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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.05.2022, RV/7500200/2022

Verspäteter Wiederaufnahmeantrag

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke betreffend den Wiederaufnahmeantrag des ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom in Bezug auf das Erkenntnis , belangte Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, 1110 Wien, Rinnböckstraße 15, Block A, 1. und 2. EG, Zahl MA67/***5***/2019, den Beschluss gefasst:

I. Der Wiederaufnahmeantrag vom wird, soweit er sich auf das Erkenntnis , bezieht, als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG im Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde nicht zulässig.

Begründung

Erkenntnis

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis die Beschwerde des ***1*** ***2*** vom gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, vom , Zahl MA67/***5***/2019, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, als unbegründet abgewiesen.

Dieses Erkenntnis wurde ***1*** ***2*** laut Rückschein am zugestellt.

Erkenntnis

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis

1. die Beschwerde des ***1*** ***2*** vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom , MA67/***5***/2019, betreffend Zwangsvollstreckung wegen Nichtzahlung der rechtskräftigen Strafe auf Grund des Erkenntnisses , als unbegründet abgewiesen sowie

2. über ***1*** ***2*** wegen beleidigender Schreibweise eine Ordnungsstrafe von 200,00 Euro verhängt.

Dieses Erkenntnis wurde ***1*** ***2*** laut Rückschein am zugestellt.

Anbringen vom

Am langte bei post.sitz@bfg.gv.at folgende E-Mail ein:

Von: The ***19*** ***20***@gmail.com
Gesendet: Freitag, 15:48
An: Post, Sitz
Betreff: ma67/***5***/2019

S.g. Damen und Herren,

ich nehme Bezug das Aktenzeichen ma67/***5***/2019. HIer wurde verfassungs und sittenwidrig ein Verfahren ohne die physische Anwesenheit meiner Person geführt. Ich fordere hier weiterhin ein ordentliches Gerichtsverfahren und habe auch fristgerecht Berufung eingelegt. Ich sehe meine Rechte als Bürger hier stark eingeschränkt, da mir bei dem bekannten Verfahren vor Ihrem Gericht nicht die Möglichkeit gegeben wurde persönlich Stellung zu nehmen.

Weiterhin beziehe ich mich auf die verhängte Ordnungsstrafe in Höhe von 200€. Es ist nachweisbar, dass Herr ***1*** ***2*** die in der Strafe genannten Aussagen persönlich tätigte. Hier liegt keinerlei Nachweis des Gerichts vor. Daher ist diese Ordnungsstrafe nicht gerechtfertigt und mangels Nachweise stark zweifelhaft.

Ich fordere SIe nochmals auf ein ordentliches Verfahren zu führen und dem Status eines seriösen Justizwesen gerecht zu werden. Daher beantrage ich nochmals eine Berufung/Revision sowie die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Mit freundlichen Grüßen,

***1*** ***2***, M.A.
***4***
***3***

Deutung des Anbringens vom

Das Anbringen vom nennt als Bezug das "Aktenzeichen ma67/***5***/2019".

Zu dieser Geschäftszahl des Magistrats der Stadt Wien ergingen die beiden eingangs angeführten Erkenntnisse.

Das Anbringen bezieht sich offensichtlich auf beide Erkenntnisse.

Zufolge der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichts ist zur Erledigung von Wiederaufnahmeanträgen jene Gerichtsabteilung zuständig, die für das wiederaufzunehmende Verfahren zuständig war. Daher ist hinsichtlich beider Erkenntnisse getrennt zu entscheiden.

Beide Erkenntnisse haben eine umfassende Rechtsbelehrung enthalten.

Aus dieser ergibt sich, unter welchen Voraussetzungen eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zulässig ist, und dass gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen ist.

Der Antrag vom "nochmals eine Berufung/Revision sowie die Wiederaufnahme des Verfahrens" zu beantragen, ist zunächst auf die dem Antragsteller zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen.

Eine Berufung gegen Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts ist rechtlich nicht vorgesehen

Eine Revision gegen die gegenständlichen Erkenntnisse ist - wie in deren Rechtsbelehrung ausgeführt - rechtlich ausgeschlossen.

Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wäre - wie in der Rechtsbelehrung der Erkenntnisse angegeben - direkt bei diesem innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung des jeweiligen Erkenntnisses einzubringen gewesen.

Einer neuerlichen Beschwerde betreffend die Verwaltungsstrafe oder deren Vollstreckung - falls der Bf mit "Berufung" dies gemeint haben sollte - stünde das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen.

Daher verbleibt als grundsätzlich in Betracht kommender Rechtsbehelf in Bezug auf die gegenständlichen Erkenntnisse ein Antrag auf Wiederaufnahme. Als solchen hat der Antragsteller seinen Antrag auch selbst bezeichnet.

Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens

Bereits im Erkenntnis hat das Bundesfinanzgericht die Anforderungen an eine Wiederaufnahme des Verfahrens genau dargestellt:

§ 32 VwGVG lautet:

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Erklärend wurde dazu ausgeführt:

Wenn sich der Bf, wie in seiner Beschwerde behauptet, zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich aufgehalten hat, und hierzu neue Beweismittel vorliegen, die im bisherigen Verfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten, steht es ihm frei, unter Vorlage dieser Beweismittel (etwa nunmehriger schriftlicher Aussagen von Zeugen, die diesen Umstand bestätigen können), fristgerecht einen Wiederaufnahmeantrag an das Bundesfinanzgericht zu stellen.

Wiederaufnahmegründe

Das Anbringen vom nennt ersichtlich als Wiederaufnahmegründe:

1. "HIer wurde verfassungs und sittenwidrig ein Verfahren ohne die physische Anwesenheit meiner Person geführt. Ich fordere hier weiterhin ein ordentliches Gerichtsverfahren und habe auch fristgerecht Berufung eingelegt. Ich sehe meine Rechte als Bürger hier stark eingeschränkt, da mir bei dem bekannten Verfahren vor Ihrem Gericht nicht die Möglichkeit gegeben wurde persönlich Stellung zu nehmen."

2. "Weiterhin beziehe ich mich auf die verhängte Ordnungsstrafe in Höhe von 200€. Es ist nachweisbar, dass Herr ***1*** ***2*** die in der Strafe genannten Aussagen persönlich tätigte. Hier liegt keinerlei Nachweis des Gerichts vor. Daher ist diese Ordnungsstrafe nicht gerechtfertigt und mangels Nachweise stark zweifelhaft."

Kenntnis der Wiederaufnahmegründe

Der erste Wiederaufnahmegrund kann sich auf beide Erkenntnisse und beziehen, der zweite Wiederaufnahmegrund bezieht sich auf das Erkenntnis .

Das Erkenntnis wurde ***1*** ***2*** am zugestellt, das (hier gegenständliche) Erkenntnis am .

Der Wiederaufnahmeantrag wurde am eingebracht.

Unabhängig davon, dass die vom Antragsteller genannten Umstände keine Wiederaufnahmegründe i. S. v. § 32 Abs. 1 VwGVG sind, sind die vom Antragsteller angenommenen Wiederaufnahmegründe diesem mit der Zustellung des jeweiligen Erkenntnisses bekannt geworden, da sich diese ausschließlich aus den jeweiligen Erkenntnissen ergeben.

Zu den Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag wird bemerkt, dass in den den beiden Erkenntnissen zugrunde gelegenen Verfahren eine mündliche Verhandlung vom Beschwerdeführer nicht beantragt worden ist und daher gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG () bzw. § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG () von einer mündlichen Verhandlung abzusehen war. Was die Ordnungsstrafe anlangt, räumt der Antragsteller selbst ein, dass es nachweisbar ist, dass er "die in der Strafe genannten Aussagen persönlich tätigte". Es ist auch nicht ersichtlich, warum dem Antragsteller zwar die im Verfahren RV/7500400/2021 verfahrensgegenständlich gewesene Beschwerde vom zuzurechnen sein soll, etwa aber nicht die in dieser getätigten Äußerungen.

Verspäteter Wiederaufnahmeantrag

Gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Antragstellers vom Wiederaufnahmegrund beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Kenntnis von den vermeintlichen Wiederaufnahmegründen hat der Antragsteller durch die Bekanntgabe des jeweiligen Erkenntnisses erlangt, da sich die vermeintlichen Wiederaufnahmegründe ausschließlich auf den Umstand, dass (mangels Antragstellung) gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, bzw. auf die Begründung eines dieses Erkenntnisses beziehen.

Daher ist bei einer Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses im Juli 2021 der im Mai 2022 gestellte Wiederaufnahmeantrag jedenfalls verspätet.

Gründe, dass dessen ungeachtet die gesetzliche Frist eingehalten worden sei, wurden entgegen § 32 Abs. 2 letzter Satz VwGVG vom Antragsteller nicht angegeben. Derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich.

Zurückweisung

Ist ein Wiederaufnahmeantrag verspätet, fehlt es an einer Prozessvoraussetzung und ist der unzulässige Antrag zurückzuweisen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2. A. § 32 VwGVG Anm 13).

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt eine mündliche Verhandlung über den Wiederaufnahmeantrag.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der eindeutigen Gesetzeslage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 32 Abs. 2 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 32 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 32 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500200.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at