Außergewöhnliche Belastungen iZm einem volljährigen behinderten Kind
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Enzinger & Mosser Steuerberatungs - KG, Frauengasse 33, 8750 Judenburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehme und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) brachte in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vor, dass er verabsäumt habe, den Unterhaltsabsetzbetrag für seinen behinderten Sohn zu beantragen bzw. die Bestätigung der Unterhaltsleistung für die Monate 1-12 und den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag geltend zu machen.
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf, den Gerichtsbeschluss oder die außergerichtliche Einigung betreffend die Unterhaltszahlung sowie die Zahlungsnachweise vorzulegen. Sollte eine privatrechtliche Vereinbarung getroffen worden sein, werde ersucht, eine Bestätigung der empfangsberechtigten Person vorzulegen, aus der der monatliche Unterhalt je Kind ersichtlich sei.
Der Bf legte eine Bestätigung seiner geschiedenen Ehegattin vor, wonach sie vom Bf seit 2013 monatlich € 310 als Unterhaltszahlung für ihren gemeinsamen behinderten Sohn erhalten habe.
Aus dem vorgelegten Scheidungsvergleich in Verbindung mit der Scheidungsklage gemäß §§ 55 Abs. 3, 61 EheG ist aus Punkt 1) (Ehegattenunterhalt) ersichtlich, dass der Bf sich verpflichtet hat, seiner Ehegattin einen monatlichen Unterhalt von € 50,00 wertgesichert zu bezahlen.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt begründend unter Hinweis auf § 34 Abs. 7 EStG (nicht absetzbare Unterhaltsleistungen) aus, dass Unterhaltsleistungen (Alimentationszahlungen, Heiratsausstattung, Unterstützungsleistungen für bedürftige Angehörige) nur dann eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, wenn die Aufwendungen auch beim Unterhaltsberechtigten selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung führen würden.
Die geltend gemachten Aufwendungen an die geschiedene (Ehe-)Partnerin für Unterhaltszahlungen für das behinderte Kind mit der SVNR ***1*** seien mangels dieser Voraussetzung nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen, zumal im vorgelegten Scheidungsvergleich keine Unterhaltszahlungen für dieses Kind vereinbart worden seien.
Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag hätte nicht berücksichtigt werden können, da die Einkünfte des (Ehe)partners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 2.200 € seien.
In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag wurde zum Sachverhalt vorgebracht, dass der Bf bis mit seiner Ehegattin verheiratet gewesen sei. Der ***2*** geborene eheliche Sohn habe eine Behinderung. Es werde die erhöhte Familienbeihilfe vom Finanzamt ausbezahlt. Im Jahr 2013 und Folgejahre sei er im Haushalt der leiblichen Mutter wohnhaft und untertags in einer Tageswerkstätte beschäftigt gewesen.
Im Scheidungsvergleich vom sei der Unterhalt zwischen dem Bf und seiner ehemaligen Ehegattin geregelt worden. In diesem Vergleich werde angeführt, dass der Bf für den behinderten, volljährigen Sohn sorgepflichtig sei. Er habe für seinen behinderten Sohn im Jahr 2013 und im Folgezeitraum monatlich € 310,00 an Unterhalt bezahlt.
Die Berufungsvorentscheidung der Behörde sei unrichtig. In den Lohnsteuerrichtlinien, Rz 795 ff, werde zu den §§ 33 ff Einkommensteuergesetz ausgeführt, wann der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht.
Im Scheidungsvergleich sei die Sorgepflicht bzw. die Pflicht zur Unterhaltsleistung an den behinderten Sohn angeführt worden.
Die Höhe der Unterhaltsleistung richte sich entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen nach den Regelbedarfsätzen des laufenden Jahres bzw. den Einkommensverhältnissen des unterhaltsverpflichteten Vaters. Die gesetzliche Verpflichtung für die Unterhaltsleistung gegenüber einem Kind könne weder durch einen Scheidungsvergleich noch durch sonstige vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Sie bestehe von Gesetzes wegen.
Zum Begehren, die Hälfte des geleisteten Unterhalts als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wird auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes , hingewiesen, wonach für die Möglichkeit zur Absetzbarkeit zwei Kriterien maßgebend seien,
• einerseits die Zwangsläufigkeit und
• andererseits das Vorliegen von tatsächlichen Gründen.
Zur Zwangsläufigkeit sage das Bundesfinanzgericht in seiner Urteilsbegründung (Seite 22, letzter Absatz):
"Die Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen erwächst aus dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zur anderen Personen. Die Zwangsläufigkeit aus der Erfüllung einer Rechtspflicht erfordert, dass die Übernahme der Rechtspflicht das Merkmal der Zwangsläufigkeit aufweist. Da die gegenständlichen Belastungen der Bf. aus ihrer Unterhaltspflicht gegenüber ihrer Tochter resultieren, ist bereits diese Unterhaltspflicht der Bf. zwangsläufig - und zwar aus § 231 ABGB - erwachsen. Aus der Perspektive des Beschwerdeführers sind die Belastungen daher zwangsläufig aus rechtlichen Gründen erwachsen".
Zur Beurteilung, ob tatsächliche Gründe für die außergewöhnliche Belastung vorliegen, sei gem. § 34 Abs. 7 Z 4 zusätzlich die Perspektive der Tochter zu untersuchen: "Die gegenständlichen Belastungen hätte die Tochter, wenn sie sie selbst getragen hätte, nicht aufgrund einer rechtlich oder sittlich zwangsläufigen Übernahme von Rechtspflicht getragen, sondern aus tatsächlichen Gründen".
Weiter unten, auf Seite 23: "Tatsächliche Gründe für die Zwangsläufigkeit sind solche, die unmittelbar den Steuerpflichtigen selbst betreffen, z.B. eigene Krankheitskosten. Aus der Perspektive der Tochter würde, wenn sie die Belastungen selbst getragen hätte, die Belastungstragung zwangsläufig aus tatsächlichen Gründen resultiert haben".
Ein Selbstbehalt entfalle aufgrund der Bestimmungen des § 34 Abs. 6, vierter Teilstrich EStG, weil erhöhte Familienbeihilfe bezogen werde.
Im genannten Urteil sei detailliert beschrieben, welche Kosten, die für die behinderte Tochter zu tragen seien, als außergewöhnliche Belastung anfallen und geltend gemacht werden können. Das Bundesfinanzgericht liste exakt die Kosten auf, die eine außergewöhnliche Belastung darstellen und daher abgesetzt werden können.
Neben dem Unterhalts- und Kinderabsetzbetrag stünden noch Teile des geleisteten Unterhalts als außergewöhnliche Belastung zu. Die Behörde habe es unterlassen, festzustellen, welche Kosten aus dem Unterhalt für den behinderten Sohn des Bf aus diesem Titel anfallen würden. Es handle sich dabei um Kosten, wie die Freizeitbetreuung, Kosten für Ausflüge und Urlaube, sowie Kosten für ärztliche Leistungen und Selbstbehalte.
Es seien Kosten für die Freizeitbetreuung, Urlaube, Medikamente etc. für den Sohn mit diesem Unterhalt bezahlt worden. Bei Bedarf könnten die Belege vorgelegt werden.
Die Behörde irre auch in ihrer Annahme, dass keine Außergewöhnlichkeit der Unterhaltszahlungen vorliegen würde, da alle Eltern von behinderten volljährigen Kindern gleichermaßen von der Verpflichtung zur Unterhaltsleistung betroffen seien.
"RZ 827
Aufwendungen sind nur insoweit außergewöhnlich, als sie höher sind als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse (Maßgeblichkeit des gesamten wirtschaftlichen Einkommens unter Berücksichtigung des Familienstandes, 86/14/0192) und gleicher Vermögensverhältnisse (Maßgeblichkeit des mit dem Verkehrswert anzusetzenden gesamten Vermögens, ) erwachsen."
Unter der RZ 839 der genannten Richtlinien sei angeführt, dass Ausgaben im Rahmen der Behinderung zu außergewöhnlichen Aufwendungen im Sinne des Einkommensteuergesetzes führen würden.
Es werde daher der Antrag gestellt, den Unterhaltsabsetzbetrag sowie den Kinderabsetzbetrag für 2014 anzuerkennen. Es werde auch beantragt, die Hälfte des geleisteten Unterhalts, das sind € 1.860,00 (310 X 12 : 2), als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, da es sich bei der Kostentragung um Aufwendungen handeln würde, die beim Sohn aufgrund seiner Behinderung zur außergewöhnlichen Belastung führen würden.
Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seine Stellungnahme aus, dass die Beschwerde abzuweisen wäre.
Zum Begehren des Bf im Vorlageantrag, die Hälfte des geleisteten Unterhalts in Höhe von € 1.860,00 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wurden dem Bf die Rz 856 und Rz 857 der LStR 2002 zur Kenntnis gebracht.
LStR 2002 Rz 856:
"Dienen Unterhaltszahlungen nachweislich und unmittelbar der Bestreitung der - aus der Behinderung des Kindes erwachsenden - Mehraufwendungen, können diese Aufwendungen bei der unterhaltsverpflichteten Person anstelle des Unterhaltsabsetzbetrages als außergewöhnliche Belastungen (ohne Selbstbehalt) abgezogen werden (vgl. Ra 2016/13/0053)."
LStR 2002 Rz 857:
"Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind durch Gewährung eines Freibetrages gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten in Höhe von 262 Euro monatlich, vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen, zu berücksichtigen (vgl. 99/13/0190)."
Weiters wurde der Bf ersucht,
1.) jene Unterhaltszahlungen, die nachweislich und unmittelbar der Bestreitung der - aus der Behinderung seines Sohnes erwachsenden - Mehraufwendungen dienen und die nicht von seiner geschiedenen Ehegattin bezahlt und als außergewöhnliche Belastung in ihrer Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht wurden und
2.) die Summe aller pflegebedingten Geldleistungen, die an den Bf oder seiner geschiedenen Ehegattin für den gemeinsamen Sohn ***3*** oder direkt an den Sohn ***3*** im Jahr 2014 ausbezahlt wurden
dem Bundesfinanzgericht bekannt zu geben.
Der Bf antwortete daraufhin im Wege seiner bevollmächtigten steuerlichen Vertretung mit folgendem Schreiben:
"Kostenaufstellung für Lebensunterhalt und Kosten des täglichen Bedarfs meines behinderten Sohnes ***4***.
Im Jahr 2014 lebte mein Sohn bei meiner Exgattin, seit 2016 ist er im Wohnheim der Lebenshilfe ***5***. Das heißt die Lebenshaltungskosten bis 2016 waren zur Gänze von meiner Exfrau und mir zu tragen, während die Verpflegung seit 2016 im Wohnheim passiert.
Meine Exfrau hatte im Jahr 2014 einen Gehalt von etwa € 1.000,-- und heute eine Pension von 1.270,--. Das Pflegegeld betrug damals 153,20 mtl., seit 2016 47,50, die Familienbeihilfe 379,40.
Zu den Lebenserhaltungskosten im Jahr 2014 kommen weitere wiederkehrende Kosten wie:
Diese angeführten Kosten werden von meiner Exfrau übernommen.
325,-- für Kurzurlaub mit Lebenshilfe
430,-- für Kurzurlaub mit Lebenshilfe
160,-- für Armbanduhr
480,-- für neue Brille
200,-- Taschengeld
etwa 1.000,-- für Kleidung sowie weitere jährliche anfallende Kosten für Kosmetika, Friseur,
Fußpflege, Massage, Stützstrümpfe, Handy und Wertkarten etc.
Diverse Anschaffungen die von uns gemeinsam übernommen werden wie Heimtrainer, Fernseher, neues Bett, Coach, Liege auf der Terrasse, Gitarre, div. Einrichtungsgegenstände.
Immer wieder aufkommende Kosten die in der Hauptsache von mir getragen werden:
Monatliche Unterhaltszahlung an meine Exfrau seit 2007 bis 2017 mtl. 310,--, seit 2018 mtl. 200,-
Jährlicher Urlaub von einer Woche in Kroatien oder in ***6*** von 600,- bis 800,-
Gitarrenunterricht 2 x im Jahr 440,-
Nahrungsergänzungsmittel (Naturheilmittel) mtl. etwa 100,- (Vit D3, Zink, Magnesium, Vit C etc.) zur Behandlung seiner Mehrfachbehinderung die das Down Syndrom darstellt und zur Stärkung des Immunsystems, die jedoch nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Verköstigung und Freizeit in den Wochenendbesuchen und Urlaubsaufenthalten (2-3 Wochen) bei mir."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der am ***7*** mit Down-Syndrom geborene Sohn ***3*** des Bf war im strittigen Jahr 2014 bei der vom Bf seit geschiedenen Ehegattin des Bf wohnhaft und untertags in der Tageswerkstätte der Lebenshilfe ***8*** beschäftigt. Er gilt gemäß § 2 Abs. 1 lit c FLAG als voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und damit auf Dauer als erwerbsunfähig.
Für den Sohn des Bf wurde im strittigen Jahr 2014 die erhöhte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag in Höhe von insgesamt € 4.300,20 an die geschiedene Ehegattin des Bf ausbezahlt. Weiters wurde nach der Meldung der Pensionsversicherungsanstalt ein Bundespflegegeld für 1-12/2014 in Höhe von € 4.594,80 bezogen, was einem Monatsbetrag von € 382,90 entspricht. Davon mussten 40% für die Betreuung von ***3*** an die Tageswerkstätte bezahlt werden. Weitere Einkünfte des Sohnes des Bf sind nicht bekannt.
Nach der vorgelegten Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes ***9*** vom (prätorischer Vergleich betreffend die Scheidung des Bf) ist der Bf für ein behindertes volljähriges Kind sorgepflichtig.
Die geschiedene Ehegattin des Bf hat schriftlich bestätigt, dass sie von ihrem geschiedenen Ehegatten, dem Bf, für das Jahr 2014 monatlich € 310,- als Unterhaltszahlung für den gemeinsamen behinderten Sohn erhalten hat.
In der Beschwerde wurde der Unterhaltsabsetzbetrag und der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, im Vorlageantrag der Unterhaltsabsetzbetrag der Kinderabsetzbetrag und die Hälfte der geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung begehrt. In der mündlichen Verhandlung wurde im Zusammenhang mit der gesondert ergangenen Begründung des Finanzamtes betreffend den Einkommensteuerbescheid 2013 über den Kinderabsetzbetrag anstatt des Kinderfreibetrages gesprochen.
Der geschiedenen Ehegattin des Bf wurden mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom außergewöhnliche Belastungen über nachgewiesene Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 153,20, der Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind in Höhe von € 132,00 und der Alleinerzieherabsetzbetrag in Höhe von € 494,00 zugesprochen.
Beweiswürdigung
Die Beträge betreffend die erhöhte Familienbeihilfe und das Bundespflegegeld sind aus dem Abgabeninformationssystem des Finanzamtes abrufbar.
Aus der Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes ***9*** vom (prätorischer Vergleich) geht hervor, dass der Bf für ein behindertes volljähriges Kind sorgepflichtig ist. In der mündlichen Verhandlung hat der Bf bestätigt, dass es sich dabei um seinen im Jahr ***2*** geborenen behinderten Sohn ***3*** handelt, für den er laut Bestätigung seiner geschiedenen Ehegattin im Jahr 2014 Unterhaltszahlungen in Höhe von € 310,- monatlich geleistet hat.
In der Vorhaltsbeantwortung vom bringt der Bf zwar vor, dass er gemeinsam mit seiner geschiedenen Ehegattin für Heimtrainer, Fernseher, neues Bett, Coach, Liege auf der Terrasse, Gitarre und div. Einrichtungsgegenstände und er allein für den jährlichen Urlaub von einer Woche in Kroatien oder in ***6*** in Höhe von € 600 - 800, für den Gitarrenunterricht in Höhe von € 880, für Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von ca. € 100 monatlich (Naturheilmittel, Vit D3, Zink, Magnesium, Vit C, etc.) zur Behandlung der Mehrfachbehinderung des Down Syndroms und zur Stärkung des Immunsystems, was jedoch von den Krankenkassen nicht übernommen werde sowie Verköstigung und Freizeit an den Wochenenden und während der Urlausaufenthalte (2-3 Wochen beim Bf selbst) aufgekommen sei, Nachweise konnten darüber jedoch keine erbracht werden. Dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass es oft schwierig sei, Freizeitaktivitäten und Verköstigungskosten kostenmäßig zu bewerten bzw. zu eruieren und eine Glaubhaftmachung im Sinne der BAO genügen müsse, ist entgegenzuhalten, dass sich die Nachweispflicht für die gegenständlichen Aufwendungen aus den gesetzlichen Bestimmungen bzw. aus der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zwingend ergibt (vgl. etwa die dem Bf zur Kenntnis gebrachte Rz 856 der LStR 2002 sowie § 4 und § 5 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen) und der Abgabepflichtige die Wahl hat, belegmäßig die Aufwendungen nachzuweisen oder lediglich die pauschalen Möglichkeiten der Berücksichtigung derartiger Aufwendungen in Anspruch zu nehmen. Wenn keine Nachweise über behinderungsbedingte Aufwendungen erbracht werden, können lediglich die vom Gesetz vorgesehenen pauschalen Beträge steuermindernd berücksichtigt werden. Dies hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/5100678/2016, bereits klar zum Ausdruck gebracht. Nach den dort genannten weiteren Entscheidungen ( und ) können gemäß § 4 und auch gem. § 5 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen derartige Kosten nur im nachgewiesenen Ausmaß berücksichtigt werden, eine Glaubhaftmachung genügt nicht.
Rechtliche Beurteilung
Unterhaltsabsetzbetrag
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Der Unterhaltsabsetzbetrag steht dem Steuerpflichtigen zu, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört, den gesetzlichen Unterhalt leistet. Kinderabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag schließen einander beim selben Steuerpflichtigen (und bei seinem (Ehe-)Partner) für gleiche Zeiträume aus. Der Unterhaltsabsetzbetrag steht daher nur dann zu, wenn dem Steuerpflichtigen oder seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner keine Familienbeihilfe gewährt wird (siehe dazu auch EB zum "Familienbesteuerungspaket" 1993, ÖStZ 1992, 146, ebenso ). Dies gilt auch, wenn von geschiedenen Eltern eine gemeinsame Obsorge vereinbart ist. Auch in diesem Fall kann nur jener Elternteil den Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen, bei dem sich das Kind (im Sinne der Vereinbarung gemäß § 177 Abs. 2 ABGB) nicht überwiegend aufhält (und tatsächlich Alimente geleistet werden). Dem anderen Elternteil, bei dem sich das Kind überwiegend aufhält, steht der Kinderabsetzbetrag zu (LStR 2002, Rz 795, vgl auch Lohnsteuerprotokoll 2002, ÖStZ 2002, 687) (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 Tz 61 ff § 33).
Mit dem Unterhaltsabsetzbetrag wird vor allem geschiedenen oder sonst getrennt lebenden Elternteilen, die gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern unterhaltspflichtig sind (Alimentierende), ein eigener Absetzbetrag gewährt. Der Kinderabsetzbetrag für den familienbeihilfenberechtigten und idR mit dem Kind im Haushalt lebenden Elternteil bleibt davon unberührt; Kinderabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag kommen daher nebeneinander zur Anwendung.
Der Bf ist laut Vergleichsausfertigung vom für ein behindertes volljähriges Kind sorgepflichtig. Weiters ergibt sich aus der Bestätigung der geschiedenen Ehegattin des Bf, dass er für seinen behinderten Sohn einen Unterhalt in Höhe von monatlich € 310, insgesamt im strittigen Jahr 2014 € 3.720, bezahlt hat. Das Vorbringen des Bf, dass sein Sohn nicht überwiegend in seinem Haushalt, sondern bei seiner geschiedenen Ehegattin aufhältig ist, wird durch das zentrale Melderegister bestätigt.
Wie dem Bf mit Vorhalt vom mitgeteilt wurde, können nach Rz 856 der LStR und der dort zitierten Judikatur des , Aufwendungen, die als Unterhaltszahlungen nachweislich und unmittelbar der Bestreitung der - aus der Behinderung des Kindes erwachsenden - Mehraufwendungen dienen, bei der unterhaltsverpflichteten Person anstelle des Unterhaltsabsetzbetrages als außergewöhnliche Belastungen (ohne Selbstbehalt) abgezogen werden. Da der Bf Belege bzw. Nachweise über Aufwendungen, die unmittelbar der Bestreitung der - aus der Behinderung seines Sohnes ***3*** erwachsenden - Mehraufwendungen gedient haben, nicht vorlegen konnte, war der Unterhaltsabsetzbetrag (anteilsmäßig) zu berücksichtigen.
Über die Höhe des vom Bf zu leistenden Unterhalts wurden keine Unterlagen vorgelegt. Es handelt sich daher offensichtlich um eine außerbehördliche Einigung, bei der die von den Gerichten angewendeten Regelbedarfsätze nicht unterschritten wurden dürfen (LStR 2002, Rz 801). Die Regelbedarfsätze sind abstrakte (nicht an die konkrete Einkommenssituation der Eltern angelehnte) Werte und sollen die durchschnittlichen Grundbedürfnisse (Wohnung, Nahrung, Kleidung etc.) eines Kindes in Österreich, gestaffelt nach dem Alter des Kindes, repräsentieren (vgl. ). Sie werden aus Verbrauchsausgabenstatistiken in Gestalt der Kinderkostenanalyse der Statistik Österreich (durchschnittliche Verbrauchsausgaben für ein in einem Arbeitnehmerhaushalt betreutes Kind) ermittelt und jährlich nach dem Lebenskostenindex aufgewertet (Neuhauser in Schwimann, ABGB Taschenkommentar, LexisNexis, 2015). Der jeweils vom LGZ Wien bekanntgegeben Regelbedarfsatz beträgt im Jahr 2014 € 540.
Der Bf leistete jedoch nicht den vollen Regelbedarfsatz in Höhe von € 540, sondern einen monatlichen Betrag von € 310. Das entspricht 57,41% bzw. auf Monate eines Jahres umgerechnet 6,89 Monate (12:100X57,41), aufgerundet 7 Monate. Dem Bf steht daher ein anteiliger Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von € 204,40 (€ 29,2 x 7 Monate) zu.
Kinderabsetzbetrag:
Im Vorlageantrag wird ein Kinderabsetzbetrag beantragt. Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Da der Bf nicht Bezieher der Familienbeihilfe für seinen Sohn ist und, wie bereits beim Unterhaltsabsetzbetrag ausgeführt wurde, Kinderabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag einander beim selben Steuerpflichtigen (und bei seinem (Ehe-)Partner) für gleiche Zeiträume ausschließen, lagen die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kinderabsetzbetrages beim Bf nicht vor.
Kinderfreibetrag:
Gemäß § 106 Abs. 2 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne des EStG auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.
Gemäß § 106a Abs. 2 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 ein Kinderfreibetrag in Höhe von 132 Euro jährlich zu.
Gemäß § 106a Abs. 3 EStG 1988 darf für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 132 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen geltend gemacht werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat, wenn für ein Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 2 zusteht.
Gemäß § 106a Abs. 4 EStG 1988 wird der Kinderfreibetrag im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt.
Voraussetzung für den Kinderfreibetrag nach § 106a Abs. 2 EStG 1988 ist somit, dass dem StPfl mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht.
Steht nach Abs. 1 dritter Teilstrich einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden StPfl für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs 2 zu, erhält der StPfl, in dessen Haushalt das Kind lebt, nur einen Kinderfreibetrag von 132 € (siehe zB ).
Dem Bf ist, wie oben ausgeführt, für seinen Sohn ***3*** für mehr als sechs Monate im Streitjahr 2014 der Unterhaltsabsetzbetrag zu gewähren. Es steht ihm daher entsprechend der angeführten gesetzlichen Bestimmungen im Hinblick darauf, dass seiner geschiedenen Ehegattin für den gemeinsamen Sohn ***3*** bereits ein Kinderfreibetrag in Höhe von € 132 mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom gewährt wurde, ebenfalls ein Kinderfreibetrag in Höhe von € 132 zu.
Pensionistenabsetzbetrag:
Der Bf beantragte in seiner Beschwerde vom die Gewährung des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages. Im angefochtenen Bescheid berücksichtigte das Finanzamt einen Pensionistenabsetzbetrag in Höhe von € 23,19.
§ 33 Abs. 6 EStG 1988 lautet:
"Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:
1. Ein erhöhter Pensionistenabsetzbetrag steht zu, wenn
- der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt,
- der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte im Sinne des Abs. 4 Z 1 von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt und
- der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat.
2. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag beträgt 764 Euro, wenn die laufenden Pensionseinkünfte des Steuerpflichtigen 19 930 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 19 930 Euro und 25 000 Euro auf Null."
Bei dem im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte aus der Pension von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von € 24.536,14 errechnet sich der Pensionistenabsetzbetrag wie folgt: 25.000-24.536,14 = 463,86 x 5% = € 23,19. Da sich der Gesamtbetrag der Einkünfte auch durch zu berücksichtigende Absetzbeträge oder Freibeträge nicht ändert, bleibt es bei dem im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Pensionistenabsetzbetrag in Höhe von € 23,19.
Außergewöhnliche Belastung für die Hälfte der Unterhaltsleistungen:
Der Bf macht pauschal die Hälfte des von ihm bezahlten Unterhalts in Höhe von € 1.860 als außergewöhnliche Belastung geltend, da es sich bei der Kostentragung um Aufwendungen handeln würde, die beim Sohn aufgrund seiner Behinderung zu einer außergewöhnlichen Belastung führen würde. § 34 EStG 1988 (außergewöhnliche Belastung) lautet auszugsweise:
"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt."
Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 (4.-6. Teilstrich) können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
"Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."
Auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 Abs. 7 EStG 1988 wurde durch den Bundesminister für Finanzen die Verordnung über außergewöhnliche Belastungen BGBl 1996/303 in der im strittigen Jahr gültigen Fassung BGBl II 2010/430 erlassen.
§ 5 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen lautet:
"(1) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.
(2) Bei Unterbringung in einem Vollinternat vermindert sich der nach Abs. 1 zustehende Pauschbetrag pro Tag des Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel.
(3) Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."
§ 6 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen lautet:
"Haben mehrere Steuerpflichtige Anspruch auf einen Pauschbetrag nach §§ 2, 3 oder 5, dann ist dieser Pauschbetrag im Verhältnis der Kostentragung aufzuteilen. Weist einer der Steuerpflichtigen seine höheren Mehraufwendungen nach, dann ist beim anderen Steuerpflichtigen der Pauschbetrag um die nachgewiesenen Mehraufwendungen zu kürzen."
Das bedeutet, dass der Freibetrag in Höhe von € 262 pro Monat für eine behinderte Person nur einmal in Anspruch genommen werden kann und bei mehreren Unterhaltsverpflichteten entsprechend ihrer Unterhaltsleistung aufgeteilt werden muss. Wie bereits zum Unterhaltsabsetzbetrag festgestellt, trägt der Bf den Unterhalt für seinen Sohn ***3*** unter Zugrundelegung des Regelbedarfsatzes mit einem Anteil von 57,41%. Das entspricht einem Anteil des Freibetrages von € 150,41 (57,41% von 262). In § 5 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wird aber auch bestimmt, dass der Freibetrag um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu vermindern ist. Wie bereits festgestellt wurde für ***3*** im Jahr 2014 ein Pflegegeld in Höhe von € 4.594,80 bezogen. Aus der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2013 der vom Bf geschiedenen Gattin geht hervor, dass 40% des Pflegegeldes für die teilstationäre Betreuung für ***3*** bei der Lebenshilfe aufgewendet werden mussten. Im Hinblick darauf, dass ***3*** auch im darauffolgenden Jahr 2014 tagsüber teilstationär betreut wurde, kann davon ausgegangen werden, dass auch im Jahr 2014 ein Anteil von 40% des Pflegegeldes (€ 1.837,92) dafür aufgewendet werden musste. Der restliche Teil des Pflegegeldes in Höhe von € 2.756,88 (60% von 4.594,80 = € 2.756,88) vermindert den in § 5 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen genannten anteiligen Freibetrag des Bf in Höhe von € 1.804,92 (150,41x12) auf Null, wodurch auch ein (anteilliger) Freibetrag im Sinne des § 5 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt werden konnte.
Nachweise über Aufwendungen im Sinne des § 5 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wurden vom Bf, obwohl im Vorlageantrag angeboten, nicht vorgelegt.
Bezüglich des im Vorlageantrag genannten Erkenntnisses des , ist darauf hinzuweisen, dass das gesamte in diesem Fall für das behinderte Kind bezogene Pflegegeld für die Unterbringung in einem Wohnheim bzw. Behindertenwerkstätte verwendet werden musste und für andere Zwecke nicht zur Verfügung stand.
Es handelte sich überdies um ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988, was daraus zu ersehen ist, dass der dortigen Bf der gesamte Kinderfreibetrag in Höhe von € 220 zugesprochen wurde. Dies ist insofern von Bedeutung, als die mit der Behinderung des Kindes zusammenhängenden Aufwendungen nicht je nach Höhe der Unterhaltsleistung aufzuteilen waren bzw. die Möglichkeit einer doppelten Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nicht gegeben war.
Im Hinblick darauf, dass die aufgezählten behinderungsbedingten Aufwendungen im Sinne der § 4 und § 5 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen gewährt wurden und in diesen Bestimmungen eine Nachweislichkeit normiert ist, ist davon auszugehen, dass die genannten Aufwendungen nachgewiesen wurden.
Weiters stellen nach diesem Erkenntnis des BFG Aufwendungen für Taschengeld, Bekleidung, Putzerei, Friseur, Getränke für Behindertenwerkstatt, Toilettenpapier, Seifen, Cremen, Wäschewaschen und -trocknen, Zeitschriften sowie Telefon/Handy keine außergewöhnlichen Belastungen im Zusammenhang mit einer Behinderung dar.
Überdies unterliegen die vom Bf genannten Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel für seinen Sohn den allgemeinen Bestimmungen für außergewöhnliche Belastungen, wonach derartige "Heilmittel" nur nach konkreter ärztlicher Verordnung absetzbar sind.
Da somit die vom Gesetzgeber aufgestellten Kriterien des Nachweises für die Übernahme derartiger Kosten durch die Allgemeinheit bzw für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung nicht erfüllt sind, konnte nach den vorangegangenen Ausführungen in Ergänzung zum angefochtenen Bescheid lediglich der (anteilige) Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von € 204,40 und der Kinderfreibetrag in Höhe von € 132 gewährt werden.
Die (Neu)Berechnung der Einkommensteuer ergibt sich aus dem beiliegenden, einen Spruchbestandteil bildenden, Berechnungsblatt.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106a Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106a Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106a Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 856 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 857 EStG Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Tz 61 ff zu § 33 BFG, RV/7100455/2012 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100277.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at