort bestimmter Dienstleistungen (u.a. nach lit. i der Telekommunikationsdienstleistungen) an einen Nichtsteuerpflichtigen, der außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der Gemeinschaft hat, der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
20 Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen bestimmen Art. 59a und Art. 59b der MwStSystRL 2006/112/EG idF. Art. 2 der RL 2008/8/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung Folgendes:
'Art. 59a
Um Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich gemäß den Artikeln 44, 45, 56 und 59 bestimmt,
a) den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der in ihrem Gebiet liegt, so behandeln, als läge er außerhalb der Gemeinschaft, wenn die tatsächliche Nutzung oder Auswertung außerhalb der Gemeinschaft erfolgt;
b) den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der außerhalb der Gemeinschaft liegt, so behandeln, als läge er in ihrem Gebiet, wenn in ihrem Gebiet die tatsächliche Nutzung oder Auswertung erfolgt.
Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für elektronisch erbrachte Dienstleistungen, wenn diese Dienstleistungen für nicht in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbracht werden.
Art. 59b
Die Mitgliedstaaten wenden Artikel 59a Buchstabe b auf Telekommunikationsdienstleistungen und auf die in Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe j genannten Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an, die von einem Steuerpflichtigen, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der Gemeinschaft hat, an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind oder dort ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben.'
21 Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF. Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43- 59b MwStSystRL Rz. 134 ff).
22 Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der angeführten Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz. 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz. 697).
23 Das in einem ergänzenden Schriftsatz zur Revisionsbeantwortung von der mitbeteiligten Partei ins Treffen geführte , Athesia Druck, ist zur Auslegung von Art. 9 Abs. 2 lit. e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ergangen. Art. 9 Abs. 3 hat den Mitgliedstaaten nur in Bezug auf Katalogleistungen iSd. Art. 9 Abs. 2 lit. e und bei der Vermietung von Beförderungsmitteln ein Wahlrecht auf Verlagerung des Leistungsortes eingeräumt. Die im Revisionsfall anzuwendende MwStSystRL 2006/112/EG idF. Art. 2 der RL 2008/8/EG räumt hingegen in Art. 59a den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht in Bezug auf alle Dienstleistungen ein, deren Erbringungsort sich gemäß den Art. 44, 45, 56 und 59 bestimmt und die ohne Zweifel - wie sich das schon aus Art. 59b ergibt - auch in Drittstaaten ansässige Steuerpflichtige erfassen (vgl. dazu Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43- 59b MwStSystRL Rz. 133).
24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."
Der VwGH hat die Unionsrechtskonformität der Telekom-VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF. BGBl. II Nr. 221/2009 wiederholt bestätigt (vgl. auch ), welche im beschwerdegegenständlichen Fall anzuwenden ist und eine Leistungsortverlagerung der Umsätze der Bf. ins Inland bewirkt. Die Anwendung des Vorsteuererstattungsverfahrens ist demnach ausgeschlossen.
Von einer Leistungsortverlagerung in das Inland ist in unionsrechtskonformer Interpretation jedenfalls dann auszugehen, wenn die Leistung im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterliegt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a Tz. 142/10).
In Anlehnung an die Judikatur des VwGH (vgl. insbesondere , worin auf die vergleichbare Umsatzbesteuerung iSd Sechsten Richtlinie 77/388/EWG Bezug genommen wird) kann von einer vergleichbaren Umsatzsteuerbelastung erst dann ausgegangen werden, wenn zumindest eine der (nunmehr in Geltung stehenden MwStSystRL) RL 2006/112/EG idgF. entsprechende Umsatzsteuerbelastung vorliegt.
Gem. Art. 97 der RL 2006/112/EG idF. RL 2010/88/EU darf der Standardsteuersatz in der EU im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht weniger als 15% betragen, die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Telekommunikationsdienstleistungen ist nach Anhang III (Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mwst-Sätze gemäß Art. 98 angewandt werden können) der RL 2006/112/EG nicht vorgesehen.
Ein Steuersatz von 10%, der dem inländischen ermäßigten entspricht, kann nicht als vergleichbare Steuerbelastung angesehen werden, wenngleich seitens der Bf. ins Treffen geführt werden könnte, dass sich eine Gesamtbelastung aus in- und ausländischer Umsatzsteuer von 30% errechnet. In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Steuersatz von 15% ein die Mitgliedstaaten bindender Mindest- Normalsteuersatz ist. Ein Höchststeuersatz ist von der EU-Richtlinie nicht normiert, sodass eine wirtschaftliche Gesamtbelastung von 30% auf die strittigen Telekommunikationsleistungen durch aus möglich erscheint, zumal der Höchstsatz (Normalsteuersatz) der EU-Mitgliedstaaten DK, S und HR 25% beträgt.
Abgesehen davon wird zu bedenken sein, dass die Inanspruchnahme inländischer Telekommunikationsdienstleistungen durch Benutzung inländischer Funknetze bei Fortführung dieser Überlegungen, dann ausschließlich von der (umsatz-) steuerlichen Behandlung von Telekommunikationsdienstleistungen im Drittland abhängig gemacht würde, wobei Drittländer außerhalb der Regelungshoheit der EU stehen.
Das Bundesfinanzgericht stellte in einem anderen Fall zu dieser Rechtsfrage ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (=EuGH). Der EuGH beantwortete diese Fragen im Urteil vom , Rs C-593/19, SK Telecom, wie folgt:
"Rn 29. Nach Art. 59 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt für Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, bei denen es sich unbestritten um Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von Art. 24 Abs. 2 Mehrwertsteuerrichtlinie handelt, die an nicht steuerpflichtige Personen erbracht werden, die außerhalb der Union ansässig sind bzw. ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Union haben, als Ort dieser Roamingleistungen der Ort, an dem diese Personen ansässig sind bzw. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Rn 30. Allerdings können die Mitgliedstaaten davon abweichend nach Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich u. a. gemäß Art. 59 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt, diesen Ort, der grundsätzlich außerhalb der Union liegt, so behandeln, als läge er in ihrem Gebiet, wenn in ihrem Gebiet die tatsächliche Nutzung oder Auswertung der Dienstleistungen erfolgt.
Rn 31. Nach Art. 59b dieser Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten deren Art. 59a Abs. 1 Buchst. b auf Telekommunikationsdienstleistungen anzuwenden, die von einem Steuerpflichtigen, der wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Mobilfunkbetreiber den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit außerhalb der Union hatte, an Nichtsteuerpflichtige erbracht wurden, die in einem Mitgliedstaat ansässig waren bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
Rn 32. Die in Art. 59b der Richtlinie vorgesehene Verpflichtung hat jedoch nicht zur Folge, dass unter anderen als den in dieser Bestimmung genannten Umständen die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, bei Telekommunikationsdienstleistungen von der ihnen nach Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie eingeräumten allgemeinen Befugnis Gebrauch zu machen, beschränkt wäre.
Rn 33. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie keine Voraussetzung in Bezug auf die Dauer des Aufenthalts im Gebiet der 4 von 8 Seite 5 von 8 Mitgliedstaaten für Personen enthält, die in einem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, insbesondere nicht im Sinne eines nur vorübergehenden Aufenthalts im Mitgliedstaat.
Rn 34. Somit ist für die Ausübung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befugnis zu prüfen, ob Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Gebiet des Mitgliedstaats, der ihren Erbringungsort dorthin verlagern möchte, tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden.
Rn 35. Eine Roamingleistung besteht im Wesentlichen in der Leistung eines Anbieters von Mobilfunkdienstleistungen an seine Kunden, die es ihnen ermöglicht, ihr mobiles Gerät in einem anderen Mobilfunknetz als dem dieses Anbieters zu nutzen, und zwar aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Betreibern dieser Netze. Im vorliegenden Fall sollen die Kunden der Beschwerdeführerin, auch wenn sie sich außerhalb der Reichweite des von der Beschwerdeführerin betriebenen Mobilfunknetzes befinden, durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen die Möglichkeit erhalten, Mobilfunkdienstleistungen über das Mobilfunknetz eines österreichischen Betreibers zu nutzen.
Rn 36. Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der sich aus Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt, dass jeder Umsatz in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist, und ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf (Urteil vom , KPC Herning, C-71/18, EU, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn 37. Wie der Generalanwalt in Nr. 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, handelt es sich bei Roamingleistungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die an Personen erbracht werden, die sich vorübergehend im Gebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, im Verhältnis zu den anderen von diesen Personen empfangenen Mobilfunkdienstleistungen um eigene, selbständige Leistungen.
Rn 38. Wie im Übrigen sowohl aus den Angaben des vorlegenden Gerichts als auch aus den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen hervorgeht, werden diese Roamingleistungen von der Beschwerdeführerin getrennt ausgewiesen und den Kunden, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, zusätzlich, nämlich in Form von Roaminggebühren, in Rechnung gestellt.
Rn 39. Bereits aus der Natur der Roamingleistungen ergibt sich somit, dass ihre tatsächliche Nutzung oder Auswertung notwendigerweise im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats erfolgt, wenn sich die Kunden dort vorübergehend aufhalten.
Rn 40. Doch selbst wenn die Voraussetzung der tatsächlichen Nutzung oder Auswertung der betreffenden Dienstleistungen im Gebiet eines Mitgliedstaats unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens erfüllt ist, kann dieser Mitgliedstaat von der ihm durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eingeräumten Möglichkeit, den Ort der Dienstleistungen, der außerhalb der Union liegt, so zu behandeln, als läge er in seinem Gebiet, nur dann Gebrauch machen, wenn dadurch Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.
Rn 41. Als Erstes ist hierzu auszuführen, dass zwar, wie das vorlegende Gericht hervorgehoben hat, aus dem 22. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, dass die Besteuerung sämtlicher Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Union in Anspruch genommen werden, dem Willen des Unionsgesetzgebers entspricht, Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen.
Rn 42. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Regeln der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach denen der Ort der Besteuerung von Dienstleistungen zu bestimmen ist, darin besteht, einerseits Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, und andererseits die Nichtbesteuerung von Einnahmen zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , WebMindLicenses, C-419/14, Rn. 41, und vom , Srf konsulterna, C-647/17, Rn. 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 43. Angesichts des Wortlauts von Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie und seiner Stellung in Titel V Kapitel 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 10 ("Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung") der Richtlinie ist davon auszugehen, dass sich die durch diese Bestimmung eröffnete Möglichkeit nicht nur in den Rahmen der Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen einfügt, sondern auch Doppelbesteuerung und Nichtbesteuerung vermeiden soll.
Rn. 44. Folglich steht es den Mitgliedstaaten frei, von der durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, wenn dies lediglich dazu dient, einer Nichtbesteuerung innerhalb der Union abzuhelfen, was nach den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen der Fall war.
Rn 45. Als Zweites ist entsprechend der Feststellung des Generalanwalts in Nr. 88 seiner Schlussanträge auszuführen, dass bei der Anwendung dieser Bestimmung etwaige Fälle von Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung anhand der steuerlichen Behandlung der betreffenden Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten zu beurteilen sind, ohne dass die Steuerregelung zu berücksichtigen ist, der diese Dienstleistungen in dem betreffenden Drittland unterliegen.
Rn. 46. Anderes könnte sich zwar aus einem einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen mit diesem Drittland ergeben. Im Vorabentscheidungsersuchen und in den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird jedoch kein derartiges Abkommen erwähnt.
Rn. 47. Die umgekehrte Lösung gegenüber der in den Rn. 44 und 45 des vorliegenden Urteils dargestellten würde dazu führen, dass die Anwendung der Unionsvorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vom nationalen Steuerrecht der Drittländer abhängig gemacht würde. Mangels eines entsprechenden Hinweises kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies die Absicht des Unionsgesetzgebers war.
Rn. 48. Eine Auslegung, nach der die Mitgliedstaaten grundsätzlich von der durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen können, ohne die steuerliche Behandlung berücksichtigen zu müssen, der die Dienstleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des betreffenden Drittlands unterliegen, wird im Übrigen durch den Ansatz des Mehrwertsteuerausschusses bestätigt, eines nach Art. 398 dieser Richtlinie eingesetzten beratenden Ausschusses, dessen Leitlinien zwar nicht verbindlich sind, aber doch als Auslegungshilfe zur Mehrwertsteuerrichtlinie dienen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom , Weindel Logistik Service, C-621/19, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:814, Rn. 48).
Rn. 49. Aus den Leitlinien dieses Ausschusses (89. Sitzung vom , Dokument B - taxud.d.1 [2010]176579 - 645) geht nämlich hervor, dass dieser einstimmig der Auffassung war, dass die Inanspruchnahme der in Art. 59a Abs. 1 Buchst, b dieser Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihrem Gebiet tatsächlich genutzte und ausgewertete Dienstleistungen zu besteuern, nicht davon abhängt, welcher steuerlichen Behandlung diese Dienstleistungen außerhalb der Union unterliegen. Insbesondere soll die Tatsache, dass eine Dienstleistung in einem Drittland nach den dort gültigen Vorschriften besteuert wird, einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, diese Dienstleistung zu besteuern, wenn die tatsächliche Nutzung und Auswertung in seinem Gebiet erfolgt.
Rn. 50. Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen."
Folglich stellen die Roamingleistungen der Bf. an ihre Drittlandskunden Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 im Inland dar, die die Anwendung der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 158/2014, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", ausschließen. Sie sind als im Inland erbrachte Dienstleistungen in Österreich steuerbar, da deren tatsächliche Nutzung im Inland liegt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, welcher steuerlichen Behandlung diese Roamingleistungen im Drittland unterliegen bzw. mit welchem Umsatzsteuersatz diese dort allenfalls besteuert werden.
Eine Erstattung der Vorsteuern im Erstattungsverfahren ist nicht möglich (vgl. dazu auch die gefestigte Rechtsprechung des ; , Ra 2019/15/0008; , Ra 2019/15/0010; , Ro 2016/15/0035; weiters die Erkenntnisse des ; , RV/2100402/2019; , RV/2100114/2020; , RV/2100015/2019; , RV/2100401/2019).
Die beantragte Erstattung der von der Bf. im Streitzeitraum entrichteten Vorsteuer für die Nutzung des inländischen Netzes ist daher nicht zulässig und war die Beschwerde abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Übrigen wird auf die oa. Vorjudikatur verwiesen.
Graz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung, BGBl. II Nr. 218/1998 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003 § 3a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 21 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2101353.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at