Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten (Besuchsfahrten zu nicht haushaltszugehörigen Kindern)?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Intercura Treuhand - und Revisions- gesellschaft m.b.H., Langobardenstraße 51 Tür 6, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bf. war im Jahr 2017 ledig und Vater einer siebenjährigen Tochter, für die er Unterhaltszahlungen leistete. Sein Arbeitsort war ab dem Jahr 2016 in Salzburg (***1***).
Im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung beantragte er als Werbungskosten die Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Der Bf. sei verpflichtet gewesen, aufgrund einer Vereinbarung mit der Mutter des Kindes die minderjährige Tochter jedes Wochenende zu betreuen. Sein Familienwohnsitz sei in ***2***, dort pflege er seine engsten persönlichen Beziehungen (minderjährige, unterhaltspflichtige Tochter, Eltern, Freunde). Die Kindesmutter wohnte zu dieser Zeit in ***3***.
Das Finanzamt berücksichtigte im angefochtenen Bescheid die beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten mit folgender Begründung nicht:
"Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind nur dann Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der (Ehe)Partner am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt. Der Besuch des Kindes stellt keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EstG 88 dar, sondern sind Kosten der privaten Lebensführung."
Dagegen brachte der Bf. eine Beschwerde mit folgender Begründung ein:
"Unser Mandant war im Jahr 2017 berufsbedingt in Salzburg tätig, wobei er in der ***4*** einen Wohnsitz hatte. Dieser war nur vorübergehend, da 2018 sein Arbeitsort wieder in der Nähe seines Familienwohnsitzes verlegt wurde.
Der Familienwohnsitz befindet sich an der Anschrift ***5***. Dort pflegt der Steuerpflichtige seine engsten persönlichen Beziehungen minderjährige, unterhaltspflichtige Tochter, Eltern, Freunde), dies ergibt sich aus der Randziffer 343a der LStR.
Unser Mandant ist verpflichtet, aufgrund einer Vereinbarung mit der Mutter des Kindes die minderjährige Tochter jedes Wochenende zu betreuen. Somit sind die Voraussetzungen für die vorübergehende doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten gegeben."
Der Beschwerde war eine Vereinbarung mit der Kindesmutter über ein wöchentliches Kontaktrecht am Wochenende beigelegt."
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:
"In der Beilage zur Abgabenerklärung für das Jahr 2017 wird angeführt: "Hr. ***Bf1*** war von - nur in Wien gemeldet und hat dort seit dem eine Zweitwohnung. Seit dem lebt er in ***7***. Die Wohnung in Wien ***6*** stehtleer, fährt wöchentlich nach Wien, um Wochenende mit seiner Tochter in der Wohnung zuverbringen." In der eingebrachten Beschwerde wird u. a. vom steuerlichen Vertreter noch ergänzt, derMandant sei aufgrund einer Vereinbarung mit der Mutter des Kindes verpflichtet, die minderjährigeTochter jedes Wochenende zu betreuen.
Grundsätzlich geht man bei alleinstehenden/geschiedenen Steuerpflichtigen davon aus, dass bei derNotwendigkeit der Verlegung des Wohnsitzes in die Nähe der neuen Arbeitsstätte ein Zeitraum vonungefähr sechs Monaten für die Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes ausreichend ist und diesteuerliche Absetzbarkeit von doppelter Haushaltsführung und Familienheimfahrten für diesen(Übergangs-)Zeitraum gegeben ist.
Wenn der bisherige Wohnsitz nach diesem Zeitraum noch beibehalten wird, ist grundsätzlich von einerprivaten Veranlassung auszugehen und liegen keine Werbungskosten vor.
Auch Besuchsfahrten zu nicht haushaltszugehörigen Kindern aus einer geschiedenen Ehe stellen keineBegründung für die Absetzbarkeit von Kosten der doppelten Haushaltsführung undFamilienheimfahrten dar.
In der Regel ist bei derartigen Fällen davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige seinemBesuchsrecht nachkommt. Dies führt aber nicht zur Begründung eines auswärtigenFamilienwohnsitzes. Derartige Kosten werden auch vom Bundesfinanzgericht nicht anerkannt (vgl. RV/0237-F/08; ; RV/0593-W/12).
Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag wurde wie folgt begründet:
"Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens unseres Mandaten Kosten für die doppelte Haushaltführung und Familienheimfahrten angesetzt und von der Behörde nicht als Abzugsposition anerkannt.
Die Familienheimfahrten wurden in Höhe der höchsten Pendlerpauschale angesetzt. Durch die Nichtanerkennung des gesamten Aufwandes konnte unser Mandant keine Kosten aus dem Titel "Pendler" absetzen.
Zumindest ein Drittel des höchsten Pauschales ist gemäß RZ 250 LStR zu gewähren.
Wir beantragen somit die Aufhebung des rechtswidrigen Einkommensteuerbescheids 2017 und die Neufestsetzung des Einkommensteuerbescheids im obgenannten Sinne."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf.) war im strittigen Jahr 2017 ledig und Vater einer siebenjährigen Tochter, für die er Unterhaltszahlungen leistete. Sein Arbeitsort war ab dem Jahr 2016 in Salzburg (***1***).
Im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung beantragte er als Werbungskosten die Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Der Bf. sei verpflichtet gewesen, aufgrund einer Vereinbarung mit der Mutter des Kindes die minderjährige Tochter jedes Wochenende zu betreuen. Sein Familienwohnsitz sei in ***2***, dort pflege er seine engsten persönlichen Beziehungen (minderjährige, unterhaltspflichtige Tochter, Eltern, Freunde). Die Kindesmutter wohnte zu dieser Zeit in ***3***.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere dem Parteienvorbringen aufgrund der Eingaben und der Vorhaltsbeantwortung. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Pendlerpauschale:
Zu dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters im Vorlageantrag, wonach dem Bf. im Hinblick auf Rz. 250 der Lohnsteuerrichtlinien zumindest ein Drittel des Pendlerpauschales zustünde, ist folgendes auszuführen:
Die Rz. 250 der Lohnsteuerrichtlinien lautet u.a.:
"Ein volles Pendlerpauschale steht im betreffenden Ausmaß dann zu, wenn der Arbeitnehmer im Kalendermonat an mindestens elf Tagen von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Legt der Arbeitnehmer diese einfache Fahrstrecke an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat zurück, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Legt der Arbeitnehmer diese Entfernung an mindestens vier, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat zurück, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu (betreffend Kalendertag als Lohnzahlungszeitraum siehe Rz 250a).
Da der Bf. im Streitzeitraum eine Wohnung in Salzburg hatte, die sein Hauptwohnsitz war und von der aus er zu seiner Arbeitsstätte fuhr, liegen im vorliegenden Fall die genannten Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des Pendlerpauschales - auch für eine teilweise Berücksichtigung - jedoch nicht vor. Dies ergibt sich auch aus der Vorhaltsbeantwortung vom , worin der steuerliche Vertreter des Bf. ausführte, dass dem Bf. kein Pendlerpauschale zustünde, da sich die Wohnung in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes befunden habe.
Nach nochmaliger Durchsicht des Sachverhalts teilte auch der Vertreter des Finanzamts dem BFG am mit, dass das Finanzamt die Ansicht des Bundesfinanzgerichts teilt, dass im vorliegenden Fall kein Pendlerpauschale (und somit auch kein Pendlereuro) zusteht.
Überdies ist dazu festzuhalten, dass Richtlinien die Rechtsansichten des BMF wiedergeben und als Erlässe fachliche Dienstanweisungen des BMF an das Finanzamt darstellen. Mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt handelt es sich bei den Richtlinien aber nicht um für das Bundesfinanzgericht beachtliche Rechtsquellen. Als Auslegungsbehelfe für das Finanzamt entfalten die Richtlinien des BMF daher keine unmittelbare Bindungswirkung für das Bundesfinanzgericht.
Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Nach § 20 Abs. 1 Z 1 leg cit dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit.a leg cit auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg cit sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeitbezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit, d leg cit angeführten Betrag übersteigen.
Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz)und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz).
Ab 2014 definiert § 4 Abs. 1 PendlerVO (BGBl II 276/2013) den Begriff des Familienwohnsitzes:
"Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988) liegt dort, wo 1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder 2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat."
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten sind nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. , mit den dort angeführten weiteren Judikaturhinweisen). Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. etwa ; mwN). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. /0146Tz 17).
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob im Sinne der vorstehenden Ausführungen gewichtige Gründe vorliegen, weshalb dem Bf. die Verlegung des Familienwohnsitzes nicht zumutbar war.
Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist nach der Verwaltungspraxis jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 120 Km entfernt ist. In begründeten Einzelfällen kann auch bei einer kürzeren Wegstrecke Unzumutbarkeit anzunehmen sein. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. VwGH 26.7.20007, 2006/15/0047), wobei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ihre Ursache auch in der privaten Lebensführung haben kann (vgl. ).
Im Streitfall ist der behauptete "Familienwohnsitz" des Bf. mehr als 120 km von seinem Beschäftigungsort entfernt, sodass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann.
Fraglich ist, ob dem Bf. die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus erheblichen privaten Gründen nicht möglich war.
Wenn der steuerlich vertretene Bf. hierzu ins Treffen führt, dass der Bf. verpflichtet war, an den Wochenenden seine minderjährige Tochter zu betreuen, so ist ihm zu entgegnen, dass aus der vorgelegten Vereinbarung über ein Kontaktrecht am Wochenende noch keine Verpflichtung zur Betreuung zu entnehmen ist. Überdies wurde nicht behauptet, dass der Kindesmutter im Streitjahr aus beruflichen Gründen eine Betreuung am Wochenende nicht möglich gewesen wäre.
Hierzu ist auszuführen, dass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die Ausübung des Wochenend-Besuchsrechts des Bf. zu seiner Tochter die Verlegung seines Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Ausschlaggebend hierfür ist der Umstand, dass seine Tochter im Streitjahr bei der Kindesmutter und nicht bei ihm selbst untergebracht war und somit nicht bei ihm haushaltszugehörig war. Diese Ansicht hat auch der unabhängige Finanzsenat in seinen Entscheidungen vom , RV/0237-F/08 und , RV/0593-W/12 vertreten. (vgl. )
Darüber hinaus sind Fahrten zum Besuch der Eltern bzw. Fahrten eines allein stehenden Arbeitnehmers zum Eltern- und somit zum gemeinsamen Wohnsitz ausschließlich der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnen und fallen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. ; ; ; Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 346 ff zu § 4 EStG 1988; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 3 zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988).
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen.
Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel nach einer gewissen Zeit zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen ().
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen ( mwN).
Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde in der vor dem Bundesfinanzgericht strittigen Frage der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung (sowie damit korrespondierend für Familienheimfahrten) aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:
Zwar hatte der Bf. ursprünglich seinen (Familien)wohnsitz in Wien; dort lebte er jedoch nicht mit der Kindesmutter und seinem Kind zusammen. Seit hatte er seinen Hauptwohnsitz in Salzburg (Fuschl am See) und seit in ***7***. Durch die Übersiedlung nach Salzburg hat er folglich ab September 2015 einen neuen steuerlichen Wohnsitz begründet. Somit waren die vom Finanzamt erwähnten 6 Monate, die üblicherweise für die vorübergehende Beibehaltung des Familienwohnsitzes angenommen werden, im Streitjahr bereits vorbei.
Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind gemäß § 20 Abs.1 Z 1 EStG 1988 grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann, wie die tägliche Rückkehr zum (Familien)Wohnsitz, sind als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (; ). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106Abs 1) oder ein allein stehender Steuerpflichtiger mit einem minderjährigen Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 16 Anm 25). Diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Gewichtige Gründe, etwa "wie die Erziehung und Betreuung der minderjährigen Kinder und die Bewahrung des familiären Umfeldes für diese Kinder", die laut VwGH für die Beibehaltung eines Hauptwohnsitzes sprechen, wurden vom Bf. nicht dargelegt, und gehen aus den vorliegenden Unterlagen auch nicht hervor.
Besuche reichen jedoch nicht aus, um die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort zu begründen (, RV/0237-F/08 und ). Die Beibehaltung eines allfälligen Wohnsitzes an dem Ort, an dem auch die Kinder leben, ist somit ausschließlich privat motiviert.
Mit der Tatsache, dass dem Bf. ein Besuchsrecht für die Wochenenden eingeräumt wurde, wird nicht aufgezeigt, dass damit auch die Verpflichtung zur Erziehung und Betreuung des Kindes verbunden ist. Ein solches dem Bf. eingeräumtes Recht ist nämlich nicht gleichzustellen mit einer besonderen Erziehungs- und Betreuungsverpflichtung. Dies auch deshalb, weil das Kind im Streitjahr bei seiner Mutter im Haushalt lebte und diese für die Betreuung und Erziehung des Kindes aufkam. Dass in den Besuchen kein gewichtiger Grund zu sehen ist, ergibt sich daraus von selbst. Auch reicht die Unterhaltsverpflichtung dem Kind gegenüber nicht für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus. (vgl. Erkenntnis des )
Eine persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reicht nicht aus (; ).
Umstände, die eine Verlegung des (Familien)wohnsitzes nach Salzburg unzumutbar machen würden, wurden vom Bf. somit nicht nachgewiesen. Für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sprechen daher nur Momente bloß persönlicher Vorliebe.
War die Verlegung des Wohnsitzes jedoch zumutbar, so ist die Beibehaltung des vom Beschäftigungsort weit entfernten Familienwohnsitzes privat veranlasst. Die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung lagen nicht vor. Diese sind unter die nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung einzureihen.
Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Da wie oben ausgeführt, die Voraussetzungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht vorliegen, können auch keine Aufwendungen für Familienheimfahrten anerkannt werden.
Der Bescheid des Finanzamtes steht somit in Übereinstimmung mit der Rechtslage.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, zumal die Lösung der Rechtsfrage, ob grundsätzlich abzugsfähige Kosten der doppelten Haushaltsführung und damit die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Aufwendungen für Familienheimfahrten vorliegen, nach der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte.
Schließlich ist allgemein darauf zu verweisen, dass ein in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103532.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at