Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2022, RV/7101262/2020

Frühestmöglicher Beginn einer Berufsausbildung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101262/2020-RS1
Die Ansicht, dass irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden muss, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erfüllen, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung abgelehnt.
RV/7101262/2020-RS2
Gibt es nicht nur ein „Wunschstudium“, sondern werden zwei Ausbildungen näher in Betracht gezogen und wird eine davon dann tatsächlich begonnen, ist auf die tatsächlich begonnene Ausbildung als „Wunschstudium“ abzustellen und zu prüfen, ob diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen worden ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , Sozialversicherungsnummer ***5***, wonach zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.644,80) und Kinderabsetzbetrag (€ 584,00), insgesamt € 2.228,80 für die im November 1998 geborene ***6*** ***2*** für den Zeitraum November 2017 bis August 2018 zurückgefordert werden, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom

Die Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** beantwortete am ein Schreiben des Finanzamts betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom und gab an, dass ihre Tochter ***6*** ***2*** im September 2017 die Reifeprüfung ablegen und danach studieren werde. In der Anlage befand sich ein Jahreszeugnis eines Bundes-Oberstufenrealgymnasiums vom , wonach ***6*** ***2*** im Schuljahr 2018/17 auf Grund eines Nicht genügend in Mathematik die achte Schulstufe nicht erfolgreich abgeschlossen habe.

Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom

Die Bf beantwortete am ein weiteres Schreiben des Finanzamts betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom und gab an, dass ihre Tochter ***6*** ***2*** im Oktober 2017 die Reifeprüfung ablegen und danach studieren werde. Es wurde eine Bestätigung des BORG vom vorgelegt, wonach ***6*** ***2*** derzeit Kandidatin zur schriftlichen und mündlichen Reifeprüfung sei, für die sie sich angemeldet habe. Die Reifeprüfung (1. Nebentermin 2016/17) finde im September und Oktober 2017 statt.

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt ersuchte die Bf mit Ergänzungsersuchen vom um:

Reifeprüfungszeugnis (bitte die weitere Tätigkeit (Studium, Beschäftigung ...) bekanntgeben) und Fortsetzungsbestätigung/Inskriptionsbestätigung von ***6***

Am übermittelte die Bf das Reifeprüfungszeugnis für ***6*** ***2*** vom und gab bekannt, dass ihre Tochter ***6*** ***2*** im Sommersemester 2018 an der Universität Wien studieren werde.

Höhere Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe

Im elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt findet sich ein Schreiben der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe vom an ***6*** ***2***, wonach diese nach einem Aufnahmeverfahren für das viersemestrige Kolleg für Mode, Schulbeginn am , aufgenommen worden sei. Es gibt dazu eine Schulbesuchsbestätigung vom für die Zeit vom bis und eine vom für die Zeit von bis sowie für das erste Semester des Schuljahres 2018/19 ein positives Semesterzeugnis (15 Wochenstunden) vom .

"Antrag" vom

Unter Verwendung des Formulars Beih 100-PDF beantragte die Bf Familienbeihilfe für ***6*** ***2*** wegen "Schulbesuchsbestätigung" und legte die Schulbesuchsbestätigung vom bei. Tatsächlich dürfte nur die Schulbesuchsbestätigung vorgelegt worden sein.

Bescheid

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.644,80) und Kinderabsetzbetrag (€ 584,00), insgesamt € 2.228,80 für die im November 1998 geborene ***6*** ***2*** für den Zeitraum November 2017 bis August 2018 zurück. Die Begründung dazu lautet:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Da Ihre Tochter erst seit September 2018 das Kolleg für Mode besucht, besteht für oben angeführten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob die Bf Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid und führte aus:

... meine Tochter, ***6*** ***2*** hat im Oktober 2017 zum Nachtermin maturiert.

Der Unterricht im Modekolleg Michelbeuern beginnt immer im WS mit Anfang September. Daher konnte sie das Modekolleg Michelbeuem erst im WS 2018/2019 besuchen.

Die Aufnahmegespräche für das Modekolleg Michelbeuern absolvierte sie WS 2017/18 und die Zusage wurde im SS 2018 bestätigt.

So hat meine Tochter diese Ausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wie in der Anspruchsbegründung für die Berechtigung für den Bezug der Familienbeihilfe gefordert wird.

Der Wunsch an der Universität für Angewandte Kunst ein Studium im SS 2018 zu beginnen, wäre ohne Aufnahmeverfahren im SS 2018 nur als Gasthörer bzw.- außerordentlicher Hörer möglichgewesen, und hätte ihr nicht die Möglichkeit für eine Ausbildung mit Abschluss gegeben. So entschied sich meine Tochter nach positiver Zusage für das Modekolleg.

Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass meine Tochter in diesem Zeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe hat, da sie wie in der Anspruchsbegründung angeführt, zum frühestmöglichen Beginn ihre gewünschte Schulausbildung fortgesetzt hat.

Wir haben Ihnen außerdem zu jedem Zeitpunkt den tatsächlichen IST-Zustand schriftlich mitgeteilt.

Im Anhang senden wir Ihnen alle Bestätigungen gerne nochmals zu Ihrer Verwendung ...

Beigefügt waren

1. ) Reifeprüfungszeugnis

2. ) Zusage Modekolleg Michelbeuem HLMW9

3. ) Schulbesuchsbestätigung WS 2018/2019

4. ) Semesterzeugnis WS 2018/2019

5. ) Schulbesuchsbestätigung SS 2019

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie für einen Beruf ausgebildet oder in einer Fachschule fortgebildet werden und ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung eines Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird (lit. d) und für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird (lit. e).

Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Die Aufnahme als ordentliche Hörerin oder ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.

rechtliche Würdigung:

Aufgrund der oben genannten gesetzlichen Grundlagen ergibt sich, dass für volljährige Kinder grundsätzlich für die Monate einer Berufsausbildung ein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben ist.

Nur in zwei Fällen normiert das FLAG 1967 einen Anspruch auf Familienbeihilfe für "Zwischenzeiten" oder "Überbrückungszeiten". Beihilfenanspruch besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 für die Zeit nach Abschluss der Schulausbildung bis zum frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung und gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und der frühestmöglichen Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung.

Zum Begriff "frühestmöglich" wird in der Literatur (vgl Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 132) die Ansicht vertreten, dass der frühestmögliche Zeitpunkt jener ist, zu dem die "Inskription der gewählten Studienrichtung" vorgenommen werden kann. In der Folge wird näher ausgeführt, dass es sich dabei um jenen Zeitpunkt handelt, zu dem ein Kind, das alle Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, mit der Ausbildung hätte beginnen können. Ob in einem konkreten Fall letztlich persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung in Zusammenhang stehende Gründe den (frühestmöglichen) Beginn verhindern, ist dabei unbeachtlich, (vgl RV/7102287/2017)

Unbestreitbar ist, dass ***6*** mit Ablegung der Matura im Oktober 2017 ihre Schulausbildung beendet hat. Daran anschließend folgte eine Zeitspanne, in der tatsächlich keine Berufsausbildung absolviert wurde. Tatsache ist, dass sich ***6*** spätestens mit Beginn des Sommersemesters 2018 für ein Studium inskribieren hätte können. Eine Ausweitung des Anspruchsgrundes auf Zeiten, in denen das Kind nicht in Berufsausbildung steht, weil eine Berufsausbildung (nach Abschluss der Schulausbildung) nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen werden kann, entspricht nicht den gesetzlichen Vorschriften und der Judikatur. Daraus folgt, dass die Familienbeihilfe im rückgeforderten Zeitraum ohne Vorliegen eines Anspruchsgrundes und somit zu Unrecht von Ihnen bezogen wurde.

Daher ist Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag, in dem sie ausführte:

Ich beantrage die Vorlage meiner Beschwerde an das Gericht und die Festsetzung einer mündlichen Verhandlung zur Durchführung meiner Anhörung.

Als Grundlage verweise ich auf den Inhalt und den Antrag meiner Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid.

Ergänzend ersuche ich zu berücksichtigen:

Meine Tochter ***6*** leidet seit ihrer Kindheit an Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die eine sehr große Einschränkung auf ihr Leben gebracht haben.

Nach extremer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes hatte sie vor allem in der Oberstufe des Gymnasiums viele krankheitsbedingte Fehlstunden vom Unterricht.

So hat sich durch die bestandene Matura zum Nachtermin im Oktober 2017 bis zum frühestmöglichen Beginn der Ausbildung am Modekolleg Michelbeuern im September 2018 für meine Tochter die Möglichkeit geboten, sich um die Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes zu kümmern.

Ihr Ziel war es mit nicht mehr so großen Einschränkungen und Anstrengungen wie bisher ihre weitergehende Ausbildung zu beginnen.

Wir haben keine Notwendigkeit gesehen unsere Tochter eine "Schein" Ausbildung beginnen zu lassen zur Überbrückung des Sommersemesters 2018, da für uns ihre Genesung und ein Kräfte sammeln für ihre gewünschte Ausbildung Priorität hatte.

Unter Berücksichtigung der Umstände ersuche ich um Nachsicht von der Rückforderung. ...

Beigefügt waren:

1.) Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückforderung ()

2.) Ärztlicher Befund

3.) Reifeprüfungszeugnis

4.) Semesterzeugnis WS 2018/19

5.) Semesterzeugnis SS 2019

6.) Schulbesuchsbestätigung WS 2019/20

Eine Ärztin für Allgemeinmedizin bestätigte am , dass ***6*** ***2*** an Histaminintoleranz, Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit., chron. Kopfschmerzen, vegetative Dysbalance, massiver Meteorismus bei chron. unspez. Colitis( Leaky Gut) prolongierter Obstipation leide. Daher müsse sie ständig eine sehr aufwendige und einseitige Diät halten und regelmäßig ein Medikament nehmen.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Sachverhalt:

Mit Rückforderungsbescheid vom wurde für das am xx.xx.1998 geborene Kind ***6*** von der Bf Familienbeihilfe für den Zeitraum November 2017 - August 2018 zurückgefordert. In diesem Zeitraum befand sich die Tochter der Bf in keiner Schul- bzw Berufsausbildung. ***6*** bestand am (zum ersten Nebentermin für das Schuljahr 2016/2017) die Reifeprüfung und begann am ein Kolleg für Mode. Laut Vorbringen und ärztlicher Bestätigung leidet die Tochter an Nahrungsunverträglichkeiten wie Histaminintoleranz, Fruktose- und Laktoseunverträglichkeit.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Gemäß § 2 Abs 1 lit d FLAG steht FB für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung nur zu, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. Ist Voraussetzung für das im Zeitpunkt des Abschlusses der Schulausbildung gewünschte Studium eine Aufnahmeprüfung, ist objektiv der Beginn des Studiums erst nach positiver Ablegung dieser Prüfung möglich und daher frühestmöglicher Beginn dieses Studiums jener Termin, zu dem das Studium nach bestandener Aufnahmeprüfung erstmals begonnen werden kann, wenn ohne Verzögerung nach Abschluss der Schulausbildung zur nächstmöglichen Aufnahmeprüfung angetreten wird.

Die Bf brachte selbst in ihrer Beschwerde vor, dass das grundsätzliche Wunschstudium ihrer Tochter ein Studium an der Universität für angewandte Kunst war. Dieses Studium hätte aber nach Ablegen der Zulassungsprüfung schon im Sommersemester 2018 begonnen werden können. Das "Kräfte Sammeln" im Sommersemester aufgrund der Nahrungsunverträglichkeiten der Tochter sind subjektive Gründe, die objektiv nicht den verspäteten Einstieg in die Berufsausbildung begründen.

Da die Tochter der Bf somit schon im Sommersemester 2018 in einem (Wunsch-)Studium inskribieren konnte und folglich nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Berufsausbildung begonnen hat, ist die Beschwerde abzuweisen.

Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung

Am8.8.2022 zog die Bf den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die die im November 1998 geborene ***6*** ***2*** ist Tochter der Bf ***1*** ***2***.

***6*** ***2*** legte am die Reifeprüfung ab. Ein Studium im Wintersemester 2017/2018 hätte sie auf Grund der erst Mitte Oktober 2017 bestandenen Reifeprüfung nicht beginnen können.

***6*** ***2*** überlegte, ob sie ein Studium an der Universität für angewandte Kunst Wien im Sommersemester 2018 beginnen solle, was aber mangels Absolvierung eines Aufnahmeverfahrens nur als Gasthörer oder außerordentlicher Hörer möglich gewesen wäre. Die Zulassung zu einem Diplom-, Bachelor- oder Masterstudium an der Universität für angewandte Kunst Wien setzt die Feststellung der künstlerischen Eignung im Rahmen einer Zulassungsprüfung voraus. Nach positiv absolvierter Zulassungsprüfung muss innerhalb der Zulassungsfrist (frühestens innerhalb der Zulassungsfrist des auf die Prüfung folgenden Wintersemesters) ein Antrag auf Studienzulassung gestellt werden. Der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Studienbeginn an der Universität für angewandte Kunst Wien wäre daher (unter der Voraussetzung, dass vorher die Zulassungsprüfung positiv abgelegt wurde) das Wintersemester 2019/2019 gewesen. Gleichzeitig erwog sie eine Ausbildung an der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe, die bei einer Matura im Oktober 2017 ebenfalls frühestens im Herbst 2018 begonnen werden konnte.

***6*** ***2*** entschied sich für das viersemestrige Kolleg für Mode an der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe. Dazu musste sie ein Aufnahmeverfahren absolvieren und begann die Ausbildung an dieser Lehranstalt zum frühestmöglichen Termin nach Ablegung der Matura im September 2018.

***1*** ***2*** bezog für ***6*** ***2*** im Zeitraum November 2017 bis August 2018 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wie im Spruch angegeben.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen der Bf. Sie wurden vom Finanzamt auch nicht substanziell bestritten. Dass ein Studienbeginn an der Universität für angewandte Kunst Wien bei bestandener Zulassungsprüfung genauso frühestens mit dem Wintersemester 2018/2019 möglich gewesen wäre, ergibt sich aus den entsprechenden Fristen der Universität (siehe https://www.dieangewandte.at/studium/studieren/zulassung).

Dass ein Studium an der Universität für angewandte Kunst Wien nicht das alleinige "Wunschstudium" war, sondern eine von mehreren von der Tochter in Betracht gezogenen Möglichkeiten, entspricht der Lebenserfahrung. Letztlich hat die Tochter als "Wunschstudium" eine Ausbildung gewählt, die ihr im Gegensatz zu einem Universitätsstudium schon nach vier Semestern einen Ausbildungsabschluss und damit einen Start in das Berufsleben ermöglicht. Darüber hinaus ist offen, ob die Tochter bereits zum ersten Termin das Aufnahmeverfahren bestanden hätte oder es noch ein weiteres Jahr bis zu einem allfälligen Studienbeginn gedauert hätte. Dass ein früherer Ausbildungsbeginn am Kolleg für Mode an der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe möglich gewesen wäre, wurde vom Finanzamt nicht behauptet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass in dieses Kolleg ein Quereinstieg bereits im Sommer 2018 möglich gewesen wäre.

Rechtsgrundlagen

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist somit zu prüfen, ob die Bf im Rückforderungszeitraum November 2017 bis August 2018 Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihre Tochter ***6*** ***2*** hatte.

Rechtsprechung des VwGH

In seiner Rechtsprechung hat sich der VwGH wiederholt zur Frage des frühestmöglichen Zeitpunkts des Beginns eines "Wunschstudiums" nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 und zum allfälligen Vorliegen eines Studienwechsels geäußert. Zunächst ist auf einige länger zurückliegende Entscheidungen zu verweisen, dann auf die jüngsten Erkenntnisse:

Dem Erkenntnis zu § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Sohn nach dem Grundwehrdienst im März 2007 einen Bachelorstudiengang an einer Fachhochschule beginnen wollte, er aber dafür nach einem Test eine Absage erhalten habe. Er habe dann im Oktober 2007 ein Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien begonnen. Das Studium an der Fachhochschule wurde tatsächlich nie begonnen. Der Verwaltungsgerichtshof führte unter anderem aus:

Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfordert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die tatsächliche Fortsetzung oder den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes.

Die Möglichkeit, eine bestimmte gewünschte Berufsausbildung zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt zu beginnen, war auch im Jahr 1980 zur Zeit der Schaffung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG bereits fallweise von einer Bewerbung, von einem Auswahlverfahren und von einer Zulassung zur Ausbildung oder von einer Aufnahme in eine Ausbildungseinrichtung abhängig. Beschränkungen des Zugangs zu einer Berufsausbildung - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze mögen zwar im Streitzeitraum des Jahres 2007 weit mehr verbreitet gewesen sein als im Jahr 1980, waren aber auch aus der Sicht des Gesetzgebers des Jahres 1980 bereits vorhersehbar und nicht auszuschließen. Fälle, in denen zwar der gewünschte und angestrebte Beginn der frühestmögliche nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes ist, der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung aber wegen der erwähnten Beschränkung später erfolgt, oder Fälle, in denen die iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG frühestmögliche Berufsausbildung zwar gewünscht und angestrebt wird, aber dieser Wunsch nach einem Aufnahme- oder Bewerbungsverfahren tatsächlich nicht oder nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt werden kann, bilden daher keine planwidrige Lücke, die durch Ausdehnen des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG auch auf jene Fälle (durch Analogie) geschlossen werden müsste.

Soweit der Beschwerdeführer die von seinem Sohn angestrebte Ausbildung an der Fachhochschule ins Treffen führt, ist der belangten Behörde im Ergebnis Recht zu geben, dass einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellen und im Falle des Unterbleibens der Ausbildung (weil der Bewerber nicht aufgenommen wurde - wobei es unerheblich ist, ob mangels hinreichender Qualifikation etwa auf Grund eines negativen Testergebnisses bei der Bewerbung oder "lediglich infolge Platzmangels" -) diese Berufsausbildung eben nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen wird.

Das Risiko, für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeitlich vorgestaffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, ist Berufsausbildungen, welche keinen unbeschränkten Zugang haben, immanent. Die von der belangten Behörde angesprochene Möglichkeit, eine andere als die bevorzugte Ausbildung zu beginnen, für welche keine solche Beschränkung besteht, im Beschwerdefall etwa bereits mit dem Sommersemester 2007 an der Wirtschaftsuniversität zu inskribieren, wäre nur eine von mehreren Möglichkeiten gewesen, einem solchen Risiko zu begegnen. Die andere als die bevorzugte Ausbildung erst dann zu beginnen, nachdem sich eine solche Beschränkung als schlagend erwiesen hatte und das Risiko verwirklicht war, stellt lediglich eine weitere Möglichkeit dar, auf solch ein Risiko zu reagieren.

Im Beschwerdefall wurde die tatsächliche Berufsausbildung jedenfalls mit der Inskription an der Wirtschaftsuniversität mit dem Wintersemester 2007/2008 begonnen. Diese Berufsausbildung wäre im Beschwerdefall bereits mit dem Sommersemester 2007 möglich gewesen, weshalb der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, dass sie den Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als nicht erfüllt ansah, weil diese Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde.

Hier ging es um ein Medizinstudium, das der Sohn nach Ende des Ausbildungsdienstes am in der letzten Augustwoche 2011 begonnen und die Zeit bis dahin mit einem Sprachkurs, einem Praktikum und einem begonnenen Biologiestudium überbrückt hat. Unter anderem führte das Höchstgericht aus:

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte frühestmöglich im Herbstsemester 2010/2011 mit dem Medizinstudium beginnen können, liegt daher die unrichtige Rechtsauffassung zu Grunde, für die Zulassung zum Studium bedarf es nicht des positiven Abschlusses des Auswahlverfahrens. Zudem hat der Beschwerdeführer zutreffend eingeräumt, dass es nicht auf allfällige Möglichkeiten vor Beendigung des Ausbildungsdienstes, sondern auf die ab diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse ankommt.

Stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf den Umstand, der Sohn des Beschwerdeführers habe tatsächlich das Biologiestudium begonnen, was er bereits ein Semester früher hätte tun können, stellt sie andererseits im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers fest, die gewünschte Ausbildung des Sohnes des Beschwerdeführers sei das Studium der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität gewesen. Hat der Beschwerdeführer nach dem Ausbildungsdienst die ins Auge gefasste Ausbildung des Studiums der Humanmedizin, dann auch tatsächlich zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, dann ist der (frühere) Beginn des Biologiestudiums nicht maßgeblich. Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführte Erkenntnis vom , Zl. 2011/16/0057, liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde, dort wurde nach einer Aufnahmephase - anders als im Beschwerdefall - das gewünschte Studium nicht begonnen. Für die Beantwortung der im Beschwerdefall wesentlichen Rechtsfrage finden sich im zitierten Erkenntnis keine Anhaltspunkte.

Wäre der Beginn der vom Sohn des Beschwerdeführers auch tatsächlich begonnenen Berufsausbildung des Studiums der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität nach der Beendigung des Ausbildungsdienstes am wegen der Zulassungsvoraussetzung eines Aufnahmeverfahrens erst im Sommer 2011 frühestens mit dem Wintersemester 2011/12 möglich gewesen, läge ein Fall des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG vor, weshalb für die Zeit zwischen der Beendigung des Ausbildungsdienstes und dem Beginn der Berufsausbildung, Familienbeihilfe zustünde.

Da der Sachverhalt für eine abschließende rechtliche Beurteilung in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf, nämlich hinsichtlich der Frage der konkreten Zulassungsvoraussetzungen für das Studium der Humanmedizin für das Wintersemester 2011/2012, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Dieses Erkenntnis erging zu § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967. Hier hatte sich der Sohn sofort nach Abschluss des Zivildienstes im April 2013 um die Aufnahme in den Exekutivdienst beworben. Da das Auswahlverfahren längere Zeit in Anspruch nahm, erfolgte die Aufnahme in den Polizeidienst erst im März 2014. Der Verwaltungsgerichtshof führte unter anderem aus:

23 Die Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals "zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen" hat sich am Bestimmtheitsgebot des rechtsstaatlichen Grundsatzes (Art. 18 B-VG) zu orientieren, wonach eine gesetzliche Vorschrift einen soweit bestimmbaren Inhalt haben muss, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann (vgl. etwa die Erkenntnisse des ua, VfSlg 19.749, und vom , B 1868/92, VfSlg 13.460).

24 Das Finanzamt tritt den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes nicht entgegen, dass ein Bewerber um die im Revisionsfall in Rede stehende Berufsausbildung den zeitlichen Ablauf zwischen seinem Bewerbungsgesuch und dem tatsächlichen Beginn der Ausbildung nicht beschleunigen, die Zeit bis zum tatsächlichen Beginn der Ausbildung nicht verkürzen könne, und dass zu den Eignungstests durch die Landespolizeidirektion eingeladen werde.

25 Es besteht kein Hinweis darauf, dass das Aufnahmeverfahren für die in Rede stehende Ausbildung mit einem für einen Bewerber zeitlich bestimmbaren Ablauf in einer allgemein, zumindest für Interessenten zugänglichen Art festgelegt wäre.

26 Damit ist für einen solchen Bewerber im Zeitpunkt der Abgabe seiner Bewerbung noch nicht absehbar, wann der konkrete Beginn der Ausbildung erfolgen werde.

27 Ist von einem Bewerber jedoch der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausbildungsbeginns nicht ersichtlich und ist daher nicht berechenbar, wann (wie lange vor Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes) er sich bewerben müsste, um möglichst unmittelbar nach Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, so würde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG, vom Bewerber zu fordern, sich gleichsam "auf gut Glück" möglichst lange vor dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes zu bewerben, um "möglichst rasch" nach Ende dieses Dienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, der Bestimmung einen unsachlichen Inhalt beimessen.

28 Vielmehr ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG dann entsprochen, wenn die Bewerbung um eine solche Ausbildung unmittelbar nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes erfolgt und in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl.) ohne dem Bewerber anzulastende Verzögerung gesetzt werden.

29 Das Bundesfinanzgericht spricht von einer Bewerbung "im April 2013". Dass bei einer früheren Bewerbung, nämlich an den ersten Tagen des April 2013, die Ausbildung tatsächlich früher als - wie im Revisionsfall - am begonnen hätte, wird vom revisionswerbenden Finanzamt nicht behauptet.

30 Dass der Sohn des Mitbeteiligten vor dem Zivildienst eine Berufsausbildung (in Form einer Schulausbildung an einem Bundesoberstufenrealgymnasium) begonnen und nach Ende des Zivildienstes nicht fortgesetzt habe (zur Reifeprüfung nicht mehr angetreten sei), ist im Revisionsfall ohne Belang. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG, des Beginns einer Berufsausbildung, stellt nicht darauf ab, dass vor dem Zivildienst eine andere Berufsausbildung begonnen und nicht abgebrochen, sondern bereits abgeschlossen worden wäre.

Dem Erkenntnis liegt der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter ein Harfestudium beginnen wollte. Tatsächlich sei nach Beendigung der Schulausbildung im Oktober 2014 mit dem Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaft" und anderen Studien begonnen worden, da zwar die jährlichen Zulassungsprüfungen zum Harfestudium an der MUK Privatuniversität Wien bestanden worden seien, es aber an Studienplätzen gemangelt habe. Tatsächlich wurde dann im Sommersemester 2016 an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz mit dem Harfestudium begonnen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem ausgeführt:

29 Der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG ist grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.

30 So hat es der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, betreffend die insoweit vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als unmaßgeblich erachtet, dass der Sohn des damaligen Beschwerdeführers als Überbrückung vor der Aufnahme des gewünschten und tatsächlich begonnenen Studiums der Humanmedizin das Biologiestudium begonnen hat.

31 Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auslösende, Berufsausbildung dar.

32 Erfüllt ein zur Überbrückung der Wartezeit nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG aufgenommenes Studium aber nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, kann mit der Aufnahme des Wunschstudiums zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber auch kein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegen. Damit stellen sich aber Fragen zur Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln für den Anspruch auf Familienbeihilfe von vornherein nicht.

33 Dem Umstand, dass die frühestmögliche Aufnahme des von vornherein ins Auge gefassten Studiums mit der Aufgabe (Abbruch) des zur Überbrückung der Wartezeit begonnenen Studiums für die Frage der Familienbeihilfe keinen Studienwechsel darstellt, für die Frage der Studienbeihilfe jedoch nach den Bestimmungen des § 17 StudFG schon, stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Widerspruch dar, verfolgen das FLAG und das StudFG doch unterschiedliche Zielsetzungen. So handelt es sich bei der Familienbeihilfe um einen vom Einkommen des Anspruchsberechtigten grundsätzlich unabhängigen Beitrag zur Unterhaltslast, während die Studienbeihilfe einen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängigen Beitrag zu den Kosten des Studiums darstellt.

34 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die gewünschte Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde.

35 Wie sich aus dem (zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG ergangenen) Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, ableiten lässt, ist in einem solchen Fall für die Frage der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG maßgebend, ob die tatsächlich begonnene Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde. Nur in diesem Fall kommt ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und der tatsächlich aufgenommenen Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG in Betracht. Für die tatsächlich aufgenommene Berufsausbildung steht aber (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ein eigenständiger Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu. Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.

36 Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu.

37 Nach § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG liegt kein schädlicher Studienwechsel vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurde.

38 Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. , VwSlg 16.856/A). Davon wäre im revisionsgegenständlichen Fall aber nicht auszugehen, war S doch nicht daran gehindert, das von ihr betriebene Studium "Vergleichende Literaturwissenschaft" erfolgreich fortzusetzen (vgl. auch ).

39 Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 2011/16/0076 und 2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einen Studienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre

40 Damit liegt aber auch dann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG² § 2 Rz 103).

41 Die vom Bundesfinanzgericht getroffenen Feststellungen, insbesondere zu den konkreten Zulassungsvoraussetzungen und den Fristen und Terminen im konkreten Aufnahmeverfahren, lassen jedoch keine abschließende rechtliche Beurteilung zu, ob S das Studium "Instrumental (Gesangs)pädagogik - Klassik Harfe" zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss ihrer Schulausbildung aufgenommen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, zum Ausdruck gebracht hat, liegt keine zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnene Berufsausbildung vor, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - erst später erfolgt.

Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter im Jänner 2018 die Reifeprüfung abgelegt und das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate Februar bis August 2018 zurückgefordert hat, weil sich die Tochter seit der Reifeprüfung nicht mehr in Berufsausbildung befinde, da die Tochter im Sommersemester nicht mit irgendeinem Studium begonnen habe. Das BFG vertrat die Ansicht, dass keine Rückforderung zu erfolgen habe, da der Studiengang an der Fachhochschule jeweils im September beginne und die Tochter zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Reifeprüfung im September 2018 mit dem Studiengang begonnen habe.

Der der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem ausgeführt:

10 In dem vom revisionswerbenden Finanzamt zitierten Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, beabsichtigte der Sohn des damaligen Beschwerdeführers nach Beendigung des Grundwehrdienstes im Februar 2007 ab September 2007 einen Bachelor-Studiengang an der Fachhochschule zu beginnen. Nachdem der Sohn des Beschwerdeführers das Aufnahmeverfahren absolviert hatte, wurde ihm im Juli 2007 mitgeteilt, dass er keinen der 68 möglichen Studienplätze an der Fachhochschule erhalte. Daraufhin inskribierte der Sohn des Beschwerdeführers als ordentlicher Studierender im Wintersemester 2007/08 an der Wirtschaftsuniversität Wien.

11 Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Ansicht des Bundesfinanzgerichts, wonach der Sohn des damaligen Beschwerdeführers nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Grundwehrdienstes die (tatsächliche) Berufsausbildung begonnen hat. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfordert die tatsächliche Fortsetzung oder den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes. Einer Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs stellen noch keine Ausbildung dar, sodass bei Unterbleiben einer Ausbildung diese Berufsausbildung nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen wird. Da der Sohn des damaligen Beschwerdeführers die tatsächliche Berufsausbildung an der Wirtschaftsuniversität erst mit dem Wintersemester 2007/08 begann, diese aber bereits mit dem Sommersemester 2007 hätte beginnen können, sah der Verwaltungsgerichtshof den Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als nicht erfüllt an.

12 Entgegen der Ansicht des revisionswerbenden Finanzamts lässt sich aus diesem Erkenntnis jedoch nicht ableiten, dass nach Abschluss der Schulausbildung mit dem zeitlich nächstmöglichen Studium begonnen werden muss, um zum "frühestmöglichen Zeitpunkt" iSd § 2 Abs. 1 lit. d FLAG mit der Berufsausbildung zu beginnen.

13 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, zum Ausdruck gebracht hat, kommt es vielmehr darauf an, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird. Wird die gewünschte Berufsausbildung nicht aufgenommen, kommt ein Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d oder lit. e FLAG nur dann in Betracht, wenn mit der tatsächlich aufgenommenen Ausbildung zu dem für diese Ausbildung frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (vgl. nochmals , VwSlg 8643/F).

14 Dass das Bundesfinanzgericht im revisionsgegenständlichen Fall nicht davon hätte ausgehen dürfen, dass die Tochter der Revisionswerberin mit der tatsächlichen Berufsausbildung an der Fachhochschule zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen hat, macht die Amtsrevision, die der Feststellung des Bundesfinanzgerichts, wonach ein Beginn des Bachelor-Studiengangs an der Fachhochschule im März 2018 nicht möglich war, nicht entgegen tritt, nicht einsichtig.

Dem Erkenntnis lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter im Februar 2019 die Reifeprüfung abgelegt und das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate März und April 2019 zurückgefordert hat, weil sich die Tochter seit der Reifeprüfung nicht mehr in Berufsausbildung befinde. Das BFG vertrat die Ansicht, dass keine Rückforderung zu erfolgen habe, da die Tochter die nur einmal jährlich stattfindende Zulassungsprüfung im Mai 2019 für ein Kunststudium erfolgreich abgelegt und daraufhin zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Oktober 2019 zu studieren begonnen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Abweisung der Amtsrevision unter anderem ausgeführt:

15 Gemäß § 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) werden zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie die nach dem FLAG vorgesehenen Leistungen gewährt.

16 Zu diesen Leistungen zählt die im Abschnitt I (§§ 2 bis 29) FLAG geregelte Familienbeihilfe.

17 Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden; der Anspruch erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

18 Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, welcher Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

19 Gemäß § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG) steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe zu. Werden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.

20 Dem FLAG liegt die verfahrensrechtliche Ausgestaltung zugrunde, dass die monatlich gewährte Familienbeihilfe (grundsätzlich auf Grund eines Antrags - § 10 Abs. 1 FLAG) so lange geleistet wird, als ein Anspruch besteht (§ 10 Abs. 2 FLAG).

21 Daraus folgt, dass Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich ex ante zu prüfen sind (vgl. für viele insb. , VwSlg 8.752/F).

22 Der Gesetzgeber hat dem etwa bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Studienerfolgs (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG) Rechnung getragen, wenn für die ersten beiden Semester die Aufnahme als ordentlicher Hörer ausreicht, ab dem zweiten Studienjahr aber der Studienerfolg des vergangenen Jahres für das jeweils folgende Jahr ausschlaggebend ist (vgl. , VwSlg 9.099/F).

23 Nur ausnahmsweise ist eine ex post Betrachtung vorzunehmen, wenn etwa die Höhe eines beihilfenschädlichen Einkommens des Kindes zu prüfen ist (§ 5 Abs. 1 FLAG; vgl. ) oder wenn zur Anspruchsvoraussetzung zu prüfen ist, ob nach dem Anspruchszeitraum eine Berufsausbildung zum "frühest möglichen" Zeitpunkt begonnen wird (§ 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG). Solche ex post Betrachtungen können dann ebenso zur Rückforderung nach § 26 Abs. 1 FLAG führen wie Rückforderungen, weil die Anspruchsvoraussetzungen von vorneherein nicht oder nicht mehr vorgelegen sind.

24 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG besteht Anspruch auf Familienbeihilfe "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird;"

25 Die Bestimmung wurde durch Art. 135 Z 4 des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 eingeführt. Die Materialien (ErlRV 981 BlgNR 24. GP, 224) führen dazu aus:

"Die Familienbeihilfe wird grundsätzlich bis zum Abschluss der Berufsausbildung gewährt. Bisher wurde auch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung soll diese Leistungsgewährung entfallen.

Demzufolge sind auch redaktionelle Anpassungen erforderlich.

Damit während der Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keine Lücke entsteht, ist eine ergänzende Regelung im FLAG 1967 aufzunehmen. Durch diese Regelung soll insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig sind."

26 Die vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG betreffend die Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd leg. cit. und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes begonnen wird, war - damals noch die Zeit nach Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes regelnd - durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 269/1980 geschaffen worden. Der Vorschlag zu dieser Bestimmung war in der Regierungsvorlage (312 BlgNR 15. GP) noch nicht enthalten und findet sich ohne nähere Begründung in einem Abänderungsantrag (36. Sitzung NR XV. GP - Stenographisches Protokoll vom , S. 3559).

27 Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG erfordert dieser Tatbestand, dass die weitere Berufsausbildung tatsächlich begonnen wird. Dies kann zwar lediglich in einer ex post-Prüfung abschließend beurteilt werden, doch wird bei voraussichtlicher Erfüllung des Tatbestandes die Familienbeihilfe laufend gewährt und bei einer ex post-Prüfung allenfalls zurückgefordert.

28 Die weitere Berufsausbildung wird nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung etwa wegen der durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu erst später erfolgt oder wenn ein zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Aufnahmetest oder eine Aufnahmeprüfung nicht bestanden wird. Damit ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht erfüllt (vgl. auch , VwSlg 8.643/F, und ).

29 Dem Risiko, solche Zulassungsvoraussetzungen nicht zu erfüllen, kann u.a. dadurch begegnet werden, dass vorerst eine Tätigkeit aufgenommen wird (zB ein anderes Studium begonnen wird), welche bei späterer tatsächlicher Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen für die (primär) angestrebte Berufsausbildung wieder aufgegeben wird und aus der Sicht der Familienbeihilfe bei Beginn der (primär) angestrebten Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt als Berufsausbildung außer Betracht zu bleiben hat (vgl. ) und im Falle eines Studiums nicht zu einem Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt (vgl. ).

30 Wenn die primär angestrebte Berufsausbildung nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wird und somit ex post betrachtet den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht verleiht, kann diese vorher ausgeübte Tätigkeit gegebenenfalls als Berufsausbildung gesehen werden, welche einen Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG und, wenn sie selbst zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wurde, für die Zeit bis zu ihrem Beginn gegebenenfalls nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG verleiht.

31 Somit muss nach Abschluss der Schulausbildung nicht irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. auch ).

32 Andererseits ist eine Berufsausbildung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - unbeschadet der in Rz 28 angeführten Fälle - auch dann nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn bereits bei Abschluss der Schulausbildung absehbar ist, dass die angestrebte Berufsausbildung objektiv nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes begonnen werden kann, wobei ein Zeitraum von über einem Jahr oder über einem Studienjahr im allgemeinen nicht mehr als angemessen anzusehen sein wird. Diese Dauer entspricht etwa dem in der Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht eingeräumten Zeitraum von einem Jahr als Überlegungs- und Korrekturfrist zur endgültigen Wahl eines den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums oder einer sonstigen Berufsausbildung (vgl. etwa ; und ).

33 Dies könnte etwa dann zutreffen, wenn der Beginn einer solchen Berufsausbildung für diesen Zeitraum gar nicht angeboten wird.

34 Das revisionswerbende Finanzamt trägt u.a. vor, eine Zulassung zum Studium "Bildende Kunst" wäre auch ohne Matura möglich gewesen, einziges Kriterium wäre der Nachweis der künstlerischen Eignung im Rahmen der positiven Zulassungsprüfung gewesen.

35 Damit führt das Finanzamt seine Revision nicht zum Erfolg. Zwar fordert § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht, dass für die dort genannte Berufsausbildung nach Abschluss der Schulausbildung der positive Abschluss dieser Schulausbildung auch vorausgesetzt wird. So wird der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG beispielsweise auch dann erfüllt, wenn nach einer mit der bestandenen Reifeprüfung abgeschlossenen Schulausbildung ein Lehrverhältnis nach dem Berufsausbildungsgesetz zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wird.

36 Doch ist es für den Beginn der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung nicht erforderlich, sich bereits vor Abschluss der - für die weitere Berufsausbildung allenfalls gar nicht vorausgesetzten - Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen.

37 Im Revisionsfall durfte das Bundesfinanzgericht anhand der von ihm getroffenen Feststellungen davon ausgehen, dass J nach Abschluss der Schulausbildung am die von ihr angestrebte Berufsausbildung durch ein Diplomstudium der bildenden Kunst nach positiver Absolvierung des dafür vorgesehenen Aufnahmeverfahrens mit dem Wintersemester 2019/2020 zum frühest möglichen Zeitraum begonnen hat und dass die Mitbeteiligte die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Streitzeitraum März und April 2019 nicht zu Unrecht bezogen hat.

In diesem Erkenntnis trat der Sohn des Mitbeteiligten nach Abschluss der HTL zum frühestmöglichen Termin im Februar 2017 zu einer Aufnahmeprüfung an der Universität für angewandte Kunst in Wien an, die er erfolgreich abgelegt hat. Im Oktober 2017 begann er das Studium an dieser Universität.

Der Gerichtshof hat die außerordentliche Revision des Finanzamts gegen das stattgebende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts mit Beschluss zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt:

13 Das Finanzamt trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das vom Bundesfinanzgericht herangezogene Erkenntnis () sei zu einem mit dem verfahrensgegenständlichen nicht vergleichbaren Sachverhalt ergangen, weshalb die darin gezogenen Schlüsse im Revisionsfall nicht anwendbar seien. Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ab, welche den frühestmöglichen Zeitpunkt des Studienbeginns eher streng beurteilt habe.

14 Mit der Allgemeinheit dieser Formulierungen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan (vgl. ).

15 Darüber hinaus muss die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt sein. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung nach Einbringen der Revision geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. ).

16 Nach dem angefochtenen Erkenntnis und nach Erheben der Revision dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es für den Beginn der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung nicht erforderlich ist, sich bereits vor Abschluss der Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen ().

17 Das angefochtene Erkenntnis weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab.

Hier hat der Sohn der Mitbeteiligten nach Beendigung des Präsenzdienstes im Wintersemester 2016/17 ein Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien aufgenommen, wobei die Studienrichtung "Wirtschafts- und Sozialwissenschaften - Betriebswirtschaft" nicht "quersemestrig", dh. im Sommersemester, begonnen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Amtsrevision abgewiesen und unter anderem ausgeführt:

28 Im Revisionsfall ist strittig, ob AE, der Sohn der Mitbeteiligten, die Berufsausbildung nach dem Ende des Präsenzdienstes im Februar 2016 durch die Aufnahme des Bachelorstudiums der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien im Oktober 2016 zum "frühestmöglichen Zeitpunkt" iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen hat.

29 Das Bundesfinanzgericht hat dies im angefochtenen Erkenntnis bejaht und stützt sich dabei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/16/0018, dem - worauf die Revision zutreffend hinweist - jedoch ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag.

30 Für den Sohn des damaligen Mitbeteiligten war der zeitliche Ablauf des einer Bewerbung folgenden Aufnahmeverfahrens und der Zeitpunkt des tatsächlichen Beginns der Polizeiausbildung (mangels einer allgemein, zumindest für Interessenten zugänglichen Festlegung) nicht ersichtlich. Es war für ihn somit auch nicht berechenbar, wie lange vor Beendigung des Zivildienstes er sich hätte bewerben müssen, um möglichst unmittelbar danach mit der Ausbildung beginnen zu können.

31 Bei der Bewerbung "um eine solche Ausbildung" hat es der Verwaltungsgerichtshof daher - unter Hinweis auf das Bestimmtheitsgebot - genügen lassen, wenn diese Bewerbung unmittelbar nach dem Ende des Zivildienstes erfolgt und in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (Bewerbungsgespräch, Aufnahmeprüfung etc.) ohne eine dem Bewerber anzulastende Verzögerung gesetzt werden.

32 Für das im vorliegenden Revisionsfall in Rede stehende Studium fand nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts einmal jährlich im Frühjahr ein Aufnahmeverfahren statt, dessen erfolgreiche Absolvierung dem Studienbewerber ermöglichte, im folgenden Studienjahr (im Wintersemester oder im folgenden Kalenderjahr im Sommersemester) zum Studium zugelassen zu werden. Der Ablauf von einer Bewerbung (Registrierung) bis zum tatsächlichen Studienbeginn (Beginn der Berufsausbildung) war daher vorhersehbar und die erforderlichen Schritte planbar.

33 Dass eine bloße Anmeldung oder Registrierung für das in Rede stehende Studium schon vor dem Ende des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes erforderlich wäre, um das Studium zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes beginnen zu können, wäre allein noch nicht entscheidend.

34 Ein darüber hinaus gehendes Aufnahmeverfahren etwa mit einer Aufnahmeprüfung oder einem Aufnahmetest oder dergleichen muss nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Ende des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes jedoch nicht absolviert werden, um zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt des Beginns der folgenden Berufsausbildung (des Studiums) iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG zu führen (vgl. zu § 2 Abs. 1 lit. d FLAG und einem solchen Aufnahmeverfahren vor Ende der Schulausbildung Ra 2019/16/0002, und Ra 2020/16/0033).

35 Im vorliegenden Revisionsfall wäre jedoch das vom revisionswerbenden Finanzamt für den frühestmöglichen Studienbeginn für erforderlich gehaltene Aufnahmeverfahren jedenfalls vor dem Ende des vom Sohn der Mitbeteiligten geleisteten Präsenzdienstes, nach den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts sogar noch vor Beginn des Präsenzdienstes, gelegen.

36 Damit hat das Bundesfinanzgericht den Studienbeginn des Sohns der Mitbeteiligten im Oktober 2016 im Ergebnis zu Recht als zum frühestmöglichen Zeitpunkt iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfolgt gesehen.

37 Soweit das Finanzamt ins Treffen führt, der Sohn der Mitbeteiligten hätte statt der gewünschten Berufsausbildung bereits im Sommersemester 2016 ein anderes Studium beginnen können, genügt es darauf hinzuweisen, dass nach Abschluss der Schulausbildung oder des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes nicht irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden muss, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. abermals Ra 2020/16/0033; auch Ra 2019/16/0131).

"Wunschstudium"

Zur Auffassung der Beschwerdevorentscheidung, die Tochter der Bf hätte spätestens mit Beginn des Sommersemesters 2018 für (irgend) ein Studium inskribieren hätte können, ist festzustellen, dass das zwar richtig ist, aber nichts daran ändert, dass die von der Tochter gewünschte Ausbildung, entweder an der Universität für angewandte Kunst Wien oder an der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe, nach der Reifeprüfung im Oktober 2017 jeweils nicht im Sommersemester 2018, sondern erst im Herbst 2018 begonnen werden hätte können.

Die Ansicht, dass irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden muss, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erfüllen, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung abgelehnt (vgl. ; ; ). Gibt es nicht nur ein "Wunschstudium", sondern werden zwei Ausbildungen näher in Betracht gezogen und wird eine davon dann tatsächlich begonnen, ist auf die tatsächlich begonnene Ausbildung als "Wunschstudium" abzustellen und zu prüfen, ob diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen worden ist.

Frühestmöglicher Zeitpunkt des Studienbeginns

Es kommt daher darauf an, ob das viersemestrige Kolleg für Mode an der Höheren Lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung der Schulausbildung im Oktober 2017 im Sinne der dargestellten Rechtsprechung begonnen worden ist. Entscheidend ist, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (vgl. ; ). Nach den unbestrittenen Angaben der Bf war ihrer Tochter ein Ausbildungsbeginn im Kolleg für Mode nach Absolvierung des Aufnahmeverfahrens nach bestandener Matura erstmals mit dem Wintersemester 2018/2019 im September 2018 möglich.

Damit wurde diese "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen. Im Übrigen wäre nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen die auch in Erwägung gezogene Ausbildung an der Universität für angewandte Kunst Wien im günstigsten Fall ebenfalls erst mit dem Wintersemester 2018/2019 möglich gewesen. Der Tochter der Bf fällt auch keine Verzögerung zur Last (vgl. ), da sie zum Aufnahmetest nach der Matura angetreten ist und das Kolleg im Herbst 2018 begonnen hat.

Das im September 2018 begonnene Kolleg für Mode wurde daher im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung der Schulausbildung begonnen.

Keine Rückforderung

Da die Bf im Beschwerdezeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hat, sind die bereits ausgezahlten Beträge für diesen Zeitraum nicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzufordern.

Aufhebung des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich als mit Rechtswidrigkeit behaftet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO aufzuheben.

Keine Zulassung einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101262.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at