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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.04.2022, RV/5101354/2018

Vorsteuerabzug bei Wohnmobil

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pölzleithner Wirtschaftstreuhand KG Steuerberatungsgesellschaft, Stadtplatz 22, 4690 Schwanenstadt, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer 09/2017 bis 02/2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden im Sinne der dem Ende der Entscheidungsgründe angeschlossenen Berechnungsblätter, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden, abgeändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Angefochten sind die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 09/2017 bis 02/2018.

Der Beschwerdeführer erklärte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und reichte seine Umsatzsteuervoranmeldungen monatlich ein, in denen er einen Vorsteuerabzug für ein im September 2017 angeschafftes Wohnmobil und dessen Betriebskosten geltend machte.

Im Zuge einer Umsatzsteuerprüfung über den Zeitraum 09/2017 bis 02/2018 stufte die Betriebsprüferin das Wohnmobil als ein nicht vorsteuerabzugsberechtigtes Fahrzeug ein (Betriebsprüfungsbericht vom ). Dieser Beurteilung entsprechend anerkannte das Finanzamt die geltend gemachten Vorsteuern nicht (Bescheide vom ). Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom (beim Finanzamt eingelangt mittels FAX am ) durch seine steuerliche Vertreterin Beschwerde, beantragte die Anerkennung des Vorsteuerabzuges in vollem Umfang und verzichtete auf die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung; auf die näheren Ausführungen in der Beschwerdeschrift wird verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erwarb am im Wege eines innergemeinschaftlichen Erwerbs (EU-Erstzulassung tt.mm.2016) ein gebrauchtes Wohnmobil mit einem Kilometerstand von 27.880 im Wert von 53.000 € (netto).

Das Wohnmobil der Marke Mercedes-Benz V 250 Marco Polo verfügt über fünf Sitzplätze, das Eigengewicht beträgt 2.545 kg, die technisch zulässige Gesamtmasse in beladenem Zustand bzw. dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht dürfen 3.100 kg nicht überschreiten. Basismodell ist der Mercedes-Benz 639/2 Marco Polo 190 PS/140 KW mit Automatik-Getriebe und Dieselantrieb.

Das Wohnmobil wird betrieblich verwendet.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

  1. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 KFG 1967 ist ein Personenkraftwagen ein Kraftwagen (Z 3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 6 KFG 1967 ist ein Kombinationskraftwagen ein Kraftwagen (Z 3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, wahlweise vorwiegend zur Beförderung von Personen oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern verwendet zu werden, und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.

Der Bundesminister für Finanzen hat durch die Verordnung zum UStG 1994, BGBl II 193/2002, die Begriffe "Kleinlastkraftwagen" und "Kleinbusse" näher bestimmt, die nach § 1 VO nicht unter die Begriffe "Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen" fallen und daher zum Vorsteuerabzug berechtigen.

  1. Rechtliche Erwägungen

Unstrittig ist die zu mehr als 10 %ige unternehmerische Nutzung. Strittig ist, ob für das gegenständliche Wohnmobil ein Vorsteuerabzug zu gewähren ist.

Der Problematik, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen, ist die Frage vorgelagert, ob es Wohnmobilen nicht an Voraussetzungen fehlt, ohne die ein Fahrzeug kein Personen- oder Kombinationskraftwagen sein kann.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0045, folgende Aussagen getroffen:

Kraftfahrrechtlich sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 und 6 KFG 1967 (und waren schon beim EU-Beitritt Österreichs gemäß § 2 Z 5 und 6 KFG 1967) unter Personen- und Kombinationskraftwagen im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung nur Kraftwagen zu verstehen, die nach Bauart und Ausrüstung "ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen" (Personenkraftwagen) bzw. "dazu bestimmt" sind, "wahlweise vorwiegend zur Beförderung von Personen oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern verwendet zu werden" (Kombinationskraftwagen).

Die Kategorisierung nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften - die außer der zitierten Zweckbestimmung auch auf die Zahl der Sitzplätze Bezug nimmt - ist für den Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Ergebnis nicht entscheidend. Maßgeblich ist nach dieser Rechtsprechung aber die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Fahrzeuges, wobei es nicht auf den Verwendungszweck im Einzelfall sondern auf den Zweck ankommt, dem das Fahrzeug nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein zu dienen bestimmt ist (vgl. grundlegend - mit Verweis auf die Vorjudikatur zur früher maßgeblichen Unterscheidung zwischen Personen- und Kombinationskraftwagen - , 0013, 0014; ). Dass die gesetzliche Begriffsbildung des KFG 1967 insoweit, als sie die Zwecke von Personen- und Kombinationskraftwagen betrifft, nicht auch der Verkehrsauffassung entsprechen würde, geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht hervor. Zu einer Rechtslage, nach der eine vorzeitige Abschreibung bei Personenkraftwagen ausgeschlossen war, vertrat der Verwaltungsgerichtshof sogar die Ansicht, dies betreffe nur Fahrzeuge, die ihrer typischen Beschaffenheit und Bauart nach "ausschließlich" zur Personenbeförderung eingerichtet seien. Ein Kombinationskraftwagen sei kein solcher "Personenkraftwagen", sondern "eine Mischform zwischen Lastwagen und Personenwagen und damit ein Fahrzeug eigener Art", ein "Mehrzweckfahrzeug" (vgl. ; ; ; ; die Abgrenzung zwischen Personen- und Kombinationskraftwagen verlor mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz 1977, BGBl. 645, mit dem zugleich auch der Ausschluss vom Vorsteuerabzug eingeführt wurde, ihre frühere Bedeutung im Einkommensteuerrecht; vgl. dazu 626 BlgNR 14. GP 11 ff).

Wohnmobile sind Spezialfahrzeuge, die überwiegend für Schlaf- und Aufenthaltszwecke ausgestattet sind (vgl. aus der Zeit vor dem EU-Beitritt Österreichs etwa die Verordnung über die Gliederung des Tarifes in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, BGBl. 368/1987; nunmehr § 2 Abs. 1 Z 28a KFG 1967 in Anlehnung ursprünglich an Anhang II, Teil A Z 5 - Fahrzeuge "mit besonderer Zweckbestimmung" - der Richtlinie 70/156/EWG; siehe auch die Bezeichnung als "Spezialkraftwagen" in § 102 Abs. 10a Z 3 KFG 1967; dies entspricht ihrer Erfassung durch § 2 Abs. 1 Z 22a KFG 1967 - nicht als Personenkraftwagen gemäß Z 5 - vor Einführung der Z 28a). Sie werden von Personenkraftwagen unterschieden, auch wenn sie zum Teil wie diese behandelt werden (vgl. aus der Zeit vor dem Beitritt 57 BlgNR 14. GP 28 zur Einführung des § 2 Z 22a KFG 1967: "Fahrzeuge, die (…) Aufenthaltsräume befördern, wie bei selbstfahrenden Wohnwagen"; ferner die schon erwähnte Tarifgliederung: Personen- und Kombinationskraftwagen "und" Wohnmobile; aus der Zeit danach außerhalb des Kraftfahrrechts etwa die Unterscheidung u.a. der Wohnmobile von "PKW und LKW im herkömmlichen Sinn" in einer Umsatzsteuervoranmeldungen betreffenden Information des Bundesministeriums für Finanzen, FJ 2008, 115).

Da sie weder "ausschließlich" noch "vorwiegend" der "Beförderung" von Personen dienen und auch keine "Mischform zwischen Lastwagen und Personenwagen" sind, werden Wohnmobile von der für Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen (sowie Krafträder) geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 nicht erfasst. Sind sie "aufgrund ihrer typischen Zweckbestimmung (mobiler Wohnraum) weder Kleinbusse (die typischerweise der Personenbeförderung dienen) noch Klein-LKW (Güterbeförderungszweck)", so führt dies nicht zum Vorsteuerausschluss nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994. Es bestätigt vielmehr, dass es sich nicht vorrangig um Fahrzeuge zur Beförderung von Personen oder Gütern und damit nach der Verkehrsauffassung nicht um Personen- oder Kombinationskraftwagen handelt (ähnlich im Ergebnis schon Caganek, ÖStZ 2000, 412). Die zolltarifliche Einordnung in Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur widerspricht dem in Bezug auf den Hauptzweck des Fahrzeugs ("hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt"), doch gelten Wohnmobile - nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System - auch hier nicht als "Personenkraftwagen", sondern als "andere" Fahrzeuge zur Personenbeförderung.

Nach obigen Ausführungen kann ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug nicht auf die Fiktion des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 gestützt werden. Für das gegenständliche Wohnmobil ist daher ein Vorsteuerabzug möglich.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die oben dargelegten Gründe liegen nicht vor, da mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/13/0045, über die zu lösende Rechtsfrage bereits entschieden wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 Z 5 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 2 Abs. 1 Z 6 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101354.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at