Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2022, RV/7102709/2018

Hauptwohnsitzbefreiung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0091. Mit Erkenntnis v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Siegfried Fenz, den Richter Mag. Franz Anderl sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Claudia Strohmaier und Mag. Vanessa Mühlböck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TAXPLAN Steuerberatungs- gesellschaft mbH, Tokiostraße 11/3/36, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Schriftf.*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beim Beschwerdeführer (Bf.) wurde eine Außenprüfung umfassend das Jahr 2014 durchgeführt.
Der Prüfer traf im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom , soweit beschwerdegegenständlich, folgende Feststellungen:

Tz. 12 Immobilienertragsteuer

SACHVERHALTSDARSTELLUNG:

a) Die mit KV v. betreffend Veräußerung der Grundstücke KG **** EZ n u. EZ nn erzielten Erlöse i.H.v. 7.122.060 € (Verkaufserlös/m2 i.H.v. 270 €) wurden unter Inanspruchnahme der Hauptwohnsitzbefreiung (steuerfreier Erlösanteil lt. Notar 712.206 € *) und durch Abzug von pauschalen Anschaffungskosten i.H.v. 86 % des Verkaufserlöses gem. § 30 Abs. 4 Zi 2 EStG zur Berechnung der Immobilienertragsteuer herangezogen. Bei den veräußerten Liegenschaften handelt es sich um den unter EZ nn erfassten Wohn- (Grundst.nr. ***2***) bzw. Betriebssitz (***3***) und unter EZ ***1*** erfassten landwirtschaftlichen Flächen.

* Laut Kaufvertrag Pt VII wurde dem Verkäufer die prekaristische Nutzung des Vertragsgegenstandes (d.h. die weitere private und betriebliche Nutzung der Liegenschaft nnn samt landwirtschaftlicher Flächen) bis zugesichert. Dieses Prekarium wurde vom Abgabepflichtigen bis dato [Datum des Berichtes: ] auch in Anspruch genommen.

* Die auf Verlangen der Abgabenbehörde vom Notar übermittelte Treuhandvereinbarung hat u.a. bezüglich ImmoESt Folgendes festgehalten:
Hinsichtlich der ImmoESt erklärt der Verkäufer und Treugeber, dass
- vom Gesamtkaufpreis von EUR 7.122.060,- ein Teilkaufpreis von
EUR 712.206,- auf das Grundstück ***2*** entfällt, er an der Adresse nnn3 , Hauptwohnsitz gemeldet ist und in Kenntnis aller Umstände für die Geltendmachung des Befreiungstatbestandes die Befreiung des § 30 Abs 2 lit b EStG in Anspruch nimmt.

Anmerkung It. BP: Das Grundstück ***2*** umfasst lt. Grundbuch eine Baufläche (Gebäude) im Ausmaß von 233 m2. Der Verkaufspreis/m2 betrug 270 €, weshalb die pauschale Ermittlung des steuerfreien Kaufpreisanteils (10% vom gesamten Kaufpreis für 26.378 m2 wurden dabei in Ansatz gebracht) nicht nachvollziehbar erscheint.

b) …

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

Ad a) Hauptwohnsitzbefreiung:

Ganz abgesehen davon, dass die Berechnung des steuerfreien Anteils für die Hauptwohnsitzbefreiung nicht nachvollziehbar erscheint, liegen aber aus der Sicht der BP die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Wohnsitzbefreiung schon deshalb nicht vor, da der Verkäufer des Grundstückes die im § 30 Abs 2 lit b EStG angeführte Aufgabe des Wohnsitzes nicht vollzogen hat und dabei die in der Verwaltungspraxis gewährte Toleranzfrist von 1 Jahr bei weitem überschritten wurde.

Ad a) + b)

Hinsichtlich des Ansatzes von 86 % des Verkaufserlöses als pauschale Anschaffungskosten fehlen aus der Sicht der BP auch die gesetzlichen Voraussetzungen, weshalb dafür nur 40% der jeweiligen Verkaufserlöse berücksichtigt werden können. Im Detail wird dazu Folgendes bemerkt:
Bei den genannten Grundstücken handelt es sich um sogenanntes "Altvermögen". Wurde Altvermögen allerdings nach dem umgewidmet - dies gilt sowohl für Grundstücke, die man bereits besessen hat, als auch für Grundstücke, die nach diesem Zeitpunkt entgeltlich erworben wurden und noch nicht umgewidmet waren -, so erhöht sich der pauschale Veräußerungsgewinn auf 60% des Verkaufspreises. Die effektive Steuerbelastung des Verkaufspreises beträgt somit 15 %.
Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die erstmals eine Bebauung ermöglicht - beispielsweise von Grünland in Bauland. Dabei ist allerdings vorgesehen, dass auch nach der Veräußerung vorgenommene Umwidmungen, die in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, auf den Veräußerungszeitpunkt zurückwirken und beim Veräußerer zu einer höheren Besteuerung führen.
Wird das zu einem späteren Zeitpunkt umzuwidmende Grundstück bereits zum Baulandpreis veräußert, sind die pauschalen Anschaffungskosten mit 40% anzusetzen. In diesem Fall ist von einem engen wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang auszugehen.
Eine zeitliche Begrenzung der Frist, innerhalb derer eine Umwidmung stattfinden muss, besteht nicht. Erst bei Grundstücksveräußerungen ab dem wird nunmehr eine Zeitspanne von 5 Jahren festgelegt.
Die Flächenwidmung und das erlaubte Maß der baulichen Nutzung sind neben der Lage die wichtigsten ertrags- und in der Folge dessen preisbestimmende Faktoren eines Grundstückes. Daher kommt es bei aufwertenden Widmungsänderungen, insbesondere bei der erstmaligen Vergabe einer Baulandwidmung, zu massiven Wertsteigerungen.
Die Widmungsgewinne können in der Praxis nicht als Folge eines einfachen Umschaltmechanismus ("vorher billig - nachher teuer") verstanden werden, vielmehr wird die Erwartung zukünftiger Widmungsänderungen in der Preisbewertung in mehreren Schritten bereits antizipiert.(Bauerwartungsland).
Grundstücke in Erwartung einer späteren Baulandwidmung erzielen Preise, die zwischen Ertragswert der Ausgangswidmung und dem späteren Baulandpreis liegen.
Nach der Einkünfteermittlungsbestimmung des § 30 Abs 4 1 EStG 1988 soll bei Grundstücken des Altvermögens die aufgrund einer Umwidmung eingetretene Wertsteigerung eines Grundstückes zu einer höheren Besteuerung führen, als wenn lediglich nicht umgewidmete Grundstücke des Altvermögens veräußert werden. Diese höhere Besteuerung soll sich zudem bei demjenigen auswirken, der wirtschaftlich von der Umwidmung profitiert hat, weil die umwidmungsbedingte höhere Wertsteigerung bereits in seiner Vermögenssphäre eingetreten ist. Aus diesem Grund ist es einerseits notwendig, dass die Änderung der Widmung nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat, andererseits ist vorgesehen, dass auch nach der Veräußerung vorgenommene Umwidmungen, die in engem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, auf den Veräußerungszeitpunkt zurückwirken und beim Veräußerer zu einer höheren Besteuerung führen.
Bei den gegenständlichen Veräußerungen wurden Erlöse i.H.v. 270 €/m2 erzielt.
Da diese Verkaufspreise bereits weit über den Durchschnittspreisen für "ländliche" Gebiete liegen ist die Außenprüfung zu dem Schluss gekommen, dass beide Grundstücksveräußerungen in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Umwidmung stehen. Auch die kaufenden Parteien (Gemeinnützige Bau- u. Wohnungsgenossenschaft "s", Gemeinnützige Ein- und Mehrfamilienhäuser Baugenossenschaft, "w" Gemeinnützige Wohnungs AG) weisen auf eine offenkundige baldige Umwidmungserwartung hin. Darüber hinaus noch befinden sich die gegenständlichen Grundstücke im Bereich "h", wobei bereits durch die Erweiterung der U2-Linie inklusive der bereits gebauten bzw. geplanten Haltestellen (hs, sh) und durch die Beauftragung zahlreicher Projekte für diese Region eine baldige Bebauung dieses Gebiets und demnach Erweiterung der a zu erwarten ist.

Immobilienertragsteuer für betriebliche Grundstücke - Berechnung lt. BP

Veräußerungsgewinn Grundstück Pt a) 4.273.236,00 (= 60% d. Verkaufserlöses)
Veräußerungsgewinn Grundstück Pt b) 2.346.772.00 (= 60% v. Erlös x 3/4)
Bemessungsgrundlage ImmoESt lt. BP 6.620.008,00
25 % lmmoESt lt. BP 1.068.309,00
lmmoESt bisher 861.239,00
Nachforderung lt. BP 1.293.763,00

Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom gelangte folgende Position in Ansatz:
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%) 1.655.002,00 €

Der Bf. erhob Beschwerde wie folgt:

Unbestritten sei nach Auffassung des steuerlichen Vertreters, dass der Kaufpreis nicht den Wert land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke widerspiegle, sondern in Erwartung einer Umwidmung in Bauland erfolgt ist. Eine Umwidmung sei aber nicht erfolgt. Deshalb sei eine Einordnung unter § 30 Absatz 4 Ziffer 1 EStG 1988 unzulässig, und eine Einordnung unter § 30 Absatz 4 Ziffer 2 bzw § 30 Absatz 3 EStG 1988 vorzunehmen.
Die Aufgabe des Hauptwohnsitzes stünde im Zusammenhang mit der Grundveräußerung. Starre Fristen seien dem Gesetz nicht zu entnehmen. Probleme bei der Errichtung eines Heizungsbrunnens hätten zur Verzögerung der Errichtung des Wohnhauses geführt (während die Halle bereits 2016 fertiggestellt war).


Das Finanzamt erließ eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung und wurde folgende Position berücksichtigt:
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%) 386.167,16 € (die Bemessungsgrundlage betrug somit € 1.544.668,60)
Die Begründung lautet:
Dem Beschwerdepunkt betreffend die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung
gem. § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG wird nicht Folge gegeben. Die Aufgabe des
Hauptwohnsitzes muss mit der Veräußerung einhergehen, wobei dem Abgabepflichtigen
hierfür eine angemessene Frist eingeräumt werden muss. Der VwGH hat die von der
Finanzverwaltung vertretene Jahresfrist grundsätzlich bestätigt, wobei diese im
Einzelfall auch überschritten werden könne (vgl.
- 18 Monate). Im gegenständlichen Fall wurde der Hauptwohnsitz aber erst nach
rund drei Jahren nach der Veräußerung aufgegeben. Dies ist nach Ansicht der
Abgabenbehörde jedenfalls ein unangemessener Zeitraum und demnach
begünstigungsschädlich. Ein besonderer Einzelfall liegt nicht vor, u.a. vor dem
Hintergrund, dass der Erwerb (und somit die Absicht, den Hauptwohnsitz zu
wechseln) der neuen, unbebauten Liegenschaft - eben anders als im zitierten
VwGH-Erkenntnis - erst nach (und nicht vor bzw. bei) der Veräußerung erfolgte.
Der Erlösanteil iHv EUR 712.206,-- war somit der Besteuerung zu unterziehen.

Der Vorlageantrag vom wurde wie folgt eingebracht:
Das Finanzamt habe nicht darauf Bedacht genommen, dass das Gebäude neu errichtet habe müssen und diese Absicht bereits im Zuge des Verkaufes der Altliegenschaft bereits feststand.
Neben Verzögerungen beim Bau eines Heizungsbrunnens waren private Schicksalsschläge (Ableben der Mutter und Mitübersiedelung des vom Bf. besachwalterten Bruders) hinzunehmen. Die Übersiedlung sei dennoch so rasch wie möglich vollzogen worden.
Beantragt wurde vom Veräußerungserlös (€ 10.321.141,50 für den Hauptwohnsitz 10 % von 7.122.060,00 und 86 % der der Anschaffungskosten (iHv € 8.876.181,69) in Abzug zu bringen, was zu einer Bemessungsgrundlage von € 1.444.959,81 und einer Immoest (25 %) von € 361.239,95 führe.
In eventu wird eine Differenzberechnung nach § 30 Absatz 3 EStG 1988 beantragt.
Eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat wird beantragt.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Hinsichtlich des für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Sachverhaltes, welcher grundsätzlich unstrittig ist, darf seitens der belangten Behörde auf den Betriebsprüfungsbericht vom verwiesen werden. Strittig ist im vorliegenden Fall jedoch die Rechtsfrage, ob die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 im gegenständlichen Fall Anwendung findet. Der Beschwerdeführer (Bf.) hat sein altes Grundstück, auf dem er seit seinen Hauptwohnsitz hatte, mit Kaufvertrag vom veräußert. Im Rahmen der Veräußerung wurde dem Bf. ein Prekarium am veräußerten Grundstück bis zum eingeräumt. Der Hauptwohnsitz wurde in weiterer Folge knapp drei Jahre nach der Veräußerung, am , aufgegeben. Die belangte Behörde hat sowohl im Erstbescheid als auch in der Beschwerdevorentscheidung in diesem Zusammenhang die Rechtsansicht vertreten, dass in diesem Fall nicht von einem kausalen Zusammenhang zwischen Veräußerung und Begründung eines neuen Wohnsitzes angenommen werden kann und hat eine dreijährige Toleranzfrist für die Aufgabe des Hauptwohnsitzes als jedenfalls unangemessen beurteilt. Der Bf. tritt der Rechtsansicht der belangten Behörde mit den Ausführungen in der Beschwerde vom sowie der "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom " (gemeint: Vorlageantrag betreffend die Beschwerdevorentscheidung vom ) entgegen. Um Wiederholungen zu vermeiden, darf auf die genannten Rechtsmittelschriftsätze des Bf. verwiesen werden.
Beweismittel:
Auf das Inhaltsverzeichnis darf verwiesen werden.
Stellungnahme:
In Ergänzung zur rechtlichen Würdigung im Betriebsprüfungsbericht vom sowie der Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom wird seitens der belangten Behörde wie folgt ausgeführt:
Ordnungshalber wird auch an dieser Stelle nochmals festgehalten, dass dem Beschwerdepunkt bezüglich der Anwendbarkeit des Umwidmungstatbestandes des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom vollinhaltlich Rechnung getragen wurde.
Betreffend die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 1 lit a EStG 1988 wird festgehalten, dass die belangte Behörde ihre Rechtsansicht im Laufe des Beschwerdeverfahrens (geringfügig) geändert hat. Im Zeitraum der Betriebsprüfung hat die belangte Behörde noch die Rechtsansicht vertreten, dass die Aufgabe des Hauptwohnsitzes innerhalb einer Frist von einem Jahr zu erfolgen hat. Auf Grund der aktuellen Judikatur des VwGH (, Ro 2015/15/0006) wurde die Rechtsansicht insofern abgeändert, als dass hierbei nicht von einer starren Frist auszugehen ist, sondern auch der Einzelfall Berücksichtigung finden muss. Steht demnach bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts die Absicht, den Hauptwohnsitz zu wechseln, bereits fest und der neue Hauptwohnsitz ist noch nicht bezugsfertig (insbesondere aufgrund von Umständen, die nicht in der Einflusssphäre des Veräußerers liegen), kann die Toleranzfrist im Einzelfall auch über ein Jahr hinausgehen (). Dem zitierten Erkenntnis des VwGH liegt jedoch ein anderer Sachverhalt zu Grunde, da das neue Grundstück bereits vor der Veräußerung des alten Grundstückes erworben wurde und kam es in diesem Zusammenhang in weiterer Folge zu nachvollziehbaren Verzögerungen (Baumaßnahmen, Verwaltungsverfahren vor dem Magistrat etc.). Im Übrigen wurde der Hauptwohnsitz rund achtzehn Monate nach Veräußerungen aufgegeben. Die Absicht, den Hauptwohnsitz zu wechseln, stand im Beschwerdefall, den der VwGH zu entscheiden hatte, unstrittigerweise fest. Im vorliegenden Fall wurde das Grundstück vom Bf. erstmals verkauft und wurde erst dann mit der Suche nach einem neuen Grundstück begonnen. Der Hauptwohnsitz wurde in weiterer Folge drei Jahre nach der Veräußerung aufgegeben. Nach Ansicht der belangten Behörde kann der dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Sachverhalt weder in der zitierten VwGH-Judikatur, noch im Gesetzeswortlaut Deckung finden. Die Rechtsauslegung des Bf. ist demnach als zu extensiv zu beurteilen und würde zu einer überschießenden Rechtsanwendung führen. Die Aufgabe des Hauptwohnsitzes drei Jahre nach Veräußerung in Zusammenschau mit der Tatsache, dass die Absicht bzw. die Anstrengungen, ein neues Grundstück zu erwerben, erst nach Veräußerung des alten Grundstückes erfolgt sind, kann einen kausalen Zusammenhang zwischen tatsächlicher Wohnsitzverlegung und der Grundstücksveräußerung nicht erblicken lassen. In diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf das Prekarium, welches bis eingeräumt wurde, hingewiesen. Zur Aufgabe des Hauptwohnsitzes vor der Veräußerung vertritt das BFG (, RV/7103961/2015) gleichermaßen die Ansicht, dass auch bei einem Verkauf 15 Monate nach Aufgabe des Hauptwohnsitzes der vom Gesetz geforderte Zusammenhang gegeben ist, wenn der Verkaufsauftrag an den Makler vor Aufgabe des Hauptwohnsitzes erteilt wird und die Verzögerungen nicht vom Steuerpflichtigen zu verantworten sind (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom EStG 11. Aufl. 2018, § 30 Rz 34). Auch in diesem Fall bestand somit schon vor der Veräußerung die Absicht des Hauptwohnsitzwechsels, weshalb ein kausaler Zusammenhang unstrittigerweise erfüllt war. Der Bf. verkennt in seinen Rechtsmittelschriftsätzen somit insoweit die Sach- und Rechtslage, als dass er das jüngst ergangene VwGH-Erkenntnis auf Sachverhaltsebene mit dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren vergleicht. Nach Ansicht der belangten Behörde gehen auch die behaupteten, besonderen Umstände, die zu einer Verzögerung des Wohnsitzwechsels geführt haben sollen, ins Leere. Es wurde ein Prekarium für einen Zeitraum von über drei Jahren vereinbart und wurde mit den ganzen Kauf- und Planungsaktivitäten erst nach dem Verkauf des alten Grundstückes begonnen. Die übermittelten Unterlagen (Rechnungen) belegen, dass am neuen Grundstück Arbeiten vorgenommen wurden, welche aber großteils erst nach über einem Jahr ab Veräußerung erfolgten (siehe mitübermittelte Rechnungen). Dass wirklich triftige Gründe vorgelegen haben sollen, die das Überschreiten der einjährigen Frist um zwei Jahre rechtfertigen würden, wurde vom Bf. - entgegen den Behauptungen in den Rechtsmittelschriftsätzen - nicht nachgewiesen. Dass es bei Bauarbeiten manchmal zu Verzögerungen kommen kann ist zwar nachvollziehbar, aber der belangten Behörde fehlt es in diesem Zusammenhang dennoch an der geforderten Absicht zur Hauptwohnsitzverlagerung in Kausalität zur Grundstücksveräußerung, den nachgewiesenen berücksichtigungswürdigen Gründen sowie an der Angemessenheit der Frist des Wohnsitzwechsels. Der gegenständliche Beschwerdefall vermag eine dreijährige Frist demnach jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang daher nochmals auf die überschießende Gesetzesauslegung des Bf. Dass in den oben angeführten Judikaten Zeiträume von fünfzehn (BFG) bzw. achtzehn (VwGH) Monaten als angemessen beurteilt worden sind, kann nicht dazu führen, dass in weiterer Folge bei einer weniger bis kaum ausgeprägten Absicht der Wohnsitzverlegung im Zeitpunkt der Veräußerung eine mehr als achtzehn Monate längere Frist (Anm.: 36 Monate) als im jüngst ergangenen VwGH-Erkenntnis, als angemessen angesehen werden kann.
Nachstehend wird zu den vom Bf. monierten Verfahrensfehler Stellung bezogen:
Vorab wird festgehalten, dass die Beschwerdevorentscheidung vom sehr wohl eine Begründung aufweist. Der Antrag auf Mitteilung einer ganz oder teilweise fehlenden Begründung ist somit zu Unrecht erfolgt. Im Übrigen erwachsen hieraus keinerlei Rechtswirkungen gem. § 245 Abs. 2 BAO (Hemmung), da der Antrag gleichzeitig im Schriftsatz des innerhalb der Frist gem. § 264 Abs. 1 BAO eingelangten Vorlageantrages eingebracht wurde. Normzweck der Bestimmung des § 245 Abs. 2 BAO ist, dass die Partei Kenntnis der Gründe hat, die für die Erlassung des Bescheides von Bedeutung waren und in weiterer Folge eine Überprüfung sowie eine sinnvolle Abfassung einer Berufung (Beschwerde) möglich ist (vgl. Ritz, BAO5, § 245 Tz 30 unter Hinweis auf Stoll, JBl 1982, 7). Im gegenständlichen Beschwerdefall ist demnach weder von einer ganz, noch von einer fehlerhaften Begründung auszugehen. Die belangte Behörde ist, wie bereits ausgeführt, von der Nichtanwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung ausgegangen, da eine dreijährige Frist jedenfalls als unangemessen zu beurteilen ist und ferner die Absicht, den Wohnsitz zu verlegen, bei Veräußerung - entgegen den oben zitierten Entscheidungen des VwGH und BFG - nicht (im geforderten Ausmaße) vorlag. Die Rechtsansicht der belangten Behörde ist in der Beschwerdevorentscheidung demnach klar und nachvollziehbar dargelegt worden und ist hierzu auch keine längere Begründung notwendig. Der Bf. hatte Kenntnis über die Gründe, die für die Erlassung des Bescheides maßgeblich waren, sein Rechtschutzinteresse war demnach zu jeder Zeit des Abgabenverfahrens gewahrt. Wird im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht auf alle in der Beschwerde angeführten Judikate und die angestellten Gesetzesinterpretationen eingegangen, so kann daraus keine teilweise fehlende Begründung abgeleitet werden. Hingewiesen wird, dass ein Antrag auf Begründung keinen Anspruch auf Entscheidung vermittelt, weshalb auch keine Säumnisbeschwerde möglich ist (vgl. Ritz, BAO5, § 245 Tz 31). Dem Bf. wird an dieser Stelle somit mitgeteilt, dass keine ergänzende Begründung nachgereicht wird, da von keiner ganz oder teilweise fehlenden Begründung auszugehen war. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 wurde dem Beschwerdebegehren vollinhaltlich Rechnung getragen, eine gesonderte Begründung konnte demnach entfallen. Betreffend die Frage der Hauptwohnsitzbefreiung wurde die Rechtsansicht der belangten Behörde für die Abweisung in diesem Punkt begründet.
Wenn der Bf. in weiterer Folge den Einkommensteuerbescheid 2014 vom (Beschwerdevorentscheidung) inhaltlich (bzw. auch auf formeller Ebene) moniert, so wird diesen Einwänden wie folgt entgegengetreten:
Von einem dem Bf. nicht bekannten Sachverhalt ist keinesfalls auszugehen, da gegenüber dem Bf. während des ganzen Außenprüfungsverfahrens das Parteiengehör gewahrt wurde. Weiters verweist der Einkommensteuerbescheid 2014 vom zulässigerweise auf den Betriebsprüfungsbericht vom , in dem Sachverhalt und rechtliche Würdigung umfangreich dargestellt wurden. Die abgabenrechtlichen Feststellungen der Außenprüfung wurden im Rahmen einer Schlussbesprechung erörtert. Dem weiteren Beschwerdeverfahren lag derselbe Sachverhalt zu Grunde, weshalb in der Beschwerdevorentscheidung auf unnötige Wiederholungen des Sachverhaltes verzichtet werden konnte. Wird weiters die fehlende Unterschrift bzw. elektronische Signatur moniert, so wird auf § 96 BAO hingewiesen, demnach Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen und, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt gelten. Die Fälligkeit ergibt sich aus dem Erstbescheid; dass im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochen wurde, dass sich an der Fälligkeit nichts ändert, ist nicht schädlich und ebenso Spruchbestandteil. Bezüglich dem Einwand, die belangte Behörde habe die sechsmonatige Entscheidungsfrist verletzt, wird darauf hingewiesen, dass der Bf. keine Säumnisbeschwerde nach § 284 BAO eingebracht hat. Im Übrigen lagen nachvollziehbare Gründe (Anm.: anhängiges Revisionsverfahren bzw. in weiterer Folge Erkenntnis des VwGH betreffend einer ähnlichen Rechtsfrage) vor, weshalb von der belangten Behörde, insbesondere auf Grund der massiven steuerlichen Auswirkungen im Erstbescheid, im Interesse des Bf. eine sorgfältige Prüfung der Rechtsansicht des VwGH und die Auswirkungen auf den Beschwerdefall vorzunehmen hatte. In weiterer Folge wurde dem rechtlichen Interesse des Bf. betreffend die Höhe der Abgabenfestsetzung größtenteils auch entsprochen. Wenn der Bf. weiters auch ausführt, dass die belangte Behörde den Sachverhalt verkannt habe, so sei hierzu nur angemerkt, dass der maßgebliche Sachverhalt grundsätzlich unstrittig ist, vielmehr wurde aus den vorliegenden Tatsachen (Zeitpunkt der Veräußerung, Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels, vorliegende Umstände etc.) eben eine andere vertretbare und nachvollziehbare rechtliche Würdigung getroffen. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass die teilweise nur auf die Behauptungsebene gestützten verfahrensrechtlichen Einwände der Bf. nicht nachvollziehbar sind und in jedem Punkt ins Leere gehen.
Von der belangten Behörde wird sohin beantragt, das Bundesfinanzgericht möge die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid vom als unbegründet abweisen.

Die an den Bf. gerichteten Vorhalte vom und vom blieben unbeantwortet.

Das Finanzamt nahm zum Vorhalt vom dahingehend Stellung, als es das Prekarium einer im Zeitpunkt der Veräußerung der Altliegenschaften feststehenden Absicht zur Aufgabe des Hauptwohnsitzes entgegenstehend beurteilte. Davon abgesehen sei die Dauer von 36 Monaten bis zur Begründung des neuen Hauptwohnsitzes als zu lange anzusehen.

Mit Vorhalt vom wurde dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht, das wenige Monate nach dem Verkauf der Altliegenschaften bereits im Jahr 2014 neue landwirtschaftliche Flächen erworben wurden, deren Verpachtung bis 2015 vom Bf. abzuwarten war, wobei bereits 2015 die Bauanzeige erfolgte, 2016 Gerätschaften angeschafft wurden und die landwirtschaftlich genutzte Halle fertiggestellt war, und die Wohnsitznahme im Mai 2017 die Schaffung von Wohnraum für die Mutter und den Bruder des Bf., sowie für mehrere Erntehelfer mitumfasste.

In der mündlichen Senatsverhandlung gab der steuerliche Vertreter die Erklärung ab:
Falls die Erledigung im Sinne des Vorhaltes vom erfolgt, erklären wir hiermit unser Einverständnis.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Kaufverträgen vom veräußerte der Bf. folgende Grundstücke (Grundbuchsauszug):
EZ ***1***:
GST-NR ***2***:
(Bauf. (Gebäude) 233 m²
GST-NR ***3***:
GST-Fläche 13.098 m²
Bauf. (Gebäude) 743 m²
Landw. (Feld/Wiese) 3.604 m²
Landw. (kult.Anl.) 8.751 m²
GESAMTFLAECHE 13.331m²
Auf diesem in Rede stehenden Grundstück hatte der Bf. seit seinen Hauptwohnsitz.
EZ nnnn:
GST-NR 554/1
GESAMTFLÄCHE 19.315
Im Rahmen der Veräußerung wurde dem Bf. von der Käuferseite eine prekaristische Nutzung der veräußerten Grundstücke wie folgt eingeräumt (Kaufvertrags- Pkt. VII):
"Einräumung eines Prekariums
(1) Die Käufer gestatten dem Verkäufer die prekaristische Nutzung des
Vertragsgegenstandes.
Der genaue Inhalt dieses Prekariums wird in einer eigenen Urkunde festgehalten.
Zur Sicherung der Rückgabeverpflichtung wird ein gerichtlicher Räumungsvergleich
zum abgeschlossen."

Der Hauptwohnsitz betreffend die oben angeführte Liegenschaft wurde vom Bf. am aufgegeben (Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister).

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. folgendes (unbebaute) Grundstück (Grundbuch):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
GST-NR
BA (NUTZUNG)
FLÄCHE
GST-ADRESSE
***1***
GST-Fläche
46.604
Bauf. (10)
1.830
Landw. (10)
39.070
Sonst. (50)
5.704
strneu

Auf dieser Liegenschaft str neu, errichtete der Bf. ein Wohngebäude und begründete an dieser Anschrift in der Folge am (am Tag der Abmeldung des Hauptwohnsitzes an der Anschrift nnn3) seinen Hauptwohnsitz (Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister).

Der Bf. erwarb somit drei Monate und sechs Tage nach Veräußerung der in Rede stehenden Liegenschaft(en) eine neue, unbebaute Liegenschaft, auf welcher er in der Folge seinen neuen Hauptwohnsitz begründete.

Am erfolgte die Bauanzeige. Die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses, einer Garage mit Nebengebäude und einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle wurde am erteilt.

Betreffend Lagerhalle wurde für den Leistungszeitraum -***BF1StNr1***.7.16 Rechnung über € 362.298,01 von der Fa. b am gelegt. Rechnungen der Fa. wör über den Bau einer Mehrzweckhalle folgten, beginnend mit betrugen die Entgelte für den Baufortschritt 54.000; 72.000, 24.000, 102.000, 60.000, 42.000, 108.000, 24.000, und am 18.000.

Mit wurde ein Stahltank mit einem Wert von € 20.533,20, sowie von der bi Maschinenbau mit Auftragsdatum WT Rohre angeschafft. Mit wurde von der Fa. de ein am bestellter hydraulischer Scherenhubtisch um € 12.372,00 abgerechnet. Am wurde ein Crafter 35 HR um € 33.990 angeschafft.

Für die Errichtung des Einfamilienhauses wurde von der Fa. wör beginnend mit 54.000; 102.000, 24.000, 108.000 und am 24.000 vereinnahmt.
Möbeln wurden von der Fa. Nnr mit Rechnung vom um 23.000 (Küche) und am um 24.630 (Wohnzimmer, etc.) gekauft. Für Elektrotechnikarbeiten der Fa. m Elektrotechnik wurden mit Rechnung vom € 36.000 ins Verdienen gebracht.

Die übermittelten Unterlagen (Rechnungen), belegen, dass am neuen Grundstück Arbeiten vorgenommen wurden, welche aber großteils erst nach über einem Jahr ab Veräußerung erfolgten (siehe mitübermittelte Rechnungen).

Errichtet wurde ein Wohnhaus und unmittelbar nebenan gelegen eine große (betrieblichen Zwecken dienende) Halle (Internetabfrage betreffend die neue Anschrift).

Zwischen der Veräußerung der Liegenschaft Anfang Juni 2014 und dem Aufgeben des Hauptwohnsitzes Ende Mai 2017 liegt somit ein Zeitraum von 3 Jahren.

§ 30 Abs. 2 Z 1 lit a EStG 1988 bestimmt:
Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:
Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer
ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Unter dem Stichwort Grund und Boden führt Kanduth-Kristen (mwN) im Jakom EStG § 30
Rz 35 aus:
Für den Grundanteil gilt die Steuerbefreiung nach EStR 6634 nur insoweit, als der Grund und Boden der Nutzung des Eigenheims oder der Eigentumswohnung als Garten oder Nebenfläche dient. Gesamtgrundstücksflächen von insgesamt 1.000 m² sind von der Befreiung erfasst. Bei Überschreiten der 1.000 m² ist der übersteigende Teil nach Ansicht des BMF nicht befreit.

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/15/0006, lagen folgende Vorgänge zugrunde:
Die Veräußerung der Liegenschaft am . Die Übergabe der Liegenschaft sollte laut Kaufvertrag spätestens mit erfolgen. An diesem Tag fand laut Übergabeprotokoll auch tatsächlich die Schlüsselübergabe statt.
Hierüber erwog der Gerichtshof:
12 … der Befreiungsbestimmung (liegt) die Überlegung zugrunde, dass der Veräußerungserlös typischerweise der Finanzierung eines neuen Hauptwohnsitzes dient.
13 Der gegenständliche Fall betrifft die Aufgabe des Hauptwohnsitzes nach der Veräußerung. Die Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes kann durch Anmietung (und Ausstattung) einer Wohnung, durch Erwerb eines bezugsfertigen Eigenheims bzw. einer Eigentumswohnung, eines für Zwecke des Steuerpflichtigen zu adaptierenden Eigenheimes bzw. einer Eigentumswohnung oder wie im Streitfall durch den Erwerb einer Liegenschaft, mit der Absicht, darauf ein Eigenheim zu errichten, erfolgen. Um dem erklärten Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung gerecht zu werden, wird dem Veräußerer für die Adaptierung bzw. Errichtung des neuen Hauptwohnsitzes eine angemessene Frist einzuräumen sein. Steht bei der Veräußerung die Absicht, den Hauptwohnsitz zu wechseln, bereits fest, kommt dem Veräußerer für die Aufgabe des Hauptwohnsitzes eine den Umständen des Einzelfalls nach angemessene Frist zu. Diese kann, wenn die Beschaffung des neuen Hauptwohnsitzes eine längere Zeit in Anspruch nimmt, durchaus über ein Jahr hinausgehen. Gegebenenfalls kann bei der bescheidmäßigen Steuerfestsetzung mit Bescheiden nach § 200 BAO vorgegangen werden.
14 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass die Mitbeteiligte die Errichtung eines neuen Hauptwohnsitzes geplant und das dafür erforderliche Grundstück vor der Veräußerung des alten Hauptwohnsitzes angeschafft habe. Die Errichtung des neuen Hauptwohnsitzes sei - nach Maßgabe der finanziellen und rechtlichen Möglichkeiten - nachdrücklich betrieben worden. Nur aufgrund von Verzögerungen, die die Mitbeteiligte nicht zu vertreten habe, sei es nicht gelungen, binnen eines Jahres nach Abschluss des Kaufvertrages den neuen Hauptwohnsitz zu errichten, wobei für derartige Verzögerungen bereits im Kaufvertrag Vorsorge getroffen worden sei. Vor diesem Hintergrund stößt es auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn das Bundesfinanzgericht einen Zusammenhang zwischen der Veräußerung des alten Wohnsitzes und der Schaffung des neuen Wohnsitzes als gegeben und die Frist zwischen der Veräußerung und der Aufgabe des alten Hauptwohnsitzes [vgl. oben: von knapp 1 ½ Jahren] aufgrund der Umstände des Einzelfalles für angemessen erachtet hat.

Kanduth-Kristen führt im Jakom EStG § 30 Rz 26 aus:
Der Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung besteht darin, dass der Veräußerungserlös ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung stehen soll (s RV 1680 BlgNR XXIV. GP, 8). Daher ist in beiden Fällen Voraussetzung, dass der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Dem Veräußerer kommt eine den Umständen des Einzelfalls nach angemessene Frist für die Aufgabe des Hauptwohnsitzes zu ().
Diese Frist kann im Einzelfall über ein Jahr hinausgehen, sofern vom Beschwerdeführer nicht beeinflussbare Umstände dazu führten, dass sich die Verkaufsbemühungen über einen längeren Zeitraum hingezogen haben (). Entscheidend ist, dass zwischen Veräußerung der Liegenschaft und Aufgabe des Hauptwohnsitzes ein erkennbarer Zusammenhang besteht, wobei in erster Linie ein sachlicher und nicht ein zeitlicher Zusammenhang der beiden Vorgänge im Vordergrund steht (; ).

Zur Steuerbefreiung dem Grunde nach:

Dass es sich sowohl beim Grundstücksverkauf als auch beim nachfolgenden Grundstücksankauf (beides innerhalb von Wien) um keine gewöhnlichen/üblichen Grundstückstransaktionen handelte, bedarf im Hinblick auf a) die Größe der Grundstücke, b) deren Bebauung mit privat und betrieblich genutzten Gebäuden und c) unter Bedachtnahme auf deren Lage keiner weiteren Ausführungen.

Ausgehend vom Umstand, dass der Bf. bereits etwas mehr als drei Monate nach Veräußerung der in Rede stehenden Liegenschaft(en) eine neue, unbebaute Liegenschaft, auf welcher er in der Folge seinen neuen Hauptwohnsitz begründete, erwarb, ist bei Berücksichtigung der im voranstehenden Absatz angeführten besonderen Umstände ein Zusammenhang zwischen der Veräußerung des alten Wohnsitzes und der Schaffung des neuen Wohnsitzes als gegeben und die Frist zwischen der Veräußerung und der Aufgabe des alten Hauptwohnsitzes aufgrund der, wie gesagt, besonderen Umstände des Einzelfalles für angemessen zu erachten.

Zur Steuerbefreiung der Höhe nach:

Ist eine Grundstücksfläche von 1.000 m² befreit, ist die Vorgangsweise des Bf. vom Gesamtkaufpreis von € 7.122.060,00 (26.378 m² x € 270,00 = € 7.122.060,00) einen Teilkaufpreis von € 712.206,00 - 10% vom gesamten Kaufpreis für 26.378 m² - für die Geltendmachung des Befreiungstatbestandes in Anspruch zu nehmen, nicht gerechtfertigt.

Anstatt des in Anspruch genommenen Betrages iHv € 712.206,00 errechnen sich für 1.000 m² Grund und Boden (1.000 m² x € 270,00/m² =) € 270.000,00. Die Berücksichtigung eines Betrages betreffend die auf dem Grund und Boden vorhanden gewesenen Gebäude kommt auf Grund des Umstandes, dass der hohe m²-Preis darauf zurückzuführen war, dass die Flächen auf Grund ihres Flächenausmaßes für Groß(wohn)bauvorhaben geeignet waren, die Gebäude hingegen als Abbruchobjekte nur Kosten verursachten, nicht in Betracht.

Dadurch ergibt sich folgende Berechnung der Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%) bzw. der Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (Beträge in €):
Verkaufserlös a)


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Verkaufserlös
7.122.060,00
- Befreiung Hauptwohnsitz
-270.000,00
Zwischensumme
6.852.060,00
- 86%
-5.892.771,60
Bemessungsgrundlage
959.288,40

Verkaufserlös b)


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Verkaufserlös
5.215.050,00
-86%
-4.484.943,00
Zwischensumme
730.107,00
- Viertelanteil
-182.526,75
Bemessungsgrundlage
547.580,25

Summe Verkaufserlös a) und b)


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Bemessungsgrundlage a)
959.288,40
Bemessungsgrundlage b)
547.580,25
Bemessungsgrundlage gesamt
1.506.868,60
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (25%)
376.717,15

Berechnung der Einkommensteuer 2014


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Einkommensteuer lt. BVE vom
0,00
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen
376.717,15
Immobilienertragsteuer
-361.239,00
Rundung
0,15
Festgesetzte Einkommensteuer
15.478,00

3.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Anschaffung eines neuen Hauptwohnsitzes nach der Veräußerung des bisherigen Hauptwohnsitzes hat der VwGH Ra 2017/13/0005 vom , Rz 21 - bei Vorliegen eines sachlichen Zusammenhanges - als unbedenklich in Bezug auf die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung beurteilt.
Im gegenständlichen Fall hat der Bf. ungeachtet eines eingeräumten Prekariums nur wenige Monate nach Verkauf der Altliegenschaften eine vergleichbare (d.h. land- und forstwirtschaftlichen Erwerbszwecken und Wohnzwecken (für weitere Erntehelfer und weiterer naher Angehöriger) im selben Wiener Gemeindebezirk erworben.
Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das BFG der Rechtsprechung des VwGH, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

Zitiert/besprochen in
Bodis in SWK 17/2024, 869
Zorn in RdW 2024/257
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102709.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at