Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.04.2022, RV/7103512/2016

Haftung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***9*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch Dkfm. Karl Rausch, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Liechtensteinstraße 22 A, 1090 Wien über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid nach § 9 BAO des ehemaligen Finanzamtes Wien 4/5/10 vom wegen offener Abgabenschuldigkeiten der ***1*** (St.Nr. ***8***), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Bf., der Vertreter der Amtspartei Dr. Bernadette Raffer und Sebastian Rivo-Wastl sowie der Schriftführerin Mag. Larissa Kusternig zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftungsinanspruchnahme auf folgende Abgabenschuldigkeiten (in €) eingeschränkt:

Abgabenart Zeitraum Betrag

Körperschaftsteuer 2008 1.097,03

Körperschaftsteuer 2010 6.474,00

Körperschaftsteuer 01-03/2011 301,35

Körperschaftsteuer 04-06/2011 437,00

Körperschaftsteuer 07-09/2011 437,00

Körperschaftsteuer 10-12/2011 439,00

Anspruchszinsen 2008 50,77

Anspruchszinsen 2009 224,29

Anspruchszinsen 2010 144,32

Umsatzsteuer 2007 1.040,32

Umsatzsteuer 2008 4.925,73

Umsatzsteuer 2009 10.463,25

Umsatzsteuer 2010 6.844,86

Umsatzsteuer 2011 853,49

Erster Säumniszuschlag 2007 52,00

Erster Säumniszuschlag 2008 54,19

Erster Säumniszuschlag 2009 98,51

Erster Säumniszuschlag 2010 209,26

Erster Säumniszuschlag 2011 136,90

Erster Säumniszuschlag 2011 99,07

Erster Säumniszuschlag 2011 152,00

Erster Säumniszuschlag 2011 224,00

Erster Säumniszuschlag 2011 379,53

Erster Säumniszuschlag 2011 241,98

Erster Säumniszuschlag 2011 198,88

Erster Säumniszuschlag 2011 228,70

Erster Säumniszuschlag 2012 63,72

Erster Säumniszuschlag 2012 63,72

Erster Säumniszuschlag 2012 129,48

Zweiter Säumniszuschlag 2010 104,63

Zweiter Säumniszuschlag 2011 68,45

Zweiter Säumniszuschlag 2011 76,00

Zweiter Säumniszuschlag 2011 112,00

Zweiter Säumniszuschlag 2011 189,77

Zweiter Säumniszuschlag 2011 120,99

Zweiter Säumniszuschlag 2011 99,44

Zweiter Säumniszuschlag 2011 114,35

Zweiter Säumniszuschlag 2012 64,74

Dritter Säumniszuschlag 2010 104,63

Dritter Säumniszuschlag 2011 68,45

Dritter Säumniszuschlag 2011 76,00

Dritter Säumniszuschlag 2011 112,00

Dritter Säumniszuschlag 2011 189,77

Dritter Säumniszuschlag 2011 120,99

Dritter Säumniszuschlag 2011 99,44

Dritter Säumniszuschlag 2011 114,35

Dritter Säumniszuschlag 2012 64,74

Summe:€ 37.965,09

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bf. gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO für folgende aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma ***1*** in Höhe von € 107.007,59 in Anspruch genommen:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Körperschaftsteuer
2008
1.097,03
Körperschaftsteuer
2009
9.944,22
Körperschaftsteuer
2010
6.474,00
Körperschaftsteuer
01-03/2011
301,35
Körperschaftsteuer
04-06/2011
437,00
Körperschaftsteuer
07-09/2011
437,00
Körperschaftsteuer
10-12/2011
439,00
Anspruchszinsen
2008
50,77
Anspruchszinsen
2009
224,29
Anspruchszinsen
2010
144,32
Umsatzsteuer
2006
2.600,00
Umsatzsteuer
2007
2.709,60
Umsatzsteuer
2008
4.925,73
Umsatzsteuer
2009
10.463,25
Umsatzsteuer
2010
6.844,86
Umsatzsteuer
2011
853,49
Kapitalertragsteuer
01-12/06
4.953,33
Kapitalertragsteuer
01-12/07
7.600,00
Kapitalertragsteuer
01-12/08
11.200,00
Kapitalertragsteuer
01-12/09
18.976,67
Kapitalertragsteuer
01-12/10
12.099,00
Erster Säumniszuschlag
2007
52,00
Erster Säumniszuschlag
2008
54,19
Erster Säumniszuschlag
2009
98,51
Erster Säumniszuschlag
2010
209,26
Erster Säumniszuschlag
2011
136,90
Erster Säumniszuschlag
2011
99,07
Erster Säumniszuschlag
2011
152,00
Erster Säumniszuschlag
2011
224,00
Erster Säumniszuschlag
2011
379,53
Erster Säumniszuschlag
2011
241,98
Erster Säumniszuschlag
2011
198,88
Erster Säumniszuschlag
2011
228,70
Erster Säumniszuschlag
2012
63,72
Erster Säumniszuschlag
2012
63,72
Erster Säumniszuschlag
2012
129,48
Zweiter Säumniszuschlag
2010
104,63
Zweiter Säumniszuschlag
2011
68,45
Zweiter Säumniszuschlag
2011
76,00
Zweiter Säumniszuschlag
2011
112,00
Zweiter Säumniszuschlag
2011
189,77
Zweiter Säumniszuschlag
2011
120,99
Zweiter Säumniszuschlag
2011
99,44
Zweiter Säumniszuschlag
2011
114,35
Zweiter Säumniszuschlag
2012
64,74
Dritter Säumniszuschlag
2010
104,63
Dritter Säumniszuschlag
2011
68,45
Dritter Säumniszuschlag
2011
76,00
Dritter Säumniszuschlag
2011
112,00
Dritter Säumniszuschlag
2011
189,77
Dritter Säumniszuschlag
2011
120,99
Dritter Säumniszuschlag
2011
99,44
Dritter Säumniszuschlag
2011
114,35
Dritter Säumniszuschlag
2012
64,74
Summe:
107.007,59

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter gemäß § 9 Abs. 1 BAO neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen, für die diese treffenden Abgaben insoweit haften, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.

Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Der Bf. sei im Zeitraum vom bis zur Insolvenzeröffnung am tt.mm.2014 unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***1***, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten: Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit., selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die entsprechenden Zeiträume (siehe Haftungsbescheid) sei die Umsatzsteuer gemeldet, festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (,0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen, es sei denn, er weise nach, die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt zu haben als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet worden seien, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit) wie den Abgabepflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. Erk. des Zl. 84/13/0198; vom , Zl. 85/17/0035 und vom , Zl. 87/14/0148). Da der Bf. seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Letztlich werde auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken.

Durch das am tt.mm.2014 (***3***) eröffnete Insolvenzverfahren sowie mangels vorhandener Liquidität bzw. Massevermögens laut derzeitiger Insolvenzlage sei der Abgabenrückstand bei der Firma ***1*** uneinbringlich geworden.

****

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Bf. vom /, mit welcher die vollständige Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides begehrt wird.

Zudem wurde mit diesem Schriftsatz auch die Aussetzung der Einhebung der gegenständlichen Haftungsschuld beantragt.

Als Begründung wird in der Beschwerde zunächst vorgebracht, dass es sich um eine Geschäftsführerhaftung gemäß § 9 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO handle. Der Haftungsbescheid umfasse den Gesamtrückstand von € 107.007,59 und setze sich aus folgenden Rückständen zusammen:

1. Zeitraum 2006-2007 (verjährt)

KESt 2006………………………..€ 4.953,33

USt 2006…………………………€ 2.600,00

Abgaben 2006 gesamt………€ 7.553,33

KESt 2007……………………… € 7.600,00

USt 2007………………………. € 2.709,60

Abgaben 2007 gesamt……. € 10.309,60

Insgesamt seien für den Zeitraum 2006/2007 € 17.862,93 vorgeschrieben worden.

2. Zeitraum 2008-2012

USt 2008-2012……………….€ 23.087,33

KESt 2008-2012……………. € 42.275,67

KÖSt 2008-2012…………….€ 19.129,60

Gesamt……….……………… € 84.492,60

Die Vorschreibungen für 2008 bis 2012 seien nicht rechtskräftig, sondern seien diese am und am beeinsprucht worden. Das gleiche Schicksal haben die Nebengebühren betreffend 2008 bis 2012 in Höhe von € 4.652,06.

Der Bf. sei im Beschwerdezeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***1*** gewesen und werde gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen. Für diese Heranziehung bleibe allerdings aus folgenden Gründen kein Raum:

1. Die Abgabenrückstände von € 107.007,59 seien bis auf € 17.862,93 (Zeitraum 2006 bis 2007) nicht rechtskräftig.

2. Abgaben in Höhe von € 27.543,44 seien bereits vor fünf Jahren fällig gewesen:

USt 2006……………..€ 2.600,00………fällig am

USt 2007……………..€ 2.709,60………fällig am

USt 2008……………..€ 4.925,73………fällig am

USt 2009……………..€ 10.463,25………fällig am

USt 2010……………. € 6.844,86………fällig am

€ 27.543,44

Dazu addieren sich die bereits rechtskräftigen KESt-Bescheide 2006/2007 in Höhe von € 12.553,33, für welche eine Wiederaufnahme abgelehnt worden sei, sodass insgesamt hinsichtlich € 40.096,77 schon mangels Verjährung keine Haftung gegeben sei.

3. Für die Nichtzahlung der vorgeschriebenen Abgaben könne mangels schuldhafter Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO keine Zahlungsverpflichtung abgeleitet werden.

Bis zum Jahr 2009 seien keine Rückstände aufgetreten. Erst ab haben sich Rückstände aufgrund von Schätzungen, die allerdings nicht rechtskräftig geworden und für die Aussetzungsanträge gemäß § 212a BAO gestellt worden seien, ergeben.

Zur Sicherheit werden ergänzend zur Beschwerde vom März 2015 und vom November 2015 die Schätzungsbescheide 2006 bis 2012 zu den Abgabenansprüchen gemäß § 248 BAO beeinsprucht. Tatsächlich seien keine Rückstände vorhanden gewesen. Der Geschäftsführer habe gar keine Möglichkeit gehabt, eine Pflichtverletzung zu begehen, da diese erst aufgrund von Schätzungen berechnet worden seien. Der Bf. habe daher mangels Kenntnis (und mangels Rechtskraft) gar keine Möglichkeit gehabt, eine Zahlung zu veranlassen. Ein Nachweis, ob ausreichende Mittel vorhanden gewesen seien, erübrige sich daher.

4. Letztendlich handle es sich um eine Subsidiärhaftung. Der Rückstand von € 17.862,93 werde durch Pfändung der Liegenschaft im Betriebsvermögen der Gesellschaft (***2***, Grundbuch Favoriten, Wohnungseigentum Büro) ausreichend besichert, sodass von einer Uneinbringlichkeit trotz derzeitiger Insolvenzlage nicht gesprochen werden könne.

Die Gesellschaft sei stets imstande gewesen die vorgeschriebenen Abgaben aus eigenen Mitteln abzudecken (bzw. abzusichern). Für eine Geschäftsführerhaftung bleibe daher kein Raum.

****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab.

Nach Zitierung der §§ 9, 80 und 224 BAO wird zunächst ausgeführt, dass der Bf. laut Firmenbuchauszug seit Geschäftsführer der gegenständlichen GmbH sei.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom tt.mm.2014, Aktenzeichen ***3***, sei über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet worden. Am tt.mm.2014 sei in der Insolvenzdatei bekannt gemacht worden, dass der Masseverwalter angezeigt habe, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit). Ein angebotener Sanierungsplan sei in der Tagsatzung am von den Gläubigern nicht angenommen worden.

Die Haftung nach § 9 BAO stelle eine Ausfallshaftung dar. Aufgrund der Masseunzulänglichkeit und vorliegenden Berichten des Masseverwalters habe die GmbH kein Vermögen, sodass der gesamte Rückstand bei der Primärschuldnerin als uneinbringlich zu bewerten sei. Somit sei der Geschäftsführer auch in vollem Umfang zur Haftung heranzuziehen gewesen.

Hinsichtlich der Rechtskraft bzw. offener Rechtsmittel sei festzuhalten, dass die Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Verfahren nach § 9 BAO nicht zu erörtern sei. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen den Haftungsbescheid sei einzig und allein die Frage, ob der Geschäftsführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden sei oder nicht, nicht jedoch, ob die der Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestünden oder nicht. Gemäß § 254 BAO werde durch die Einbringung einer Beschwerde weder die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides, noch die Einhebung und zwangsweise Einbringung gehemmt. In der Folge auch nicht die Heranziehung zur Haftung. Alle vom Haftungsbescheid umfassten Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen. Diverse Wiederaufnahmeanträge nach § 303 BAO stellten kein ordentliches Rechtsmittel dar und seien daher auch nicht relevant für Fragen der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO. Der Beurteilungszeitpunkt für eine Haftung bestimme sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgeblich, wann diese Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung (Einbehaltung) abzuführen gewesen wären.

Bei der nachträglichen Feststellung zusätzlicher Abgabenverbindlichkeiten im Zuge einer Betriebsprüfung könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der für die GmbH handelnde Vertreter zuvor seinen abgabenrechtlichen Pflichten gesetzmäßig nachgekommen sei. Das gelte auch, wenn die zusätzlichen Abgabenverbindlichkeiten im Schätzungsweg ermittelt werden müssen, dies umso mehr, wenn die Schätzung ihre Ursache in der Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten durch den Geschäftsführer habe. So seien innergemeinschaftliche Erwerbe im Rechenwerk nicht erfasst und ungerechtfertigt Vorsteuern verrechnet worden.

Ob die Gesellschaft im Zeitpunkt der Festsetzung der Abgaben noch über ausreichende Mittel zur Abgabenentrichtung verfügt habe, sei für das gegenständliche Haftungsverfahren nicht entscheidend. In diesem komme es darauf an, ob zu den gesetzlichen Fälligkeitsterminen die Gesellschaft über Mittel verfügt habe, mit denen die Abgaben entrichtet werden hätten können. In der Begründung der vorliegenden Beschwerde werde angeführt: "Die Gesellschaft war stets imstande die vorgeschriebenen Abgaben aus eigenen Mitteln abzudecken (bzw. abzusichern)". Das Nichtvorhandensein von ausreichenden Mitteln werde in der Beschwerde somit nicht in Frage gestellt. Somit sei von einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen.

Eine Verjährung liege aus folgenden Gründen nicht vor:

Festsetzungsverjährung:

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO betrage für die gegenständlichen Abgaben die Verjährungsfrist fünf Jahre. Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginne die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei.

Die ältesten Abgabenansprüche der im Rückstand befindlichen Abgaben seien im Jahr 2006 (Kapitalertragsteuer und Umsatzsteuer) entstanden. Die Festsetzung sei am erfolgt. Die Festsetzungsverjährung habe am geendet. Somit sei keine Verjährung vorstellbar.

Einhebungsverjährung:

Nach § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher, als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Somit sei auch hier keine Verjährung feststellbar, zumal nach Abs. 2 die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen werde.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom tt.mm.2014 unterbreche bis dato die Einhebungsverjährung. Somit liege auch keine Einhebungsverjährung vor.

Die Geltendmachung der Haftung stelle die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung dann ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiege bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Derartige Gründe seien im vorliegenden Fall nicht vorgebracht worden. Aus den angeführten Gründen sei die vorliegende Beschwerde daher abzuweisen gewesen.

****

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Als Begründung wurde zunächst vorgebracht, dass der Bf. gemäß § 9 Abs. 1 BAO als Geschäftsführer für die Abgabenschuldigkeiten der ***1*** herangezogen worden sei. Insgesamt haften bei der ***1*** derzeit Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von € 17.862,63 (Zeitraum 2006 bis 2007, verjährt) und € 84.492,60 (Zeitraum 2008 bis 2012), d.s. insgesamt 102.355,23 aus.

Die ***1*** sei Eigentümerin einer Eigentumswohnung in ***4*** (***7***, ***2***). Die Liegenschaft sei im Konkursverfahren auf € 158.274,50 geschätzt worden (Gutachten beiliegend).

Bei der Geschäftsführerhaftung handle es sich um eine Ausfallshaftung, die nur dann geltend gemacht werden dürfe, wenn der Ausfall der Erstschuldnerin eindeutig feststehe.

Durch die Liegenschaft der Erstschuldnerin seien zweifellos alle Abgabenschulden abgedeckt (abgesehen davon, dass der Rückstand, wie schon im Wiederaufnahmeverfahren erwähnt, lediglich € 17.862,93 betrage).

Der Hinweis des Masseverwalters, dass keinerlei Vermögen vorhanden und daher der Rückstand als uneinbringlich anzusehen sei, sei schlicht und einfach unrichtig. Dies gehöre im Verfahren weiter geprüft und nicht gutgläubig hingenommen.

Eine Geltendmachung einer nicht existierenden Ausfallshaftung beim Geschäftsführer sei zweifellos ein durch nichts gerechtfertigter Eingriff in die Existenz des Bf. Es drohe der Verkauf des Wohnsitzes und damit die Gefahr der Obdachlosigkeit.

Der Bf. beantrage daher den Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben und eventuelle Einbringungsmaßnahmen auszusetzen.

****

Nach Verwertung der Liegenschaft der Primärschuldnerin und Abschluss des Konkursverfahrens teilte auf Rückfrage des BFG die Abgabenbehörde am mit, dass nunmehr noch folgende Abgabenschuldigkeiten (in €) offen seien:

Körperschaftsteuer 2008 1.097,03

Körperschaftsteuer 2010 6.474,00

Körperschaftsteuer 01-03/2011 301,35

Körperschaftsteuer 04-06/2011 437,00

Körperschaftsteuer 07-09/2011 437,00

Körperschaftsteuer 10-12/2011 439,00

Anspruchszinsen 2008 50,77

Anspruchszinsen 2009 224,29

Anspruchszinsen 2010 144,32

Umsatzsteuer 2007 1.040,32

Umsatzsteuer 2008 4.925,73

Umsatzsteuer 2009 10.463,25

Umsatzsteuer 2010 6.844,86

Umsatzsteuer 2011 853,49

Erster Säumniszuschlag 2007 52,00

Erster Säumniszuschlag 2008 54,19

Erster Säumniszuschlag 2009 98,51

Erster Säumniszuschlag 2010 209,26

Erster Säumniszuschlag 2011 136,90

Erster Säumniszuschlag 2011 99,07

Erster Säumniszuschlag 2011 152,00

Erster Säumniszuschlag 2011 224,00

Erster Säumniszuschlag 2011 379,53

Erster Säumniszuschlag 2011 241,98

Erster Säumniszuschlag 2011 198,88

Erster Säumniszuschlag 2011 228,70

Erster Säumniszuschlag 2012 63,72

Erster Säumniszuschlag 2012 63,72

Erster Säumniszuschlag 2012 129,48

Zweiter Säumniszuschlag 2010 104,63

Zweiter Säumniszuschlag 2011 68,45

Zweiter Säumniszuschlag 2011 76,00

Zweiter Säumniszuschlag 2011 112,00

Zweiter Säumniszuschlag 2011 189,77

Zweiter Säumniszuschlag 2011 120,99

Zweiter Säumniszuschlag 2011 99,44

Zweiter Säumniszuschlag 2011 114,35

Zweiter Säumniszuschlag 2012 64,74

Dritter Säumniszuschlag 2010 104,63

Dritter Säumniszuschlag 2011 68,45

Dritter Säumniszuschlag 2011 76,00

Dritter Säumniszuschlag 2011 112,00

Dritter Säumniszuschlag 2011 189,77

Dritter Säumniszuschlag 2011 120,99

Dritter Säumniszuschlag 2011 99,44

Dritter Säumniszuschlag 2011 114,35

Dritter Säumniszuschlag 2012 64,74

Diese Mitteilung wurde dem Bf. mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist von 3 Wochen zur allfälligen Erstattung einer weiteren Stellungnahme eingeräumt, wovon kein Gebrauch gemacht wurde.

****

In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt ergänzend vorgebracht und festgestellt:

"Bei Aufruf der Beschwerdesache ist der Vertreter des BF nicht erschienen. Der BF gibt bekannt, dass Dkfm. Rausch zeitnah mit ihm gesprochen und sein heutiges Kommen zugesagt habe. Es wird ein Zeitraum von 10 Minuten zugewartet und dann mit dem Bericht zum bisherigen Gang des Verfahrens begonnen.

Zwischenzeitig ist es 10:20 Uhr und der Vertreter ist weiterhin nicht erschienen.

BF: Durch die Verwertung der Liegenschaft wurde ein Erlös von EUR 170.000,00 erzielt, ich weiß daher nicht wieso noch immer eine Haftungsinanspruchnahme mir gegenüber geltend gemacht wird.

Vorsitzende (V): Auf dem Konto bei der Abgabenbehörde ist jedoch nur ein Betrag von ca. EUR 68.000,00 eingelangt.

FA: Der Gesamtbetrag kann schon deswegen nicht auf das Abgabenkonto überwiesen worden sein, weil die Wohnung davor beim Kauf nicht ausbezahlt wurde. Es wurde schon allein ein Betrag von ca. EUR 26.000,00 für den Kaufpreis aufgewendet. Dazu sind weitere Nebengebühren angefallen, da die Finanzverwaltung nicht der einzige Gläubiger gewesen ist.

BF: Der Kaufpreis hat EUR 170.000,00 ausgemacht, davon sind EUR 113.000,00 ausbezahlt worden. Der Masseverwalter hat sich davon auch einen Teilbetrag weggenommen und der Restbetrag ging demnach an das Finanzamt.

Der BF verweist zudem auf das Beschwerdevorbringen in den Schriftsätzen, die sein Vertreter eingebracht hat.

"

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Zunächst ist festzuhalten, dass Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 BAO eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der entsprechenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, dessen schuldhafte Pflichtverletzung sowie die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit sind ().

Da es sich bei der Vertreterhaftung nach § 9 Abs. 1 BAO um eine Ausfallshaftung handelt, ist zunächst als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftenden die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bf. festzustellen.

Uneinbringlichkeit liegt in diesem Zusammenhang stets dann vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären.

Über das Vermögen der Firma ***1*** wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom tt.mm.2014 zu ***3*** der Konkurs eröffnet.

Am tt.mm.2014 wurde in der Insolvenzdatei die Anzeige des Masseverwalters ***5*** bekannt gemacht, wonach die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit).

Ein entsprechender Sanierungsplanvorschlag (Quote von 20 % zahlbar innerhalb von zwei Jahren) wurde im Rahmen der Sanierungsplantagsatzung vom nicht angenommen.

Zum Einwand des Bf. im Vorlageantrag vom , wonach die ***1*** Eigentümerin einer Eigentumswohnung in ***4*** (***7***, ***2***) sei und durch gegenständliche Liegenschaft alle Abgabenschulden gedeckt seien, ist Folgendes auszuführen:

Die Verwertung dieser Sondermasse hat einige Jahre in Anspruch genommen. Am erging letztlich der Beschluss des Handelsgerichts Wien über die Verteilung der Sondermasse mit einem Verkaufserlös von € 112.424,58.

Dazu ging am letztlich ein Betrag von € 68.932,50 auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin ein und verringerte deren aushaftende Abgabenschuldigkeiten.

In der Folge wurde im Konkursverfahren jedoch erst am eine Schlussrechnungstagsatzung abgehalten und am in die Ediktsdatei eingetragen, dass gegen die Kostenbeschlüsse Rekurs erhoben worden sei.

Die Abgabenbehörde hat nach Rückfrage am eine aktualisierte Aufstellung der Außenstände bei der Primärschuldnerin vorgelegt.

Aufgrund des Umstandes, dass ein Zugriff auf die Geldmittel der Gesellschaft darüberhinausgehend nicht mehr gegeben ist, steht somit nunmehr nach Verwertung der Liegenschaft die Voraussetzung der Uneinbringlichkeit der weiterhin aushaftenden Abgaben bei der Primärschuldnerin fest.

Der Bf. war ab bis zur Konkurseröffnung am tt.mm.2014 unbestritten alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***1***.

Daraus folgt, dass der Bf. als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Zeitraum seiner Geschäftsführung grundsätzlich verpflichtet war für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften Sorge zu tragen.

Zu diesen Vorschriften gehören neben der Verpflichtung Abgaben zu entrichten etwa auch die Führung von Aufzeichnungen sowie die zeitgerechte Einreichung von richtigen Abgabenerklärungen.

Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten.

Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es eine solche Bindung nicht (vgl. z.B. ). Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden ( und auch ).

Bei der ***1*** wurde eine abgabenbehördliche Prüfung für den Zeitraum 2006 bis 2008 sowie eine Nachschau für den Zeitraum 01/2009 bis 12/2010 durchgeführt, welche mit Bericht vom abgeschlossen wurde.

In Tz. 1 des Betriebsprüfungsberichtes vom (Prüfungsablauf) wird in der zugehörigen Beilage von der Abgabenbehörde zunächst der Prüfungsablauf, wie folgt, dargestellt:

"Nachdem Versuche, die Prüfungsankündigung telefonisch durchzuführen, mangels h.a. bekannter aufrechter Telefonnummern, fehlgeschlagen waren, erfolgte mit Datum eine schriftliche Verständigung. Die Postsendung mit der schriftlichen Prüfungsankündigung wurde mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " an das Finanzamt retourniert. Nachdem auch Begehungen der Geschäfts- und der Privatadresse erfolglos verliefen, wurden mit Datum Aufforderungen einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten bis zum bekanntzugeben an alle bekannten Adressen der Gesellschafter als auch an den Sitz der Gesellschaft und die Privatadresse des Gesellschafter-Geschäftsführers ***6*** versendet. Am erschien Hr. ***6***, obwohl die Sendungen an die Firmen- als auch an seine Privatadresse jeweils mit dem Ortsabwesenheitsvermerk bis zurückkamen, persönlich im Amt. Im Zuge der Unterfertigung des Prüfungsauftrages wurde Hr. ***6*** abermals dazu aufgefordert einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten bekanntzugeben. Hr. ***6*** teilte mit, derzeit keinen Zustellungsbevollmächtigten angeben zu können, sich jedoch darum zu kümmern und sobald er jemanden gefunden hat, diesen dem Finanzamt mitzuteilen. Weiters wurde ein Termin für die Einsichtnahme in die Belegsammlung und die Buchhaltung für den in den Firmenräumlichkeiten vereinbart.

Am Tag der Einsichtnahme haben nur einige Fragmente des Rechenwerks vorgelegen.

Hr. ***6*** gab an, bis Anfang des Jahres 2011 im Ausland zu sein, jedoch nach seiner Rückkehr alle erforderlichen Unterlagen vollständig vorzulegen und sich beim Finanzamt zu melden.

Nachdem Hr. ***6*** sich Anfang 2011 nicht gemeldet hatte und mehrere Versuche des Prüfers, telefonisch Kontakt aufzunehmen, fehlgeschlagen waren, wurde mit Datum eine Vorladung zur Schlussbesprechung für den versendet. Das Schreiben enthielt auch eine Aufforderung, bis zu diesem Datum die Buchhaltungsunterlagen vorzulegen sowie bei Nichtbefolgung die beabsichtigten, gemäß § 184 BAO im Wege einer Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen. Die Vorladung wurde an die Geschäfts- als auch an die von Hr. ***6*** bekanntgegebene E-Mail-Adresse versendet. Das Schreiben an die Geschäftsadresse wurde mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " an das Finanzamt retourniert.

Am erschien Hr. ***6*** im Amt und übergab vier Ordner mit Buchhaltungsunterlagen. Zustellbevollmächtigter wurde noch immer keiner bekanntgegeben.

Nachdem ein am per E-Mail zugestellter Vorhalt unbeantwortet blieb, wurden mit Datum weitere Zustellversuche an die Geschäfts- als auch Privatadresse unternommen. Der Vorhalt wurden jedoch mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " an das Finanzamt retourniert.

Ein Zustellungsbevollmächtigter wurde bis dato nicht bekanntgegeben. Am wurde daraufhin eine weitere Vorladung samt Vorhalt und Schätzungsentwurf verfasst und die Zustellung gemäß § 10 ZustellG durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Abs. 2: Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Da die Fragen laut Vorhalt unbeantwortet geblieben sind, waren die Besteuerungsgrundlagen im Wege einer Schätzung zu ermitteln.

Da am die Erklärungen für 2009 eingereicht wurden, werden die Feststellungen betreffend den Zeitraum 01-12/2009 aus verfahrensökonomischen Gründen im Zuge der Veranlagung für das betreffende Jahr berücksichtigt. Für den Zeitraum 01-12/2010 wird aus verfahrensökonomischen Gründen eine vorläufige Veranlagung durchgeführt.

In Tz. 2 des Betriebsprüfungsberichtes (innergemeinschaftliche Erwerbe) wird ausgeführt, dass vom geprüften Unternehmen im Prüfungs- bzw. Nachschauzeitraum innergemeinschaftliche Erwerbe getätigt, jedoch nicht im Rechenwerk erfasst wurden. Von der Betriebsprüfung werden die Entgelte 20 % daher um die nicht erfassten innergemeinschaftlichen Erwerbe zuzüglich eines 30 %-igen Gewinnaufschlages erhöht.

In Tz. 3 des Betriebsprüfungsberichtes (nicht gedeckte Lebenshaltungskosten) wird von der Abgabenbehörde erläutert, dass vom Bf. im Prüfungszeitraum Einlagen getätigt wurden. Darüber hinaus reicht das h.a. bekannte Einkommen des Bf. nicht aus, um dessen Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Mangels Vorliegens entsprechender Unterlagen wurden die jährlichen Lebenshaltungskosten mit € 16.000,00 angenommen.

Unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten, der Feststellungen laut Tz. 2 des Berichtes, des Einkommens und der getätigten Einlagen ergibt sich die dargestellte Berechnung hinsichtlich nicht geklärter Mittelherkunft. Die Betriebsprüfung geht davon aus, dass es sich hierbei um nicht erklärte Umsätze handelt und werden die Entgelte somit entsprechend erhöht.

In Tz. 5 (Vorsteuer) des Betriebsprüfungsberichtes wird von der Abgabenbehörde ausgeführt, dass vom geprüften Unternehmen im Prüfungszeitraum Vorsteuern aus Eingangsrechnungen des Bf. in Abzug gebracht wurden. Da der Bf. zumindest seit kein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist, steht ein Vorsteuerabzug nach § 12 UStG i.V.m. § 11 UStG nicht zu und wird der Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Eingangsrechnungen folglich versagt.

In Tz. 6 des Betriebsprüfungsberichtes (Körperschaftsteuer) wird ausgeführt, dass die nichtabzugsfähige Vorsteuer laut Tz. 5 passiviert wird und die verdeckten Ausschüttungen laut Tz. 7 den jeweiligen Jahresergebnissen außerbilanzmäßig hinzugerechnet werden.

In Tz. 7 des Betriebsprüfungsberichtes (verdeckte Ausschüttungen) wird von der Abgabenbehörde abschließend angeführt, dass die Entgeltserhöhungen laut Tz. 4 einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer verdeckte Ausschüttungen darstellen und als solche der Kapitalertragsteuer unterliegen. Die verdeckten Ausschüttungen werden dem Bf. zugerechnet.

Gegen die Bescheide nach der Betriebsprüfung brachte der Bf. am Beschwerde mit der Begründung ein, dass im angefochtenen Bericht falsche Werte berechnet worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde gemäß § 260 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom stellte der Bf. sodann einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus, dass er dem Prüfer am alle Unterlagen übergeben habe und es nicht sein könne, dass die Firma oder der Gesellschafter-Geschäftsführer dafür bestraft werde, dass dieser der Aufforderung nachgekommen sei.

Die gegen die Feststellungen im Außenprüfungsbericht vom gerichtete Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom gemäß § 278 Abs. 1 lit. a iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO idF BGBl. I Nr. 2013/14 als unzulässig zurückgewiesen.

Am brachte die ***1***, vertreten durch Dkfm. Karl Rausch, einen Antrag gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 und Umsatzsteuer 2006 bis 2008 ein. Diesem Schriftsatz wurden Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2006 bis 2008 beigelegt. Zudem wurde die Aussetzung der Einhebung beantragt.

Als Begründung wurde zunächst angeführt, dass die Schätzung aufgrund von Zustellmängeln bedingt durch Auslandsaufenthalte des Bf. vorgenommen worden sei. Nach Behebung der Mängel würden nunmehr die Steuererklärungen vorgelegt. Wiederaufnahmen seien im Allgemeinen auch dann zu verfügen, wenn im abgeschlossenen Verfahren mangels Einreichung der Abgabenerklärungen die Bemessungsgrundlagen durch Schätzung nach § 184 BAO ermittelt worden seien. Dies gebiete der Normzweck der Wiederaufnahme, bei welchem es sich um den Vorrang der Rechtsrichtigkeit vor jenem der Rechtsbeständigkeit handle.

Zudem wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die entsprechenden Beträge im Rahmen der Betriebsprüfung zu Unrecht hinzugerechnet worden seien, da die Lebenshaltungskosten durch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in den USA gedeckt gewesen seien. Auch die Einlagen seien aus diesen Einkünften sowie aus Ersparnissen und privaten Darlehen finanziert worden.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag von der Abgabenbehörde als verspätet zurückgewiesen.

Als Begründung wird nach Darstellung der wesentlichen Unternehmensdaten, des gegenständlichen Antrags sowie des Prüfungsablaufes, zur Zustellung der Bescheide aus dem Jahr 2011 im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Durchführung der Außenprüfung in den Jahren 2010 und 2011 und teilweise nach Wiederaufnahme der entsprechenden Verfahren Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2006 bis 2008 am erlassen und diese im Akt hinterlegt worden seien. Nach Darstellung der einschlägigen Bestimmungen aus dem ZustellG wird ausgeführt, dass aufgrund der dokumentierten Hinterlegung der Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2006 bis 2008 die Zustellung gemäß § 10 ZustellG erfolgt sei und Zustellmängel nicht feststellbar seien.

Bezüglich der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages wird nach zeitlicher Darstellung der entscheidungsrelevanten Erledigungen und Anbringen unter Bezugnahme auf die entsprechenden Verjährungsbestimmungen in den §§ 207 BAO ff ausgeführt, dass die Festsetzungsverjährung hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2006 Ende 2012, hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2007 Ende 2013 sowie hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2008 Ende 2014 eingetreten sei. Hinsichtlich der Abgaben des Jahres 2008 wird darauf hingewiesen, dass der Bescheid über die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Betriebsprüfungsbericht vom keine Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO darstelle und somit zu keiner Verlängerung der Verjährungsfrist führe.

Da somit der Antrag betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 vom nach Ablauf der Frist gemäß § 304 iVm § 207 Abs. 2 und § 209 Abs. 1 BAO gestellt worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid vom brachte die ***1*** am Beschwerde ein. Es werde beantragt die Wiederaufnahme entsprechend dem Rechtsmittel vom vorzunehmen und keine KESt-Hinzurechnungen von € 11.200,00 und keine USt-Hinzurechnungen von € 5.600,00 vorzunehmen. Für den Fall eines ablehnenden Bescheides werde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Als Begründung wird angeführt, dass im Gegensatz zu den Jahren 2006 und 2007 die Wiederaufnahmefrist für 2008 noch nicht verjährt sei. Die Wiederaufnahme für 2008 habe sich infolge von Erledigungen seitens der Abgabenbehörde im Abgabenzeitraum 2010 sowie im Abgabenzeitraum 2011 vom (allgemeine Verjährung) um zwei Jahre bis zum verlängert.

Folgende Erledigungen seien laut Aktenlage seitens der Abgabenbehörde durchgeführt worden:

Jahr 2010:

- Ankündigung der Betriebsprüfung (am von Herrn ***6*** unterfertigt), somit Prüfungsbeginn; Die Außenprüfung sei laut Bescheid vom in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführt worden, sodass zweifellos im Jahr 2010 bereits eine Erledigung der Behörde gegeben gewesen sei.

Jahr 2011:

- Ausfertigung des Prüfungsberichtes

- Ausfertigung der Beschwerde für 2008

Betreffend des vom Bf. im Rahmen seiner Beschwerde erhobenen Einwandes der Einhebungsverjährung ist Folgendes auszuführen:

Bei der Erlassung eines Haftungsbescheides handelt es sich um eine Einhebungsmaßnahme, welche als solche daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig ist (vgl. z.B. ).

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben bzw. zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Abgabe fällig geworden ist.

Für die Unterbrechungswirkung einer Amtshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO genügt es, dass sie nach außen hin in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet ist und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte (; , 2005/16/0095).

Festgehalten wird an dieser Stelle auch, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, somit die Verjährung gegenüber jedem, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt unterbrechen, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, an wen sich derartige Amtshandlungen richten (vgl. z.B. ).

Das Recht auf Festsetzung der Umsatzsteuer für 2007 hat mit Ablauf des Jahres 2007 zu verjähren begonnen, demnach ist dies nach § 238 BAO auch der Beginn der fünfjährigen Einhebungsverjährungsfrist.

Aus dem vorliegenden Aktenmaterial (siehe Ausdrucke aus dem EB-Akt) ergibt sich für das erkennende Gericht, dass von der Abgabenbehörde seit dem Jahre 2011 laufend Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt wurden, welche die im § 238 Abs. 2 BAO normierte Unterbrechungswirkung entfaltet haben.

Exekutionsbewilligung v. , Begehung der Büroadresse durch den Einhebungsdienst am , Tagsatzung im Exekutionsverfahren am ***7***, Aktenvermerk vom Pflichtiger zur Tagsatzung nicht erschienen, Begehung an der Büroadresse, neuerliche Begehung mit der FinPol.

Die fünfjährige Verjährungsfrist hat nach den Unterbrechungshandlungen mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung eingetreten ist, demnach jeweils neu zu laufen begonnen und war bei Erlassung des Haftungsbescheides am noch hinsichtlich aller Abgabenschuldigkeiten für die der Bf. zur Haftung herangezogen wird offen.

Dem Einwand des Bf., wonach das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht möglich sei, da die Rückstände erst aufgrund von Schätzungen im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung berechnet worden seien, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert, weshalb auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z. B. , , 95/15/0137). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB. der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Dem Vertreter obliegt es, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen.

Infolge einer bei der ***1*** durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung, zum Teil im wiederaufgenommenen Verfahren wurden die dem nunmehr vom Bf. angefochtenen Haftungsbescheid zugrundeliegenden, geänderten Abgabenbescheide erlassen. Aus der Aktenlage sowie aus dem Bescheid des Finanzamtes vom , mit welchem der Antrag betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 vom zurückgewiesen wurde, ergibt sich, dass die die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten betreffenden Abgabenbescheide den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend hinterlegt wurden und somit wirksam geworden sind.

Aus der Aktenlage (siehe auch Betriebsprüfungsbericht vom ) geht weiters hervor, dass seitens des Unternehmens, bei welchem der Bf. als Geschäftsführer fungierte, somit u.a. innergemeinschaftliche Erwerbe nicht im buchhalterischen Rechenwerk erfasst und zu Unrecht Vorsteuern geltend gemacht wurden.

Daraus ergibt sich, dass von einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO ausgegangen werden kann, zumal sich diese Verschuldenslage zur K 2008, K 2009, K 2010, U 2007, U 2008, U 2009 und U 2010 aus den Feststellungen der Prüfung ableiten lässt.

Hinsichtlich der Geltendmachung der Haftung für Umsatzsteuer 2011 ist festzustellen, dass die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung im Schätzungsweg ermittelt werden mussten, in diesem Fall liegt die schuldhafte Pflichtverletzung in der Unterlassung der Einreichung der Jahreserklärung.

Die Körperschaftsteuervorauszahlungen für die vier Quartale des Jahres 2011 wurden nicht bei deren Fälligkeit (, , und ) entrichtet und haften weiterhin aus.

Die Anspruchszinsen für K für die Jahre 2008 und 2009 waren am fällig, die Anspruchszinsen für K 2010 am , sie wurden bei Fälligkeit nicht entrichtet und haften weiterhin aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche wie Säumniszuschläge.

Erster Säumniszuschlag zur U 2006 2007 52,00 fällig

Erster Säumniszuschlag zur U 2007 2008 54,19 fällig

Erster Säumniszuschlag zur U 2008 2009 98,51 fällig

Erster Säumniszuschlag zur U 2009 2010 209,26 fällig

Erster Säumniszuschlag zur U 2010 2011 136,90 fällig

Erster Säumniszuschlag zur Kest 2006 2011 99,07 fällig

Erster Säumniszuschlag zur Kest 2007 2011 152,00 fällig

Erster Säumniszuschlag zur Kest 2008 2011 224,00 fällig

Erster Säumniszuschlag zur Kest 2009 2011 379,53 fällig

Erster Säumniszuschlag zur Kest 2010 2011 241,98 fällig

Erster Säumniszuschlag zur K 2009 2011 198,88 fällig

Erster Säumniszuschlag zu K 10-12/2011 2011 228,70 fällig

Erster Säumniszuschlag zu K 1-3/2012 2012 63,72 fällig

Erster Säumniszuschlag zu K 4-6/2012 2012 63,72 fällig

Erster Säumniszuschlag zu K 2010 2012 129,48 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur U 2009 2010 104,63 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur U 2010 2011 68,45 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur Kest 2007 2011 76,00 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur Kest 2008 2011 112,00 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur Kest 2009 2011 189,77 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur Kest 2010 2011 120,99 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zur K 2009 2011 99,44 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zu K 10-12/2011 2011 114,35 fällig

Zweiter Säumniszuschlag zu K 2010 2012 64,74 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur U 2009 2010 104,63 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur U 2010 2011 68,45 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur Kest 2007 2011 76,00 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur Kest 2008 2011 112,00 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur Kest 2009 2011 189,77 fällig

Dritter Säumniszuschlag zur Kest 2010 2011 120,99 fällig

Dritter Säumniszuschlag zu K 2009 2011 99,44 fällig

Dritter Säumniszuschlag zu K 10-12/2011 2011 114,35 fällig

Dritter Säumniszuschlag zu K 2010 2012 64,74 fällig

Diese Nebengebühren wurden ebenfalls bei Fälligkeit nicht entrichtet und haften auch weiterhin aus.

Die Gleichbehandlung aller Gläubiger bei Nichtentrichtung der geschuldeten Abgaben hat der Bf. nicht behauptet, daher kann von weiteren Ausführungen zu den diesbezüglichen Nachweisverpflichtungen eines Geschäftsführers abgesehen werden.

Die Inanspruchnahme für die gemäß § 9 Abs. 1 BAO bestehende Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung diese Ursache der Uneinbringlichkeit ist (vgl. z.B. , 0178).

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung der Haftung in das Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde gestellt ist, das sich innerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff der "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentlichen Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mittel und Möglichkeiten" beizumessen.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung generell dann als ermessenskonform anzusehen ist, wenn die Abgabenschuld beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei vorzuwerfender Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt, hat die Abgabenbehörde gesetzeskonform die Haftung des Bf. geltend gemacht, zumal im gegenständlichen Fall die Haftungsinanspruchnahme die einzige Möglichkeit darstellt, die bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten noch einbringlich zu machen.

Hinsichtlich der Ermessensübung wurde vom Bf. im Rahmen gegenständlicher Beschwerde kein Vorbringen erstattet.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103512.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at