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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2022, RV/7100830/2020

Das Vereinigte Königreich war 2018 und 2019 kein Drittstaat

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2*** ***3***, ***4***, ***5***, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 1, vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im November 2000 geborenen ***6*** ***3*** ab Dezember 2018 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer ***7***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag

Der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** ***3*** beantragte am über FinanzOnline Familienbeihilfe und gab an:

Der Bf sei österreichischer Staatsbürger, verheiratet mit ***8*** ***9***, Staatsbürgerin der Russischen Föderation, die Kindererziehung erfolge gemeinsam mit dem anderen Elternteil, er sei arbeitssuchend und wohne in Wien. ***8*** ***9*** erziele Einkünfte in Hurghada, Ägypten. Familienbeihilfe werde ab Dezember 2018 beantragt für den im November 2000 geborenen ***6*** ***3***, österreichischer Staatsbürger, Kind von ***1*** ***2*** ***3*** und ***8*** ***9***. Dieser sei Schüler am ***10*** ***11*** College in ***12***, Vereinigtes Königreich. Die Schulform entspreche einem Gymnasium im Schuljahr 2018/2019. Ein Anspruch auf ausländische Familienleistungen bestehe nicht, das Kind wohne beim Bf, der auch den überwiegenden Unterhalt trage.

Urkundenvorlage

Der Bf legte am nach einem Ergänzungsvorhalt folgende Urkunden vor:

1) Geburtsurkunde ***6***

2) Schulbestätigungen für das Jahr 2018 und 2019

3) Nachweis, dass ***6*** im Campus der ***10*** ***11*** College lebt

4) Nachweis der österreichischen Sozialversicherungsnummer bzw. welchem Sozialversicherungssystem unterliegt ***6***

5) Meldung des Hauptwohnsitzes

6) Heiratsurkunde

7) Staatsbürgerschaftsnachweis

8) Österreichischer Pass

und gab weiters an:

Betreffend Punkt 4 habe ich ihnen im Anhang 4 die Korrespondenz mit der Sozialversicherung kopiert. Demnach ist ***6*** bis 31. Mai im Vereinigten Königreich versichert und wird am Deckung über die e-Card erhalten.

Betreffend "Nachweis der überwiegenden Kostentragung betreffend Kind ***6*** von Ihnen und der Kindesmutter" möchte ich folgendes feststellen.

Meine Frau ***8*** und ich haben seit der Geburt ***6*** bis zum heutigen Tag sämtliche Kosten, die nicht durch ein Stipendium gedeckt waren, selbst bezahlt und werden das auch bis zum Studienabschluß von ***6*** weitertun. Darunter sind Kosten für Kindergarten und Schule bis zum 11. Lebensjahr in Ägypten, 5 Jahre Mittelschule in Rußland (Stipendium), 2 Jahre ***10*** ***11*** College (Stipendium) in UK.

Ich haben bisher niemals eine Familienbeihilfe für ***6*** beantragt oder erhalten. In diesem Zusammenhang ersuche ich Sie, uns den Anspruch auf Familienbeihilfe soweit wie möglich rückwirkend zu gewähren.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung und ersuche um ehebaldige Erledigung.

Laut Geburtsurkunde ist ***6*** ***3*** in "Rote Meer" geboren und österreichischer Staatsbürger (Standesamt Hurghada, beglaubigt durch die österreichische Botschaft Kairo).

Vorgelegt wurden vom ***10*** ***11*** College ein IB2 Student Report 4 vom April 2019 und ein IB1 Student Report 2 vom Juni 2018.

Das ***10*** (***10***) of the ***11*** bestätigte am die Aufnahme von ***6*** ***3***, Anschrift in Moskau, laut Bestätigung russischer Staatsbürger, in das College. Der International Baccalaureate Diploma Examination Course beginne am und ende am . ***6*** ***3*** sei von einem Lyceum in Moskau empfohlen worden. Die Kosten für Internat (Pfund 11.000) und Studium (Pfund 17.400) würden vom College getragen, für die Eltern fielen keine Kosten an. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel des Vereinigten Königreichs für ***6*** ***3*** als Student bis und der Studentenausweis vorgelegt.

Laut Meldebestätigung vom ist ***6*** ***3*** seit diesem Tag an der damaligen Anschrift des Bf in Wien gemeldet und besitzt sowohl die österreichische Staatsbürgerschaft als auch die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation. Als Geburtsort scheint Hurghada auf. Der österreichische Staatsbürgerschaftsnachweis für ***6*** ***3*** wurde ebenfalls vorgelegt und ein Auszug aus dem von der österreichischen Botschaft in London ausgestelltem Reisepass für ***6*** ***3***.

Bescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im November 2000 geborenen ***6*** ***3*** ab Dezember 2018 ab und gab zur Begründung an:

Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Ein Zustellnachweis ist nicht aktenkundig.

Beschwerde

Gegen den Abweisungsbescheid vom erhob der Bf mit Schreiben vom Beschwerde und führte in dieser aus:

Gegen den Abweisungsbescheid vom (, von Post behoben am ) betreffend Antrag auf Familienbeihilfe für meinen Sohn ***6*** ***3*** erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtmitte der Beschwerde.

Die Beschwerde richtet sich gegen folgenden Punkt des Bescheides:

Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Begründung:

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum(EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.

Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des EWR nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Ich beantrage, meine Begründung zu berücksichtigen und einen neuen Bescheid zu erlassen.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Begründung dazu lautet:

Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungenverpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eineErwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangigeVerpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet dieFamilienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls einAnspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist,kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die beiAntragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetragesberücksichtigen.

Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch aufFamilienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Da Ihr Sohn ***6*** noch nie in Österreich aufhältig war und Sie laut Auskunft derSozialversicherung seit Ihrer Einreise nach Österreich im März 2018 keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, ist Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte der Bf als "Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung" bezeichneten Vorlageantrag:

Meine Beschwerde richtet sich gegen die Beschwerdevorentscheidung vom . Ich beantrage, mir die Familienbeihilfe für meinen Sohn ***6*** wie beantragt anzuerkennen.

Mein Sohn hat seinen Hauptwohnsitz in Wien, ***5***.Vorherwar er bei seinerSchwester ***14*** ***3*** gemeldet undwohnhaft.

Mein Sohnhat wie angegeben in den Schuljahren2017/2018und2018/2019das ***10*** ***11*** College in Wales (UK) besucht. Wales ist ein EU Mitgliedsstaat. Währenddes oben angegebenenZeitraumes sindwir nach Österreich gezogen undhaben hier unserengewöhnlichenAufenthalt.

***6*** hat seineFerien bei mir in Österreich verbracht undWienist seineHeimat. Es ist daher dieBehauptungfalsch, dass sein ständigerAufenthaltnichtin Österreich sei.

Mein Sohnstudiertseit September 2019 aufBasis einesStipendiumsin den USA. Soweitichverstandenhabe wird keineKinderbeihilfe fürStudierendeaußerhalb der EU Mitgliedsstaatengezahlt. Sollteer fürsein Studiumin den USA dennocheinenAnspruchhaben, bitte ich Sie, diesenzugewähren.

Der Einwand,dass ich als Bezieherder MindestsicherungkeinenAnspruchaufFamilienleistungenhabe ist nichtkorrekt. Ich bin arbeitssuchend, seitdem ich in Österreich bin. Leider ist es fürmichmit 61 Jahrensehr schwierig, eineArbeit zufinden.

Ich kannnichtverstehen,warum ***6***, selbst österreichischerStaatsbürger undSohneinesarbeitswilligen österreichischenVaters dadurch benachteiligt werden soll, dass ihm keineFamilienbeihilfe zusteht, insbesonderewoer sonstkeineBelastung fürden österreichischenStaatdarstellt. AufGrundseinesBegabtenstipendiumswurdendie KostenfürCollege undCampusvollständigüber das Stipendiumgedeckt. Die Kostenbelastungfürmich war trotzdem extrem hoch,beispielsweise fürBekleidung, Schulbücher, Computer,Flugtickets, Reisekosten,Essen undGetränke.

Ich beantrage die Gewährungder beantragten Familienleistung.

Sozialversicherung, Meldedaten

Das Finanzamt ermittelte am , dass der Bf im Zeitraum bis seit März 2018 bis laufend wegen Bezugs der Mindestsicherung pflichtversichert und seit März 2018 arbeitssuchend ist. ***6*** ***3*** war von bis an der früheren Anschrift des Bf mit Hauptwohnsitz gemeldet und ist seit an der nunmehrigen Anschrift des Bf mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Familienbeihilfe des Bf. ab Dezember 2018 abgewiesen.

Strittig ist, ob für das Kind ***6***, welches sich nie dauerhaft in Österreich aufgehalten hat, ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

***6*** wurde am ***13*** in Hurghada, Ägypten, geboren. Er besitzt die österreichische und russische Staatsbürgerschaft.

Kindergarten und Grundschule besuchte ***6*** bis zum 11. Lebensjahr in Ägypten. Die Mittelschule absolvierte ***6*** in Russland.

Am wurde ***6*** ein Stipendium für das ***10*** of the ***11*** in Großbritannien gewährt. Dieses Stipendium deckt alle Kosten für die Unterkunft, die Lebenserhaltungskosten, die Kursgebühren, die Bücher und die Prüfungen ab.

Ohne das Stipendium wären im Schuljahr 2017/2018 11.600 £ "boarding fees" und 17.400 £ "tuition fees" angefallen.

Die Höhe des vom Bf. geleisteten Unterhalts, wurde weder nachgewiesen, noch ziffernmäßig bekanntgegeben.

Während ***6*** in Großbritannien zur Schule ging zogen seine Eltern, nach Österreich. ***6*** hielt sich nur in den Ferien in Österreich auf.

Ab September 2019 studierte der Sohn des Bf. in den USA.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Zum Zeitraum, in welchem ***6*** in Großbritannien zur Schule ging:

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Abs. 5 lautet:

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Der VwGH verneinte die Haushaltszugehörigkeit bei einem auf drei Jahre angelegten auswärtigen Schulbesuch. Eine fiktive Haushaltszugehörigkeit nach den Bestimmungen des FLAG 1967 sei auch nicht gegeben, da bei einem auf drei Jahre angelegten auswärtigen Schulbesuch weder die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 5 lit a (vgl 2011/16/0195, oder , 97/13/0185) noch jene des § 5 Abs 2 lit b (welche sich ausschließlich auf eine Berufsausübung, nicht jedoch auf eine Berufsausbildung bezieht) greift ( RV/0073-I/12; RV/7102987/2018).

Im gegenständlichen Fall hatte ***6*** nie einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich. Lediglich in den Ferien hielt er sich im Haushalt des Bf. auf. Von einer Haushaltszugehörigkeit kann somit nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man von einem gemeinsamen Haushalt in Österreich ausgehen würde, wäre dieser, durch die nicht nur vorübergehende Abwesenheit von der gemeinsamen Wohnung durch den Schulbesuch, aufgehoben worden.

Somit scheidet ein Familienbeihilfenanspruch aufgrund der Haushaltszugehörigkeit aus. Denkbar wäre noch ein Anspruch aufgrund der überwiegenden Unterhaltstragung.

Leider machte der Bf., trotz Vorhalts diesbezüglich, keine Angaben zu den für ***6*** monatlich anfallenden Lebenserhaltungskosten. Auch über die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen, wurden weder Angaben gemacht, noch Nachweise erbracht. Auf die bei Auslandssachverhalten erhöhte Mitwirkungspflicht der Parteien sei an diesem Punkt hingewiesen.

Aufgrund der immensen Kosten für den Schulbesuch in Großbritannien, die allesamt durch das Stipendium von ***6*** abgedeckt werden, erscheint es aber ohnehin unwahrscheinlich, dass dem Bf. überhaupt eine überwiegende Unterhaltstragung möglich wäre.

Zum Zeitraum ab September 2019:

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 lautet: Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Da sich ***6*** ab September 2019 dauerhaft für ein Studium in einem Drittstaat aufhält, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Haushaltszugehörigkeit und die überwiegende Unterhaltstragung müssen in diesem Zeitraum nicht geprüft werden.

Es wird beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

***6*** ***3*** ist im November 2000 in Ägypten geboren und ist der Sohn von ***1*** ***2*** ***3*** und ***8*** ***9***. Er ist Staatsbürger der Republik Österreich und der Russischen Föderation. Den Kindergarten und die Grundschule besuchte ***6*** ***3*** bis zum 11. Lebensjahr in Ägypten. Die Mittelschule besuchte ***6*** ***3*** in Russland.

Seit studiert ***6*** ***3*** am ***10*** of the ***11*** im Vereinigten Königreich., wofür ihm ihm ein Stipendium gewährt wurde. Ohne das Stipendium wären im Schuljahr 2017/2018 11.600 £ "boarding fees" und 17.400 £ "tuition fees" angefallen. Seit April 2019 ist ***6*** ***3*** mit einem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Er begann im Anschluss an den Kurs am College im Vereinigten Königreich im September 2019 ein Studium in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Bf ***1*** ***2*** ***3*** hält sich seit März 2018 durchgehend wieder in Österreich auf, ist arbeitssuchend und bezieht Mindestsicherung. Er hat seinen Hauptwohnsitz in Wien. Auch die Ehegattin ***8*** ***9*** ist nach Wien gezogen. Seit März 2018 liegt der Lebensmittelpunkt des Bf in Österreich.

Der Bf hat im Beschwerdezeitraum die überwiegenden Unterhaltskosten für seinen Sohn ***6*** ***3*** getragen.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Dass der Bf seit März 2018 seinen Lebensmittelpunkt in Österreich hat, ergibt sich daraus, dass er seither mit seiner Ehegattin in Österreich wohnt, in Österreich arbeitssuchend ist und in Österreich Mindestsicherung bezieht. Der Bf hat in seinem Familienbeihilfeantrag angegeben, die Unterhaltskosten von ***6*** ***3*** überwiegend zu tragen. Im Vorlageantrag wurde dazu näher vorgebracht, dass ***6*** ***3*** zwar wegen des Begabtenstipendiums weder Studiengebühren noch Internatskosten bezahlen muss, aber dennoch Unterhaltskosten (für Bekleidung, Computer, Reisekosten usw.) verbleiben, die die Eltern finanzieren mussten.

Ein Vorhalt betreffend Aufschlüsselung der Unterhaltskosten, der im Vorlagebericht des Finanzamts erwähnt wird, findet sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten. Der Vorhalt zur Urkundenvorlage vom ist nicht aktenkundig. Mit dieser Urkundenvorlage hat der Bf dargelegt, dass er und seine Gattin "seit der Geburt ***6*** bis zum heutigen Tag sämtliche Kosten, die nicht durch ein Stipendium gedeckt waren, selbst bezahlt" haben. Dass das Finanzamt diesbezüglich weitere Nachforschungen angestellt hat, lässt sich dem Akt nicht entnehmen. Es enthalten auch weder der Bescheid noch die Beschwerdevorentscheidung Ausführungen zu den Unterhaltskosten.

Der Umstand, dass der Bf Sozialhilfe bezieht, steht der Annahme der Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten, die zufolge des Stipendiums reduziert waren, nicht entgegen.

Es kann daher nicht gesagt werden, dass der gemäß § 119 BAO zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtete Bf entgegen seinen wiederholten Angaben nicht die überwiegenden Unterhaltskosten getragen hat.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a)für minderjährige Kinder,

b)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c)für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,

e)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g)für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h)für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i)für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa)bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa)Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb)Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc)Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd)Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a)deren Nachkommen,

b)deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c)deren Stiefkinder,

d)deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a)sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b)das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c)sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 lautet:

(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 53 FLAG 1967 lautet:

§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.

(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.

(4) Abs. 1 zweiter Satz findet in Bezug auf § 8a Abs. 1 bis 3 keine Anwendung.

(5) § 26 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, findet in Bezug auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz bis Anwendung. Ab ist für Leistungen nach diesem Bundesgesetz § 26 Abs. 3 BAO nur für Personen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig werden, sowie für deren Ehegatten und Kinder anwendbar.

Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 lautet:

Artikel 2 Persönlicher Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Art. 5 VO 883/2004 lautet:

Artikel 5 Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen

Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:

a) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.

b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.

Art. 67 VO 883/2004 lautet:

Artikel 67 Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familien­leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Verfahrensgegenstand

Der Bescheid spricht über Familienbeihilfe ab Dezember 2018 ab. Das ist die Sache dieses Beschwerdeverfahrens. Ob dem Bf für Zeiträume vor Dezember 2018 Familienbeihilfe zusteht, ist in diesem Beschwerdeverfahren nicht zu beurteilen.

Angefochtener Bescheid

Der angefochtene Bescheid verneint die Auszahlung von Familienbeihilfe mit der Begründung, dass gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, bestehe. Das Vereinigte Königreich war Mitglied der Europäischen Union. Die Gleichstellung des Vereinigten Königreichs mit Mitgliedstaaten der EU (Übergangszeitraum) endete gemäß Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft ("Brexit-Abkommen") mit , wobei Art. 32 Abs. 1 Buchst. d des Austrittsabkommens die Weitergewährung von Familienleistungen, auf die zum ein Anspruch bestanden hat, vorsieht (vgl. ).

Dass ein Studium in einem (damaligen) Mitgliedsstaat der Europäischen Union kein "Auslandsstudium" gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ist, sondern ein Studium in einem anderen Mitgliedstaat einem solchen in Österreich nach nationalem Recht (§ 53 Abs. 1 FLAG 1967) und nach Unionsrecht (Art. 5 VO 883/2004, Art. 67 VO 883/2004) gleichgestellt ist (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 3 Rz 6 m.w.N.), versteht sich von selbst (vgl. ). Das Vereinigte Königreich war im Gegensatz zu Ägypten und den USA kein Drittstaat. Bei einem Studium in einem Drittstaat käme § 5 Abs. 3 FLAG 1967 zur Anwendung.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig.

Beschwerdevorentscheidung

Die Beschwerdevorentscheidung verneint die Auszahlung von Familienbeihilfe damit, dass der Sohn noch nie in Österreich aufhältig gewesen sei und gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, bestehe.

Dazu wird auf die Ausführungen zum angefochtenen Bescheid verwiesen. Der Aufenthalt im Vereinigten Königreich ist (Vater und Sohn sind österreichische Staatsbürger, also Unionsbürger) dem in Österreich gleichzuhalten.

Andererseits schreibt die Beschwerdevorentscheidung, dass vorrangig grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren müsse, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird; sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, treffe die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Das ist zwar richtig, aber ein Zusammenhang mit dem gegenständlichen Fall ist nicht ersichtlich.

Sollte die Ehegattin des Bf und Mutter von ***6*** ***3*** weiterhin in Ägypten erwerbstätig sein, was nach der Aktenlage nicht eindeutig ist, liegt kein Anwendungsfall der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Arabische Republik Ägypten ist nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums. Es besteht auch kein bilaterales Abkommen über soziale Sicherheit, das Familienleistungen regelt. Eine allfällige Erwerbstätigkeit der Ehegattin in Ägypten ändert daher nichts an der österreichischen Zuständigkeit für Familienleistungen, wenn der Bf die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Eine Erwerbstätigkeit als Anspruchsvoraussetzung für Familienbeihilfe sieht das FLAG 1967 nicht vor.

Anspruchsvoraussetzungen gegeben

Im Beschwerdezeitraum (Dezember 2018 bis zur Beendigung des Studiums im Vereinigten Königreich, also nach der Aktenlage Mai 2019) sind die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung der Familienbeihilfe gegeben:

Der Bf verfügt über seinen Wohnsitz im Inland (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967), er hat im Beschwerdezeitraum seinen Lebensmittelpunkt im Inland (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967). Der Sohn wird durch ein Studium für einen Beruf ausgebildet und hat das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967). Der Sohn hält sich im Beschwerdezeitraum nicht ständig in einem Drittstaat auf (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 i.V.m. § 53 FLAG 1967). Der Sohn ist zwar weder beim Vater noch bei der Mutter haushaltszugehörig (§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967), der Vater trägt aber die überwiegenden Unterhaltskosten (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967).

Da durch das Begabtenstipendium Internatskosten und Studiengebühren getragen werden, beschränken sich die Unterhaltskosten des Sohnes auf die Kosten, die das Stipendium nicht umfasst. Dass der Vater diese (vergleichsweise geringen) Unterhaltskosten überwiegend (mit entsprechender Anstrengung als Sozialhilfebezieher) getragen hat, hat er glaubhaft angegeben; Gegenteiliges hat das Finanzamt nicht ermittelt.

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist daher gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.; u.v.a.).

Hebt das Bundesfinanzgericht einen gemäß § 13 FLAG 1967 ergangenen Abweisungsbescheid auf, weil Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) auszuzahlen ist, ist das Finanzamt gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags vorzunehmen.

Nichtzulassung der Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Die Entscheidung folgt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem Studium in einem Mitgliedstaat der EU.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 5 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100830.2020

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