Beendigung der Geschäftsführertätigkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Kärntner Straße 21, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, Steuernummer ***1***, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 33.860,05 anstatt bisher € 58.072,45 eingeschränkt.
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag |
Umsatzsteuer | 06/2012 | 2.932,53 |
Umsatzsteuer | 09/2012 | 10.770,97 |
Umsatzsteuer | 10/2012 | 9.442,91 |
Einfuhrumsatzsteuer | 06/2012 | 9.515,40 |
Lohnsteuer | 1-11/2012 | 998,40 |
Dienstgeberbeitrag | 1-11/2012 | 199,84 |
SUMME | 33.860,05 |
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.) als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9 und 80 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***XY*** GmbH im Ausmaß von € 58.072,45 in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Die Abgabenschuldigkeiten setzen sich wie folgt zusammen:
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag | Fälligkeitstag |
Umsatzsteuer | 2012 | 31,02 | |
Umsatzsteuer | 06/2012 | 2.932,53 | |
Umsatzsteuer | 09/2012 | 10.770,97 | |
Umsatzsteuer | 10/2012 | 9.442,91 | |
Umsatzsteuer | 11/2012 | 4.997,33 | |
Umsatzsteuer | 12/2012 | 1.552,72 | |
Umsatzsteuer | 2013 | 1.083,33 | |
Umsatzsteuer | 01/2013 | 3.801,45 | |
Einfuhrumsatzsteuer | 06/2012 | 9.515,40 | |
Einfuhrumsatzsteuer | 11/2012 | 5.156,86 | |
Einfuhrumsatzsteuer | 02/2013 | 6.962,68 | |
Lohnsteuer | 2012 | 1.123,20 | |
Lohnsteuer | 02/2013 | 210,91 | |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 222,61 | |
Dienstgeberbeitrag | 02/2013 | 268,53 |
Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Gemäß § 80 Abs. 1 BAG haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, haftet für diese Abgaben, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Sie waren von ***Datum1*** bis ***Datum2*** Geschäftsführer der Firma ***XY*** GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für Umsatzsteuer ist festzuhalten:
Die Umsatzsteuer wurde nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (VWGH v. , 91/13/0037,0038). Demnach haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für andere Abgaben ist festzuhalten:
Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. Erk. des Zl. 84/13/0198; vom , Zl. 85/17/0035 und vom , Zl. 87/14/0148). Da Sie ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden."
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In der dagegen form- und fristgerecht eingebrachten durch den rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass dem Bf. vor Erlassung des Haftungsbescheides kein rechtliches Gehör eingeräumt worden sei. Im Übrigen werde die Verjährung der geforderten Beträge gegenüber dem Haftungspflichtigen eingewendet.
Der Bf. sei nicht wie im Bescheid auf Seite 2 angegeben bis ***Datum2*** Geschäftsführer der Firma ***XY*** GmbH gewesen, sondern sei das Rechtsverhältnis zum Bf. mit Wirkung aufgelöst worden.
Aus welchen Gründen es zu einer verspäteten Eintragung der Geschäftsführerumbestellung im Firmenbuch gekommen sei, sei dem Bf. nicht bekannt und von ihm auch nicht zu vertreten.
Die angeführte Haftungssumme in Höhe von € 58.072,45 könne nur dahingehend verstanden werden, dass es sich um die von der Abgabenbehörde festgestellte Gesamtsumme handle.
Dem stehe jedoch gegenüber, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa ) der Haftungspflichtige lediglich für die Höhe des Quotenschadens, das heißt jenen Betrag hafte, der bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre.
Nach Information des Bf. seien die im Haftungsbescheid angeführten Beträge fristgerecht an die Abgabenbehörde abgeführt worden. Ferner sei die vom Bf. vertretene Gesellschaft während seiner Geschäftsführertätigkeit steuerlich vertreten gewesen.
Beweis: PV
Zeuge ***Z.***, p.A. ***2***
Aus den genannten Gründen bedürfe der angefochtene Bescheid einer Korrektur.
Es würden daher die Anträge gestellt, das Bundesfinanzgericht wolle in Stattgebung der Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu nach Verfahrensergänzung ein Erkenntnis erlassen.
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Mit Ersuchen um Ergänzung der Beschwerde vom forderte das Finanzamt den Bf. auf, den Nachweis hinsichtlich der Auflösung bzw. Beendigung der Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH zu erbringen und eine genaue Aufstellung der behaupteten anteilsmäßigen Befriedigung sämtlicher im relevanten Haftungszeitraum aushaftenden Abgabenschuldigkeiten laut Haftungsbescheid vorzulegen.
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In der diesbezüglichen Stellungnahme des Parteienvertreters vom wurde ausgeführt:
"Mein Mandant ist zum als Geschäftsführer der Firma ***XY*** GmbH ausgeschieden, da das Rechtsverhältnis einvernehmlich gelöst wurde. Die verspätete Eintragung im Firmenbuch mit ***Datum3*** hat mein Mandant nicht zu vertreten. Die zeitnahe Löschung der Geschäftsführereintragung im Firmenbuch war mit dem nachfolgenden Geschäftsführer vereinbart. Zum Beweis des Ausscheidens meines Mandanten wird die Abmeldebestätigung der WGKK als Beilage /1 vorgelegt.
Wie bereits in der Beschwerde vom vorgebracht, wurde meinem Mandanten vor Erlassung des Haftungsbescheides vom kein rechtliches Gehör eingeräumt. Ferner wird vorgebracht, dass die Abgabenverbindlichkeiten gemäß Haftungsbescheid verjährt sind, zumal es sich um Verbindlichkeiten aus dem Jahr 2012 handelt.
Der von Ihnen festgestellte Haftungsbetrag in Höhe von € 58.072,45 ist seiner Höhe nach nicht korrekt, da geleistete Zahlungen offenbar nicht berücksichtigt sind und mein Mandant für die Nachforderungen an Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 1.083,33, EU/2013 über € 6.962,68, U 01/13 über € 3.801,45 aufgrund seines Ausscheidens aus der Gesellschaft nicht mehr zur Haftung herangezogen werden kann. Die Lohnsteuer für 02/2013 und der Dienstgeberbeitrag für 02/2013 in Höhe von zusammen € 479,44 sind am bezahlt worden.
Zur Abdeckung der Abgabenverbindlichkeiten für 2012 hat mein Mandant seinem Nachfolger als Geschäftsführer einen Betrag von € 40.000 mit der Auflage bezahlt, dass dieser Betrag zur Abdeckung der Abgabenverbindlichkeiten für 2012 herangezogen wird. Nach Auskunft des neuen Geschäftsführers wurde ein Betrag in Höhe von € 39.721,00 am auf gegenständliches Abgabenkonto auch tatsächlich einbezahlt.
Weiters scheint im Haftungsbescheid nicht berücksichtigt zu sein, dass es für Abgabenverbindlichkeiten aus 2012 Zahlungen über insgesamt € 17.000,00 an das Abgabenkonto gegeben hat. Zum Beweis dafür wird die Buchungsmitteilung Nr. 7/2014 sowie ein Konvolut an Quittungen des Abgabenexekutors vorgelegt.
Wie die Darstellung zuvor zeigt, wurden die im relevanten Haftungszeitraum aushaftenden Abgabenschuldigkeiten nicht nur anteilsmäßig, sondern zur Gänze bezahlt.
Gegenständlicher Haftungsbescheid ist wegen der Verletzung des Parteiengehörs mit Rechtswidrigkeit behaftet sowie bezüglich der Höhe der festgestellten Abgabenschuldigkeiten aufgrund nicht berücksichtigter Zahlungen unrichtig. Auf die eingetretene Verjährung wird nochmals hingewiesen."
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt Wien 8/16/17 der Beschwerde hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer 2/2013 statt und schränkte die Haftung auf € 51.109,77 anstatt bisher € 58.041,43 ein und führte dazu aus:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung gegen den Vertretenen, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
Für die Inanspruchnahme als Haftender gemäß § 9 Abs. 1 BAO ist maßgeblich, ob der Vertreter im Sinne des § 80 BAO (bis zum Ende seiner Vertretertätigkeit) abgabenrechtliche Pflichten der vertretenen Gesellschaft schuldhaft verletzt hat. Zu diesen Pflichten zählt insbesondere, dass die Abgaben der Gesellschaft bei Fälligkeit aus den verwalteten Mitteln entrichtet, Abgabenbemessungsgrundlagen vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt, bzw. Selbstbemessungsabgaben in richtiger Höhe berechnet, gemeldet und termingerecht bei gesetzlicher Fälligkeit bezahlt werden. Unbestritten ist, dass Sie im haftungsrelevanten Zeitraum der vertretungsbefugte Geschäftsführer der ***3*** GmbH (Anm. BFG: richtig wohl ***XY*** GmbH) waren und damit zu den im § 80 genannten Personenkreis zählten, die gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden können.
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten ()
Im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzungen in einem gemäß § 248 BAO duchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend gemacht werden.
Es herrschten bereits nicht unbemerkliche, abgabenrechtliche Rückstände der ***XY*** GmbH unter der Geschäftsführung von Herrn ***Bf1***. Diesbezüglich war das Finanzamt 8/16/17 auch sehr bemüht die Rückstände in jedweder Form einzubringen, insbesonders durch Ratenvereinbarungen und Antrittsbesuche des Außendienstes. Trotz etlichen Vorsprachen und den daraus resultierenden Zahlungsvereinbarungen, wurden die Rückstandsraten nicht beglichen. Demzufolge wurde das Parteiengehör allenfalls gewahrt und sogar von der beschwerdeführenden Partei in Anspruch genommen.
Da bereits zum Zeitpunkt der Enthebung der Geschäftsführertätigkeit von Herrn ***Bf1*** beträchtliche Rückstände am Abgabenkonto herrschten, die zum Teil überhaupt nicht beglichen wurden, kann hier von einer anteilsmäßigen Befriedung keine Rede sein.
Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom ***Datum9*** war Herr ***Bf1*** abgabenrechtlich bis zur Geltendmachung dieses Beschlusses gesetzlicher Vertreter der ***XY*** GmbH und somit bis zu diesem Zeitpunkt für fällige Schulden der Primärschuldnerin zur Haftung heranzuziehen.
Folglich konnte Ihrem Ansuchen nicht stattgegeben werden und die Beschwerde war spruchgemäß abzuweisen."
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Mit Eingabe vom beantragte der Bf. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des Bf. ergänzend aus, dass sein Mandant als in Deutschland ausgebildeter Musiklehrer im Jahr 1999/2000 nach Österreich gekommen sei, hier eine Frau kennengelernt und diese geheiratet habe. Er wollte hier als Musiklehrer arbeiten.
Er habe keinen Job gefunden, die Familie hätte ernährt werden müssen, weshalb er nach einer ausbildungsfremden Arbeit gesucht habe. Diese Arbeit habe er bei der Fa. ***K*** GmbH gefunden, die einem Herrn ***Z.*** gehört habe. Bei der Gründung der ***XY*** GmbH sei der Bf. von Herrn ***Z.*** ersucht worden, die Funktion des Geschäftsführers zu übernehmen, was er dann auch "blauäugig" getan habe.
Er habe damals als Musiklehrer keine Kenntnis davon gehabt, was er da für eine Verantwortung übernommen habe. Es sei auch alles gut gegangen und man habe eine Art Ressortaufteilung dahingehend gehabt, dass der Bf. für den Ein- und Verkauf und Herr ***Z.*** für die finanziellen Angelegenheiten zuständig gewesen sei.
Der Bf. habe immer wieder gefragt, ob alles in Ordnung sei, was bejaht worden sei. Im Jahr 2012 sei der Bf. erstmals wegen angeblicher Verbindlichkeiten zum FA zitiert worden. Da sei ihm auch klar geworden, welche Verpflichtung er als Gf. übernommen habe. Er habe dann die Firma so schnell wie möglich verlassen wollen und das Dienstverhältnis sei dann mit aufgelöst worden. Der Bf. habe sich selbstständig gemacht und habe dann € 40.000,00 Ablöse an ***XY*** GmbH für den Geschäftsraum bezahlen müssen. Diese Bezahlung habe er auch am geleistet mit der ausdrücklichen Vereinbarung, dass dieses Geld zur Rückzahlung der Verbindlichkeiten an das FA weiterzuleiten sei. Die Frage danach, ob die Forderungen vor 2012 bezahlt worden seien, sei von Herrn ***Z.*** bejaht worden. Er habe damit mit Ende 2012 die Firma verlassen und dann bis zur Zustellung des Haftungsbescheides vom vom Finanzamt oder sonst einer Behörde nichts mehr gehört. Seit dem Haftungsbescheid habe er sich bemüht von Herrn ***Z.*** Firmenunterlagen zu bekommen, damit er sich hier ordnungsgemäß verantworten könne. Firmenunterlagen seien aber nicht herausgegeben worden. Rein rechtlich sei die ***XY*** GmbH bereits im Jahre 2012 zahlungsunfähig bzw. überschuldet gewesen. Auch ein ordentlicher Gf. hätte daher in diesem Jahr unter der Maxime der Gleichbehandlung aller Gläubiger nunmehr max. 20% der Steuerlast abliefern können. Dies auch ohne der € 40.000,00, die an das Finanzamt 2012 nach Zusage von Herrn ***Z.*** bezahlt worden seien. Herr ***Bf1*** sei sich natürlich bewusst, dass er für diese Gleichbehandlung beweispflichtig sei. Im konkreten Fall sei ihm aber der Beweis unmöglich, da er seit 2012 keinen Einblick mehr in die Bücher gehabt habe und ihm diese nicht herausgegeben worden seien. Dies entbinde aber die Behörde nicht der Verpflichtung, selbst Ermittlungen dahingehend anzustellen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Der Vertreter des Bf. beantrage daher, Herrn ***Z.*** aufzufordern, die Geschäftsunterlagen herauszugeben und nach deren Vorliegen einen Sachverständigen hinzuzuziehen, der dann die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung im Jahre 2012 feststellen könne.
Sachliche Themen wären somit:
1. Wann sei die Gf. Tätigkeit in Bezug auf die Haftung beendet worden?
2. Wo seien die für 2012 bezahlten € 39.721,83 gebucht worden?
3. Welche Quote habe es im Konkursverfahren gegeben. Nach einer Aufzeichnung des Masseverteilers müssten € 6.311,97 an das Finanzamt geflossen sein.
4. Wohin seien die laufenden Zahlungen des Exekutionsbeamten von € 17.000,00 gebucht worden?
5. Die Lohnsteuer 02/2013 und Dienstgeberbeiträge 02/2013 seien bezahlt worden. Verwiesen werde auf den vorgelegten Nachweis.
Vorgelegt werde ein Entwurf zur Masseverteilung vom - Masseverwalter seien Herr ***4*** bzw. ***5*** gewesen.
Der Amtsbeauftragte wies darauf hin, dass im Firmenbuch Herr ***Z.*** in der Zeit der Geschäftsführertätigkeit des Bf. nicht aufscheine, eine Arbeitsteilung könne daher nicht vorliegen.
Der Vertreter des Bf. entgegnete, dass dies ist richtig sei, Herr ***Z.*** sei faktischer Geschäftsführer gewesen.
Der Amtsbeauftragte verwies auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Gf. jedenfalls dann hafte, wenn er die Geschäftsführertätigkeit übernehme, unabhängig davon, ob er dazu in der Lage sei und ob die Geschäfte tatsächlich von ihm oder von einer dritten Person getätigt würden, in diesem Fall Herr ***Z.***.
Dazu führte der Vertreter des Bf. aus, dass dies außer Zweifel stehe, das Vorbringen sei nur deswegen erstattet worden, um den Grad des Verschuldens festzustellen.
Der Amtsbeauftragte verwies weiters auf die Judikatur des VwGH, wonach der Gf. für den Nachweis seines ordnungsgemäßen Verhaltens als Geschäftsführer Vorsorge zu treffen habe.
Dies sei, wie der Vertreter des Bf. ausführte, auch jedoch erfolglos versucht worden, im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit habe er nicht mal Einblick in die Buchhaltungsunterlagen gehabt.
Amtsbeauftragter: Entgegen der Feststellung im Haftungsbescheid, dass die Geschäftsführertätigkeit am ***Datum2*** geendet habe, werde auf den Beschluss vom ***Datum9*** verwiesen. An diesem Tag habe die Geschäftsführertätigkeit jedenfalls geendet.
Der Umsatzsteuerbescheid 2013 sei dem Haftungsbescheid nicht beigelegt worden, weshalb beantragt werde, der Beschwerde insoweit stattzugeben.
Fraglich sei, ob die Geschäftsführertätigkeit des Bf. am geendet habe, wobei zugestanden werde, dass der Bf. ab offensichtlich nicht mehr bei der GmbH tätig gewesen sei, zumal er ab Jänner 2013 bei der ***Bank1*** beschäftigt gewesen sei. Von einer doppelten Beschäftigung sei nicht auszugehen.
Die Formvorschriften für den Rücktritt der Geschäftsführung gemäß GmbH-Gesetz seien nicht erfüllt worden.
Es sei üblich, dass Zahlungen mit der jeweils ältesten Abgabenschuldigkeiten verrechnet würden. Am seien am Abgabenkonto € 136.132,22 aushaftend gewesen.
Die angesprochen € 39.721,00 seien tatsächlich am einbezahlt worden, allerdings als Barzahlung im Wege der Vollstreckung. In diesen Fällen sei eine Verrechnungsweisung nicht möglich, die Zahlung sei daher mit der ältesten Schuld verrechnet worden. Das Gleiche gelte auch für die weiteren genannten Zahlungen in Höhe von € 17.000,00.
Der Vertreter des Bf. führte weiters aus, dass die Firma im Jahr 2013 höhere Geldbeträge geleistet habe, was nach Ansicht des Bf. im Ermessen zu berücksichtigen wäre.
Der Beschwerdeführer erklärte, dass seine derzeitige Firma derzeit gut laufe und eine Haftung die finanzielle Lage gefährden würde.
Als Anschriftsadresse von Herrn ***Z.***, wurde ***Adresse Z*** bekanntgegeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:
Gemäß der vorliegenden Kontoabfrage haften die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten am Abgabenkonto der Firma unberichtigt aus.
Zum Einwand der Verjährung:
Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Bescheides gemäß §§ 201 und 202 unterbrochen, wobei mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.
Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Abs. 2: Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.
Abs. 3: Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.
Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird gemäß § 9 Abs. 1 IO die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von Neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.
Das Finanzamt hat dem Bundesfinanzgericht die Anmeldung von Abgabenforderungen im Insolvenzverfahren vom vorgelegt. Dies beinhaltet unter anderem sämtliche im Haftungsbescheid angeführten Abgabenschuldigkeiten.
Durch die erfolgte Anmeldung wurde die Verjährung unterbrochen, die mit der rechtskräftigen Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom ***Datum7*** neu zu laufen begann. Das Ende der Verjährungsfrist wäre daher der gewesen, der Haftungsbescheid - der eine weitere Unterbrechungshandlung darstellt - erging jedoch am , somit lange vor Ablauf dieser Frist.
Einhebungsverjährung ist somit nicht eingetreten.
II.) Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum4*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet. Der Sanierungsplan wurde zwar mit Beschluss vom ***Datum5*** angenommen, der Masseverwalter zeigte aber an, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen. Mit Beschluss vom ***Datum6*** wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet, dem Sanierungsplan die Bestätigung versagt und die Bezeichnung des Verfahrens auf Konkursverfahren abgeändert. Am ***Datum7*** wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben und die Firma per ***Datum8*** gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sind daher bei der Firma uneinbringlich.
Es ist daher ersichtlich, dass im Insolvenzverfahren keine Konkursquote ausgeschüttet wurde. Der Vertreter des Bf. hat in der in der mündlichen Verhandlung einen Entwurf des Masseverwalters zur Masseverteilung vorgelegt. Der angesprochene Betrag in Höhe von € 6.311,97 betrifft Masseforderungen, die von Konkursforderungen zu unterscheiden sind und mit den gegenständlichen haftungsgegenständlichen Abgaben in keinerlei Zusammenhang stehen.
III.) Stellung des Bf. als Vertreter
Laut Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die Gesellschaft ab ***Datum1*** als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Am ***Datum3*** wurde diese Funktion aufgrund des am ***Datum2*** beim Gericht eingelangten Antrages auf Änderung gelöscht.
In der Beschwerde bringt der Bf. vor, dass das Rechtsverhältnis zur Primärschuldnerin mit Wirkung aufgelöst gewesen sei, die belangte Behörde verweist auf den Gesellschafterbeschluss vom ***Datum9***, mit dem der alleinige Gesellschafter der ***XY*** GmbH die Bestellung des Bf. zum Geschäftsführer widerrief.
Strittig ist daher, wann die Funktion des Bf. als Geschäftsführer endete. Diese Frage ist von entscheidender Bedeutung, da die abgabenrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Dauer der Organfunktion, also ab dem Zeitpunkt der (wirksamen) Bestellung bis zu deren (wirksamer) Beendigung (Abberufung) besteht. Auf eine allfällige Firmenbucheintragung kommt es - infolge deren bloß deklarativer Wirkung - nicht an.
Hinsichtlich jener Abgaben, die nach dem Tag der wirksamen Zurücklegung der Geschäftsführerbefugnis fällig geworden sind, kann der Geschäftsführer nicht zur Haftung herangezogen werden ().
Im Erkenntnis vom , 89/15/0158, führt der VwGH aus:
"Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass zwischen der organschaftlichen Bestellung des Geschäftsführers und seiner Anstellung, die eine besondere schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft erzeugt, zu unterscheiden ist (vgl. Reich - Rohrwig, GmbH-Recht 96, 103 mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend ist zwischen der Beendigung der Organfunktion und der Beendigung des Anstellungsvertrages zu unterscheiden; die Beendigung des Anstellungsverhältnisses bewirkt somit in der Regel nicht per se die Beendigung der Organstellung und umgekehrt (Reich -Rohrwig, aaO 109; Baumbach - Hueck, GmbH-Gesetz14 § 38, Rz 39).
Der Anstellung kann - je nach ihren Merkmalen - auch ein freier Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein Auftrag zu Grunde liegen (Reich - Rohrwig, aaO 103); in der Regel - vor allem bei sogenannten "Fremdgeschäftsführern" - ist der Anstellungsvertrag ein echter Dienstvertrag (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht 807) im Sinne der §§ 1151 ff ABGB.
Das Dienstverhältnis kann durch den Geschäftsführer einseitig durch Kündigung (§ 1159 ABGB, § 20 AngG) oder vorzeitige Auflösung (§ 1162 ABGB, § 25 AngG) beendet werden. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Geschäftsführer auch berechtigt ist, seine Organfunktion jederzeit niederzulegen; die Rücktrittserklärung stellt dabei eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/14/0161 und die darin zitierte Vorjudikatur; OGH SZ 58/181;
Reich - Rohrwig, aaO 166, Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz2, 164). Nach herrschender Ansicht kann die Niederlegung der Funktion nicht nur gegenüber den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat, sondern auch gegenüber einem anderen Geschäftsführer erklärt werden (Reich - Rohrwig, aaO 166; Mertens in Hachenburg, GmbH-Gesetz7, § 38 Rz 76). Der Rücktritt wird mit dem Zugang der Erklärung wirksam (Reich - Rohrwig, aaO 166; OGH SZ 58/181), wenn nicht - wie im vorliegenden Fall - ein späterer Zeitpunkt genannt wird. Der zurückgetretene Geschäftsführer kann seine Löschung im Handelsregister durch Klage erzwingen (vgl. z.B. OGH GesRZ 1980, 90); der Zeitpunkt der Löschung im Handelsregister ist im vorliegenden Zusammenhang aber nicht von Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/14/0161, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall ist somit streitentscheidend, ob durch die Erklärung des Beschwerdeführers gegenüber der Gesellschaft vom lediglich das Anstellungsverhältnis - wie die belangte Behörde meint, die sich dabei auf die Verwendung der Worte "Aufkündigung des Dienstverhältnisses" durch den Beschwerdeführer stützen kann - oder auch die Organfunktion als Geschäftsführer beendet wurde. Diese Frage ist mit Hilfe der Auslegung der strittigen Erklärung nach den Auslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB, die auch für einseitige Erklärungen gelten (vgl. z.B. OGH SZ 56/176, JBl 1983, 559 u.a.), zu lösen. Nach der zitierten Vorschrift ist das Ziel der Auslegung die Feststellung der Absicht der Parteien (bei einseitigen Erklärungen die Absicht des Erklärenden); es ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften. Die Auslegung der einzelnen Erklärung ist am "Empfängerhorizont" zu messen; die "Umstände der Erklärung" sind stets zu berücksichtigen (vgl. Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 4, 7 zu § 914).
Eine umfassende Auslegung der strittigen Erklärung des Beschwerdeführers kann somit nicht allein auf den Umstand, dass darin lediglich von der "Aufkündigung des Dienstverhältnisses", nicht aber (ausdrücklich) auch von der "Beendigung (Niederlegung, Rücktritt von) der Organfunktion" die Rede ist, gegründet werden. Die Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Geschäftsführer wird vielmehr in der Regel gleichzeitig Amtsniederlegung bedeuten (Baumbach - Hueck aao § 38 Rz 39). Selbst wenn man unterstellt, dass der Beschwerdeführer hätte wissen müssen, dass zwischen dem Anstellungsverhältnis und der gesellschaftsrechtlichen Bestellung zum Geschäftsführer zu unterscheiden ist, und ausschließt, dass die Parteien die Begriffe "Dienstverhältnis" bzw. "Angestelltenverhältnis" subjektiv als Bezeichnung der Gesamtheit der aus dem Dienstverhältnis UND der Bestellung zum Geschäftsführer erfließenden Rechte und Pflichten verstanden haben, ergibt selbst die wörtliche Auslegung der Erklärung schon Anhaltspunkte für die Absicht des Erklärenden, nicht nur das Dienstverhältnis (im eigentlichen Sinn), sondern auch die Organfunktion als Geschäftsführer zu beenden, weil der Beschwerdeführer (wenigstens implizit) die "Beendigung meiner Tätigkeit in ihrer Gesellschaft" ankündigt, ohne dies auf den Dienstvertrag einzuschränken. Einer solchen Erklärung könnte man einen Sinngehalt, das Dienstverhältnis bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Organfunktion als Geschäftsführer aufzulösen, wohl nur bei Vorliegen einer Interessenlage unterstellen, die nahelegt, dass der Geschäftsführer die aus seiner Organstellung resultierenden Pflichten (und das Haftungsrisiko eines Geschäftsführers) aus anderen Gründen als wegen der aus dem Dienstverhältnis resultierenden Gegenleistungen der Gesellschaft auf sich nehmen wollte. Eine solche Interessenlage, die bei einem "Fremdgeschäftsführer" nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht kommen wird, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich; ebensowenig ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nach dem noch Vertretungshandlungen für die Gesellschaft gesetzt hätte.
Der Empfänger einer solchen Erklärung könnte diese somit nur bei Kenntnis von einer besonderen Interessenlage des Geschäftsführers, die diesem die weitere Ausübung seiner Funktion auch ohne die Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis geboten scheinen lassen könnte, als Beendigung bloß des Dienstverhältnisses bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Funktion als Geschäftsführer verstehen."
Diese Grundsätze müssen auch für den Fall gelten, dass das Dienstverhältnis des Geschäftsführers einvernehmlich aufgelöst wird.
Das Dienstverhältnis wurde, wie in der Beschwerde dargestellt und mit Vorlage der diesbezüglichen Mitteilung an die WGKK nachgewiesen, mit einvernehmlich aufgelöst. Das Dienstverhältnis des Bf. stand im gegenständlichen Fall im unmittelbaren und ausschließlichen Zusammenhang mit der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit. Der Bf. war nicht Gesellschafter der Primärschuldnerin, somit ist keine Interessenslage des Bf. erkennbar, die diesem die weitere Ausübung seiner Funktion auch ohne Entgeltsansprüche aus dem Dienstverhältnis geboten erscheinen gelassen hätten.
Auch seitens des Gesellschafters der GmbH konnte die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses nur dahingehend verstanden werden, dass damit die Geschäftsführertätigkeit ebenfalls endete.
Anhaltspunkte dafür, dass der Bf. nach dem als Geschäftsführer auftrat, liegen nicht vor. Die belangte Behörde erklärte dazu, dass der Bf. nachweislich ab Jänner 2013 bei der ***Bank1*** beschäftigt gewesen und von einer doppelten Beschäftigung sei nicht auszugehen sei.
Daher fungierte der Bf. bis zum Ablauf des Jahres 2012 als Geschäftsführer und zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, welche - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden können.
IV. Schuldhafte Pflichtverletzung
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Der Bf. brachte in der mündlichen Verhandlung vor, dass er von Herrn ***Z.*** ersucht worden sei, die Funktion des Geschäftsführers zu übernehmen, was er dann auch "blauäugig" getan habe.
Er habe damals als Musiklehrer keine Kenntnis davon gehabt, was er da für eine Verantwortung übernommen habe. Man habe eine Art Ressortaufteilung dahingehend gehabt, dass der Bf. für den Ein- und Verkauf und Herr ***Z.*** für die finanziellen Angelegenheiten zuständig gewesen sei.
Dass sich der Bf. bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf genommen hat oder - worauf die Beschwerdeausführungen hindeuten - sich (auf Grund fehlender Kenntnisse) eine derartige Beschränkung sogar selbst ausbedungen hat, begründete - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - bereits ein für die Haftung relevantes Verschulden (vgl. , , , , und ).
Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass das Einverständnis, nur formell bzw. "auf dem Papier" als Geschäftsführer zu fungieren und auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen befreit. In einem solchen Einverständnis ist auch keine Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsverteilung zu sehen, welche die Abgabenangelegenheiten vom Aufgabenbereich des Bf. ausgeschlossen hätte (), weshalb der Einwand des Bf., dass die Geschäftsverteilung einen Vertreter auch exkulpieren könne, wenn er sich diesbezüglich auf andere Vertreter verlassen habe können, ins Leere geht.
Ein Vertreter handelt schon deshalb schuldhaft, weil ihm bewusst sein muss, dass er der gesetzlichen Sorgfaltspflicht des § 25 Abs. 1 GmbHG nicht entsprechen kann, wenn er dessen ungeachtet die Funktion eines Geschäftsführers übernimmt.
Der Bf. war unbestritten im hier zu beurteilenden Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Fragen betreffend eine Aufteilung der Besorgung von Angelegenheiten bei einer Mehrheit von Geschäftsführern (vgl. hiezu auch ; , Ra 2020/13/0087) konnten sich demnach im vorliegenden Verfahren nicht stellen.
Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mittel der Gesellschaft Sorge zu tragen, so hat die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war.
Der Geschäftsführer haftet jedenfalls für Abgabenschulden, die im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit fällig wurden. Für Abgabenschuldigkeiten, die nach der Beendigung der Funktion fällig wurden, besteht in der Regel keine Haftung, da er für die Entrichtung nicht mehr verantwortlich war.
Wie bereits ausgeführt, endete die Geschäftsführertätigkeit des Bf. mit Ablauf des Jahres 2012, daher kann er für folgende Abgabenschuldigkeiten, die nach dem fällig wurden, nicht zur Haftung herangezogen werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart | Zeitraum | Betrag | Fälligkeitstag |
Umsatzsteuer | 2012 | 31,02 | |
Umsatzsteuer | 11/2012 | 4.997,33 | |
Umsatzsteuer | 12/2012 | 1.552,72 | |
Umsatzsteuer | 2013 | 1.083,33 | |
Umsatzsteuer | 01/2013 | 3.801,45 | |
Einfuhrumsatzsteuer | 11/2012 | 5.156,86 | |
Einfuhrumsatzsteuer | 02/2013 | 6.962,68 | |
Lohnsteuer | 12/2012 | 124,80 | |
Lohnsteuer | 02/2013 | 210,91 | |
Dienstgeberbeitrag | 12/2012 | 22,77 | |
Dienstgeberbeitrag | 02/2013 | 268,53 |
Anmerkung: Die Nachforderung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 2012 in Höhe von € 1.123,20 und € 222,61 wurde im Schätzungsweg auf die einzelnen Monate aufgegliedert.
L: Sachbezüge - € 1.123,20; 1/9= € 124,80;
Verbleiben zur Haftung € 998,40 (siehe Tabelle unten)
DB: Sachbezüge - € 151,88; 1/9=16,88
Abfuhrdifferenz 2012 € 70,73, 1/12= 5,89
Summe DB: 22,77
verbleiben zur Haftung: € 199,84
Somit verbleiben für eine weitere Prüfung der Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Bf. folgende Abgabenschuldigkeiten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart | Zeitraum | Betrag |
Umsatzsteuer | 06/2012 | 2.932,53 |
Umsatzsteuer | 09/2012 | 10.770,97 |
Umsatzsteuer | 10/2012 | 9.442,91 |
Einfuhrumsatzsteuer | 06/2012 | 9.515,40 |
Lohnsteuer | 1-11/2012 | 998,40 |
Dienstgeberbeitrag | 1-11/2012 | 199,84 |
SUMME | 33.860,05 |
Der Geschäftsführer hat darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden sind, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden waren. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2008/15/0283).
Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. (vgl. ).
Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2010/16/0019).
Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0137). Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/16/0116) ().
Die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze abzuführen. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er nach § 78 Abs. 3 EStG die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszahlung gelangenden Betrag zu entrichten.
Die Lohnsteuer wäre somit bei Fälligkeit grundsätzlich zur Gänze abzuführen gewesen, die Dienstgeberbeiträge, Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer wiederum im Rahmen der Gleichbehandlung aller Gläubiger an deren Fälligkeitstagen.
Der Bf. führt wesentliche Rechtsprechung zwar in seiner Beschwerde an, legte jedoch - trotz entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde vom - keinen Gleichbehandlungsnachweis vor, sondern bringt vor, dass ihm dies nicht möglich sei, da er seit 2012 keinen Einblick mehr in die Bücher gehabt habe und ihm diese - trotz Aufforderung - nicht herausgegeben worden seien. Dies entbinde aber die Behörde nicht der Verpflichtung, selbst Ermittlungen dahingehend anzustellen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Der Vertreter des Bf. beantrage daher, Herrn ***Z.*** aufzufordern, die Geschäftsunterlagen herauszugeben und nach deren Vorliegen einen Sachverständigen hinzuzuziehen, der dann die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung im Jahre 2012 feststellen könne. Auch ein ordentlicher Gf. hätte daher in diesem Jahr unter der Maxime der Gleichbehandlung aller Gläubiger nunmehr max. 20% der Steuerlast abliefern können.
Nun bedeutet die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers zwar nicht, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre; entspricht der Geschäftsführer nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (siehe etwa das Erkenntnis des ). Das gegenständliche Begehren ist auf die Durchführung eines Erkundungsbeweises gerichtet. Weder die Abgabenbehörde noch das Bundesfinanzgericht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, einen derartigen Beweis aufzunehmen (vgl. z.B. , 2005/13/0074). Der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung obliegt dem Beschwerdeführer und diese Verpflichtung kann nicht an das Bundesfinanzgericht abgewälzt werden. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Bf. davon ausgeht, dass aufgrund der finanziellen Situation der Firma maximal 20% der Steuern hätten befriedigt werden können, zumal er selbst in der mündlichen Verhandlung dargetan hat, dass er keinen Einblick in die Buchhaltung gehabt habe und darüber hinaus auch nicht über eine diesbezügliche fachliche Kenntnis verfügt (habe), weshalb auch der Antrag nicht ausreichend konkretisiert ist.
Dem Antrag wird daher nicht Folge geleistet.
Weiters ist auf den Zl. 0065/79, zu verweisen: "Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bedeutet noch nicht die Uneinbringlichkeit einer Forderung."
Der Bf. bringt auch vor, dass er für die Verbindlichkeiten des Jahres 2012 seinem Nachfolger als Geschäftsführer einen Betrag von € 40.000,00 mit der Auflage bezahlt habe, dass dieser Betrag zur Abdeckung dieser Verbindlichkeiten verwendet werde. Nach Auskunft des neuen Geschäftsführers sei ein Betrag in Höhe von € 39.721,00 am auf gegenständliches Abgabenkonto auch tatsächlich einbezahlt worden. Weiters habe es für 2012 Zahlungen über insgesamt € 17.000,00 auf das Abgabenkonto gegeben, weshalb die Haftungsschuld nicht nur anteilsmäßig, sondern zur Gänze bezahlt worden sei.
Der Bf. scheint jedoch zu übersehen, dass per am Abgabenkonto Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 141.799,25, hievon fällig € 136.132,22, unberichtigt aushafteten, sodass die am Abgabenkonto verbuchten Beträge in Höhe von € 39.721,00 und € 17.000,00 den Abgabenrückstand nur teilweise tilgen konnten.
Einzahlungen ohne Verrechnungsweisung werden auf die ältesten Abgabenschuldigkeiten verrechnet.
Im Haftungsverfahren ist hinsichtlich des Aushaftens von Abgabenschuldigkeiten vom Stand des Abgabenkontos auszugehen.
Im Übrigen sind Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftenden und der Abgabenbehörde darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, nicht im Haftungsverfahren, sondern in einem durch einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO ausgelösten Verfahren zu entscheiden (z.B. ).
Die Betrauung Dritter, insbesondere auch eines Steuerberaters, mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten befreit den Geschäftsführer aber nicht davon, den Dritten zumindest in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass dem Geschäftsführer Steuerrückstände verborgen bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0099). Unterbleibt die Überwachung, liegt eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers vor.
Nach der Rechtsprechung kann die Betrauung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten den Geschäftsführer nur dann entschuldigen, wenn dieser im Haftungsverfahren Sachverhalte vorträgt, aus denen sich ableiten lässt, dass er dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragen und sich von diesem über die vermeintliche Rechtsrichtigkeit der eingeschlagenen Vorgangsweise informieren hat lassen, ohne dass zu einem allfälligen Fehler des Steuerberaters hinzutretende oder von einem solchen Fehler unabhängige eigene Fehlhandlungen des Geschäftsführers vorgelegen wären (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0246).
Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet. Damit lässt der Beschwerdeführer aber in der Beschwerde offen, wie er seiner ihm zumutbaren Informations- und Überwachungspflichten gegenüber dem Steuerberater nachgekommen wäre.
Zur Frage des Vorliegens von schuldhaften Pflichtverletzungen des Bf. ist verfahrensbezogen ergänzend festzustellen:
Gemäß § 21 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen für 06/2012, 09/2012 und 10/2012, sowie die Einfuhrumsatzsteuer 6/12 wurden am Fälligkeitstag nicht entrichtet.
Gründe, die eine Schuldhaftigkeit dieser Pflichtverletzung ausschließen würde, wurden vom Bf. nicht dargetan.
Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Die Lohnsteuer von Bezügen (Löhnen), die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für den vorangegangenen Kalendermonat ausbezahlt werden, gilt als Lohnsteuer, die im vorangegangenen Kalendermonat einzubehalten war.
Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Arbeitslöhne, die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für das vorangegangene Kalendermonat gewährt werden, sind dem vorangegangenen Kalendermonat zuzurechnen. Werden Arbeitslöhne für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt, ist der Dienstgeberbeitrag bis zum 15. Februar abzuführen. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den für die Abfuhr der Lohnsteuer maßgebenden Vorschriften. Für die Erhebung des Dienstgeberbeitrages ist örtlich das Wohnsitz-, Betriebs- oder Lagefinanzamt zuständig, wobei der Dienstgeberbeitrag in den Fällen, in denen der Dienstgeber im Bundesgebiet keine Betriebsstätte (§ 81 des Einkommensteuergesetzes 1988) hat, an das Finanzamt zu leisten ist, in dessen Bereich der Dienstnehmer überwiegend beschäftigt ist.
Bezüglich der Nachforderungen Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 2012 sind aus dem diesbezüglichen Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom folgende Feststellungen ersichtlich:
"Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ
Gemäß §15 (2) EStG ist die private Nutzung des firmeneigenen PKWs (Oktavia) ein geldwerter Vorteil. Da kein Fahrtenbuch geführt wurde, ist ein Sachbezug in Höhe von 1,5% des Anschaffungswertes anzusetzen.
Summen über die gesamte Feststellung pro Abgabenart (gekürzt):
L: Zeitraum - € 1.123,20
DB Zeitraum - € 151,88
Abfuhrdifferenz:
DB 2012 € 70,73"
Es stellt unternehmerisches Allgemeinwissen dar, dass für die private Kfz-Nutzung ein Sachbezug anzusetzen ist. Aus § 4 der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002, BGBl. II Nr. 416/2001 ist unter Punkt 4.2.4 Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kfz zu entnehmen (für 2012 gültige Fassung):
"(1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten, einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe) maximal 510 Euro monatlich anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen."
Es liegt bezüglich der Privatnutzung von arbeitgebereigenen KFZ eine eindeutige und leicht zu erforschende Regelung vor.
Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().
Wie bereits ausgeführt, wurde trotz Aufforderung kein Gleichbehandlungsnachweis vorgelegt.
Eine quotenmäßige Einschränkung der Haftung kommt damit nicht in Betracht.
Soferne der Bf. ausführt, dass ihm vor Erlassung des Haftungsbescheides kein rechtliches Gehör eingeräumt worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass er dazu im nunmehrigen Haftungsverfahren dazu ausreichend Gelegenheit hatte, wodurch ein eventueller Verfahrensmangel saniert wurde.
V. Kausalzusammenhang:
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
VI. Ermessen:
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().
Der Bf. fungierte im haftungsgegenständlichen Zeitraum als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer, weiters wurde auch der nachfolgende Geschäftsführer zur Haftung herangezogen. Ein Ermessensmissbrauch liegt daher nicht vor.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Behörde daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen, woran auch der Hinweis des Bf. auf seine schlechte wirtschaftliche Lage nichts zu ändern vermag. Diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof in weiteren Erkenntnissen vertreten, indem er ausführt, dass der bloße Hinweis auf die Einkommenssituation des Haftenden keinen Ermessensfehler aufzuzeigen vermag (), es nicht zutrifft, dass die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden dürfte (), die Behörde die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigen konnte () und die vom Haftenden geltend gemachten Billigkeitsgründe der Vermögenslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen (). Auch schließt eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht aus, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().
Die Haftung des Geschäftsführers setzt eine bestimmte Schuldform nicht voraus (vgl. ).
Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist zwar eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können (vgl. ). Dass dem Beschwerdeführer ein (allenfalls im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigendes) besonders geringes Verschulden anzulasten sei, kam im Verfahren - da der Beschwerdeführer wie oben ausgeführt keine Unterlagen über die vorhandenen Mittel und deren Verwendung vorgelegt hat - nicht hervor (vgl ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung basiert auf der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.
Wien, am
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung basiert auf der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103547.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at