Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2022, RV/3100314/2021

Fahrzeugeinzelbesteuerung: Rechtmäßigkeit der Festsetzung (neu hervorgekommene Tatsache)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge für den Zeitraum 12/2019 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für das vom Beschwerdeführer am erworbene Fahrzeug ***1*** (Reisemobil) für eine Bemessungsgrundlage von EUR 48.319,33 mit EUR 9.663,87 fest. Begründend führte es aus: "… Mit Rechnung vom wurde das Reisemobil (Neufahrzeug) der Marke ***1*** mit der Fahrgestellnummer ***2*** von der Firma ***3*** GmbH in Deutschland erworben. Der Kaufpreis beträgt laut Rechnung (Nr. ***4***) € 38.000,-netto zuzüglich € 7.220,- dt. USt.Die ausgehend von der Bemessungsgrundlage von netto € 38.000,- in Höhe von € 5.780,00berechnete Normverbrauchsabgabe und Fahrzeugeinzelbesteuerung in Höhe von € 7.600,00 wurdeam selben Tag vom Bf. entrichtet und es erfolgte die Freischaltung des Kfz in derGenehmigungsdatenbank.

Der von der deutschen Steuerbehörde übermittelten Spontaninformation ist zu entnehmen, dass der Bf. am einen Kauf bei der Firma ***3*** GmbH in Deutschland in Höhe von € 48.319,- netto tätigte. Gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeuges durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 genannten Personen gehört, unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Die Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen ist das Entgelt. Entgelt ist alles, was die Kundin/der Kunde aufzuwenden hat (auch freiwillige Zahlungen), um die getätigte Lieferung oder erbrachte sonstige Leistung zu erhalten (§ 4 Abs. 1 UStG 1994). Steuerschuldner beim innergemeinschaftlichen Erwerb ist gemäß Art. 19 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 der Erwerber. Die Steuerschuld entsteht am Tag des Erwerbes. Die Fälligkeit tritt einen Monat später ein. Das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke ***1*** (Rechnungsnummer ***4*** in Höhe von € 38.000,- netto) wurde mitsamt der bestellten/eingebauten Sonderausstattung (Rechnungsnummer ***5*** in Höhe von € 10.319,33 netto) als Neufahrzeug im Dezember 2019 an den Bf. in Österreich geliefert. Der Tatbestand für die Fahrzeugeinzelbesteuerung wurde somit im Dezember 2019 verwirklicht. Eine Trennung der beiden Rechnungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Fahrzeugeinzelbesteuerung ist nicht möglich. Im vorliegenden Fall kommt die Erwerbsbesteuerung eines neuen Fahrzeuges nach Art. 1 Abs. 7ff UStG 1994 zur Anwendung. Nach dem Konzept der Binnenmarkt-Richtlinie unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge stets der Besteuerung im Bestimmungsland, ungeachtet ob der Erwerb durch Nichtunternehmer oder Unternehmer erfolgt ist…".

In seiner Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer, die Neuberechnung der Umsatzsteuer nicht vorzunehmen. Er habe am dem Finanzamt Landeck die Neufahrzeugrechnung, die Zubehörrechnung, einen Auszug Eurotax vom ÖAMTC und den Datenauszug der Genehmigungsbank vorgelegt. Da die Zubehörrechnung vom Finanzamt Landeck für die Festsetzung der Umsatzsteuer nicht berücksichtigt worden sei, habe er die Umsatzsteuer in Deutschland bereits bezahlt. Vom deutschen Autohaus habe er keine Rückzahlung erwirken können.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und wiederholte sein Vorbringen, dass die Bemessungsgrundlage für die festzusetzende Umsatzsteuer nicht nur den Preis für das Fahrzeug an sich, sondern auch den Preis für die - gesondert verrechnete - eingebaute Sonderausstattung umfasse.

Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Diese erfolgte am .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer hat am das Fahrzeug ***1*** als Neufahrzeug von der ***3*** GmbH mit Sitz in Deutschland erworben. Der Beschwerdeführer hat für das Fahrzeug insgesamt EUR 48.319,33 netto bezahlt. Die Verkäuferin ***3*** GmbH hat dem Beschwerdeführer für das Fahrzeug zwei jeweils mit datierte Rechnungen gestellt, und zwar die Rechnung mit der Nummer ***4*** ("Neufahrzeugrechnung") für "Ihr bestelltes Reisemobil" mit einem Nettopreis von EUR 38.000,- und die Rechnung mit der Nummer ***5*** ("Zubehörrechnung") für "Messepaket, Sky Dome Fenster, Hubbett vorne, Doppel Din Navigation, Rückfahrkamera, TV 19" mit SAT Anlage, Gaswarner, Winterpaket, Markise Fiamma, Backofen, Starter Paket, Dachklima, Fahrradträger 4er" mit einem Nettopreis von EUR 10.319,33. Auf beiden Rechnungen wird der Erhalt der verrechneten Beträge bestätigt. Diese Umstände sind zwischen den Parteien unstrittig und durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten belegt.

In seiner unter Verwendung des amtlichen Formulars "NoVA 2" verfassten, mit datierten Erklärung über den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung) nennt der Beschwerdeführer als Bemessungsgrundlage für die Fahrzeugeinzelbesteuerung den Betrag von EUR 38.000,- unter Beischluss der "Neufahrzeugrechnung" über diesen (Netto-)Betrag sowie einen abzuführenden Umsatzsteuerbetrag von EUR 7.600,-. Der Betrag von EUR 7.600,- an Umsatzsteuer wurde am entrichtet. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten.

Das Finanzamt hat seinem glaubwürdigen Vorbringen zufolge von Existenz und Inhalt der "Zubehörrechnung" im Jänner 2021 nach einer Spontaninformation der deutschen Abgabenverwaltung Kenntnis erlangt. Der Beschwerdeführer behauptet zwar (Beschwerdevorbringen), er habe auch die Zubehörrechnung am dem Finanzamt übermittelt, doch ist dies angesichts seiner Angaben in der Erklärung zur Fahrzeugeinzelbesteuerung und angesichts der Tatsache, dass die Zubehörrechnung sich nicht beim mit dieser Erklärung dem Finanzamt überreichten Konvolut an Unterlagen befindet, nicht glaubwürdig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch eine Privatperson (durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 genannten Personen gehört) unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt liegt dann vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Erwerber aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt.

Ein derartiger innergemeinschaftliche Erwerb ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig (Art. 1 Abs. 1 UStG 1994). Der Erwerber ist Steuerschuldner (Art. 19 Abs. 1 Z 1 UStG 1994). Die Bemessungsgrundlage ist das Entgelt, somit alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (§ 4 Abs. 1 UStG 1994).

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann eine erstmalige Festsetzung einer Abgabe mit Abgabenbescheid unter anderem dann erfolgen, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Ein abgeschlossenes Verfahren kann von Amts wegen unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs. 1 lit b BAO).

Es steht außer Zweifel, dass der Erwerb des gegenständlichen Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer der sogenannten Fahrzeugeinzelbesteuerung in Österreich unterliegt. Der Beschwerdeführer hat auch die Richtigkeit der vom Finanzamt angesetzten Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Umsatzsteuer nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer wendet sich ausschließlich gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung an sich. Sein Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, sein Beschwerdebegehren zu stützen: Einerseits hatte das Finanzamt bis zur Information durch die deutsche Abgabenbehörde bzw. bis zur Vorlage (auch) der "Zubehörrechnung" keine Kenntnis davon, wie hoch das Entgelt für die Lieferung des gegenständlichen Fahrzeuges tatsächlich insgesamt war. Für das Finanzamt ist somit die Tatsache neu hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer neben dem Betrag von EUR 38.000,- netto für das Fahrzeug an sich auch noch EUR 10.319,33 netto für im Fahrzeug verbautes Zubehör bezahlt hat.

Andererseits zeigt der Verweis des Beschwerdeführers darauf, dass er vom deutschen Autohaus die bezahlte deutsche Mehrwertsteuer aus der "Zubehörrechnung" nicht mehr rückgezahlt bekommen könne, keine Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung auf, worauf auch das Finanzamt unter Hinweis auf das Erkenntnis des hinweist. Die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung mit Umsatzsteuer hat im Ursprungsland durch Gewährung des Vorsteuerabzuges zu erfolgen ().

Insgesamt erweist sich die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb des gegenständlichen Fahrzeuges als rechtsrichtig. Das Finanzamt hat das ihm eingeräumte Ermessen gesetzeskonform geübt, zumal die Abgabenfestsetzung im Sinn der zitierten Judikatur nicht als unbillig angesehen werden kann und sich angesichts der nicht geringfügigen betraglichen Auswirkungen als zweckmäßig und im Sinn der Steuergerechtigkeit geboten erweist.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100314.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at