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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.05.2022, RV/7100649/2016

Operationskosten einer Privatklinik, Pflegeheimkosten der Mutter, Begräbniskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Pamperl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Strittig sind im vorliegenden Fall die Anerkennung von Operationskosten in einer Privatklinik und Kosten für das Pflegeheim der Mutter der Beschwerdeführerin dem Grunde nach sowie Begräbniskosten der Höhe nach als außergewöhnliche Belastung.

Am erging für das Veranlagungsjahr 2013 ein Schätzungsauftrag wegen Nichtabgabe der Steuererklärung. Am erging der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 in welchem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.000 Euro geschätzt wurden. Berücksichtigt wurde zudem der Pauschbetrag für Sonderausgaben sowie der Pensionistenabsetzbetrag. Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom und führt aus, dass es ihr wegen des Todesfalls ihrer Mutter und ständige diverse Krankheiten bedingt durch ihr Alter nicht möglich gewesen sei, die Unterlagen für die Steuererklärung 2013 rechtzeitig vorzubereiten. Sie reiche die Erklärung nach und ersuche höflich um Korrektur des Bescheides vom . Im mitgesendeten Formular E1 für 2013 beantragt die Beschwerdeführerin Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften in Höhe von 119,54 Euro, Krankheitskosten in Höhe von 4.391,20 Euro, Begräbniskosten in Höhe von 4.570,27 Euro und sonstige außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 2.636,89 Euro zu berücksichtigen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit 6.694,53 Euro angeführt.

Ein Vorhalteschreiben vom betreffend Aufschlüsselung und Beleg der Krankheitskosten sowie Vorlage des Verlassenschaftsbeschlusses des Finanzamts wurde laut Steuerakt von der Beschwerdeführerin nicht beantwortet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wird der Bescheid vom geändert. Die Einkünfte werden wie in der Beschwerde angeführt mit 6.694,53 Euro festgesetzt und der Kirchenbeitrag in Höhe von 119,54 Euro berücksichtigt. Begründend wird ausgeführt:

"Die Beschwerdevorentscheidung erfolgte im Wesentlichen im Sinne der übermittelten Einkommensteuererklärung, mangels Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom wurde die beantragte außergewöhnliche Belastung nicht anerkannt."

In ihrem Vorlageantrag vom führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Unterlagen per Post gesendet wurden und beim Finanzamt wohl nicht eingetroffen wären und sie sende die Unterlagen nun nochmals. Mitgesendet werden folgende Belege:

  1. Einen Beschluss zur Verlassenschaftssache ***1*** des Bezirksgerichts ***2*** vom , in welchem ausgeführt wird, dass das Verlassenschaftsvermögen einen Gesamtwert von 595,05 Euro ausweise und die Beschwerdeführerin darüber verfügen könne. Die Gebühren des Gerichtskommissärs werden mit insgesamt 87 Euro bemessen und der Beschwerdeführerin zu begleichen aufgetragen.

  2. Eine unleserliche Apothekenrechnung.

  3. Zwei Rechnungen der ***4*** Privatklinik ***3*** vom und vom in Höhe von jeweils 2.160 Euro abzüglich Selbstbehalt/Vorauszahlung in Höhe von jeweils 800 Euro, somit eine Rechnungssumme von jeweils 1.360 Euro.

  4. Betreffend Begräbniskosten werden folgende Rechnungen beigelegt:

    • ***8*** vom in Höhe von 70 Euro

    • Gasthaus ***9*** vom in Höhe von 453,20 Euro

    • Floristik ***10*** vom in Höhe von 610 Euro

    • Bestattung ***11*** vom in Höhe von 2.906,17 Euro

  5. Zudem werden mehrere Zahlscheine ohne Rechnung, Datum oder Stempel beigefügt sowie zwei unleserliche Rechnungen.

Im Vorlagebericht des Finanzamts vom wird ausgeführt:

"Sachverhalt:

Zu Jahresbeginn 2015 wurde eine Schätzung durchgeführt, da die Beschwerdeführerin keine Erklärung abgegeben hatte. Sie hat daraufhin Beschwerde erhoben und die Erklärungen wurden mitgesendet. Es folgte ein Vorhalt vom , in welchem um Vorlage der Rechnungen und des Verlassenschaftsbeschlusses betreffend die geltend gemachten ag Belastungen gebeten wurde. Mangels Vorlage der gewünschten Beweismittel wurde erklärungsgemäß veranlagt, nur die ag Belastungen wurden nicht anerkannt. Die Rechnungen wurden nun mit dem Vorlageantrag mit eingereicht.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis.

Stellungnahme:

Das FA begehrt eine teilweise Stattgabe.

Krankheitskosten:

Es konnten nur 4.320 € mittels Rechnung nachgewiesen werden, der Rest der Rechnungen kann nicht überprüft werden, da unleserlich.

Beerdigung Mutter:

Es wurden nur 4.119,37 € nachgewiesen, wobei das übernommene Vermögen von 508,05 € in Abzug gebracht werden muss. Es verbleiben somit 3.437,32 €.

Sonstige ag Belastung:

Die Mutter der Beschwerdeführerin verfügte über eigenes Einkommen und erhielt Pflegegeld. Die Kosten für das Pflegeheim stellen somit keine ag Belastung da, weil das eigene Einkommen der Mutter die Kosten übersteigt."

Mit Beschluss vom ersucht das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin eine leserliche Kopie der Apothekenrechnung vorzulegen, eine Bestätigung darüber vorzulegen, ob betreffend Rechnungen der Privatklinik ***3*** Kostenersätze von der Krankenkasse geleistet wurden, darzulegen, ob das Einkommen und Vermögen der Mutter zur Finanzierung der Kosten im Alters-/Pflegeheim ausreichend war und die Differenz der beantragten zu den nachgewiesenen Begräbniskosten aufzuklären.

In Beantwortung dieses Beschlusses mit Eingabe vom führt die Steuerberaterin der Beschwerdeführerin aus, dass anstelle der Apothekenrechnung eine Übersicht der SVS aus dem Jahr 2013 vorgelegt werde, in der alle Leistungen aufgelistet seien. Die Rechnungen der Privatklinik ***3*** seien nicht von der SVS kostenmäßig ersetzt worden. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe im Zeitraum 2013 nicht über ausreichende Pensionseinkünfte verfügt, sodass die Beschwerdeführerin ab monatlich mit 75,63 Euro ihre Mutter für die Unterbringung im Pensionistenheim ***2*** unterstützten müsste (gesetzliche Verpflichtung bei sonstiger Exekution). Der Rückersatz sei jeweils am 1. des Monats im Nachhinein zu leisten. Was die Begräbniskosten betreffe, könne die Beschwerdeführerin bis auf die Bestattung die anderen Kosten nicht mehr belegmäßig nachweisen. Beigelegt wird ein Schreiben der SVS vom , wonach insgesamt 30,09 Euro Sachleistungen, Medikamenten und sonstige Heilmittel nicht von der Krankenkasse übernommen wurden. Die bereits mit Vorlageantrag beigelegten Rechnungen der Privatklinik ***4*** vom sowie vom , einzelne bereits vorgelegte Rechnungen der Begräbniskosten sowie der Beschluss über die Verlassenschaftssache der verstorbenen Mutter der Beschwerdeführerin werden nochmals beigelegt. Vorgelegt wird weiters ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft ***5***, Sozialreferat, Bereich Pflegeheime vom , wonach die Beschwerdeführerin eine monatliche Ersatzpflicht in Höhe von 75,63 Euro ab zu leisten hat. Darin wird auch festgehalten (S. 8):

"Mit Buchungsdatum wurden von Frau ***Bf1*** für den Zeitraum von Jänner 2012 bis Februar 2013 € 997,56 zur Einzahlung gebracht. (Da eine Überzahlung von € 14,37 vorliegt, wurde am mit Frau ***Bf1*** telefonisch vereinbart, dass für März 2013 ein verminderter Ersatzbeitrag von € 61,26 zur Einzahlugn zu bringen ist.)"

Beigelegt wird weiters ein Bescheid vom mit dem die Beschwerdeführerin verpflichtet wird, für die an ihre Mutter gewährten Leistungen nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz im Rahmen der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Übernahme der Restkosten für die Unterbringung in einer stationären Einrichtung wie folgt Ersatz zu leisten: ab in Höhe von monatlich EUR 75,63 bei unveränderten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen für die Dauer der Gewährung von Sozialhilfeleistungen an ihre Mutter.

Mit Beschluss vom ersucht das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen bekannt zu geben, um welche Art von Operationen es sich gehandelt hat und aus welchem Grund/welchen Gründen die Operationen in einer Privatklinik erfolgten, wobei bei medizinischen Gründen Nachweise vorzulegen wären. Weiters wird ausgeführt, falls die Kosten für das Pflegeheim der Mutter über die Höhe der gesetzlichen Verpflichtung hinausgingen, diese nachzuweisen seien, sowie die Frage gestellt, ob die Beschwerdeführerin Vermögenswerte von ihrer Mutter bereits zu früheren Zeitpunkten erhalten habe und ob gegebenenfalls die spätere Pflege eine Bedingung für die Schenkung war oder die Schenkung die spätere Bedürftigkeit der Mutter mitverursacht haben könnte. Betreffend Begräbniskosten ersucht das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin um Bekanntgabe, um welche Ausgaben es sich bei der Differenz der beantragten zu den nachgewiesenen Kosten handelte, auch wenn diese nicht belegmäßig nachgewiesen werden könnten.

In Beantwortung dieses Beschlusses mit Eingabe vom führt die Beschwerdeführerin aus, dass es sich um eine Graue-Star-Operation von Dr. ***6*** gehandelt hat. Frau ***7*** hätte keine Kostenersätze aus einer freiwilligen Krankenzusatzversicherung erhalten. Die Beschwerdeführerin hätte keinerlei Vermögenswerte von ihrer Mutter zu einem früheren Zeitpunkt erhalten. Begräbniskosten wäre bereits alles vorgelegt worden, was Frau ***7*** hatte. Beigelegt wird eine Behandlungsbeitragsvorschreibung vom für ***12*** sowie ein von der Beschwerdeführerin nicht unterschriebener Vorschlag eines Vergleich des Sozialhilfeverbands der Gemeinden des Bezirks ***2*** vom , wonach die Beschwerdeführerin sich verpflichtet, auf die Dauer unveränderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse als Ersatz für die durch den Sozialhilfeverband ***2*** gewährte und noch zu gewährende Sozialhilfe für den Aufenthalt ihrer Mutter im Pflegeheim einen monatlichen Rückersatz von 75,63 Euro zu leisten.

Betreffend erhaltener Vermögenswerte von der Mutter der Beschwerdeführerin, wird nach Nachfrage des Bundesfinanzgerichts bei der vorlegenden Behörde diesbezüglich nichts Gegenteiliges bekannt gegeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Mutter der Beschwerdeführerin, Frau ***1*** ist am ***13***2013 verstorben. Die Beschwerdeführerin wurde vom Bezirksgericht ***2*** ermächtigt, das Verlassenschaftsvermögen im Gesamtwert von 595,05 Euro zur Gänze zu übernehmen und darüber zu verfügen. Die Gebühren des Gerichtskommissärs betragen 87 Euro und waren von der Beschwerdeführerin zu begleichen.

Die Begräbniskosten betrugen für Essen der Träger, Essen der Trauergesellschaft, Blumen und Bestattung 4.039,37 Euro.

Die Beschwerdeführerin ließ in der ***4*** Privatklinik ***3*** eine Operation "Grauer Star" durchführen und hatte hierfür am und am einen stationären Aufenthalt in dieser Klinik. Kosten für diese Operation und den Aufenthalt beliefen sich auf insgesamt 4.320 Euro.

Die Kosten und Aufwendungen für sonstige Krankheitskosten betrugen im Jahr 2013 30,09 Euro.

Die Beschwerdeführerin war gesetzlich verpflichtet, im Jahr 2013 monatlich einen Betrag von 75,63 Euro an den Sozialhilfeverband ***2*** für den Aufenthalt ihrer Mutter im Pflegeheim zu bezahlen. Im Jahr 2013 wurde zudem der Rückstand aus 2012 in Höhe von 907,56 Euro bezahlt.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den übereinstimmenden Parteienvorbringen sowie den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin und dem Steuerakt.

Die sonstigen Krankheitskosten wurden der von der Beschwerdeführerin übermittelten Aufstellung der Sozialversicherung entnommen.

Die Feststellung betreffend der Kosten für das Pflegeheim der Mutter wurde den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin entnommen. Sonstige außergewöhnliche Belastungen wie in der Beschwerde mit 2.636,89 Euro angegeben konnten nicht festgestellt werden, da trotz Aufforderung an die Beschwerdeführerin keine diesbezüglichen Unterlagen vorgelegt wurden und die in den Vorverfahren vorgelegten unleserlichen Rechnungen und Zahlscheine weder aufgeklärt noch in leserlicher Form vorgelegt wurden.

Die Differenz zu den beantragten und den belegmäßig nachgewiesenen Begräbniskosten konnte die Beschwerdeführerin nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht auch ohne belegmäßigen Nachweis nicht aufklären. Es konnten daher nur die belegmäßig nachgewiesenen Kosten berücksichtigt werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Rechtsgrundlagen

§ 34 Abs 1 bis 7 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung lauten:

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro ……………………….…….6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ……........10%.

mehr als 36 400 Euro ………………….………………...12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

-wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

-wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

-für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

-Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

-Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.

-Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.

-Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

-Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

-Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

Rechtliche Würdigung

Pflegeheimkosten der Mutter

Nach der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (§ 34 EStG). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Zuzahlungen eines Kindes zu den Kosten für die Unterbringung eines Elternteils in einer Betreuungseinrichtung sind grundsätzlich als Unterhaltsleistungen zu qualifizieren. § 34 Abs. 7 EStG regelt die Voraussetzungen, unter denen Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden können. Diese sind nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Dazu zählen vor allem Krankheits- oder Pflegekosten. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG).

Im vorliegenden Fall erwachsen der Beschwerdeführerin die Ersatzleistungen zu den Pflegeheimkosten ihrer Mutter zwangsläufig, weil sie sich aus rechtlichen Gründen nicht entziehen kann. Die Pflegeheimkosten würden beim Unterhaltsberechtigten selbst ebenfalls eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Die Beschwerdeführerin gibt an, dass sie keine Vermögensgegenstände von ihrer Mutter erhalten hat. Nach Nachfrage des Bundesfinanzgerichts beim Finanzamt wurde diesbezüglich nichts Gegenteiliges bekannt gegeben. Auch dem Steuerakt lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen.

Die Pflegeheimkosten der Mutter der Beschwerdeführerin waren daher als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die Kosten belaufen sich auf 75,63 Euro monatlich. Die Mutter der Beschwerdeführerin ist im Oktober 2013 verstorben. Die Pflegeheimkosten der Beschwerdeführerin belaufen sich somit auf 756,30 Euro (75,63 Euro für 10 Monate). Zudem wurde im Jahr 2013 der Rückstand aus 2012 in Höhe von 907,56 Euro beglichen. Die Kosten im Jahr 2013 belaufen sich daher auf 1.663,86 Euro.

Kosten für die Operation in der Privatklinik ***3***:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sind Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, nur dann als zwangsläufig erwachsen zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (; , 85/14/0181; , 2013/15/0254). Bei Kosten, die lediglich der Förderung des individuellen Wohlbefindens der Steuerpflichtigen dienen oder die aus bloßen Wünschen, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen resultieren, ist nach Ansicht des VwGH die Zwangsläufigkeit zu verneinen (). Grundsätzlich ist in einem von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlten öffentlichen Krankenhaus bzw. in der allgemeinen Gebührenklasse eine ordnungsgemäße und ausreichende Krankenbehandlung gewährleistet. Durch den Entschluss eines Steuerpflichtigen, sich in der Sonderklasse allgemein öffentlicher Krankenanstalten, in Privatkrankenhäusern oder durch Ärzte ohne Kassenvertrag, gegenüber der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses behandeln zu lassen, entstehen wesentlich höhere Kosten, welchen nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können. Bloße Wünsche oder Vorstellungen des Betroffenen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl ).

Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerdeführerin aufgefordert, die Gründe für die Behandlung in einer Privatklinik anzuführen und etwaige triftige medizinische Gründe nachzuweisen. Weder wurde von der Beschwerdeführerin selbst ein medizinischer Grund angeführt noch ärztliche Bestätigungen vorgelegt. Es wurde auch nicht behauptet, dass etwa aufgrund langer Wartezeiten in öffentlichen Krankenhäusern ein Nachteil vorliegen würde oder dass die Operation der Beschwerdeführerin nur in dieser Privatklinik durchgeführt werden konnte. Es konnte somit nicht festgestellt werden, dass ein medizinisch begründeter Ausnahmefall für die Behandlung in einer Privatklinik bei der Operation im Jahr 2013 vorgelegen hat. Die diesbezüglichen Aufwendungen konnten daher unter Verweis auf die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Begräbniskosten:

Die Begräbniskosten wurden in Höhe von 4.039,37 Euro nachgewiesen. Den Differenzbetrag zu den beantragten Kosten in Höhe von 4.570,27 Euro konnte die Beschwerdeführerin auch ohne belegmäßigen Nachweis nicht aufklären. Das Verlassenschaftsvermögen abzüglich der Kosten für den Gerichtskommissär betragen 508,05 Euro und sind von den Begräbniskosten abzuziehen. Es sind somit Aufwendungen in Höhe von 3.531,32 Euro zu berücksichtigen.

Sonstige Krankheitskosten:

Sonstige Krankheitskosten wurden in Höhe von 30,09 Euro nachgewiesen und sind als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die oben zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100649.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at