In welchem Zeitraum kann der Vorsteuerabzug vorgenommen werden?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2100130/2022-RS1 | Das Recht auf Vorsteuerabzug ist grundsätzlich für den Zeitraum auszuüben, in dem zum einen dieses Recht entstanden ist und zum anderen der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (ständige Rechtsprechung des ; vom , C-518/14; vom , C-533/16).
In diesem Sinne ist auch § 20 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 auszulegen.
Die abziehbaren Vorsteuerbeträge "fallen" grundsätzlich in den Veranlagungszeitraum, in dem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, der Leistungsempfänger also auch eine Rechnung besitzt. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- gesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO (mit der erfolgten Einschränkung im Vorlageantrag) Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Umsatzsteuer für das Jahr 2015 wird festgesetzt mit € 4.234.038,92.
Die abzugsfähige Vorsteuer (KZ 060) beträgt - € 1.327.924,06
(statt wie lt. USt-Erstbescheid vom - € 1.271.013,90 und USt-Erklärung vom - € 1.337.182,26).
Aufgrund der festgesetzten Abgabe (€ 4.234.038,92) und des bisher vorgeschriebenen Betrages (lt. USt-Bescheid 2015 vom idHv € 4.290.949,08) ergibt sich im Vergleich zum USt-Erstbescheid eine Verminderung der Abgabennachforderung (€ 66.168,36 lt. USt-Erstbescheid) in Höhe von € 56.910,16 auf € 9.258,20).
Alle übrigen Kennzahlen bleiben wie laut Umsatzsteuererstbescheid vom festgesetzt und unverändert.
Die Fälligkeit ergibt sich aus der Buchungsmitteilung.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Am wurde von der Beschwerdeführerin (Bf) die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2015 elektronisch eingereicht. Darin machte die Bf in der KZ 060 einen Gesamtbetrag an Vorsteuern in Höhe von € 1.337.182,26 geltend. Mit dem Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Bf unter anderem aufgetragen, hinsichtlich der erklärten Vorsteuern die Originalrechnungen/-belege vorzulegen. Darüber hinaus wurde der Bf die Vorlage einer Rechnungsaufstellung sämtlicher Rechnungen, welche die Vorsteuer 2015 betreffen, aufgetragen. Am wurde von der Bf die Rechnungsaufstellung der Eingangsrechnungen für das Jahr 2015 übermittelt. Aufgrund der hohen Anzahl der Eingangsrechnungen (mehr als 3.600) wurde das Ergänzungsersuchen am dahingehend konkretisiert, dass die Bf die vierzig betragsmäßig größten Rechnungen übermitteln solle. Diese wurden am übermittelt und in die Direktverarbeitung (DIBE) hochgeladen.
Aufgrund dieser Informationen erging am der Umsatzsteuerbescheid 2015 mit einer Abgabennachforderung in Höhe von € 66.168,36. Diese Nachforderung resultierte daraus, dass die geltend gemachten Vorsteuern von der Abgabenbehörde auf € 1.271.013,90 korrigiert bzw. reduziert worden waren.
Begründet wurde dies damit, dass..."gemäß § 20 Abs. 2 UStG 1994 Vorsteuern in jenen Veranlagungszeitraum fallen würden, in dem alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind. Ein Wahlrecht für den Unternehmer, den Vorsteuerabzug für einen anderen Zeitraum geltend zu machen, bestehe nicht. Die auf andere Zeiträume entfallenden Vorsteuern seien auszuscheiden gewesen."
Nach mehrfachen Anträgen auf Verlängerung der Beschwerdefrist wurde von der Bf am Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 erhoben. Darin brachte die Bf durch ihren damaligen steuerlichen Vertreter, unter Anführung nationaler und internationaler Judikatur im Wesentlichen vor, dass für alle vorgelegten Rechnungen der Vorsteuerabzug sehr wohl für 2015 zustünde, da diese sämtlich erst 2015 bei Ihr eingegangen seien. Soweit Eingangsrechnungen mit Datum aus 2014 tatsächlich erst im Jahr 2015 bei der Bf eingegangen seien, komme auch der Vorsteuerabzug erst 2015 in Betracht. Der Eingang sei durch Eingangsstempel dokumentiert. Es gäbe unterschiedlich lange Zeitspannen zwischen der Erstausfertigung einer Rechnung , dessen tatsächlichen Versands und dem postalischen Eingang bei der Bf.
Bei einigen Vertragspartnern habe sich insbesondere um den Jahreswechsel zusätzlich die Praxis eingebürgert, dass Ausgangsrechnungen rückdatiert würden, insbesondere, wenn auch die abgerechneten Leistungen wirtschaftlich noch im alten Jahr erbracht worden seien.
Der Vorsteuerabzug stehe somit in jenem Zeitpunkt zu, in dem eine ordnungsgemäße Rechnung vorliege.
Die Prozesse in der europaweit tätigen Gruppe seien darauf abgestimmt, dass ein Vorsteuerabzug keinesfalls vor dem gesetzlich zulässigen Zeitpunkt stattfinde.
Allerdings wäre eine überspitzte Handhabung des Zeitpunkts der zulässigen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der Form, dass ein Vorsteuerabzug immer zum absolut frühestmöglichen Zeitpunkt in allen Fällen insbesondere in Bezug auf die Jahreswechsel mit erheblichem administrativem Mehraufwand für die Gruppe der Bf verbunden.
Wenn ein Vorsteuerabzug zB im Einzelfall erst in 2015 erfolgt sei, obwohl die Lieferung/Leistung bereits in 2014 ausgeführt worden sei und auch die Steuerpflichtige die Rechnung auch noch in 2014 erhalten habe, und damit nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen worden sei, handle es sich im Ergebnis lediglich um eine zeitliche Verschiebung des Vorsteuerabzugs zu Gunsten der österreichischen Finanzverwaltung; ein Steuerausfall könne damit für den österreichischen Staat nicht verbunden sein.
Der für die Bf vorliegende Sachverhalt sei somit wirtschaftlich vergleichbar mit der in der Verwaltungspraxis anerkannten unterjährigen zeitlich nach hinten verschobenen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs (vgl. dazu Rz 2702 UStR).
Am wurde die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung, welche mit gleichem Datum datiert gesondert erging, wurde im Wesentlichen der Standpunkt der Abgabenbehörde wiederholt, wonach in § 20 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 der Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges zwingend normiert und dem Leistungsempfänger kein Wahlrecht eingeräumt sei. Werde der Vorsteuerabzug nicht in dem nach § 20 Abs. 2 Z 1 UStG vorgeschriebenen Zeitpunkt vorgenommen, könne der Abzug nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum nachgeholt werden.
Diese gesonderte Begründung ging der Bf am zu.
Datiert mit wurde von der Bf die Verlängerung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages bis beantragt.
Datiert mit wurde von der Bf der Vorlageantrag betreffend die Beschwerde vom bei der Post aufgegeben.
Im Rahmen der mittlerweile stattfindenden Außenprüfung (AP) wurde dem zuständigen Prüfer am eine Kopie des Vorlageantrages vom übergeben. Die Bf wurde darauf vom zuständigen Prüfer informiert, dass der Vorlageantrag dem Finanzamt Graz-Stadt nicht vorliege bzw sich im System keine Anmerkung des Einlangens des Vorlageantrags finde. Auf Nachfrage bei der Geschäftsstelle Bundesfinanzgericht Wien vom wurde der Bf mitgeteilt, dass ein mit datierter Vorlageantrag nicht beim Bundesfinanzgericht eingelangt sei. Die Bf gehe daher davon aus, dass das Schreiben am Postweg verloren gegangen sei.
Datiert mit wurde am von der Bf der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Vorlageantragsfrist betreffend die Umsatzsteuer 2015 eingebracht. Gleichzeitig damit wurde von der Bf. der Vorlageantrag mit dem ursprünglichen Datum () eingebracht.
Mit Bescheid vom wurde dem Antrag der Bf auf Wiedereinsetzung stattgegeben.
In ihrem Vorlageantrag vom erfolgte von der Bf eine Anpassung des Umfangs der begehrten Bescheidkorrektur, das Beschwerdevorbringen wurde jedoch im Wesentlichen wiederholt, noch ausführlicher präzisiert und aufrechterhalten und wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts des Umsatzsteuerbescheids 2015 die berichtigte Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2015 mit einer Zahllast von nunmehr € 4,234.038,92 statt der mit Bescheid vom ermittelten Zahllast von € 4,290.949,08 begehrt.
Das Beschwerdevorbringen vom , welches vom Finanzamt im Wege der Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen wurde, wurde hinsichtlich des Umfangs der geltend gemachten Vorsteuerbeträge in zwei Punkten abgeändert:
"1. Rechnungsausstellung und Rechnungserhalt jeweils im Jahr 2014
Hinsichtlich der streitgegenständlichen Rechnungen, die seitens der leistendenUnternehmer im Jahr 2014 an uns ausgestellt wurden, für die wir aber erst -im Jahr 2015 den Vorsteuerabzuggeltend gemacht haben, halten wir unser diesbezügliches Begehren aufVorsteuerabzug erst im Jahr 2015 für jene Rechnungen nicht mehr aufrecht,welche uns auch noch tatsächlich im Jahr 2014 zugegangen sind. Das betriffteinen Vorsteuerbetrag von € 40.076,93. Hinsichtlich der in diesen Rechnungenenthaltenen Umsatzsteuerbeträge nehmen wir zur Kenntnis, dass derVorsteuerabzug schon im Jahr 2014 und daher nicht erst im Jahr 2015 geltendgemacht werden konnte. Insoweit schränken wir also im Rahmen diesesVorlageantrags unser ursprüngliches Beschwerdevorbringen ein.
2. Rechnungsausstellung und Rechnungserhalt jeweils im Jahr 2015
Nach derselben Logik verlangen wir aber für das Jahr 2015 die Berücksichtigungjener uns in Rechnung gestellter Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerbeträge desJahres 2015, die mit Rechnungen im Zusammenhang stehen, welche von denleistenden Unternehmen im Jahr 2015 ausgestellt wurden und uns auch noch im Verlauf desselben Jahres zugegangen sind. Die entsprechendenVorsteuerbeträge waren von uns bisher gegenüber dem Finanzamt imVeranlagungszeitraum 2016 geltend gemacht worden, wenn auch diebuchhalterische Erfassung der Rechnungen erst in diesemVeranlagungszeitraumerfolgt ist. Die Summe dieser zusätzlichen Vorsteuerbeträge 2015 beläuft sich auf € 30.818,73 (vgl. Anlage 1 mit einerAuflistung der gegenständlichen Rechnungen). Insoweit erweitern wir also unserbisheriges Vorbringen in der Beschwerde vom . (Anmerkung: ImZuge einer dem Finanzamt angezeigten Berichtigung der Umsatzsteuererklärungdes Jahres 2016 werden die für das Jahr 2015 hier zusätzlich verlangtenVorsteuerbeträge korrespondierend für das Jahr 2016 dort eliminiert).
Diese unter 1. und 2. dargestellte Anpassung des Umfangs abzugsfähigerVorsteuerbeträge beträgt per Saldo € 9.258,20 (Vorsteuerkürzung). DerGesamtbetrag der abzugsfähigen Vorsteuern gem. Kennzahl 060 in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2015 reduziert sich daher gem. aktualisiertemBeschwerdevorbringen in diesem Vorlageantrag von € 1,337.182,26 auf € 1,327.924,06.
Die korrespondierende Zahllast erhöht sich daher von€ 4,224.780,72 auf € 4,234.038,92.
Aufrechterhalten unseres Beschwerdevorbringens hinsichtlich derBehandlung von Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen, die seitens derleistenden Unternehmer ein Ausstellungsdatum im Jahr 2014 aufweisen,uns aber erst im Jahr 2015 zugegangen sind
Unverändert halten wir im Rahmen dieses Vorlageantrags aber unserenbisherigen Standpunkt aufrecht, dass Vorsteuerbeträge aus Rechnungen, die zwar ein Ausstellungsdatum im Jahr 2014 aufweisen, uns aber erst 2015 zugegangen sind, auch erst im Jahr 2015 zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs berechtigen und daher unsere Vorgehensweise in der Jahressteuererklärung 2015 insoweit rechtsrichtig war.
Das betrifft konkret, als Summe von Einzelrechnungen, einen Betrag von insgesamt € 26.091,43. Die Zusammensetzung dieses Betrages ergibt sich aus den Rechnungen, die mit einem Eingangsstempel auf den Rechnungen jeweils im Jahr 2015 versehen sind und in Anlage 2 diesem Vorlageantrag angeschlossen sind.
Behandlung von Rechnungen mit Ausstellungsdatum 2015 mit Rechnungseingang bei uns erst im Jahr 2016
Darüber hinaus gibt es auch solche Eingangsrechnungen, die ein Ausstellungsdatum im Jahr 2015 aufweisen, bei uns aber erst - jeweils durch auf der Rechnung angebrachten Eingangsstempel dokumentiert - im Jahr 2016 eingegangen sind. Die mit diesen Rechnungen im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge belaufen sich auf € 53.362,73. Die entsprechenden Vorsteuerbeträge wurden von uns bisher für den Veranlagungszeitraum 2016 gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht und auch - im Rahmen der Verbuchung der Umsatzsteuervoranmeldungen; ein Veranlagungsbescheid 2016 liegt noch nicht vor - berücksichtigt.
Unserer in der Folge im Detail dargelegten Argumentation für das Jahr 2015 entsprechend, gehen wir weiterhin davon aus, dass diese Vorsteuerbeträge bei unserer Gesellschaft zurecht erst im Jahr 2016 - und nicht schon 2015 - als abzugsfähige Vorsteuern zu berücksichtigen sein werden."
Weiters wurde ausgeführt, dass das maßgebliche Kriterium für den Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich nicht bereits mit dem Tag der Rechnungsausstellung durch den Rechnungsaussteller gegeben sei.
Es sei zwischen dem Entstehen des Anspruchs/Rechts auf Vorsteuerabzug einerseits und den Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug andererseits zu differenzieren (unter Verweis auf Art. 167 und Art. 178 der MwStSystRL).
Für letzteres müsse der Leistungsempfänger im Besitz der Rechnung sein (mit Hinweisen auf Rechtsprechung des EuGH, BFH und VwGH).
Die Rechtsmeinung des Finanzamtes widerspreche dieser Rechtsprechung.
Wenn Österreich die Anwendung des Richtlinienrechts bisher mangelhaft umsetze, werde unter Berufung auf die unmittelbare Anwendbarkeit der MwStSystRL eine unionsrechtlichskonforme Vorgangsweise ausdrücklich beantragt.
Aufgrund der zeitgleich stattfindenden Außenprüfung bei der Bf hinsichtlich der Umsatzsteuer 2015-2017, welche somit auch den beschwerdegegenständlichen Zeitraum mit umfasste, wurde mit dem Vorlageantrag bis nach Abschluss der Außenprüfung (Schlussbesprechung am ) zugewartet.
Im Zuge der Außenprüfung bei der Bf hinsichtlich der Umsatzsteuer 2015 bis 2017 wurden vom Prüfer folgende Änderungen des Vorsteuerabzuges für die betreffenden Zeiträume berechnet
2015: VSt. lt. Bescheid/Erklärung: € 1.271.013,90 / VSt. lt. AP: € 1.355.448,80
2016: VSt. lt. Bescheid/Erklärung: € 1.405.136,85 / VSt. lt. AP: € 1.399.432,80
2017: VSt. lt. Bescheid/Erklärung: € 2.079.447.38 / VSt. lt. AP: € 2.082.885,13
In den in der Zwischenzeit ergangenen Bescheiden zur Umsatzsteuer 2016 und 2017 der Bf wurde der im Zuge der Außenprüfung berechnete jeweilige Vorsteuerabzug von der Abgabenbehörde herangezogen und berücksichtigt.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Senat wurde mit Schreiben vom zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf ist ein großes, europaweit/international tätiges **EU** Unternehmen, das in Österreich Umsätze in Millionenhöhe erzielt und aus tausenden Eingangsrechnungen im beschwerdegegenständlichen Jahr 2015 ein Vorsteuerabzugsrecht hat.
Es bestehen keinerlei Zweifel an der grundsätzlichen Vorsteuerabzugsberechtigung der Bf aus diesen Rechnungen. Die fakturierten Lieferungen/Leistungen wurden für das Unternehmen der Bf erbracht, die Rechnungen entsprechen den gesetzlichen Voraussetzungen, es bestehen keinerlei Hinweise auf Missbrauch oder Umsatzsteuerbetrug.
Die Bf macht den Vorsteuerabzug jeweils in dem Kalenderjahr geltend, in welchem ihr (nach erbrachter Leistung) die Rechnungen auch tatsächlich vorliegen, dokumentiert mit dem angebrachten Eingangsstempel.
Insoweit erfolgte eine Einschränkung des Beschwerdebegehrens im Vorlageantrag und eine diesbezügliche Berichtigung für das Folgejahr 2016.
Fallweise langen Rechnungen aus im Vorjahr (gegenständlich 2014) an sie erbrachten Leistungen erst im Folgejahr (beschwerdegegenständlich 2015) bei ihr ein, die sie dann erst im Folgejahr für den Vorsteuerabzug berücksichtigt.
Vorsteuerbeträge aus Rechnungen mit Rechnungsdatum 2015, die erst im Jahr 2016 bei ihr einlangen, werden 2016 geltend gemacht.
Das Finanzamt beanstandetet diese Praxis der Bf und vertritt die Auffassung, dass der Vorsteuerabzug im selben Jahr wie das Rechnungsausstellungsdatum vorzunehmen sei.
Die Bf sieht darin eine gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßende Vorgangsweise und beruft sich insofern auf die unmittelbare Anwendung der MwStSystRL.
Nach dem Akteninhalt wurde der Vorlageantrag offensichtlich zunächst beim Finanzamt nicht angefunden und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Nach dem an das BFG elektronisch übermittelten Vorlageantrag datiert mit ist dieser aber mit (per Einschreiben) offenbar doch rechtzeitig beim Finanzamt Graz-Stadt eingelangt.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist insofern unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
§ 12 Abs. 1 UStG 1994:
Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. a) Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. …. ….
§ 20 UStG 1994 in der für die Entscheidung wesentlichen Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:
Veranlagungszeitraum und Einzelbesteuerung
(1) Bei der Berechnung der Steuer ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 von der Summe der Umsätze auszugehen, für welche die Steuerschuld im Laufe eines Veranlagungszeitraumes entstanden ist. Dem ermittelten Betrag sind die nach § 11 Abs. 12 und 14, die nach § 16 Abs. 2 und die gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d und Abs. 1e geschuldeten Beträge hinzuzurechnen. Ein Unternehmer, der für einen Betrieb den Gewinn gemäß § 2 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder gemäß § 7 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt, kann dieses Wirtschaftsjahr durch eine gegenüber dem Finanzamt abgegebene schriftliche Erklärung als Veranlagungszeitraum wählen; dies gilt jedoch nicht für Unternehmer, 1. die ihre Umsätze gemäß § 17 Abs. 2 nach vereinnahmten Entgelten berechnen oder
2. bei denen Voranmeldungszeitraum das Kalendervierteljahr ist oder
3. bei denen das Wirtschaftsjahr nicht mit Ablauf eines Kalendermonates endet.
Die Erklärung ist innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres abzugeben und bindet den Unternehmer an das für die Gewinnermittlung maßgebende Wirtschaftsjahr. Im Falle der Änderung des für die Gewinnermittlung maßgebenden Wirtschaftsjahres tritt auch eine entsprechende Änderung des Veranlagungszeitraumes für die Umsatzsteuer ein. Weicht der Veranlagungszeitraum vom Kalenderjahr ab, so finden die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 27 und § 21 Abs. 2 und Abs. 6 keine Anwendung.
(2) 1. Von dem nach Abs. 1 errechneten Betrag sind die in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen. …. ….
Die Bestimmungen der Richtlinie2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) lauten:
VORSTEUERABZUG
KAPITEL 1
Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug
Artikel 167
Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
KAPITEL 4
Einzelheiten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug
Artikel 178
Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:
a) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und dem Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 ausgestellte Rechnung besitzen;
b) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe b in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und das Erbringen von Dienstleistungen gleichgestellte Umsätze muss er die von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen;
c) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe c in Bezug auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen muss er in der Mehrwertsteuererklärung nach Artikel 250 alle Angaben gemacht haben, die erforderlich sind, um die Höhe der Steuer festzustellen, die für die von ihm erworbenen Gegenstände geschuldet wird, und eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 ausgestellte Rechnung besitzen;
d) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe d in Bezug auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gleichgestellte Umsätze muss er die von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen;
e) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe e in Bezug auf die Einfuhr von Gegenständen muss er ein die Einfuhr bescheinigendes Dokument besitzen, das ihn als Empfänger der Lieferung oder Importeur ausweist und den Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer ausweist oder deren Berechnung ermöglicht;
f) hat er die Steuer in seiner Eigenschaft als Dienstleistungsempfänger oder Erwerber gemäß den Artikeln 194 bis 197 sowie 199 zu entrichten, muss er die von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen.
Artikel 179
Der Vorsteuerabzug wird vom Steuerpflichtigen global vorgenommen, indem er von dem Steuerbetrag, den er für einen Steuerzeitraum schuldet, den Betrag der Mehrwertsteuer absetzt, für die während des gleichen Steuerzeitraums das Abzugsrecht entstanden ist und gemäß Artikel 178 ausgeübt wird.
Die Mitgliedstaaten können jedoch den Steuerpflichtigen, die nur die in Artikel 12 genannten gelegentlichen Umsätze bewirken, vorschreiben, dass sie das Recht auf Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt der Lieferung ausüben.
Artikel 180
Die Mitgliedstaaten können einem Steuerpflichtigen gestatten, einen Vorsteuerabzug vorzunehmen, der nicht gemäß den Artikeln 178 und 179 vorgenommen wurde.
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung/teilweise Stattgabe)
Strittig ist, ob die Bf den Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die mit Rechnungsdatum 2014 ausgestellt wurden, die aber erst 2015 bei der Bf einlangten, bereits für das Jahr 2014 vornehmen muss oder aber im Jahr 2015. Weiters, ob sie den Vorsteuerabzug aus Rechnungen datiert mit 2015, die erst 2016 bei der Bf einlangen, 2015 berücksichtigen muss.
Die Bf knüpft den Vorsteuerabzugszeitpunkt an das Jahr des Einlangens im Unternehmen, dokumentiert mit dem Eingangsstempel, das Finanzamt bindet den Vorsteuerabzug an das Jahr der Rechnungsausstellung.
Nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 in der für die Entscheidung wesentlichen Fassung sind die in den Veranlagungszeitraum fallenden nach § 12 abziehbaren Vorsteuerbeträge von der errechneten Umsatzsteuer abzusetzen.
Veranlagungszeitraum ist grundsätzlich das Kalenderjahr, ausnahmsweise auf Antrag das abweichende Wirtschaftsjahr (vgl. Ruppe / Achatz, UStG5, § 20 Tz 3).
Strittig ist gegenständlich, in welchen Veranlagungszeitraum Vorsteuerbeträge fallen.
Die Vorsteuer fällt in den Veranlagungszeitraum, in dem die Voraussetzungen für den Abzug erstmals vollständig erfüllt sind.
Das war bis zum Ergehen des Wartungserlasses 2016 nach der Praxis der Finanzverwaltung bei der Vorsteuer für Vorleistungen dann der Fall, wenn die Leistung erbracht war und der Unternehmer über eine mehrwertsteuertaugliche Rechnung verfügte (vgl UStR Rz 2702 idF vor Wartungserlass 2016). Judikatur und Praxis stellten hiebei grundsätzlich auf das Ausstellungsdatum und nicht auf das Einlangen der Rechnung ab (). Nur dann, wenn aus besonderen Gründen eine Rechnung so verspätet beim Leistungsempfänger einlangte, dass die Vorsteuer für den Veranlagungszeitraum der Leistung nicht mehr geltend gemacht werden konnte, wurde nach Anmerkung des Datums des Einlangens auf der Rechnung der Vorsteuerabzug im Veranlagungszeitraum des Einlangens zugelassen.
Mit dem Wartungserlass 2016 wurde UStR Rz 2702 an die Rsp des "Senatex", angepasst. Die Vorsteuern sind danach in jenem Besteuerungszeitraum abziehbar, in dem sämtliche Voraussetzungen für den Abzug erfüllt sind; auf die in UStR Rz 1831 vorgesehene Frist zur Berichtigung kommt es somit nicht mehr an (Ruppe / Achatz, UStG5, § 20 Tz 19).
Da der Vorsteuerabzug erst möglich ist, wenn alle geforderten Voraussetzungen vorliegen, ist § 12 Abs 1 UStG 1994 auch als Aussage zum (frühesten) Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges zu verstehen. Sieht man von den Anzahlungen ab, so kommt es für diesen Zeitpunkt somit darauf an, dass die Leistung ausgeführt worden ist und der Unternehmer über die Leistung eine Rechnung iSd § 11 erhalten hat (dazu auch "Terra Baubedarf"). Der Vorsteuerabzug kann somit frühestens in dem Voranmeldungszeitraum geltend gemacht werden, in dem beide Voraussetzungen erfüllt sind (das meint offenbar § 20 Abs 2; Ruppe / Achatz, UStG5, § 12 Tz 58).
Für Entstehung und Umfang des Vorsteuerabzugs sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistung maßgeblich.
Der Zeitpunkt, bis zu dem die Vorsteuer geltend gemacht werden muss, ergibt sich nicht aus § 12; dieser regelt nur die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs. Nach § 20 Abs 2 sind die "in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 abziehbaren Vorsteuerbeträge" bei der Berechnung der Steuer für den Veranlagungszeitraum abzuziehen. Die Vorschrift beinhaltet auch die Verpflichtung, Vorsteuerbeträge, für die die Voraussetzungen in einem Veranlagungszeitraum erfüllt sind, für diesen Zeitraum geltend zu machen. Praktisch besteht damit ein Wahlrecht, Vorsteuerbeträge, für die die Voraussetzungen des Abzuges in einem bestimmten Voranmeldungszeitraum erfüllt sind, in diesem Voranmeldungszeitraum oder erst in der Steuererklärung für den betreffenden Veranlagungszeitraum geltend zu machen. Einer Geltendmachung in einem späteren Veranlagungszeitraum steht § 20 Abs 2 entgegen (vgl a ). Ein unterbliebener Vorsteuerabzug kann nicht gem § 12 Abs 10 oder 11 berichtigt ("nachgeholt") werden (vgl -G/06; Ruppe / Achatz, UStG5, § 12 Tz 62).
Es entspricht der Rechtsprechung des EuGH, dass der Vorsteuerabzug (in der Regel) erst vorgenommen werden kann, wenn die Leistung ausgeführt wurde und der Unternehmer über eine mehrwertsteuergerechte Rechnung verfügt.
So führt der EuGH in der Rechtssache Terra Baubedarf-Handel GmbH, C-152/02, vom in Rz 34 aus:
"Auch wenn aber die deutsche Fassung dieser Bestimmung insoweit nicht eindeutig ist, so ergibt sich doch u. a. aus der französischen und der englischen Fassung der Sechsten Richtlinie, dass der Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 2 dieser Richtlinie für den Erklärungszeitraum vorzunehmen ist, in dem beide nach Artikel 18 Absatz 2 Unterabsatz 1 dieser Richtlinie erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung muss also bewirkt worden sein, und der Steuerpflichtige muss im Besitz einer Rechnung oder eines Dokuments sein, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als an die Stelle der Rechnung tretend betrachtet werden kann."
(Dazu ist anzumerken, dass in der englischen Fassung der MwStSystRL Art. 178 für den Leistungsempfänger verlangt … "he must hold an invoice".)
In der Rechtssache , Senatex GmbH, wiederholt der EuGH in Rz 35 unter Verweis auf C-152/02 diese Aussage: "Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 179 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 der Vorsteuerabzug global vorgenommen wird, indem der Steuerpflichtige von dem Steuerbetrag, den er für einen Steuerzeitraum schuldet, den Betrag der Mehrwertsteuer absetzt, "für die während des gleichen Steuerzeitraums das Abzugsrecht entstanden ist und gemäß Artikel 178 ausgeübt wird". Daraus folgt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich für den Zeitraum auszuüben ist, in dem zum einen dieses Recht entstanden ist und zum anderen der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist."
Ebenso führt der , Volkswagen AG, in Rz 43 unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung aus, dass das Recht auf Vorsteuerabzug zwar gleichzeitig mit dem Steueranspruch entsteht, dessen Ausübung jedoch nach Art. 178 dieser Richtlinie erst möglich ist, sobald der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist.
Vgl. auch , Wilo Salmson France, zum Vorsteuererstattungsverfahren, Rz 70, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug bei Leistungsausführung entsteht, und der Leistungsempfänger zusätzlich im Besitz einer Rechnung sein muss, um sein Vorsteuerabzugsrecht ausüben zu können.
Nach dem Wortlaut von Art. 167 und Art. 179 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie wird das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich während des gleichen Zeitraums ausgeübt, in dem es entstanden ist, dh wenn der Anspruch auf die Steuer entsteht (, Astone, Rz 31 und , Volkswagen AG, Rz 44).
Aus der EuGH Rechtsprechung folgt, dass der Besitz einer Rechnung zusätzliche Voraussetzung ist, um das Vorsteuerabzugsrecht ausüben zu können.
Dieses Recht wird grundsätzlich während des gleichen Zeitraums ausgeübt, in dem der Steueranspruch aus der zugrundeliegenden Leistung entsteht.
Legt man diese EuGH-Rechtsprechung der Auslegung des § 20 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 zugrunde, so ist als Zeitraum, in den die abziehbaren Vorsteuerbeträge "fallen", zwar grundsätzlich der Zeitraum, in dem der Steueranspruch aus der zugrundeliegenden Leistung entsteht, was in der Regel mit dem Rechnungsausstellungsdatum zusammenfallen wird.
Weicht aber dieser Zeitraum vom Zeitraum ab, in dem der Unternehmer in den (tatsächlichen) Besitz einer mehrwertsteuergerechten Rechnung gelangt, kann ihm das Recht auf Vorsteuerabzug für diesen Zeitraum nicht verwehrt werden im Sinne einer möglichen und gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der österreichischen Gesetzeslage.
Dies alles immer unter der Voraussetzung, dass es keine missbräuchliche Praxis oder betrugsbehaftete Vorgangsweise gibt, wozu im vorliegenden Sachverhalt nicht die geringsten Anzeichen bestehen.
Es ist im vorliegenden Fall sinngemäß auf die Ausführungen im Schlussantrag des Generalanwaltes vom , Rz 90 bis 93, in der Rechtssache C-9/20, Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136, , zu verweisen, wonach sich die Bf an den Wortlaut der MwStSystRL gehalten hat und ihr durch diese Vorgangsweise keinerlei mehrwertsteuerrelevanter Vorteil entstanden ist.
Nichts anderes ist der jüngeren VwGH-Rechtsprechung (nach Ergehen des , Terra Baubedarf Handel GmbH, und Folgeurteile), zu entnehmen (vgl. , RS1; ; ; , RS3; , RS5; , RS1).
Der VwGH verweist iSd EuGH-Rechtsprechung darauf, dass das Vorsteuerabzugsrecht entsteht, sobald die Leistung bewirkt wird, und dass die Ausübung des Rechts idR an den Originalrechnungsbesitz gebunden ist. Das Vorsteuerabzugsrecht "fällt" in den Veranlagungszeitraum, in dem die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erstmals vollständig erfüllt sind.
Gleichermaßen judiziert der BFH (vgl BFH vom , V R 33/01).
So ist für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in Deutschland in richtlinienkonformer Auslegung der MwStSystRL grundsätzlich das Rechnungseingangsdatum relevant und steht der Vorsteuerabzug erst im Zeitraum zu, in dem eine ordnungsgemäße Rechnung tatsächlich vorliegt. Bei zeitlichem Auseinanderfallen von Empfang der Leistung und Empfang der Rechnung ist der Vorsteuerabzug erst in dem Erstattungszeitraum zulässig, in dem beide Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Platzer/Koch/Stockinger in Leitfaden Vorsteuererstattung, Linde Verlag 2017, Deutschland, 3.1. Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs).
Die Bf hält sich daher mit ihrer Vorgangsweise jedenfalls an die durch den EuGH vorgegebene Rechtsauslegung und verzichtet auf die im Hinblick auf einen zu einem früheren Zeitpunkt teilweise möglichen Vorsteuerabzug, der auf das Datum der Rechnungsausstellung abstellt, unter Umständen günstigere Verwaltungspraxis in Österreich.
Eine doppelte Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge ist nicht ersichtlich.
Damit kann der Bf aber der Vorsteuerabzug wie vorgenommen nicht rechtswidrig verwehrt werden und war der Beschwerde im Umfang der Änderungen und Ausführungen im Vorlageantrag stattzugeben.
Im weiteren Verfahrensverlauf wird sicherzustellen sein, dass die im Vorlageantrag beschriebenen Berichtigungen die Vorsteuerbeträge der Folgejahre betreffend auch in den Umsatzbescheiden der Folgejahre entsprechend berücksichtigt werden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung folgt der Rechtsprechung des VwGH und EuGH, eine ordentliche Revision ist damit nicht zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 20 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 20 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 20 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | BFH , V R 33/01 , Senatex GmbH , Terra Baubedarf -G/06 , Volkswagen AG |
Zitiert/besprochen in | Kuderer in SWK 35/2022, 1350 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100130.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at