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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2022, RV/5100066/2021

1. Erhöhte Familienbeihilfe bei dauernder Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr 2. Haushaltszugehörigkeit 3. Anhaltung nach § 429 Abs. 4 StPO 4. Einkommensgrenzen

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0065.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.*** vertreten durch ***V.***, über die Beschwerde vom (Zeichen: ****) gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu VNR: ***000***, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum "ab Oktober 2009" zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Beschluss Bezirksgerichts ***X.*** vom , GZ. *****, wurde der Verein ***V.***, zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter für den Beschwerdeführer (Bf.) bestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag des Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ab, weil eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten sei.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben, welche das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abwies.
Das Finanzamt sah es als erwiesen an, dass beim Bf. bei einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr nicht vorliege.
Diese Annahme stützte die Behörde im Wesentlichen auf das im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellte Sachverständigengutachten vom , VOB: ******24.
Der ärztliche Sachverständige stellte darin fest, dass der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, eine bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit stellte er jedoch nicht fest.

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Im Vorlagebericht heißt es (auszugsweise):
"…
Familienbeihilfenbezug bis 5/2001 und von 10/02 - 9/03 für ***GM***
Matura Okt. 2000?; Präsenzdienst von -
Von - Beschäftigung SPKA
Studium ab 10/02: FB von 10/02 - 9/03 - 1. Studienjahr
Wegen Erfolglosigkeit Ende des FB-Bezuges. 11 pos. ECTS-Punkte aus int. BWL
Inskription div. Studienrichtungen ab 10/03 ohne Ablegung von Prüfungen
8.11. - Pensionsvorschussbezug
Ab Bezug einer Berufsunfähigkeitspension

Wohnsitze:
NWS ab Studienbeginn - in Wien
HWS - bei
***B.*** in Wien
Er hatte im Jahr 2009 ca € 2.000,00 und in dieser Zeit bis 1 - 6/2010 € 2.448,26 Einkommen und wurde lt. Stellungnahme Frau
***B.*** von den Großeltern unterstützt
HWS - bei der Großmutter in
***X.***
Lücke
HWS - Unterkunftgeber PVA in
***X.***
HWS - laufend
***X.***
Polizeianhaltezentrum
****** 12. -
***Adr1.*** 6. - ; 1.2. - und ab (Haft?)

Beweismittel:
Unterlagen im Akt

Stellungnahme:
Abweisung der Beschwerde - es wurde noch kein neuerliches Gutachten ausgelöst
Antragslegitimation:
Bis lebte er in seiner 2. Studentenwohnung in Wien. Er hatte im ganzen Jahr 2009 ein Einkommen von ca. € 2,000,00 und wurde lt. Angaben von Frau
***B.*** auch in der Zeit, als er bei ihr lebte von den Großeltern unterstützt. Danach zog er zu den Großeltern nach ***X.*** zurück.
Bis mind. März 2011 hat die Großmutter das Antragsrecht.
Im Jahr 2011 (€ 16.768,65) und 2012 (€ 15.637,63) wird die Einkommensgrenze überschritten.
2014 würde die Einschleifregelung gem. § 5 Abs. 1 FLAG zur Anwendung kommen. Die Einkünfte betragen € 12.555,75, da die Ausgleichszahlung vom BFG als Einkommensbestandteil gesehen wird.
Ab 2015 hat er nur noch Pensionseinkünfte.
***Adr1.*** 1.2. - und ab in Haft
Keine Familienbeihilfe bei Haft

…"

Das Bundesfinanzgericht gab dem Bf. mit Beschluss vom die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten des Sachverständigengutachtens vom im Rahmen des Beschwerdeverfahrens aufzuzeigen und dem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , mwN).

Mit Eingabe vom legte der Bf. weitere Beweismittel vor, etwa einen Beschluss des Bezirksgerichtes vom über den Wechsel des Sachwalters, einen Studienerfolgsnachweis, einen Versicherungsdatenauszug, einen Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom , einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom über die Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension, einer Entlassungsbestätigung der Justizanstalt ***A.*** vom , eine Haftauskunft der genannten Justizanstalt vom , ein Beschluss des Landesgerichtes ***A.*** vom über die Umwandlung der verhängten Untersuchungshaft in eine vorläufige Anhaltung sowie ein neurologisch-psychiatrisches Privatgutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom und eine Stellungnahme einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom .

Aufgrund der Vorlage dieser weiteren Beweismittel beauftragte das Bundesfinanzgericht in der Folge das Finanzamt gemäß § 269 Abs. 2 BAO, ein das bisherige Gutachten ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice - (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967) zur Frage einzuholen, ob beim Bf. als Folge einer Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung seines 21. Lebensjahres eingetreten ist.

In der Folge wurde ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten (Aktengutachten vom , VOB: ******36) nach der Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010 erstellt.

Darin heißt es (auszugsweise):
"[…]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd.Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB
1
Paranoide Schizophrenie;
Wiederkehrende stationäre Aufenthalte und Anhaltungen, hat einen Erwachsenenvertreter, ist in Berufsunfähigkeitspension, eine regelmäßige Arbeitsfähigkeit war nicht gegeben;
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung von 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Keine.

Stellungnahme zu Vorgutachten:
Keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung. Eine Arbeitsfähigkeit war noch nie gegeben.

GdB liegt vor seit: 02/2004

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
Stellungnahme Dr.
***B.*** Wien vom
Hiermit möchte ich noch einmal betonen, dass Herr
***Bf1*** bereits 2002 alle Kriterien einer paranoiden Schizophrenie mit massivem Selbstfürsorgedefizit erfüllte. Er war nicht mehr in der Lage, Alltagsanforderungen nachzugehen und absolut nicht mehr selbsterhaltungsfähig.

Neurologisch-psychiatrisches Privatgutachten ***Dr.1***, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom
... Die in der
Kindheit bestehenden Zwangs- und Tic-Störungen, die (nur) zum Teil auf Therapienansprachen, verselbständigten sich zunehmend und führten ab dem Jugendalter eindeutig zuDenkstörungen. Hr. ***Bf.*** war aufgrund seiner psychotischenErkrankung bereits am Beginn seiner beruflichen Karriere deutlich beeinträchtigt und wurde damiteine regelmäßige und stabile berufliche Leistungsfähigkeit verunmöglicht.

Bescheid der Studienbeihilfenbehörde Wien vom
Bescheid:
Sie sind verpflichtet, die in den ersten beiden Studiensemestern bezogene Studienbeihilfe und den Studienzuschuss in der Höhe von 5.646,72 Euro binnen vier Wochen zurückzuzahlen.
Rechtsgrundlage: § 51 Abs. 1 Z 5 , § 48 Abs. 1 und 2 , § 52c Abs. 7 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, in der am Tag nach Ende der Vorlagefrist für den Erfolgsnachweis geltenden Fassung.

Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 02/2004

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Rückzahlung der Studienbeihilfe aufgrund mangelnden Studienerfolgs belegt, psychiatrischerseits war eine berufliche Leistungsfähigkeit bereits seit 2002 nicht gegeben;

Dauerzustand

Gutachten erstellt am von ***Dr.2***

Gutachten vidiert am von ***Dr.3***"

In einer Stellungnahme des mit der Erwachsenenvertretung betrauten Vereins ***V.*** vom wird gerügt, dass das erwähnte ärztliche Sachverständigengutachten vom nicht schlüssig und vollständig sei.
Im Wesentlichen wird vorgebracht, dass im Gutachten geschlossen werde, dass die Selbsterhaltungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung des Bescheides der Studienbeihilfenbehörde über die Rückforderung der Studienbeihilfe eingetreten sei. Dies sei tatsächlich ein Beweis dafür, dass der Bf. aufgrund der bestehenden schwerwiegenden psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, die für die Gewährung der Studienbeihilfe erforderlichen Studienerfolge zu erzielen. Allerdings sei die Selbsterhaltungsunfähigkeit nicht erst ab dem Tag der Erstellung des Bescheides der Studienbeihilfenbehörde eingetreten, sondern im Zeitraum, um den es in diesem Bescheid der Studienbeihilfenbehörde gehe, nämlich um die beiden ersten Studiensemester (Wintersemester 2002 bis zum Sommersemester 2003). Die Annahme, dass erst das Datum der Bescheiderstellung im Februar 2004 als Beginn der Selbsterhaltungsunfähigkeit herangezogen werden könne, sei daher nicht schlüssig. Schlüssig und nachvollziehbar sei vielmehr, dass beim Bf. spätestens ab Herbst 2002/Anfang 2003 (Januar 2003) eine schwerwiegende psychische Erkrankung bestanden habe, aufgrund derer er nicht selbsterhaltungsfähig gewesen sei und auch an der Universität keine positiven Prüfungen mehr habe ablegen können.
Zudem wird vorgebracht, dass im gegenständlichen Gutachten festgestellt werde, dass psychiatrischerseits eine berufliche Leistungsfähigkeit seit 2002 nicht gegeben war. Der Widerspruch zwischen der Feststellung, dass aus psychiatrischer Sicht eine berufliche Leistungsfähigkeit seit 2002 nicht gegeben sei, jedoch aufgrund des Datums der Bescheiderstellung hinsichtlich der Rückzahlung der Studienbeihilfe erst ab 2/2004 die Unfähigkeit bestanden habe, sich selbst den Unterhalt zu schaffen, werde im Gutachten nicht erläutert. Auch werde nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen die Gutachterin zu einer anderen Einschätzung als Fr. Dr. ***B.*** und Fr. ***Dr.1*** gelangt sei. Aus dem umfangreichen und schlüssigen Gutachten von Fr. ***Dr.1*** könne gut nachvollzogen werden, warum beim Bf. bereits zu Beginn seiner beruflichen Karriere (lt. Versicherungsdatenauszug ab 1999 zahllose, erfolglose Arbeitsversuche) keine Selbsterhaltungsfähigkeit mehr vorgelegen sei.
Darüber hinaus wird vorgebracht, dass im Gutachten im Hinblick auf das Vorgutachten folgende Stellungnahme abgegeben werde: "Keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung. Eine Arbeitsfähigkeit war noch nie gegeben." Diese Feststellung der Gutachterin sei richtig, stehe jedoch im Widerspruch zur eigenen Feststellung, dass der Gesamtgrad der Behinderung (erst) seit Februar 2004 bestehen würde.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte in der Folge die das Gutachten, VOB: ******36, vom erstellenden bzw. vidierenden ärztlichen Sachverständigen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice, zum dargestellten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei Stellung zu nehmen und das genannte Aktengutachten im Hinblick auf dieses Vorbringen entsprechend zu erläutern.

In einer am vom beim Bundesfinanzgericht eingelangten Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes des Sozialministeriumservice in ****** heißt es:
"In Zusammenschau aller vorliegenden Unterlagen ist anzunehmen, dass bei Herrn ***Bf1***, geb. am **.05.1982, eine Beeinträchtigung im Rahmen der psychiatrischen Erkrankung bereits ab dem Jahr 2002 besteht.
Als erheblich kann diese jedenfalls ab Februar 2003 angenommen werden, da ab diesem Zeitpunkt auch keine Prüfungen mehr positiv abgeschlossen werden konnten.
Eine dauernde Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen kann daher vor Vollendung des 21. Lebensjahres ab 2/2003 angenommen werden.
Außerdem kann anhand der nun vorliegenden Befunde, Bestätigungen, Erläuterungen eine rückwirkende Anerkennung des Gesamtgrades der Behinderung von 50 % ab 2/2003 erfolgen."

Im Hinblick auf die Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht vom beauftragte in der Folge das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom das Finanzamt gemäß § 269 Abs. 2 BAO, das Ermittlungsverfahren zu ergänzen und zu erheben, ob und in welchen Zeiträumen (im hier relevanten Streitzeitraum "ab Oktober 2009") der Beschwerdeführer bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit seiner Großmutter geteilt hat und ob und in welchen Zeiträumen ab Oktober 2009 die Großmutter die Unterhaltskosten für den Bf. überwiegend getragen hat.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, gab die Großmutter des Bf. daraufhin u.a. schriftlich an, dass ihr Enkel vom bis nicht bei ihr in ***X.*** gelebt habe. Die Großeltern hätten lange nicht gewusst, dass er nach ***X.*** zurückgekommen sei. Er sei in der Zeit ab Oktober 2009 durch die Großeltern nicht finanziell unterstützt worden. Diese hätten ihm bis September 2003 die Familienbeihilfe gegeben, danach aber nicht mehr finanziell unterstützt.
Zudem wurden durch den mit der Erwachsenenvertretung betrauten Verein mit Eingabe vom Beweisunterlagen beigebracht, aus denen hervorgeht, dass der Bf. im September 2010 eine Wohnung in ***X.*** anmietete und dort auch wohnte ohne seinen Meldeverpflichtungen nach Meldegesetz nachzukommen. Da der Bf. die Miete nicht bezahlte, wurde von der Vermieterin eine Klage auf Zahlung der offenen Miete sowie Räumung eingebracht und erging am ein Versäumungs- und Anerkenntnisurteil. Dem Antrag auf Räumungsexekution wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts vom stattgegeben und als Räumungstermin der festgelegt, da der Bf. bis dahin die Wohnung nicht geräumt übergeben hatte.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass der am **.05.1982 geborene Beschwerdeführer (Bf.) voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dies bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Eine Haushaltszugehörigkeit zu den Großeltern sowie eine überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Großeltern des Bf. lagen im Beschwerdezeitraum nicht vor.

Von bis befand sich der Bf. in Untersuchungshaft und anschließend bis in der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs. 4 StPO in der Justizanstalt ***A.***.
Von bis befand sich der Bf. wiederum in Untersuchungshaft und anschließend bis in der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs. 4 StPO in der Justizanstalt ***A.***.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

2.1. Voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres

Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 lit. d des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG 1967 in der im Beschwerdefall für den Zeitraum "ab Oktober 2009" zunächst noch maßgebenden Fassung haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist, und
und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 wurde die Altersgrenze in § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 vom 27. Lebensjahr auf das 25. Lebensjahr herabgesetzt.

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 (in der durch BGBl. I Nr. 77/2018 geänderten Fassung) haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

Gemäß § 6 Abs. 3 FLAG 1967 besteht für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 9 000 € übersteigt, kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; hiebei bleibt das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

Ein Grenzbetrag von 10.000 € ist erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2011 anzuwenden. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 109/2020 wurde der Betrag von 10.000 € in Abs. 1 mit Wirksamkeit ab auf 15.000 € erhöht.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 (in der im Beschwerdefall für den Zeitraum "ab Oktober 2009" zunächst noch maßgebenden Fassung vor der Änderung des FLAG 1967 durch BGBl. I Nr. 77/2018 mit Wirksamkeit ) haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

§ 6 Abs. 5 und 6 FLAG 1967 (in der durch BGBl. I Nr. 77/2018 geänderten Fassung) lauten:
" (5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden."

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist. Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht.

Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 7 FLAG 1967 gelten die Abs. 4 bis 6 sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe kann nur für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden (§ 10 Abs. 3 FLAG 1967).

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es zunächst im Wesentlichen um die Frage, ob die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967, nämlich der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, für einen Familienbeihilfenanspruch vorliegt.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis , ausgeführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung (siehe etwa , oder ) der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen.

Bei der Antwort auf die Frage, ob eine solche Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist, sind sohin die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (vgl. etwa ; und , mwN).

Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als schlüssig und vollständig anzusehen sind.

Hat das Gutachten des Sozialministeriumservice die Frage zu beantworten, ob eine Person wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, muss das Gutachten daher erstens feststellen, ob diese Person auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und zweitens, ob dafür der Grund darin liegt, dass diese körperliche oder geistige Behinderung bei ihr vor den im Gesetz genannten Zeitpunkten eingetreten ist.

Das Finanzamt sah es als erwiesen an, dass beim Bf. bei einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr nicht vorliegt (siehe Beschwerdevorentscheidung vom ).
Diese Annahme stützte die Behörde im Wesentlichen auf das im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellte Sachverständigengutachten vom , VOB: ******24.

Der ärztliche Gutachter des Sozialministeriumservice stellte im Gutachten einen Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v.H. ab 10/2009 fest. Zudem stellte der ärztliche Sachverständige fest, dass der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, eine bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit stellte er jedoch nicht fest.

Im Aktengutachten vom , VOB: ******36, wurde übereinstimmend mit dem Vorgutachten festgestellt, dass der Bf. bei einem GdB vom 50. v.H. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die ärztliche Gutachterin gelangte zur Feststellung, dass die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, seit 02/2004 bestehe. Dies mit der Begründung, die Rückzahlung der Studienbeihilfe aufgrund mangelnden Studienerfolgs sei belegt. "Psychiatrischerseits" sei eine berufliche Leistungsfähigkeit bereits seit 2002 nicht gegeben gewesen.

In einer am beim Bundesfinanzgericht eingelangten, zusammenfassenden und abschließenden Stellungnahme gelangte die ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservice schließlich zum Ergebnis, dass beim Bf. eine Beeinträchtigung im Rahmen der psychiatrischen Erkrankung bereits ab dem Jahr 2002 besteht, diese jedenfalls ab Februar 2003 als erheblich angenommen werden kann und daher eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres ab 2/2003 angenommen werden kann. Außerdem kann anhand der nun vorliegenden Befunde, Bestätigungen und Erläuterungen eine rückwirkende Anerkennung des Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. ab 2/2003 erfolgen.

Zur Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit führte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im Erkenntnis vom , Ra 2014/16/0010, aus:
"§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG stellt darauf ab, dass der Vollwaise auf Grund einer zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine derartige geistige oder körperliche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit Längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt."

In der erwähnten Stellungnahme des Sozialministeriumservice wurde dieser Zeitpunkt in Zusammenschau aller vorliegenden Umstände mit "2/2003" angenommen. Es wird darin aufgezeigt, dass die Sachverständigen des Sozialministeriumservice zum Ergebnis hätten kommen müssen, dass der Eintritt der in den Gutachten zugestandenen Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres erfolgte.

Auch das Bundesfinanzgericht sieht es daher als erwiesen an, dass der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dies bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist.

2.2. Haushaltszugehörigkeit und überwiegende Unterhaltskostentragung

Voraussetzung für den Eigenanspruch ist, dass keiner anderen Person für das Kind Familienbeihilfe zu gewähren ist (§ 6 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 FLAG 1967).
Da die Familienbeihilfe für einen Monat nicht geteilt werden kann und nur einmal pro Monat (§ 10 Abs. 4 FLAG) an eine einzige Person (§ 7 FLAG) gewährt werden kann, ist zu beurteilen, wer diese Person ist. Der Anspruch auf Familienbeihilfe setzt nämlich voraus, dass nicht jemand anderer zu deren Bezug berechtigt ist.

Zunächst ist gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 diejenige Person anspruchsberechtigt, zu deren Haushalt ihr Kind (§ 2 Abs. 3 FLAG 1967) gehört. Auch eine Vollwaise kann beispielsweise bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihrer Großmutter teilen, weshalb dieser Familienbeihilfe zu gewähren ist. Die Höhe der von der Großmutter erbrachten Unterhaltsleistung ist dabei irrelevant.
Teilt keine Person die Wohnung mit dem Kind (das Kind führt einen eigenen Haushalt oder teilt die Wohnung mit einer Person, zu der keine Kindeseigenschaft nach § 2 Abs. 3 leg. cit. besteht), ist die Person anspruchsberechtigt, die die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz; )
Zuletzt besteht für minderjährige oder volljährige Vollwaisen ein grundsätzlicher Eigenanspruch auf Familienbeihilfe (sofern sie nicht die Wohnung mit einer Person teilen, zu der Kindeseigenschaft nach § 2 Abs. 3 besteht). Gleiches gilt für die diesen Vollwaisen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellten Kindern (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 6 Rz 3 zur Reihenfolge der Anspruchsprüfung).

Das Finanzamt führt im Vorlagebericht ins Treffen, dass bis mindestens März 2011 die Großmutter des Bf. das Antragsrecht gehabt habe. Der Bf. habe im gesamten Jahr 2009 ein Einkommen in der Höhe von ca. 2.000,00 Euro gehabt und sei in der Zeit, als er bei einer näher bezeichneten Person in Wien gelebt habe, von den Großeltern unterstützt worden. Danach sei er zurück zu den Großeltern gezogen. Die Behörde bringt sohin vor, dass in den Zeiträumen Oktober 2009 bis März 2011 eine Haushaltszugehörigkeit des Bf. zu den Großeltern bestanden habe bzw. die Großeltern die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen hätten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ).

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Gemäß § 166 Bundesabgabenordnung (BAO) kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Aus den vom Finanzamt angeführten Meldedaten des Zentralen Melderegisters, wonach der Bf. vom bis mit Hauptwohnsitz bei seiner Großmutter gemeldet gewesen sei, ist für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind polizeiliche Meldebestätigungen nicht geeignet, vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, sondern können nur ein - widerlegbares - Indiz hiefür sein ( mwN). Die Eintragungen im Zentralen Melderegister können daher auch nur ein (widerlegbares) Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft darstellen; sie sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu liefern. Dies hat seinen Grund darin, dass die nach dem MeldeG zu erstattenden Meldungen in der Praxis erfahrungsgemäß häufig erst später vorgenommen werden, als dies nach den Vorschriften des MeldeG geboten wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, gab die Großmutter des Bf. schriftlich an, dass ihr Enkel vom bis nicht bei den Großeltern in ***X.*** gelebt habe. Die Großeltern hätten lange nicht gewusst, dass er nach ***X.*** zurückgekommen sei. Er sei in der Zeit ab Oktober 2009 durch die Großeltern auch nicht finanziell unterstützt worden. Diese hätten ihm bis September 2003 zwar die Familienbeihilfe gegeben, danach aber nicht mehr finanziell unterstützt. Zudem wurden durch den mit der Erwachsenenvertretung betrauten Verein Beweisunterlagen beigebracht, aus denen hervorgeht, dass der Bf. im September 2010 eine Wohnung in ***X.*** anmietete und dort auch wohnte ohne seinen Meldeverpflichtungen nach Meldegesetz nachzukommen. Da der Bf. die Miete nicht bezahlte, brachte die Vermieterin eine Klage auf Zahlung der offenen Miete sowie Räumung ein und es erging am ein Versäumungs- und Anerkenntnisurteil. Dem Antrag auf Räumungsexekution wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts vom stattgegeben und als Räumungstermin der festgelegt, da der Bf. bis dahin die Wohnung nicht geräumt übergeben hatte.

Bei dieser Sach- und Beweislage sieht es das Bundesfinanzgericht aufgrund der vorgelegten Unterlagen ungeachtet der Eintragungen im Zentralen Melderegister als erwiesen an, dass der Bf. in den Zeiträumen von Oktober 2009 bis März 2011 nicht bei den Großeltern haushaltszugehörig war.
Das Bundesfinanzgericht sieht es zudem als erwiesen an, dass im Beschwerdezeitraum eine überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Großeltern nicht erfolgte. Im Vorlagebericht führte das Finanzamt eine solche überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Großeltern im Hinblick auf das Jahr 2009 ins Treffen. Dies mit der Begründung, der Bf. habe im gesamten Jahr 2009 ein Einkommen in der Höhe von ca. 2.000,00 Euro gehabt und sei in der Zeit, als er bei einer näher bezeichneten Person in Wien gelebt habe, von den Großeltern unterstützt worden.
Dem stehen jedoch die schriftlichen Angaben der Großmutter des Bf. in Beantwortung eines Auskunftsersuchens entgegen, wonach die Großeltern dem Bf. bis September 2003 die Familienbeihilfe und danach keinerlei finanzielle Unterstützung mehr zukommen ließen. Eine
überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Großeltern des Bf. war daher insgesamt gesehen bei dieser Sach- und Beweislage ebenfalls nicht anzunehmen.

2.3. Untersuchungshaft und vorläufige Anhaltung

Im Beschwerdeverfahren ist auch strittig, ob in der Zeit der Untersuchungshaft und der vorläufigen Anhaltung ein Eigenanspruch gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 besteht.

§ 173 Abs. 1 StPO lautet:
"(1) Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft sind nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nur dann zulässig, wenn der Beschuldigte einer bestimmten Straftat dringend verdächtig, vom Gericht zur Sache und zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft vernommen worden ist und einer der im Abs. 2 angeführten Haftgründe vorliegt. Sie darf nicht angeordnet oder fortgesetzt werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache oder zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis steht oder ihr Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel (Abs. 5) erreicht werden kann."

Gem. § 182 Abs. 4 StPO sind im Übrigen, soweit dieses Gesetz im Einzelnen nichts anderes bestimmt, auf den Vollzug der Untersuchungshaft die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt, dem Sinn nach anzuwenden.

§ 429 Abs. 4 und 5 StPO lauten:

"(4) Liegt einer der im § 173 Abs. 2 und 6 angeführten Haftgründe vor, kann der Betroffene nicht ohne Gefahr für sich oder andere auf freiem Fuß bleiben oder ist seine ärztliche Beobachtung erforderlich, so ist seine vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder seine Einweisung in eine öffentliche Krankenanstalt für Geisteskrankheiten anzuordnen. Diese Krankenanstalten sind verpflichtet, den Betroffenen aufzunehmen und für die erforderliche Sicherung seiner Person zu sorgen. § 71 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes gilt sinngemäß.

(5) Über die Zulässigkeit der vorläufigen Anhaltung ist in sinngemäßer Anwendung der §§ 172 bis 178 zu entscheiden. Auf die vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sind die Bestimmungen über den Vollzug der Anhaltung in einer solchen Anstalt dem Sinne nach anzuwenden."

Im Strafvollzugsgesetz wird auszugsweise normiert:

§ 1 Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist:

3. Strafgefangener: jeder Verurteilte, an dem eine in einem Strafurteil verhängte Freiheitsstrafe vollzogen wird;

4. Untergebrachter: jede Person, an der eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme vollzogen wird;

§ 31 (1) Die Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für den Unterhalt der Strafgefangenen zu sorgen.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis , noch aus, dass eine - den Beihilfenanspruch ausschließende - Anstaltspflege im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 nur dann vorliege, wenn der Unterhalt der behinderten Person unmittelbar und zur Gänze durch die öffentliche Hand gewährt werde. Dies sei nicht der Fall, wenn zum Unterhalt durch die untergebrachte Person selbst beigetragen werde.

Im Erkenntnis , vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließe. Wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, sei ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen, auch wenn vom Anspruchsberechtigen hinsichtlich verbleibender Restbedürfnisse des Kindes Leistungen erbracht werden.

Diese Rechtsansicht wiederholte der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner Entscheidung .

Im Erkenntnis , führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen habe, dass 80% der Pension des Sohns der Revisionswerberin anlässlich des Maßnahmenvollzugs nach § 21 Abs. 1 StGB aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des § 324 Abs. 3 und 4 ASVG einbehalten worden seien.
Darin unterscheide sich die Gestaltung des vorliegenden Revisionsfalls von derjenigen, die dem Erkenntnis , zu Grunde gelegen sei. Im Revisionsfall habe das Bundesfinanzgericht die Versagung der Familienbeihilfe nicht darauf stützen dürfen, dass die öffentliche Hand (hier: der Bund) die Kosten des typischen Unterhalts getragen hätte, denn dem Bund oder unmittelbar der Anstalt, in welcher der Sohn der Revisionswerberin untergebracht gewesen sei, sei ein Betrag vom Pensionsanspruch des Sohns der Revisionswerberin ausbezahlt worden.

Am beschloss der Nationalrat eine Reparatur der Bestimmungen für die erhöhte Familienbeihilfe. Diese war aufgrund der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ( und ), notwendig, um eine Schlechterstellung von erheblich behinderten Kindern zu vermeiden.

In diesen Erkenntnissen sprach der Verwaltungsgerichtshof - aufbauend auf seine bisherige Rechtsprechung zu Fällen der Leistung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes (, und ) für ein die Strafhaft verbüßendes Kind aus, dass in Konstellationen, bei denen der typische Unterhalt der Kinder durch die öffentliche Hand gedeckt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Den Materialien zur Gesetzesänderung (AB 292 BlgNR 26. GP 2) ist zu entnehmen:
"Es soll nun sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. Gleiches soll gelten, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.

Sofern der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierten Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, ohne dass ein oben angesprochener Beitrag geleistet wird, soll kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist."

Durch die Änderung des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder nun einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe, sofern ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes getragen wird. Wenn also z.B. eine Invaliditätspension bezogen wird, durch die dem Kind eigene, zusätzliche Einkommensmittel zur Verfügung gestellt werden, bleibt der Eigenanspruch des Kindes bestehen, da in diesem Fall die Unterhaltskostentragung nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln erfolgt.

Gleichzeitig wurde mit BGBl. I Nr. 77/2018 jedoch dem § 6 FLAG 1967 der Abs. 6 angefügt, wonach der Eigenanspruch auf Familienbeihilfe für Personen im Sinne des § 1 Z. 3 und Z. 4 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wurde.

Den Materialien (AB 292 BlgNR 26. GP 3) ist zu entnehmen:
"Im Falle von Maßnahmen, die nach dem Strafvollzugsgesetz angeordnet werden, bei welchen es sich insbesondere um den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme handelt, soll ein Eigenanspruch der betroffenen Personen ausgeschlossen werden.

Gemäß den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes besteht eine Verpflichtung der öffentlichen Hand für den Unterhalt dieser betroffenen Personen umfassend zu sorgen. Jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, werden von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt."

Bei diesem Ausschluss des Eigenanspruchs spielt es auch keine Rolle, ob das betreffende Kind etwa durch eine Berufsunfähigkeitspension zur Unterhaltskostentragung beiträgt.

Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz für den Unterhalt des Untergebrachten zu sorgen hat, besteht für die Dauer des Maßnahmenvollzugs kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.

Diese Rechtsfolge ergibt sich seit direkt aus § 6 Abs. 6 FLAG 1967.
Demnach gilt § 6 Abs. 5 nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

Von bis befand sich der Bf. in Untersuchungshaft und anschließend bis in der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs. 4 StPO in der Justizanstalt ***A.***.
Von bis befand sich der Bf. wiederum in Untersuchungshaft und anschließend bis in der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs. 4 StPO in der Justizanstalt ***A.***.

In der Zeit der Untersuchungshaft und der vorläufigen Anhaltung ist der Bf. weder Strafgefangener noch Untergebrachter im Sinne der Definitionen des § 1 Z. 3 und Z. 4 StVG, sodass der in § 6 Abs. 6 FLAG 1967 normierte Ausschluss des Eigenanspruchs für die vorstehend genannten Zeiten von bis nicht zur Anwendung kommt.

Im Erkenntnis , führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der typischerweise anfallende Unterhalt des sich in Strafhaft befindlichen Kindes in Form von Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung von der Bestimmung des § 31 Abs. 1 StVG erfasst sei, und verwies zur Abgrenzung von Untersuchungshäftlingen auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes .

Der OGH hat darin (zum Kindesunterhalt) ausgesprochen, dass während der Dauer einer Strafhaft des Unterhaltsberechtigten der Unterhaltsschuldner von seiner Unterhaltspflicht ganz oder zum Teil befreit ist, weil während dieser Zeit von dritter Seite ohne Vorschussabsicht ganz oder teilweise für den Unterhalt gesorgt wird.
Vom OGH sei jedoch bei unterhaltsberechtigten Untersuchungshäftlingen ein gänzlicher Entfall der Unterhaltspflicht und damit auch der Berechtigung zum weiteren Bezug von Unterhaltsvorschüssen deshalb verneint worden, weil der Unterhalt eines Kindes auch Bedürfnisse umfasse, für welche die Strafvollzugsanstalten nicht zu sorgen haben; daher werde die Unterhaltspflicht des Unterhaltspflichtigen regelmäßig auch während der Untersuchungshaft des unterhaltsberechtigten Kindes fortbestehen. Gerade bei einer nur kurz dauernden Untersuchungshaft würden die Fixkosten wie etwa für die Wohnung weiterlaufen. In der Regel werde daher nicht die Einstellung, sondern nur eine entsprechende Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse gerechtfertigt sein.

Da sohin die Strafvollzugsbehörden für regelmäßig auch während einer Untersuchungshaft fortbestehende Unterhaltsbedürfnisse nicht zur Gänze zu sorgen haben, kann ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe für die Dauer der Untersuchungshaft nicht ausgeschlossen werden.

Die vorläufige Anhaltung ist ein Sicherungsmittel, das in funktionaler Hinsicht der Untersuchungshaft entspricht. Es sind alle wesentlichen Bestimmungen über die Untersuchungshaft (§§ 173 ff StPO) sinngemäß anzuwenden. Sie wird auf Antrag des Staatsanwaltes durch das Gericht verhängt (§ 174 StPO). Ihre Zulässigkeitsvoraussetzungen finden sich in § 429 Abs. 4 und 5 StPO, die wiederum auf die Bestimmungen der Untersuchungshaft verweisen (Abs. 5 Satz 1).

Es ist daher vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des OGH auch nicht davon auszugehen, dass die Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer vorläufigen Anhaltung typischerweise anfallen, von der öffentlichen Hand ebenso ausreichend gedeckt werden, wie etwa beim Maßnahmenvollzug.

Vor diesem Hintergrund kann daher ein Eigenanspruch des Bf. auf die erhöhte Familienbeihilfe auch für die Dauer der vorläufigen Anhaltung von bis nicht ausgeschlossen werden.

2.4. Einkommensgrenzen

Das Finanzamt führt im Vorlagebericht eine Überschreitung der Einkommensgrenze nach § 6 Abs. 3 FLAG 1967 in den Jahren 2011, 2012 und 2014 ins Treffen.
Das zu versteuernde Einkommen des Bf. im Sinne des § 6 Abs. 3 FLAG 1967 betrug im Jahr 2011 16.768,65 Euro, im Jahr 2012 15.637,63 Euro und im Jahr 2014 10.578,45 Euro. Für die Jahre 2011 und 2012 liegen rechtskräftige Einkommensteuerbescheide vor.

Übersteigt das Einkommen des Kindes den Betrag von 10.000,00 bzw. 15.000,00 Euro, führt dies nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Familienbeihilfe. Nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes in § 6 Abs. 3 FLAG 1967 ist § 10 Abs. 2 FLAG 1967, wonach unter anderem der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt, erlischt, auf ein Übersteigen der Einkommensgrenze nicht anzuwenden. Wird der Grenzbetrag überschritten, verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind zu bezahlen ist, im betreffenden Kalenderjahr um den den Grenzbetrag übersteigenden Betrag (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 5 Rz 2).

Es ist eine ex-post-Betrachtung zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres anzustellen (vgl. ). Diese kann dazu führen, dass, sofern im Zeitpunkt der Auszahlung entsprechende Einkommensdaten bereits vorliegen, die Auszahlung für das betreffende Kalenderjahr unter Umständen bis auf Null zu kürzen ist.

Auch wenn infolge der Einkommensanrechnung kein Betrag auszuzahlen ist (die Familienbeihilfe im betreffenden Jahr also auf Null Euro zu kürzen ist), ändert dies nichts daran, dass im Übrigen der Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen bleibt (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 5 Rz 2).

Das bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass unter der Annahme, dass das Einkommen des Bf. in den Jahren 2011 und 2012 den Grenzbetrag des § 6 Abs. 3 FLAG 1967 überschritten hat, dass nicht Familienbeihilfe etwa für Dezember 2010 auszuzahlen und der Antrag für die Zeiträume der Jahre 2011 und 2012 abzuweisen ist, und dann im Jänner 2013 wieder Familienbeihilfe zusteht, sondern der Anspruch bleibt durchgehend bestehen, ohne dass es eines neuerlichen gesonderten Antrags bedürfte (siehe unter Verweis auf ).

Der angefochtene Abweisungsbescheid ist daher aufgrund des bestehenden Eigenanspruchs des Bf. in den hier strittigen Zeiträumen "ab Oktober 2009" vom Bundesfinanzgericht ersatzlos aufzuheben. Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) zu erlassen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 3 m.w.N.).

2011 und 2012:
Im Beihilfenverfahren besteht bei der nach § 6 Abs. 3 FLAG zu prüfenden Frage, ob das zu versteuernde Einkommen den Grenzbetrag von 10.000,00 Euro übersteigt, eine Bindung an die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagungen), in denen das der Besteuerung zu Grunde zu legende Einkommen mit 16.768,65 Euro (2011) und 15.637,63 Euro (2012) festgestellt wurde (vgl. zur Bindungswirkung ).

Die Familienbeihilfe betrug in diesen Zeiträumen einschließlich des bei erheblicher Behinderung des Kindes gewährten Erhöhungsbetrages (§ 8 Abs. 4 FLAG) monatlich 291,00 Euro, für die Zeiträume Jänner bis Dezember damit jeweils 3.492,00 Euro, womit sich unter Berücksichtigung des in § 6 Abs. 3 FLAG 1967 normierten Grenzbetrages von 10.000,00 Euro ein Einschleifgrenzbetrag von 13.492,00 Euro ergibt. Zieht man von diesem die steuerpflichtigen Einkünfte von 16.768,65 Euro (2011) und 15.637,63 Euro (2012) ab, verbleibt dem Bf. für die genannten Jahre kein restlich zustehender Betrag an Familienbeihilfe mehr.

2014:
Für die Zeiträume Jänner bis Dezember 2014 ist zu beachten, dass ab der Grund- und der Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe angehoben wurden (BGBl I 35/2014) und ab diesem Zeitpunkt (bis ) insgesamt 308,90 Euro betragen haben. Für die Monate Jänner bis Juni 2014 ergibt sich damit eine Familienbeihilfe in Höhe von 1.746,00 Euro (291,00 x 6) und für die Monate Juli bis Dezember 2014 ein Betrag von 1.853,40 Euro (308,90 x 6), insgesamt somit ein Betrag von 3.599,40 Euro, woraus sich unter Berücksichtigung des in § 6 Abs. 3 FLAG normierten Grenzbetrages von 10.000,00 Euro ein Einschleifgrenzbetrag von 13.599,40 Euro ergibt. Zieht man von diesem die steuerpflichtigen Einkünfte von 10.578,45 Euro ab, verbleibt ein dem Bf. restlich zustehender Betrag an Familienbeihilfe von 3.020,95 Euro zuzüglich 700,80 Euro Kinderabsetzbeträge.
Ausgleichszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden, sind bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nicht zu berücksichtigen (vgl. ErläutRV 71 BlgNR 27. GP 3; ).

Auch wenn sich etwa für die Jahre 2011 und 2012 ein Auszahlungsbetrag von Null Euro ergibt, ist - wie bereits oben dargelegt - der Antrag für diese Jahre nicht abzuweisen, weil die Familienbeihilfe dem Grunde nach zusteht, sondern vom Finanzamt eine entsprechende Mitteilung über die Anrechnung des Einkommens und die Ermittlung des Auszahlungsbetrags gemäß § 12 FLAG 1967 auszufertigen. Hält der Antragsteller die Anrechnung dem Grunde oder der Höhe nach für falsch, kann dieser (siehe etwa die Verfahren in Zusammenhang mit der Indexierung von Familienleistungen) einen Antrag auf Auszahlung eines anderen Betrags stellen, über den dann das Finanzamt gesondert abzusprechend hat. Gegen einen allfälligen Abweisungsbescheid betreffend diesen Antrag steht der volle Rechtsschutz mittels Beschwerde offen ().

Aus den dargestellten Erwägungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob beim Beschwerdeführer eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem 21. Lebensjahr vorlag.
Die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen weisen keine über den Beschwerdefall hinausgehende Bedeutung auf. Das Erkenntnis folgt zudem in der Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen der zitierten Rechtsprechung des VwGH.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Linz, am

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