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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 03.06.2022, RV/2101055/2018

Begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne gemäß § 11a EStG - Nachversteuerung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichterinnen ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, vertreten durch Leopold Steuerberatung GmbH, Krenngasse 12, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen

  1. den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2010

  2. den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2010 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Beim Beschwerdeführer (Bf), der eine Trafik betreibt, fand eine den Zeitraum Jänner 2009 bis Dezember 2013 umfassende abgabenbehördliche Nachschau statt.

In der darüber aufgenommenen Niederschrift vom hielt die Prüferin im Wesentlichen fest, der Bf habe in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 für nicht entnommene Gewinne von insgesamt 198.552,89 Euro die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen. Im Zuge der Durchführung der Betriebsprüfung für das Jahr 2012 sei es zu einer Vorbescheidkontrolle betreffend die Einkommensteuer 2013 gekommen, da die EDV ein Absinken des Kapitals festgestellt habe. Daher sei eine Nachschau für den Zeitraum Jänner 2009 bis Dezember 2013 durchgeführt worden. Bei dieser Überprüfung habe sich herausgestellt, dass die Entnahmen des Jahres 2010 zu hoch gewesen seien und folglich eine Nachversteuerung der bisher begünstigt besteuerten Beträge zu erfolgen habe. Die im Jahr 2010 erfolgten Entnahmen seien höher gewesen als der Gewinn dieses Jahres. Sie seien höher gewesen als der gesamte in den Vorjahren gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt besteuerte Betrag. Damit konfrontiert hätten der Abgabepflichtige und dessen gewerbliche Buchhalterin einen Steuerberater kontaktiert. In der Folge sei dem Finanzamt mitgeteilt worden, dass es die Buchhalterin seit dem Jahr 2010 verabsäumt hätte, bestimmte Vermögenswerte (Sparbücher) in den Bilanzen anzusetzen. Dem Finanzamt seien überdies, um den Mangel der zu hohen Entnahmen zu sanieren, berichtigte Bilanzen für die Jahre 2010 bis 2013 übermittelt worden. Daraufhin sei die Buchhalterin aufgefordert worden, nachzuweisen, dass sich die auf den Sparbüchern befindlichen Einlagen nur aus liquiden Mitteln des Betriebes zusammensetzten. In der Folge seien dem Finanzamt Aufstellungen zu fünf Sparbüchern übermittelt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die Prüferin in der gegenständlichen Niederschrift wörtlich wie folgt aus: "Inwieweit die "Entnahmen" des Jahres 2010 zu einer Nachversteuerung iSd § 11a führen und ob dies durch eine "Umwidmung" von Sparbüchern verhindert werden kann, hängt zunächst davon ab, ob die Sparbücher, die "umgewidmet" wurden, notwendiges Betriebsvermögen darstellten oder nicht. Unter Bilanzberichtigung versteht man ua die Aufnahme eines fehlenden (zwingend aufzunehmenden) Bilanzansatzes. Die Einbeziehung notwendigen Betriebsvermögens in die Bilanz stellt eine zwingend vorzunehmende Bilanzberichtigung dar. Die Bilanzberichtigung muss in jedem Stadium des Besteuerungsverfahrens durchgeführt werden (Siehe Rz 639 ff EStR). Sollten im vorliegenden Fall die Sparbücher notwendiges Betriebsvermögen gewesen sein, müssten sie jedenfalls in die Bilanz eingestellt werden.Sparbücher stellen Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens dar, wenn sie laufend der Abwicklung betrieblicher Geschäftsfälle dienen oder auch, wenn Betriebseinnahmen auf ein Sparbuch übertragen werden, soweit dieses außerbetrieblichen Zwecken dient. Erst wenn die Widmung nach außen hin klar dokumentiert ist, und zwar insbesondere durch die buchmäßige Behandlung oder allenfalls durch die tatsächliche private Verwendung der Geldmittel, liegt Privatvermögen vor.

Anhand der von der steuerlichen Vertretung der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen ist lediglich ersichtlich, dass auf das Sparbuch Nr. 1 (Anmerkung des erkennenden Gerichtes: gemeint ist das Sparbuch Nr ***1***) laufend Überträge vom Geschäftskontoerfolgt sind (iHv. 4.500,-- monatlich bis zum Jahr 2010). Es erfolgte im Jahr 2009 eine zusätzliche Einzahlung auf dieses Sparbuch iHv 114.265,94 €.Der Abgabepflichtige verweigert allerdings die Angabe darüber, woher dieses Geld stammt. Ein Betrag iHv rd. 118.700,00 € wird in der Folge im Jahr 2010 auf das Sparbuch 2 (Anmerkung des erkennenden Gerichtes: gemeint ist das Sparbuch Nr ***2***) umgebucht, welches im Zeitpunkt der Umbuchung nicht als Betriebsvermögen deklariert war und nachträglich für dieses Jahr mittels einer Bilanzberichtigung als BV erfasst werden sollte. Es war der Abgabenbehörde aufgrund mangelnder Mitwirkung des Abgabepflichtigen für den Großteil der Geldmittel, die ab dem Jahr 2010mittels einer Bilanzberichtigung betrieblich erfasst werden sollten, nicht erkenn- und auch nicht ermittelbar, ob es sich tatsächlich um notwendiges Betriebsvermögen des Abgabepflichtigen handelt. Buchmäßig wurden sämtliche dieser Sparbücher mit Ausnahme des Sparbuches Nr. 1 bis zum Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung nicht als Betriebsvermögen erfasst. Es wäre daher am Abgabepflichtigen gelegen, diese klar nach außen hin erkennbare und dokumentierte Widmung als Privatvermögen durch entsprechende Sachverhaltsangaben und Unterlagen, anhand derer die Abgabenbehörde die bloß irrtümliche Nichterfassung in der Bilanz hätte erkennen können, zu entkräften.Somit stellen lediglich jene Geldbeträge auf dem Sparbuch Nr. 1, die mittels Dauerauftrag vom Geschäftskonto des Abgabepflichtigen stammen, nach den vorliegenden Unterlagen Betriebsvermögen dar. Die Umbuchung im Jahr 2010 auf ein anderes Sparbuch, das buchmäßig bis zum Beginn der Prüfung als Privatvermögen behandelt worden war, stellt jedoch eine eigenkapitalmindernde Entnahme dar. Da auch die übrigen Sparbücher ebenfalls bis zum Beginn der Prüfung buchmäßig nicht als Betriebsvermögen erfasst waren und eine Verwendung für die Abwicklung betrieblicher Geschäftsfälle nicht erkennbar ist, stellen sie kein notwendiges Betriebsvermögen dar.Sie können daher nicht im Wege einer Bilanzberichtigung als Betriebsvermögen erfasst werden.

Wurde in einem Wirtschaftsjahr eine begünstigte Besteuerung vorgenommen und sinkt in einem folgenden WJ das Eigenkapital (Eigenkapitalabfall), ist insoweit nach Maßgabe der Bestimmung des § 11a Abs 3 eine Nachversteuerung vorzunehmen (s auch ). Die Nachversteuerung ist mit jenem Betrag beschränkt, der in den vorangegangenen sieben WJ nach § 11a Abs 1 begünstigt besteuert wurde. Für begünstigte Eigenkapitalzuwächse gilt gleichsam eine "Behaltefrist" von sieben Jahren.Der nachzuversteuernde Betrag (Eigenkapitalabfall) ist nach dem Schema für die Ermittlung des Eigenkapitalanstiegs zu berechnen.

Aufgrund des Eigenkapitalabfalls im Jahr 2010 kommt es in diesem Veranlagungsjahr zur Nachversteuerung der bisher begünstigt besteuerten Beträge in Höhe von Euro 198.552,89.

Aufgrund der Feststellungen der BP kommt es für das Jahr 2010 zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 303 Abs 1 BAO."

Gestützt auf diese Prüfungsfeststellung nahm das Finanzamt mit Bescheid vom das Verfahren betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 wieder auf.

Mit Bescheid vom selben Tag setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2010 neu fest. Dabei wurde ein Nachversteuerungsbetrag gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 in Höhe von 41.016,86 Euro berücksichtigt.

Mit Schreiben vom erhob der steuerliche Vertreter des Bf gegen die vorgenannten Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde. Hinsichtlich der vom Finanzamt verfügten Wiederaufnahme des Verfahrens verwies er darauf, dass es zu einer solchen nur kommen könne, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen seien. Die Einkommensteuererklärung 2010 des Bf sei am über FinanzOnline eingereicht worden. Unter der Kennzahl 9300 seien Privatentnahmen in Höhe von 291.032,64 Euro angeführt. Da der Bilanzgewinn nur 94.009,88 Euro ausgemacht habe, wäre ein Eigenkapitalabfall leicht ersichtlich gewesen und hätte es zu einer vorläufigen Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Beträge gemäß § 11a EStG 1988 kommen müssen. Es fehle also der Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen. Sollte der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid nicht stattgegeben werden, werde um Würdigung folgender Sachverhalte ersucht: In den Jahren 2009 und 2010 sei es zu Neueröffnungen von Sparbüchern gekommen. Infolge des Eingehens von Bindungen seien bessere Zinsen erzielt worden und man habe neue Sparbücher eröffnen müssen. Diese seien im ursprünglichen Jahresabschluss versehentlich nicht angeführt worden. Im Zuge einer Bilanzberichtigung habe man dies nachgeholt. Das Finanzamt habe dies in der Nachschau nicht gewürdigt.

Der steuerliche Vertreter des Bf verwies im Beschwerdeschreiben überdies auf von ihm erstattete schriftliche Stellungnahmen vom und , deren Gegenstand im Wesentlichen die Darstellung von Auszügen verschiedener Sparbücher des Bf ist, und hielt dazu abschließend fest, dass es bei Würdigung dieser Stellungnahmen zu keinem Eigenkapitalabfall und folglich zu keiner Änderung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides 2010 vom komme.

In der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts, mit der sowohl über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid als auch über jene gegen den Sachbescheid abgesprochen wurde, lautet der Spruch wie folgt: "Ihrer Beschwerde vom wird teilweise stattgegeben, die angefochtenen Bescheide werden laut Beilage abgeändert." In Zusammenschau mit der Begründung ergibt sich, dass die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid abgewiesen wurde und hinsichtlich der Beschwerde gegen den Sachbescheid eine teilweise Stattgabe dahingehend erfolgte, dass der Nachversteuerungsbetrag gemäß § 11a EStG 1988 von bisher 41.016,86 Euro auf nunmehr 10.378,76 Euro herabgesetzt wurde.

Hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens führte das Finanzamt begründend aus, die Steuererklärungen 2010 seien über FinanzOnline eingereicht worden. Weiterführende Unterlagen seien im Zuge der Veranlagung nicht abgegeben worden. Es sei hinlänglich bekannt, dass ein Teil der Abgabenerklärungen ungeprüft veranlagt werden müsse (sogenannte "Soforteingabefälle"), da eine vollständige Überprüfung aller abgegebenen Anbringen durch die Abgabenbehörde nicht möglich sei. Auch im gegenständlichen Fall sei die Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 auf diese Weise erfolgt. Im Rahmen der für die Jahre 2009 bis 2013 durchgeführten abgabenbehördlichen Nachschau sei festgestellt worden, dass das Eigenkapital des Jahres 2010 unter den Höchststand des Kapitals des Jahres 2009 gefallen sei. Den Beschwerdeausführungen sei insofern zuzustimmen, als ersichtlich gewesen sei, dass die Entnahmen des Jahres 2010 den Gewinn des Jahres 2010 überstiegen hätten. Ein Kapitalabfall führe jedoch nicht zwangsläufig zu einer Nachversteuerung gemäß § 11a EStG 1988. Erst aufgrund der detaillierten Prüfung im Zuge der Nachschau sei die Tatsache, dass es sich um einen schädlichen Kapitalabfall handle, sichtbar geworden. Diese Tatsache, die sich nur auf § 11a EStG 1988 beziehe, sei im Prüfungsverfahren neu hervorgekommen.

Zur Änderung des angefochtenen Sachbescheides (Herabsetzung des Nachversteuerungsbetrages von bisher 41.016,86 Euro auf nunmehr 10.378,76 Euro) führte das Finanzamt zusammengefasst aus, dass nur die das Sparbuch "Nr 2" betreffenden Buchungsvorgänge nicht anerkannt würden. Der Eigenkapitalabfall betrage daher im Jahr 2010 50.677,85 Euro. Dieser Betrag sei gemäß § 11a EStG 1988 nachzuversteuern.

Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter des Bf den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Den die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffenden Ausführungen des Finanzamts in der Beschwerdevorentscheidung hielt er im Wesentlichen entgegen, der Eigenkapitalabfall sei bereits aus der über FinanzOnline eingereichten Einkommensteuererklärung 2010 ersichtlich gewesen. Es könne nicht dem Abgabepflichtigen in die Schuhe geschoben werden, ob es sich um einen "Soforteingabefall" oder um einen "Prüffall" handle. Wenn seitens des Finanzamts ausgeführt werde, dass der Eigenkapitalabfall erst infolge der Nachschau bemerkt worden sei, so sei dies falsch.

Zu der mit der Beschwerdevorentscheidung erfolgten Änderung des Sachbescheides führte er im Wesentlichen aus, das Sparbuch "Nr 2", das in der berichtigten Bilanz zum ausgewiesen sei, würde vom Finanzamt zu Unrecht nicht als betriebliches Sparbuch anerkannt werden. Das Sparbuch "Nr 2" sei am durch Umbuchung eines Betrages von 118.669,77 Euro vom Sparbuch "Nr 1", das schon in der ursprünglichen Bilanz als betriebliches Sparbuch ausgewiesen gewesen sei, dotiert worden. Die Nichtanerkennung des Sparbuches "Nr 2" als betriebliches Sparbuch sei nicht akzeptabel, zumal die Umbuchung lediglich wegen höherer Zinsen erfolgt sei. Der Eigenkapitalabfall in Höhe von 50.677,85 Euro sei trotz stundenlanger Berechnungen nicht nachvollziehbar. In der Beschwerdevorentscheidung finde sich dazu keine Erläuterung. Auch die Steuerberechnung mit dem seinerzeitigen Hälftesteuersatz könne nicht überprüft werden. Bei Anerkennung des Sparbuches "Nr 2" als betriebliches Sparbuch komme es zu keinem Eigenkapitalabfall im Jahr 2010.

In der Folge legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht per E-Mail die Berechnungsgrundlagen sowohl zu dem in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Eigenkapitalabfall von 50.677,85 Euro als auch zu den im angefochtenen Sachbescheid und in der Beschwerdevorentscheidung ausgewiesenen Nachversteuerungsbeträgen gemäß § 11a EStG 1988 von 41.016,86 Euro bzw 10.378,76 Euro zukommen.

In dem am abgehaltenen Erörterungstermin brachten der steuerliche Vertreter des Bf und die seinerzeitige Bilanzbuchhalterin des Bf ua vor, der Bf habe über mehrere Sparbücher verfügt. Dass einige davon nicht in den betrieblichen Büchern erfasst gewesen seien, sei ein Fehler gewesen. Es sei auch ein Versehen gewesen, dass der Betrag von 118.669,77 Euro auf "Privat" gebucht worden sei.

Am teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht per E-Mail mit, dass das Buchhaltungskonto "Privat" bislang nicht vorgelegt worden sei. Zudem ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht die im Zuge der abgabenbehördlichen Nachschau vorgelegten "berichtigten" Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen 2010, 2011 und 2012 zukommen.

Über wiederholtes Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes brachte der steuerliche Vertreter des Bf am per E-Mail die das Jahr 2010 betreffenden Kontenblätter 9400 "Privat", 9415 "Eigenverbrauch u. priv. Anteile", 9422 "Sonderausgabe Versicherungen" und 9430 "Private Steuern" bei. Weiters ließ er dem Bundesfinanzgericht eine rechnerische Darstellung des in der Kennzahl 9300 ("Privatentnahmen abzüglich Privateinlagen") der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung 2010 ausgewiesenen Betrages von 291.032,64 Euro zukommen. Diese stellt sich wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Laufende Privatentnahmen
29.049,27 Euro
Behebung Sparbuch
118.669,77 Euro
Entnahme Sparbuch Nr ***4***
117.566,88 Euro
Eigenverbrauch, Privatanteile
172,39 Euro
Private Steuern
25.574,33 Euro
Gesamt
291.032,64 Euro

Zudem legte der steuerliche Vertreter des Bf dar, weshalb die Positionen "Behebung Sparbuch, 118.669,77 Euro" und "Entnahme Sparbuch Nr ***4***, 117.566,88 Euro" aus seiner Sicht - entgegen der ursprünglichen buchmäßigen Behandlung als Entnahmen - doch nicht als Entnahmen zu qualifizieren seien.

Am wurde ein weiterer Erörterungstermin abgehalten, dessen Gegenstand die Entnahmebuchungen waren.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter des Bf ua vor, dass es auf die tatsächliche Verwendung der Geldmittel und nicht auf die buchmäßige Behandlung ankomme. Zudem wies er zum wiederholten Mal darauf hin, dass Buchungsfehler unterlaufen seien. Der Finanzamtsvertreter hielt mehrfach fest, dass die buchmäßige Behandlung maßgeblich sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt:

Der Bf, der als Einzelunternehmer eine Trafik betreibt und für diese den steuerlichen Gewinn gemäß § 5 EStG 1988 ermittelt, nahm in den Veranlagungsjahren 2004 sowie 2006 bis 2009 für nicht entnommene Gewinne von insgesamt 198.552,89 Euro (2004: 19.315,19 Euro, 2006: 38.187,31 Euro, 2007: 54.614,11 Euro, 2008: 48.091,20 Euro, 2009: 38.345,08 Euro) die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch.

Der laufende, zum normalen Tarif zu versteuernde steuerliche Gewinn des Streitjahres belief sich auf 88.637,01 Euro.

In der (ursprünglichen) Bilanz des Bf zum scheinen auf der Aktivseite unter Punkt III. (Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten) folgende Positionen auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kassa
1.400,00 Euro
Sparbuch Nr ***1***
193.315,00 Euro
Sparbuch Nr ***3***
117.566,88 Euro
***Bank*** Girokonto Nr ***xx***
20.909,09 Euro

In der (ursprünglichen) Bilanz des Bf zum scheinen auf der Aktivseite unter Punkt III. (Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten) folgende Positionen auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kassa
1.400,00 Euro
Sparbuch Nr ***1***
126.149,69 Euro
***Bank*** Girokonto Nr ***xx***
26.830,78 Euro

Zu dem in der Buchhaltung 2010 und in der Einkommensteuererklärung 2010 vom als entnommen behandelten Betrag von 118.669,77 Euro:

Am wurde ein Betrag von 118.669,77 Euro vom betrieblichen Sparbuch Nr ***1*** abgebucht und auf dem Sparbuch Nr ***2***, das weder zu diesem Zeitpunkt noch in den Jahren danach in die betrieblichen Bücher des Bf aufgenommen wurde (dazu gleich unten), gutgeschrieben. Am wurde dieser Vorgang in den betrieblichen Büchern des Bf als Privatentnahme verbucht (Buchungssatz: 118.669,77 Euro [9…] Privat an [2…] Sparbuch, Buchungstext: "Behebung Sparbuch"). Auch in der am über FinanzOnline eingebrachten Einkommensteuererklärung 2010 wurde der Betrag von 118.669,77 Euro als entnommener Betrag behandelt (Beilage E1a, Kennzahl 9300).

Das Sparbuch Nr ***2***, das am mit einer Bareinzahlung von 500,00 Euro eröffnet wurde und auf dem bis zum - mit Ausnahme von Zinsengutschriften und damit zusammenhängenden KESt-Belastungen - keinerlei Bewegungen stattfanden, wurde vom Bf nicht in die betrieblichen Bücher aufgenommen. Erst im Zuge der beim Bf durchgeführten abgabenbehördlichen Nachschau wurden, nachdem die Prüferin die Bilanzbuchhalterin des Bf Ende 2014 mit der Nachversteuerung gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 konfrontiert hatte, "berichtigte" Jahresabschlüsse für die Jahre 2010 bis 2013 (samt "berichtigten" Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen) vorgelegt, in denen das Sparbuch Nr ***2*** erstmals auf der Aktivseite der Bilanz erfasst wurde und die Entnahmebuchung hinsichtlich des oben angeführten Betrages von 118.669,77 Euro rückgängig gemacht wurde.

In den Jahren 2011 bis 2013 erfolgten auf dem Sparbuch Nr ***2*** lediglich eine Bareinzahlung (: 1.000,00 Euro) sowie vier Barauszahlungen (: 39.213,89 Euro und 30.000,00 Euro, : 50.000,00 Euro, : 1.880,74 Euro). Diese Beträge wurden zum Teil auf anderen Sparbüchern des Bf (Nr ***5***, Nr ***4***, Nr ***6***), die sich damals nicht in den betrieblichen Büchern des Bf befanden (eine bilanzielle Erfassung dieser Sparbücher erfolgte erst in den während der gegenständlichen abgabenbehördlichen Nachschau vorgelegten "berichtigten" Jahresabschlüssen), gutgeschrieben, zum Teil für private Zwecke verwendet.

Zu dem in der Buchhaltung 2010 und in der Einkommensteuererklärung 2010 vom als entnommen behandelten Betrag von 117.566,88 Euro:

Der Bf verfügte über ein weiteres betriebliches Sparbuch mit der Nr ***3***, welches in der Bilanz des Bf zum mit einem Guthaben von 115.600,90 Euro ausgewiesen war. Dieses Sparbuch wurde am aufgelöst. Anlässlich der Auflösung wurde das Guthaben in Höhe von 116.342,39 Euro auf das am neu eröffnete Sparbuch Nr ***4*** übertragen. Am wies das Sparbuch Nr ***4*** - nach der Gutschrift von Zinsen und der Belastung mit KESt und Abschlussgebühren - ein Guthaben von 117.566,88 Euro auf. Dieses Guthaben war in der Bilanz des Bf zum aufgrund eines irrtümlicherweise unterlaufenen Fehlers unter einer falschen Kontenbezeichnung, nämlich jener des am aufgelösten Sparbuches Nr ***3*** ausgewiesen. Im Jahr 2010 erfolgten auf dem Sparbuch Nr ***4*** weder Einzahlungen noch Auszahlungen, sodass der Guthabenstand zum - vor der Gutschrift von Zinsen und der Belastung mit KESt und Abschlussgebühren - nach wie vor 117.566,88 Euro betrug. Am wurde das - bis dahin in den betrieblichen Büchern irrtümlicherweise unter der Nr ***3*** erfasste - Sparbuch Nr ***4*** mit dem Guthaben von 117.566,88 Euro als für private Zwecke entnommen verbucht (Buchungssatz: 117.566,88 Euro [9…] Privat an [2…] Sparbuch, Buchungstext: "Privat"). Die Zinsengutschrift zum wurde in der Folge nicht mehr als betrieblicher Ertrag erfasst. Auch in der am über FinanzOnline eingebrachten Einkommensteuererklärung 2010 wurde der Betrag von 117.566,88 Euro als entnommener Betrag behandelt (Beilage E1a, Kennzahl 9300).

Das Sparbuch Nr ***4*** war in den Jahren danach zu keinem Zeitpunkt in den betrieblichen Büchern des Bf ausgewiesen. Erst im Zuge der beim Bf durchgeführten abgabenbehördlichen Nachschau wurden, nachdem die Prüferin die Bilanzbuchhalterin des Bf Ende 2014 mit der Nachversteuerung gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 konfrontiert hatte, "berichtigte" Jahresabschlüsse für die Jahre 2010 bis 2013 (samt "berichtigten" Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen) vorgelegt, in denen das Sparbuch Nr ***4*** auf der Aktivseite der Bilanz erfasst wurde und die Entnahmebuchung hinsichtlich des oben angeführten Betrages von 117.566,88 Euro rückgängig gemacht wurde.

In den Jahren 2011 bis 2013 erfolgten auf dem Sparbuch Nr ***4*** - abgesehen von einer am erfolgten Gutschrift in Höhe von 68.000,00 Euro sowie laufenden Zinsengutschriften, KESt-Belastungen und Belastungen mit Abschlussgebühren - keine Veränderungen.

Die beiden Entnahmebuchungen (118.669,77 Euro und 117.566,88 Euro) erfolgten in der Absicht, die diesbezüglichen Geldmittel dem betrieblichen Bereich zu entziehen.

Zu den übrigen als Privatentnahme behandelten Beträgen:

Darüber hinaus tätigte der Bf im Jahr 2010 Privatentnahmen in Höhe von 54.795,99 Euro (monatlicher Unternehmerlohn, Privatanteile, entrichtete Einkommensteuer etc).

Zum Neuhervorkommen von Tatsachen:

Am wurde die Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) des Bf über FinanzOnline eingereicht. Darin ist als steuerlicher Gewinn (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) ein Betrag von 88.637,01 Euro ausgewiesen. In der Kennzahl 9300 ("Privatentnahmen abzüglich Privateinlagen") der Beilage E1a ist ein Betrag von 291.032,64 Euro ausgewiesen. Ein Hinweis darauf, ob und in welchem Ausmaß der Bf in den Jahren davor die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen hat, findet sich in der Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) nicht. Insbesondere ist die Kennzahl 794 ("Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne gemäß § 11a Abs. 3 und 4") nicht befüllt. Weitere Unterlagen wurden anlässlich der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2010 nicht an das Finanzamt übermittelt. Nur vier Tage nach der am erfolgten Einreichung der Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) wurde der Erstbescheid erklärungskonform erlassen (Einkommensteuerbescheid 2010 vom ). Zu diesem Zeitpunkt war dem Finanzamt - abstellend auf den sich aufgrund der Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) ergebenden Wissensstand - nicht bekannt, ob und in welchem Ausmaß der Bf in den Jahren davor die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen hat. Dies wurde vom Finanzamt erst in der Ende 2014/Anfang 2015 durchgeführten, hier gegenständlichen abgabenbehördlichen Nachschau aufgegriffen. Im angefochtenen Wiederaufnahmebescheid verweist das Finanzamt zur Begründung auf die Niederschrift über die abgabenbehördliche Nachschau vom . In der verwiesenen Niederschrift wird ua ausgeführt, der Bf habe in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 für nicht entnommene Gewinne von insgesamt 198.552,89 Euro die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen. Im Zuge der Durchführung der Betriebsprüfung für das Jahr 2012 sei es zu einer Vorbescheidkontrolle betreffend die Einkommensteuer 2013 gekommen, da die EDV ein Absinken des Kapitals festgestellt habe. Daher sei eine Nachschau für den Zeitraum Jänner 2009 bis Dezember 2013 durchgeführt worden. Bei dieser Überprüfung habe sich herausgestellt, dass die Entnahmen des Jahres 2010 zu hoch gewesen seien und folglich eine Nachversteuerung der bisher begünstigt besteuerten Beträge zu erfolgen habe. Die im Jahr 2010 erfolgten Entnahmen seien höher gewesen als der Gewinn dieses Jahres. Sie seien höher gewesen als der gesamte in den Vorjahren gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt besteuerte Betrag.

Beweiswürdigung:

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl etwa ; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 167 Tz 8, mwN).

Die Feststellungen betreffend den in der Buchhaltung 2010 und in der Einkommensteuererklärung 2010 vom als entnommen behandelten Betrag von 118.669,77 Euro gründen sich auf die aktenkundigen Auszüge der Sparbücher Nr ***1*** und Nr ***2***, auf das ebenfalls aktenkundige Buchhaltungs-Kontoblatt 9400 "Privat" sowie auf die niederschriftlich festgehaltenen Ergebnisse des am abgehaltenen Erörterungstermines.

Die Feststellungen zu den auf dem Sparbuch Nr ***2*** erfolgten Bewegungen stützen sich auf den aktenkundigen Auszug dieses Sparbuches, auf die Stellungnahme des steuerlichen Vertreters des Bf vom , der eine weitere Aufstellung zu diesem Sparbuch angeschlossen ist, sowie auf das niederschriftlich festgehaltene Ergebnis des am abgehaltenen Erörterungstermines.

Die Feststellungen zu dem in der Buchhaltung 2010 und in der Einkommensteuererklärung 2010 vom als entnommen behandelten Betrag von 117.566,88 Euro beruhen auf den Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bf im Schreiben vom und im E-Mail vom , auf dem aktenkundigen Auszug des Sparbuches Nr ***4*** sowie auf dem ebenfalls aktenkundigen Buchhaltungs-Kontoblatt 9400 "Privat".

Die Feststellungen zu den auf dem Sparbuch Nr ***4*** erfolgten Bewegungen stützen sich auf den aktenkundigen Auszug dieses Sparbuches.

Die Feststellung, dass die beiden Entnahmebuchungen (118.669,77 Euro und 117.566,88 Euro) am vorgenommen wurden, gründet sich auf die diesbezüglichen Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bf im E-Mail vom . Darin führte er im Hinblick auf die beiden Entnahmebuchungen wörtlich wie folgt aus: "gebucht am ". Anderslautendes wurde im gesamten Verfahren nicht vorgebracht.

Die Feststellung, dass die beiden Entnahmebuchungen (118.669,77 Euro und 117.566,88 Euro) in der Absicht, die diesbezüglichen Geldmittel dem betrieblichen Bereich zu entziehen, erfolgten, beruht auf Folgendem: Wenn der steuerliche Vertreter des Bf sowie die seinerzeitige Bilanzbuchhalterin des Bf im Hinblick auf die beiden Entnahmebuchungen von Fehlern in dem Sinne sprechen, dass die in Rede stehenden Beträge "aus Versehen" auf "Privat" gebucht worden seien, so handelt es sich dabei nach Ansicht des erkennenden Gerichtes um eine unsubstantiierte Schutzbehauptung. Es erscheint völlig unglaubwürdig und lebensfremd, dass Geldbeträge, die jeweils deutlich über 100.000,00 Euro liegen (118.669,77 Euro und 117.566,88 Euro), in der Buchhaltung eines eine Trafik betreibenden Einzelunternehmers aus Versehen als für private Zwecke entnommen behandelt werden. Der steuerliche Vertreter des Bf bleibt auch jede schlüssige Erklärung dafür schuldig, weshalb die aus seiner Sicht erfolgten Buchungsfehler nicht spätestens im Zuge der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr behoben wurden. Vielmehr wurden die in Rede stehenden Beträge auch dort als für private Zwecke entnommen behandelt (Beilage E1a, Kennzahl 9300), was ein weiterer Beleg dafür ist, dass die Entnahmebuchungen, die zu einer massiven Reduktion des Eigenkapitals bzw der Bilanzsumme geführt haben, nicht bloß aus Versehen erfolgten. Vor diesem Hintergrund erweist sich das im Erörterungstermin vom erstattete Vorbringen des steuerlichen Vertreters des Bf, es sei "völlig unüblich, dass ein Betrag entnommen wird, der nicht einer runden Zahl entspricht", als nicht stichhaltig. Der einzige - für das erkennende Gericht nachvollziehbar - versehentlich unterlaufene "Fehler" war jener, dass das Sparbuch Nr ***4*** mit einem Guthabenstand zum von 117.566,88 Euro in der Bilanz des Bf zum unter einer falschen Bezeichnung, nämlich der Nr ***3***, ausgewiesen war. Diesbezüglich führte der steuerliche Vertreter des Bf in seinem Schreiben vom wie folgt aus: "Das Sparbuch ***4*** ist als betriebliches Sparbuch im Jahresabschluss per mit € 117.566,88 erfasst. Leider wurde im Jahresabschluss per dieses Sparbuch mit der Nr ***3*** erfasst." Im darauffolgenden Jahr 2010 wurde nicht etwa der Fehler in der Kontenbezeichnung behoben, sondern das Sparbuchguthaben als für private Zwecke entnommen verbucht (Buchungstext "Privat"). Die Behauptung des steuerlichen Vertreters des Bf, man habe erst im Zuge der Betriebsprüfung festgestellt, "dass das neue Sparbuch mit einer falschen Nummer in der Bilanz zum enthalten war", ist vor dem Hintergrund des bisher Gesagten, insbesondere des Umstandes, dass der in Rede stehende Betrag deutlich mehr als 100.000,00 Euro ausmachte und damit in den betrieblichen Büchern des Bf keine bloß untergeordnete Größe darstellte, nicht glaubwürdig. Hinzu kommt, dass das Sparbuch Nr ***2***, auf welchem der Betrag von 118.669,77 Euro am gutgeschrieben wurde, sowie das Sparbuch Nr ***4*** auch in den auf das Streitjahr folgenden Jahren unbestritten nicht in den betrieblichen Büchern ausgewiesen waren. Erst im Zuge der beim Bf durchgeführten abgabenbehördlichen Nachschau wurden, nachdem die Prüferin die Bilanzbuchhalterin des Bf Ende 2014 mit der Nachversteuerung gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 konfrontiert hatte, "berichtigte" Jahresabschlüsse für die Jahre 2010 bis 2013 (samt "berichtigten" Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen) vorgelegt, in denen die Sparbücher Nr ***2*** und Nr ***4*** auf der Aktivseite der Bilanz erfasst und die in Rede stehenden Entnahmebuchungen rückgängig gemacht wurden. Eine schlüssige Erklärung dafür, weshalb ein solcher Schritt nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt ergriffen wurde, bleibt der steuerliche Vertreter des Bf gänzlich schuldig. Für das erkennende Gericht steht vor diesem Hintergrund unzweifelhaft fest, dass die in der Buchhaltung 2010 des Bf vorgenommenen Entnahmebuchungen in der klaren Absicht erfolgten, die in Rede stehenden Geldmittel dem betrieblichen Bereich zu entziehen. Dieser Schritt ist auch insofern nachvollziehbar, als das in der Bilanz des Bf zum ausgewiesene Kassa- und Bankguthaben (Kassa, Sparbücher, Girokonto) in Höhe von 333.190,97 Euro, dem Bankverbindlichkeiten von 0,00 Euro und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Verbindlichkeiten von lediglich 22.445,97 Euro gegenüberstanden, weit über das zur Abwicklung der betrieblichen Tätigkeit erforderliche Ausmaß hinausging. Auch der steuerliche Vertreter des Bf weist darauf hin, dass der Bf stets "schöne Gewinne" erzielt habe und daher kein Bedarf bestanden habe, die Geldmittel zu verwenden.

Dass der Bf darüber hinaus im Streitjahr Privatentnahmen in Höhe von 54.795,99 Euro tätigte, ergibt sich aus der rechnerischen Darstellung der Kennzahl 9300 der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung 2010, welche der steuerliche Vertreter des Bf dem erkennenden Gericht mit E-Mail vom zukommen ließ. Zudem steht dies, wie dem niederschriftlich festgehaltenen Ergebnis des am abgehaltenen Erörterungstermines zu entnehmen ist, außer Streit.

Die Feststellung, dass sich in der Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) des Bf kein Hinweis darauf findet, ob und in welchem Ausmaß der Bf in den Jahren davor die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen hat, stützt sich auf den vom steuerlichen Vertreter des Bf als Beilage zur Beschwerde beigebrachten Ausdruck der Einkommensteuererklärung 2010. Eine Einsichtnahme in den elektronischen Finanzamtsakt hat nichts Gegenteiliges hervorgebracht. Dass anlässlich der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2010 keine weiteren Unterlagen an das Finanzamt übermittelt wurden, ergibt sich aus den diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamts in der Beschwerdevorentscheidung, denen seitens der beschwerdeführenden Partei nicht entgegengetreten wurde.

Alle übrigen Feststellungen entstammen den im Akt einliegenden Unterlagen und sind unstrittig.

Vor diesem Hintergrund durfte das erkennende Gericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung:

3.1.Zu Spruchpunkt I. (Abweisung):

Gemäß § 303 Abs 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen ua dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Das Bundesfinanzgericht hat gemäß § 279 Abs 1 BAO außer in hier nicht interessierenden Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst zu entscheiden. Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl etwa ; ). Aufgabe des Bundesfinanzgerichts bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre (vgl ). Das Bundesfinanzgericht hat, sofern die Bescheidausführungen des wiederaufnehmenden Finanzamtes mangelhaft sind, ausgehend von einem vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrund, diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen. Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl , mwN).

Gegenständlich wird seitens des Finanzamtes im angefochtenen Wiederaufnahmebescheid zur Begründung auf die Niederschrift über die Nachschau vom verwiesen. In der verwiesenen Niederschrift wird ua ausgeführt, der Bf habe in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 für nicht entnommene Gewinne von insgesamt 198.552,89 Euro die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen. Im Zuge der Durchführung der Betriebsprüfung für das Jahr 2012 sei es zu einer Vorbescheidkontrolle betreffend die Einkommensteuer 2013 gekommen, da die EDV ein Absinken des Kapitals festgestellt habe. Daher sei eine Nachschau für den Zeitraum Jänner 2009 bis Dezember 2013 durchgeführt worden. Bei dieser Überprüfung habe sich herausgestellt, dass die Entnahmen des Jahres 2010 zu hoch gewesen seien und folglich eine Nachversteuerung der bisher begünstigt besteuerten Beträge zu erfolgen habe. Die im Jahr 2010 erfolgten Entnahmen seien höher gewesen als der Gewinn dieses Jahres. Sie seien höher gewesen als der gesamte in den Vorjahren gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt besteuerte Betrag.

Der steuerliche Vertreter des Bf bringt dazu vor, in der am über FinanzOnline eingebrachten Einkommensteuererklärung 2010 des Bf sei unter der Kennzahl 9300 ("Privatentnahmen abzüglich Privateinlagen") ein Betrag von 291.032,64 Euro angeführt. Da der Bilanzgewinn nur 94.009,88 Euro ausgemacht habe, wäre ein Eigenkapitalabfall "leicht ersichtlich" gewesen und hätte es zu einer vorläufigen Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Beträge gemäß § 11a EStG 1988 kommen müssen. Es fehle also der Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen.

Hiezu ist zu bemerken, dass das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen ist, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl , mwN; , mwN), im vorliegenden Fall somit - ausschließlich - auf den Wissensstand des Veranlagungsjahres 2010. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren (vgl etwa , mwN; , mwN).

Der Nachversteuerungstatbestand des § 11a Abs 3 EStG 1988 knüpft an zwei Voraussetzungen an: Zum einen wird auf einen entnahmebedingten Eigenkapitalabfall im jeweiligen Wirtschaftsjahr abgestellt. Zum anderen kommt es darauf an, ob und in welcher Höhe in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren eine begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne stattgefunden hat (siehe dazu unter Punkt 3.2.).

Der am über FinanzOnline eingebrachten Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) des Bf ist nicht zu entnehmen, ob und in welcher Höhe in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren eine begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne stattgefunden hat. Insbesondere ist die Kennzahl 794 ("Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne gemäß § 11a Abs. 3 und 4") nicht befüllt. Weitere Unterlagen wurden anlässlich der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2010 nicht an das Finanzamt übermittelt. Nur vier Tage nach der am erfolgten Einreichung der Einkommensteuererklärung 2010 wurde der Erstbescheid erklärungskonform erlassen (Einkommensteuerbescheid 2010 vom ).

Abstellend auf den sich aufgrund der Einkommensteuererklärung 2010 (samt der Beilage E1a) ergebenden Wissensstand waren dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides (Einkommensteuerbescheid 2010 vom ) nicht alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente im Hinblick auf eine etwaige Nachversteuerung gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 bekannt, und stellt der in der Niederschrift über die Nachschau vom aufgegriffene Umstand, dass der Bf in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 für nicht entnommene Gewinne von insgesamt 198.552,89 Euro die Hälftesteuersatz-Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 in Anspruch genommen hat, eine neu hervorgekommene Tatsache betreffend das hier gegenständliche Einkommensteuerverfahren 2010 dar.

Nicht schon das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes, sondern erst der Zusammenhang mit einem anderslautenden Bescheid rechtfertigt die Wiederaufnahme. Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist daher die materiell-rechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid zu berücksichtigen (vgl ).

Dass der vom Finanzamt aufgegriffene, neu hervorgekommene Tatsachenkomplex einen im Spruch anderslautenden Sachbescheid zur Folge hat, ist den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen.

3.2.Zu Spruchpunkt II. (Abweisung):

§ 11a EStG 1988 lautet in der hier maßgeblichen Fassung vor dem 2. AbgÄG 2014, BGBl I 105/2014 auszugsweise:

"Begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne

§ 11a. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100 000 EUR, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

(2) (...)

(3) Sinkt in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital, ist insoweit eine Nachversteuerung vorzunehmen. Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 begünstigt besteuert worden ist. Die Nachversteuerung ist zunächst für den begünstigten Betrag des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Die Nachversteuerung hat mit dem Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 des Jahres der Inanspruchnahme der Begünstigung zu erfolgen. Der Nachversteuerungsbetrag erhöht nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte."

Bei der Festlegung des "Anstiegs" des Eigenkapitals in § 11a Abs 1 EStG 1988 und aufgrund des Verweises in Abs 3 leg cit auf Abs 1 leg cit bei der Festlegung des "Sinkens" des Eigenkapitals stellt das Gesetz auf den Begriff der Entnahme im Sinne des § 4 Abs 1 EStG 1988 ab (vgl ).

§ 4 Abs 1 EStG 1988 definiert Entnahmen als "alle nicht betrieblich veranlassten Abgänge von Werten (zB von Bargeld, Waren, Erzeugnissen und anderen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, von Leistungen, von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder von Nutzungen solcher Wirtschaftsgüter)."

Die Entnahme von notwendigem Betriebsvermögen erfolgt durch die endgültige betriebsfremde Verwendung (vgl , unter Verweis auf Vorjudikatur und Kommentarliteratur).

Einen Sonderfall bilden Bargeld und Sparbücher: Handelt es sich um Bargeld, das aus Betriebseinnahmen stammt, so ist dieses solange dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen, als dieses Bargeld nicht aus dem betrieblichen Kreis entnommen wird. Anhaltspunkt hiefür kann aber, dem Wesen des Geldes entsprechend und eine ordnungsgemäße Geldkontenführung vorausgesetzt, grundsätzlich nur die buchmäßige Behandlung sein. Nichts anderes als für Bargeld gilt für ein Sparbuch (vgl etwa ; ; ebenso bereits , 272/76). Werden Gelder von einem betrieblichen Girokonto auf ein Sparbuch überwiesen, so verlässt es durch diesen Wechsel der Veranlagungsform nicht den betrieblichen Kreis. Erst wenn die Widmung zum privaten Bereich nach außen hin klar dokumentiert ist, und zwar insbesondere durch die buchmäßige Behandlung (Erfassung als Privatentnahme) oder allenfalls durch die private Verwendung der Geldmittel, liegt Privatvermögen vor (vgl ; siehe etwa auch Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG53 [2012] § 4 Abs 1 Rz 135, ABC des notwendigen Betriebsvermögens, Stichworte "Bargeld" und "Sparbuch"). Es steht dem Steuerpflichtigen frei, Bargeld, das er für die laufenden Geschäfte des Betriebes nicht benötigt, im Betriebsvermögen zu belassen oder aus diesem - durch Ausbuchen (Belastung des Privatkontos) - zu entnehmen (vgl 1345, 1755/76; siehe auch Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG53 [2012] § 4 Abs 1 Rz 193). Wenn der steuerliche Vertreter des Bf vorbringt, es komme ausschließlich auf die Verwendung der Geldmittel und nicht auf die buchmäßige Behandlung an, so ist ihm vor dem Hintergrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu folgen.

Im vorliegenden Fall wurde ein Betrag von 118.669,77 Euro am vom betrieblichen Sparbuch Nr ***1*** abgebucht und auf dem Sparbuch Nr ***2***, das weder zu diesem Zeitpunkt noch in den Jahren danach in die betrieblichen Bücher des Bf aufgenommen wurde, gutgeschrieben. Am wurde dieser Vorgang in den betrieblichen Büchern des Bf als Privatentnahme verbucht (Buchungssatz: 118.669,77 Euro [9…] Privat an [2…] Sparbuch, Buchungstext: "Behebung Sparbuch"). Mit der Verbuchung als Privatentnahme wurde die Widmung zum privaten Bereich nach außen hin klar dokumentiert und liegt insoweit eine Entnahme gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 vor. Daran ändert auch der vom steuerlichen Vertreter des Bf erhobene Einwand, der Betrag von 118.669,77 Euro sei nur deshalb vom betrieblichen Sparbuch Nr ***1*** abgebucht und auf dem Sparbuch Nr ***2*** gutgeschrieben worden, um bessere Zinskonditionen auszunützen, nichts. Denn ein Interesse an möglichst günstigen Veranlagungskonditionen besteht typischerweise nicht nur im betrieblichen, sondern auch im privaten Bereich. Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, worin die günstigeren Veranlagungskonditionen konkret bestanden haben sollen, zumal die in den aktenkundigen Auszügen der beiden in Rede stehenden Sparbücher vermerkten Bindungsfristen und Zinskonditionen ident sind (vgl die in den beiden Sparbuchauszügen vermerkten - jeweils gleichlautenden - Eintragungen zum , , , , , und ).

Hinsichtlich des Sparbuches Nr ***4***, dessen Guthabenstand zum - vor der Gutschrift von Zinsen und der Belastung mit KESt und Abschlussgebühren - 117.566,88 Euro betrug, stellt sich die Situation nicht anders dar. Am wurde dieses - bis dahin in den betrieblichen Büchern irrtümlicherweise unter der Nr ***3*** erfasste - Sparbuch mit dem Guthaben von 117.566,88 Euro als für private Zwecke entnommen verbucht (Buchungssatz: 117.566,88 Euro [9…] Privat an [2…] Sparbuch, Buchungstext: "Privat"). Mit der Verbuchung als Privatentnahme wurde die Widmung zum privaten Bereich nach außen hin klar dokumentiert und liegt insoweit eine Entnahme gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 vor. Die auf dem Sparbuch Nr ***4*** erfolgte Zinsengutschrift zum wurde in der Folge nicht mehr als betrieblicher Ertrag erfasst.

Wenn der steuerliche Vertreter des Bf ins Treffen führt, die in Rede stehenden Geldbeträge seien dem Betrieb des Bf auch in den Jahren danach stets zur Verfügung gestanden, so ändert dies vor dem Hintergrund der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung nichts daran, dass die Geldbeträge mit den Entnahmebuchungen den betrieblichen Bereich verlassen haben.

Darüber hinaus wurden im Streitjahr Entnahmen gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 in Höhe von 54.795,99 Euro getätigt (monatlicher Unternehmerlohn, Privatanteile, entrichtete Einkommensteuer etc).

Die dem Streitjahr zuzurechnenden Entnahmen gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 belaufen sich daher auf insgesamt 291.032,64 Euro (118.669,77 Euro + 117.566,88 Euro + 54.795,99 Euro).

Ausgangspunkt der Ermittlung des Eigenkapitalabfalls im Sinne des § 11a Abs 3 EStG 1988 ist nicht, wie der steuerliche Vertreter des Bf vermeint, der unternehmensrechtliche Gewinn des Streitjahres in Höhe von 94.009,88 Euro, sondern der laufende steuerpflichtige Gewinn des Streitjahres in Höhe von 88.637,01 Euro (vgl etwa Kanduth-Kristen in Jakom EStG3 § 11a Tz 13).

Dieser laufende, zum normalen Tarif zu versteuernde steuerliche Gewinn ist um den Betrag von 1.513,81 Euro, der in der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung 2010 vom als Abzugsposten unter dem Punkt "endbesteuerungsfähige Kapitalerträge" erfasst und als betriebsnotwendige Einlage anzusehen ist (vgl etwa Kanduth-Kristen in Jakom EStG3 § 11a Tz 13, 15), zu erhöhen.

Bringt man den Entnahmebetrag von 291.032,64 Euro in Abzug, beträgt der Eigenkapitalabfall 200.881,82 Euro. In diesem Betrag finden die gesamten in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 begünstigt besteuerten Gewinne in Höhe von insgesamt 198.552,89 Euro (2004: 19.315,19 Euro, 2006: 38.187,31 Euro, 2007: 54.614,11 Euro, 2008: 48.091,20 Euro, 2009: 38.345,08 Euro) Deckung.

Die Nachversteuerung der in den Jahren 2004 sowie 2006 bis 2009 begünstigt besteuerten Gewinne hat gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 mit dem Steuersatz gemäß § 37 Abs 1 EStG 1988 (halber Durchschnittsteuersatz) des Jahres (der Jahre) der Inanspruchnahme der Begünstigung zu erfolgen.

Der Nachversteuerungsbetrag errechnet sich demnach wie folgt:


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Jahr
Mit dem halben Durchschnittsteuersatz des jeweiligen Jahres besteuerter Gewinn
Halber Durchschnittsteuersatz des jeweiligen Jahres
Nachversteuerungsbetrag
2004
19.315,19 Euro
20,09%
3.880,42 Euro
2006
38.187,31 Euro
20,72%
7.912,41 Euro
2007
54.614,11 Euro
21,12%
11.534,50 Euro
2008
48.091,20 Euro
20,98%
10.089,54 Euro
2009
38.345,08 Euro
19,82%
7.599,99 Euro
Gesamt
198.552,89 Euro
41.016,86 Euro

Zu den im Zuge der abgabenbehördlichen Nachschau vorgelegten "berichtigten" Jahresabschlüssen (samt berichtigten Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen) ist Folgendes zu bemerken:

§ 4 Abs 2 EStG 1988 lautet:

"Die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Nach Einreichung der Vermögensübersicht beim Finanzamt gilt Folgendes:

1. Eine Änderung der Vermögensübersicht ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig (Bilanzänderung). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Änderung wirtschaftlich begründet ist.

2. Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). (…)"

Unter einer Bilanzänderung im Sinne des § 4 Abs 2 Z 1 EStG 1988 ist der Ersatz eines an sich zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen gleichfalls zulässigen Ansatz zu verstehen (vgl etwa ; ; siehe auch Zorn in Doralt et al, EStG21 § 4 Tz 171). Nach Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt sind Änderungen der Bilanz, die keine (zwingend vorzunehmende) Bilanzberichtigung im Sinne des § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 darstellen, gemäß § 4 Abs 2 Z 1 EStG 1988 nur dann zulässig, wenn sie wirtschaftlich begründet sind und das Finanzamt zustimmt (vgl Ebner/Marschner in Jakom EStG15 § 4 Tz 226). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine nach § 4 Abs 2 EStG 1988 erforderliche Zustimmung zur Bilanzänderung vor allem dann zu erteilen, wenn stichhaltige, im Unternehmen, das den Gegenstand der Bilanzierung bildet, gelegene wirtschaftliche Gründe für die Bilanzänderung sprechen (vgl etwa , mwN). Nicht wirtschaftlich begründet ist eine Bilanzänderung vor allem dann, wenn sie bloß der Erlangung zunächst nicht erkannter steuerlicher Vorteile oder dem Ausgleich steuerlicher Nachteile dient oder wenn damit Steuernachforderungen ausgeglichen werden sollen (vgl Ebner/Marschner in Jakom EStG15 § 4 Tz 229, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH; siehe auch Zorn in Doralt et al, EStG21 § 4 Tz 175). Gegenständlich wurde mit den im Zuge der abgabenbehördlichen Nachschau vorgelegten "berichtigten" Jahresabschlüssen (samt "berichtigten" Beilagen E1a zu den Einkommensteuererklärungen) einzig und allein das Ziel verfolgt, die Nachversteuerung gemäß § 11a Abs 3 EStG 1988 - und damit einen steuerlichen Nachteil - abzuwenden. Es mangelt daher an der wirtschaftlichen Begründung des Änderungsbegehrens. Eine Bilanzänderung kommt daher - schon aus diesem Grund - nicht in Betracht.

Eine Bilanzberichtigung setzt gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 voraus, dass die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften des EStG 1988 entspricht. Sie erfasst den Ersatz eines unzulässigen durch einen zulässigen Bilanzansatz, die Aufnahme eines fehlenden, aber zwingend erforderlichen Bilanzansatzes sowie das Ausscheiden eines unzulässigen Bilanzansatzes (vgl Ebner/Marschner in Jakom EStG15 § 4 Tz 219, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH; siehe auch Zorn in Doralt et al, EStG21 § 4 Tz 127, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH). Ein - für die Vornahme einer Bilanzberichtigung erforderlicher - Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder die zwingenden Vorschriften des EStG 1988 liegt gegenständlich nicht vor. Eine Rückgängigmachung der in Rede stehenden Entnahmebuchungen im Wege einer Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 kommt nicht in Betracht (in diesem Sinne auch 1345, 1755/76, zu einem ähnlich gelagerten Fall).

Der errechnete Nachversteuerungsbetrag entspricht dem im angefochtenen Sachbescheid ausgewiesenen Nachversteuerungsbetrag. Die Beschwerde war daher, wie im Spruch ersichtlich, abzuweisen. Das erkennende Gericht weicht damit zu Lasten des Bf von der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts betreffend Einkommensteuer 2010 ab. Hiezu ist zu bemerken, dass das Finanzamt seine in der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung zum Ausdruck kommende Sichtweise nicht aufrechterhalten hat, was ua dadurch deutlich wird, dass der Finanzamtsvertreter in der mündlichen Senatsverhandlung die Abweisung der Beschwerde - und nicht etwa die Abänderung des angefochtenen Sachbescheides im Sinne der Beschwerdevorentscheidung - beantragte.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit Rechtsfragen zu klären waren, folgt das erkennende Gericht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung liegen demnach nicht vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 11a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise











ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2101055.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at