Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.08.2022, RV/7200165/2014

Geschäftsführerhaftung; Nachweis der Gläubigergleichbehandlung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2517/2022 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Schubert & Schaffler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Alserstraße 13/1/2/7, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***230000/00000/2012-16***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin ***AÖ*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als der Haftungsbetrag folgendermaßen abgeändert wird:


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GZ. ***Anmeldung1***
€ 732,00 (6AK)
GZ. ***Anmeldung2***
€ 1.162,70 (6AK)
GZ. ***Bescheid1***
€ 40,62 (0KE)
GZ. ***Anmeldung3***
€ 228,00 (6AK)
GZ. ***Bescheid2***
€ 4.950,98 (6AK und 0SZ)
SUMME:
€ 7.114,30

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) war seit 1994 alleiniger Geschäftsführer der ***GmbH*** (nachstehend "GmbH") in ***NÖ***.
Mit Beschluss des ***LG*** vom ***2012***, ***GZ**, ist über die GmbH der Konkurs eröffnet worden. Als Masseverwalterin wurde ***RA*** eingesetzt. Infolge der Konkurseröffnung war die Gesellschaft aufgelöst.

Aufgrund der Löschung der Bewilligung zur Führung des offenen Alkohollagers der GmbH hatte das Zollamt am eine abschließende Bestandsaufnahme durchgeführt, bei der eine Fehlmenge von 485,39 LA festgestellt worden ist.
Der Bescheid des Zollamtes vom über die Festsetzung der Alkoholsteuer für den Zeitraum Dezember 2011 bis einschließlich Juni 2012 gemäß § 201 BAO , Zahl: ***Bescheid2***, in dem auch ein Säumniszuschlag festgesetzt wird, ist an die Masseverwalterin ergangen.

Mit Schreiben vom betreffend Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO hat das Zollamt dem Bf als Vertreter der oa GmbH mitgeteilt, dass am Konto der GmbH näher genannte Abgabenbeträge uneinbringlich aushaften, und um sorgfältige und vollständige Beantwortung diverser Fragen bzw Vorlage geeigneter Unterlagen ersucht, die zu seiner Entlastung dienen können.

In der Folge ist dem Bf der Haftungsvorhalt und Rückstandsausweis zu Abgabenkonto-Nr. ***000-0000*** vom zugegangen, in dem die Abgabenschuldigkeiten unter Angabe der jeweiligen Geschäftszahlen, Beträge und Abgabenart aufgelistet sind. Der vollstreckbare Rückstand betrage EUR 6.976,60 an Alkoholsteuer, EUR 518,84 an Nebengebühren und EUR 40,62 an Vollstreckungsgebühren.
Als Beilagen waren dem Vorhalt Ablichtungen der betreffenden Verbrauchsteueranmeldungen, des Bescheides vom betreffend Vorschreibung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens und des Abgabenbescheides vom angeschlossen.

Mit Schreiben vom 14. November und hat der Bf nach Fristverlängerung diverse Unterlagen übermittelt.

Mit Haftungsbescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2012-16***, ist der Bf vom Zollamt als Haftungspflichtiger für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der GmbH im Ausmaß von EUR 7.536,06 in Anspruch genommen und aufgefordert worden, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten. Im Spruch wird unter Angabe von acht Geschäftszahlen und den Abgabenarten sowie jeweiligen Beträgen dargestellt, wie sich dieser Gesamtbetrag zusammensetzt.
Laut Begründung obliege dem Bf als Vertreter der GmbH der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Mit den vom Bf übermittelten Unterlagen und den dort angeführten Gründen wäre das Gleichbehandlungsgebot nicht glaubhaft gemacht worden.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf durch seinen Vertreter mit Schreiben vom Bescheidbeschwerde erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.
Als Begründung wird zusammenfassend im Wesentlichen vorgebracht, die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheide wären dem Bf nicht zugestellt worden. Auch habe das Zollamt keine Feststellungen über den Zeitraum bzw Zeitpunkt der Entstehung sowie der Fälligkeit der Abgabenschuldigkeiten getroffen. Es sei daher nicht ersichtlich, ob die Fälligkeit vor oder während der Insolvenz eingetreten sei und wer dafür hafte.
Das Zollamt habe die vom Bf vorgelegten Unterlagen nicht richtig gewürdigt, da es sonst zu keinem Haftungsbescheid gegen den Bf gekommen wäre. Aufgrund mangelnder Beweiswürdigung sei die Abgabenbehörde zu einer unrichtigen Lösung der Tatfrage gekommen. Auch sei die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Was den im Spruch angeführten Betrag von EUR 4.853,90 betreffe, fehle die Angabe einer Geschäftszahl oder ein anderer Hinweis, weshalb insoweit keine Abgabenschuld festgestellt bzw feststellbar sei.
Überdies könne dem Bescheid kein kausales, adäquates, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Bf entnommen werden, auf welches der Haftungsbescheid zu stützen wäre. Mangels einer nachvollziehbaren Begründung könne der Bescheid auf seine rechtliche Richtigkeit hin weder überprüft noch bekämpft werden.
Unter Hinweis auf die Beilagen zur Beschwerde wird vorgebracht, der Bf habe Abgabenschuldigkeiten nicht schlechter bedient als die übrigen Schuldner und daher nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen.
Der bekämpfte Bescheid sei von Willkür der Behörde gegen den Bf getragen. Der Bf sei nicht
verantwortlich für Abgabenbeträge nach Insolvenzeröffnung am ***2012***.
Das Ermittlungsverfahren werde von der Abgabenbehörde auf den Bf übergewälzt. Wenn das Zollamt nicht in der Lage sei, die vorgelegten Unterlagen zu deuten, hätte es einen Sachverständigen beizuziehen. Die Mitwirkungspflicht des Bf entbinde die Behörde nicht von ihrer Ermittlungspflicht.
Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstrecke sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, den die Abgabenbehörde bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger erlangt hätte. Das Zollamt habe es irrig unterlassen darzustellen, um wie viel mehr andere Gläubiger erlangt hatten als die Abgabenbehörde.
Schließlich werden noch die Feststellungen des Zollamtes bezüglich Schwund von Alkohol im Tank in Frage gestellt. Diesbezüglich wird auf beiliegende Nachweise verwiesen.

Am ***2014*** ist die vermögenslose Gmbh gemäß § 40 Firmenbuchgesetz amtswegig gelöscht worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom , Zahl: ***230000/00000/2012-17***, ist der Beschwerde teilweise stattgegeben worden. Der Haftungsbetrag wurde mit EUR 7.114,30 neu festgesetzt und Säumniszuschläge in Höhe von EUR 421,76 nicht mehr geltend gemacht, da die betreffenden Bescheide nicht zugestellt worden sind. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Dem Antrag angeschlossen sind eine Stellungnahme zur BVE und diverse Beilagen (Schreiben der Hausbank, Kontoauszüge, Informationen zum Kontostand monatsweise Ende, private Kontohaftung, Erläuterung zur Gläubigergleichbehandlung). Laut Bf habe das Zollamt eindeutig die größte Gläubigerquote erhalten (22,5%).
Der Bf wäre durch die restriktiven Maßnahmen der Bank (stufenweise Reduzierung des Überziehungsrahmens des Firmenkontos) ohne eigenes Verschulden daran gehindert worden, die Abgabenschulden der GmbH zu begleichen.

Die beantragte mündliche Verhandlung ist am am Sitz des Bundesfinanzgerichtes durchgeführt worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 9 Abs 1 BAO bestimmt, dass die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit haften, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Für die Frage der Haftung des Geschäftsführers kommt es darauf an, dass der Geschäftsführer die einzelnen Abgabenschuldigkeiten zu deren Fälligkeitszeitpunkten nicht entrichtet hat.
Bei Abgaben, für die die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung vorsehen (hier Alkoholsteuer für den aus dem offenen Alkohollager der GmbH weggebrachten Alkohol), ist maßgeblich, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten bzw abzuführen gewesen wären; maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer (gesetzlichen) Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().
Das Zollamt hat die Fehlmenge im Lagerbetrieb am bei einer Bestandsaufnahme festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Bf alleiniger Geschäftsführer der GmbH und der Konkurs noch nicht eröffnet.
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs 1 BAO nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Der bloße Umstand, dass die Alkoholsteuer für den Zeitraum Dezember 2011 bis einschließlich Juni 2012 erst mit Bescheid an die Masseverwalterin vom gemäß § 201 BAO festgesetzt worden ist, steht der Haftung des Bf nicht entgegen.
Zu den Einwendungen in Punkt 6.2. der Bescheidbeschwerde betreffend Schwund von Alkohol ist festzustellen, dass derartige Einwendungen nicht im Haftungsverfahren sondern in einer Beschwerde gegen den Bescheid vom geltend zu machen gewesen wären. Durch § 248 BAO ist auch dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt.
Geht dem Haftungsbescheid - wie hier - ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung (hinsichtlich des Grundes und der Höhe der Abgaben) grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (; ausdrücklich auch für Bescheide nach § 201 BAO: ).

Wenn der Bf vorbringt, in treffe kein Verschulden an den Zahlungsproblemen der GmbH, die insbesondere durch die Kürzung des Überziehungsrahmens seitens der Hausbank ausgelöst worden seien, ist festzuhalten, dass die Frage, ob den Geschäftsführer ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH trifft, für die Haftung gemäß § 9 BAO nicht von Bedeutung ist (zB ).

Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel ().
Als Folge des vom Vertreter im Haftungsverfahren darzutuenden Fehlens ausreichender Mittel zur Befriedigung der Abgabenverbindlichkeiten ergibt sich das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Gläubiger der Gesellschaft.
Bei der Frage der Gleichbehandlung der Gläubiger kommt es darauf an, ob der Abgabengläubiger im Hinblick auf die vorhandenen Mittel des Abgabenschuldners dadurch benachteiligt wurde, dass die erfolgten Zahlungen an den Abgabengläubiger geringer ausgefallen sind, als sie bei Verwendung der liquiden Mittel und anteiliger Befriedigung des Abgabengläubigers ausgefallen wären ().
Der Bf hat zwar diverse Unterlagen und Aufstellungen vorgelegt und errechnet für das Zollamt eine prozentuale Auszahlungsquote von 22,5%, die über jener der anderen Gläubiger liege, die vorliegenden Unterlagen entsprechen jedoch - wie bereits vom Zollamt ausführlich dargestellt worden ist - nicht den von der Rechtsprechung zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung des Abgabepflichtigen gestellten Anforderungen. So stellt der Bf etwa nicht auf die Fälligkeitszeitpunkte ab.
Werden vom Beschwerdeführer nur Zahlungsquoten zur Darstellung gebracht, wird damit der Nachweis der Gleichbehandlung in Bezug auf die Entrichtung der Abgabenforderungen bei Fälligkeit nicht angetreten ().
Der Bf listet ua die Auszahlungen vom Geschäftskonto der GmbH auf (Dezember 2011 bis Juli 2012) und gibt die monatsweisen Kontostände (jeweils zum Monatsende bzw am ) an.
Werden im Wesentlichen nur die Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge bestimmter Monate verzeichnet, enthält das Vorbringen jedoch keine auf bestimmte Fälligkeitszeitpunkte abgestellte Liquiditätsrechnung, so ist dies nicht ausreichend ().
Wie bereits von der belangten Behörde ausgeführt wurde, wäre In die Liquiditätsrechnung nach der VwGH-Rechtsprechung jedenfalls einzubeziehen gewesen:

  1. die gesamte Einnahmensituation,

  2. die gesamte Liquiditätssituation,

  3. die freiwillig geleisteten Zahlungen, die im Wege der Exekution entrichteten Beträge,

  4. die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind,

  5. die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben, zB Barzahlung neuer Materialien.

Die Liquiditätsrechnung muss die in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben der GmbH zur Verfügung gestandenen Mittel, ihre offenen Verbindlichkeiten und die von ihr geleisteten Zahlungen enthalten ().

Der Bf erläutert im Vorlageantrag die von ihm vorgelegten Unterlagen zur Gläubigergleichbehandlung im Zeitraum Dezember 2011 bis Juli 2012 und errechnet für das Zollamt eine Quote von 22,5%, für sonstige Gläubiger (34) hingegen im Schnitt nur eine Quote von 1,37%.
Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, wird vom Bf zu den in Beilage 3b aufgelisteten Zahlungen von Gehältern am , am 27. und , am 2. und sowie am ausgeführt, dabei habe es sich um Akontozahlungen gehandelt. Durch diese Abschlagszahlungen sollte der gute Wille des Arbeitgebers unter Beweis gestellt werden und wurde dadurch versucht, den Betrieb weiter aufrecht zu erhalten. Mit der Gleichbehandlung der Gläubiger sind solche Zahlungen allerdings nicht vereinbar, wenn einzelne Gläubiger dadurch besser gestellt werden als der Abgabengläubiger. So hat das Zollamt laut der Auflistung im Februar und Mai 2012 gar keine Zahlung erhalten, obwohl Gehaltszahlungen geleistet wurden. .
Mit Strafverfügung des ***FA*** als Finanzstrafbehörde vom ist der Bf als verantwortlicher Geschäftsführer der GmbH für schuldig erkannt worden, vorsätzlich Lohnsteuer 01/2011 - 06/2012, Dienstgeberbeitrag 01/2010 - 06/2012 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2011 - 06/2012 nicht spätestens am 5. Tag nach jeweiliger Fälligkeit entrichtet zu haben, weshalb eine Geldstrafe verhängt wurde.
Eine Beschwerde des Bf gegen die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 BAO und gemäß § 11 BAO für uneinbringlich aushaftende Abgabenschuldigkeiten der GmbH (Lohnsteuer 01/2011 - 06/2012, Dienstgeberbeitrag 01/2010 - 06/2012 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2011 - 06/2012) ist vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen worden ist ().
Im oa Erkenntnis stellt das Bundesfinanzgericht fest, der Bf habe nicht behauptet, die den lohnabhängigen Abgaben zugrunde liegenden Löhne nicht ausbezahlt zu haben, weshalb die Haftung für Lohnsteuer seitens der Abgabenbehörde zu Recht ausgesprochen wurde.
Die obigen Feststellungen sprechen gegen eine Gleichbehandlung aller Gläubiger.
Dem Bf kann auch nicht gefolgt werden, wenn er alle sonstigen Abgabengläubiger des Unternehmens (ohne Zollamt, Finanzamt und Hausbank) gesamthaft betrachtet wissen und Zahlungen an das Zollamt den Zahlungen an die 34 sonstigen Gläubiger gegenüberstellen möchte (vgl ).

Entgegen den Ausführungen in der Bescheidbeschwerde waren dem Bf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte der Abgaben (Alkoholsteuer) bekannt. Ablichtungen der betreffenden Verbrauchsteueranmeldungen sowie der Bescheide vom über die Vorschreibung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens, Zahl: ***Bescheid1***, und vom betreffend Festsetzung der Alkoholsteuer und eines Säumniszuschlages, Zahl: ***Bescheid2***, lagen ihm laut Aktenlage vor. Nicht zugestellt wurden dem Bf allerdings die Säumniszuschlagsbescheide Zahlen: ***Bescheid3***, ***Bescheid4*** und ***Bescheid5***.
Wenn der Bf bemängelt, im Spruch des Haftungsbescheides fehle die Geschäftszahl des Bescheides, mit welchem Alkoholsteuer in Höhe von EUR 4.853,90 festgesetzt wurde (letzte Zeile der aufgelisteten Abgabenschuldigkeiten), ist anzumerken, dass sich die zuletzt genannte Geschäftszahl ***Bescheid2*** sowohl auf den Säumniszuschlag in Höhe von EUR 97,08 als auch auf den genannten Abgabenbetrag bezieht. Eine Ablichtung dieses Bescheides lag dem Bf vor.

Nur wenn der Vertreter nachzuweisen vermag, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung (vgl ).
Der Vertreter erfährt nur dann eine Einschränkung der Haftung, wenn er den Nachweis erbringt, welcher konkreter Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich gewesen wäre ().
Bereits im Haftungsvorhalt des Zollamtes vom und insbesondere mit der BVE vom wurde der Bf. auf das Erfordernis der Erbringung eines fälligkeitstagbezogenen Gleichbehandlungsnachweises hingewiesen. Dieser Beschwerdevorentscheidung kommt Vorhaltscharakter zu. Dennoch hat es der Bf in der Folge weiterhin unterlassen, fälligkeitstagbezogen das Ausmaß der vorhandenen liquiden Mittel und den Betrag darzustellen, der bei Gleichbehandlung aller Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.
Der Bf wurde daher zu Recht uneingeschränkt zur Haftung herangezogen.

Wenn sich der Bf damit rechtfertigt, eine auf bestimmte Fälligkeitszeitpunkte abgestellte Liquiditätsrechnung habe er schon deshalb nicht erbringen können, weil er nach Konkurseröffnung keinen Zugriff mehr auf die Buchhaltungsunterlagen hatte und die Abgabenbehörde hätte im Gegensatz zu ihm die rechtliche Möglichkeit gehabt, bei der Masseverwalterin Einsicht in die Unterlagen zu nehmen und sich ein Bild über die finanzielle Situation der GmbH zu machen, räumt er damit selbst ein, den vom Zollamt geforderten Nachweis nicht erbracht zu haben.
Dem Vertreter obliegt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (; ).

Im Sinne dieser Ausführungen ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf ausgegangen.

Wie ausgeführt war der Bf im maßgeblichen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Unstrittig ist die Stellung des Bf als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten im haftungsrelevanten Zeitraum verantwortlichen Vertreter der Gesellschaft.
Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde der Konkurs mit Beschluss des zuständigen Landesgerichtes vom ***2013***, ***GZ**, nach Schlussverteilung aufgehoben. Das Zollamt meldete insgesamt EUR 8.749,60 als Insolvenzforderung an. Die Abgabenbehörde hat am entsprechend der Quote von 13, 8697% eine Ausschüttung in Höhe von EUR 1.213,54 erhalten.
Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin, die wegen Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht worden ist, in dem die Quote übersteigenden Teil (86,1303%) der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten steht daher fest und konnte der Bf sein Verschulden an der Nichtentrichtung dieser Abgaben nicht entkräften.
Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist.
Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (). Es wurden keiner tauglichen Gründe vorgebracht, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden; solche sind auch nicht aktenkundig. Die Haftung war daher im Interesse des Abgabengläubigers an der Einbringung der Abgaben geltend zu machen, zumal es keineswegs ausgeschlossen ist, dass die aushaftenden Rückstände zumindest zum Teil eingebracht werden können.

Da dem Bf die drei genannten Säumniszinsenbescheide nicht zugestellt worden sind, ist diesbezüglich von der Heranziehung zur Haftung abzusehen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher abzuändern und die Haftung des Bf auf den Betrag von EUR 7.114,30 (früher: EUR 7.536,06) einzuschränken.

Zum Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, es sei im Hinblick auf die Dauer des Rechtsmittelverfahrens Einhebungsverjährung eingetreten, ist festzustellen, dass der angefochtene Haftungsbescheid innerhalb der Einhebungsverjährung (§ 238 BAO) erlassen worden ist. Eine "absolute" Verjährung der Einhebung kennt die BAO nicht; der Einwand ist daher unbegründet.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7200165.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at