Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 15.07.2022, RV/1100065/2022

Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde (§ 278 BAO)

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kantner Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH, Mariahilfstraße 27d, 6900 Bregenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2012, beschlossen:

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2012 vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Ausgangssachverhalt

1. Das Finanzamt hat mit dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom die "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" in Höhe von 8.400 Euro festgesetzt. Begründend wurde seitens des Finanzamtes angeführt, dass der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) betreffend der Immobilienertragsteuer der Liegenschaft in Ort1 Grundbuch yy EZ zz bekanntgegeben habe, dass er die Herstellerbefreiung (§30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988) in Anspruch nehme. Der Bf. sei betreffend Herstellerbefreiung ersucht worden, Unterlagen nachzureichen. Da der Bf. die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht nachgereicht habe, sei davon auszugehen, dass die Herstellerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden könne.

2. In der Folge hat über die dagegen erhobene Beschwerde vom das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/1100389/2014, stattgebend entschieden. Mit diesem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts schätzte das Bundesfinanzgericht den auf das Gebäude entfallenden Anteil mit 80 % des Gesamtkaufpreises und brachte für diesen Anteil die Befreiung für selbst hergestellte Gebäude nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zur Anwendung.

3. Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom wurde vom Finanzamt (außerordentliche) Revision erhoben. Aufgrund der (außerordentlichen) Revision des Finanzamtes vom wurde dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0001, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

4. Das Bundesfinanzgericht hatte nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/15/0001, nunmehr im fortgesetzten Verfahren zu entscheiden.

5. Den vorliegenden Beschwerdefall hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem (aufhebenden) Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0001, wie folgt beurteilt:

"[...]

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Revision ist zulässig und begründet.

14 Gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 (1. StabG 2012), BGBl. I Nr. 22/2012, sind von der Besteuerung ausgenommen Einkünfte:

"Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben."

15 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen hierzu aus (vgl. 1680 BlgNR XXIV. GP 8):

"Auch selbst hergestellte Gebäude sollen wie bisher von der Besteuerung befreit sein. Ein selbst hergestelltes Gebäude liegt vor, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Errichtung das (finanzielle) Baurisiko trägt; er also selbst oder auch durch einen Bauunternehmer das Gebäude errichtet. Anders als nach der bisherigen Rechtslage, soll die Befreiung allerdings insoweit nicht greifen, als das Gebäude innerhalb der letzten 10 Jahre zur Erzielung von Einkünften gedient hat. Im Falle einer teilweisen Nutzung zur Erzielung von Einkünften steht die Befreiung nur anteilig zu."

16 Bereits nach der Bestimmung des § 30 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 ("Spekulationsgeschäfte") waren von der Steuerpflicht (als Spekulationsgeschäft) die Einkünfte aus der Veräußerung "von selbst hergestellten Gebäuden" gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 befreit. Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 98/15/0071, mit näherer Begründung ausgeführt, dass Baumaßnahmen, die - als Herstellungsaufwendungen - zur Änderung der Wesensart des Gebäudes führen, im Allgemeinen noch nicht den Tatbestand des "selbst hergestellten Gebäudes" erfüllen. Ein selbst "hergestelltes Gebäude" im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 liegt nur dann vor, wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes, somit als "Hausbau" angesehen werden.

17 Grundsätzlich erfasst die Befreiungsbestimmung damit nur die erstmalige Errichtung eines Objektes (vgl. ; , 2000/14/0017).

18 Im Erkenntnis vom , 99/13/0133, ist der Verwaltungsgerichtshof bei Baumaßnahmen, mit denen durch den Ausbau des Dachgeschosses zwei neue Wohneinheiten errichtet und auch in den Untergeschossen durch Anbauten neue Wohneinheiten geschaffen wurden, wobei die im Zuge der Umbauarbeiten geschaffenen Wohnungen als Eigentumswohnungen verkauft wurden, nicht von der Erfüllung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung für selbst hergestellte Gebäuden ausgegangen. Die Erhöhung des Ausmaßes der zu Wohnzwecken nutzbaren Fläche des Gebäudes begründet nämlich seine (neue) Herstellung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 noch nicht. Revitalisierung und Ausbau eines bestehenden Gebäudes machen aus diesem kein anderes Wirtschaftsgut.

19 Einen "Hausbau" im Sinne der erstmaligen Errichtung eines Gebäudeobjektes stellt der Dachbodenausbau bzw. die Herstellung der Dachgeschosswohnungen auch dann nicht dar, wenn dazu die "gesamte Dachhaut" und der Dachstuhl des bisherigen Gebäudes entfernt werden mussten (vgl. nochmals ; sowie ).

20 Wenn Baumaßnahmen einschließlich eines Zubaus und eines Dachgeschossausbaus (auch unter Entfernung der Dachhaut), die eine wesentliche Erweiterung der Nutzflächen mit sich bringen, nach der Verkehrsauffassung nicht als Herstellung eines Gebäudes und damit nicht als "Hausbau" beurteilt werden, liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis , 2010/13/0154, ausgesprochen hat, bei Vorliegen derartiger Immobilien noch kein selbst hergestelltes Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 vor.

21 Dem Begriff des "selbst hergestellten Gebäudes" in § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF des 1. StabG 2012 kommt die gleiche Bedeutung zu wie dem gleichlautenden Begriff des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012. Dies ergibt sich bereits aus den oben wiedergegebenen Erläuterungen zum 1. StabG 2012.

22 Im gegenständlichen Fall hat der Mitbeteiligte eine Eigentumswohnung verkauft, die Wohnräume im ersten und zweiten Obergeschoss und im Dachgeschoss eines Gebäudes umfassten. Der Baubescheid vom , auf den sich das angefochtene Erkenntnis stützt, bewilligt den Zubau einer Wohnung.

23 Das angefochtene Erkenntnis geht von auf der Grundlage des Baubescheides vom getätigten "Herstellungsaufwendungen" aus. Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich jedoch, dass das Tätigen von Herstellungsaufwendungen noch nicht ausreicht, um von einem "selbst hergestellten Gebäude" auszugehen.

24 Dem angefochtenen Erkenntnis ist nicht zu entnehmen, ob der mit Baubescheid vom bewilligte "Zubau" im Verhältnis zum schon vorhandenen Altbestand als "Hausbau", also als Errichtung eines (neuen) Gebäudes im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung beurteilt werden kann. Dem Erkenntnis ist nicht einmal zu entnehmen, ob alle bzw. welche Räume der verkauften Eigentumswohnung (im ersten und zweiten Obergeschoss und im Dachgeschoss) auf die mit dem Baubescheid vom bewilligten Baumaßnahmen zurückzuführen sind, oder ob es sich (ganz oder teilweise) um einen bereits 1975 vorhandenen Altbestand handelt.

25 Soweit im angefochtenen Erkenntnis im Zusammenhang mit dem Baubescheid von einem "beschriebene[n] Bauvorhaben entsprechend der bewilligten Planunterlagen" die Rede ist, lassen das Erkenntnis und auch der Akt des Bundesfinanzgerichtes nicht einmal ansatzweise eine Beschreibung der gesetzten baulichen Maßnahmen erkennen.

26 Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass nicht nur die Abgabenbehörde der amtswegigen Ermittlungspflicht unterliegt, sondern auch das Bundesfinanzgericht (vgl. für viele ). Dass das Finanzamt die abweisende Beschwerdevorentscheidung lediglich damit begründete, dass der Mitbeteiligte das Tragen des "finanziellen Baurisikos" nicht nachgewiesen habe, entband das Bundesfinanzgericht daher nicht davon, selbst all jene Feststellungen zu treffen, die die rechtliche Beurteilung ermöglichen, ob im Revisionsfall die Tatbestandsvoraussetzungen der strittigen Befreiungsbestimmung erfüllt sind.

27 Das Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben."

II. Sachverhalt,Rechtsgrundlagenund rechtliche Würdigung

Sachverhaltsmäßig war von dem o.a. unter Pkt. I angeführten Ausgangssachverhalt auszugehen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten bzw. Details zu diesem Ausgangssachverhalt bzw. zum bisherigen Verfahrensgang wird auf das nunmehr durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0001, aufgehobene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/1100389/2014, verwiesen.

Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs. 3 VwGG).

Strittig ist, ob hinsichtlich der Einkommensteuer 2012 bzw. in Bezug auf die Immobilienertragsteuer 2012 für die vom Bf. 2012 verkaufte Eigentumswohnung (aaa/aaa Anteile, B-LNR a, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an Top 2 untrennbar verbunden ist, in EZ zz Grundbuch yy Ort1 mit GST-NR ccc und GST-NR .ddd, in Ort1), die vom Bf. beanspruchte Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ("Herstellerbefreiung") anzuwenden ist oder nicht.

Gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 (1. StabG 2012), BGBl. I Nr. 22/2012, sind von der Besteuerung ausgenommen Einkünfte:

"Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem o.a. aufhebenden Erkenntnis ausgeführt hat, liegt ein selbst "hergestelltes Gebäude" im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nur dann vor, wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes, somit als "Hausbau" angesehen werden (vgl. , Rn 17).

Diesbezüglich wurden im ersten Verfahrensgang keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen.

Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

Die aufhebende (die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisende) Beschwerdeerledigung setzt voraus, dass Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können (vgl. Ritz/Koran, BAO-Kommentar, 7. Aufl., § 278 Rz 9).

Hiezu ist seitens des Bundesfinanzgerichts festzustellen, dass das Finanzamt gegen die in § 115 Abs. 1 BAO normierte Ermittlungspflicht verstoßen hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. zB , unter Hinweis auf ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 278 Anm 2a (Stand , rdb.at)).

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurde vom Finanzamt in der Begründung angeführt, dass der Bf. am betreffend Herstellerbefreiung ersucht worden sei, Unterlagen nachzureichen. Da die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht () nachgereicht worden seien, sei davon auszugehen, dass die Herstellerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden könne. Im Zuge der Beschwerdeerhebung legte der Bf. dem Finanzamt den Baubescheid der Gemeinde Ort1 aus dem Jahre 1975 vor. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde seitens des Finanzamtes darauf hingewiesen, die Abgabenbehörde habe bereits im vorherigen Verfahrensabschnitt den Abgabepflichtigen darüber informiert, welche Unterlagen bzw. Beweismittel beigebracht werden müssten, damit die Herstellerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idgF gewährt werden könne. Im Zuge des Vorhalteverfahrens sei der Bf. diesen Nachweis schuldig geblieben. Die Versagung der Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 begründete das Finanzamt damit, dass der Bf. das finanzielle Baurisiko nicht getragen habe.

Festzustellen wäre nun gewesen, in welcher konkreten Ausgestaltung die vom Bf. bewerkstelligte Baumaßnahme (vgl. Bescheid vom über die Bewilligung für den Zubau einer Wohnung) vorgenommen worden war und ob der mit Baubescheid vom bewilligte "Zubau" im Verhältnis zum schon vorhandenen Altbestand als "Hausbau", also als Errichtung eines (neuen) Gebäudes im Sinne der im o.a. aufhebenden Erkenntnis des VwGH wiedergegebenen Rechtsprechung beurteilt werden kann (vgl. das o.a. Erkenntnis des , Rn 24). Feststellungen und konkrete Ermittlungen dahingehend, ob ein selbst hergestelltes Gebäude anzunehmen ist, fehlen zur Gänze. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass entgegen der Beschwerdevorentscheidung vom , wonach der Bf. darüber informiert worden sei, "welche Unterlagen bzw Beweismittel beigebracht werden müssen", der Bf. im gesamten Vorhalteverfahren lediglich ganz allgemein ersucht wurde, Unterlagen bzw. einen Nachweis zu erbringen, aus dem ersichtlich sei, dass es sich um ein selbst hergestelltes Gebäude handelt. Auch nach Vorlage des Baubescheids über die Bewilligung des Zubaus wurden seitens des Finanzamtes keine Ermittlungen über die auf Grundlage des Baubescheids vom vorgenommene konkrete Bauführung bzw. die tatsächlich gesetzten Baumaßnahmen aufgenommen bzw. konkrete Sachverhaltsfeststellungen dazu getroffen. Insgesamt hat das Finanzamt keine Überlegungen bzw. Ermittlungen dahingehend angestellt, ob es sich bei der Baumaßnahme um ein selbst hergestelltes Gebäude nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 im Sinne der o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt.

Eine Entscheidung anhand der vorliegenden vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht übermittelten Akten ist vor diesbezüglich vorzunehmenden Ermittlungsschritten bzw. Feststellungen nicht möglich. Zudem ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch zweifelsfrei nicht ausgeschlossen, dass bei Vornahme der gebotenen Sachverhaltsermittlungen seitens des Finanzamtes ein anders lautender Bescheid erlassen werden hätte können.

Die Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 278 Abs 1 BAO steht im Ermessen (§ 20) des Gerichts (vgl. ).

Hingewiesen sei auch darauf, dass es angesichts des Grundsatzes, dass das Bundesfinanzgericht nach der Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat, welche im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt (vgl. etwa ), es nicht darauf ankommt, ob eine Rechtsansicht oder Rechtsauslegung der Abgabenbehörde schon im Zeitpunkt deren Entscheidung bekannt gewesen ist (vgl. -8, Rn 15).

Zu berücksichtigen ist weiters, dass die Beweisaufnahme und die davon abgeleitete Sachverhaltsfeststellung hinsichtlich der vom Bf. bewerkstelligten konkreten Baumaßnahme entscheidungswesentlich ist. Entscheidungswesentlich ist auch, ob der festzustellende Sachverhalt im vorliegenden Fall in rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als "selbst hergestelltes" Gebäude zu beurteilen ist, was ein Tatbestandsmerkmal für die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 bildet. Dieser Sachverhalt und die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung sind somit ganz wesentlich für die Rechtsfrage, ob die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für den vorliegenden Fall anzuwenden ist.

Zur Ermessensübung (zu § 66 Abs 2 AVG) weist der VwGH (, 2002/20/0315, ZfV B 2004/234) darauf hin, es würde die Anordnungen des Gesetzgebers (über ein zweitinstanzliches Verfahren) unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es sei nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. Ritz/Koran, BAO-Kommentar, 7. Aufl., § 278 Rz 5; vgl. zB auch , uHa Ritz, BAO6, Tz 5 zu § 278 BAO und die dort zitierte Judikatur des VwGH und des UFS; vgl. eingehend Achatz, SWK 2015, S 1248ff [1252f]; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 278 Anm 2a (Stand , rdb.at)).

Das Bundesfinanzgericht müsste im vorliegenden Fall bei Fällung einer Sachentscheidung erstmalig vollumfänglich Sachverhaltsermittlungen durchführen, erstmals daran anschließend den entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellen und in der Folge auf dieser Grundlage erstmals eine einkommensteuerliche Beurteilung vornehmen.

Für die Ermessensübung (§ 20 BAO) zu Gunsten einer Bescheidaufhebung spricht für den vorliegenden Fall weiters, dass dem Bf. der volle Instanzenzug erhalten bleiben soll (vgl. Ritz/Koran, BAO-Kommentar, 7. Aufl., § 278 Rz 5; Fellner, BFGjournal 2015, 441 f, mwN).

Im vorliegenden Fall müsste das Bundesfinanzgericht allerdings erstmals über diesen maßgeblichen Punkt entscheiden.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100065.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at