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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2022, RV/5100009/2022

Antragsrechte eines Sozialhilfeverbandes bei Verlassenschaftsfall (§ 153 AußStrG)?

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0033. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache Verlassenschaft nach ***27*** über die Beschwerde des ***28***, ***Bf1-Adr*** vom gegen den Bescheid des ***FA******1*** vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2017 bis 2020 Steuernummer ***17*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Sozialhilfverband (in der Folge: SHV) hat am infolge einer Ermächtigung durch das zuständige Verlassenschaftsgericht vom ***21***, GZ ***20*** einen Antrag zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung (ANV) für die Jahre 2017 bis 2020 für die am ***19*** verstorbene Frau ***8*** eingebracht. Diese Ermächtigung muss dem Finanzamt vorgelegen oder sonst bekannt gewesen sein, da das Finanzamt im Zurückweisungsbescheid auf diese Ermächtigung Bezug nimmt. Auch im Vorlagebericht v. wird ausgeführt, dass diesem Antrag der Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes angeschlossen war.

Zurückweisungsbescheid v.

Wegen fehlender Aktivlegitimation wurden die Anträge des ***Bf1*** (G.) mit Bescheid des ***FA*** ***1*** vom zurückgewiesen. Auf die Begründung wird verwiesen.

Dagegen wurde am vom Sozialhilfeverband fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass der Sozialhilfeverband G. mit Beschluss des Bezirksgerichtes G. zu obiger Zahl zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung ermächtigt worden sei. Dieser Beschluss habe auch eine Bindungswirkung für die Abgabenbehörde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In dieser BVE wird nun zwar formal die Bezirkshauptmannschaft und nicht die Verl. nach NN als Bescheidadressat angeführt. Aus der Begründung der BVE ergibt sich aber im Ergebnis, dass sich das Finanzamt bloß in der Bezeichnung des Adressaten "vergriffen" hat. Aus der Erledigung ist insgesamt offenkundig, dass als Bescheidadressat der Beschwerdeführer, nämlich der Sozialhilfeverband G. gemeint war.

Dagegen wurde vom Sozialhilfeverband G. rechtzeitig am ein Vorlageantrag eingebracht. Inhaltlich entspricht das Schreiben der ursprünglichen Beschwerde. Auch hier ergibt sich wieder aus der Begründung und der Beilage, dass dieses Schreiben als Vorlageantrag zu werten ist und vom SHV in Vertretung der Verl. nach NN eingebracht wurde.

Am wurde der Beschwerdefall im Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Vorlagebericht vom wurde vom FAÖ Folgendes ausgeführt:

"Das Vorbringen im Vorlageantrag wird mit Ausnahme der Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin bestritten. Der Anspruch aufgrund Legalzession ist ein zivilrechtlicher gegen den Zessus, maW kann der Zessionar zur Geltendmachung unter Berufung auf die Zession wirksam einen Antrag auf Rückzahlung eines bestehenden Guthabens stellen und das Finanzamt auch schuldbefreiend an den Zessionar zahlen. Der Zessionar ist jedoch aufgrund der Zession nicht befugt, im Vorfeld durch Veranlagungsanträge ein noch nicht bestehendes Guthaben hervorzubringen. Dabei handelt es sich um ein Recht, das nur der Partei des Abgabenverfahrens, deren Gesamtrechtsnachfolger sowie deren Vertreter zusteht. § 153 Abs 2 AußStrG sieht demgegenüber die Möglichkeit vor, einzelrechtsnachfolgenden Anspruchsberechtigten Vermögenteile inkl. dazu gehörender Rechte zu übertragen. Damit ist jedoch lediglich der oben dargestellte Fall des Rückzahlungsantrags angesprochen. Die im Vorbringen angesprochene "pragmatische" Sichtweise wird von der Abgabenbehörde als Rechtsirrtum beurteilt, denn der Telos einer gesetzlichen Regelung des Zivil(verfahrens)rechts kann es nicht sein, Fragen der auseinanderzuhaltenden Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge zu vermengen, die Übertragung bestehender Vermögen (Rückzahlung bestehender Guthaben) mit der Hervorbringung noch nicht existenter (ggf zu erwartender) Vermögenswerte bzw Guthaben gleichzusetzen sowie eine zwingende gesetzliche Regelung eines zudem mit besonderem Daten- und Vertrauensschutz ausgestatteten Verwaltungsrechtsbereichs wie dem Abgabenrecht auszuhebeln. Für den Fall, dass zur Bearbeitung von Verlassenschaften Handlungen mit Wirkung für den Nachlass zu setzen sind, sieht das Zivilprozessrecht ausreichende Möglichkeiten vor. Die gesamte diesbezügliche Argumentation der Beschwerdeführerin entbehrt daher jeder Grundlage. Vertretungsfragen betreffend die Verlassenschaft im Abgaben(verwaltungs)verfahren fallen entgegen der Behauptung im Vorbringen in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde und nicht in jene der ordentlichen Gerichte. Aus diesem Grund sieht die BAO auch entsprechende Regelungen vor (vgl §§ 77 ff BAO), welche den Fall einer Antragsermächtigung ohne Partei- oder Vertreterstellung nicht kennen. Weshalb die Abgabenbehörde selbst Partei des Verlassenschaftsverfahrens sein müsste oder nicht sein sollte bzw aufgrund welcher Rechtsprechung (Zitate fehlen) die Gleichstellung der Beschwerdeführerin mit einem erbantrittserklärten Erben oder einem Verlassenschaftskurator gegeben sein sollte, ist hingegen nicht nachvollziehbar. Die Unterscheidungsmerkmale, welche die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht erkennen will, wurden oben aufgezeigt. Eine mittels Gerichtsbeschlusses gemäß § 153 Abs 2 AußStrG erteilte Ermächtigung reicht nicht aus, um für einem Legalzessionar Parteistellung im Abgabenverfahren der Verlassenschaft nach einem Verstorbenen zu begründen. Wem Parteistellung im Abgabenverfahren zukommt, ergibt sich ausschließlich aus § 78 BAO. Das Vertretungsrecht im Abgabenverfahren ist abschließend in §§ 80 ff BAO geregelt. Für den auf dieser Grundlage ermächtigten Sozialhilfeverband bestand daher keine Legitimation zur Abgabe von Steuererklärungen im Namen der Verlassenschaft (Legalzedent). Im Todesfall gehen Parteienrechte des Verstorbenen auf den Gesamtrechtsnachfolger über, auf Einzelrechtsnachfolger nur in begrenztem Umfang. Ein zivilgerichtlicher Beschluss vermag diesen Umfang für einen Einzelrechtsnachfolger nicht dahingehend zu erweitern, dass darüber hinaus auch Anträge betreffend noch nicht existente Vermögenswerte im Namen der Verlassenschaft eingereicht werden dürfen. Die Abgabenbehörde beantragt daher die Abweisung der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid".

Der Sozialhilfeverband G. vertritt hingegen die Rechtsmeinung, dass er zur Einreichung von Arbeitnehmerveranlagungserklärungen auf der Grundlage eines Beschlusses eines Zivilgerichtes (Verlassenschaftsgericht) ermächtigt worden sei. Es werde beantragt, den angefochtenen Zurückweisungsbescheid v. zu beheben und entsprechende Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2017-2020 durchzuführen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist, ob der ***Bf1*** das Recht hat, Arbeitnehmerveranlagungserklärungen für die Jahre 2017-2020 im Namen der Verlassenschaft nach der Verstorbenen, Frau ***27*** beim zuständigen ***FA*** einzureichen.

Frau A.A. ist am ***19*** verstorben. Im Zeitraum vom - war Frau ***16***. im Bezirksseniorenheim ***14*** bzw. vom bis zu ihrem Tode im Bezirksseniorenheim ***10*** (G.) (beides Pflegeheime des Sozialhilfeverbandes G. untergebracht und gepflegt.

Vom ***Bf1***, Geschäftsstelle, diese vertreten durch eine Mitarbeiterin des Sozialhilfeverbandes, wurden schließlich aufgrund der Ermächtigung des Bezirksgerichtes ***10*** als dem zuständigen Verlassenschaftsgericht vom ***21*** zu GZ ***20*** entsprechende Arbeitnehmerveranlagungserklärungen im Namen der Verlassenschaft für die Jahre 2017-2020 am 25.08.2021eingereicht. Die Arbeitnehmerveranlagungserklärungen wurden von der Mitarbeiterin persönlich unterschrieben. Gleichzeitig wurde diesen die Beilage, nämlich die Bestätigung vom , zur Vorlage beim Finanzamt vorgelegt.

Aus dieser Bestätigung ergab sich Folgendes:

"Es wird bestätigt, dass sich Frau ***8***, geb. ***18***, von 06.03.017 bis auf Teilkosten des ***Bf1*** in Pflege des Bezirksseniorenheimes ***14*** und von bis zu ihrem Ableben am ***19*** im Bezirksseniorenheim ***10*** befunden hat. Im Jahr 2017 hat Frau ***15*** aus ihrem Pensionseinkommen einen Kostenbeitrag zu den Heimkosten von insgesamt 21.954,13 Euro geleistet. Frau ***15*** hat in diesem Jahr Pflegegeld in Höhe von 13.237,56 Euro bezogen. Mit freundlichen Grüßen…"

Handschriftlich wurde von der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle die restlichen Forderungen des Sozialhilfeverbandes G. (Die Heimkosten wurden dem Pensionseinkommen plus Pflegegeld der Verstorbenen gegenübergestellt und auf diese Weise eine Restforderung des SHV im ausgewiesenen Betrag ermittelt) berechnet.

Am ***26*** wurde von Sozialhilfeverband ein Antrag, dessen Wortlaut dem Bundesfinanzgericht nicht vorliegt, zur Berücksichtigung seiner Forderungen beim Verlassenschaftsgericht G. gestellt.

Im erwähnten Beschluss des Bezirksgerichtes G. vom ***21*** zu GZ ***20*** wurde gemäß § 153 des Außerstreitgesetzes 2005 Folgendes beschlossen:

1.Gemäß § 153 AußStrG unterbleibt mangels den Wert von € 5.000,00 übersteigenden Aktiven die Abhandlung. Das Verfahren wird nur auf Antrag einer Partei fortgesetzt.

2. Im Sinne des im Rahmen der Errichtung der Todesfallaufnahme gestellten Antrages wirddem Sohn ***2***, geboren am ***3***, ***4***, ***5*** , gemäß § 153 (2) AußStrG die Ermächtigung erteilt, nachstehendes Verlassenschaftsvermögen, bestehend aus

a) Girokonto IBAN ***6*** bei ***7***, ltd. auf "***8***"

b) Bargeld in Höhe von € 143,00 beim Bezirksseniorenheim ***9***, ***10*** zur Gänze zu übernehmen und hierüber zu verfügen.

3. Dem Sozialhilfeverband G., ***11***, wird - in Entsprechung des mit Schreiben vom ***26*** zu ***12*** gestellten Antrages - gemäß § 153 (2) AußStrG weiters die Ermächtigung erteilt, beim zuständigen Finanzamt namens der Verlassenschaft allfällige Anträge auf Berechnung von Lohn- beziehungsweise Einkommenssteuer zu stellen bzw. damit in Verbindung stehende Erklärungen abzugeben. Über allfälliges Guthaben ist unaufgefordert zu berichten.

4. Die Gebühren des Gerichtskommissärs ***13***, öff. Notar, ***24***, ***25*** ***10***, für die Errichtung der Todesfallaufnahme werden wie folgt bestimmt….:

Die im Beschluss im Einzelnen ziffernmäßig dargestellte Gebühr wird dem Sohn ***2***, geboren am ***3***, ***4***, ***5***, zur Zahlung aufgetragen und wird dieser hiermit angewiesen, vorstehenden Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger gerichtlicher Einhebung an den Gerichtskommissär ***13***. ***10***, auf das Konto IBAN ***22*** bei der ***23***. zu überweisen.

Begründung

Die Abhandlung unterbleibt im Sinne des § 153 (1) AußStrG, da die Aktiven der Verlassenschaft den Wert von € 5.000,00 nicht übersteigen, zum Rechtserwerb aufgrund des Todesfalls keine bücherlichen Eintragungen erforderlich sind und kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wurde. Dem Antrag auf Erteilung der Ermächtigung, das Verlassenschaftsvermögen zur Gänze zu übernehmen, war stattzugeben, da der dem Antrag zugrundeliegende Anspruch nach der Aktenlage hinreichend bescheinigt ist. Über allenfalls nachträglich hervorkommende Aktiva wird im Sinne des § 183 (3) AußStrG zu entscheiden sein."

Bezirksgericht ***10***

***10***, ***21***

O.Rev. Name, Diplomrechtspflegerin

Elektronische Ausfertigung

gemäß § 79 GOG

2. Beweiswürdigung

Der geschilderte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A) Verfahrensrechliches zum Bescheidadressaten, Beschwerdeführer sowie Anbringen:

§ 93 Abs. 2 BAO normiert zum Bescheidadressaten: Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Wenn sich die Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten vergreift, aber aus der Erledigung insgesamt offenkundig ist, wer gemeint war, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; in diesem Fall liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, bei dem, solange eine Berichtigung nicht erfolgt ist, durch Auslegung des Bescheids zu klären ist, an wen er gerichtet ist (; ).

Beschwerdeführer ist nach § 78 BAO jeder, der eine Beschwerde einbringt. Nach § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Aus dem Bescheidspruch (§ 93 Abs 2) ergibt sich der Bescheidadressat, also die Person, dessen Rechte berührt werden.

B) Parteibegriff nach der BAO:

Gemäß § 77 Abs 1 BAO ist Abgabepflichtiger im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt.

Gemäß § 78 Abs 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat.

Gemäß § 78 Abs 2 BAO sind ferner Parteien des Abgabenverfahrens,

a) wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen (§ 191 Abs. 1 und 2);

b) wenn nach den Abgabenvorschriften Steuermessbeträge oder Einheitswerte zu zerlegen oder zuzuteilen sind, die Körperschaften, denen ein Zerlegungsanteil zugeteilt worden ist oder die auf eine Zuteilung Anspruch erheben.

Gemäß § 78 Abs 3 BAO haben andere als die genannten Personen die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

§ 79 BAO lautet:

Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit (hier betreffend den Nachlass und nach Einantwortung betreffend die Erben) die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes; § 2 Zivilprozessordnung ist sinngemäß anzuwenden. Die Rechtsfähigkeit von natürlichen Personen endet mit dem Tod (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 79 Anm 7). Für den Zeitraum zwischen dem Tod des Verstorbenen und der Einantwortung kennt das bürgerliche Recht die Rechtsfigur des ruhenden Nachlasses (§ 531 ABGB - hereditas iacens). Da gemäß § 79 BAO im Abgaben(verfahrens-)recht für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten, ist der ruhende Nachlass beispielsweise auch Adressat von Bescheiden (vgl. etwa ; ; ).

Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

§ 82. (1) Soll gegen eine nicht voll handlungsfähige Person, die eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Abgabenbehörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters (§ 1034 ABGB) beim zuständigen Gericht (§ 109 Jurisdiktionsnorm) beantragen.

(2) Ist zweifelhaft, wer zur Vertretung einer Verlassenschaft befugt ist, oder wer beim Wegfall einer juristischen Person oder eines dieser ähnlichen Gebildes oder eines sonst verbleibenden Vermögens vertretungsbefugt ist, gilt Abs. 1 sinngemäß.

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 19 Abs 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. Solche Bestimmungen sind etwa die Universalsukzession nach dem Erbrecht, wonach mit der Einantwortung der Erbe in die Rechte und Pflichten des verstorbenen Abgabenpflichtigen eintritt.

C) Verlassenschaftsverfahren:

Bei Ableben einer natürlichen Person leitet das zuständige Bezirksgericht -das Verlassenschaftsgericht - in dem Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte - das Verlassenschaftsverfahren (Außerstreitverfahren nach dem Außerstreitgesetz 2005) ein.

Vom zuständigen Verlassenschaftsgericht wird ein Gerichtskommissär beauftragt, das Verlassenschaftsverfahren abzuwickeln. In der Regel ist dies ein öffentlicher Notar oder ein Notarsubstitut. Aufgabe des Gerichtskommissär ist im Rahmen der Todfallsaufnahme zunächst das Ausfindigmachen von erbberechtigten Personen, also nahen Angehörigen des Verstorbenen.

Ziel ist es, den Vermögenswert der Verlassenschaft festzustellen, d. h. im Einzelfall die Aktiven oder Passiven festzustellen, um gegebenenfalls zu einem reinen Nachlass oder zu einem überschuldeten Nachlass zu gelangen.

Dabei sind auch die Schulden des Verstorbenen im Zeitpunkt seines Todes zu ermitteln (zB. Mietrückstände, aber eben auch Forderungen von anderen Dritten wie hier dem Pflegeheim gegen die Verlassenschaft).

"Rolle" der Verlassenschaft:

Die Verlassenschaft ist als ruhender Nachlass (juristische Person) Partei im Sinne des AußstrG bis zur Einantwortung ( 10 Ob 2113, 96 z). Nach der Einantwortung sind dies die Erben.

Die Verlassenschaft kann selbst nicht handeln, sondern muss vertreten sein. Nur wenn sie vertreten ist, kann sie Anbringen einreichen (z.B. Abgabenerklärungen, Beschwerden, Rückzahlungsanträge etc.) und auch nur dann können ihr Bescheide wirksam zugestellt werden.

Bescheide im Verlassenschaftsverfahren sind zu adressieren bzw. zuzustellen:

• Bei Vorliegen einer Vollmacht mit Wirksamkeit über den Tod des Abgabepflichtigen hinaus sind Abgabenbescheide an die Verlassenschaft nach dem Abgabepflichtigen zu richten und zu Handen des ausgewiesenen Vertreters zuzustellen.

Gegebenenfalls ist daher der Bescheidadressat im Wege der zulässigen Auslegung des Bescheides zu eruieren.

Das Gericht meint, dass der SHV als Bescheidadressat anzusehen (der im weiteren Verfahren auch der Beschwerdeführer) ist.

Anfragen der Gerichtskommissäre

Die Notare als Gerichtskommissäre stellen regelmäßig Anfragen an die Finanzämter, ob hinsichtlich einer verstorbenen Person eine Gutschrift aus einer Veranlagung zu erwarten ist und wie hoch diese voraussichtlich sein wird. Hierzu ist zunächst auszuführen, dass nach § 145a Abs. 1 AußStrG der Gerichtskommissär den Umfang und Wert des hinterlassenen Vermögens "auf einfache Weise und ohne weitwendige Erhebungen" zu ermitteln hat. Dies kann durch Befragen von Auskunftspersonen sowie Abfragen im Grund- bzw. Firmenbuch sowie anderen öffentlichen Registern und Datenbanken erfolgen. Eine Anfrage des Gerichtskommissärs iZm der zu erwartenden Veranlagung ist zu beantworten; dies erfolgt im zwingenden öffentlichen Interesse, weil der Gerichtskommissär sie jedenfalls zur Ermittlung des nachlasszugehörigen Vermögens iSd § 145a AußStrG benötigt und auf andere Weise nicht erlangen kann und ist daher unter § 48a Abs. 4 lit. b BAO zu subsumieren. In der Beantwortung von Anfragen der Gerichtskommissäre ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Vorausberechnung nur einen Mindestbetrag ergibt, zumal allfällige Abzugsposten wie außergewöhnliche Belastungen der Abgabenbehörde nicht im Vorhinein bekannt sind. Ebenso sollte aus verfahrensökonomischen ***10*** schon in diesem Stadium darauf hingewiesen werden, dass die Einbringung eines Antrages auf Durchführung einer Veranlagung jedenfalls nur durch einen gesetzlichen Vertreter der Verlassenschaft oder einen Gesamtrechtsnachfolger zulässig ist.

So ist beispielsweise ein Testamentsvollstrecker (§ 816 ABGB) weder als eigenberechtigter noch als gewillkürter Vertreter der Verlassenschaft anzusehen und kann daher auch keine rechtswirksamen Anbringen bei der Abgabenbehörde einbringen.

Verlassenschaftsverfahren ohne erbantrittserklärte Erben

Wird das Verlassenschaftsverfahren nicht in Form einer Verlassenschaftsabhandlung geführt, sondern armutshalber abgetan (§ 153 AußstrG 2005 oder an Zahlungs statt (§ 154 AußStrG 2005 überlassen, bleibt nach herrschender Auffassung der ruhende Nachlass grundsätzlich bestehen. Um wirksam im Abgabenverfahren handeln zu können - zB Abgabenerklärungen einzubringen -, bedarf die Verlassenschaft eines Vertreters.

Somit ist ein Bescheid nach dem Tod des Erblassers über eine in dessen Person entstandene Abgabenschuld vor der Einantwortung an die Verlassenschaft (vertreten durch den Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder den bzw. die erbserklärten Erben) und nach der Einantwortung an die Erben als Rechtsnachfolger zu richten (; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 19 Anm 8). Als Verlassenschaftsverfahren bezeichnet das Gesetz alle Verfahren, die sich mit der rechtlichen Abwicklung des Nachlasses befassen. Dazu zählen neben der Verlassenschaftsabhandlung auch alle Verfahren, in denen es nicht zu einer Einantwortung kommt (kein ausreichendes Vermögen, überschuldetes Vermögen, Fehlen der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit oder erblose Verlassenschaft - vgl Bittner, Außerstreitgesetz2 (2012) Vor § 143 Rz 1). Die Bestimmungen über die eigentliche Verlassenschaftsabhandlung beginne mit der Vertretungsvorsorge, die in § 156 AußStrG geregelt ist. Davor finden sich die Bestimmungen über das Vorverfahren. Zu diesem Vorverfahren gehört auch die Überlassung an Zahlungs statt (zB. § 153 AußStrG). Vor der Annahme durch den Erben wird die Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch vom Verstorbenen besessen würde. Die überwiegende Lehre definiert den Nachlass als juristische Person (Koziol/Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Tz 246; Sprohar/Heimlich in Fenyves/Kerschner/Vonkilch ABGB 3 [ Klang] § 547 aF Rz 3 mwN; vgl auch Grabner/Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 1 Anm 2). Der ruhende Nachlass soll als Rechtssubjekt die Zeitspanne zwischen dem Erbfall und der Einantwortung überbrücken (Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 Rz 7).

Der ruhende Nachlass verliert seine Rechtspersönlichkeit erst mit der Einantwortung. Konsequenterweise besteht er dann weiter, wenn eine Einantwortung nicht stattgefunden hat (Obermaier, Zum Unterbleiben der Verlassenschaftsabhandlung, ÖJZ 2008/15). Als juristische Person bedarf es eines Vertreters, der für diese juristische Person (Verlassenschaft) handelt. Solche Vertreter können ein Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder der bzw. die erbserklärten Erben sein. Mit der Bestellung des Verlassenschaftskurators enden die Rechte der präsumtiven oder erbantrittserklärten Erben nach § 810 ABGB (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 810 Rz 11). Die "Antretung der Erbschaft", die Erbantrittserklärung, ist gegenüber dem Gerichtskommissär abzugeben (§ 157 Abs 1 AußStrG - Bittner, Außerstreitgesetz2 (2012) § 171 Rz 8).

Zur Schuldnerschaft für Nachlassverbindlichkeiten

Vor der Einantwortung des Nachlasses haftet stets nur die Verlassenschaft (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, § 821, Rz 2 (Stand , rdb.at); nach der Einantwortung sind nach § 19 Abs. 1 BAO für den Umfang der Inanspruchnahme des Gesamtrechtsnachfolgers die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts maßgeblich. Hier kämen zunächst §§ 801 und 802 ABGB zum Tragen:

• Nach § 801 ABGB kann ein Erbe, der eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat, uneingeschränkt für alle Verbindlichkeiten des Erblassers herangezogen werden. • Sind bei mehreren Erben alle Erben unbedingt erbantrittserklärt, entsteht gemäß § 820 ABGB hinsichtlich der vom Erblasser übernommenen Schulden ein Gesamtschuldverhältnis.

• Nach § 802 ABGB muss ein bedingt erbantrittserklärter Erbe nur bis zur Höhe des Wertes der übernommenen Nachlassaktiven - der Zeitpunkt der Einantwortung ist maßgeblich - für die Verbindlichkeiten des Erblassers einstehen. Hat bei mehreren Erben auch nur einer der Erben eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben, so genießen auch die unbedingt Erbantrittserklärten die Rechtswohltat des Inventars - insbesondere die damit verbundene Haftungsbeschränkung.

• In weiterer Folge entsteht gemäß § 821 ABGB für alle Erben hinsichtlich der Verbindlichkeiten des Erblassers ein anteiliges Schuldverhältnis nach Maßgabe der aus der Einantwortungsurkunde ersichtlichen Erbquoten. Derartige, wegen bedingter Erbantrittserklärung gegen die Erben nicht durchsetzbare, dem Erblasser gegenüber entstandene Abgabenansprüche sind gemäß § 802 ABGB iVm § 19 BAO abzuschreiben, soweit keine Inanspruchnahme der Erben als Haftende (insbesondere § 15 BAO) erfolgt (vgl. RAE Rz 1607, wonach es sich dabei um eine Abschreibung außerhalb der §§ 235, 236 BAO handelt).

Auf §§ 813 f ABGB und die Folgen einer unterlassenen Forderungsanmeldung im Verlassenschaftsverfahren bei Erschöpfung des Nachlasses wird verwiesen, weshalb in jedem Fall die Anmeldung von Abgabenforderungen im Verlassenschaftsverfahren (Anmerkung des Richters: und eben nicht im Abgabenverfahren) in der Praxis bisher empfohlen wird.

Liegen allerdings keine Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der Abgabenbehörde vor, sondern ist ein Abgabenguthaben vorhanden, so hat die Art der Erbantrittserklärung keinen Einfluss auf Fragen der Rückzahlung.

Auszug aus dem Verfahren vor den Verlassenschaftsgerichten

Zum vereinfachten Verfahren im Sinne eines "Vorverfahren" nach dem Außerstreitgesetz:Die "Verlassenschaft nach …." kann unstrittig durch einen bestellten Verlassenschaftskurator oder auch durch eine auf den Todesfall hinaus bevollmächtigte Person vertreten werden.

Weiters bestimmt § 153 Abs. 2 AußStrG:

Ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden, so hat das Gericht auf Antrag denjenigen, deren Anspruch nach der Aktenlage bescheinigt ist, die Ermächtigung zu erteilen, das Verlassenschaftsvermögen ganz oder zu bestimmten Teilen zu übernehmen, dazu gehörende Rechte geltend zu machen oder aufzugeben, über erhaltene Leistungen rechtswirksam zu quittieren und Löschungserklärungen auszustellen.

In vielen Fällen wird in einem Beschluss nach § 153 Abs. 2 AußStrG ein Sozialhilfeverband im Sinn dieser Bestimmung ermächtigt.

Als Träger der Sozialhilfe tritt entweder der Magistrat in Statutarstädten auf oder der Sozialhilfeverband (§ 29 OÖ SHG). Der Sozialhilfeverband ist nach § 3 iVm § 12 Oö Gemeindeverbändegesetz iVm Oö SHG ein Gemeindeverband mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die jeweilige Geschäftsstelle des SH-Verbands ist bei der BH eingerichtet (§ 38 Abs 1 OÖ SHG). Für den Sozialhilfeverband ist der Obmann zeichnungsberechtigt (§ 32 Abs 5 Z 1 OÖ SHG). Dies ist der Bezirkshauptmann bzw. die Bezirkshauptfrau (§ 34 Abs 1 OÖ SHG).

Vertreter des ruhenden Nachlasses können sein:

• ein vom Abgabepflichtigen zu dessen Lebzeiten Bevollmächtigter (zB Steuerberater), sofern die Vertretungsmacht über den Todesfall hinaus erteilt wurde oder

• ein vom Gericht bestellter Verlassenschaftskurator

Somit kann ein Anbringen, z.B. eine Abgabenerklärung nach derzeit herrschender Auffassung immer nur durch einen der oben genannten Vertreter beantragt werden.

Beantragung der Veranlagung auf Basis von Beschlüssen der Bezirksgerichte?

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass die Bezirksgerichte in Beschlüssen gemäß § 154 AußStrG aussprechen, dass eine bestimmte Person, der einzelne Vermögenswerte des verstorbenen Abgabepflichtigen an Zahlungs statt überlassen werden, ermächtigt wird, die Durchführung eines Veranlagungsverfahrens zu beantragen. Zum Teil werden auch Sozialhilfeverbände dazu ermächtigt. Gerichtsverfahren zur Klärung der damit in Verbindung stehender Rechtsfragen sind zum Teil anhängig.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Abgabenbehörden gemäß § 116 Abs. 2 BAO grundsätzlich an die im - als amtswegiges Verfahren konzipierten - Außerstreitverfahren beurteilten privatrechtlichen Vorfragen gebunden sind (vgl. Stoll, BAO 1331), soferne diese in Rechtskraft erwachsen sind. Allerdings kann nach der Judikatur des VwGH selbst bei Vorliegen des Untersuchungsgrundsatzes im zivilgerichtlichen Verfahren (wie im AußStrG) eine Bindung nur insoweit bestehen, "als Tatbestandskongruenz besteht" (). Aufgrund des Umstandes, dass die Frage der abgabenverfahrensrechtlichen Legitimation einer Partei ausschließlich im öffentlich-rechtlichen Verfahren durch die Abgabenbehörden zu beurteilen ist, besteht nach Ansicht des BMF keine Bindungswirkung gemäß § 116 Abs. 2 BAO an einen solchen Gerichtsbeschluss.

D) Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung (§ 41 EStG 1988)

Vor der Einantwortung (oder auch wenn es zu einer solchen infolge der §§ 153ff AußStrG gar nicht kommt) setzt gem. § 531 ABGB der ruhende Nachlass (die "Verlassenschaft nach XY" als juristische Person) als Gesamtrechtsnachfolger und Träger der Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen dessen Rechtsposition fort.

Wird die Durchführung einer Veranlagung daher von einem Einzelrechtsnachfolger zB. naher Angehöriger (der Sozialhilfeverband ist kein solcher Einzelrechtsnachfolger) beantragt, der über keine Vollmacht des Verstorbenen über den Tod hinaus verfügt, ist der Antrag mangels Legitimation iSd § 19 Abs. 1 BAO zurückzuweisen. In der Begründung des Zurückweisungsbescheides ist darauf hinzuweisen, dass nur eine Gesamtrechtsnachfolge auch zu einem Übergehen abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten führt. Bei Einzelrechtsnachfolge bleibt die Verlassenschaft als juristische Person weiterbestehen. In diesem Fall muss durch das Gericht ein Verlassenschaftskurator bestellt werden. Nur dieser ist legitimiert, Abgabenerklärungen einzubringen und nur an diesen kann die Bescheidzustellung erfolgen.

Liegen allerdings keine Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der Abgabenbehörde vor, sondern ist ein Abgabenguthaben vorhanden, so hat die Art der Erbantrittserklärung keinen Einfluss auf Fragen der Rückzahlung (siehe sogleich folgend).

Zeitraum zwischen Ableben des Abgabepflichtigen und Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses und (hier nicht vorliegende) Rückzahlungsanträge:

Solange noch keine Erbantrittserklärungen abgegeben wurden, bedarf die Verlassenschaft eines Vertreters. Nur ein solcher ist legitimiert, einen Rückzahlungsantrag im Hinblick auf Guthaben auf dem Abgabenkonto zu stellen. Vertreter der Verlassenschaft kann ein steuerlicher Vertreter sein, dessen Vollmacht über den Tod hinausgeht und auch eine Geldvollmacht beinhaltet. Ebenso wäre ein Verlassenschaftskurator - bei Vorliegen eines entsprechenden Bestellungsbeschlusses (Achtung: Wortlaut maßgebend) - ermächtigt, einen Rückzahlungsantrag einzubringen. Da der das Verlassenschaftsverfahren durchführende Notar als Gerichtskommissär kein Vertreter der Verlassenschaft ist, kann dieser keinen Rückzahlungsantrag oder sonstige Anbringen "im Namen der Verlassenschaft" einbringen.

Der Sozialhilfeverband (SHV) hat eine Restforderung gegen die Verlassenschaft. Aus der Sicht der Verlassenschaft lag auch im gegenständlichen Beschwerdefall (Verbindlichkeit) vor.

Die Forderung des Sozialhilfeverbandes auf Tilgung seiner offenen Forderungen (aus den Zeiten der Heimpflege zu Lebzeiten des Verstorbenen) bedeuten für die Verlassenschaft aus ihrer Sicht eine Verbindlichkeit (Passivpost).

Der vom Verlassenschaftsgericht bestellte Notar hat umfangreiche Befugnisse je nach Größe der Verlassenschaft. Er kann bei Banken Auskünfte verlangen, kann sich Belege vorlegen lassen, kann mit zuständigen Finanzbehörden Rücksprache halten, was die Abgabenkonten des Verstorbenen betrifft oder wenn es sich beispielsweise um Geschäftsanteile des Verstorbenen handelt, auch beim Firmenbuch rückfragen.

E) § 153 AußStrG 2005: (vereinfachtes Vorverfahren):

Das Verlassenschaftsverfahren regelt mit dieser Bestimmung eine lex spezialis im sogenannten vereinfachten Vorverfahren. Die Voraussetzungen des § 153 AußStrG in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lagen unstrittig vor.

Fraglich blieb nur die verfahrensrechtliche Rechtsfrage, ob die Ermächtigung für den SHV im Wege des Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes auch Wirkung für das Abgabenverfahren erzeugen kann.

Diese Bestimmung bietet mit seiner vollen Formulierung ("Rechte") einen Auslegungsspielraum an, nachdem ein explizites Antragsrecht des Sozialhilfeverbandes für die Geltendmachung in einem ANV-Verfahren nach § 41 EStG 1988 in der Bestimmung des §§ 153 des Außerstreitgesetzes gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Was unter "Rechten" zu verstehen ist, ist unklar. Gemäß § 153 AußStrG 2005 ist es möglich, die Ermächtigung zu erteilen, "das Verlassenschaftsvermögen [...] zu übernehmen, dazu gehörende Rechte geltend zu machen oder aufzugeben [...]".

Berger führt dazu in Zeitschrift iFamZ 2021, 173,3 / 2021 (unter Hinweis auf zahlreiche Entscheidungen von Zivilgerichten) aus:

"Unklar ist, welche Fälle der Gesetzgeber damit nach der Bestimmung des AußStrG 2005 gemeint hat (FN 46 -Dazu ohne nähere Ausführungen ErlRV 224 BlgNR 22. GP 99 f.)Nach der Diktion der Vorgängerbestimmung, § 72 AußStrG aF (FN 47), erfasste dies, den "Berufenen [zu] ermächtigen, die in den Nachlass gehörigen Rechte, insbesondere Forderungen, Pfandrechte, Ansprüche auf Einlagebüchern, Versicherungspolizzen u. dgl. geltend zu machen [...]". Dem Ermächtigten konnte nach der Rsp die gerichtliche Geltendmachung von Rechten und damit die Aktivlegitimation zur Prozessführung eingeräumt werden (FN 48- OGH 6 Ob 31/03g, ZIK 2003, 140; RIS-Justiz RS0007649)…."

Ob ein solches Recht iSd § 153 AußStrG auch die Befugnis zur Durchführung und Einreichung von Arbeitnehmerveranlagung Erklärungen umfasst, war - wie ausgeführt -strittig.

Nach Ansicht des Richters ist - aus folgenden Überlegungen heraus -eine solche Befugnis - trotz zivilgerichtliche Ermächtigung durch ein Verlassenschaftsgericht (aber ohne Bindungswirkung für die Finanzbehörden) - nicht zulässig:

"Vertreter-Rolle" des Sozialhilfeverbandes oder doch bloßer Gläubiger mit Forderungsanmeldung im Verlassenschaftsverfahren auch in einfachen Fällen?

Die Verlassenschaft braucht für Handlungen einen Vertreter, der wir ausgeführt ein Verlassenschaftskurator oder ein Erbenmachthaber oder aber auch ein Parteienvertreter ist, der vom Verstorbenen über seinen Tod hinaus dazu ermächtigt worden ist.

All das liegt im gegenständlichen Beschwerdefall aber nicht vor.

Zentrale Frage ist für den Sozialhilfeverband die Durchsetzung eines Rechtsanspruches hinsichtlich der noch offenen Forderungen aus der Heimpflege gegenüber der Verlassenschaft (bis zur Einantwortung) bzw. gegenüber den potentiellen Erben (idR nahe Angehörige).

Die Frage des Anspruchsüberganges aus dem Gesetz also ex lege heraus muss von der Durchsetzung des Rechtsanspruches unterschieden werden. Wenngleich das Sozialversicherungsrecht in seiner Bestimmung des §§ 324 Abs. 3 ASVG eine Legalzession vorsieht, ist damit noch nicht die Frage seiner Durchsetzung in einem bestimmten Verfahren regelt. Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht gehen hier eigene Wege.

Die nach den Steuergesetzen verpflichtend angeordnete oder berechtigte (wie im Falle einer Antragsveranlagung gemäß § 41 EStG 1988) Abgabe einer Steuererklärung ist Teil des öffentlichen Rechtes.

Faktum ist, dass der Sozialhilfverband dem äußeren Anschein nach eine Ermächtigung zum Handeln für die Verlassenschaft hat (siehe den Gerichtsbeschluss v. ***21***). Durch diese "Handlungsvollmacht", die vom zuständigen Verlassenschaftsgericht dem äußeren Anschein nach erzeugt wird und auf deren Grundlage der Sozialhilfverband auch "im guten Glauben" auf die" ihm "erteilte Vollmacht für die Verlassenschaft handelte, wird aber nach der Auffassung des Richters keine Bindungswirkung für das Abgabenverfahren erzeugt.

Der Sozialhilfeverband wird dadurch nicht zum "Vertreter" der Verlassenschaft, weil die speziellen Vorschriften des Außerstreitrechtes hier die speziellen Organe vorsehen (zB. Verlassenschaftskurator, zB. Erbenmachthaber oder zB. gewillkürter Parteienvertreter)

Auch das Argument der "Gegenrechnung im Sinne einer Aufrechnung" nach einer Art des Schnellverfahrens wegen der noch offenen Verbindlichkeiten des Verstorbenen (bzw. dessen Verlassenschaft) trägt nicht dazu bei, eine Vertreterrolle für die Verlassenschaft zu begründen.

Dieses "Schnellverfahren" liegt auch nicht in der Systematik des Verlassenschaftsverfahrens. Man kann es vereinfachend auf den Punkt bringen: "Vorfahren des Außerstreitverfahrens bedeutet nicht "Schnellverfahren" für den SHV im BAO-Verfahren zur Durchsetzung seiner Rechtsansprüche aus dem ASVG.

Nach der Meinung des Bundesfinanzgerichtes (Richter) kann aber im gegenständlichen Beschwerdefall dem Sozialhilfeverband nicht mehr als die Rolle eines Gläubigers, also eines Inhabers einer Forderung gegenüber seinem "Schuldner", der Verlassenschaft zukommen.

Daher ist der Sozialhilfeverband als "einfacher Verlassenschaftsgläubiger" in den Fällen des § 153 AußStrG einzustufen und kein "Vertreter" der Verlassenschaft.

Das Interesse eines Vertreters muss nämlich dahingehend lauten, dass er seinen Schuldner entlasten müsste und nicht das Abgabenverfahren im Wege einer Antragsveranlagung nutzen kann, um seine Forderung -allenfalls im Wege einer Aufrechnung - durchsetzen zu können. Die Textierung in den ANV-Erklärungen "für die Verlassenschaft" ist nicht entscheidungswesentlich. Sein Handeln wird immer als ein solches im eigenen Namen zu werten sein, weil es um seine (im Wege der Legalzession übergegangene) Forderung geht, die er zu Lebzeiten des Verstorbenen durch die Heimpflege erwarb und die er von seinem Schuldner (Haftung des Nachlasses bzw. der Erben) getilgt sehen will. Das "Eintreiben der Forderung" geht nach der Meinung des Richters nicht über § 41 EStG 1988, mag es auch noch so "schnell bzw. praktisch" im Sinne der Befriedigung des Gläubigers SHV sein.

Sozialhilfeverband als bloßer Gläubiger

Die Zielsetzung des Sozialhilfeverbandes ist jedoch nur die Befriedigung seiner Interessen, um nicht die zu Lebzeiten des Verst. angefallenen Kosten endgültig aus "eigenem Budget" tragen zu müssen. Der SHV will seine Forderung durchsetzen.

Wäre er ein Vertreter, der die Interessen seines Schuldners (Verlassenschaft) wahrnimmt, müsste er "gleichsam auf seine Forderung verzichten". Im Moment des Verzichtes auf die Forderung des SHV würde es keines steuerrechtlichen Verfahrens im Sinne des § 41 EStG 1988 bzw. des §§ 85 BAO ff. mehr bedürfen (Forderungsuntergang).

Abgesehen davon ist im Zeitpunkt der Einreichung der ANV- Erklärung am ein solches Aktivum aus der ANV-Gutschrift im Regelfall - der Höhe nach -noch gar nicht bestimmt.

Bei Verlassenschaftsverfahren, in welchen es aufgrund eines geringfügigen Aktivvermögens oder bei Überlassung an Zahlungs statt zu keiner Gesamtrechtsnachfolge, sondern zu einer Einzelrechtsnachfolge kommt, ist Folgendes zu beachten:

Wurde jemandem (in der Regel einem nahen Angehörigen) ein bereits bestehendes Abgabenguthaben an Zahlungs statt überlassen (dieses Guthaben muss in Bezug auf die Person des Abgabepflichtigen und die Höhe im Beschluss gemäß §§ 153 bzw. 154 f AußStrG genau bestimmt sein), so kann der Berechtigte (als Einzelrechtsnachfolger) im eigenen Namen einen Rückzahlungsantrag stellen (ihm ist das im Überlassungsbeschluss ausgewiesene Abgabenguthaben auszuzahlen) bzw. dieser im Namen des Berechtigten durch einen gewillkürten Parteienvertreter (insbesondere Steuerberater) eingebracht werden. Eine Rückzahlung kann ausschließlich derjenige beantragen, dem im Überlassungsbeschluss des Bezirksgerichtes das betreffende Guthaben auf dem Abgabenkonto überlassen wurde. Dies kann eine natürliche Person oder eine juristische Person sein (zB ein Sozialhilfeverband). Wird die Rückzahlung daher durch denjenigen beantragt, der im Beschluss dazu ermächtigt ist, ist sie durchzuführen. Besteht zum Zeitpunkt der Überlassung an Zahlungs statt jedoch noch kein Guthaben und sind noch Abgabenverfahren durchzuführen, ist der Einzelrechtsnachfolger nicht berechtigt, durch Einreichung einer Abgabenerklärung nach dem Erblasser quasi ein Guthaben zu schaffen (-RS 2). Dafür bedürfte es eines Verlassenschaftskurators.

RS: "Unterbleibt die Einantwortung einer Verlassenschaft zB gemäß §§ 153ff AußStrG an die präsumtiven Erben, so sind diese Personen nicht Gesamtrechtsnachfolger und allfällige abgabenrechtliche Verpflichtungen oder Ansprüche können nicht im Wege des § 19 BAO übergehen. Da diese Personen die Rechtspersönlichkeit des Erblassers nicht fortsetzen, besitzen sie insbesondere nicht die Legitimation zur Stellung von Anträgen namens des Erblassers (Stoll, BAO-Kommentar, 198)."

Auszahlung bzw. Rückzahlung von bestehenden Guthaben (hier noch nicht vorliegend und daher auch nicht Sache des Beschwerdeverfahrens)?

Der Vollständigkeit halber wird vom Gericht bemerkt:

Ein in einem Gerichtsbeschluss zur Steuernummer des Erblassers ("Verl. Nach Name") angeführtes und in der Höhe bestimmtes Abgabenguthaben würde den Einzelrechtsnachfolger zur Ausfolgung desselben berechtigen.

Der SHV ist nicht Einzelrechtsnachfolger eines feststehenden Guthabens. Dies wird auch nicht durch die ausgesprochene Ermächtigung v.***21*** durch das Verlassenschaftsgericht begründet.

Eine über einen im Beschluss genannten Betrag hinausgehende Rückzahlung wäre auch rechtswidrig.

Unter Ausfolgung eines Guthabens ist im Sinne der Bundesabgabenordnung ein auf § 239 Abs. 1 begründeter Rückzahlungsantrag zu einem rückzahlbaren Guthaben gemäß § 215 Abs. 4 BAO zu verstehen. Über die Höhe eines beim Finanzamt bestehenden Guthabens gibt die Buchungsmitteilung Auskunft; den Rückzahlungsantrag kann der Einzelrechtsnachfolger im eigenen Namen stellen. Ein solcher Beschluss des Verlassenschaftsgerichts berechtigt den Singularsukzessor hingegen nicht, durch Abgabe einer Erklärung auf Arbeitnehmerveranlagung nach dem Erblasser quasi ein Guthaben zu schaffen.

Ebenso unzulässig wären beispielsweise Rückzahlungsanträge von Sozialhilfeverbänden, die sich nicht auf eine Ermächtigung des Gerichts in einem Überlassungsbeschluss beziehen, sondern bloß unter Hinweis auf die in § 324 Abs. 3 ASVG normierte Legalzession im Hinblick auf den Renten- oder Pensionsanspruch die Rückzahlung begehren. Gegenstand dieser Legalzession können nur laufende Geldleistungsansprüche auf eine Pension oder Rente aus der Sozialversicherung sein. Die Bestimmung bezieht sich eindeutig nicht auf mögliche Guthaben, die aus einer Arbeitnehmerveranlagung von Pensions- bzw. Rentenbeziehern stammen. Rückzahlungsanträge von Sozialhilfeträgern auf Grundlage des § 324 Abs. 3 ASVG bzw. der unter Heranziehung dieser Bestimmung ergangenen erbrechtlichen Entscheidungen des OGH wären ebenfalls wegen mangelnder Legitimation zur Einbringung eines Rückzahlungsantrages zurückzuweisen.

Selbst wenn man eine gegenteilige Rechtsposition einnehmen würden (also die 80 % nach § 324 Abs. 3 ASVG auch auf eine fiktive (weil erst in der Zukunft entstehend) ANV-Gutschrift (als Vermögensbestandteil der Verlassenschaft) betrachten würde, stellt sich immer noch die Frage der Rechtsdurchsetzung im eigens dafür vorgesehenen Verlassenschaftsverfahren als Verlassenschaftsgläubiger (Forderungsanmeldung durch den SHV an den Gerichtskoär. der Verlassenschaft).

Ob gegebenenfalls eine Bestellung eines Kurators auch bei derartigen einfachen Fällen des Vorverfahrens zweckmäßig ist, hat das Verlassenschaftsgericht im Einzelfall zu beurteilen.

Da das Verlassenschaftsverfahren im § 153 Außerstreitgesetz eine lex spezialis Bestimmung darstellt, in der ein allfälliger Ausspruch in Form der Ermächtigung für den Sozialhilfeverband, Arbeitnehmerveranlagungserklärungen beim Finanzamt einzureichen, nicht vorgesehen ist und nicht aus dem Wort "Rechte" abgeleitet werden kann, war der Zurückweisungsbescheid des ***FA*** ***1*** nach Ansicht des Richters - aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen der "handelnden Personen" (Sozialhilfeverband und Verlassenschaft und Forderungsausgleich mit noch nicht bestehenden Guthaben) sowie unterschiedlicher Verfahren (Außerstreitverfahren bzw. Abgabenverfahren) - gesetzeskonform.

Was die gegenüber der Abgabenbehörde erforderliche Antragstellung (Arbeitnehmerveranlagungen 2017 bis 2020) betrifft, ist bei derartigen Sachverhalten eines § 153 AußStrG 2005 jedenfalls eine behördentaugliche Stellvertretung erforderlich. Zweckmäßigerweise wird dies durch die gerichtliche Bestellung eines Verlassenschaftskurators vollzogen werden können, auch wenn dieser in den Fällen des § 153 AußStrG nicht verpflichtend vorgeschrieben ist.

Eine andere Rechtsansicht vertritt hiezu Berger (Notarkandidat) Fundstelle iFamZ 2021, 173,3 / 2021 (unter Hinweis auf zahlreiche Entscheidungen von Zivilgerichten). Zitat daraus: "Die Kuratorenlösung mag zwar auf den ersten Blick wie eine unvermeidbare Notwendigkeit aussehen, sie ist jedoch nicht pragmatisch und damit nicht mit dem Telos des Gesetzes im Einklang stehend. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber gerade mit der Systematik des § 153 Abs 2 AußStrG - die nach der hier vertretenen Ansicht hinsichtlich der Ermächtigung zur Geltendmachung von Rechten auch analog auf die Überlassung an Zahlungs statt auszudehnen ist - eine kostengünstigere und raschere Lösung aufzeigen wollte.

Gesetzesänderung als Ausweg?

Würde der Gesetzgeber eine Gesetzesänderung dahingehend machen, dass dem Sozialhilfeverband ein Antragsrecht in derartigen Fällen des §§ 153 Außerstreitgesetz oder darüberhinausgehend auch in den Fällen des § 154 (Überlassung an Zahlungsstatt oder aber auch bei sogenannten überschuldeten Verlassenschaft nach § 155 AuStrG) ex pressis verbis gesetzlich eingeräumt wird, müsste er einen entsprechenden parlamentarischen Gesetzgebungsprozess beginnen.

Das Gericht ist aber an die derzeit geltende Gesetzeslage im Sinne des Art 18 B-VG gebunden.

Die vorgenommene Auslegung der vom Richter anzuwendenden derzeitigen Gesetzesbestimmungen brachte das oben aufgezeigte Ergebnis der fehlenden Aktivlegitimation für den Sozialhilfverband zur Einreichung von Arbeitnehmerveranlagungserklärungen beim gegenständlichen Sachverhalt. Eine planwidrige Lücke kann nicht erkannt werden.

Ein Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung oder beispielsweise auf Rückzahlung von Guthaben ist nach den Abgabenvorschriften - unbeschadet dem Regime der Stellvertretung und der Gesamtrechtsnachfolge - ausschließlich für Abgabepflichtige (Parteibegriff der BAO) zulässig.

Der Sozialhilfeträger als Zessionar fungiert jedoch weder als Stellvertreter der Verlassenschaft nach der Abgabepflichtigen noch als Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen Abgabepflichtigen.

Was den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten , betreffend § 324 Abs 3 ASVG betrifft, wird angemerkt, dass darin weder auf ein Antragsrecht der Beschwerdeführerin erkannt wird noch ein solches daraus abgeleitet werden kann. Ein gesetzlicher Anspruch auf ein der Höhe nach noch festzustellendes Abgabenguthaben steht ihm nicht zu. Anders würde es sich um Fälle von Rückzahlungsanträgen beim Finanzamt im eigenen Namen handeln.

Der Anspruch der Beschwerdeführerin aufgrund der Legalzession des § 324 Abs 3 ASVG stellt einen zivilrechtlichen Anspruch dar. Anträge an das ***FA*** sind hingegen stets öffentlich-rechtlicher Natur und die Rechtsverhältnisse zwischen Abgabenbehörde und Partei hoheitlicher Art bzw im öffentlichen Recht geregelt. Eine Ermächtigung zur Antragstellung aufgrund eines Gerichtsbeschlusses vermag daher nur dann eine bindende Wirkung für die Abgabenbehörde zu entfalten, wenn diese Möglichkeit in den Abgabenvorschriften dezidiert vorgesehen ist. Für Zessionare fehlt eine derartige Möglichkeit. Ein Zivilgericht ist nicht befugt, öffentlich-rechtliche Antragsrechte an Personen bzw Akteure zu erteilen, wenn dies in den von ihm zu vollziehenden Rechtsnormen des Privatrechts nicht vorgesehen ist.

Die Beschwerdeführerin ist hinsichtlich der Geltendmachung ihres Anspruchs vielmehr auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, sollte der gemäß § 153 Verfügungsberechtigte (hier der Sohn der Verstorbenen) keine Auszahlung an den Sozialhilfeverband im aushaftenden Restforderungsbetrag vornehmen.

Dass der gewählte Weg, der offenbar vielfach durch Beschlüsse der Verlassenschaftsgerichte mit unterschiedlichen Textbausteinen beschritten worden ist, ein pragmatischer Lösungsansatz ist, ist offenkundig. Dieser Weg wird aber vom Richter aus den genannten Gründen nicht geteilt.

Aus den angeführten Gründen war daher wie im Erkenntnisspruch ersichtlich zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da es nochkeine Rechtsprechung des VwGH zur Legitimation einer nach § 153 Abs. 2 AußStrG ermächtigten Person zu einem Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für den ruhenden Nachlass (außerhalb einer Kuratorbestellung) zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 324 Abs. 3 ASVG gibt, war die Revision zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 41 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Berger in IFamZ 2021 S. 173
Anmerkung
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100009.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at