Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2022, RV/3100225/2016

Grunddienstbarkeit - Einbeziehung in die Einkünfte aus Spekulationsgeschäft?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2013 Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

A. Einkommensteuererklärung und Außenprüfung

Im Rahmen der von Herrn ***Bf*** (in der Folge "Bf" oder "Beschwerdeführer") für 2013 eingereichten Einkommensteuererklärung wurden - unter anderem - Einkünfte aus Spekulationsgeschäften in Höhe von EUR 23.550 erklärt. Diese Erklärung wurde mit vorläufigem Bescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO vom vorläufig (erklärungsgemäß) veranlagt.

Vom zuständigen Finanzamt Kufstein Schwaz (nunmehr Finanzamt Österreich, in der Folge "FA" oder "Finanzamt") wurde in der Folge eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO durchgeführt, welche sowohl die Umsatzsteuer wie auch die Einkommensteuer der Jahre 2012 und 2013 zum Gegenstand hatte. Zusätzlich wurde eine Nachschau gemäß § 144 BAO für den Zeitraum 01-03/2014 durchgeführt. Die Außenprüfung bzw. die Nachschau wurde mit Bericht gemäß § 150 BAO vom (Niederschrift vom ) abgeschlossen. Folgende Feststellungen betreffend die in der Einkommensteuererklärung 2013 erklärten Einkünfte aus Spekulationsgeschäften wurden seitens des Finanzamtes getroffen:

Herr ***Bf*** verkaufte im November 2011 die Liegenschaft ***GS1*** innerhalb der Spekulationsfrist (letzter entgeltlicher Erwerb ).

Der Spekulationsgewinn wurde teilweise versteuert. Ein Betrag von EUR 35.000 wurde steuerfrei belassen.

Laut Vertrag über den Grundstückskauf entfällt dieser Betrag auf das Recht zur Errichtung einer Photovoltaik- bzw. Solaranlage auf dem Nachbargrundstück mit der ***GS2***. Dieses Recht wurde 2011 Herrn ***Bf*** von seiner Frau ***Bf-Gattin*** mittels Dienstbarkeitsvertrag vom unentgeltlich eingeräumt. Das Recht wurde mit Erstellung des Dienstbarkeitsvertrages vom neu geschaffen und mit der o.a. Liegenschaft innerhalb der Spekulationsfrist veräußert.

Nach Rechtsmeinung des Finanzamtes stellt der Verkauf des Rechts einen einkommensteuerpflichtigen Vorgang dar.

[…]

2013

Spekulationsgewinn veranlagt EUR 23.550

Auf Recht entfallend EUR 35.000

Spekulationsgewinn lt. Prüfung EUR 58.550

[…]

Auf Basis der Ergebnisse der Außenprüfung hat das Finanzamt am einen gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Einkommensteuerbescheid für 2013 erlassen. Begründend wurde auf die Ergebnisse der Außenprüfung bzw. die aufgenommene Niederschrift verwiesen. Abweichend von der vom Bf für 2013 eingereichten Einkommensteuererklärung wurde nunmehr ein Betrag von EUR 58.550 als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften festgesetzt.

B. Beschwerde

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am fristgerecht eingereichte Beschwerde, in der - verkürzt dargestellt - wie folgt ausgeführt wurde:

Mit Dienstbarkeitsvertrag vom sei dem Bf das immerwährende und unentgeltliche Recht zur Errichtung und Erhaltung einer Solar- bzw. Photovoltaikanlage samt dem hierfür notwendigen Zubehör wie zur Errichtung und Erhaltung der für diese Anlagen erforderlichen Strom- und Wasserleitungen eingeräumt worden. Mit Kaufvertrag vom sei das im Eigentum des Bf stehende Grundstück ***GS1*** sowie das Recht der Errichtung und Erhaltung dieser Solaranlage veräußert worden. Als Spekulationsgewinn sei nur jener Betrag angesetzt worden, der auf die Veräußerung des Grundstücks entfallen ist. Die Beschwerde richte sich nunmehr gegen den Bescheid vom , in dem - basierend auf den Feststellungen der Außenprüfung - zusätzliche Einkünfte aus Spekulationsgeschäften von EUR 35.000 festgesetzt wurden.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Tatbestand des Spekulationsgeschäfts darin bestehe, dass ein Wirtschaftsgut zunächst angeschafft und sodann wieder veräußert werde. Sofern ein Wirtschaftsgut nicht im Wege einer Anschaffung erworben worden sei, so werde dieses grundsätzlich nicht Gegenstand eines Spekulationsgeschäftes sein. Im konkreten Fall sei es unbestritten, dass das Recht zur Errichtung einer Photovoltaik bzw. Solaranlage unentgeltlich übertragen worden sei. Das Grundstück, auf dem die Errichtung dieser Anlage hätte stattfinden sollen, sei von der Eigentümerin am entgeltlich erworben worden. Es sei daher der Eigentümerin dieses Grundstücks seit diesem Zeitpunkt freigestanden, eine solche Anlage zu errichten. Es handle sich somit keineswegs um die Anschaffung eines neuen Rechts und im Besonderen sei auch niemals Entgeltlichkeit vorgelegen, welche eine Grundvoraussetzung für die Behandlung als Spekulationsgeschäft sein müsse.

Zusätzlich unterliege die Veräußerung eines Rechts im außerbetrieblichen Bereich grundsätzlich als Veräußerung der Einkunftsquelle nicht der Einkommensteuer.

C. Ersuchen um Ergänzung und Beschwerdevorentscheidung

Als Reaktion auf diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes am ein Ersuchen um Ergänzung versendet. Dieses wurde mit Schreiben vom beantwortet, worin - im Wesentlichen - das Folgende mitgeteilt wurde:

Der Gesamtkaufpreis für die Liegenschaft gehe aus dem Kaufvertrag eindeutig hervor, und zwar:

Kaufpreis für die Liegenschaft EUR 110.000

Bauplan und Einreichung EUR 12.000

Parifizierung EUR 3.000

Recht zur Errichtung einer Solar bzw. Photovoltaikanlage EUR 35.000

Das angeführte Recht zur Errichtung einer Solar bzw. Photovoltaikanlage sei mit Dienstbarkeitsvertrag vom unentgeltlich übertragen worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Begründung vom ) wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde - nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes bzw. des Sachverhalts - wie folgt ausgeführt:

Gemäß § 29 EStG 1988 in der für Veräußerungen bis zum geltenden Fassung sind Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 30 EStG sonstige Einkünfte, die gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 der Einkommensteuer unterliegen.

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 in der für Veräußerungen bis zum geltenden Fassung sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken und anderen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, Spekulationsgeschäfte.

Als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften sind gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und Werbungskosten andererseits anzusetzen.

Für die Beurteilung von steuerrechtlich relevanten Sachverhalten ist es unzulässig, einheitliche Vorgänge in ihre Bestandteile aufzuspalten. Mit dem vorliegenden Kaufvertrag vom ist ein Veräußerungsgeschäft über die in Punkt III. des Kaufvertrages bezeichnete Liegenschaft abgeschlossen worden. Das in der Beschwerde angeführte Recht über die Errichtung einer Photovoltaik- bzw. Solaranlage wurde in dem Dienstbarkeitsvertrag vom Ihnen bzw. den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks eingeräumt. Damit ist klargestellt, dass es sich um eine Grunddienstbarkeit handelt, die dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zusteht. Mit der Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft geht notwendigerweise auch das mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbundene Recht zur Errichtung der Photovoltaik- bzw. Solaranlage über. Da die Grunddienstbarkeit nicht losgelöst vom Eigentum an dem Grundstück übertragen werden kann, ist es nicht sachgerecht, die Veräußerung der Grunddienstbarkeit vom einheitlichen Veräußerungsvorgang über die Liegenschaft (einschließlich der Grunddienstbarkeit) getrennt zu beurteilen.

Da eine gesonderte, vom Eigentum an der Liegenschaft selbständige Veräußerung der Grunddienstbarkeit nicht möglich ist, wird für diese im Rahmen des Gesamtkaufpreises üblicherweise kein gesondertes Entgelt angesetzt. Auch das Anführen des Kaufpreisanteiles, der auf das Recht zur Errichtung einer Photovoltaik- bzw. Solaranlage entfällt, im Kaufvertrag spaltet die Veräußerung der Liegenschaft nicht in zwei getrennte Vorgänge auf. Die Aufschlüsselung der einzelnen Teile des Gesamtkaufpreises hat lediglich klarstellenden Charakter.

Die letzte entgeltliche Anschaffung der Liegenschaft erfolgte am . Der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Liegenschaft beträgt daher nicht mehr als zehn Jahre.

D. Vorlageantrag

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der am eingereichte Vorlageantrag. Begründend wird auf das Vorbringen in der Beschwerde vom verwiesen und zusätzlich wie folgt ausgeführt:

Es handelt sich meines Erachtens keineswegs um die Schaffung eines neuen Rechtes. Mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom wurde mir lediglich ein bestehendes Recht zur Errichtung einer Solar- oder Photovoltaikanlage unentgeltlich übertragen. Dabei handelt es sich um einen unentgeltlichen Erwerb. Nach der Rechtsmeinung des Finanzamtes stellt dieser Verkauf einen einkommensteuerpflichtigen Vorgang dar. Da aber keine Anschaffung dieses Rechtes stattgefunden hat, kann die Behandlung als Spekulationsgeschäft ausgeschlossen werden.

[…]

Laut Beschwerdevorentscheidung ist es für die Beurteilung von steuerrechtlich relevanten Sachverhalten unzulässig, einheitliche Vorgänge in ihre Bestandteile aufzuspalten. Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen - "Bei Veräußerung von realen Grundstücksteilen ist hinsichtlich des konkreten Anteils zu untersuchen, ob die Spekulationsfrist erfüllt ist; eine derartige Untersuchung ist auch dann anzustellen, wenn ein Grundstück sukzessive in realen Teilen erworben worden ist." (Quantschnigg/Schuch - Einkommensteuerhandbuch)

"Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Mit dieser Definition wird zum Ausdruck gebracht, dass der Begriff des Grundstückes ein Ober- oder Sammelbegriff ist. Das Grundstück als solches existiert somit ertragsteuerlich nicht, sondern nur die damit bezeichneten Wirtschaftsgüter Grund und Boden, Gebäude und grundstücksgleiche Rechte. Dementsprechend können sich steuerliche Auswirkungen nur hinsichtlich dieser jeweiligen Wirtschaftsgüter eigenständig ergeben und nicht in einer zusammenfassenden Betrachtung einer Gesamtheit diese Wirtschaftsgüter." (Doralt Kommentar zum EStG).

Diesen Argumentationen folgend kann der Kaufpreis sehr wohl aufgeteilt und die einzelnen Bestandteile isoliert betrachtet und besteuert werden. Folglich unterliegt die Veräußerung des Rechtes zur Errichtung der Solar- und Photovoltaikanlage nicht dem § 30 EStG und ist für die Bemessung des Spekulationsgewinnes auszuscheiden.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde am an das Bundesfinanzgericht (in der Folge "BFG") vorgelegt.

Mittels Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerde per in die Zuständigkeit der Geschäftsabteilung des Richters ***R*** übertragen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Aus dem elektronisch vorgelegten Akteninhalt, nämlich dem Dienstbarkeitsvertrag vom , dem Kaufvertrag vom (inkl. der zugehörigen Rechnung), dem Grundbuchsauszug der betroffenen Liegenschaften sowie dem Vorbringen der Bf (siehe oben zum Gang des bisherigen Verfahrens) lässt sich folgender Sachverhalt feststellen:

Mittels Dienstbarkeitsvertrag vom wurde dem Bf bzw. dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks ***GS1*** das immerwährende und unentgeltliche Recht zur Errichtung und Erhaltung einer Solar- bzw. Photovoltaikanlage samt dem hierfür notwendigen Zubehör sowie zur Errichtung und Erhaltung der für diese Anlagen erforderlichen Strom- und Wasserleitungen auf dem Grundstück ***GS2*** eingeräumt. Diese Dienstbarkeit ist nach wie vor (Auszug vom betreffend das dienende Grundstück) im Grundbuch eingetragen. Konkret wurde die Dienstbarkeit mit dem folgenden Wortlaut in das Grundbuch eingetragen:

DIENSTBARKEIT der Errichtung und Erhaltung einer Solar- oder einer Fotovoltaik-Anlage sowie der Errichtung und Erhaltung der für diese Anlage erforderlichen Leitungen auf GS2 gemäß Punkt III. Dienstbarkeitsvertrag 2011-04-06 für GS1.

Mit Kaufvertrag vom wurde das Grundstück ***GS1*** veräußert. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von EUR 160.000 vereinbart, der - laut Kaufvertrag - auf die folgenden Positionen entfällt:

Kaufpreis für die Liegenschaft EUR 110.000

Bauplan und Einreichung EUR 12.000

Parifizierung EUR 3.000

Recht zur Errichtung einer Solar bzw. Photovoltaikanlage EUR 35.000

Die veräußerte Liegenschaft wurde letztmalig am entgeltlich erworben.

Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den vom Bf vorgelegten Unterlagen (Dienstbarkeitsvertrag vom , Kaufvertrag inkl. Beilagen vom ), dem Grundbuchsauszug der betroffenen Liegenschaften sowie dem bisherigen Vorbringen der Bf.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

A. Rechtsgrundlagen

Die Bestimmung des § 29 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 lautet auszugsweise:

Sonstige Einkünfte sind nur:

(…)

2. Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 30

Die Bestimmung des § 30 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 lautet auszugsweise:

(1) Spekulationsgeschäfte sind:

1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt:

a) Bei Grundstücken und anderen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als zehn Jahre. Für Grundstücke, bei denen innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung Herstellungsaufwendungen in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzt wurden, verlängert sich die Frist auf 15 Jahre.

Spekulationsgeschäfte sind gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung eine bestimmte Dauer nicht überschreitet. Gegenstand von Spekulationsgeschäften können - nach der Bestimmung des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 - Grundstücke sowie andere Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, sein.


B. Dienstbarkeit

Streitgegenständlich ist die Frage, ob das dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks ***GS1*** mit Dienstbarkeitsvertrag vom eingeräumte Recht, auf dem Grundstück ***GS2*** eine Solar- bzw. Photovoltaikanlage zu errichten und zu erhalten, in die Berechnung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäft einzubeziehen ist.

Zur Qualifikation dieser Dienstbarkeit ist auf die Bestimmungen des ABGB zurück zu greifen, insbesondere die § 473 ABGB und § 485 ABGB (siehe im Anschluss):

§ 473 ABGBWird das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer dem ist die Dienstbarkeit persönlich.

§ 485 ABGBKeine Servitut läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen. Auch wird jede Servitut insofern für unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke haftende Recht durch Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben, abgesehen von dem im § 847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt werden kann.

Im gegenständlichen Fall wurde im Rahmen eines Dienstbarkeitsvertrages (der auch in dieser Form Eingang in das Grundbuch gefunden hat) dem Bf bzw. dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstückes das Recht eingeräumt, auf dem dienenden Grundstück eine Solar- bzw. Photovoltaikanlage zu errichten und zu erhalten.

Wie schon aus dem Gesetzestext erkennbar ist, sind Grunddienstbarkeiten mit dem Eigentum eines Grundstücks zu dessen vorteilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft (vgl. Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 473, Rz 5). Abweichend davon kommen persönliche Dienstbarkeiten einer bestimmten Person zu, der ein bestimmter Vorteil verschafft werden soll. Die Rechte aus einer persönlichen Dienstbarkeit enden deshalb spätestens mit dem Tod des Berechtigten, wenn nicht die Erstreckung des Rechtes auf Erben ausdrücklich ausbedungen wurde (vgl. Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 473, Rz 9). Es ist allerdings auch grundsätzlich denkbar, persönliche Dienstbarkeiten als Grunddienstbarkeiten zu konstruieren (vgl. Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 473, Rz 10 unter Verweis auf § 479 ABGB).

Der konkreten Formulierung des Dienstbarkeitsvertrages (bzw. dem betreffenden Eintrag im Grundbuch) lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass gerade keine Verknüpfung mit der Person des Bf hergestellt werden soll. Vielmehr soll die Dienstbarkeit jedem Eigentümer des herrschenden Grundstückes zustehen. Es liegt somit - wie schon seitens des Finanzamtes in der BVE festgehalten - eine Grunddienstbarkeit iSd § 473 ABGB vor.

Derartige Grunddienstbarkeiten können nicht eigenmächtig vom dienenden oder herrschenden Grundstück abgesondert oder übertragen werden; jede Grunddienstbarkeit wird prinzipiell zusammen mit der dienenden oder der herrschenden Liegenschaft übertragen (vgl. Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 485, Rz 3; )

Fraglich ist nunmehr, wie eine derartige Grunddienstbarkeit im Rahmen der Vorschrift des § 30 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 zu würdigen ist.

C. Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen

Wie sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, ist bei der Auslegung des Begriffs "Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen" an das Zivilrecht anzuknüpfen (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 30 Tz 53).

Als Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (idF "grundstücksgleiche Rechte") kommen nur solche Rechte in Frage, die als unbeweglich gelten (d.h. es muss sich um ein einverleibungsfähiges dingliches Recht handeln, das als unbewegliche Sache angesehen werden kann; vgl. Leitner in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 2013, Seite 55). Nach der Bestimmung des § 298 ABGB gelten Rechte dann als unbeweglich, wenn sie mit einem Grundstück verbunden sind oder wenn sie durch gesetzliche Bestimmungen als unbeweglich erklärt werden (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 30 Tz 49). Unbeweglich sind demnach etwa Grunddienstbarkeiten (so das Fischereirecht an einem fremden Gewässer, das mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verbunden ist), Reallasten, das Wohnungseigentum, das Jagdrecht (vgl. Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 298, Rz 3).

Als grundstücksgleiche Rechte werden mehrheitlich in der Literatur außerdem nur solche Rechte angesehen, die zudem selbständig übertragbar sind (vgl. etwa Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 30 Rz 53 und die dort angeführte Literatur).

Als "grundstücksgleiche Rechte" können somit - der hA folgend - lediglich selbständig übertragbare Rechte angesehen werden, die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung für unbeweglich erklärt werden. Wie bereits weiter oben dargestellt, ist eine Grunddienstbarkeit zwar per zivilrechtlicher Definition als unbeweglich einzustufen. Allerdings können Grunddienstbarkeiten nicht losgelöst vom Eigentum am herrschenden bzw. dem dienenden Grundstück übertragen werden, weshalb eine Qualifikation als "grundstücksgleiches Recht" iSd Bestimmung des § 30 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 ausscheidet (in diesem Sinne auch die Entscheidung des , zur Rechtslage nach dem 1. StabG 2012 bzw. AbgÄG 2012, wonach die selbständige Übertragbarkeit eines Rechts - neben der Eintragungsfähigkeit des Rechts im Grundbuch - Voraussetzung für die Qualifikation als "grundstücksgleiches Recht" ist).

Der erkennende Richter schließt sich der obig dargestellten Rechtsauffassung an, wonach die im gegenständlichen Fall eingeräumte Grunddienstbarkeit nicht als grundstücksgleiches Recht einzustufen ist.

D. Grundstück

In der Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 erfasste der ertragsteuerliche Grundstücksbegriff den Grund und Boden und das Gebäude gesamthaft als einheitliches Wirtschaftsgut (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 30 Rz 19).

Während dieser sog. Einheitstheorie durch die Änderungen des 1. StabG 2012 die Rechtsgrundlage entzogen wurde und somit eine Betrachtung von Grund und Boden und Gebäude als steuerliche Einheit nach der geltenden Rechtslage nicht mehr möglich ist (siehe Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 30 Rz 27), hat sich beim "Grundstücksbegriff" selbst durch das 1. StabG 2012 keine wesentliche inhaltliche Änderung ergeben (siehe Leitner in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 2013, Seite 58, wonach die Grundstücksbegriffe des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG aF einerseits und jener des § 30 Abs. 1 EStG nach 1. StabG 2012 und AbgÄG 2012 andererseits im Ergebnis inhaltlich übereinstimmen).

Auch am Verständnis des Begriffs "Grund und Boden" (als "Teil" des Grundstücksbegriffs) hat sich durch die Änderungen des 1. StabG 2012 bzw. des AbgÄG 2012 nichts geändert; nach wie vor ist dieser Begriff ertragsteuerlich autonom auszulegen und umfasst - anders als nach zivilrechtlichem Verständnis - nur den nackten Grund und Boden (). Zorn (Senatspräsident des VwGH) weist in RdW 2020, 783 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des ) allerdings zutreffend darauf hin, dass die Verwaltungspraxis zum Spekulationsgeschäft des § 30 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 einen (allenfalls) auf Grunddienstbarkeiten entfallenden Teil des Veräußerungserlöses nicht von dem auf den Grund und Boden entfallenden Veräußerungserlös getrennt hat.

Konkret hat der VwGH im von Zorn besprochenen Erkenntnis zur Behandlung von Grunddienstbarkeiten wie folgt ausgeführt:

Bei Grunddienstbarkeiten, wie beispielsweise dem Recht der Zufahrt zum Grundstück über fremde Grundstücke, ist gemäß § 473 ABGB das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitz (Eigentum) eines Grundstücks zu dessen vorteilhafterer oder bequemerer Benützung verknüpft. Grunddienstbarkeiten können nur mit dem Eigentum am Grundstück - nicht gesondert davon - übertragen werden (§ 485 ABGB). Diese Rechte erhöhen den Wert des Grund und Bodens, mit dem sie verbunden sind, und finden daher typischerweise in der Höhe seines Verkaufserlöses Niederschlag.

§ 30 Abs. 1 EStG 1988 idF 1. StabG 2012 und AbgÄG 2012 ist daher dahingehend zu interpretieren, dass bei der Besteuerung der Veräußerung von Grundstücken die Übertragung der Grunddienstbarkeiten als unselbständiger Teil der Übertragung des Bodens zu werten ist. Im Rahmen der Besteuerung der Grundstücksveräußerungen sind daher Grunddienstbarkeiten des berechtigten Grundstücks als unselbständige Bestandteile des Grund und Bodens anzusehen. Der (allenfalls) auf solche Rechte entfallende Teil des Veräußerungserlöses ist somit für Zwecke der Besteuerung der Grundstücksveräußerung nicht aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, sondern vielmehr dem Grund und Boden zuzuordnen und teilt das steuerliche Schicksal des auf Grund und Boden entfallenden Kaufpreises.

Wiewohl das obig zitierte Erkenntnis des VwGH zur neuen Rechtslage (d.h. der Bestimmung des § 30 Abs. 1 EStG 1988 idF 1. StabG 2012 und AbgÄG 2012) ergangen ist, hat sich das grundsätzliche Verständnis des Begriffs "Grund und Boden" - wie oben dargestellt - durch das Inkrafttreten des 1. StabG 2012 bzw. des AbgÄG 2012 nicht verändert. Nach Auffassung des erkennenden Richters sind somit die obigen Ausführungen des VwGH auch auf den gegenständlichen Fall anwendbar. Es ist somit dem Finanzamt zuzustimmen, dass auch jener Teil des Kaufpreises, der laut Kaufvertrag auf die Grunddienstbarkeit entfallen soll, in die Berechnung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäft einbezogen werden muss.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass das Recht zur Errichtung bzw. zum Betrieb der Solar- bzw. Photovoltaikanlage, welches dem Bf von der der Eigentümerin des (nunmehr) dienenden Grundstücks, eingeräumt wurde, kein neu geschaffenes Recht sei, weil dieses Recht bereits mit Anschaffung des (dienenden) Grundstücks am aufgrund der Stellung als Eigentümerin vorhanden gewesen sei, ist folgendes auszuführen:

Das Eigentum ist Vollrecht an einer körperlichen Sache bzw. das umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt (vgl. Winner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 354, Rz 1). Insofern ist dem Bf zuzustimmen, wenn er ausführt, dass es der Eigentümerin des Grundstücks nach erfolgter Anschaffung jederzeit freigestanden wäre, eine Solar- oder Photovoltaikanlage auf ihrem Grundstück zu errichten oder zu betreiben. Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass die Einräumung des Rechts zur Errichtung und zum Betrieb einer Solar- bzw. Photovoltaikanlage an den Bf bzw. den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks - isoliert betrachtet - jedenfalls erst seit Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages bzw. dessen Eintragung im Grundbuch besteht. Auch die unentgeltliche Einräumung der Grunddienstbarkeit schadet nicht. Dies daher, da nicht die Grunddienstbarkeit selbst Gegenstand der Veräußerung ist. Vielmehr teilt diese - gemäß der obig dargestellten Argumentation - als unselbständiger Bestandteil das steuerliche Schicksal von Grund und Boden und beeinflusst allenfalls die Höhe des erzielbaren Verkaufserlöses.

Auch aus dem Vorbringen, dass Grund und Boden, Gebäude und grundstücksgleiche Rechte separat betrachtet und gewürdigt werden müssen, ist für den Bf nichts zu gewinnen. Wie dargestellt teilt die Grunddienstbarkeit als unselbständiger Bestandteil das steuerliche Schicksal des Grund und Bodens. Eine Einstufung dieser Grunddienstbarkeit als separat zu würdigendes, grundstücksgleiches Recht scheidet - gemäß den obigen Ausführungen - aus.

Auf Basis der obigen Ausführungen war die Beschwerde des Bf abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung folgt dem einschlägigen Erkenntnis des . Eine über die in diesem Erkenntnis entschiedene Rechtsfrage hinausgehende Fragestellung liegt hier nicht vor, weshalb eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100225.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at